Venture Cronik

Haarige Türwächter und besessene Crewmen

--- Strahlenlabor

Das Strahlenlabor war bei weitem geräumiger als das Biochemische Labor. Hier liefen die Daten der komplexen Sensorenmaschinerie des hochmodernen Schiffes zusammen. Clint sah sich wieder einmal in dem großen Raum um. Mit den Apparaturen, die hier standen, konnte man allerhand anfangen.

Der Halb-Breen hatte viel Zeit damit verbracht, die Gerätschaften durchzuchecken. Die Ergebnisse waren zufrieden stellend und Clint hatte bald nichts mehr zu tun. Dunlaith, die junge Uniformierte aus dem Biochemischen Labor, hatte sich noch nicht gemeldet, anscheinend war sie immer noch mit ihrer Arbeit beschäftigt.

Es war inakzeptabel, nur einen Mitarbeiter für die gesamte wissenschaftliche Sektion zur Verfügung zu haben, er würde mit Anjol, dem Bajoraner, der für Mannschaftsbelange zuständig war, darüber reden müssen. Durch die heutigen Neuzugänge würde die restliche Mannschaft entlastet werden.

Fähnrich Dunlaith sprach von ehemaligen Mitgliedern des Wissenschaftsteams, die jetzt in anderen Sektionen arbeiteten, wenn sie ihre Liste dieser Personen zusammengestellt hatte, konnte er bei dem Bajoraner ihre Versetzung beantragen, so würde er selbst wesentlich entlastet werden.

Die Wissenschaft war schließlich nicht der einzige Grund für seine Anwesenheit. Ein Hauch von Ärger streifte sein Bewusstsein, ohne ihn wesentlich aus seinem Gleichgewicht zu bringen. Die Argumente, die sein Vater aufzählte, warum man ausgerechnet ihn für diese Mission auswählte, erschienen ihm mehr als nur fadenscheinig. Natürlich hatte er das seinem Vater nicht gesagt.

"Bei dem Einsatz eines regulären Agenten besteht jedes Mal die Gefahr, dass der Agent dem gegnerischen Spionageapparat bekannt ist. Im Falle einer Gefangennahme wird die Verwicklung der Organisation, die diesen Einsatz plante, nicht von der Hand zu weisen sein. Bei den derzeitigen diplomatischen Verhältnissen darf sich die vulkanische Regierung keine Zwischenfälle erlauben, andererseits dürfen wir die Chance, die sich durch die Venture bietet, nicht ungenutzt lassen"

Die Worte seines Vaters Sannok waren nur vordergründig logisch. Der vulkanische Geheimdienst besaß viele freie Mitarbeiter und die Wahrscheinlichkeit, dass die Romulaner deren Verbindung zur Organisation kannten, war verschwindend gering. Anscheinend hatte Sannok es jedoch geschafft, den paranoiden inneren Zirkel des Geheimdienstes vom Gegenteil zu überzeugen.

Tatsächlich war der vulkanische Abgesandte auf Nimbus 3 sehr geschickt in subtilen Manipulationen, Clint hatte dies oft an eigener Haut erfahren. Der alte Vulkanier verfolgte persönliche Ziele, er wollte den Lebensweg seines Sohnes nach seinen Vorstellungen gestalten.


--- Bar, Theke

Verschwörerisch beugte sich Anjol zu der Menschenfrau hinüber, um ihr dann zuzuflüstern: "Nichts Konkretes, aber mein Gefühl sagt mir, dass der Kerl etwas verbirgt - und es ist sicher nicht nur seine Herkunft."

Dass ebenso eine gehörige Portion Antipathie dahinter steckte, erwähnte der Bajoraner natürlich nicht, aber dennoch überwog diese bestechende Vorahnung...

"Ach so", machte die Französin, als sie Anjols Antwort vernahm. Es steckte also nicht mehr dahinter als eine Vorahnung.

Mira fand es sehr schade, dass sie nicht etwas Konkretes in die Hand bekommen konnte. Schließlich kannte sie den Bajoraner auch noch nicht lange und hatte keine Ahnung, wie weit dessen Intuition entwickelt war.

Und sie konnte sich auch schlecht jemand anders anvertrauen, der Anjol länger kannte, denn das wäre kaum möglich gewesen, ohne sich demjenigen anzuvertrauen, was nun auch nicht im Sinne des Erfinders sein konnte.

"Ich dachte darüber nach, den Computer anzuweisen, aufzuzeichnen, wo sich dieser Mann jeweils aufhält. Allerdings hat er bislang niemandem auch nur einen Hinweis darauf gegeben, dass er etwas anderes als ein ausgesprochen gewissenhafter Wissenschaftler sein könnte.

Ich habe also keinerlei Anhaltspunkte. Ich hoffe, dass ich einmal einen unverfänglichen Grund finde, zu ihm Kontakt aufzunehmen und mir selber eine Meinung über ihn zu bilden... On verra...", murmelte sie dann abschließend.

"Haben Sie noch irgendwelche speziellen Anweisungen für mich?", wollte Mirabelle dann noch von dem Bajoraner wissen.

--- Bar, Theke

Jones zog mit und hob dem Romulaner sein Glas zum Prost entgegen. "Ich hoffe, es war niemand, den ich kannte", meinte er mit ernster Miene. "Obwohl ...", fügte er grinsend hinzu, "... vielleicht bin ich Ihnen sogar einen Gefallen schuldig. Hatte der Kerl, der für Ihre gute Laune verantwortlich ist, zufällig einen 400 Jahre alten, texanischen Cowboyhut auf?"

Der leicht verwirrte Gesichtsausdruck des Romulaners bewies ihm, dass dieser nicht wusste, wovon er sprach, was auch kein Wunder war. "Vergessen Sie das. Aber wenn tatsächlich niemand, der einen Romulaner lachend gesehen hat, überlebt hat, haben Sie heute noch ne ganze Menge zu tun", meinte er und ließ seinen Blick über die vielen Leute in der Bar streifen.

"Aber vielleicht gibt es angenehmere Dinge, die man in einer Bar tun kann, und wenn Sie mich fragen, gehört das Beseitigen von Zeugen eines Humoranfalls nicht dazu. Prost", wünschte er dem untypischen Spitzohr und nahm einen tiefen Schluck Synthenol-Whisky.

'Bist du dir da ganz sicher?', fragte sich Yhea und grinste sein Gegenüber an. Mit einem letzten Schluck leerte er sein Glas und schwang sich dann von Barhocker. Dann machte er sich gut gelaunt zum Maschinenraum auf.

Vorher machte er aber noch mal kurz bei Anjol Halt, verabschiedete sich von dem Bajoraner und den zwei Frauen und verließ dann die Bar.

Nachdenklich blickte Cailin dem Romulaner nach, der sich scheinbar wieder an die Arbeit machte und erinnerte sich daran, dass sie eigentlich noch einiges vorhatte. Unter anderem wollte sie die rätselhafte Krankheit von Malcolm noch einmal genauer studieren. Sie hatte das
Gefühl, dass ihr dabei ein Umstand entgangen war, der sie zum Grund der Schmerzen führen konnte. Denn daran glauben, dass er nur simulierte, das konnte und wollte sie nicht.

Malcolm Peregg war Crewman seit der Zeit, als das Schiff noch zur Föderation gehörte und niemals hatte ihm auch nur das Geringste gefehlt. Er war ein sehr genügsamer, wenn auch schweigsamer Mann und beklagte sich nie. Dennoch war seinen Kollegen nicht entgangen, dass etwas mit ihm nicht stimmte und schließlich hatte sich jemand aufgerafft und ihr von seinen Schmerzen berichtet.

Nur sehr mühsam und mit sehr viel Zeitaufwand war es Cailin gelungen hinter seinen harten Panzer zu dringen und die Auskünfte von ihm zu erhalten, die sie neben seinen körperlichen Werten noch für ihre Diagnose brauchte. Trotzdem war es ihr ein Rätsel, worum es sich handeln konnte. Noch dazu, wo zwei seiner Kollegen über die gleichen Anzeichen geklagt hatten. Aber bei ihnen waren sie gekommen und wieder gegangen, während sie Peregg ständig von neuem heimsuchten.

Geistesabwesend nahm sich die junge Ärztin den Orangensaft, den ihr eCroft unter zahlreichen Entschuldigungen und Einladungen murmelnd serviert hatte, und entschuldigte sich bei Anjol und der Französin, die scheinbar noch etwas miteinander zu besprechen hatten. Zielsicher hielt sie auf einen leeren Tisch etwas abseits zu.

--- Bar, Tisch 4

Es dauerte nicht lange und Cailin hatte ihr Padd vor sich liegen und studierte die Einträge zu Pereggs Krankheitsbild. Sie waren detailliert und ausführlich wie alle Berichte der Purna.

Das Wohl der Mannschaft hatte bei ihr die höchste Priorität und es gab selten Freizeit für sie, in der sie wirklich abschalten konnte und ihre Arbeit vergaß. Ihre Flugstunden am Holodeck waren eine dieser Möglichkeiten.

Sie nippte an ihrem Orangensaft und ging akribisch genau alles noch einmal durch. Punkt für Punkt. Das Stimmengewirr und die Nebengeräusche, die es in jeder Bar gab, die gaben ihr erst die nötige Ruhe, die sie für diese Arbeit brauchte.

--- Bar, Theke

Der Bajoraner überlegte kurz, kam dann aber zu dem Schluss, dass seine Intuition vorerst keine größeren Aktionen rechtfertigte. Lächelnd antwortete er Mira: "Nein, ich denke eine Überwachung durch die Schiffssensoren reicht zunächst. Machen Sie sich einen schönen Abend!"

Gerade wollte er sich wieder Cailin zuwenden, die mittlerweile an einem der Tische Platz genommen hatte, als sein Kommunikator leise fiepte und sich McCarthy mit wie gewohnt ernster Stimme meldete. Irgendwas am Tonfall sagte Anjol aber, dass ihre neue Mission nicht mehr lange auf sich warten lassen würde:

"Anjol, komm bitte in den Bereitschaftsraum. Kuzhumo und ich haben einige interessante Szenarien entworfen und würden gerne deine Meinung hören, bevor wir aufbrechen; McCarthy Ende!"

Schulterzuckend verabschiedete Anjol sich im Gehen von Cailin und hoffte, dass sie bald das verabredete Abendessen genießen würden. Aber zunächst galt es herauszufinden, was für wahnwitzige Ideen Charles wieder gekommen waren...

--- Gänge

Gemächlich wanderte Yhea durch das Schiff und schaute sich um. Nur noch wenig war von den vergangenen Kämpfen mit den Romulanern zu sehen. Hier und da mal eine geschmolzene Seitenwand oder ein Schott, welches etwas verzogen war. Bei Gelegenheit konnte er ja auch noch diese Schäden beheben.

Aber eigentlich konnte er stolz auf sich sein. Oder besser gesagt, stolz auf sein Team. Sie hatten es in Rekordzeit geschafft, die Venture wieder auf hundertprozentige Leistung zu bringen. Jetzt konnten alle wieder nach vorne blicken, sich Gedanken über die nächste Mission machen, ohne sich über den Zustand der Venture Sorgen machen zu müssen.

--- Maschinenraum

Kaum hatte er den Raum betreten, da fühlte er sich auch wieder wohler. Hier war sein Reich. Hier fühlte er sich sogar wohler als in seinem Quartier. Glücklich schaute er sich um und ließ das Gefühl auf sich einwirken. Mit einem Lächeln im Gesicht ging er weiter und betrat sein Büro.

--- Maschinenraum, Yheas Büro

Mit Schwung ließ er sich in den Sessel fallen, bestellte beim Replikator eine Tasse Kaffee und aktivierte seinen Kommunikator.

"Alnak an Kuno, bitte melden Sie sich sobald Sie können in meinem Büro im Maschinenraum. Danke. Alnak Ende."

'So, dann werde ich den mal einweisen, wenn er kommt', dachte er und holte seinen Kaffee.

--- Kunos Quartier

'Sobald Sie können?', wunderte sich Isweda kurz, bevor er noch einen extrastarken Kaffee aus dem Replikator orderte, beschloss aber nach dem ersten heißen und belebenden Schluck der Aufforderung gleich nachzukommen.

Einen letzten Blick auf das chaotische Bad werfend, welches ihn dumpf an eine archaische Baustelle aus dem 20. Jahrhundert erinnerte, verließ Kuno in seiner bequemen Arbeitskleidung sein Quartier.

--- Maschinenraum

Kuno erwartete eigentlich auch den Maschinenraum in der seltsamen Mischung aus notdürftigem Flickwerk, halbgeschmolzenen Duraniumplatten, teilweise frisch reparierten Segmenten vorzufinden, die ihn auf dem Weg zum Maschinenraum überall aufgefallen waren.

Weit gefehlt! Der Maschinenraum bot einen Anblick, als wäre er soeben von der Werft vollendet worden! Alles blitzte und blinkte und war auf einem technischen Stand, den Kuno in dieser Perfektion lange nicht zu sehen bekommen hatte.

"Hallo!", sprach Kuno einen anwesenden Techniker an, "wo bitte ist das Büro von Mr. Alnak?"

Stumm, aber mit einem Blick, der Verständislosigkeit über den anscheinend mit Blindheit geschlagenen Halbjapaner zum Ausdruck bringen sollte, deutete die Hand hinter den Rücken des Technikers. In großen Buchstaben prangte 'Büro' noch dazu mehrsprachig an einer farblich abgesetzten Tür.

"Danke!", quittierte Isweda den Fingerzeig und schritt auf die Tür zu.

--- Maschinenraum, Yheas Büro

Ohne sein Zutun öffnete sich die Tür des Büros mit einem leichten Zischen, Kuno nahm dies als Aufforderung einzutreten.

"Sie wollten mich sprechen, Sir?!" Kuno empfand es während der Arbeit als eine Selbstverständlichkeit eine gewisse Form althergebrachten Respekts zu zeigen, jedenfalls solange sein Gegenüber ihm durch Leistung oder Höflichkeit einen Grund dafür bot.

"Ja", sagte Yhea und schaute von einen PADD auf. "Setzen Sie sich doch. Wollen Sie irgendwas trinken?"

Kuno lehnte Dankend das Angebot ab, während er sich in den Besuchersessel setzte und wartete, was der Romulaner zu sagen hatte.

"Nun, dann werde ich mir aber trotzdem noch einen Kaffee holen", sagte dieser und schritt zum Replikator. "Kaffee, Mischung 12, heiß."

Mit einem Summen erschien das Gewünschte Getränk und Yhea ließ sich damit wieder in seinem Sessel sinken.

"Der Grund, warum ich Sie hier her gerufen habe ist folgender. Ich weiß ja nicht, auf welchen Schiffen Sie bisher gearbeitet habe, aber ich denke mal, auf so einem Schiff wie der Venture noch nie. Auf jeden Fall wollte ich Ihnen die Möglichkeit geben, sich von allen Fragen oder Problemen zu entledigen."

Ein Schluck Kaffee bevor er fortfuhr. "Also, was liegt Ihnen auf dem Herzen?"

Gerade wollte Kuno zur Antwort ansetzten, da meldete sich McCarthy.

"McCarthy an Alnak. Bitte kommen Sie zu mir in den Bereitschaftsraum. Es gibt was Wichtiges zu besprechen. McCarthy Ende."

Etwas überrascht schauten sich Kuno und Yhea an. 'Was gibt es denn nun wieder?', fragte sich der Romulaner und stellte seinen Kaffee ab. Na ja, irgendeinen Grund musste es ja wohl geben.

Schnell warf er einen Blick auf die Uhr und nickte zufrieden. Ja, das würde gehen.

"Yhea an Alex. Könntest du mir einen Gefallen tun und zu mir in mein Büro kommen?", fragte er und wartete auf eine Antwort. Die kam auch sofort: "Sicher, ich bin sofort da."

"Danke. Alnak Ende."

Mit einem entschuldigenden Blick schaute Yhea zu Kuno. "Es tut mir leid, dass ich Ihnen jetzt nicht Ihre Fragen beantworten kann, aber Mister Poulsen wird Ihnen da gerne weiterhelfen. Er kann Ihnen dann auch alles zeigen und erklären, falls nötig."

Gerade wollte er weiterreden, da öffnete sich auch schon die Tür und Alex kam herein.

"Hallo", begrüßte er die beiden. "Was gibt's?"

Yhea erhob sich aus seinem Sessel und stellte sich neben Alex. "Danke, dass du so schnell gekommen bist. Darf ich vorstellen, Alex, das ist Mister Kuno Isweda. Er ist neu von der Ivory gekommen und soll ab jetzt unser Team hier im Maschinenraum verstärken. Mister Isweda", sagte er und zeigte auf Alex, "das ist Alex Poulsen."

Beide schüttelten sich die Hand, bevor Yhea fortfuhr. "Eigentlich wollte ich Mister Isweda jetzt alles erklären und Fragen beantworten, doch der Captain braucht mich in seinem Bereitschaftsraum. Wärst du so freundlich, und kümmerst dich so lange um Kuno?", fragte er Alex.

"Kein Problem. Irgendwas Besonderes?"

"Ich denke nicht. Aber das hängt natürlich von Kuno ab. Sobald ich auf der Brücke fertig bin, stoße ich dann wieder zu euch. Ok?"

Alex nickte. "Sicher. Wir zwei werden das schon schaffen."

"Vielen Dank. So, ich bin dann weg. Ich will den Captain schließlich nicht zu lange warten lassen. Bis nachher", sagte er und verließ mit einem Nicken sein Büro.

--- Büro des Psychologen

"Sie können natürlich jederzeit wiederkommen", schloss Ysara und sah ihren Patienten aufmunternd an. "Vergessen Sie nicht, dass diese Reaktion ganz normal ist. Sie müssen lernen, Ihre Gefühle zu akzeptieren."

"Ich werde es versuchen", murmelte Calvin und erhob sich. "Äh ... danke schön."

"Auf Wiedersehen." Zufrieden legte sie ihr Padd weg und sah dem großen Kerl nach, als er den Raum verließ.

Seufzend warf sie einen Blick auf die restlichen Daten, die noch dringend einer Sortierung bedurften, allen voran die Akte eines gewissen Jesanta, über den sie die Purna noch das eine oder andere fragen musste. Die hatte der Datei eine kurze Notiz hinzugefügt, laut der der Sicherheitler seit einiger Zeit aus "psychischen Gründen" krankgeschrieben war. Es sah aus, als würde das ihr zweiter Fall werden.

Man konnte nicht sagen, dass Ysara ihren Beruf besonders enthusiastisch ausübte, aber sie konnte es andererseits auch nicht leiden, Arbeit liegen zu lassen. Den Blick zwischen den handschriftlichen Aufzeichnungen und Jesantas Akte schweifen lassend, entschied sie sich für das letzte. So konnte sie sich zumindest ein wenig die Beine vertreten.

"Computer, wo befindet sich zurzeit Miss Fakaii?"

"Cailin Fakaii befindet sich in der Schiffsbar."

Die Psychologin erlaubte sich ein amüsiertes Grinsen. Nach der hitzigen Auseinandersetzung mit Jones hatte sie die Ärztin dort als letztes vermutet.

Sorgfältig band sie ihre langen Rastas nach hinten, bevor sie den Raum in Richtung Bar verließ.

--- Bar, Theke

Der letzte Tropfen Synthenol-Whisky perlte aus Jones Glas und hinterließ ein angenehmes Brennen in seinem Rachen. Die klare Flüssigkeit stand seinem alkoholischen Original an Wirkung nicht nach, und so widerstand der Texaner der Versuchung noch ein Glas zu bestellen. Die Dosis hatte jedenfalls ihren Zweck erfüllt: Der dumpfe Nebel um seinen Verstand lichtete sich etwas, seine Müdigkeit verflog.

Während er geistesabwesend mit dem Getränk beschäftigt war, hatten sich der grinsende Romulaner und der finstere Bajoraner verabschiedet. Die letzte Bemerkung des Spitzohrs fiel ihm wieder ein: Hatte er Jones nicht geduzt? 'Wirklich komischer Bursche', dachte er sich und hatte das Gefühl, dass er mit dem Grünblut noch sehr gut zurecht kommen würde.

Er selbst pflegte seine Mitmenschen ebenfalls schnell zu duzen, selbst die distanzierte Ysara, der er nur einige Mal an Bord der Ivory begegnet war, redete er schon nach kurzer Zeit auf diese Weise an. Ein "Sie", unter Menschen, die sich nicht das erste Mal begegneten, hörte sich in seinen Ohren immer wie eine Beleidigung an, ein Zeichen für eine gewisse Abneigung.

Eigentlich pflegte er einen freundlichen Umgang, und mit den meisten Menschen kam er gut aus. Auch die Vogelfrau, seine neue Chefin, hatte sich von der Theke entfernt und an einen Tisch etwas Abseits gesetzt. Sie sah irgendwelche Unterlagen durch, und schien damit vollauf beschäftigt zu sein. Vielleicht hatte sie mit ihrer Auslastung doch nicht übertrieben.

Gelangweilt schaute der Texaner auf das Gerät an seinem rechten Handgelenk. Das Ding sollte eigentlich ein Chronometer sein, der fast alle Zeitrechnungen des Alphaquadranten anzeigen kann. Noch immer erinnerte sich Jones an die quengelnde Stimme des Ferengihändlers, der es ihm angedreht hatte, als er von der Erde aufbrach um durchs All zu trampen.

In Wirklichkeit zeigte der Wecker das Zeitsystem eines primitiven Planeten, irgendwo im Antaressektor, an. Mit der Zeit war Jones hinter die dürftigen Funktionen des Gerätes gekommen, und er hatte es sogar geschafft die angezeigten Symbole in die übliche Zeitrechnung umzurechnen.

Mit nur einer Minute Knobelei konnte er auf diese Weise die Momentanzeit, mit einem Fehler von nur anderthalb Minuten, bestimmen. Neben der Zeitanzeige, erschien auf einem kleinen Display gerade das Symbol einer dampfenden Tasse, welche den Benutzer daran erinnern sollte, dass nun die Zeit für einen guten Wurzeltee gekommen ist.

Darunter rollte ein Lauftext über die Anzeige, der, wie Jones einmal mithilfe eines Computers herausfand, daran erinnerte, dass nur der Wurzeltee von Na-tom ein ausgeprägtes Aroma garantierte, und dass man mithilfe dieses von Na-tom gesponserten, modernen Gerätes jederzeit das nächste Na-tom Lokal auffinden konnte.

Wie das funktionieren sollte, hatte er bisher nicht herausfinden können, allerdings begann der Wecker eine schreckliche Melodie von sich zu geben, wenn er in die Nähe von Warpreaktoren kam; womöglich bestand da ein indirekter Zusammenhang. Natürlicher hätte sich der Texaner jederzeit einen anderen Zeitanzeiger besorgen können, aber irgendwie war er bisher nicht dazu gekommen.

Außerdem hatte er sich an den elegant aussehenden, mit dem schicken Na-tom Emblem verzierten Zeitanzeiger gewöhnt, und so beließ er es dabei. Auf jeden Fall war Lisa, die Krankenschwester, überfällig. Wahrscheinlich hatte sie die Zeit, die sie für ihre Arbeit brauchte, falsch eingeschätzt. Jones seufzte. Eigentlich hatte er sich vorgenommen mal richtig auszuschlafen.

Daraus würde wohl auch heute nichts werden, und wenn er nicht gleich hier einschlafen wollte, würde er etwas Gesellschaft gebrauchen. Die zierliche Schönheit, die ihm gleich beim Betreten der Bar aufgefallen war, saß noch immer an der Theke. In ihren braunen Augen spiegelten sich die wenigen, dumpfen Lichtquellen der Bar.

--- vor der Bar

Kurze Zeit später hatte Ysara, sich mithilfe des Computers orientierend, die Bar gefunden, und kam in sicherer Entfernung zum Eingang zum Stehen.

Ein riesenhaftes, haariges Tier lag mitten auf dem Gang und sah ihr mit treuherzigen Augen entgegen. Sie fixierte es sekundenlang vorsichtig, und als der Hund keine Anstalten machte, sich zu regen, schweifte ihr Blick weiter in Richtung der Tür, über der ein Schild in schillernden Farben den Namen der Bar verkündete.

Die Vorstellung, dass Miss Fakaii sich hier aufhalten sollte, kam ihr immer absurder vor.

Vorsichtig und ganz langsam, um den Rüden nicht zu erschrecken, bewegte sie sich um ihn herum, während seine Augen ihr unablässig folgten. "Braver Hund ...", murmelte sie nervös, bevor sie der Tür endlich nahe genug war, dass sie sich öffnete.

Grundsätzlich vertraute sie Hunden, aber nur, wenn ein fähiger Besitzer in der Nähe war. Die Schultern straffend und kopfschüttelnd betrat sie die Bar.

--- Bar

Kurz sah sie sich um. Die geräumige Mannschaftsmesse war in angenehmen Farben gestrichen und im Gegensatz zu ihrem viel versprechenden Namen zumindest angemessen eingerichtet. Hinter der Theke erblickte sie einen Androiden. Irritiert sah sie weg - hatte er ihr eben tatsächlich zugezwinkert?

Unter den wenigen Besuchern erkannte sie auch Jones und Miss Renault an der Theke, und schließlich sah sie auch die Purna an einem der hinteren Tische.

Zielstrebig ging sie auf sie zu, in der Hoffnung, weiteren Blicken des Barmannes zu entgehen.

--- Bar, Theke

In diesem Augenblick kam Ysara in die Bar, schaute sich kurz um, und ging dann direkt auf den Tisch, an dem Cailin saß, zu, wo sie anscheinend erwartet wurde. Nachdenklich verfolgte Jones die Szene. 'Was zum Henker...', schoss es ihm durch den Kopf. Nicht genug, dass er Cailin hier nicht erwartet hatte, aber Ysara? Er hatte schon mehrmals überlegt, wie er die Psychologin einschätzen sollte, und kam jetzt zum Schluss, dass sie zu den Menschen gehörte, die sich weder einschätzen lassen wollen, noch können.

Ohne weiter darüber nach zu denken, drehte er sich zu der Frau neben ihm. Nachdem sie sich mit dem Bajoraner unterhalten hatte, saß sie nun in Gedanken versunken an der Theke, und starrte ins Nichts. Beim Androidenbarmann bestellte Jones noch ein Glas Wasser, und wandte sich dann an die Schwarzhaarige:

"Warum denn so nachdenklich?", fragte er mit einem angedeuteten, kurzen Lächeln.

Mirabelle blickte von ihrem Getränk auf, in das sie gestarrt hatte, seit Anjol die Bar verlassen hatte. Neben ihr stand ein schlanker Mann und blickte sie neugierig an.

"Nachdenklich?" antwortete die Französin überrascht auf dessen Frage. "Nun eigentlich nicht wirklich nachdenklich", meinte sie dann. Immerhin brauchte dieser Fremde ja nicht zu wissen, dass sie gerade ein nicht ganz triviales Problem von allen Seiten beleuchtete.

"Sie sind neu auf der Venture?" fragte sie den Neuankömmling statt dessen, da sie sich nicht erinnern konnte, ihn bereits einmal gesehen zu haben. Vielleicht im 'Begrüßungsfrachtraum', aber da war sie sich nicht mehr ganz sicher.

"Ich bin Mirabelle Renault, Monsieur." stellte sie sich daraufhin dem Mann vor.

--- Strahlenlabor

"Romulanische Rankensuppe, 4°C", bestellte der Halb-Breen gerade. Der Replikator, im üblichen Sternenflottendesign, summte kurz, und im Kraftfeld über der Servierplatte schwirrten die Moleküle wild durcheinander, bis sie sich zu einer schwarzen Schüssel mit dicklicher, braungelber Flüssigkeit ordneten.

Vorsichtig hob Clint die Schüssel auf, hielt sie hoch und betrachtete skeptisch das goldene Sternenflottenabzeichen an dessen Unterseite. Der Programmierer des Replikators war entweder verspielt oder ein Patriot. Auf der Servierplatte des Replikators erschien nun auch ein silberner Löffel, dessen Griff sich, zum der Schaufel entgegengesetztem Ende, verbreitete, und ebenfalls von einem eingravierten Sternenflottensymbol verziert wurde.

Seltsamerweise enthielt das große Strahlenlabor keine Esstische, oder vielleicht waren einmal solche vorhanden, wurden dann aber für andere Zwecke eingesetzt. Kurzerhand nahm sich der Adoptivvulkanier einen Drehstuhl und stellte die schwarze Schüssel auf eine abgeschaltete Computerkonsole. Er krempelte die weiten Ärmel seiner weißen, vulkanischen Robe hoch und machte sich an seine Suppe, bevor sie warm wurde.

Der pikantscharfe Geschmack der romulanischen Ranken war in der gesamten Galaxie bekannt bzw. berüchtigt. Im Grunde genommen blieb die gelbliche Pampe aber innerhalb des romulanischen Imperiums, und es gab kaum jemanden, der Interesse daran hätte sie zu importieren. Die Temperatur war für den Halb-Breen gerade richtig, auch wenn die Rankensuppe normalerweise heiß serviert wurde.

Während er die Flüssigkeit langsam löffelte, dachte er über sein Vorgehen nach. Er würde bald seinen ersten Bericht verfassen müssen, seine Auftraggeber wollten schnellstmöglich informiert werden. Clint beschloss jedoch damit noch eine Weile zu warten, vielleicht wurde er beobachtet. Diese Möglichkeit erschien den Adoptivvulkanier sogar sehr wahrscheinlich, wenn man die Situation der Venture bedachte.

'Besatzungsstärke und Moral längst nicht so katastrophal wie angenommen', fasste der Grünhäutige in Gedanken zusammen, 'Bisher auch keine Anzeichen von romulanischer Infiltration' Natürlich war es noch zu früh um diesbezüglich sichere Aussagen zu machen, jedoch gab es im Geheimdienst auch Personen, die vermuteten, dass die Venture vollständig von Romulanern befehligt wurde, um im Besatzungsgebiet Spannungen hervor zu rufen.

Um wirklich sichere Aussagen zu machen würde er mit der Mannschaft mehr interagieren müssen als er es für gewöhnlich zu tun pflegte. Vor allem würde er eine bestimmte Person, einen Yhea Alnak, unter die Lupe nehmen, einen Romulaner der sich entschied, gegen seine eigenen Leute zu kämpfen.

Der Tal Shiar arbeitete gewöhnlich nicht mit solch plumpen Methoden, aber wie sein Vater immer sagte: "Berechenbarkeit bedeutet in unserem Gewerbe den Tod. Ungewöhnliche Vorgehensweisen sind deshalb immer die beste Wahl, denn Gewohnheit führt zu demselben Ergebnis wie Berechenbarkeit"

Als er gerade mit der Suppe fertig war, kam Miss Dunlaith, der Fähnrich aus dem biochemischen Labor, und überreichte ihm die verlangte Inventar- und Besatzungsliste. Alle ehemaligen, sich noch an Bord befindenden Mitglieder der Wissenschaftssektion waren darauf verzeichnet, sowie ihr momentaner Aufgabenbereich. Die meisten dieser Menschen arbeiteten nun in der Technik oder in der Medizin, insgesamt war es nur ein Dutzend.

Die Liste würde ihm die Gelegenheit geben mit den einzelnen Abteilungsleitern zu sprechen, vielleicht würde ihm dabei etwas auffallen, auf jeden Fall würde er mehr über die Besatzung erfahren. Nachdem er Dunlaith fortgeschickt hatte wies er den Computer an: "Cailin Fakaii, lokalisieren!"

Die angenehme, aber nüchterne Stimme des Computers war eine willkommene Abwechslung zu dem seltsamen Schiffscomputer der Ivory: "Cailin Fakaii befindet sich momentan im Gesellschaftsraum, wünschen Sie eine Wegbeschreibung?"

"Ja", antwortete der Halb-Breen nach kurzem Zögern. Geduldig hörte er sich die Wegbeschreibung an, die er nicht brauchte, und machte sich dann auf den Weg.

--- Bar, Tisch 4

"Entschuldigen Sie, dass ich Sie störe, Miss Fakaii", begann Ysara und wartete, bis die Ärztin von ihren Unterlagen, die sie gerade studierte, aufsah. "Aber ich habe ein paar Fragen zu Mr. Jesanta. Laut seiner Akte ist er seit einiger Zeit arbeitsunfähig ...?"

Cailin nickte zustimmend und fügte ihrer Geste ein traurig klingendes "Ja, leider" hinzu. Dann gebot sie der Psychologin mit einer einladenden Handbewegung doch an ihrem Tisch Platz zu nehmen, da es sicher einen Moment dauern würde, ihr alles zu erklären.

Noch während diese ihrer Aufforderung nachkam, räumte die Ärztin ihre Unterlagen sorgfältig beiseite. Die Ärztin hatte vor sich später damit zu beschäftigen, wenn sie wieder allein am Tisch war.

"Jesanta gehörte zu jenen Sicherheitlern, die sich Romulanern stellen mussten, die sich an Bord der Venture beamen konnten und eine Spur der Verwüstung zurückließen wohin immer sie sich auch bewegten. Dr. MacLeod hat ihm ein paar Tage Ruhe verordnet, was ich auch absolut für angemessen halte und diese fällt rein in den medizinischen Bereich. Jesanta hat einen sehr starken Charakter wie ich aus Erfahrung weiß und es gibt keinerlei psychische Probleme. Um ehrlich zu sein, weiß ich auch gar nicht wieso Sie besonders an ihm interessiert sind." Man hörte der Ärztin an, dass sie wirklich verwundert war und es einfach offen zugab.

"Gerade eine Psychologin wie Sie müsste doch eigentlich ihr Augenmerk sofort auf den schwersten Fall legen. Zumindest war es die Vorgehensweise Ihres Vorgängers und ich fand sie auch immer sehr vernünftig", meinte Cailin und räumte damit dem früheren Psychologen ein wenigstens etwas gut gemacht zu haben. "Es gibt jemand dessen Behandlung
keinen weiteren Aufschub duldet und der Ihre volle Aufmerksamkeit benötigt um endlich wieder ein normales menschenwürdiges Leben führen zu können. Sein jetziges Dahinvegetieren kann man einfach nicht mehr Leben nennen...

Joes Zustand macht mir große Sorgen. Ein Arzt muss zwar immer auch was von Psychologie verstehen um zu manchen schwierigen Patienten durchdringen zu können und ihre Angst oder ihre Zweifel zu zerstreuen, aber in diesem Fall bin ich an den Grenzen meines Wissens angelangt. Trotz aller Mühe konnte ich nicht den kleinsten Fortschritt verzeichnen." Die Ärztin senkte resignierend ihren Blick. "Ihm kann wirklich nur mehr ein ausgebildeter Psychologe helfen."

Die Purna erklärte der Psychologin noch einmal in kurzen Worten, was diese ohnehin auch der sorgfältig angelegten Akte entnehmen konnte. Dass er einer der Leute war, die sich mit Jesanta dem Feind gestellt hatten. Viel war es nicht, dass Jesanta ihr hatte sagen können und Joe war immer noch nicht in die Gegenwart zurückgekehrt.

"Seit jenem Vorfall ist Joe nicht mehr ansprechbar. Er reagiert nicht mehr auf äußere Einflüsse, Ansprachen oder auf Geräusche. Lediglich seine körperlichen Reflexe sind normal, ebenso wie seine organischen Werte. Er scheint sich aber in eine Art Scheinwelt zurückgezogen zu haben. Je länger er dort verweilt, desto geringer wird die Hoffnung ihn
dort herauszuholen. Ich bete zu Lanagor, dass Sie ihm mit Ihrer Erfahrung und Ihrem Wissen werden helfen können."

Betrübt senkte die Purna den Kopf.

Interessiert hatte Ysara ihren Ausführungen gelauscht. 'Posttraumatische Belastungsstörung', schoss es ihr spontan durch den Kopf, doch sie beschloss, den Fall aufzuschieben, bis sie sich direkt darum kümmern würde. In der Tat war dieser Joe für sie nun nicht mehr als "ein Fall", dem sie aufmerksam, aber nicht persönlich betroffen begegnen würde.

Trotzdem lächelte sie Cailin mitfühlend an. "Seien Sie nicht besorgt. Die Erfahrung hat gezeigt, dass solche Symptome selten von Dauer sind, wenn sie behandelt werden. Ich werde tun, was ich kann."

Ihr Blick fiel, an ihrem Gegenüber vorbei, auf den Barmann, der ihr schon wieder zuzwinkerte. Irritiert wandte sie sich wieder Cailin zu.

"Ich stimme Ihnen zu, dass ich mich darum natürlich gleich als erstes kümmern werde. Ich muss die entsprechende Akte übersehen haben." Sie machte eine wegwerfende Handbewegung, um zu zeigen, dass sie es nicht als wichtig empfand. Dass sie bei weitem noch nicht alle Unterlagen durchgesehen hatte, musste die Ärztin nicht wissen.

Sie ließ sich noch den Nachnamen des Mannes nennen, bevor sie sich erhob. "Ich danke Ihnen, und ich will Sie nicht weiter von der Arbeit abhalten."

Im Augenwinkel sah sie den Androiden nahen. "Auf Wiedersehen", murmelte sie noch, bevor sie fluchtartig davon eilte.

Fragend sah die Ärztin der Psychologin nach. Sie wurde nicht ganz schlau aus ihr. Zum einen kam diese sofort auf ihre Arbeit zu sprechen und dann sah es fast so aus, als spiele Zeit eine sehr primäre Rolle in ihrem Leben. So schnell wie sie wieder aufgebrochen war.

Oder wollte sie vielleicht...

"So allein meine Schöne?", fragte da eine ihr bekannte Stimme und riss die Purna aus ihren Gedanken. Sofort blähte sich ihr Federkamm zu seiner vollen Größe auf. Eine Abwehrhaltung, die immer passierte, wenn sie wütend war oder über etwas erschrak. Doch der Sprecher ließ sich davon nicht im Geringsten aus der Ruhe bringen.

"Wenn mir auch die Zeit fehlt Ihnen ein wenig Gesellschaft zu leisten - was sich aber nach Barschluss sehr schnell ändern wird - so bin ich doch um Ihr leibliches Wohl besorgt. Genau wie Sie. Sie sehen also, dass wir beide etwas gemeinsam haben. Gemeinsamkeiten verbinden..."

Cailin wollte ihn nicht ansehen, doch sie zwang sich dazu um nicht unhöflich zu sein. Das Lächeln von eCroft war so süß, dass sie Angst hatte ihre Federn würden verkleben und automatisch fiel ihr Kamm wieder in sich zusammen. Ihre abwehrende Haltung schien ihm ohnehin gar nicht aufgefallen zu sein.

War er der dunkle Stein, der auf ihrem Weg lag? Das Orakel hatte ihn ihr heute Morgen prophezeit und sie vertraute auf Lanagor Weisheit.

"Einen Eistee mit den Früchten des Karkantabaums", bestellte die Purna und unterdrückte den Wunsch die Bar einfach zu verlassen und sich in ihr Quartier zurückzuziehen. Aber die Stille die dort herrschte war noch erdrückender, als der Schwarm in dessen Mittel eCroft thronte. "Wenn Sie mich dann bitte alleine lassen würde. Ich habe zu tun." Damit vertiefte sie sich wieder in ihre Unterlagen.

Schulterzuckend wollte eCroft schon aufgeben, doch dann drehte er sich mit einem selbstzufriedenen Lächeln zur Bar um ihr den Drink zu holen. Sie spielte die Spröde und er wäre fast darauf hereingefallen.

--- Vor der Bar

Vor dem Eingang zum, so genannten, Gesellschaftsraum, lag ein großes, dem Adoptivvulkanier unbekanntes Tier. Es hielt seine schwarze Nase hoch, und schnupperte etwas verwirrt in Clints Richtung. Wahrscheinlich konnte es den Halb-Breen mit seinem Geruchsinn nicht wahrnehmen, da dieser weder Schweißdrüsen, noch sonst irgendwelche Hautsekrete besaß. Ohne es weiter zu beachten, trat er durch die Tür.

--- Bar, Eingang

Ysara rammte ihn mitschiffs, im Auge noch immer den Androiden. Sie fing sich, blieb stehen und sah auf, um zu schauen, wen sie umgerannt hatte.

"Oh, Mr Clint", begrüßte sie ihn kühl. "So sieht man sich wieder. Na, haben Sie sich schon eingelebt?" Ein amüsiertes Lächeln umspielte ihre Lippen - "einleben" hatte einen viel zu häuslichen Beiklang, als dass sie es mit diesem Kühlschrank von Mann in Verbindung bringen würde.

--- Bar, Tisch 4

Gerade als Cailin die markanten Gesichtszüge einer Klingonin studierte, die sie wahnsinnig an einen nahen Verwandten bei den Purnas erinnerten, meldete sich ihr Kommunikator zu Wort. Eine der technischen Errungenschaften, die sie gerne in ihrer Jugend auf Venderat zur Verfügung gehabt hätte.

"Miller an Fakaii", meldete sich eine atemlose männliche Stimme zu Wort. Es dauerte einen Moment bevor Cailin dieser Stimme ein Äußeres zuteilen konnte. Horatius Miller arbeitete als Springer, der dort eingesetzt wurde wo Not am Manne war. "Wir haben ein Problem..." Er keuchte und es schien, als hätte er große Anstrengungen zu sprechen.

"Sprechen Sie Miller, was ist passiert?", forderte Cailin ihn auf und ihr Gefieder blähte sich unwillkürlich vollends auf.

"Es geht um Malcolm... Peregg.."

Erschrocken sog sie die Luft ein und es kamen einige undefinierbare Laute auf der Kehle der Ärztin. Die Worte schlugen wie eine Bombe ein. Schon allein als sie den Namen hörte, ging etwas Seltsames in ihr vor. Sie fühlte, dass ihr etwas Schlimmes bevor stand. Eine Intuition wie so oft zuvor.

"Wir waren wie so oft bei Wartungsarbeiten, als es geschah... Malcolm wurde plötzlich wild und begann um sich zu treten und schlagen. Er schien sich unter Krämpfen zu winden, presste beide Hände auf seine Ohren und schrie wie verrückt. Wir versuchten ihn zu beruhigen und ihn auf die Krankenstation zu bringen, da gelang es einem von uns eine seiner Hände von den Ohren zu lösen und da sahen wir es! Eine gallertartige durchsichtige Flüssigkeit quoll aus seinem Ohr und es war, als...würde... Nein, wir müssen uns getäuscht haben", wimmerte plötzlich Miller und schien von einem Weinkrampf geschüttelt zu werden.

"Beruhigen Sie sich bitte", entgegnete die Purna gekonnt ruhig, während sie selbst innerlich sehr aufgewühlt und mehr als beunruhigt war. Miller war die Ruhe selbst so lange sie ihn kannte. Es gab nichts, das es schaffte ihn aufzuregen und doch wirkte er wie ein zusammengebrochenes Bündel Mensch. Jemand, der einfach am Ende seiner Kräfte war. "Es wird alles wieder gut, Miller. Wo ist Peregg jetzt? Was haben Sie mit ihm getan?"

Das Schluchzen wurde leise und eine resignierende Stimme sagte: "Er stieß irre Verwünschungen und Flüche aus. Seine Augen hatten einen bösen Glanz. Er war nicht mehr Herr seiner Sinne. Wie besessen. Wir... wir sind... geflohen." Man hörte deutlich die Schmach in der Stimme. Den Frust nichts anderes getan zu haben, als sich selbst in Sicherheit zu
bringen und zu verstecken.

"Malcolm hat sich darauf hin auf Deck 5, in Sektor B verschanzt und gedroht sich umzubringen, wenn ihm jemand zu nahe kommen sollte oder man die Türen gewaltsam öffnet. Seither meldet er sich nicht mehr. Man hörte noch einige polternde Geräusche, doch danach war alles still. Totenstill...

Die Türen lassen sich nicht mehr auf normalem Wege öffnen. Ich weiß nicht, was er damit angestellt hat. Wir wissen nicht mehr was wir tun sollen..." Er schniefte laut und vernehmlich auf und versuchte wieder die Kontrolle über sich zu erlangen, etwas von der gewohnten Ruhe, was ihm auch teilweise gelang.

"Ich bin gleich bei Ihnen", versicherte die Purna. "Unternehmen Sie nichts bevor ich nicht da bin. Es könnte sein Tod sein." Dann ließ sie sich eine genaue Wegbeschreibung geben, bevor sie die Verbindung abbrach.

Hastig und ohne länger wertvolle Zeit zu verschwenden sprang sie vom Stuhl hoch und hätte dabei fast eCroft ihren Eistee aus der Hand geschlagen. Aber sie ging registrierte ihn gar nicht. Und auch nicht seinen kleinen Witz, dass sie nicht wegzulaufen brauche, da der Drink auf Kosten des Hauses gehe.

Der Blick der jungen Ärztin fiel auf die junge Sicherheitlerin an der Bar, die so gar nichts Furchteinflößendes an sich hatte. In ihr würde Peregg sicher niemand der Sicherheit vermuten, wenn es hart auf hart kam. Vielleicht die Chance ihn zu überwältigen und auf die
Krankenstation zu bringen bevor er sich noch selbst etwas antat. Falls sie ihm noch helfen konnten.

Falls er sich nicht bereits getötet hatte oder es tat, wenn die Tür gewaltsam aufgebrochen wurde.

Cailin wusste, dass sie schnell handeln musste und dass sie alle Verstärkung brauchte, die sie kriegen konnte. Entgegen ihrer sonst so ausgeglichenen zurückhaltenden Art rief sie der Französin zu: "Miss Renault, es gibt ein Sicherheitsproblem. Falls Sie Zeit haben, wäre ich froh, wenn Sie mich begleiten könnten. Es ist wichtig..."

Damit wandte sie sich auch schon dem Ausgang zu, wo sie zu ihrer Freude noch die Psychologin entdeckte, die gerade in ein Gespräch mit einem seltsam anmutenden Mann vertieft war, den die Purna aber nicht näher beachtete.

--- Bar, beim Ausgang

Die Höflichkeit gebot Cailin zu warten, bis man sie bemerkte, doch die Zeit eilte und es war im Moment egal, ob jemand einen schlechten Eindruck von ihr bekam oder nicht. Hier ging es um ein Menschenleben und das war alles was zählte.

"Es tut mir leid, wenn ich störe... Aber Miss Jefferson,... ich brauche Ihre Hilfe als Psychologin. Ein Notfall. Es ist äußerst dringend. Bitte kommen Sie mit mir...", damit hetzte sie auch schon durch den Ausgang auf den Gang hinaus.

"In Ordnung", erwiderte Ysara, doch die Purna war bereits an ihr vorbei in Richtung Tür und hatte sie wahrscheinlich nicht mehr gehört... "Auf Wiedersehen, Mr. Clint!", rief sie dem Halb-Breen noch zu und genoss es, wie unpassend die Worte klangen. Dann setzte sie sich in Bewegung.

Cailin hatte den Raum schon verlassen, und sie beeilte sich, ihr zu folgen. Was mochte geschehen sein? Und warum geschahen Notfälle gerade dann, wenn sie gerade erst auf diesem Schiff erschienen war!


--- vor der Bar

Ein seltsames Wesen lag vor der Bar. Die Purna und das haarige Tier maßen sich kurz mit abschätzenden tiefen Blicken. Beide schienen zu verstehen, dass sie einander nichts tun würden. Damit waren beide zufrieden und kümmerten sich nicht mehr um den anderen.

Kurz hielt die Purna vor der Tür inne um zu warten, wer von den beiden Frauen sich ihrer Mission anschloss. Währenddessen fiel ihr ein, dass es eigentlich nicht schlecht wäre jemand bei sich zu haben, der versiert im Öffnen von Türen war. Jemand, der das Türschloss mit einem Phaser öffnete war gänzlich ungeeignet.

Ganz in Gedanken, von welchen Vorfällen sie je gelesen hatte, wo von einer gallertartigen durchsichtigen Flüssigkeit die Rede war, betätigte sie ihren Kommunikator:

"Fakaii an Schiffstechnik. Ich bräuchte dringend jemand, der mir hilft wenn nötig ein Türschloss zu öffnen und zwar so gewaltlos und so schnell wie möglich. Wir treffen uns auf Deck 5, bei Turbolift 3. Fakaii Ende."

--- Hauptmaschinenraum

Isweda schaute kurz zu Poulsen herüber, der Kuno eine zwar detaillierte, aber lange noch nicht vollständige Einweisung in die Systeme der Venture gegeben hatte.

"Ich denke", sagte Isweda, "dass ich auch ohne weitere Einweisungen eine Tür öffnen kann, Sie sind hier im Moment ja noch nicht abkömmlich. Außerdem wird es sicher nicht lange dauern!"

"Sicher, gehen Sie ruhig", antwortete Poulsen, "der Werkzeugkoffer dort", Poulsen deutete auf einen kleinen Koffer neben dem Eingang. "dürfte alles enthalten um eine blockierte Tür zu öffnen!"

Kuno Nickte Ihm kurz zu, Tippte seinen Kommunikator an und bestätigte Miss Fakaii, dass sich jemand von der Technik auf dem Weg zum Treffpunkt befand. Während dieses kurzen Satzes hatte Isweda den Maschinenraum schon verlassen und war nur wenige Schritte vom nächsten Turbolift entfernt.

--- Bar, Theke

Bevor Jones ihr noch antworten konnte, fiel irgendwo ein Stuhl scheppernd zu Boden, wenige Sekunden danach dann der 'Hilferuf' der Ärztin.

Mirabelle ließ ihr noch nicht geleertes Glas stehen, rutschte vom Barhocker und folgte der Purna, wobei sie noch ein kurzes "Entschuldigen Sie mich" in Richtung des Texaners warf.

Auf dem Weg zur Türe glitt ihre Hand unwillkürlich an ihren Gürtel. Ja, der Phaser war da. Sicher war sicher.

--- vor der Bar

Kaum hatte Ysara die Tür durchquert, stolperte sie und fing sich nur mühevoll. Natürlich war die genau in dieses Monster von Hund gerannt. Was lag der denn immer noch da ... Etwas wie "Mistvieh!" fauchend sah sie sich um und bemerkte jetzt erst die Purna genau vor sich.

"Da bin ich", verkündete sie trocken.

"Danke, Miss Jefferson", antwortete die Purna. "Wenn Miss Renault von der Sicherheit auch noch zu uns stößt, dann wären wir komplett." Einen Moment überlegte sie was sie der Psychologin inzwischen anvertrauen sollte. Immerhin war Miller in einer Stresssituation. Und sie wollte die Psychologin nicht mit falschen Tatsachen füttern.

"Es geht um einen Terraner namens Malcolm Peregg. Er klagte seit einiger Zeit über zeitweise unerträgliche Rückenschmerzen. Nun hat sich seine Situation drastisch verschlimmert. Er scheint unter mysteriösen Krämpfen zu leiden und hat darüber fast den Verstand verloren. Ich muss ihn unbedingt so rasch wie möglich untersuchen, doch er hat sich verschanzt und droht sich umzubringen, wenn wir die Türen gewaltsam öffnen. Vielleicht können Sie zu ihm vordringen und ihn erreichen..." Hoffnungsvoll sah die Vogelfrau zum neuen Besatzungsmitglied.

Über die gallertartige Flüssigkeit schwieg die Ärztin sich aus. Sie hoffte noch immer, dass Miller einer Illusion erlegen war und er sich getäuscht hatte...

Als sie die Tür durchquerte, fiel Mira als erstes auf, dass Kieran nicht mehr vor der Bar lag. Er hatte sich vor der Bar aufgestellt und knurrte leise vor sich hin. "Still, Kieran", befahl die Französin, dann schloss sie sich den beiden anderen an, ihren unvermeidlichen Hund im Schlepptau.

"Wo brennt es?" fragte sie die junge Ärztin, die ihr noch einmal einen kurzen Abriss der Geschehnisse gab. Dann warteten beide auf die Antwort der Psychologin.

--- Bar, beim Ausgang

'Jeder Moment bringt neue Ereignisse, jedes Ereignis birgt neue Möglichkeiten ...', dachte Clint mit einem mentalen Seufzer. Die Ereignisse nahmen ihren eigenen Lauf, ohne Rücksicht auf seine Pläne und Absichten zu nehmen. Der Satz, den er eben Gedacht hatte, war der Anfang des elften Kapitels von Suraks "Logik" Buch, welches sich mit der Unvorhersagbarkeit der Realität auseinandersetzte.

Cailin, die Chefin der Medizin, wurde zu einem Notfall abberufen. Einerseits würde er sich mit ihr nicht mehr über sein Personalproblem unterhalten können, andererseits bot der Zwischenfall eine Gelegenheit sich näher mit der Mannschaft zu befassen.

--- Maschinenraum

Nachdenklich schritt Alex durch den Maschinenraum und überprüfte nacheinander die wichtigen Systeme der Venture. Nicht das es dabei Probleme gegeben hätte, schließlich lief alles einwandfrei nach den anstrengenden Reparaturen. Doch es beruhigte ihn immer, wenn er wusste, dass alles funktionierte.

Gerade hatte er seinen kurzen Rundgang abgeschlossen, da blinkte plötzlich auf einer Konsole ein Warnsignal. Überrascht schritt er zum Terminal und ließ sich eine Übersicht anzeigen.

'Energieausfall auf Deck 5 in Sektor B?', überlegte er. 'Moment, das ist doch da, wo Kuno das Türschloss überbrücken soll. Der wird doch wohl nicht...'

Plötzlich schallte eine Warnsirene durch den Raum und Alex zuckte zusammen. "Verdammt noch mal", fluchte er und tippte wie wild auf der Konsole herum. Immer mehr Fehlermeldungen huschten über den Bildschirm. Nacheinander schalteten sich alle Systeme auf Deck 5 ab. Zuerst schaltete sich die Energie ab, dann fiel die Lebenserhaltung aus, die internen Sensoren deaktivierten sich und die Turbolifte funktionierten nicht mehr.

Fieberhaft versuchte Poulsen, die Systeme zu reaktivieren, doch ohne Erfolg.

"Poulsen an Robsen und Hedlege. Bitte sofort in den Maschinenraum kommen. Wie haben hier ein paar große Probleme", rief er durch die gerade geöffnete Kommunikationsverbindung. "Ich begebe mich auf Deck 5 und versuche von dort, die Probleme zu lösen. Poulsen Ende."

Schnell drehte er sich um, schnappte sich seinen Werkzeugkoffer und verließ den Maschinenraum.

--- Deck 4, Gänge

Während er durch die Gänge eilte, setzte er noch schnell eine Meldung an Kuno ab, dass er auf dem Weg zu ihm sei und dass er vor dem Turbolift auf Deck 5 warten solle, bis er eintraf.

Kaum hatte er die Meldung abgeschickt, da blieb er auch schon neben einer Wandverkleidung stehen, zog sie aus der Wand und quetschte sich in die dahinter liegende Jeffries-Röhre.

--- vor der Bar

"Vielleicht kann ich ihnen helfen, mein Name ist Ahm-Tor Clint, ich bin Wissenschaftler", meinte der Halb-Breen kurzbündig, als er die Gruppe erreichte.

Ysara warf ihm einen leicht genervten Blick zu. Schließlich würde er als Wissenschaftler kaum etwas beisteuern können - zumal er nicht einmal wusste, worum es ging. Davon abgesehen mischte er sich in anderer Leute Gespräche ein.

Ihn betont missachtend wandte sie sich wieder Cailin zu. "Ich werde dazu erst etwas sagen können, wenn wir vor Ort sind und ich den Mann gehört habe ..."

--- Deck 5, Gänge

Während sie sprach, setzten sie sich in Bewegung.

"Es ist unwahrscheinlich, dass ein geistig gesunder Mann nur aufgrund einer Krankheit dermaßen reagiert, obwohl es natürlich möglich ist. Da Sie", wandte sie sich an Cailin. "den Mann im Gegensatz zu mir kennen, wäre es besser, wenn zunächst Sie versuchen, mit ihm zu sprechen. Einer Ärztin gegenüber wird er vielleicht aufgeschlossener sein."

"Ja, einer Ärztin gegenüber könnte sein, wahrscheinlich auch einer Psychologin gegenüber, die auf ihn und sein seelisches Leid eingeht oder aber einfach einer sympathisch anmutenden zierlichen Frau", entgegnete die Purna mit einen lächelnden Seitenblick auf die Französin. "Aber ich sehe keinen Sinn darin ihn mit Fremden unnötig zu ängstigen und unter Druck zu setzen." Ihr Blick war eindeutig auf den Breen gerichtet, bevor sie sich direkt an ihn wandte:

"Es tut mir leid, aber mein Patient ist kein Versuchsobjekt. Das werde ich nicht dulden." Der Kamm der Purna stellte sich hoch auf, obwohl sie diesen natürlichen Vorgang mit aller Kraft zu unterdrücken versuchte. Aber es ging ihr gegen den Strich wenn ein hilfsbedürftiger Mensch einer schaulustigen Menge ausgesetzt wurde und ein Wissenschaftler, sofern er
überhaupt einer war, sich befähigt fühlte sich hier einzumischen.

Vor allem wo sie noch immer eine dunkle Vorahnung hatte, was die gallertartige Erscheinung betraf von der Miller berichtet hatte.

"Hören Sie. Es geht hier um einen Menschen, der Betreuung braucht, geistigen Beistand und der sich unter keinen Umständen auf dem Silbertablett fühlen darf, dass man ihn austricksen oder hintergehen möchte. Mit jeder Person mehr steigt das Risiko einer Kurzschlusshandlung und ich möchte nicht Ihre Kompetenzen anzweifeln, aber hier sind Personen gefragt, die mit anderen umgehen können und nicht um nüchterne Berechnungen und Zahlen. In meiner Eigenschaft als Leiterin der Medizin und Ärztin des Patienten muss ich davon abraten uns zu helfen." Damit wandte sich Cailin von ihm ab.

Sie hatte nicht die Möglichkeit ihm zu verbieten sie zu begleiten, aber sie würde sicher um nichts in der Welt den Eindruck erwecken wollen, es gut zu heißen. Ein Menschenleben war ein zu großer Einsatz um mit ihm zu pokern und alles auf eine Karte zu setzen.

Schon oft in ihrem Leben hatte die Purna die Bekanntschaft von so genannten Wissenschaftlern gemacht. Sie nahmen Leben als Opfer für ihre Forschung in Kauf. Sahen nur die Ergebnisse, zweifelten aber niemals an dem Weg. Sie konnte nicht dulden, dass Malcolm unnötig in Gefahr geriet.

--- Deck 5, bei Turbolift 3

Der Turbolift, den Isweda vom Maschinenraum aus genommen hatte, führte nicht direkt zu besagtem Treffpunkt, so das Kuno sich die kleine Gruppe, die gerade an Turbolift 3 vorbeiging, beim näher kommen über den Gang genauer ansehen konnte.

Kuno staunte nicht schlecht über die Purna, welche ihre Federpracht ständig leicht aufstellte und wieder glatt an den Kopf legte. Es wirkte auf Isweda wie ein Äquivalent des Menschlichen "auf den Zehen Wippen" zu sein, das große Ungeduld zum Ausdruck brachte.

"Schlüsselservice!", stellte Kuno sich vor, "wo liegt denn das genaue Problem?"

"Es geht um eine Tür, die sich nicht mehr auf dem herkömmlichen Wege öffnen lässt. Sie wurde von innen mit Absicht versperrt, vielleicht auch der Türmechanismus zerstört. Erschwerend kommt hinzu, dass man sie nicht so ohne weiteres aufbrechen darf, da es um ein Menschenleben geht." Die Purna wollte gerade zu einer weiteren Erklärung ansetzen, da das verdutzte Gesicht ihres Gegenübers nach mehr Details zu fragen schien, als noch eine weitere Person auftauchte.

Außer Atem kam Poulsen neben der kleinen Gruppe zum Stehen. Nach Luft schnappend erzählte er ihnen von den Vorkommnissen, die sich im Maschinenraum zugetragen hatten.

Erst dann schaffte er es zu fragen, was eigentlich los war.

Es kostete die Ärztin sehr viel Mühe nicht einfach die Augen zu verdrehen und zu seufzen. Wie es aussah kam ständig eine weitere Person zum Rettungstrupp dazu, die alles wissen wollte, während die Zeit unbarmherzig gegen sie arbeitete, dabei reichte für eine einzige Tür doch wirklich auch ein einzelner Techniker.

Aber gut. Sie wollte auch den zweiten Techniker nicht vor den Kopf stoßen und setzte erneut zu einer Erklärung an.

Insgeheim hoffte sie auch, dass es die letzte sein würde.

"Ich habe bereits Ihrem Kollegen erklärt, dass es um ein simples Türschloss handelt. Leider hat sich niemand unabsichtlich eingesperrt und es liegt auch kein technischer Defekt vor, sondern Crewman Peregg möchte nicht, dass jemand zu ihm gelangen kann. Mit ziemlicher Sicherheit ist es auch ihm zu verdanken, dass es zu diesen Problemen im Maschinenraum kam. Er hat sich genau in diesem Sektor verschanzt.

Die Türen hat er abgeriegelt und sie können von außen nicht geöffnet werden. Vielleicht sollte ich dazu sagen, dass er unter starken Schmerzen steht und daher nicht zurechnungsfähig ist und sich oder anderen etwas antun wird, wenn man ihn in die Enge treibt. Sollten wir es also nicht mit gutem Zureden schaffen, dass er aufgibt und sich freiwillig in die Krankenstation bringen lässt, dann müssen wir zu ihm gelangen. Und zwar, ohne dass er sich bedroht fühlt.

Zumindest bis ich ihm das hier injiziert habe." Aus den Tiefen ihrer Kleidung beförderte die Purna ein Hypospray zu Tage. Sie verließ die Krankenstation nie ohne ein paar davon für den Notfall bei sich zu tragen.

"Ich muss zugeben, dass ich nicht viel von Technik verstehe, wenn es sich nicht um Apparaturen handelt um Kranken zu helfen, aber vielleicht sollten die Herren wissen, dass Malcolm Peregg früher einmal ein sehr begabter Hobby-Techniker war..." Auch wenn es die Theorie der Purna untermauerte, dass man immer möglichst viel Hintergrund aus dem Leben der Patienten wissen sollte um besser auf sie eingehen und sie heilen zu können, so war sie diesmal nicht froh über diese Tatsache.

"Wenn niemand noch weitere Fragen hat, dann sollten wir jetzt direkt zu ihm hingehen und unser Glück versuchen. Die Luft wird hier bald knapp werden und dann besteht keine Hoffnung mehr ihn lebend hier heraus zu holen. - Der abgeriegelte Bereich liegt hier den Gang hinunter." Cailin deutete an ein Ende des Ganges, dass nur von einer sehr mageren Notbeleuchtung erhellt wurde.

Fragend sah sie in die Runde.

--- Bar, Theke

Verwirrt blickte Jones um sich. Wie von einer Tarantel gestochen hatten mehrere Personen fluchartig den Raum verlassen. Jones wollte erst gar nicht wissen, was da los war. Er leerte mit einem Schluck sein Glas, und sah sich nach einem neuen Gesprächspartner um. Seine Augenlieder wurden immer schwerer, und er sehnte sich danach einfach loszulassen, und in einen tiefen, erholsamen Schlaf zu versinken.

'Vergiss es!', donnerte sein Verstand durch die dumpfen Nebelschwaden seiner Müdigkeit, schließlich hatte er eine Verabredung. In diesem Moment kam der elektronische Barkeeper auf ihn zu und brachte ihm eine Nachricht, welche er normalerweise weniger freudig entgegengenommen hätte.

"Miss Dallas lässt Ihnen ausrichten, dass ein Notfall eingetreten ist, und dass Sie ihre Verabredung leider verschieben müssen", richtete der Android aus. Mit einem schelmischen Grinsen im Gesicht fügte er hinzu: "Möchten sie jetzt etwas Stärkeres als Synthenol?"

Mürrisch winkte Jones ab und erhob sich von seinem Barhocker. Die Sternenflotte mochte eine Truppe aus blauäugigen, besserwissenden Weltverbesserern sein, aber sie verstand etwas von mehr als angemessener Unterkunft. Mit einem seligen Lächeln machte sich Abraham Jones auf, um sich in seinem großen, weichen Sternenflottenbett für eine Weile aufs Ohr zu hauen.

--- Deck 5, bei Turbolift 3

"Ich hätte eine Frage" entgegnete Isweda, an die Purna gerichtet, die ihren "Federschmuck" wieder halbwegs unter Kontrolle zu haben schien, "warum beamen sie Crewman Peregg nicht einfach in die Krankenstation, oder lassen sich selbst, mit Ihrem Hypospray bewaffnet, direkt hinter ihn beamen? Das würde sicherlich schneller und vor allem gefahrloser für Ihren Patienten sein, wie das Manuelle öffnen einer verriegelten Tür!"

Die Purna stoppte Ihre Schritte und bevor sie auf die Frage antworten konnte, fuhr Kuno fort, seinen Plan zu unterbreiten.

"Mit Ihrem Medizinischem Tricorder", Isweda deutete auf das Gerät an Ihrer Seite, "könnten sie Crewman Peregg eindeutig identifizieren, selbst wenn er sich in einer Gruppe anderer Personen aufhalten sollte. Wenn sie ihn Lokalisiert haben, überspielen Sie die genauen Daten an einen Standart Tricorder", Isweda hob seinen in die Höhe, "und dann wird die exakte räumliche Ausrichtung von Crewman Peregg bestimmt. Einem Transport steht dann nichts mehr im Wege!"

Der Federkamm von Cailin vollführte nun ein auf und ab in einer Geschwindigkeit, das Isweda befürchtete, sie würde jeden Moment vom Boden abheben und sich, ähnlich einem Raubvogel, auf ihn, die wehrlose Maus, stürzen.

Bevor die Purna antworten konnte, sagte Alex: "Mister Isweda, im Grunde gebe ich Ihnen da recht, aber in diesem Fall wird Ihre Idee nicht durchführbar sein."

Schnell holte er einen Tricorder aus seiner eigenen Tasche und stellte sich neben Kuno. "Sehen Sie, Sie können den abgeriegelten Bereich nicht scannen. Dieser Peregg hat irgendein Zerstreuungsfeld eingerichtet, welches uns unmöglich ist, etwas dort zu scannen, geschweige denn, jemanden heraus zu beamen.

Deswegen denke ich, dass wir die Türe aufbrechen müssen. Egal wie schlecht das für Peregg ist. Außerdem wird in dem Bereich die Luft immer knapper. Das einzige, was in dem Bereich funktioniert, ist die Notbeleuchtung."

Mit ernstem Gesicht drehte er sich wieder zu der Gruppe um. "Also, was sollen wir jetzt tun?"

"Meines Erachtens sollten wir zuerst versuchen ihn mit Gesprächen und Argumenten zur Aufgabe zu bewegen und an ihn heran zu kommen. Eine Chance die wir auf keinen Fall ungenutzt verstreichen lassen sollten", meinte Cailin in der stillen Hoffnung, dass sich ihr 'Expertenteam' als vollkommen unnötig erweisen könnte. "Deshalb ist auch Miss Jefferson in
ihrer Eigenschaft als Psychologin mitgekommen."

Hoffnungsvoll sah die Purna zu der Frau mit der eigenartigen Frisur, die auf sie einen ziemlich selbstbewussten Eindruck machte. Wahrscheinlich brauchte man das auch in ihrem Job, wenn man mit labilen Wesen sprach und sie aufrütteln musste.

"Als seine behandelte Ärztin muss ich jedoch zugeben", fügte die Ärztin hinzu, "dass ich mir nicht allzu viele Hoffnungen mache, dass wir etwas bei ihm erreichen. Sein Gesundheitszustand ist mir als sehr kritisch geschildert worden und ich kann immer noch nicht eine Seuche gänzlich ausschließen, weshalb ich sie alle bitten würde mit dem Patienten
Peregg nicht in körperlichen Kontakt zu kommen, wenn es vermeidbar ist. Wir dürfen kein Risiko eingehen." Sie hatte schon mehr gesagt, als sie eigentlich wollte, aber sie wollte die anderen nicht unnötig in Gefahr bringen.

"Sollte es mit zureden nicht klappen und wir müssen uns mit Gewalt Zutritt verschaffen, dann muss genug Zeit geschaffen werden, damit ich ihn mit einem Spray beruhigen kann. Vielleicht ein Ablenkungsmanöver, ich weiß es nicht... ich weiß es nicht...", wiederholte Cailin vor sich hinmurmelnd und umklammerte dabei unwillkürlich den Hypospray.

Je mehr Zeit verstrich, desto mehr Angst hatte sie, dass sie zu spät kamen, auch wenn sie verstand, dass Absprachen hier und jetzt wichtig waren, wenn sie nicht wollten, dass sie vielleicht gehört wurden.

"Wir werden zunächst versuchen, mit ihm zu reden", stimmte Ysara zu. "Ich halte es weiterhin für das beste, das Ihnen zu überlassen", wandte sie sich an die Purna. "Zur Not bin ich da und womöglich kann ich beurteilen, wie mit Peregg umzugehen ist. Wenn keine Gefahr besteht, dass er angreift, können wir zu ihm hineingehen, sobald Mr. Isweda die Tür geöffnet hat."

Ihr Blick streifte Mira Renault. Die Frau wirkte schmächtig dafür, dass sie in der Sicherheit arbeitete, aber Ysara zweifelte nicht daran, dass sie ihren Job beherrschte. Sie schätzte Cailin nach der kurzen Zeit bereits so ein, dass sie nur durch und durch kompetente Mitarbeiter akzeptierte.

Sie wandte sich an die beiden Techniker. "Ein Ablenkungsmanöver klingt für mich nach einer guten Idee, das könnte uns womöglich weiter bringen, wenn alle anderen Versuche scheitern. Ich würde sagen, das ist etwas für Sie beide ...?"

Die Hände in die Hüften gestemmt schweifte ihr Blick den Gang hinunter, wo sich wenig entfernt irgendwo dieser Peregg verschanzt hatte. Und sie hatte sich tatsächlich der Vorstellung eines ruhigen Arbeitsalltags hingegeben...

Clint stand ein Stück von der Gruppe und hörte ihr zu, als er ein seltsames Geräusch aus dem Gang in entgegen gesetzter Richtung hörte. Einen Moment lang horchte er gespannt, aber das Geräusch wiederholte sich nicht.

Doch gerade als er sich auf den Weg machte den Anderen zu folgen, vernahm er schnelle, sich entfernende Schritte, die scheinbar aus derselben Richtung kamen wie das vorher gehörte Geräusch.

Eilig bog er in die entsprechende Gangabbiegung, und in der Dämmerung sah er einen unförmigen Schatten der in einer der Türen des Ganges verschwand. Der Halb-Breen lief, wie immer völlig geräuschlos, zur Türe und löste den Öffnungsmechanismus aus.

"Völlig unmöglich", kommentierte er nüchtern das was er sah. Kurz danach raubte der Anblick ihm sein Bewusstsein.


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