Venture Cronik 9

Santa Claus, es war Santa Claus!

--- Deck 5, bei Turbolift 3

"Ein Ablenkungsmanöver sollte sich machen lassen!" entgegnete Isweda auf die Frage von Ysara, welche einen recht bestimmenden Ton hatte. Zumindest so bestimmend, dass Kuno schnell wieder zu einem geschäftsmäßigem Gebaren zurückfand.

"Wie würde Peregg denn auf Akustische Reitzüberflutung reagieren?", wandte sich Isweda fragend an die Purna, "Ich meine einen schrillen Ton, der ihn dazu bringt, sich die Ohren zuzuhalten, das sollte uns die Möglichkeit geben einen Teil der Wandverkleidung zu entfernen und neben der eigentlichen Tür in den Raum vorzudringen!"

Dass Kuno vor kurzem auf diese Weise eine Vorrichtung in seinem Bad förmlich pulverisiert hatte, verschwieg er lieber.

Die Purna überlegte.

Sicher hatte der Plan des Technikers - dessen Name sie immer noch nicht wusste - etwas für sich, wenn man die näheren Fakten außer Acht ließ. Aber Cailin war sich nicht sicher, ob Peregg nicht gerade den Angriff auf sein Gehör als den gefährlichsten Anschlag werten würde, den man auf ihn verüben konnte und schlimmer zu toben anfangen als je zuvor.

Leider war das Bild, das sie von Miller bekommen hatte, nur sehr wage gewesen und sie hatte sich bei Peregg auf eine allgemeine Untersuchung und speziell seine Wirbelsäule und deren unerklärliche Schmerzen bezogen.

Aber vielleicht lag das Problem ja im Bereich seines Kopfes und speziell seiner Ohren, weshalb er sich die Ohren bei seinem Anfall zugehalten hatte und diese seltsame Flüssigkeit zutage getreten war. Möglicherweise war das sein wunder Punkt und ein Angriff darauf wäre, wie in eine offene Wunde zu bohren. Was ihn rasend machen würde.

"Vom technischen Standpunkt wäre es ein gutes Ablenkungsmanöver, aber nach dem Verhalten und den Beobachtungen, die Miller von meinem Patienten gemacht hat, scheint gerade sein Gehör zur Zeit besonders schmerzempfindlich zu sein. Danach könnte das Problem seiner Schmerzen in seinem Kopf sitzen." Ihr Haarkamm zitterte leicht und faltete sich dann vollends zusammen. Sie fühlte sich hilflos.

"In meinen Augen können wir es wohl nicht als Möglichkeit gänzlich außer Acht lassen, aber ich würde Sie bitten alles in Ihrer Macht Stehende zu versuchen, um auf dieses Mittel nicht zugreifen zu müssen. Es könnte Peregg und vielleicht uns alle in Lebensgefahr bringen. - Ich denke, es wird Zeit aufzubrechen. Wir können uns dort auch flüsternd unterhalten. Die Zeit wird langsam knapp..." Hoffnungsvoll starrte die Ärztin die anderen an, bevor ihr Blick wieder ans Ende des Ganges wanderte.

Cailin wollte endlich zu Peregg, um gemeinsam mit Jefferson ihr Glück in der Überredungskunst bei ihm zu versuchen. Vielleicht brauchten sie die ganze Technik ja gar nicht. Aber Peregg brauchte Hilfe. Und zwar dringend.

"Monsieur Isweda, könnten Sie mir wohl einen Moment helfen?" wandte sich die zierliche Französin an den Techniker. Ohne eine Antwort abzuwarten drehte sie sich dann zur Wand um und hatte auch schon ziemlich schnell eines der Terminals gefunden, welche in regelmäßigen Abständen in die Wand eines jeden guten Schiffes eingebaut waren. Für Notfälle. Notfälle wie diesen.

Sie aktivierte das Terminal, dessen Schirm aufgrund der nur notfallmäßigen Energieleistung auf Deck 5 zwar stark flackerte, aber anscheinend doch noch funktionsfähig war. Schnell huschten ihre Finger über die Tasten, als sie einige spezielle Sicherheitscodes eingab.

Nichts passierte.

"Merde!" fluchte Mira leise, dann versuchte sie einige andere Tastenkombinationen. Nach ein paar Versuchen schien sie am richtigen Ziel angelangt zu sein, denn ein kurzes Lächeln erhellte ihr Gesicht.

Sie wandte sich an den Techniker, der inzwischen hinter sie getreten war: "Versuchen Sie mal Ihr Glück, ob es Ihnen jetzt möglich ist, zumindest die Lebenserhaltung in diesem Sektor zu verbessern - jedoch nicht so stark, dass Peregg es sofort merkt. Wenn Sie es schaffen, sollte uns das ein kleines bisschen Luft verschaffen... Allerdings sollten Sie sich beeilen, ich weiß nicht, wie lange die Energie hält..."

"Interessante Idee", merkte Kuno an, "allerdings würde ich die Restenergie in diesem Bereich lieber für eine kleine Überraschung und Ablenkung benützen. Das Luftversorgungsproblem lässt sich auch anders und vor allem weniger auffällig lösen!"

Dann wendete sich Isweda an Poulsen, der ebenfalls hinter Ms. Renault und Isweda getreten war.

"Vorhin im Maschinenraum habe ich in einer Bestandsliste einige mobile Replikatoren bemerkt, wenn ein bis zwei hier im Flur aufgestellt würden, könnten wir sie dazu benutzen die Verbrauchte Luft wieder aufzuarbeiten, was uns die Restenergie in diesem Bereich für das eventuell nötige Ablenkungsmanöver erhalten würde.

Da ich mich hier auf dem Schiff noch nicht so gut auskenne, würden Sie bitte die Replikatoren dementsprechend einstellen und den Transport in diesen Bereich veranlassen, Poulsen?"

"Die nötigen Einstellungen dauern aber etwas, Sie müssten einige Zeit auf mich verzichten!", merkte Poulsen an, "schaffen Sie das Öffnen der Tür unter diesen Umständen denn alleine?"

"Ich denke schon, zumal sie mir vom Transporterraum, bzw. vom Maschinenraum aus mit Ihrem technischen Wissen jederzeit behilflich sein können", entgegnete Isweda in leicht nachdenklichem Tonfall.

"Klingt so, als hätten Sie eine Idee?!" forschte Poulsen nach.

"Eventuell", antwortete Kuno an Poulsen gewand, "wenn wir eine Möglichkeit finden, das Dämpfungsfeld an einer Stelle zu schwächen, so könnten wir notfalls Anestisingas in den Bereich fluten, oder einfach hinein beamen", sich nun an die Vogelfrau wendend nahm der Tonfall von Isweda einen fragenden Klang an, "schlafend dürfte Mr. Peregg weder für sich, noch für uns eine Gefahr darstellen, oder Miss Fakaii?"

Poulsen nickte kurz zum Zeichen, das er mit der Idee zumindest einverstanden war und verließ umgehend den Flur, bevor Cailin überhaupt zu Wort kam.

"Peregg hat sich in einem ganzen Sektor verschanzt und nicht in einem einzelnen Raum, was es wohl weit schwieriger macht, zu ihm vorzudringen. Ich weiß nicht, ob man einen ganzen Sektor so ohne weiteres mit narkotisierendem Gas fluten kann.

Hätte dieses Schiff eine solche Möglichkeit, dann hätte es bei dem romulanischen Überfall vor wenigen Tagen gewiss weitaus weniger Tote gegeben." Es machte die Ärztin traurig, an die vielen ihr bekannten Gesichter zu denken, die sie bei den Akten der Toten gesehen hatte,
bevor sie ihren Bericht gemacht hatte und die Akten endgültig schloss.

"Mister Isweda, Sie müssen bedenken, dass die Venture KEIN Föderationsschiff ist, dem Mittel im Überfluss zur Verfügung stehen. Auch wenn es nach außen hin leicht den Anschein hat, anders zu sein. Aber das werden Sie auch noch lernen, wenn Sie länger auf dem Schiff sind. Ich denke nicht, dass der Captain mit dieser Verschwendung von Ressourcen einverstanden wäre. Zwar sieht er es auch als seine Pflicht an Leben zu retten, aber er trägt die Verantwortung für uns alle..."

Cailin fragte sich, ob diesem Techniker klar war, wovon er sprach. Er schien mit seinen Möglichkeiten und aufgrund der Situation aus dem Vollen schöpfen zu wollen, obwohl gerade das auf einem Schiff wie diesem unmöglich war. Die Mittel fehlten an allen Ecken und Enden. Anständiges Arbeiten wurde so fast zu einem Ding der Unmöglichkeit.

Geduldig lauschte Ysara den Fachsimpeleien der drei, und da ihr technisches Wissen sich auf ein paar Pflichtkurse auf der Akademie beschränkte, hielt sie es für weise, sich nicht einzumischen.

Es wunderte sie allerdings, dass Clint nicht ... sie sah sich verwundert um. Der Halb-Breen war verschwunden. Wohin mochte er gegangen sein? Sie konnte sich nicht vorstellen, dass er Cailins Rat befolgt hatte, sich in diese Angelegenheit nicht einzumischen.

Es erschien ihr merkwürdig, dass er einfach so verschwand, zumal sie sich hier in einem technisch gefährdeten Bereich befanden. Widerwillig, sich mal wieder um ihn kümmern zu müssen, aktivierte sie ihren Communicator.

"Jefferson an Mr Clint." Sie missachtete die fragenden Blicke ihrer Begleiter und verzog geringschätzig das Gesicht, als keine Antwort kam. "Jefferson an Clint ..." Auch das noch! "Irgendetwas stimmt da nicht. Hat einer von Ihnen gesehen, wohin er gegangen ist?"

Cailin, die erst jetzt bemerkte, dass der Wissenschaftler anscheinend irgendwann lautlos verschwunden war und nicht auf seine Mithilfe bestanden hatte, schüttelte verneinend den Kopf. Im Grunde war sie sogar froh darüber, dass nicht eine Person mehr die Diskussion schüren würde.

Verstand denn hier keiner, dass endlich geholfen werden musste und sie nicht ewig hier stehen und diskutieren konnten?

Nacheinander schüttelten ihre drei Begleiter den Kopf. Unschlüssig stemmte die Psychologin ihre Hände in die Hüften. Sie setzte an, den Computer nach Clints Aufenthalt zu fragen, ließ es dann aber bleiben. Sicher war ihre Sorge unbegründet - was sollte ihm schon passiert sein? Der Halb-Breen sollte ganz gut selbst auf sich aufpassen können, und wenn sie darüber nachdachte, verschwand er öfter mal, ohne sich vorher abzumelden.

Zumal Peregg momentan wirklich wichtiger war. Ihr fiel auf, dass diesem "Team" jemand fehlte, der Anweisungen gab - wie Miss Fakaii treffend bemerkt hatte, handelte es sich eben doch nicht um ein Föderationsschiff.

"Mr. Isweda, Miss Renault, am besten machen Sie sich weiter Gedanken, während Dr. Fakaii und ich nun versuchen, Kontakt mit Peregg aufzunehmen. Es mag sich herausstellen, dass sich Ihre technische Hilfe nur auf das Öffnen der Tür beschränkt und Peregg sofort kooperiert. Miss Fakaii, meinen Sie, wir sollen uns Peregg noch ein Stück nähern oder wollen Sie versuchen, ihn von hier aus über den Communicator zu ..."

Sie brach ab und fuhr herum, als aus der Richtung des abgeschotteten Sektors ein markerschütternder Schrei erklang. Es wurde Zeit, zu handeln.

Ohne darauf zu achten, ob der Techniker noch etwas zu sagen hatte, oder die anderen sich ebenfalls in Bewegung setzten, lief Cailin einfach los in die Richtung, aus der der Schrei kam.

"Monsieur Isweda", wandte sich Mira noch einmal an den Techniker, "ich hatte mich nicht auf das Problem der Luftversorgung bezogen. Sicherlich ist auch diese ein Problem, aber nur ein Teil dessen, was uns hier Probleme bereiten wird."

Am liebsten hätte sie diesem Ignoranten gewaltig ihre Meinung gesagt. Da mühte sie sich ab, um ihm, der mehr davon verstand, wie man aus der Schiffstechnik das Letzte herausholte, einen möglichen Weg zu schaffen... Und ihn schien das nicht im Geringsten zu interessieren.

Aber er war wohl der Ansicht, als simpler Techniker zu allen wichtigen Funktionen des Schiffes Zugang zu haben. Ob er dabei vergaß, dass es Funktionen gab, zu denen nur Chefs Zugang hatten, und dass der Chef der Technik eindeutig dieser Romulaner war?

Und dass Mirabelles Sicherheitscodes ihm hätten Etliches einfacher machen können?

Aber bitteschön, wenn er das nicht wollte...

Kalt wandte sie sich daher an den asiatisch wirkenden Mann: "Anscheinend haben Sie hier ja alles unter Kontrolle, ich werde mal sehen, ob ich Miss Fakaii unterstützen kann."

Mit diesen Worten wandte die zierliche Terranerin sich ab und rannte leichtfüßig den Gang hinunter in die Richtung, die die Vogelfrau eingeschlagen hatte...

--- Deck 5, verbarrikadierte Sektion, inzwischen

Kauernd saß Malcolm Peregg in einer Ecke und zitterte am ganzen Leib, als würde er unter Strom stehen.

Ständig behielt er die Türen im Auge, wenn nicht gerade seine Augen gehetzt umherwanderten auf der Suche nach etwas, das er bisher nicht hatte finden können. Er hatte das Gefühl beobachtet zu werden und fürchtete, dass man gewaltsam zu ihm eindringen würde. Zwar hatte es bisher niemand geschafft, doch es würde nur eine Frage der Zeit sein bis sie es wieder versuchten.

Die Schmerzen waren inzwischen unerträglich geworden. Jedes Mal, wenn er kurz davor stand das Bewusstsein zu verlieren, dann ließen sie wieder nach und verebbten, bis er sich etwas erholt hatte. Danach setzten sie wieder unvermittelt und heftiger als zuvor ein. Es war so, als würde man ihn auf seine äußerste Belastbarkeit hin testen.

Aber er wusste es besser. Etwas war in seinem Kopf. Etwas Lebendiges. Er konnte es fühlen und spürte, dass es da war.

Und jetzt wo er es geschafft hatte den Sauerstoff für dieses Deck abzuschalten, würde es nur mehr eine Frage der Zeit sein, bis es absterben würde. Dann würde es niemand hier an Bord mehr gefährlich werden können.

Seinen eigenen Tod nahm er dabei in Kauf. Es war ein geringer Preis für die Rettung eines ganzen Schiffes.

--- Deck 5, Gänge

Den schnellen Lauf der Ärztin bremste eine geschlossene Tür, gegen die sie prallte. In ihrem Eifer und ihrer Sorge um ihren Patienten oder jemand, der durch ihn in Gefahr war, hatte Cailin völlig darauf vergessen, dass sie früher oder später auf so ein Hindernis prallen würde.

Etwas benommen taumelte sie zurück, fing sich aber gleich darauf wieder. Jetzt war keine Zeit für falsche Rücksichtnahme oder Selbstmitleid.

"Fakaii an Peregg: Öffnen Sie die Tür! Ich bin gekommen um Ihnen zu helfen. Ich..." Dann hörte man ein ohrenbetäubendes Quietschen in ihrem Communicator und es war still. Es brauchte nicht viel Phantasie, um sich ausmalen zu können, dass er sein Leben unter dem Absatz eines Stiefels ausgehaucht hatte.

--- Frachtraum 1

Im Laufschritt war Poulsen hierhin gelaufen, nachdem er den Computer gefragt hatte, wo sich diese mobilen Replikatoren befinden sollten.

Doch im ersten Moment sah er gar nichts. Nur einen riesigen Haufen beschrifteter Kisten und Fässer. Und hier sollte er die Replikatoren finden? Unmöglich. Es sei denn, er wollte Stunden damit verbringen, den ganzen Frachtraum abzusuchen.

"Computer, wo befinden sich die beiden mobilen Replikatoren?", fragte er.

"Beide Geräte befinden sich in Frachtraum 1", kam prompt die Antwort.

Genervt verdrehte Alex die Augen. "Genauer bitte."

"Von Ihrer Position aus befindet sich das gesuchte Material 30 Schritte zu Ihrer linken Seite", antwortete der Computer wieder.

'30 Schritte? Wer hat dem Computer denn diese Maßeinheit einprogrammiert', überlegte er und schritt in die angegebene Richtung.

"27… 28… 29… 30", zählte er und blieb dann stehen. Langsam schaute er um sich und entdeckte dann die zwei Replikatoren kaum einen Meter rechts von ihm.

"Oho, ich hätte jetzt nicht gedacht, dass ich sie finden werde", sagte Alex zu sich selbst, aktivierte die eingebauten Anti-Graph-Einheiten der Replikatoren und manövrierte sie zum nahen Frachttransporter.

Vorsichtig brachte er die Geräte auf der Transporterplattform in Position, bevor er sich daran machte, die benötigten Einstellungen zu programmieren.

--- Deck 5, vor der abgeriegelten Sektion

Ohne aufzugeben oder auf die Hilfe anderer zu vertrauen, benutzte Cailin die nächste Konsole, um eine Verbindung mit den dahinter liegenden Räumen herzustellen. Die Psychologin hatte gemeint, dass sie als seine Ärztin es vielleicht schaffen konnte, ihr ärztliches Vertrauensverhältnis dazu zu nutzen um ihn zum Aufgeben zu überreden.

Und die Purna klammerte sich an diesen Strohhalm, da ihr im Moment für Anderes die Hände gebunden waren.

"Mister Peregg, hier spricht Cailin Fakaii. Ich stehe hier auf Deck 5 vor einer geschlossenen Tür und ich möchte zu Ihnen hinein. Ich verspreche Ihnen, dass ich nichts tun werde, was Sie nicht möchten. Alles was ich will ist Sie auf die Krankenstation bringen zu dürfen um Sie zu untersuchen. Sie haben Schmerzen...." Als Antwort auf ihren Vorstoß hörte man ein unmenschliches Gebrüll durch die geschlossene Tür. Sie schien nicht den geringsten Erfolg zu haben, trotzdem versuchte sie es noch einmal.

"Ich flehe Sie an: Bitte öffnen Sie die Tür. Ich werde auch alleine zu Ihnen kommen. Lassen Sie mich zumindest hinein um Sie mit meinem medizinischen Tricorder zu untersuchen. Alles was ich möchte ist, Ihnen zu helfen." Diesmal vermied sie es das Wort 'Schmerzen' in den Mund zu nehmen, trotzdem schien es, als hätte sie gegen eine Wand gesprochen. Es kam keine Antwort. Weder war irgendwelcher Lärm zu hören, noch gab die Schiffskommunikation einen Laut von sich.

Mit ihrem Latein am Ende sah Cailin zu den anderen, die inzwischen auch hier waren und hoffte, dass sie noch Trümpfe im Ärmel hatten.

Leicht außer Atem kam die Französin bei der Ärztin an. Mirabelle holte tief Luft und meinte dann:

"Wäre es möglich, ein beruhigendes Gas in den Raum, in dem sich Peregg befindet, einzufluten? Ich bin zwar nicht sicher, inwieweit sich die Sicherheitsbestimmungen des Schiffes umgehen lassen, aber ich könnte versuchen, ein wenig am Computer herumzuspielen. Oder... Moment..." mit diesen Worten ging sie hinüber zum nächsten Terminal in der Wand.

Das Display flackerte, aber immerhin war noch ein wenig auf dem Bildschirm zu erkennen und es reagierte auf ihre Eingaben - wenn auch langsam.

Wiederum wandte sie sich der Purna zu, die in Richtung der verschlossenen Türe lauschte. "Soll ich versuchen, über meine Sicherheitscodes die Türe zu knacken? Ich weiß zwar nicht, ob ich das schaffe, aber versuchen kann ich es ja mal..."

Verwundert blickte die Purna die junge Französin an. Sie hatte eigentlich gedacht sich gegenüber dem Techniker schon deutlich zu dem Thema "mit Gas fluten" geäußert zu haben. Aber scheinbar nicht deutlich genug.

"Wie ich bereits vorhin sagte, hat sich Peregg in einer ganzen Sektion verschanzt und nicht in einem einzelnen Raum. Wir können also nicht wissen, wo genau er sich aufhält und der Captain wird nicht erlauben eine ganze Sektion mit Gas zu fluten. Und was die Tür betrifft..." Die Purna machte eine leichte Pause. "Sie ist nicht einfach nur angewiesen worden sich nicht zu öffnen, sondern von innen sabotiert worden und kann nicht so einfach mit einem Code geöffnet werden. Der Türmechanismus ist nicht ansprechbar.

Es haben schon andere versucht hier hinein zu kommen. Deshalb ist auch der Techniker mitgekommen um Hand anzulegen... Aber bevor er eindringt, müssen wir erst feststellen, dass Peregg sich nichts antut..." Fragend blickte die Ärztin die Sicherheitlerin an und hoffte, dass jetzt wirklich gehandelt wurde.

Aus den Augenwinkeln nahm die Purna wahr wie die Psychologin Jefferson sich ans Werk machte um Peregg doch noch zum Aufgeben zu bewegen. Sie versprach sich nicht viel von dieser Aktion, aber im Grunde ihres Herzens hoffte sie sehr stark, dass dieser Frau gelingen sollte, woran sie selbst gescheitert war.

Pereggs harte Schale zu durchdringen und den weichen Kern zu erreichen.

Trotzdem versuchte sie die verbleibende Zeit bis sie das Ergebnis der - vielleicht sehr einseitigen - Unterredung hören würden, zu nützen. Cailin wandte sich an den Techniker, dessen Gesichtsausdruck eine Mischung aus Langweile und Unglauben darstellte. Langweile wohl, weil nichts weiterging, und Unglaube, weil sich die Unterhaltung ständig im Kreis drehte und zu keinem brauchbaren Ergebnis führte.

"Mister Isweda, gäbe es eine Möglichkeit den genauen Aufenthaltsort von Peregg zu bestimmen, ihn auf Raumgröße zu dezimieren und mit solchem Gas zu fluten? Könnte Peregg das Einströmen dieses Gases bemerken und sich etwas antun, bevor er das Bewusstsein verliert? Sie müssen wissen, dass ich noch nie dabei war, wenn ein Raum mit Gas geflutet worden ist."

Gespannt wartete sie auf die Reaktion des Technikers während ihre Augen immer wieder zu Jefferson wanderten.

--- Deck 5, Abstellraum

Clint fühlte sich, als wäre er von einem klingonischen Schlachtkreuzer gerammt worden, mit anderen Worten: ziemlich schlecht. Sein Gehirn schien die Absicht zu haben, mit aller Gewalt aus seinem Kopf zu springen, wobei es aber vergaß, dass ihm die Schädeldecke im Weg stand. Der Halb-Breen versuchte die Augen zu öffnen, allerdings schloss er sie schnell wieder, weil sich das anfühlte, als würden seine Augen aus ihren Höhlen flutschen.

'Autsch', dachte der Adoptivvulkanier und holte erstmal tief Atem, was er lieber hätte unterlassen sollen, denn seine Lungen verfolgten ähnliche Absichten wie sein Gehirn. 'Konzentriere dich, verschließ dich dem Schmerz und lasse ihn nicht an dein Bewusstsein', sagte ein Teil seines Geistes, von dem er wusste, dass er zuverlässig war. 'Denke an deine Ausbildung, lass Sinneseindrücke nicht ungefiltert an dein Bewusstsein dringen', fuhr der durch langjährige Übungen antrainierte Teil seines Verstandes fort, 'Sinneseindrücke können fehlerhaft und irreführend sein, nur ein wacher, aufmerksamer Verstand kann Sinneseindrücken verarbeiten und richtig deuten. Denke logisch!'

'Logik', dachte Clint und hatte das Gefühl, dass ihm dieses Wort schrecklich viel bedeutete. Auch wusste er, dass er normalerweise die Welt etwas klarer sah als in seinem jetzigen Zustand und er war sich hundertprozentig sicher, dass er normalerweise nicht bei jedem Atemzug Schmerzen empfand. Also beherzigte er die Ratschläge seiner "inneren Stimme" und konzentrierte sich.

Mit einem Mal kam alles wieder. Sein verzerrtes Gesicht, welches aussah als hätte er in eine saure Zitrone gebissen und wäre darüber aus unerklärlichen Gründen furchtbar glücklich, nahm wieder den üblichen Ernst eines Mannes an, der mit seinem Gesichtsausdruck zeigen will, dass er vollkommen kalt ist.

Clint öffnete die Augen, richtete seinen Oberkörper im Halbdunkeln des Raumes kerzengerade auf und schaute sich um. Es befand sich in seiner Nähe nichts, was ihm unmittelbar gefährlich werden konnte, jedenfalls nichts, was er als solches gleich erkennen konnte. Also erhob er sich nun vollständig vom Boden und klopfte sich den Staub von seiner weißen, vulkanischen Robe ab, die für terranische Augen große Ähnlichkeit mit einem extravaganten Badeanzug hatte.

Er ließ die letzten Ereignisse Revue passieren. Zuerst hatte er seltsame Geräusche vernommen, denen er in diesen Abstellraum gefolgt war bevor ... Er hielt kurz inne und schaute an seiner Robe runter. Staub? Auf einem Raumschiff, dazu noch einem föderativen? Vorsichtig betastete er den Boden und besah danach seine Handflächen. Ein silbriger Staub, mit einem leichten Stich ins Rote, glitzerte fein verteilt auf seinen Händen.

Er bückte sich, so dass das flackernde Licht einer Computerkonsole, der einzigen Lichtquelle im Raum, den Staub auf dem Boden in einem günstigen Winkel beleuchtete. Dieser war nicht etwa gleichmäßig über den Boden verteilt, sondern zog eine breite Spur vom Eingang des Raums zum nahe stehenden Abdeckgitter einer Jeffriesröhre. An der Stelle am Eingang, an dem Clint angegriffen wurde, war der Staub über eine größere Fläche verteilt, was den Adoptivvulkanier dazu verleitete, eine logische Beziehung zwischen seinem Angreifer und dem rötlich-silbernem Staub zu vermuten.

'Der Angreifer', ohne es verhindern zu können, schüttelte Clint leicht den Kopf. Es war einfach unmöglich, was er gesehen hatte konnte nicht die Realität gewesen sein. Seine 'innere Stimme', dieselbe, die er schon zuvor vernommen hatte, die jetzt aber weniger den Zug einer eigenständigen Persönlichkeit hatte, da der Adoptivvulkanier nun bei vollem Bewusstsein war, ermahnte ihn, dass er die Sache zu emotional betrachtete. Erstaunt stellte Clint fest, dass dies stimmte, und er machte sich daran zu ergründen warum dies so war.

Er erinnerte sich an seine Kindheit auf Nimbus III, und die terranischen Kinder mit denen er gespielt hatte. Sie hatten ihm aus der terranischen Mythologie von einem alten Mann, mit weißem Bart und roten Kleidern erzählt, der mit einem fliegendem Fahrzeug, Clint glaubte, es war ein Schlitten, herumflog, und irgendeine Aufgabe hatte, an die sich Clint nicht mehr genau erinnern konnte. Dass sein Angreifer der Beschreibung dieses alten Mannes erstaunlich ähnlich sah, machte den Halb-Breen irgendwie nervös...

--- Deck 5, vor der abgeriegelten Sektion

Die Psychologin seufzte. Sie hatte Renault mittlerweile an der Konsole abgelöst und eine Verbindung zu Peregg hergestellt, und seine einzige Reaktion hatte aus einem krächzenden "Verschwinden Sie!" bestanden.

"Mr Peregg", versuchte sie es noch einmal. "Ich weiß, Sie kennen mich nicht. Mein Name ist Ysara Jefferson, und Miss Fakaii bat mich, mit Ihnen zu reden. Wir machen uns hier draußen Sorgen um Sie, weil Sie ganz offensichtlich Schmerzen haben. Wir möchten Ihnen helfen, und ich glaube, wir haben eine Chance, Ihr Problem gemeinsam zu lösen."

Sie schwieg einen Augenblick, bekam aber keine Antwort. Ihr Kopf war voll von medizinischen Fachbegriffen, die sie nun einen nach dem anderen aussortierte und überlegte, welche Vorgehensweise für Peregg in Frage kommen könnte.

"Es ist wichtig, dass Sie Ruhe bewahren und noch einmal darüber nachdenken, ob der beste Weg ist, sich zu verstecken. Mir wurde gesagt, Sie seien ein sehr fähiger Mann, und es würde einen großen Verlust für die Crew bedeuten, Sie zu verlieren."

Die dunkelhäutige Frau schwieg erneut. Sie hatte noch nicht aufgegeben, hatte aber auch nicht das Gefühl, etwas zu erreichen.

--- Frachtraum

Angestrengt war Alex damit beschäftigt, verschiedene Einstellungen am Replikator zu testen, doch jedes Mal wenn er dachte, er hätte es geschafft, da machte ihm das Gerät einen Strich durch die Rechnung.

Verärgert legte er sein PADD weg, setzte sich auf die Kante der Transporterplattform und überlegte.

"Irgendwas muss ich übersehen habe", sagte er zu sich selbst. "Das kann doch nicht so schwer sein, verdammt noch mal."

Langsam schritt er auf und ab, grübelte über das Problem und schüttelte den Kopf. 'So, eine Sache versuche ich noch.'

Wieder schnappte er sich das PADD und programmierte drauf los. Doch schon nach wenigen Augenblicken hielt er inne. Die Stirn in Falten starrte er auf den Replikator. Konnte es so einfach sein? Na ja, ein Versuch war es wert.

Schnell tippte er ein paar Befehle ein und siehe da, auf dem kleinen Display erschien in grüner Farbe die Meldung 'Online'.

"Na bitte", rief er und überspielte die Programmsequenzen auf die zwei mobilen Replikatoren. "Poulsen an Isweda. Ich habe die beiden Replikatoren fertig programmiert. Wo soll ich die Geräte hinbeamen?"

"Isweda hier. Beamen Sie die Geräte direkt zu mir. Ich werde sie dann aufstellen. Ach ja, und noch eine Frage: Die Replikatoren besitzen doch eingebaute Anti-Graph-Einheiten, oder?", fragte Kuno.

"Aber sicher", antwortete Alex direkt.

"Ok, dann beamen Sie die Replikatoren also zu meinem Standort."

"Wird gemacht. Falls Sie mich danach noch brauchen, dann werde ich im Maschinenraum sein. Poulsen Ende", sagte Alex, unterbrach die Verbindung und ging dann zur Transporterkonsole. Er holte sich über den Computer die genauen Koordinaten von Kuno und den anderen Anwesenden und beamte dann die zwei Replikatoren genau in deren Mitte.

Danach machte er sich sofort auf den Weg in den Maschinenraum.

--- Deck 5, vor der abgeriegelten Sektion

Wie gebannt verfolgte Mira die vergeblichen Versuche der Psychologin, Kontakt mit Crewman Peregg aufzunehmen. Sie wünschte sich wirklich, dass sie Erfolg haben würde, aber irgendwie hatte sie das Gefühl, dass es nicht so einfach sein würde.

Sie wandte sich an die Ärztin, die immer noch neben ihr stand und ebenso das Geschehen verfolgte. Sie wirkte sehr unglücklich.

In diesem Moment erschienen die beiden transportablen Replikatoren wie aus dem Nichts. Mira bemerkte noch, wie der Techniker zu ihnen schritt, aber da hatte sie sich schon an die Purna gewandt:

"Madame Fakaii, Sie machen einen extrem besorgten Eindruck. Haben Sie das Gefühl, dass noch mehr hinter dieser Situation steckt als ein durchgedrehtes Besatzungsmitglied? Könnte das möglicherweise unser aller Sicherheit gefährden?" Sie machte eine kurze Pause, dann fuhr
sie leiser fort: "Ich habe nämlich ein ganz mieses Gefühl bei dieser Sache..."

Mit großen Augen sah die Purna die Französin an. Sie wollte sie nicht in ihrer Annahme bestärken und hätte gerne etwas Beruhigendes gesagt, aber sie konnte auch schlecht lügen und eine mögliche Gefahr ganz außer Acht lassen.

"Um ehrlich zu sein, Miss Renault, ich habe noch immer keine Ahnung was hinter dieser Situation steckt. Ich muss Peregg erst einer eingehenden Untersuchung unterziehen, bevor ich Näheres über seinen Gesundheitszustand sagen kann. Bis dahin kann ich leider ein gewisses
Risiko nicht ausschließen. Er könnte sich mit etwas Ansteckendem infiziert haben, deshalb meine Bitte noch einmal: vermeiden Sie unter allen Umständen den direkten Körperkontakt mit ihm.

Bis auf die Ansteckungsgefahr halte ich Peregg selbst für ungefährlich. Hätte er mehr vor als sich zu verschanzen oder sich selbst zu töten, dann hätte er gewiss schon etwas in dieser Hinsicht unternommen." Cailin musste sich selbst bremsen um nicht eine Bemerkung über die bereits unnütz verstrichene Zeit zu machen, in der Peregg freie Bahn gehabt hätte, mehr als nur dieses eine Deck zu übernehmen. "Außerdem ist er mir bisher immer als sehr ruhiger und angenehmer Mensch aufgefallen."

Wieder wanderten die Augen der Ärztin zu der Psychologin. Doch diese schien noch keinen Erfolg gehabt zu haben, eisern verfolgte sie ihr Ziel weiter sich die Psyche des Mannes zu erschließen, den sie bisher noch nicht einmal gesehen hatte.

Nachdem sie hier nichts mehr tun konnte, betätigte die Purna ihren Communicator um ihre Station inzwischen von der baldigen Ankunft Pereggs zu unterrichten: "Fakaii an Dallas: Bitte bereiten Sie alles für einen Notfall vor. Ich möchte, dass ein Teil der Krankenstation in eine Quarantäne-Station verwandelt wird. Wenn alles gut geht, dann werde ich in Kürze einen Patienten auf die Station beamen lassen. Es besteht der dringende Verdacht auf Ansteckungsgefahr.

Fakaii an Norgaard: Bitte helfen Sie Schwester Dallas und sorgen Sie dafür, dass dem MHN alle Daten von Mister Malcolm Peregg bekannt sind. Versorgen Sie es auch mit allen handschriftlichen Randbemerkungen. Ich möchte, dass es alles weiß, was auch wir wissen. Wenn Mister Peregg ankommt, errichten Sie gleich ein starkes Kraftfeld um ihn und weisen
das MHN an ihn genauestens zu untersuchen. Besonderes Augenmerk auf seine Gehirnströme und Veränderungen im Aufbau seines Gehirn oder des Gehörganges. Jedes winzige Detail, das von der Norm oder früheren Untersuchungen abweicht, kann wichtig sein.

Wenn ich komme, möchte ich alle Untersuchungsdaten einsehen können, auch etwaige Behandlungsvorschläge des MHN vorliegen haben. Fakaii Ende."

Auf ihre Mitarbeiter konnte sich die Ärztin verlassen. Alles würde in kürzester Zeit für eine Notaufnahme bereit stehen und das Risiko einer Ansteckungsgefahr erheblich vermindern. Ihr blieb jetzt nur mehr zu hoffen, dass sie Peregg bald beamen konnten und sie den direkten
Körperkontakt mit ihm vermeiden konnte.

Aber sie wusste, dass sie das Risiko eingehen würde, wenn es erforderlich war.

--- Deck 5, Abstellraum

In Gedanken ging Clint die Szene noch einmal durch: Er sah den Schatten, folgte ihm, öffnete die Tür zu diesem Abstellraum und dann ... Etwas stimmte nicht. In seiner Erinnerung war das Bild dieser terranischen Mythengestalt, mit dem roten Mantel und dem weißen Bart. Er hatte diese Gestalt, bzw. eine Abbildung dieser Gestalt, nie im Leben gesehen, da war er sich sicher. Das Seltsame war, dass sein Angreifer so aussah, und zwar genau so, wie er sie sich als Kind, von den Erzählungen seiner terranischen Spielkameraden her, vorgestellt hatte.

Das war in der Tat seltsam, und es ließ ihn an der Echtheit seiner Erinnerungen zweifeln. Der Adoptivvulkanier bündelte seine Gedanken und konzentrierte sich auf diese eine Szene, in der er die Gestalt zu erblicken glaubte. Immer und immer wieder spielte er sie wie ein Holoprogramm ab, und bei jedem Mal schien die Gestalt des bärtigen alten Mannes zu verschwinden und durch eine unförmige, amorphe Masse ersetzt zu werden.

Mit der Zeit kamen auch andere Erinnerungsfetzen und Eindrücke wieder, die er vergessen hatte. Die unförmige Masse, die auf ihn zuschoss und seinen Kopf umfloss, schließlich der unerträgliche Schmerz in seinen Ohren, als diese Masse in seinen Kopf drang. Dann die fremden Gedanken, die er spürte. Sie suchten etwas, versuchten die Oberhand über sein Bewusstsein zu erringen, aber etwas ging schief. Die fremden Gedanken hatten sich zurückgezogen, und er verlor sein Bewusstsein.

Anscheinend hatte ihn die von seinen Breen-Vorfahren vererbte Gehirnstruktur gerettet. Einen Augenblick lang überlegte sich Clint, ob er das jemandem mitteilen sollte, allerdings kam er zum Schluss, dass das Ganze äußerst unglaubwürdig klingen könnte, besonders, da er neu auf diesem Schiff war. Was er brauchte, waren Beweise. Also öffnete er die Luke zur Jeffriesröhre und folgte den schwachen Staubspuren, welche das fremde Wesen hinterließ.

--- Deck 5, vor der abgeriegelten Sektion

"... und Sie könnten in Ihrem Quartier bleiben, bis Sie bereit sind, mit Dr. Fakaii zu sprechen", beendete Ysara derweil ihren letzten Vorschlag ohne jegliche Hoffnung. In Gedanken sortierte sie noch immer, doch solange Peregg sich zu sprechen weigerte und sie ihn noch nicht einmal ansehen konnte, konnte sie zu keinem Ergebnis kommen.

Nur am Rande hatte sie mitbekommen, wie die Purna ihre Befehle abschickte. Sie fühlte sich ein wenig schwindelig - ließ der Sauerstoffanteil in der Luft so rapide nach oder bildete sie es sich vielleicht nur ein ...?

Entschlossen wandte sie sich um, um Cailin mitzuteilen, dass sie keine Chance sah, den Patienten auf diesem Weg zu erreichen, als eine Stimme erklang, die in keiner Weise mehr dem Peregg glich, der sie vor wenigen Minuten so ruppig abgewiesen hatte - mehr hoch und dünn, und auch rau wie vom vielen Schreien. Sie erstarrte in ihrer Bewegung und lauschte.

"Ich kann nicht ... ich kann Sie nicht hereinlassen", winselte Peregg förmlich, und sein Keuchen erklang laut von der Konsole aus. "Ich muss an die Sicherheit denken ... glauben Sie, ich will ja nicht sterben ..." Er schluchzte. "Wagen Sie es nicht, die Tür aufzubrechen!"

Einen Augenblick lang fragte sich die Psychologin, ob der Mann nur gesprochen hatte, um sie endlich loszuwerden. Wie auch immer, er klang hysterisch und konnte höchstwahrscheinlich nicht mehr klar denken - sonst hätte er sich nicht gemeldet.

Ihre Begleiter waren verstummt und hatten mit ihr gelauscht. Sie nickte ihnen zu. "Wenn Sie hinein wollen, ist jetzt der richtige Zeitpunkt dafür. Ich werde weiter mit ihm sprechen und ihn darauf vorbereiten. Bewegen Sie sich langsam, erschrecken Sie ihn nicht ..."

Sie warf einen misstrauischen Blick zu Isweda. Einmal hatte sie mitbekommen, wie er in ein Loch im Boden fiel, einfach weil er es übersah. Konnte er überhaupt Türen öffnen?

--- Deck 5, Jeffriesröhre

Clint kroch vorsichtig durch das enge Tunnelsystem des Schiffes. Die Lichter in hier wurden nicht von der Hauptenergiequelle gespeist und funktionierten auch in Notfällen wie diesen. Die schwache Staubspur war somit zu Genüge sichtbar und der Halb-Breen konnte ihr problemlos folgen. Nach einiger Zeit und vielen Abzweigungen endete Clints Ausflug vor einem Kraftfeld, welches den niedrigen Gang absperrte.

Anscheinend war er an der abgeriegelten Sektion angekommen. Die Staubspur führte durch das Kraftfeld hindurch, die Jeffriesröhre entlang. Der Adoptivvulkanier blieb stehen und dachte nach. Er glaubte nicht, dass das Ding, welches ihn angegriffen hatte, einen Communicator oder sonstige technische Geräte besaß, mit denen es eine Automatik steuern konnte, die dieses Kraftfeld an- und ausschaltete.

Das bedeutete, dass es entweder durch Kraftfelder durch gleiten konnte ohne aufgehalten zu werden, Clint maß dieser Möglichkeit keine hohe Wahrscheinlichkeit zu, oder das Feld konnte von dieser Position aus bedient werden. Also machte sich der Halb-Breen daran, die Wände in der Nähe des Kraftfeldes abzusuchen.

Allerdings fand er nichts, das für eine Jeffriesröhrenwand irgendwie ungewöhnlich wäre, mit anderen Worten: Er sah nur die Wand selbst. In diesem Augenblick kam ihm ein anderer Gedanke. Sein Angreifer hatte in seiner Erinnerung ein Bild einer Figur aus seinem Unterbewusstsein hinterlassen, aus welchen Gründen auch immer. In Wirklichkeit war er jedoch kein weißbärtiger Humanoide mit rotem Mantel, sondern eine seltsame, schleimige Masse.

Diesem amorphen Lebewesen traute Clint nicht mal zu, eine Konsole bedienen zu können, es besaß schließlich keinerlei Gliedmassen und bewegte sich ähnlich wie eine terranische Nacktschnecke vorwärts. Abgesehen davon waren die fremden Gedanken an die er sich erinnern konnte schon fast primitiv, es besaß keine eigene ausgeprägte Intelligenz. Das hieß, dass diesem Ding tatsächlich nichts anderes übrig blieb, als durch das Feld durch zu wandern. Clint führte diese Überlegung zu Ende und kam zu einem Resultat.

Vorsichtig berührte er mit seinen Fingerspitzen das Kraftfeld, dieses brach momentan zusammen. Natürlich war das kein normales Verhalten für ein Kraftfeld, es schien, als sei es manipuliert worden. Das warf die Frage auf, wie es dieses Wesen zustande gebracht hatte, einen solch komplizierten Eingriff vorzunehmen. Seine eigene Erfahrung mit dem Angriff und die Manipulation seiner Erinnerungen ließ ihn das schlimmste vermuten.

Nachdem er die Stelle passierte, an dem das Kraftfeld bestanden hatte, baute sich dieses wieder auf. Eine spezielle Programmierung schien dafür zu sorgen. Die Staubspur führte zu einer Luke, durch welche man das Röhrensystem verlassen konnte. Clint öffnete diese schnell und rollte sich in den dahinter liegenden Raum ab.

--- Deck 5, abgeriegelte Sektion

In geduckter Haltung blickte der Halb-Breen hastig um sich. Der Raum war ein zentraler Kontrollpunkt für das gesamte Deck. In seiner Mitte stand ein Terminal, auf dem ein Terraner zusammengesunken lag. Als sich Clint sicher sein konnte, dass ihm keine Gefahr drohte, bewegte er sich auf den Terraner zu und untersuchte ihn genauer. Er hatte fast keinen Puls.

Über seine Wangen verlief eine Spur aus geronnenem Blut, welche seinen Ursprung in seinen Gehörgängen hatte. Wie Clint bereits mitbekommen hatte waren die Bekleidungsvorschriften auf diesem Schiff nicht besonders streng, und so hatte dieser Mann eine uralte Sternenflottenuniform von roter Farbe an [NRPG *gg*]. Ein kleines Symbol zeichnete ihn jedoch als Mitglied der Technikabteilung aus.

Sachte packte Clint den Techniker unter die Arme und legte ihn auf den Boden, vielleicht konnte ihm die moderne Medizin helfen. Da er noch keinen Communicator hatte, und der terranische Techniker auch nicht, wie Clint überrascht feststellte, machte er sich an der Computerkonsole zu schaffen, auf der der Mann zusammengebrochen war.

Anscheinend war von hier aus die gesamte Sektion abgeriegelt worden, ebenso musste von hier aus das Kraftfeld in der Jeffriesröhre manipuliert worden sein. Das Display zeigte eine Übersichtskarte der Sektion, das Kraftfeld in der Jeffriesröhre war besonders hervorgehoben und ein kleines, blinkendes Symbol zeigte an, dass für dieses Kraftfeld ein besonderes Programm lief. Es sollte bei Berührung zusammenbrechen und wieder aufgebaut werden, sobald die Stelle passiert war.

Eine geschickte Methode, denn schließlich kam normalerweise niemand auf die Idee ein Kraftfeld zu berühren. Ebenfalls eingezeichnet waren alle blockierten Türen und Personen, die sich außerhalb der abgeriegelten Sektion befanden. Das gesamte Programm, welches die Ausfälle und die Isolation dieses Schiffteils verursacht hatte, lief auf diesem Terminal ab.

Allerdings war der Zugriff mit Passwort geschützt und Clint hatte seine speziellen Codes als Abteilungsleiter noch nicht bekommen, mit denen er vielleicht den Schutz umgehen könnte. Also machte er sich systematisch daran, das Programm nach Schwachstellen zu untersuchen, erfahrungsgemäß war das jedoch ein zeitraubendes Unterfangen. Der Techniker, wahrscheinlich unter fremden Einfluss, hatte ganze Arbeit geleistet.

Das war auch die Antwort auf die Frage, wie es diese relativ primitive Lebensform geschafft hatte, all diese komplizierten Operationen durchzuführen. Es nutze Körper und Intelligenz seiner Opfer. Allerdings hatte der Adoptivvulkanier immer noch keine eindeutigen Beweise für seine Theorie.

Nach einiger Zeit hatte er es geschafft, Zugriff auf das Kommunikationsnetz zu erhalten. Er schaltete die Bordkommunikation ein und bekam gerade mit, wie die Chefärztin und die Bordpsychologin auf einen Mann einredeten, der sich innerhalb der abgeriegelten Sektion befand. Er schaltete die Lautsprecher so, dass ihn nur die Personen außerhalb der Sektion hören konnten, und sprach:

"Clint an alle. Ich bin in die abgeriegelte Sektion eingedrungen. Hier befindet sich jemanden, der dringend medizinische Hilfe benötigt. Ich versuche gerade die Türblockaden aufzulösen, allerdings sollte ein Arzt denselben Weg nehmen, den ich gewählt habe."

Daraufhin lieferte er eine genaue Wegbeschreibung über den Abstellraum, die Jeffriesröhre und das Kraftfeld, verschwieg aber seine Erlebnisse mit dem Angreifer und seine Theorien. Schließlich konnte er relativ sicher sein, dass dieses mysteriöse Wesen sich nicht mehr auf diesen Weg befand; die Staubspur, die es hinterließ, führte aus dem Raum hinaus. Das Kraftfeld in der Jeffriesröhre war wohl eine Art Hintertüre, die sich das Wesen offen gelassen hatte.

Womöglich war es als ein Hinterhalt gedacht, schließlich führte dieser Weg in den Rücken von jedem, der vor dem ersten Zugang zur abgeriegelten Sektion stand, und tatsächlich hatte das Ding dort gelauert. Der Adoptivvulkanier fuhr fort:

"Es wird noch einige Zeit in Anspruch nehmen, die Türen zu öffnen, Sie sind durch die Jeffriesröhre höchstwahrscheinlich schneller hier. Bitte bestätigen Sie, ich werde ..."

Im letzten Moment wurde er auf den Schatten aufmerksam, der sich hinter ihm erhoben hatte und nun eine Handkante mit voller Stärke auf den Halb-Breen niedersausen ließ. Er hatte sich derart in seine Versuche, das Absperrprogramm zu beenden, vertieft, dass er den hinter ihm liegenden Terraner ganz vergessen hatte. Clints Aufmerksamkeit wurde wohl noch von seiner letzten Ohnmacht getrübt, allerdings hatte er keine Gelegenheit seinen Fehler zu korrigieren, denn sein Bewusstsein versank wieder in unergründlicher Dunkelheit, als er mit dem Kopf gegen die Computerkonsole knallte.

Das Letzte, was er hörte, war das hysterische Lachen des Technikers, der sich eben noch in einem komaähnlichem Zustand befunden hatte, nun aber wie verrückt tobte und "Es tut mir Leid, es tut mir doch LEEIIIID!" schrie, wie jemand, der gerade das letzte Essen einer Horde hungriger Klingonen verputzt hatte.

--- Deck 5, vor der abgeriegelten Sektion

Nachdem sich das Gesicht der Leute vor der verschlossenen Tür schlagartig aufgehellt hatte, als Clint zu ihnen sprach und es wie ein Wunder anmutete, dass er kurz zuvor verschwunden war und plötzlich mitten im Geschehen auftauchte, wirkten jetzt schlagartig alle plötzlich sehr
bedrückt. Es war nicht zu überhören gewesen, dass Clint ihnen wohl nicht mehr helfen konnte, da Peregg ihn überrascht hatte.

Cailin blieb nur zu hoffen, dass für Clint nicht jede Rettung zu spät kam. Auch wenn sie Peregg nicht als gewalttätig einstufte, so war er zurzeit nicht berechenbar. Deshalb rasten ihre Gedanken förmlich und der Gang durch die Jeffriesröhren - obwohl sie diese Enge verabscheute - wirkte wie ein Licht in dunkler Nacht. Und sie war bereit das Risiko einzugehen.

So wandte sie sich ohne Umschweife an die Französin: "Miss Renault, falls niemand der Anwesenden einen besseren Vorschlag zu machen hat, dann würde ich vorschlagen, wir beide nehmen den Weg, den uns Mister Clint beschrieben hat, und werden uns von anderer Seite Zutritt verschaffen, auch wenn wir besonders vorsichtig sein müssen, da Peregg wohl gewarnt ist und nach dem Weg von Mister Clint suchen wird."

Danach wanderte ihr Blick zu dem Techniker, dessen Geist wahrscheinlich schon darüber nachdachte sehr kostspielige Pläne zu schmieden. Cailin unterbrach sein Denken einfach:

"Inzwischen könnte Mister Isweda alles daran setzen die Tür soweit vorzubereiten, dass er sie von außen auf ein Zeichen hin öffnen kann. Das heißt, falls das technisch überhaupt machbar wäre. Und Miss Jefferson", sie lächelte die Psychologin aufmunternd an, "könnte weiter mit ihm sprechen um ihn von der Tatsache abzulenken, dass wir bereits einen Plan gefasst haben.

Dann könnten uns nämlich absprechen und zur gleichen Zeit auf zwei verschiedenen Seiten eindringen. Das sollte für genug Ablenkung sorgen, dass wir ihn überwältigen können, ohne dass er Zeit für eine Gegenreaktion hat. Jetzt ist Eile geboten. Immerhin ist er da nicht mehr allein drin", meinte die Purna und deutete auf die Tür. Vielleicht auch deswegen um zu vermeiden, dass jetzt noch lange diskutiert wurde.

"Kein Problem", erwiderte Ysara knapp und nickte. Ein Blick über die Schulter sagte ihr, dass die Ärztin und Renault in ihrer momentanen Position nicht von Peregg gehört werden würden.

Sie stellte die Verbindung zur abgeriegelten Sektion wieder her. Pereggs irres Lachen war verstummt. Obwohl die Konsole einwandfrei feststellte, dass die Kommunikation funktioniert, war es plötzlich völlig still geworden. Unruhig räusperte sie sich.

"Mr Peregg, hören Sie ...", begann sie von neuem.

"Bien sur, docteur! - Ähm, natürlich, kein Problem", antwortete nun die Französin auf den Vorschlag der Ärztin. "Es dürfte zwar ein nicht gerade geringes Risiko dabei sein, aber ich denke, wir müssen es eingehen, wenn wir eine Chance haben wollen, Monsieur Peregg und Monsieur Clint da lebend rauszuholen."

Schnell drehte sie sich wieder zu dem Terminal um und rief die Anordnung der Jeffriesröhren auf, die sie sich genau einprägte. Anschließend trat sie zu der entsprechenden Stelle an der Wand und löste die Abdeckung.

Bevor sie jedoch in den Hohlraum schlüpfte, kontrollierte sie noch einmal die Einstellung ihres Phasers. Er stand auf Betäubung, wie sie es bevorzugte. Sie löste ihn leicht in seiner Halterung, damit sie ihn im Notfall schneller erreichen konnte.

Mirabelle warf einen Blick auf die Ärztin, welche ihre gefolgt war. "Ich 'offe, das geht mit Ihre Federn?" fragte sie und verfluchte sich im selben Moment, dass sie wieder einmal solch einen merkwürdigen Satz formuliert hatte. Das passierte ihr immer, wenn sie aufgeregt war, was ihr meistens - zum Glück - nicht anzumerken war.

--- Deck 5, Jeffriesröhren

Ohne eine Antwort abzuwarten, schob sich die zierliche Französin in die Öffnung in der Wand. 'Wie unbequem', dachte sie kurz, dann arbeitete sie sich weiter vor. Es ging langsam, sehr langsam. An einer Abzweigung hielt sie kurz inne und schloss die Augen, rief vor ihrem inneren Auge wieder den Plan auf dem Terminal auf. Dann ging es weiter.

Nach einiger Zeit erreichten sie eine Wand. Mira verrenkte ihren Hals, um der nachfolgenden Purna ins Gesicht blicken zu können. "Und, Madame? Was tun wir als nächstes?"

Die Stimme ihrer Begleiterin riss die Ärztin aus den Gedanken. Ständig hatte sie nach einem übersehenen Hinweis gesucht oder einem Eintrag in einer Datenbank, der sie auf die richtige Spur bringen könnte. Die durchsichtige Masse ging ihr nicht aus dem Kopf. Sie glaubte irgendwo schon einen Vermerk gelesen zu haben. Konnte sich aber einfach nicht mehr daran erinnern.

Doch nun wartete ihr Gegenüber auf eine Antwort und sie musste die unbefriedigende Suche nach einer Lösung auf später verschieben.

"Dahinter ist wohl der Raum, in dem sich Peregg befinden müsste", meinte die Purna in einem flüsternden Tonfall, da Renault genau hier angehalten hatte und erhielt ein bestätigendes Kopfnicken der Französin. Weder einmal verfluchte sich Cailin innerlich, dass sie sich den Plan des Röhrensystems nicht auch angesehen hatte, aber wahrscheinlich hätte das auch nichts gebracht.

"Es wäre am Besten, wenn wir jetzt die anderen verständigen würden und uns erkundigen, wie weit sie schon mit der Arbeit sind und wann sie fertig sein werden. Wir müssen uns abstimmen, damit wir zum gleichen Zeitpunkt in Aktion treten. Ich weiß nicht, wie wir es ohne Überraschungseffekt schaffen wollen." Misstrauisch sah Cailin auf die Wand, die wohl eine Art Abdeckung sein sollte. Vielleicht hatte sie Renault auch missverstanden und der Ausstieg war nur in der Nähe und sie würden schon entdeckt werden, wenn sie sich noch ein Stück weiterbewegten …

"Ich hoffe, Sie haben eine Idee, wie man aus diesen Röhren rauskommt. Das ist nicht gerade meine Art mich durchs Innere eines Schiffes fortzubewegen." Fragend blickte die Ärztin ihre Helferin an und wurde zunehmend unruhiger. Ihr Federkamm hatte sich inzwischen zu seiner
vollen Größe erhoben.

"Wenn Peregg nicht gerade sämtliche Ausgänge der Jeffriesröhren verbarrikadiert 'at, sollten wir ohne Probleme aus dem Röhrensystem 'erauskommen", antwortete die Französin. Wie immer, wenn sie unter Anspannung stand wurde ihr Akzent stärker - auch wenn ihr zum Glück heute einmal alle Vokabeln auf Anhieb einfielen.

--- Deck 5, vor der abgeriegelten Sektion

Schon nach kurzer Zeit hatte Kuno beide Geräte aufgestellt und aktiviert und sofort war eine spürbare Verbesserung der Luftqualität zu spüren. Zufrieden wischte er seine Hände an seinem Overall ab und machte sich auf zur Tür.

Er schaute kurz zu Ysara, die neben der Tür stand und über das dort angebrachte Terminal versuchte, mit Peregg Kontakt aufzunehmen. Doch anscheinend funktionierte es nicht, denn die Psychologin schüttelte frustriert den Kopf.

'Na ja, das ist dann wohl ihr Problem', dachte Kuno und öffnete die Verkleidung des Türöffnungsmechanismus. Angestrengt schaute er hinein und versuchte, den Mechanismus zu verstehen. Er versuchte an den Kontrollen mehrmals die Überbrückungssequenz, doch jedes Mal blinkte eine Warnung auf: 'Achtung, fehlende Autorisierung. Bitte wenden Sie sich an den zuständigen Abteilungsleiter.'

"So ein Mist", fluchte er vor sich hin. 'Jetzt hing er an dieser dämlichen Türe fest, nur weil er noch nicht seine benötigten Zugangspasswörter bekommen hatte.

"Isweda an Poulsen. Wären Sie so freundlich und würden mir meine Zugangspasswörter einrichten. Ohne die komme ich nämlich nicht durch diese Tür."

"Da muss ich Sie leider auf später vertrösten", antwortete Alex. "Diese Passwörter kann nur der Chefingenieur vergeben und dass ist, wie Sie ja vielleicht wissen, Mister Alnak. Und da der im Moment in einer Besprechung mit dem Captain ist und nicht gestört werden will, muss das wohl warten. Aber ich habe eine andere Idee. Sie übernehmen hier im Maschinenraum die Stellung und ich werde die Türe aufmachen. Ich bin sofort da. Poulsen Ende."

Kopfschüttelnd tippte Kuno auf seinen Communicator und schaute noch mal zur Tür. 'Na gut, dann soll er das eben machen. Ist mir ja auch egal', dachte er und machte sich auf den Weg zum Maschinenraum.

--- Deck 5, abgeriegelte Sektion

Clint fühlte sich, als wäre er von einem klingonischen Schlachtkreuzer gerammt worden, mit anderen Worten: ziemlich schlecht. Sein Gehirn schien die Absicht zu haben, mit aller Gewalt aus seinem Kopf zu springen, wobei es aber vergaß, dass ihm die Schädeldecke im Weg stand. Der Halb-Breen versuchte die Augen zu öffnen und ... und plötzlich hatte er ein starkes Empfinden von Deja vue.

Diesmal kam sein Erinnerungsvermögen augenblicklich zurück, langsam bekam er Übung im "Aus dem Koma erwachen". Als er schließlich seine Augen öffnete, blickte er direkt in das Gesicht des Technikers, welches nur wenige Zentimeter von seinem eigenen Gesicht entfernt war und dessen irrlichternde Augen Clint neugierig musterten. Er selbst lag mit dem Rücken an die Wand gegenüber des Jeffrieröhrenzugangs angelehnt, anscheinend hatte man ihn hierher geschleppt. Als der Terraner Clints Erwachen registrierte, schlossen sich seine Augen zu schmalen Schlitzen.

"Er sagt, du bist anders", teilte er dem Halb-Breen mit lauernder Stimme mit. Clint schloss die Augen kurz wieder und atmete tief durch. "Wen meinen sie?", fragte er schließlich in seinem üblichen, kühlen Ton.

Die Reaktion des Technikers bestand darin, dass er in einem wilden Satz aufsprang und wieder hysterisch zu lachen anfing. "Wer den wohl, wer den wohl!", rief dem Adoptivvulkanier auf eine kindliche Weise zu. "Du musst raten! Ja genau, du musst es erraten. Und wenn du es nicht errätst, dann tu ich, was er mir sagt"

Erst jetzt bemerkte der Halb-Breen das Metallrohr in der Hand des Technikers, welches er demonstrativ in die Höhe hielt und dann in der Luft niedersausen ließ, um zu zeigen, was genau ihm befohlen wurde zu tun. Der Terraner schien dem seltsamen Wesen immer noch Widerstand zu leisten, indem er dessen Befehle an Bedingungen band. Allerdings schien ihn dieser Kampf immer weiter in den Wahnsinn zu treiben, er konnte gefährlich werden.

Clint wagte nicht zu antworten. Er wusste nicht, welche Reaktion er damit auslösen konnte. Das hier fiel nicht in seinen Zuständigkeitsbereich, aber vielleicht konnten andere mit dem Besessenen besser fertig werden. Dazu brauchten sie allerdings eine wichtige Zusatzinformation. Ein kurzer Seitenblick zum Computerterminal versicherte ihm, dass die Verbindung zur Bordkommunikation, immer noch bestand.

"Dieser Mann ist nicht verrückt, er wird von einer fremden Intelligenz kontrolliert. Es handelt sich um eine Art Parasit, ich habe es selbst gesehen. Es ist eine amorphe Masse, die ..."

Weiter kam er nicht, denn ein furchtbar solides Metallrohr beförderte ihn ein drittes Mal ins Land der Träume.

--- Deck 5, vor der abgeriegelten Sektion

Ysaras Augenbrauen wanderten in die Höhe. So war das also. Sie hatte in ihrem Grundstudium von derartigen Wesen gehört, wäre aber nie darauf gekommen, es mit etwas anderem als einer gewöhnlichen Psychose zu tun zu haben.

Ihr erster Gedanke galt der Ärztin, die jeden Moment Peregg erreichen sollte und mit dieser Information am meisten würde anfangen können. Sie aktivierte ihren Communicator. "Jefferson an Fakaii. Laut Mr. Clint wird Peregg von einer fremden Intelligenz, vielleicht einem Parasiten kontrolliert. Er sagte etwas von einer amorphen Masse. Bitte passen Sie auf sich auf, Peregg scheint sehr aggressiv zu sein. Jefferson Ende."

--- Deck 5, Jeffriesröhren

Mirabelle blickte auf die Ärztin, deren Gesichtsausdruck inzwischen höchste Besorgnis widerspiegelte. "Wir befinden uns 'ier vor einem Ausgang in den Raum, in welchem Monsieur Peregg sich auf'ält. Es sieht momentan nicht so aus, als wäre er blockiert. Allerdings bin ich kein Techniker, also kann ich mich auch irren", meinte sie. "Wenn mich mein Gedächtnis nicht trügt, sind wir ziemlich gegenüber der Tür, an der Madame Jefferson ist..."

--- Deck 5, vor der abgeriegelten Sektion

Ysara wandte sich um, als Schritte hinter ihr erklangen. Poulsen kam den Gang hinunter auf sie zu gelaufen. Erst jetzt fiel ihr auf, dass Kuno verschwunden war.

Sie nickte ihm zu. "Können Sie die Tür öffnen?"

"Ich denke schon" Er begab sich sofort zu dem Wandpanelle, an dem Kuno zuvor gearbeitet hatte.

"Gut. Wenn Sie fertig sind, seien Sie vorsichtig. Peregg scheint Mr. Clint verletzt zu haben und hat womöglich dasselbe mit jedem anderen vor ..."

Ihre Gedanken wanderten besorgt zu Cailin und Mira. Würde die schmächtige Sicherheitlerin mit dieser fremden Intelligenz fertig werden können?

Angestrengt schaute Alex in die Öffnung, an der sich vorhin noch die Schalttafel der Türe befunden hatte. Na, da hatte Kuno ja tolle Arbeit geleistet. Zuerst alles zerlegen und dann abhauen. Alex schüttelte den Kopf.

Doch schließlich konnte er hier nicht herumsitzen und sich über andere Leute beschweren, schließlich galt es, Leben zu retten. Also versuchte er, den Türöffnungsmechanismus wieder in den Originalzustand zurück zu versetzten, was er auch nach einiger Anstrengung schaffte.

Aber das half ihm nicht wirklich weiter. Selbst die reparierte Schalttafel bombardierte ihn mit Ablehnungen, wenn er versuchte, die Türsteuerung mit seinen Kommandocodes zu überbrücken.

"Na, da hat Mister Peregg ja ganze Arbeit geleistet", sagte er zu sich und schaute zu Ysara, die ihm ein wenig bei der Arbeit zugesehen hatte. "Aber ich glaube nicht, dass es reicht."

Mit einem Grinsen griff er in seine Tasche und zog ein kleines Gerät hervor, welches er an die Türe setzte und aktivierte.

"So, ich wäre soweit. Auf Ihr Kommando, und ich öffne die Tür. Aber bedenken Sie, dass ich die Türe von Hand aufmachen muss. Es kann also ein paar Sekunden dauern, bis ich sie soweit offen habe, dass jemand hindurch gehen kann."

Angespannt schaute er die Psychologin an.

--- Deck 5, abgeriegelte Sektion

Getroffen von dem Rohr sank Clint zusammen…

Der alte Mann saß hinter einem großen, Metall-rostigem Schreibtisch, legte seine Arme auf die Platte und presste seine Fingerspitzen gegeneinander. Der kleine Raum war dunkel, nur das Licht der Sterne, welches durch ein großes Bullauge hinter dem Schreibtisch fiel, erhellte ihn ein wenig. Das war auch gut so, denn der Raum war so schäbig, dass eine ausreichende Beleuchtung keine Verbesserung darstellen würde. Nicht dass die beiden Personen im Raum auf Dinge wie Bequemlichkeit Wert legen würden.

"Du siehst also mein Sohn", sprach der Alte mit der gewohnten Autorität in der Stimme. "dass deine Mission von großer Bedeutung für die politische Stabilität im gesamten Quadranten ist, vor allem aber für die Interessen der Föderation und noch mehr für die besonderen Interessen Vulkans, welche zu unterstützen das Anliegen eines jeden pflichtbewussten Vulkaniers sein sollte"

Clint nickte pflichtbewusst, wie man es von ihm erwartete. Auch kommentierte er nicht die Ansichten seines Vaters Sannok, dem vulkanischen Abgesandten auf Nimbus 3, der in Wirklichkeit ein hoch stehendes Mitglied des vulkanischen Geheimdienstes war. Der alte Vulkanier war ein Patriot, auch wenn es bei diesem diszipliniertem Volk nicht ganz dasselbe bedeutete wie beispielsweise bei den Terranern.

"Alles was wir aufgebaut haben, die Ordnung und der Frieden, ist im Begriff sich aufzulösen. Es bahnt sich ein Konflikt zwischen der Föderation und den Romulanern an, ein Konflikt der für beide Seiten verheerend sein könnte, wenn man bedenkt wie geschwächt sie vom Dominionkrieg sind"

Der Adoptivvulkanier nickte wieder. Es war nicht nötig, dass sein Vater so weitschweifig wurde, auch war es sonst nicht seine Art. Anscheinend schienen ihn starke Emotionen zu bewegen. Aber natürlich hatte sie der Alte vollkommen im Griff, wie üblich, oder jedenfalls fast vollkommen, wenn man eine Änderung in der Ausdrucksweise zu emotionalen Ausbrüchen zählte. Der Vulkanier fuhr fort:

"Unsere Politiker haben große Anstrengungen unternommen, die Romulaner zu einem friedlichen Verhalten zu bewegen, und wir haben auch große Erfolge erzielt. Die Annektierung der föderativen Gebiete in diesem Raumsektor, ist eine Rückkehr zu ihrem früheren Expansionsorientierten Verhalten, welches wir nicht akzeptieren können, welches wir mit direkten Methoden aber auch nicht unterbinden können"

Diese Aussagen hatte der alte Mann heute schon mehrmals, auf die ein oder andere Art, gemacht. Wollte er sich mit Wiederholungen dafür entschuldigen, dass er seinen Sohn auf eine gefährliche Mission gegen dessen Willen schickte? Natürlich hatte der Halb-Breen, wie es die Etikette vor schrieb, niemals seinen Gegenwillen geäußert. Allerdings wusste Sannok genau, wie es um die Opferbereitschaft seines Sohnes für irgendwelche Ideale stand.

"Und außerdem ...", die Stimme seines Vaters wurde plötzlich seltsam kindisch und gefährlich schrill, "... musst du endlich erraten wie sein Name ist!"

Clint fühlte sich plötzlich, als wäre er von einem klingonischen Schlachtkreuzer gerammt worden. Das beherrschte, ernste Gesicht seines Vaters, mit einer Spur von gut verborgener Sorge, verwandelte sich plötzlich in die verzerrte Grimasse eines Terraners, der mit einem Metallrohr bewaffnet dem Halb-Breen entgegengrinste. Clint ächzte schwer.

"Er sagt mir, ich soll die Spielchen lassen", sagte er mit plötzlich ehrfurchtsvollem Tonfall, als würde er Clint das größte Geheimnis des Universums mitteilen. Der Adoptivvulkanier hatte große Zweifel daran, dass der Terraner sich lange davon abhalten lassen würde, ihm noch mal eins mit dem Rohr überzuziehen. Allerdings hatte der Breenmischling beschlossen, dass er für heute oft genug bewusstlos gewesen war.

"Warum tragen sie diese veraltete, rote Uniform?", fragte er, um den Besessenen abzulenken. Mit etwas Glück ließ sich der Terraner auf ein Gespräch ein und würde sich von anderen Beschäftigungen, wie z.B. Clint K.O. zu schlagen, solange abhalten lassen, wie die anderen Crewmitglieder brauchten, um ihm zu helfen.

"D-Die Uni-f-form?", stotterte der Techniker etwas verwirrt, "Die gehörte meinem Urgroßvater. Er ist bei einer Außenmission ums Leben gekommen, als er zu verhindern versuchte, dass eine Fleisch fressende Pflanze den Captain verschlang. Sie ist das einzige, was ich von ihm habe, ich trage sie als ... Glücksbringer"

Das schien zu wirken, konzentriert überlegte Clint wie er den Techniker weiter in ein Gespräch verwickeln konnte. Er hoffte nur, dass sich die anderen nicht allzu viel Zeit ließen...

--- Deck 5, vor der abgeriegelten Sektion

Ysara nickte Poulsen zu und aktivierte ihren Communicator. "Jefferson an Renault. Mr. Poulsen wäre jetzt soweit, die Tür zu öffnen. Wie weit sind Sie?"

Sofort kam die Antwort der Sicherheitsbeamtin. "'ier Renault. Wir sind jetzt direkt 'inter der Luke zum abgeriegelten Bereich. Wir können jetzt loslegen. Wie lange brauchen Sie, um die Tür zu öffnen?"

"Mr. Poulsen sagte mir, er bräuchte ein paar Sekunden, damit wir durch die Tür gehen können. Ich würde also sagen, in 10 Sekunden stürmen wir alle in den Raum. Einverstanden?"

"Ok, in 10 Sekunden ab jetzt. Renault Ende."

Alex hatte dem Gespräch zugehört und machte sich jetzt an der Tür zu schaffen. Er aktivierte das Überbrückungsmodul und stemmte sich mit aller Kraft gegen die Tür. Stück für Stück schob er beide Hälften zur Seite, zog in der gleichen Bewegung seinen Phaser und betrat mit einem schnellen Schritt den abgeriegelten Bereich; Jefferson hielt sich knapp hinter ihm.

--- Deck 5, abgeriegelte Sektion

Mit einem kurzen Blick verschaffte er sich einen Überblick über die Situation. Er sah, wie auf der gegenüberliegenden Wand die Verkleidung herausgedrückt wurde und Renault mit gezogenem Phaser heraus kam, gefolgt von der Ärztin.

Was er aber noch sah, war Clint, der neben diesem Peregg stand und etwas erleichtert zu den anderen schaute. Wohingegen Peregg mit einem gehetzten Blick um sich stierte. Panik erkannte man in seinem Blick, als er die Waffen der Offiziere erkannte.

Mit einem ohrenbetäubenden Gebrüll rannte er plötzlich auf die Französin zu. Nur den Bruchteil einer Sekunde dauerte der Schreck, dass da ein Irrer laut schreiend auf sie zustürmte. Um die hinter ihr in den Raum kletternde Ärztin nicht zu gefährden, blieb Mirabelle nicht stehen, sondern begann ihrerseits auf den Mann zuzulaufen.

Ihren Phaser, der auf Betäubung stand, konnte sie nicht benutzen, da sie sich nicht ganz sicher war, ob sie nicht die Psychologin erwischen würde, die gerade gegenüber mit Poulsen in den Raum eilte - sie stand genau dort, wo der Schuss hingehen würde, falls Peregg sich zur Seite wandte.

Was er genau jetzt tat. Anscheinend war ihm der Gedanke über die Gefährlichkeit eines Phasers noch gelungen. Was ein Wunder war angesichts des Wahnsinns, der in seinen Augen leuchtete.

Aber ihm passierte soeben das, was bislang noch fast allen passiert war: Er unterschätzte eine nicht allzu große, zierliche Frau.

Mirabelle unterlief geschickt seinen Hieb mit dem Rohr, das er in der Hand hielt, ergriff dabei seinen Arm und schleuderte ihn mit einem gekonnten Schwung zu Boden. Blitzschnell war sie auch am Boden, ergriff den sich mit allen Kräften wehrenden Mann und versuchte ihn am Boden zu halten.

Was ihr vorher genutzt hatte, der Überraschungseffekt, war jetzt natürlich dahin. Sie musste all ihr Können einsetzen, um den Mann zu halten.

Aber da war auch schon die Purna neben ihr, kniete sich hin und jagte dem Mann den Inhalt eines Injektors in den Kreislauf, den sie zuvor aus ihrer Tasche geholt hatte.

Die Injektion wirkte, aber nur langsam. Mira blickte aus den Augenwinkeln zu den anderen. Obwohl sie den Mann eisern am Boden hielt, schaffte er es irgendwie trotzdem, Cailin am Arm zu packen und festzuhalten. Das und sein verzweifelter Gesichtsausdruck gaben ihr zu verstehen, dass er ihr etwas zu sagen hatte. Etwas, das wichtig genug war, sich in Gefahr zu begeben.

Entgegen jeder ärztlichen Vernunft, ergriff sie in einem Gefühl der Nächstenliebe die Hand von Peregg, der sich daraufhin tatsächlich etwas zu entspannen schien und ruhiger wurde.

Etwas wie ein dankbares Lächeln huschte über sein Gesicht. Dann verschwand es und unglaubliche Trauer war darin zu lesen.

"Kälte, Eis...", murmelte er leise und gequält und sah Cailin dabei sehr eindringlich in die Augen, als hinge sein Leben davon ab. "Es ist da irgendwo..." Sein Blick irrte zum Rest der abgeriegelten Sektion. Dann plötzlich bäumte sich sein Körper mit aller Macht auf und es sah aus, als ob die Französin trotz aller Kraftaufwendung die Gewalt über ihn verlieren würde, als er nach einem Zittern, das durch seinen ganzen Körper ging, still liegen blieb.

Auch ohne es zu sehen, wusste die Ärztin, dass der Blick der Sicherheitlerin fragend auf ihr lag. Sofort kontrollierte sie Atmung und Puls von Peregg. Diese waren zwar vorhanden, aber minimal und kaum erkennbar.

"Er ist nicht tot, aber ich kann für nichts garantieren, wenn er nicht augenblicklich in die Krankenstation kommt."

Die Französin nickte verstehend und es dauerte nicht lange und Pereggs Körper löste sich in einem Flimmern auf. Obwohl seine körperliche Verfassung mehr als kritisch war, hatte sich Cailin nicht gleich mit ihm weg beamen lassen.

Sie blickte zu den anderen und sagte: "Pereggs letzte Worte waren: ‚Kälte und Eis. Es ist da irgendwo', wobei er auf die restliche abgeriegelte Sektion blickte. - Ich denke gemeinsam mit Peregg wurde nicht sämtliche Gefahr gebannt. Seien Sie also wachsam und rechnen Sie damit, dass der ursprüngliche Parasit seinen ausgewachsenen Zustand bereits erreicht hat und seinen Wirt zwischenzeitlich verlassen hat.

Also seien Sie auf der Hut und vermeiden Sie unter allen Umständen jeglichen körperlichen Kontakt zum Parasiten. Sollte es dennoch dazu kommen, berühren Sie niemand anderen und lassen Sie sich auf die Krankenstation beamen. Es besteht höchste Ansteckungsgefahr!"

Damit betätigte sie ihren Communicator und ließ sich ebenfalls auf die Krankenstation transportieren, um bei ihrem Patienten zu sein.

--- Krankenstation

Als sie sich materialisierte, befand sich ihr Patient bereits in der abgeschirmten Abteilung auf einem Biobett und das MHN untersuchte ihn sorgfältig. Noch bevor die Ärztin irgendwelche Anweisungen erteilen konnte, war das MHN mit seinen ersten Auswertungen bereits fertig und überreichte sie ihr.

Mit einem sehr nachdenklichen Gesichtsausdruck las die Purna die Ergebnisse und ihr Gesicht verfinsterte sich dabei zusehends. Wie es schien, hatte das bereits erwachsene Wesen wirklich bereits seinen Wirtskörper verlassen, aber dafür hatte es ihn auch gleich für
seinen Nachwuchs auserkoren und ihn sozusagen "befruchtet" um seine Spezies weiter auszubreiten.

Hinter dem zerebralen Nervenlappen war bereits deutlich eine Veränderung zu erkennen, die nicht natürlichen Ursprungs sein konnte, daneben eine Art Geschwulst. Beides schien durch eine Stimulation des körpereigenen Gewebes hervorgerufen worden zu sein um den Wirtskörper endlich vollkommen zu übernehmen und zu steuern. Ein Zeichen dafür, dass diese Wesen mehr als gefährlich waren.

--- Deck 5, abgeriegelte Sektion

Erleichtert lehnte sich Alex gegen ein Wandpaneel und steckte seinen Phaser wieder an seinen Gürtel. Das ganze hatte doch einfacher geklappt, als er es erwartet hatte. Bis auf ein paar Beulen, die Clint abbekommen hatte, war keiner der Crewmitglieder verletzt worden; wenn man mal von Peregg absah. Doch das war das Problem von Cailin und ihren Arzthelfern.

Er hatte jetzt nur noch die leidvolle Aufgabe, sämtliche Schäden zu beheben, die dieser Peregg angerichtet hatte. Er hoffte nur, dass es nicht zu schlimm war. Doch bevor er mit der Arbeit anfing, stellte er sich zu den Anderen, die sich zusammengefunden hatten, und über das gerade Passierte diskutierten.

Er hörte gerade noch, wie Clint über diese seltsame Person sprach, die er vorher getroffen hatte, als hinter ihnen eine Luke der Jeffries-Röhren mit einem lauten Knall aus ihrer Verankerung gerissen wurde.

Es dauerte einige Sekunden, bis allen bewusst war, was da aus der Röhre gekrochen kam, doch dann hörte man einen warnenden Aufschrei von Ysara. Mit einer atemberaubenden Geschwindigkeit glitt eine undefinierbare Masse aus der Jeffriesröhre und bewegte sich auf die kleine Gruppe zu. Bevor auch nur irgendjemand zu einer Reaktion fähig war, hatte es das
Wesen schon geschafft, um sie herum zu fließen und zu wachsen.

Zumindest sah es für Alex so aus, denn egal wo er hinschaute, er konnte das Wesen sehen. Und es wurde von Sekunde zu Sekunde größer. Die Zeit, die er brauchte, seinen Phaser vom Gürtel zu reißen, hatte das Ding dazu genutzt, die Gruppe komplett zu umschließen. Ohne zu zögern hob er den Phaser, zielte irgendwo in die schleimige Masse hinein und drückte ab.

Die Energie entlud sich mit einem Zischen in dem Ding, doch es zeigte keine Wirkung. Wieder versuchte er es, diesmal mit der höchsten Stärke, die der Phaser hergab, doch wieder nichts. Nur eine kleine Brandstelle erkannte man, die sich aber sofort wieder geschlossen hatte.

Inzwischen hatte das Wesen alle wie eine Kuppel eingehüllt. Es war nur noch sehr wenig Platz und irgendwie kam es Alex so vor, als würde es von Sekunde zu Sekunde weniger werden. Er merkte auch schon, wie die Luft immer knapper wurde. Hastig warf er einen Blick zu den anderen Gefangenen und entdeckte die Französin, die ebenfalls ihren Phaser in der Hand hielt. Anscheinend hatte sie die missglückten Schüsse von Alex mitbekommen, denn sie machte keine Anstalten, ebenfalls zu schießen.

Gerade wollte Alex wieder schießen, als Renault rief:" Mister Poulsen, warten Sie. Wir sollten versuchen, mit unseren beiden Phasern auf eine Stelle zu schießen, vielleicht schaffen wir es so, aus dieser Situation 'inaus zu kommen."

"Ok, ich komme zu Ihnen", sagte Alex und quetschte sich zwischen den anderen hindurch zu der Französin. "1…2...3", sagte Alex und schoss auf die Masse. Kaum hatte Mirabelle ihrerseits angefangen, da erkannte Alex eine Veränderung. Im Umkreis von etwa 20 Zentimetern verfärbte sich die Masse und fiel in Klumpen zu Boden.

"Ja, es klappt", kreischte Alex siegessicher. Doch anscheinend wehrte sich das Wesen. Immer wieder versuchte es, das entstandene Loch zu schließen. Mehrmals gelang es ihm auch, doch schon nach wenigen Sekunden brannten die Phaser ein neues Loch hinein.

"Irgendwann muss es doch aufgeben", brüllte Alex. Doch langsam aber sicher schienen sie Erfolg zu haben. Zwar versuchte das Wesen immer noch, das Loch zu verschließen, doch es wurde immer größer.

Wenn das so weiter ging, dann wären sie in wenigen Minuten frei. Doch während die beiden weiter feuerten, da hörte Alex hinter sich ein schmatzendes Geräusch.

"He, weiter so", rief plötzlich die Psychologin. "Hier hat sich die Barriere geteilt. Wir können jetzt raus."

Mirabelle und Alex schauten sich an. Nein, sie würden nicht aufhören zu schießen. Nicht bis das Wesen nur noch aus einem Klump von organischer Materie bestand.

Doch aus den Augenwinkeln erkannte er, dass sich das Wesen neu formte. Anscheinend hatte es den Plan aufgegeben, die Gruppe zu zerquetschen, denn jetzt versuchte es, irgendeine Gestalt zu werden. Er erkannte ein paar Schemen und Umrisse.

"Ich glaube, unsere Phaser zeigen Wirkung", rief Alex. "Wir haben es....."

Die Worte konnte er nicht zu Ende bringen, denn er wurde von einem unsichtbaren Schlag getroffen, der ihn fast zwei Meter nach hinten schleuderte. Aber er war nicht der Einzige. Die komplette Gruppe befand sich plötzlich auf dem Boden wieder und starrte in die Luft.

Da wo eben noch die glibberige Masse war, befand sich jetzt eine hell leuchtende... ja, wie sollte man es beschreiben? Alex fand keine passenden Worte, oder wenigstens Gedanken, um das Etwas zu beschreiben, was da fast reglos in der Luft hing.

Doch bevor er oder irgendein anderer auch nur ein Wort sagen konnte, verschwand das Etwas. Ein Blitz und weg war es.

Einen Augenblick lang herrschte verblüfftes Schweigen. Natürlich war es die Psychologin, die sich zu Wort meldete, kaum hatte sie den ersten Schreck überwunden. Sie stöhnte, rappelte sich auf und rieb sich die schmerzende Schulter, mit der sie unglücklich gegen eine Konsole gestoßen war.

"Es sieht so aus, als sei es weg", bemerkte sie und lauschte unwillkürlich in die Stille, doch nichts deutete darauf hin, dass sich noch etwas von jenem Wesen an Bord befand.

Sie räusperte sich, um die merkwürdige Atmosphäre zu vertreiben, die sich in der plötzlich sehr leeren Sektion verbreitete, und richtete sich ganz auf. "Ich bin sehr froh, dass ich kein Wissenschaftler bin und herausfinden muss, wo es geblieben ist. Meine Aufgabe ist offensichtlich erledigt."

Den Anwesenden kurz zunickend verließ sie den Raum; es trieb sie auf die Krankenstation. Ysara glaubte nicht, dass die Ärztin momentan ihre Hilfe benötigte, doch es trieb sie, diese Angelegenheit heute noch völlig und mit einem geistig gesunden Patienten abzuschließen.

Erleichtert atmete auch Mirabelle durch und steckte ihren Phaser weg. Dann wandte sie sich an Poulsen und urplötzlich war auch ihr französischer Akzent wieder wie weggeblasen.

"Vielen Dank, Monsieur, das war wirklich eine gute Zusammenarbeit", meinte sie an den Techniker gewandt. "Im Alleingang hätte wahrscheinlich keiner von uns dieses.... was auch immer es war... vertreiben können."

Plötzlich bemerkte die Französin, wie zerschlagen und müde sie sich eigentlich fühlte. Es war, als würde sie mit einem Mal in ein tiefes Loch fallen... Mit Mühe unterdrückte sie ein Gähnen.

"Wenn dann nichts mehr zu tun ist, werde ich in mein Quartier gehen", wandte sie sich an Poulsen.

"Nein", sagte Alex. "Ich glaube nicht, dass es jetzt noch was zu tun gibt."

Mit einem Nicken verabschiedete sich so auch die Französin und so blieben nur noch Clint und er hier übrig.

"So, und was ist nun mit Ihnen? Wollen Sie noch ein paar wissenschaftliche Untersuchungen über das fremde Wesen anstellen oder gibt es sonst noch was?", fragte er Clint.

"Ich hab hier auf jeden Fall noch ein wenig Arbeit vor mir."

Fasziniert betrachtete der Wissenschaftler die wenigen Überreste des Parasiten, welche als schwärzliche Klumpen am Kunststoffboden klebten. Wie durch Magie hatte der Adoptivvulkanier plötzlich ein kleines Reagenzglas und eine Art Seziermesser in der Hand. Er ging in die Hocke und schabte vorsichtig ein wenig von der verkohlten Biomasse in das Glas, versiegelte es und wandte sich an Poulsen.

"Ich möchte in der Tat noch einige Untersuchungen anstellen ...", meinte er, ohne den Techniker speziell anzusprechen. Stattdessen machte er sich auf den Weg ins Biolabor und murmelte vor sich hin:

"Scheinbar unbegrenzte amorphe Beweglichkeit, Fähigkeit zu extremer Energieabsorbation, rudimentäre Intelligenz .... faszinierend …"

--- Krankenstation

Mit den neuen Erkenntnissen durchstöberte Cailin die Datenbank des Computer, wo sie nicht fündig wurde, also verband sie sich mit ihrer privaten Datenbank, die sie im Laufe der Zeit durch die Lektüre wissenschaftlicher Abhandlungen der verschiedendsten Rassen und dem
Studium der verschiedendsten Heilungstechniken zusammengetragen hatte. Dort endlich fand sie auch einen Eintrag, der sehr große Ähnlichkeit mit ihrem Fall aufwies. Er kam aus der Forschungsarbeit eines gewissen Dr. Euphal Ursus, der von einem ganz ähnlichen Befall einer parasitären Kultur schilderte.

Der Patient "verstarb", nachdem seine Atmung durch den Kontakt mit dieser Spezies gelähmt war. Doch nachdem er sich bei den Toten in der Stasiskammer befand, kam er zu neuem Leben und schien wie besessen zu sein und war nicht mehr ansprechbar. Dr. Ursus selbst hatte einige Test an ihm vorgenommen, doch der Captain ließ die Testreihe in der versiegelten Stasiskammer abbrechen und beamte das Mannschaftsmitglied kurzerhand in den Weltraum um der akuten Gefährung einer Verseuchung der ganzen Schiffscrew ein Ende zu setzen.

Dr. Ursus meinte, kurz vor einem Durchbruch in der Vernichtung dieser Art gewesen zu sein. Dabei erwähnte er den Namen eines Gases, das leider Cailin und sowie auch dem Schiffscomputer unbekannt war. Zwar stand sie jetzt wieder vor dem Anfang, war sich aber sicher noch eine Chance zu haben den Mann zu retten.

"Die Atmung hat ausgesetzt. Er stirbt und weg...", hörte sie Miss Dallas entsetzt rufen, die außerhalb des Kraftfeldes tatenlos mit ansehen musste, wie das MHN sich eifrig bemühte Peregg wieder zu reanimiere und seine Körperfunktionen herzustellen.

Nur kurz blickte Cailin hoch, dann versuchte sie noch krampfhafter zu einer Lösung zu gelangen. Dr. Ursus beschrieb diesen Scheintot. Wenn Peregg erst mal vollkommen von den neuen Wesen übernommen war, würde es noch problematischer werden. Niemand konnte sagen, ob dann noch eine Heilungschance bestand oder sich mit den Wesen auch gleichzeitig ihr Wirtskörper getötet wurde, der eine Art Symbiose mit ihnen einging.

Die Purna gebot den anderen zu schweigen und lehnte sich entspannt gegen die Wand. Sie schloss die Augen und ihre Atmung reduzierte sich merklich. Cailin versank in eine Art Meditation, die nur ihrem Volk bekannt war. Ihre Federn geritten in eine gleichmäßige rhythmische Wellenbewegung, die selbst Dallas in ihren Bann zog, die leicht verwirrt den Kopf schüttelte um nicht in Trance zu geraten.

Aber Cailins Geist eilte währenddessen durch ihr Unterbewusstsein, auf der Suche nach dem Baustein, der zum Greifen nah lag und doch so fern zu sein schien. Eindrücke und Gefühle bestürmten sie, die sie aus ihrem Leben verdrängt hatte um effizienter arbeiten zu können. Nun musste sie sie durchdringen um zu finden, wonach sie suchte.

Und in einem Meer an Emotionen tauchte die Erinnerung wie ein Schleier vor ihr auf und lichtete sich. Da war er der Grund, weshalb ihr die Sache gleich so bekannt vorkam. Der Name des Gases gehörte zu dem Inhalt eines Medikamentes, das in der gegenwärtigen Medizin nur mehr injiziert wurde. Es diente zur Kühlung und Linderung entzündeter Stellen innerhalb des Körpers und vor allem des Nervensystems.

Hastig schlug die Purna die Augen auf und gab dem MHN die Anweisung: "10 Milligramm Ordanamalidan an das Geschwulst beim Hautlappen ansetzen. Rasch! Computer: Temperatur des sterilen Feldes um 35,9 Grad senken. Jetzt!"

Das MHN tat wie geheißen, auch wenn die Dosis das 10fache der üblichen Menge überschritt, und die Ärztin wie auch ihre beiden Kollegen fieberten dem Erfolg der Behandlung entgegen. Dallas hielt sich dabei etwas am Arm von Cailin fest, so als wollte sie ihr viel Glück wünschen. Sie war bereits gewöhnt, die ungewöhnlichen Behandlungstherapien der Ärztin nicht anzuzweifeln.

Die Stille im Raum hatte etwas Unheimliches an sich und die Stimmung war zum Zerreißen gespannt. Niemand wusste vorherzusagen, ob die Behandlung den gewünschten Erfolg haben würde, da man einfach zu wenig von dieser parasitären Lebensform wusste, und dennoch gab es weder eine Zeit für einen Misserfolg noch für zahllose Tests. Es musste einfach klappen.

Es mußte.

Da nach einigen Sekunden, die wie eine Ewigkeit anmuteten, kam endlich ein Kurzbericht des MHN: "Das Geschwulst... es hat aufgehört zu existieren."

Cailin schloß die Augen und atmete tief durch. Eine kleine Träne der Dankbarkeit war in ihrem linken Augenwinkel zu erkennen. Es war vollbracht. Das Geschwulst und somit auch der Sitz der neuen Parasiten war endgültig zerstört worden.

"Computer: Raumtemperatur im sterilen Feld auf Normaltemperatur setzen. MHN: Genauer Bericht", befahl die Purna und wollte sich erst vergewissern, ob wirklich alles in Ordnung war, bevor sie die Quarantäne über der Station wieder aufhob.

"Keinerlei parasitärer Befall mehr feststellbar", meinte das MHN und zählte noch eine Reihe von Werten auf, die den normalen Werten eines Mannes diesen Alter, der gerade etwas durchgefroren worden war, glich. Lediglich die Veränderung des zerebralen Nervenlappens war nicht wieder reparabel, doch Cailin hoffte trotzdem, dass Peregg wieder der Alte werden würde, auch wenn eine Reihe von Untersuchungen ihr darüber erst Gewissheit geben musste.

"Wir haben es geschafft, Leute. Wir haben es geschafft..."

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