Venture Cronik 7

Sonderbare Einbaugeräte

--- Brücke

Erleichtert sah Anjol dem immer kleiner werdenden Frachter namens Ivory nach, den sie erst vor wenigen Stunden für den kleinen Handel getroffen hatten. Erleichtert, weil neue Mannschaftsmitglieder an Bord gekommen waren, aber auch, da der Bajoraner diesen Monserat nicht ausstehen konnte.

Seit seiner eigenen Zeit auf der Ivory und einem kleinen Umtrunk, auf den der Franzose bestanden hatte, widerten die Prinzipien des Händlers Anjol an. Unverständlich, wie man Erfüllung in Reichtum finden konnte. Leider brauchten sie die unregelmäßigen Treffen mit der Ivory aber und so machte er gute Mine zum bösen Spiel...

Jetzt waren sie den kleinen Sack auf jeden Fall fürs erste los und die bisher verkrampfte Faust des Bajoraners begann sich langsam zu öffnen. Wieder einmal hatte er all seine Selbstbeherrschung gebraucht, um Monserat nicht windelweich zu prügeln.

Auch McCarthy entspannte sich jetzt sichtbar in seinem Kommandosessel, um sich wenige Sekunden später zu dem schräg hinter ihm stehenden Anjol umzudrehen:

"Damit dürfte das wohl auch erledigt sein. Vertritt du mich bitte im Frachtraum 2 bei der Begrüßung. Wichtige Dinge werfen ihre Schatten bereits voraus..."

Leise fluchend vernahm der Bajoraner den Befehl, fügte sich aber und verließ ohne Bestätigung die Brücke. Wenn der Captain die Drecksarbeit ihm schon überließ, sollte er keine Reaktion erwarten. Außerdem war Anjol heute gar nicht in Stimmung...

Als Anjol die Brücke verlies, drehte sich Charles McCarthy wieder in seinem Sessel um und betrachtete einen Moment den nun wieder leeren Hauptschirm.

"Brengh, du hast die Brücke. Bring uns in den Sensorschatten der Sonne, falls die Sternenflotte uns doch geortet haben sollte!", wandte er sich an den schweigsamen Caldonier, der die Befehle nur mit einem Nicken bestätigte, während der Captain schon den Japaner verschwörerisch ansprach, "Kuzhumo; wir müssen etwas in meinem Büro besprechen - etwas Wichtiges"

Ausgeglichen wie immer folgte der Sicherheitschef seinem Captain und die beiden unterschiedlichen Gestalten verschwanden bis auf Weiteres im angrenzenden Bereitschaftsraum des Kommandanten...

--- Gänge, Deck 5

Auf dem Weg zum Frachtraum überdachte Anjol die letzten Tage noch einmal: Nachdem die Kolonisten nach Nitol gebracht worden waren und dort keine Bedrohung auf sie alle gewartet hatte, war es wieder ruhig an Bord geworden.

Die letzten Reparaturen waren beendet, was Alnaks übliche Laune wieder hergestellt und ihn endgültig zum Sklaven seiner Kaffeesucht gemacht hatte. Leicht lächelnd dachte er an den stets dampfenden Becher in der Hand des Romulaners.

Als er an einer Wegeskreuzung vorbeikam, blieb er grummelnd stehen.

'Verdammt, wie konnte ich das nur vergessen?!', tadelte er sich selbst, um keine Sekunde später zwei Nachrichten abzusetzen, in denen er Yhea und Cailin mitteilte, dass ihre fachliche Kompetenz im Fachtraum 2 gebraucht wurde. Schließlich hatte Anjol weder von Technik noch Medizin genug Ahnung, um die Neulinge einzuweisen.

Er wollte schon weitergehen, aber dann kam ihm noch ein anderer Gedanke in den Kopf: Mira hatte sich auch noch nicht für einen Job entschieden.

Spontan stellte er eine Verbindung zu Miss Renault her, um sie höflich um ihre Anwesenheit zu bitten. Die Antwort fiel sehr knapp aus, aber Mira versprach zu kommen und so setzte Anjol seinen Weg fort.

--- Schiffsbar, in einer versteckten Ecke

Mirabelle saß mit ihrer wieder gefundenen Familie an einem kleinen Tisch in der Bar und diskutierte die Ereignisse der vergangenen Tage, als Anjols Ruf sie erreichte.

Noch ein wenig befremdet beantwortete sie den Ruf, denn dieser Communicator an ihrem Pullover kam ihr immer noch ziemlich merkwürdig vor.

Mira stand auf, umarmte spontan ihren Bruder, sowie dessen zierliche Frau Xanthe, um sich dann zu verabschieden. Ihr Bruder verzog missbilligend das Gesicht. "Ich wünschte, Mira, du würdest nicht auf diesem Kahn hier bleiben und lieber mit uns diesen neuen Planeten ansteuern.

Wir könnten deine Hilfe beim Aufbau einer neuen Farm sehr gut gebrauchen, deine Hilfe und all dein Wissen. Stattdessen willst du dein Leben hier aufs Spiel setzen für Menschen, die du gar nicht kennst."

Mira grinste ihren Bruder freundlich an. "Ach, Abdul, du bist zu komisch", meinte sie dann und fuhr ihm freundschaftlich durchs Haar. "Wenn die Männer und Frauen auf diesem Schiff nicht ihr Leben aufs Spiel gesetzt hätten für Menschen, die sie nicht kennen - ich glaube, dann wären weder du noch ich heute hier, sondern wir würden höchstwahrscheinlich nicht mehr leben, oder wären Gefangene der Romulaner."

In Gedanken setzte sie hinzu: 'Außerdem willst du meine Hilfe ja nur als Kindermädchen für deinen Sohn - nein danke' Dann registrierte sie das betretene Gesicht Abduls, den kurzen Blickwechsel mit Xanthe, die ihren drei Monate alten Sohn an sich gedrückt hielt. Abdul stand auf, umarmte seine wieder gefundene Schwester und meinte: "Du hast Recht. Dann tu, was du für richtig hältst. Aber denk daran, bei uns kannst du jederzeit ein Heim finden!"

Freundlich verabschiedete sich Mirabelle fürs erste und verließ die Bar.

--- Gänge, Deck 3

Nach Anjols Aufruf hatte sich Cailin gleich auf den Weg gemacht, auch wenn sie nicht genau wusste, wen sie da eigentlich abholen sollte. Noch war ihr nicht gesagt worden, dass überhaupt neue Leute für die medizinische Abteilung bei den neuen Crewmitgliedern sein sollten, auch wenn Hilfe seit dem Ausfall einer zweiten Ärztin wirklich Not getan hätte, aber zum Glück hatten sie es auch so geschafft.

Der Aufenthalt in ihrem Quartier war nicht so erfrischend gewesen, wie Cailin ihn sich erhofft hatte. Wie schon seit einiger Zeit.

Die bei ihr einquartierten Kolonisten hatten ihr das Gefühl eines Schwarms gegeben. Einen Zusammenhalt der nur in einer Gruppe möglich war und der einsiedlerischen Wesen völlig fremd war. Nun da sie weg waren, wurde ihr auch Catrionas Fehlen so richtig bewusst. Sie fühlte sich einsam und ihr Quartier war plötzlich kalt und leer. Ein Ort, an dem sie sich nicht mehr richtig daheim fühlte.

Allein bei dem Gedanken zog sie fröstelnd die Schultern hoch. Auch wenn sie noch immer an die Unfehlbarkeit Lanagors glaubte und dass der Ärztin ihr Schicksal vorausbestimmt war, half ihr das nicht über den Verlust hinweg. Sie hatte einen wichtigen Ansprechpartner verloren und ihre Ausgeglichenheit litt unter der zwangsweisen in-sich-Gekehrtheit der letzten Zeit.

Clancy benahm sich recht eigenartig und die erhoffte enge Freundschaft war bis jetzt ausgeblieben. Selbst Anjol hatte ständig etwas zu tun und das versprochene Abendessen war längst in Vergessenheit geraten durch den Strudel der Ereignisse.

Plötzlich ertappte sich die junge Purna bei diesen trüben Gedanken und ihr wurde bewusst, dass sie jedem anderen Crewmitglied in einer ähnlichen Lage einfach die Anweisung gegeben hätte die Vergangenheit hinter sich zu lassen und den Blick vorwärts zu richten. Sofort straffte sich ihre Haltung und sie beschloss nicht nur gute Ratschläge zu geben, sondern auch selbst danach zu handeln.

Immerhin schien sie etwas von Gefühlen zu verstehen, sonst hätte ihr der Captain wohl kaum einen Posten als Counselor angeboten. Ein sehr schmeichelhaftes Angebot, an das sie sehr gerne zurückdachte. Es zeigte ihr jedenfalls mehr von seinem Vertrauen, als dass er sie nach dem Ausscheiden von Catriona zur Leiterin der Krankenstation ernannt hatte. Immerhin war sie ja die einzige Ärztin an Bord.

Aber sie hatte auf die Ernennung zur Counselor verzichtet. Auch wenn ihr das Wohl der Mannschaft mehr den je am Herzen lag. Zum einen, weil sie auf der Krankenstation jetzt noch mehr eingesetzt war, als früher und zum anderen, weil sie niemals eine Verpflichtung einging, ohne sich sicher zu sein, sie auch erfüllen zu können.

Aber sie hatte zumindest im Gegenzug dem Captain versprochen sich weiter um diese Belange zu kümmern, wann immer sie Zeit dazu fand und Not am Manne war.

--- Gänge, Deck 5

Die Ärztin bog gerade um die Ecke, als sie den Cheftechniker erblickte, der anscheinend den gleichen Weg wie sie vor sich hatte, sofort beschleunigte sie ihren Schritt um ihn einzuholen. Selbst die Gänge kamen ihr leer und verlassen vor, nachdem die Kolonisten fort waren.

"Mister Alnak, wir könnten eigentlich gemeinsam gehen, wenn Sie nichts dagegen haben." Sie blickte ihn fragend an und setzte nach einem prüfenden Blick schmunzelnd hinzu: "Sie sehen schon viel besser aus seit ihrem Unfall und ich sollte vielleicht doch Koffein als Medizin in meine Arbeit mit aufnehmen."

Ein Lächeln huschte über Yhea's Gesicht.

"Sind Sie wirklich sicher, dass Koffein soviel helfen kann??", fragte er schmunzelnd und fügte in Gedanken hinzu: 'Wenn die wie Alex mal meinen Kaffee Spezial probieren würde, dann würde sie es sich ganz schnell wieder anders überlegen.'

"Müssen Sie auch zum Frachtraum? Ich hab gar nicht gewusst, dass wir neue Mediziner an Bord bekommen haben. Für mich ist ein neuer Techniker angekommen. Den muss ich mir ja mal ansehen. Wir sind inzwischen zwar schon 4 Leute im Maschinenraum, aber ich denke mal, einer mehr kann nicht schaden.

Aber mir graut es schon vor der Ansprache. Die vom Captain sind ja schon schlimm, aber wenn Anjol die Rede hält... ne danke, da fehlt nicht viel und mir fallen die Ohren ab. Aber vielleicht haben wir ja Glück und Anjol ist schon fertig, wenn wir ankommen. Was denken Sie?", fragte er und schaute Cailin an.

Gespannt hatte die Purna Alnaks Worten gelauscht und zuckte unwissend mit den Schultern. Eine terranische Geste, die sie im Laufe der Zeit angenommen hatte. "Ich bin zwar zum Frachtraum unterwegs, aber was ich da soll, weiß ich auch nicht so recht. Vielleicht wollte Anjol ja mehr Publikum für seine berühmten Ansprachen. Sonderlich freundlich fallen die ja nie aus." Cailin grinste, als sie an die trockene harsche Art des Bajoraners dachte, welche den meisten Neuen gleich wie ein Kübel kalten Wassers über den Kopf vorkam.

"Natürlich wäre ich die Letzte, die sich nicht über Zuwachs für ihre Abteilung...", sie stockte unwillkürlich, als ihre Gedanken zu Catriona glitten und musste erst schlucken, bevor sie weiter sprechen konnte, "...freuen würde.

Besonders da immer wieder dafür gesorgt wird, dass auf der Krankenstation Hochbetrieb herrscht." Ihre Miene verdüsterte sich etwas, als sie an die vielen verletzten Kolonisten nach der Katastrophe auf dem Planeten dachte oder die Männer der Sicherheit, die den Kampf mit den Romulanern nur schwer oder leicht verletzt überstanden hatten.

Sie warf unwillkürlich einen leichten Seitenblick auf den Cheftechniker. Was mochte in ihm vorgehen, wenn er sah wie gegen sein Volk gekämpft wurde und Leute an Bord kamen, die ihn allein wegen seines Aussehens hassten oder fürchteten?

"Ich bin noch gar nicht dazu gekommen Ihnen zu danken wie wundervoll schnell Sie die Venture wieder in den Griff bekommen haben. Nicht auszudenken, was passiert wäre, wenn die Replikatoren für einen längeren Zeitraum ausgefallen wären oder gar die Luft knapp geworden wäre. Sie sind ein richtiger Zauberer. Ich kann nicht glauben, wie man ein Lebenserhaltungssystem auf diese Leistung maximieren kann. - Da fällt mir ein, falls Sie noch Stärkungsmittel neben Ihren Koffein brauchen, dann wenden Sie sich ruhig an mich."

Geschmeichelt blieb Yhea stehen und schaute Cailin an.

"Danke für das Lob. Aber ganz kann ich mir nicht die Lorbeeren aufsetzten. Schließlich haben die anderen mir dabei sehr geholfen. Und außerdem war bei der ganzen Sache auch ein wenig Eigennutz dabei", sagte er und grinste. "Schließlich wollte ich nicht ersticken."

Langsam setzten die beiden ihren Weg zum Frachtraum fort, doch bevor sie ihn betraten, hielt Yhea Cailin noch mal auf.

"Ich möchte jetzt nicht unverschämt klingen, aber wir wäre es wenn wir einfach das Sie vergessen. Schließlich sind wir jetzt schon länger auf dem Schiff und Sie... äh ich meine natürlich du hast mir nach diesem Vorfall auf dem Planeten das Leben gerettet.

Also, wie wäre es? Ab jetzt Yhea und nicht mehr Mister Alnak?", fragte er und streckte der Vogelfrau seine Hand hin.

--- Frachtraum 2

Einen bunteren Haufen hatte Anjol selten gesehen; sah man einmal von der regulären Brückencrew ab: Alle Hauttöne, Größen und Geschlechter waren vorhanden, wobei er einige Kombinationen noch nie gesehen hatte. Aber das Universum war groß und voll merkwürdiger Personen.

Hauptsache die Neuen machten keinen Ärger und er hatte es bald hinter sich. Solche Begrüßungsreden und das damit verbundene endlose Geschwafel, das der Captain so perfekt beherrschte, konnte er nicht ausstehen.

Der Bajoraner bevorzugte es, Taten sprechen zu lassen.

"Ich begrüße Euch an Bord der Venture. Jeder weiß, was ihn hier erwartet. Weder Reichtum noch sonst ein materieller Gewinn. Nur Arbeit und eine Aufgabe. Wer damit Probleme hat, kann beim nächsten Stopp das Schiff verlassen. Hat noch jemand von Euch Fragen? Ansonsten wird eure Einweisung bald beginnen", sprach er in wenigen kargen Sätzen aus, was die Neuen erwartete.

Einige Gesichter zuckten leicht, aber alle schienen sich der Aufgabe gewachsen zu füllen. Noch. Dann wartete er, vielleicht brachte ja ausnahmsweise mal ein Bewerber eine sinnvolle Frage hervor...

Sofort begann das übliche Raunen, das sich immer dann einstellte, wenn viele Leute plötzlich zu sprechen begannen und Fragen stellten. Zweifelsohne völlig überflüssige Fragen, wie sich die hochgewachsene Schwarze sicher war, die sich ein Stück von der Gruppe entfernt an die Wand lehnte, Arme vor der Brust verschränkt, skeptischer Blick.

Dabei wussten die meisten Bewerber immerhin schon mehr als sie - nämlich was sie hier wollten. Ysara Jefferson, wie sie hieß, war sich da keineswegs sicher. Ohne Bezahlung konnte sie arbeiten, wenn sie dafür ein Quartier und eine Beschäftigung bekam. Aber auf einem Schiff wie der Venture?

Immerhin handelte es sich um ein ehemaliges Föderationsschiff, und auch, wenn der namenslose Bajoraner dort vorne eher leger wirkte, wusste Ysara, dass sie zumindest etwas Föderationsähnliches erwartete. Eigentlich hätte sie die Sternenflotte lieber vergessen wollen.

Ihr Blick schweifte durch den Raum und blieb kurz an Ahm-tor Clint hängen, dem Mann, den sie neben dem Arzt der Ivory am liebsten vergessen hätte. Ein arroganter Kerl, der sie unangenehm oft reizte, und der jetzt, wie man hörte, sogar eine leitende Position innehaben würde. Entnervt verzog sie das Gesicht.

Von Kuno Isweda, dem geschwätzigen kleinen Techniker, war allerdings nichts zu sehen.

Während sie nachdachte, verebbte der erste Ansturm an Fragen. Resigniert, noch nichts Wissenswertes erfahren zu haben, schlenderte sie die paar Schritte zu ihren Mitbewerbern hinüber. Erst als der Blick dieses Bajoraners ihren traf, erbarmte sie sich zu einer Frage.

"Welche Regeln gelten hier? Nach was richten wir uns?" Sie machte eine wage Geste und fügte abschätzend hinzu: "Müssen wir uns an die oberste Direktive oder irgend so etwas halten?"

Als sich die Türe zum Frachtraum zischend öffnete, drang ein ziemliches Stimmengewirr der Französin entgegen. Mira betrat den Raum und fand dort ein Sammelsurium an Gestalten vor, die alle wild durcheinander sprachen und sich gegenseitig mit Blicken maßen, welche nicht immer von Sympathie kündeten.

Eine von ihnen hatte gerade Anjol eine Frage gestellt.

Die Französin trat etwas weiter in den Raum hinein, damit der Bajoraner sehen konnte, dass sie eingetroffen war. Dann wartete sie gemeinsam mit der Sprecherin auf die Beantwortung der Frage.

Interessiert betrachtete Anjol die Neue. Sie hatte schwarze Haut, lange verwobene Haare und herausfordernd aussehende braune Augen. Ihr direkter Ton gefiel dem Bajoraner - sollten sich doch andere mit heuchlerischen Floskeln aufhalten.

"Wir haben einen einfachen Grundsatz: Wenn jemand Hilfe benötigt und verdient, leisten wir diese, ob es der Sternenflotte gefällt oder nicht. Von Ihnen wird erwartet, dass Sie Ihre Arbeit eigenständig und mit Verstand erfüllen. Die Aufgaben erhalten Sie von den Brückenoffizieren sowie den Abteilungsleitern", beantwortete Anjol die Frage und nutzte die Gelegenheit, um auch noch die Befehlshierarchie zu erläutern.

Viele Bewerber verstanden diese nicht oder waren nicht fähig selbst zu denken. Die Sternenflotte pflegte jeden geistigen Bissen vorzukauen, aber hier konnten sie sich diesen Luxus nicht leisten...

Leicht provozierend ging der Bajoraner zu einem anderen Bewerber und stellte sich vor diesem auf. Die Hautfarbe war derart ungewöhnlich, dass er die Spezies nicht identifizieren konnte. Lediglich die Kleidung schien vulkanisch zu sein.

"In welcher Abteilung willst du arbeiten?", fragte er den Fremden, während er ihm in die regungslos wirkenden Augen schaute.

Kühl und abschätzend erwiderte Clint den Blick des Bajoraners. Das war also die rechte Hand von Captain Charles P. McCarthy. Im Gegensatz zur Ivory hatte der Halb-Breen dieses Schiff nicht unvorbereitet betreten.

"Wissenschaft", antwortete er knapp. Es gab seiner Meinung nach keinen Grund unnötig lange Vorstellungsgespräche zu halten. Seine Akte mussten die Verantwortlichen auf diesem Schiff schon durchgelesen haben, schließlich hatte er einen positiven Bescheid bekommen.

Der Bajoraner schien immer noch auf etwas zu warten, er sah Clint durchdringend an. 'Hatte er etwa Verdacht geschöpft?', schoss es dem Grünhäutigen durch den Kopf, 'Unsinn, die Gründe die ich als Motivation für meine Bewerbung angab waren einwandfrei logisch.'

"Mein Name ist Ahm-tor Clint. Wenn meine Informationen nicht gänzlich falsch sind, benötigt dieses Schiff dringend eine Führungskraft auf der Wissenschaftsstation", fügte er schließlich hinzu.

Unbehagen versuchte an die Oberfläche seines Bewusstseins zu dringen. Ohne wesentliche Anstrengung unterdrückte er dieses Gefühl. Sein Auftrag würde nicht an fehlender Beherrschung scheitern. Er würde ihn ausführen, obwohl es ein großes Risiko war.

Ein Risiko, das er niemals eingegangen wäre, nicht aus den Gründen die er in seiner Bewerbung angegeben hatte. 'Die Föderation verhält sich unlogisch', hatte er geschrieben, 'Der Preis guter diplomatischer Beziehungen mit dem romulanischen Sternenimperium ist weder den Verlust eines großen Raumgebiets noch die dadurch entstandenen taktischen Nachteile gegenüber den Romulanern wert. Erst recht ist die Auslieferung der vielen Millionen föderativer Bürger in die Hände und Willkür der Romulaner nicht mit den Prinzipien der Föderation zu vereinbaren.'

Dies hatte er geschrieben, aber es waren nicht seine wirklichen Gründe gewesen. Warum sollte er auch sein Leben für Unbekannte riskieren, von dessen Überleben er keinen direkten Nutzen bezog. Nein der Grund, warum er hier war, war die einzige Person die dies von ihm verlangen konnte.

"Ist meine Annahme korrekt?", fragte er nach einem Augenblick des Schweigens.

Eisern starrte Anjol den Bewerber weiter mit seinem durchdringenden Blick an, aber der exotisch-wirkende Fremde schien immer noch unberührt von dieser Situation zu sein. Schließlich lockerte der Bajoraner seine Haltung, um dem Wissenschaftler eine Antwort zu geben:

"Ihre Information ist korrekt; Sie haben den Job und können sofort mit der Arbeit beginnen. Die Labors auf Deck 4 sowie eine Station auf der Brücke sind für die Wissenschaft eingerichtet worden!"

Kurz überprüfte Anjol die biographischen Daten über diesen Clint auf seinem PADD. Etwas hochtrabende Begründung für die Anwesenheit, was aber nicht ungewöhnlich für falsche Helden und Abenteurer war. Solange jeder angemessen seiner Aufgabe nachging, würde es damit keine Probleme geben...

--- Frachtraum 2, weiter hinten

Die Größe des Frachtraumes war beeindruckend. Isweda hatte nicht mehr das Gefühl sich in engen, verwinkelten Gängen zu bewegen, was durch die besondere Höhe der Gänge auf der Ivory noch verstärkt wurde.

Dem Stimmengewirr in dem Raum konnte Kuno immer wieder einige Wortfetzen entnehmen, die aus dem Zusammenhang gerissen arg befremdlich auf ihn wirkten.

"... abtrünnig ...","...ständig auf der Flucht...", "... Hilfe geleistet, aber ...", "... knappe Sache ..."

Isweda zog sich einige Schritte von der Gruppe zurück, genoss die nachlassende Lautstärke ebenso wie die helle, freundliche Atmosphäre.

Erst als er eine Veränderung im Stimmengewirr wahrnahm, registrierte Isweda, dass einige Personen den Raum betreten hatten.

'Na toll...', dachte Kuno '... die Begrüßungsansprache, und ich treibe mich hier in einer Ecke herum!'

Eiligst ging Kuno zur Gruppe zurück, stellte sich in die hintere Reihe und versuchte aufgrund des Gesprächs mit zu bekommen, was ihm bisher entgangen war.

Ein Bajoraner stand vor Clint, wartete anscheinend auf eine Antwort oder eine Reaktion. Dazu die Körperhaltung, fast militärisch, fast wie ein Ausbilder auf der Akademie, der dem neuem Jahrgang die ersten Regeln erklärt!

'Sternenflottenuniformen', schoss es Isweda durch den Kopf. Die Zeit auf dem Frachter hatte ihn fast vergessen lassen, dass es noch so was wie eine Sternenflotte gab, auch wenn er, wie alle von der Ivory, die auf die Venture gewechselt sind, von No'Orba einige Hinweise auf dieses Schiff erhalten hatte.

Dumm nur, das Kuno dem Sicherheitschef der Ivory zum Schluss kein Wort mehr geglaubt und deshalb die spärlichen Informationen verdrängt hatte. Dabei war es kaum eine Stunde her, dass Kuno eine abschließende "Sicherheitsüberprüfung" über sich ergehen lassen musste, in deren Verlauf No'Orba beiläufig etwas über die Venture gesagt hatte.

--- Frachtraum 2, in einer Ecke

Nachdem Mira eine Weile dagestanden hatte und gewartet hatte, beschloss sie, dass es Zeit wäre, selber die Initiative zu ergreifen.

Sie trat also einfach auf die ihr am Nächsten stehende Frau zu, die ihr außerdem aufgrund ihrer Hautfarbe schon sympathisch war. Mira betrachtete fasziniert die vielen kleinen, ausgesprochen langen Zöpfchen, in die die Frau ihr Haar geflochten hatte.

"Hallo, willkommen an Bord, ich bin Mirabelle Renault. Wissen Sie schon, was für eine Aufgabe Sie hier übernehmen werden?", begrüßte Mira die Fremde.

Ysara, die sich die Zeit vertrieben hatte, indem sie sich ein wenig über Clint amüsierte und derweil über die Venture nachdachte, wandte sich der kleinwüchsigen Frau zu, ein wenig überrascht, dass es endlich weiterzugehen schien.

Sie musterte ihr Gegenüber kurz - schmächtig, hübsch, deutlicher Akzent - und nickte ihr gleichzeitig zu. Es passte ihr ganz gut, angesprochen zu werden, da sie unschlüssig war, an welchen der Stationsleiter sie sich hätte wenden sollen.

"Guten Tag, mein Name ist Ysara Jefferson. Ich werde als Psychologin oder Counselor hier arbeiten", stellte sie sich kurz vor und ließ ihren Blick über die Anwesenden schweifen.

"Und ich bin ganz sicher", konnte sie nicht vermeiden, sehr trocken anzufügen, als ihr Blick die Herren Clint und Isweda streifte. "Dass dieses Schiff in einiger Zeit nichts dringender benötigen wird."

Mira musste schmunzeln, als sie feststellte, wie selbstsicher diese neue Psychologin war. Anscheinend kannte sie etliche der Neuen, die sich gerade hier im Raum befanden - was kein Wunder war, bedachte man, dass sie alle vom selben Schiff gekommen waren.

--- vor dem Frachtraum

Cailin musste nicht lange überlegen, bevor sie dem Cheftechniker ihre Hand hinstreckte und spontan sagte: "Du hast recht. Was Lanagors unergründliche Wege zusammenschmieden, sollte sich nicht länger fremd sein. Auf gute Zusammenarbeit, Yhea."

Der Druck ihrer Hände war innig, und als sie sich in die Augen sahen fühlten sie beide, dass sie noch eine sehr lange Zeit zusammen auf diesem Schiff verbringen würden und ihr Leben alles andere als einfach sein würde.

"Aber nicht ich allein..." Sie wollte ihm sagen, dass sie ihm nicht allein das Leben gerettet hatte, doch die Erinnerung an Catrìona saß immer noch tief und schmerzte. So verstummte sie nur. Trotzdem schien er sie zu verstehen und nickte nur mitfühlend.

Die Purna seufzte leise, straffte dann wieder ihre Schultern und machte sich bereit auf ihren Auftritt als Leiterin der Krankenstation. Dann betrat sie den Frachtraum.

--- Frachtraum 2, beim Eingang

Die zischende Tür des Frachtraums öffnete sich, um den Weg für Cailin und Yhea freizumachen. Mirabelle war schon vor einigen Minuten leise hereingekommen und hatte gerade eine Unterhaltung mit dieser Ysara begonnen...

Nachdem Anjol seine Offizierskollegen nickend begrüßt hatte, gesellte der Bajoraner sich schließlich zu ihnen, damit die Einweisung der Bewerber durch ihre späteren Abteilungsleiter endlich beginnen konnte.

"Noch irgendwelche Fragen, die zu beantworten sind?", fragte er zunächst noch mal, um letzte Unsicherheiten auszuschließen - nichts war ärgerlicher als ein unsicherer Neuling, der nach drei Tagen Bedenken bekam.

Yhea und Cailin betraten gemeinsam den Frachtraum und schauten sich interessiert um. Sofort wurden sie von Anjol begrüßt, der anscheinend gerade dabei war, die Fragen der neuen Bewerber zu beantworten. Das Gesicht des Romulaners erhellte sich. Das hieß nämlich, das Anjol seine Rede schon beendet hatte. 'Prima!', jubelte Yhea innerlich. 'Das wird vielleicht doch noch ein schöner Tag.'

Mit einem Lächeln im Gesicht verabschiedete er sich bei Anjol und Cailin, um sich auf die Suche nach seinem neuen Mitarbeiter zu machen. Konzentriert schaute er sich im Frachtraum nach einem Menschen um, der entfernt nach einem Japaner aussah. Doch selbst nach mehrmaligem durchgucken fand er keine Person, die so aussah.

Bevor er noch länger nach ihm suchen musste, begab sich Yhea in den vorderen Teil des Raumes und stellte sich auf das notdürftige Podest.

Auch nach einer halben Minute hatte noch niemand eine Frage gestellt, was Anjol erleichtert ausatmen ließ. Jetzt konnten Cailin und Yhea hier ihre Rekruten empfangen und er war die Aufgabe los.

"Hallo Cailin!", begrüßte er die Purna lächelnd, "Für die Medizin hat sich ein Bewerber gemeldet: Jones ist sein Name. Hab ihn noch nicht gesehen, aber er steht auf der Liste."

Mit einer Geste zeigte er auf das PADD in seiner Hand und sprach dann weiter: "Nach seinen Angaben kann er als Rettungssanitäter arbeiten. Außerdem haben wir auch eine neue Psychologin: Ysara; die Schwarze, mit der sich Mira gerade unterhält. Fällt zwar nicht ganz in dein Aufgabengebiet, aber es wäre nicht schlecht, wenn du ein Auge auf sie hättest"

Charmant lächelte er die Purna an. Hoffentlich würden sie irgendwann das ausgemachte gemeinsame Essen genießen können. Derzeit warteten aber genug Arbeiten auf ihn. Scheinbar war er der einzige, der sich überhaupt noch anstrengte...

Bedauernd schaute er auf seinen Chronographen und stellte fest, dass er schon wieder gehen musste. Missmutig verabschiedete er sich von Cailin, um dann den Frachtraum zu verlassen.

Clancy wollte irgendwas mit ihm besprechen...

Unschlüssig sah Cailin dem Bajoraner nach, bis die Tür sich hinter ihm schloss, dann wandte sie sich der tuschelnden Menge zu. Zwar fühlte sie sich auch in dieser Gesellschaft wie in jeder anderen wohl, aber sie mochte es nicht im Mittelpunkt zu stehen und irgendwie wusste sie nicht, wie sie anders diesen Mr. Jones finden sollte.

Ihr Blick blieb an der dunkelhäutigen Frau hängen und sie musste unwillkürlich lächeln. Endlich würde sie Unterstützung bei der Arbeit mit der Mannschaft finden. Ein guter Arzt musste zwar auch ein guter Psychologe sein, aber es gab immer wieder Fälle in denen sie nicht weiterwusste. So auch mit Jesanta.

Mit einem leichten Kopfschütteln vertrieb sie die Gedanken und kümmerte sich wieder um ihre Aufgabe. Nämlich die Verstärkung der Krankenstation zu suchen.

"Ich bin Cailin Fakaii, Leiterin der Krankenstation", rief die Ärztin in die Menge ohne damit auf die Wichtigkeit ihrer Position anspielen zu wollen. "Befindet sich ein Mr. Jones unter Ihnen?" Einige der taxierenden Blicke gefielen ihr überhaupt nicht. Ohne es zu wollen stellte sich ihr Kamm auf und ein paar unartikulierbare Laute in ihrer Heimatsprache kamen über ihre Lippen.

--- Frachtraum 2, beim Podest

"Hallo, ich suche einen Mister Kuno Isweda. Ist der zufälligerweise hier?", fragte er laut in den Raum und erntete dabei viele verwirrte Blicke. Doch irgendwo in der Menschenmenge schnellte ein Arm in die Luft und man erkannte eine Person, die sich durch die Menschenmenge quetschte, um nach vorne zu kommen,

Zufrieden kletterte der Romulaner wieder vom Podest und wartete auf die Ankunft des Menschen. Aber anscheinend war er schneller gewesen, als Yhea gedacht hatte, denn kaum war er von der Erhebung herunter, da stand auch schon dieser Mister Isweda vor ihm.

"Oh, hallo", sagte Yhea etwas überrascht und schreckte dem Neuen die Hand hin. "Willkommen auf der Venture. Mein Name ist Yhea Alnak. Ich bin der Chefingenieur dieses Schiffes. Aber bevor wir jetzt hier anfangen... Haben Sie noch spezielle Fragen an mich?"

"Oh ja", antwortete ein sichtlich überraschter Isweda, der sich insgeheim wunderte, wieder einen Romulaner, noch dazu einen anscheinend wieder etwas aus der Art geschlagenen vor sich zu haben (er hatte KWinh bis zum Schluss nicht geglaubt, das er kein Romulaner, sondern Grilmak war), "wenn der Rest dieses Schiffes genauso ordentlich ausschaut, wozu benötigen sie dann einen weiteren Techniker?", scherzte Kuno

"Aber ernsthaft", fuhr der kleine Halbjapaner fort, "ich habe von diesem Schiffstyp gehört, aber noch nie eines von innen gesehen. So ist mir zwar bekannt, dass er drei Warpkerne hat und infolgedessen auch ebenso viele Maschinenräume, nicht aber die genauen Spezifikationen derselben.

Ich brenne darauf mehr darüber zu erfahren... natürlich erst, wenn ich meine Tasche in einem Quartier abgestellt habe."

Mit diesen Worten deutete Isweda auf seine einzige, allerdings recht große Tasche.

"Wenn sie hier nichts mehr zu erledigen haben, dann ...", Isweda deutete mit dem Kopf Richtung Ausgang und nahm seine Tasche auf, "... ein Frachtraum dieser Größe ist zwar ganz nett, aber ich fühle mich in einem Maschinenraum einfach wohler!"

"Also über die technischen Spezifikationen der Venture werde ich Sie nachher noch eingehend unterrichten. Aber vorweg muss ich Sie verbessern. Sie haben schon recht, dass diese Schiffsklasse 3 Warpkerne hat, aber das heißt nicht automatisch, dass es auch 3 Maschinenräume gibt. Also im Hauptmaschinenraum befinden sich 2 Warpkerne, wohingegen der Dritte im Sekundärkörper des Schiffes untergebracht ist. Aber wie gesagt, dazu kommen wir später. Ich würde sagen, wir gehen dann jetzt mal zu Ihrem Quartier."

Schnell schaute sich Yhea noch mal im Frachtraum um, ob vielleicht nicht doch noch jemand was von ihm wollte, und nickte Kuno dann zu.

Gemeinsam verließen die Beiden den Frachtraum und gingen in Richtung Turbolift.

--- Gänge, Deck 5

"Äh, bevor wir jetzt noch viel hier herum laufen; ist Ihnen eigentlich schon ein Quartier zugeteilt worden?", fragte der Romulaner und schaute den Halbasiaten an.

--- Frachtraum, in einer Ecke

Und die Blicke, mit denen Ysara diese beiden Männer bedachte, waren nicht gerade schmeichelhaft...

"Ich glaube, Mademoiselle Jefferson, dass wir eine Psychologin an Bord dieses Schiffes wirklich brauchen. Ich selbst bin noch nicht lange auf der Venture, aber dennoch habe ich schon einige ihrer Probleme miterlebt.

Wahrscheinlich ist es am vernünftigsten, wenn Sie sich mit Dr. Fakaii unterhalten, sie ist Leiterin der Medizin." Bei diesen Worten deutete Mira auf die Purna. "Auch wenn Sie nicht genau dieselben Arbeitsgebiete haben, wäre das sicher nicht schlecht"

Automatisch folgte Ysara dem Blick der jungen Frau und zwinkerte irritiert, als sie erkannte, dass die gefiederte Humanoide gemeint war, die vor kurzem den Raum betreten hatte. Sie kannte die Spezies nicht, aber der Federkamm wirkte beeindruckend animalisch. Und so etwas ließ man hier auf die Krankenstation los?

Sie wandte sich wieder Miss Renault zu, die all ihre Befürchtungen mit der Bestätigung, dass ein Psychologe gebraucht würde, noch einmal wachsen hatte lassen. Eigentlich hatte sie darauf gehofft, ihre eher bescheidenen Fähigkeiten selten einsetzen zu müssen.

"Dann werde ich mich wohl an Dr. Fakaii wenden." Freundlich nickte sie ihrem Gegenüber noch einmal zu, bevor sie ihre Tasche schulterte und hinüber zur Ärztin ging.

Mirabelle blickte der davongehenden Psychologin nach und beobachtete das weitere Geschehen. Aufgrund der Körpersprache von Miss Jefferson und der Purna meinte sie zu erkennen, dass sie sich beiden nicht gerade sympathisch waren.

Die Französin hoffte, dass das nicht von Dauer war. Immerhin konnte man sich auf diesem Schiff persönliche Feindschaften nicht leisten. Und schon gar nicht, wenn man so wie die beiden räumlich zusammenarbeiten musste.

Mira stand ein wenig verloren im Raum. Anjol hatte sie hierher bestellt, nur um dann einfach wieder zu verschwinden, ohne ihr zu sagen, warum. Das gefiel ihr nicht. Sie blickte sich weiterhin im Frachtraum um, der sich schon ein klein wenig geleert hatte und nahm sich vor, sich abends erst einmal einige Lebensläufe der Neuen durchzulesen...

--- Frachtraum 2, beim Eingang

Skeptisch kam Ysara vor ihr zum Stehen und begrüßte die Ärztin: "Schönen guten Tag, Miss Fakaii. Mein Name ist Ysara Jefferson; ich bin die neue Psychologin. Mir wurde gesagt, Sie wüssten, wohin ich mich jetzt wenden muss?"

Verwundert betrachtete Cailin die Psychologin. Hatte sie gehofft Unterstützung in ihrer Sorge um das geistige Wohl der Mannschaft zu erhalten, so wurde diese Hoffnung durch den zweiten Eindruck dieser Frau empfindlich getrübt.

Aufgrund der Erfahrungen, die sie bisher im Umgang mit Menschen machen konnte, fühlte sie sofort die Zurückhaltung und Kälte, die ihr entgegen schlug. Die gleiche Reaktion, die manche Leute aus ihr unerfindlichen Gründen Ärzten entgegenbrachten, die ihnen helfen wollten.

Automatisch legte sich ihr Kamm zusammen und ihre Federn legten sich dicht an ihren Kopf. "Es freut mich Sie kennen zu lernen, Miss Jefferson", meinte Cailin und verzichtete darauf ihrem Gegenüber die Hand zu reichen, dass seine Abneigung schon durch den Abstand bewiesen hatte. "Wir werden wohl näher zusammenarbeiten und uns auch in Zukunft öfter sehen. Immerhin liegt Ihr Büro auf der Krankenstation.

Wenn Sie möchten, dann können Sie mich anschließend auf die Station begleiten." Der Blick der Purna wanderte über die Menschenmenge. "Ich habe aber noch einen gewissen Mister Jones hier abzuholen. Dann können wir gerne gehen."

Ysara nickte und entlockte sich ihr bestes Lächeln, nachdem der eher sanfte Tonfall der Ärztin ihre vorherige Vorsicht schwinden hatte lassen.

"Das wäre nett. Ich bin ihm ein- oder zweimal begegnet - Jones, meine ich", erwiderte sie und streckte sich ein wenig, um die Anwesenden zu überblicken, die sich mittlerweile in alle Richtungen verstreuten.

Schließlich wandte sie sich wieder Cailin zu. "Allerdings kann ich ihn nirgends sehen." Wie um sich zu entschuldigen zuckte sie mit den Achseln. "Sind Sie sicher, dass er sich bereits auf dem Schiff befindet?"

Sie hätte kein Problem damit, den Raum zu verlassen, damit sie ein wenig vom Schiff sehen und sich einen besseren Eindruck verschaffen konnte. Schließlich wusste sie immer noch nicht, was sie eigentlich erwartete.

"Wenn sich die restlichen neuen Crew-Mitglieder auch an Bord befinden, dann muss dieser Jones auch hier sein. Der bajoranische Frachter beamt die Leute erst am Ende der...", Cailin stockte und wusste nicht so recht, wie sie zu dieser Art Handel mit lebenden Objekten sagen sollte, "...am Ende des Tauschhandels an Bord und müsste sich deshalb schon wieder auf dem Rückflug befinden."

Suchend blickte sie in die Menge, doch niemand zeigte Anzeichen auf sie zuzutreten. Der Sanitäter schien sich tatsächlich nicht im Frachtraum zu befinden. "Ich bin angewiesen worden die Verstärkung für die Medizin hier abzuholen und werde wohl besser hier auf ihn warten. Es würde keinen guten Eindruck machen, wenn ich meine Aufgabe vernachlässige und jetzt eine Schiffsführung mit Ihnen mache."

Nachdenklich betrachtete sie die Psychologin, deren Kühle ein wenig gewichen war, wenn man ihrem Lächeln vertrauen konnte. Die Purna war zunehmend verwirrt von ihrer Art. Zuerst abweisend und kühl und jetzt anscheinend freundlich. War man doch auf Venderat zu jedem freundlich und offen bis man eines besseren belehrt wurde. Ihr Gesicht verdüsterte sich etwas bei diesen Gedanken.

"Ich kann aber verstehen, wenn Sie schon Ihr Quartier aufsuchen möchten um Ihr Gepäck abzustellen und sich etwas frisch zu machen. Wenn Sie nicht mit mir warten möchten, vielleicht...", ihr Blick fiel auf die neue Sicherheitlerin, die nach dem Abgang der Kolonisten einfach bei ihnen geblieben war, "könnte Sie Miss Renault zu Ihrem Quartier begleiten. Sie scheint ohnehin gerade auch jemand abzuholen.

Natürlich können Sie sich auch jederzeit selbst frei auf dem Schiff bewegen", fügte sie hinzu, als ihr auffiel, dass es nach einer Überwachung und Misstrauen gegenüber der Neuen klang. "Der Schiffsplan des Computers wird Sie zielsicher führen."

--- Schiffsbar

Zufrieden betrachtete eCroft das gerade aufgehängte Namensschild am Eingang der Bar. Seiner Bar. In einem kräftigem Rot leuchteten verwoben aussehende Buchstaben auf dem dunklen Hintergrund und bildeten den Namen "Zum tanzenden Liebesdiener". Er konnte es kaum glauben, aber die letzten beiden Wochen hatten sein Leben grundlegend verändert.

Nachdem er zunächst friedlich auf Kital gelebt hatte, die schmerzvollen Erinnerungen an seine Schwester beinahe verschwanden, waren die Romulaner gekommen und hatten all seine Hoffnung zerstört. Doch zum Glück wurden sie von der Venture gerettet.

Jetzt war er hier! Keine sieben Tage waren seit dem Gespräch mit Captain McCarthy vergangen. Prinzipientreuer Mann, etwas zu fanatisch und mit einem gestörtem Verhältnis zu Frauen.

Ja, die Frauen...

Als eCroft noch ein Mensch gewesen war, keine kybernetisches Wesen wie jetzt, hatte er sie alle gehabt. Sein Charme war berühmt gewesen. Die Liste seiner Eroberungen lang. Aber jetzt war er ein Androide. Ohne Geschlecht.

Aber der Verstand Crofts war bewahrt geblieben. Irgendwo in dem Elektronengehirn war alles untergekommen, was James Croft ausgemacht hatte!

'Blonde, Rothaarige, Brünette', er würde sie wohl immer lieben.

Ruckartig fixierte eCroft seine Wahrnehmung wieder auf seinen vorherigen Gedanken. Das Thema Frauen führte relativ oft zu einer Endlosschleife in seinem Speicher...

Auf jeden Fall hatte er McCarthy gefragt, ob er nicht die bisher lustlos und öde wirkende Schiffsmesse übernehmen könnte. Beim Erwähnen von Alkohol schien dem Captain zwar merkwürdig anders geworden zu sein, aber letztlich stimmte er zu, während er die Entscheidung durch eine "Steigerung der Mannschaftsmoral" begründete.

Immer noch glücklich und zufrieden trat eCroft schließlich einen Schritt zurück, um dann die für die kleine Renovierung geschlossene Bar wieder zu eröffnen. Surrend entriegelte sich das Schloss, während der Androide sich hinter die glänzende Theke stellte.

"Dann kann es ja losgehen!", brachte er fröhlich hervor.

--- Frachtraum 2, in der Mitte

Während Mira sich noch im Raum umblickte und bemerkte, dass die Dunkelhäutige, mit der sie sich noch kurz vorher unterhalten hatte, sich in Richtung Ausgang zu wenden schien, piepste ihr Communicator.

"Hisaki an Renault", erklang die ruhige Stimme des asiatischen Sicherheitschefs. Nachdem die Französin bestätigt hatte, fuhr er fort: "Ich habe soeben erfahren, dass wir auch Verstärkung für die Sicherheit bekommen haben. Ein Andrzej Kravczuk ist an Bord gekommen, es wäre nett, wenn Sie für seine Einweisung sorgen könnten. Hisaki Ende."

Erleichterung über die Abwechslung machte sich in Mira breit. Endlich bekam sie auch etwas zu tun. Sie trat einige Schritte auf die Neuankömmlinge zu, die sich in der Zwischenzeit schon ein wenig in der Anzahl verringert hatten. Oder sich zumindest ein wenig im Raum verteilt hatten, so dass sie nicht mehr wie eine Traube im Raum standen.

Die zierliche Französin erhob ihre Stimme über das Gewirr anderer Stimmen, um sich Gehör zu verschaffen. "Ich suche einen Monsieur Kravczuk!" übertönte sie alle anderen, was ihr etliche erstaunte Blicke einbrachte, denn eine solche Stimmgewalt hatte ihr wohl niemand zugetraut. Mirabelle schmunzelte in sich hinein.

Ein schwarzhaariger Mann löste sich von den anderen. Er war hochgewachsen, breitschultrig und respekteinflößend. Also genau richtig in der Sicherheitsabteilung! Er trug einen schwer aussehenden Seesack geschultert, als handelte es sich um ein leichtes Stück Stoff und nicht eine prall gefüllte Tasche. Erstaunt bemerkte Mira, dass es sich tatsächlich um einen Seesack handelte, angefertigt nach einem alten terranischen Muster. So etwas sah man heutzutage selten.

"Ich bin Andrzej Kravczuk", stellte sich der Mann vor, als er vor der Französin halt machte. Diese blickte zu ihm auf und hieß ihn willkommen an Bord der Venture. "Wenn Sie möchten, zeige ich Ihnen Ihr Quartier und den Rest des Schiffes, so dass Sie sich mit Ihrer Arbeitsstätte vertraut machen können, Monsieur", schlug Mira dem Neuankömmling vor.

"Danke, das ist eine gute Idee", antwortete der Mann mit einem harten Akzent in der Stimme, den Mira sogleich als polnisch einordnete.

--- Gänge Deck 5

"Ähm nein", entgegnete Isweda, der bisher schweigend, aber mit wachem Blick neben dem Romulaner hergegangen war.

--- Gänge Deck 5, Terminal

Da ein Terminal, dessen Konfiguration sein Interesse geweckt hatte, noch immer fest im Blick von Kuno lag, ergriff er die Initiative, legte die zwei Schritte zum Display zurück und erwiderte:

"Wenn ich bereits ein Quartier zugeteilt bekommen habe, dann sollte es doch sicherlich in der Datenbank vermerk sein!"

Die feingliedrigen Finger des Halbasiaten huschten über die Tafel. Kuno bewunderte die Konfiguration, die selbst einem Ungeübten eine schnelle Abfrage erlaubt. Es war hier alles wirklich wesentlich moderner und besser gepflegt als auf dem kleinen Frachter, den Isweda vor kurzem verlassen hatte.

"Sehen Sie, hier", Kuno deutete auf die Quartiersübersicht, die er aufgerufen hatte, drehte seinen Kopf leicht in Richtung des Romulaners und sprang mit einem "Argh!" zurück.

"Verdammt!" Sprudelte es aus Isweda heraus, "Sie sind ja noch leiser wie dieser Möchte-gern-Vulkanier Clint!"

Alnak hatte sich Isweda genähert, ohne das Kuno es bemerkt hatte und sich fast unmittelbar hinter ihn gestellt, was deutlich zuwenig für die Fluchtdistanz des Asiaten war!

Schnell warf Yhea einen Blick auf die Anzeige und merkte sich die Quartiernummer, die Kuno zugewiesen wurde. Erst dann machte er einen Schritt zurück und schaute seinem Gegenüber ins Gesicht. Erkannte er da ein kurzes Aufflackern von Angst in seinen Augen?

Doch bevor die Situation peinlich wurde, drehte sich der Romulaner um und ging auf den Turbolift zu. "So, dann machen wir uns mal auf den Weg nach Deck 3", sagte er und drückte auf die Ruftaste des Liftes. Gerade als Kuno mit geschulterter Tasche neben ihm zum Stehen kam, da öffneten sich auch schon die Lifttüren.

--- Deck 3, vor Kunos Quartier

Schweigsam waren sie nebeneinander durch die Gänge gegangen, bis Yhea mit einem Ruck vor der Quartiertür zum Stehen kam. Beinahe wäre Kuno mit ihm zusammengestoßen, doch dieser konnte sich gerade noch fangen. Anscheinend war er so fasziniert von dem Schiff, dass er nicht aufgepasst hatte.

Dem Romulaner war schon seit dem Verlassen des Frachtraumes aufgefallen, dass sich Mr. Isweda ständig interessiert umschaute. Mit einem schnellen Tastenklick öffnete er die Tür und zeigte mit der Hand in das Zimmer.

"So, bitte schön. Ihr Quartier. Ich hoffe es gefällt Ihnen", sagte er, blieb noch kurz am Eingang stehen und verabschiedete sich mit den Worten:

"Ihren Dienstplan können Sie vom Computer erfahren. Ich lasse Sie erst mal alleine, Sie wollen sicher Ihr neues Quartier einrichten und sich mit den Dienstplänen vertraut machen. Ich erwarte Sie dann Pünktlich zum Dienstantritt im Hauptmaschinenraum!"

Mit einem Nicken verabschiedete sich der Romulaner entgültig und verließ dann das Quartier.

--- Maschinenraum

Gut gelaunt betrat Yhea den Maschinenraum und schaute sich um. Gähnende Leere starrte ihm entgegen. Angestrengt spitzte der Romulaner seine Ohren; doch er hörte nur den normalen Geräuschpegel des Maschinenraums.

"Hallo, wo seid ihr denn alle?", rief er in den großen Raum hinein, doch keiner antwortete ihm.

Angestrengt überlegte er, wo Robsen und Hedlege wohl sein könnten, als ihm auf einem Terminal ein blinkendes Lämpchen auffiel. Sofort ging er dort hin und erkannte, dass jemand eine Nachricht für ihn hinterlegt hatte. Er rief sie auf und fing an zu lesen.

'Aha, Robsen und Hedlege sind zusammen die vorderen Sensoren am warten', dachte er und grinste. 'Die zwei sind auch unzertrennlich. Na ja, wenn sie weiter so arbeiten wie bisher, dann soll mich das nicht stören.'

Er löschte die Nachricht, holte sich einen Kaffee und setzte sich dann in sein kleines Büro.

--- Maschinenraum, Yhea's Büro

Langsam ließ er sich in seinen Sessel fallen und stellte die Tasse auf den Tisch. Gähnend rieb er sich die Schläfen und dachte an die vergangenen Tage.

Er war froh, das heillose Chaos hinter sich zu haben. Die ganzen Kolonisten und die zeitraubenden und anstrengenden Reparaturen. Doch jetzt war wieder alles in Ordnung. Die Venture war wieder voll einsatzbereit, soweit man das eben ohne Raumdock bewerkstelligen konnte, und im Maschinenraum war es merklich ruhiger geworden.

Auf der To-Do-Liste standen nur noch ein paar kleine Wartungsarbeiten, die von Jimmy und Robin erledigt wurden. Alex hatte sich für heute und morgen frei genommen, um sich ein wenig von den Strapazen zu erholen und er selbst..?

Yhea überlegte kurz. Ja, was hatte er eigentlich noch zu tun. Wenn man es logisch betrachtete... im Moment eigentlich nichts.

Gemütlich legte er sich in seinem Sessel zurück, nahm seine Tasse von seinem Schreibtisch und schloss die Augen. Ein bisschen Ruhe würde ihm auch gut tun.

--- Frachtraum 1

Es war wieder einmal so ein Tag. Ein Tag, der schlecht anfing, sich lange hinzog und scheinbar gar nicht endete. Noch vor kurzem befand sich Jones auf der Ivory, einem alten, bajoranischem Kahn. Es war einer dieser "mangelnde alternativen Jobs" gewesen, aber der Texaner hatte sich schon auf weitaus schlimmeren Spacedusters zurechtgefunden.

Dann sprach auf einmal jeder von der Venture. Captain Monserat hatte durchsickern lassen, dass er den bewährten Crewmitgliedern einen guten Job verschaffen konnte. 'Klingt gut', hatte sich Jones gedacht. Es musste an dem Ganzen einen Haken geben, ganz klar. Nachdem er aber Martengh negativ aufgefallen war, und er wusste wirklich nicht, was dieser paranoide Caldonier gegen ihn hatte, musste er das Schiff so schnell wie möglich verlassen.

Bei der Einweisung auf der Ivory für das neue Schiff erschien er mit ein wenig Verspätung. Der Schwarzhaarige hatte sich für alle Bereiche eingetragen und für den medizinischen Bereich eine positive Rückmeldung bekommen. Ein paar Tage später flogen sie das neue Schiff an und beamten an Bord.

Hier saß er nun auf einer Metallkiste in einem klinisch sauberen Frachtraum, ganz alleine. Selbstreinigende Systeme waren schon etwas Praktisches, wenn auch Kostspieliges, und sie kamen fast nur auf Sternenflottenschiffen zum Einsatz. Der große Raum war menschenleer, allerdings randvoll mit allerlei Fracht, die scheinbar teilweise von der Ivory übernommen wurde.

Langsam wurde das ganze lächerlich. Soweit Jones sich erinnern konnte, war von einem Empfang mit Einweisung die Rede gewesen. Energisch stand er auf und hielt auf den Haupteingang zu.

Ein Uniformierter trat plötzlich ein, und als er den robusten Texaner auf sich zustürmen sah, zog er unwillkürlich seinen Phaser. "Was haben Sie hier zu suchen?", bellte er ihn an.

Jones blieb überrascht stehen. Dann hob er lässig die Hände und grinste seinen Gegenüber an. "Ganz ruhig, Amigo. Ist das der versprochene Empfang auf diesem Schiff?"

Der Uniformierte musterte den stämmigen Texaner mit zugekniffenen Augen, lies aber schließlich seinen Phaser sinken. Er öffnete das Haupttor und wies mit der Hand nach links in den Gang. "Die Neuen werden normalerweise in Frachtraum 2 eingewiesen. Beeil dich, sonst kommst du zu spät und die Abteilungsleiter gehen ohne dich."

Und murmelnd fügte er hinzu: "Manchmal glaube ich, die meisten von euch wissen gar nicht, worauf sie sich einlassen..."

Diesen Kommentar nicht weiter beachtend reichte der Texaner dem Uniformierten die Hand. "Jones", sagte er kameradschaftlich.

"Teo Santana. Die Leute nennen mich San. Geh einfach den Gang geradeaus. Frachtraum 2 ist nicht zu verfehlen", antwortete dieser nun weitaus freundlicher. Jones folgte der Wegbeschreibung.

--- Frachtraum 2, Eingang

Das Tor des Frachtraum glitt zur Seite und der Anblick, der sich Jones bot, war ein ganz anderer als im ersten Frachtraum. Überall standen Menschen, ein bunter Haufen mit einigen Exoten. Beispielsweise Clint, der grünhäutige Sonderling von dem behauptet wurde, er flirte mit dem Schiffscomputer.

Er erkannte auch einige weitere bekannte Gesichter von der Ivory. Nicht weit vor ihm stand beispielsweise die gutaussehende Ysara, leider war sie ziemlich kühl für eine Psychologin. Sie unterhielt sich gerade mit einer sehr ungewöhnlichen Frau.

Jones hatte schon viele Wesen gesehen, aber diese hier übertraf alles. "Wow, Federn!", entfuhr es ihm unwillkürlich. Im nächsten Moment hoffte er das seine Worte im Redeschwall der anderen untergegangen war, jedenfalls schien es so.

Nachdenklich kratzte er sich am Kinn, sein Stuppelbart nervte ihn wieder. Kurzerhand kam er auf Ysara und die Vogelfrau zu, entschuldigte sich bei dieser mit einem kurzen "Lady" für die Unterbrechung und sprach Ysara an: "Howdi, weist du zufällig, ob ich schon aufgerufen worden bin? Ich kam dummerweise im falschen Frachtraum raus."

Gemächlich wandte sich Ysara dem Neuankömmling zu und hob abschätzend die Augenbrauen. Ihre Bekanntschaft mit ihm ging über ein kurzes "Guten Morgen" dann und wann nicht hinaus und dass sie miteinander per du sein sollten, war ihr neu. Wahrscheinlich hatte der Umgang mit Shalley, der Krankenschwester auf der Ivory, ihn verdorben.

"Du" Sie betonte das Wort leicht, obwohl sie bezweifelte, dass es dem Mann auffiel. "wirst sogar schon eine ganze Weile gesucht. Das ist Miss Fakaii", stellte sie die Purna kurz vor. "Sie leitet die Krankenstation."

Sie überlegte kurz, ob sie nun ihr Quartier aufsuchen sollte, entschloss sich aber dann, lieber den beiden zu folgen und sich ihren Arbeitsplatz anzusehen.

Die Purna nickte dem neu aufgetauchten Mann leicht zu, als sie ihm vorgestellt wurde, obwohl sie noch immer keine Ahnung hatte um wen es sich dabei handelte. Er machte auf sie einen ziemlich nachlässigen Eindruck auf sie, was teilweise an seinem unrasierten Gesicht und seiner Frisur lag, da er wirkte, als sei er gerade erst aufgestanden und hätte keine Zeit mehr gehabt sich zu waschen und rasieren.

Aber auch Jeffersons Reaktion gab ihr zu denken. Die Ärztin konnte Abneigung in ihrem Verhalten spüren, dabei sollte eine Psychologin der Crew doch immer völlig wertfrei entgegentreten. Dazu kam noch, dass gute Sitten bei ihr nicht viel gelten zu schienen, weshalb diese Jefferson sogar verabsäumt hatte, ihr den Mann vorzustellen.

Abwartend sah die Purna nun zu dem Schwarzhaarigen und wartete, ob dieser sich vorstellen wollte oder sonst noch etwas zu sagen hatte, den sich in seiner Gegenwart weiter zu unterhalten, als wäre er nicht vorhanden fand sie zu unhöflich.

Überrascht schaute Jones zu seiner neuen Chefin. Ihre großen runden Augen ließen sie aussehen als sei sie ständig überrascht oder erschrocken. Ysara bestätigte wieder den ersten Eindruck den er von ihr hatte: Kühl, distanziert, und sie schien ständig irgendwelchen misstrauischen Gedanken nachzuhängen, die sie mit seltsam anspielendem Tonfall in ihren Äußerungen zum Ausdruck brachte. 'So scheinen viele Psychologen zu enden', dachte er bei sich, 'muss am Job liegen'

Er schenkte der dunkelhäutigen Terranerin ein Lächeln und reichte seiner neuen Chefin die Hand. "Na dann Madam, was gibt es auf diesem Schiff eigentlich als Ärztin so zu tun?", fragte er, wobei er herzhaft gähnen musste. Dann schaute er auf seine Hand runter und fragte sich, ob die Vogelfrau diese Geste kannte. 'Naja, wenn sie länger mit Terranern zu tun hatte, wird sie's gelernt haben'

Eigentlich bereitete er sich auf eine gemütliche Zeit vor: Allergien, Grippe, höchstens ein paar Knochenbrüche. Schließlich war das ein Sternenflottenschiff, wenn es auch im privatem Besitzt zu sein schien, da man sonst keine beliebigen Zivilisten anstellen würde. Tatsächlich wusste er nicht was es mit diesem Schiff auf sich hatte, er hatte ja die Besprechung auf der Ivory mit Verspätung erreicht.

'Und wo bei allen Planeten bin ich eigentlich?!', fragte er sich und kratzte sich am Hinterkopf. Die letzten 90 Lichtjahre über hatte er die Übersicht verloren, und sich nicht wesentlich für Bestimmungsorte und Reiserouten interessiert. "Mein Name ist übrigens Jones Abraham, aber nennen sie mich ruhig Jones. Miss ... Fakaii?"

"Mister... Jones...", wiederholte Cailin nachdenklich und versuchte ihre Überraschung zu verbergen, dass gerade dieser Mann in ihrer Abteilung würde arbeiten müssen.

Die Purna zögerte seine Hand zu ergreifen, die er ihr zweifelsohne zum Händedruck reichte, auch wenn es für einen Moment den Anschein hatte, als würde er sich seine Handinnenfläche besehen, ob er auch sie zu waschen vergessen hatte. Zum einen war es eine sehr unhygienische Art terranischer Kontaktaufnahme, bei der jede Menge Keime den Besitzer wechselten, zum anderen zeigte ihr Gegenüber deutliche Langweile und nicht wirkliches Interesse an seiner Arbeit.

Aufgrund ihrer freundlichen Natur und der Tatsache, dass es sich um eine Höflichkeitsfloskel handelte, überging sie ihre Bedenken und reichte ihm die Hand, die er dann auch ungestüm schüttelte. Der Gedanke, dass er mit ihren Patienten auch so umspringen würde, gefiel ihr gar nicht.

Trotz ihrer auftauchenden Bedenken, besann sie sich auf seine Frage und antwortete freundlich lächelnd: "Für eine Ärztin ist an diesem Schiff immer eine Menge zu tun. Wir hatten erst vor kurzem tausende Kolonisten an Bord, die wir in eine neue Heimat bringen mussten, da ihr alter Planet durch eine Naturkatastrophe unbewohnbar wurde. Leider konnten wir sie nicht ausreichend schützen und unzählige starben oder wurden schwer verletzt. Wir hatten sehr viel zu tun..." Durch das Wort wir wurden wieder Erinnerungen an Catriona in ihr wach, doch sie verdrängte sie.

Augenblicklich strafften sich wieder ihre Schultern und sie kam ihren beiden Gegenübern zuvor, noch bevor sie etwas zu ihrer Geschichte sagen konnten. "Da wir jetzt vollzählig wären, könnten wir eigentlich gleich Ihre neuen Arbeitsplätze aufsuchen. Oder was meinen Sie?" Fragend sah die Ärztin von Jones zu Jefferson.

Während Cailin sprach, hatte Ysara eine düstere Vorahnung befallen. Sie sah sich bereits auf einer völlig demolierten Venture, die sich eine Heldentat zu viel zugemutet hatte, zwischen hunderten verängstigten Flüchtlingen herumrennen und schreiende Kinder beruhigen.

Als die Ärztin das Thema wechselte, atmete sie innerlich auf und ging gerne darauf ein, bevor sie sich entschließen konnte, wieder fluchtartig zu verschwinden.

"Von mir aus sehr gerne. Ich bin schon gespannt darauf, wie der Rest des Schiffs aussieht", willigte sie ein.

Das stimmte zwar nicht direkt - sie konnte einen Schiffstyp nicht vom anderen unterscheiden, und für sie sahen alle Föderationsmodelle innen gleich aus. Aber ein guter Psychologe musste die Wahrheit verdrehen können, beschloss sie mit einem heimlichen Grinsen, das sie in ein freundliches Lächeln verwandelte, als die Purna sie ansah.

'Tausende Kolonisten, Katastrophen, Tod ? Heiliger Sternendreck, ich bin auf einem Sanitätsschiff! Also doch Föderation, wahrscheinlich bin ich mitten in einem Katastrophengebiet und die Leute hier stellen Zivillisten als Aushilfskräfte an, weil ihnen nichts anderes übrig bleibt', dachte der Texaner bestürzt, 'Prima Cowboy, gut gemacht. Mit der bajoranischen Konservendose von einem Frachter wärst du besser bedient gewesen'

Jones beschloss, nicht weiter nachzufragen, der Vogelfrau schien das Thema unangenehm zu sein, kein Wunder. Der Schwarzhaarige war sich sicher, dass er bald, ziemlich bald sogar wie er mit einem Grinsen feststellte, alles Notwendige erfahren würde.

"Die neuen Arbeitsplätze, klingt interessant", meinte er mit lauerndem Tonfall. Sein neunter Sinn hatte sich gerade gemeldet. Er konnte die Präsenz einer verteufelt guten Bar an Bord dieses Schiffes beinah körperlich spüren. Bei diesem Gedanken musste er wieder grinsen und mit guter Laune fügte er hinzu: "Allerdings müssen Sie mir versprechen, mit mir die Schiffsbar zu besuchen. Wir drei ...", dabei sah er zu Ysara. "... werden in Zukunft wohl beruflich viel Zeit miteinander verbringen. Da wäre es doch nicht schlecht sich erst mal etwas kennen zu lernen, right?"

Das Lächeln von der Frau mit dem seltsam gewundenen Haar war ja noch freundlich gewesen, aber das Grinsen des Mannes, der sich Jones nannte, erschien Cailin sehr eigenartig. Noch eigenartiger war die Assoziation seiner Gedanken, die ihn von "neuen Arbeitsplatz" gleich an die "Schiffsbar" denken ließ.

"Ich besuche die Schiffsbar nur in meiner Freizeit und dann suche ich mir meine Tischpartner selbst aus", sagte die Purna schlicht ohne auch nur im Entferntesten daran zu denken, vielleicht unhöflich zu sein, während die Federn ihres Kammes sich unwohl aufrauten und wieder glatt strichen, und fügte noch hinzu:

"Auch sehe ich keinen Grund Ihnen zu versprechen, mit Ihnen die Schiffsbar zu besuchen, nur damit Sie Ihren neuen Arbeitsplatz aufsuchen. Falls Sie irgendwelche zusätzlichen Gegenleistungen für Ihre Arbeitskraft verlangen, dann wenden Sie sich mit diesem Wunsch bitte an Anjol."

Damit drehte sich die Ärztin um und trat auf die Tür zu, die sich daraufhin zischend öffnete. "Wenn Sie mir bitte zur Krankenstation folgen würden..."

--- Deck 5, auf dem Weg zum Turbolift

Auf dem Weg zum Turbolift gab es nicht viel zu sehen, als andere Lagerräume, deren Nummern man ohnehin an den Türen ablesen konnte. Also schwieg Cailin und versank in ihren Gedanken. Falls jemand etwas wissen wollte, dann würde er sicher fragen.

'Gegenleistung?! Was bildete sich diese Glucke den ein?', dachte Jones erbost, 'Entweder diese Vogelmenschen sind eine furchtbar verklemmte Kultur oder diese Cailin gehört zu diesen Sternenflotten Karrieretypen'

Mit energischen Schritten folgte er der Vogelfrau und suchte nach den richtigen Worten. Oh ja, er würde ihr ganz gehörig die Meinung sagen. Die Zeiten, in denen man sich vor einem Chef achtsam zurückhielt, waren seit Jahrhunderten vorbei, und Abraham Jones würde in keiner Zeitepoche zu denen gehören, die ihren Mund hielten.

Als er Cailin einholte, stellte er sie zur Rede: "Hören Sie mal, Lady. Es gibt keinen Grund, unfreundlich zu werden. Ich wollte lediglich eine angenehme Arbeitsatmosphäre für den Anfang schaffen. Wenn Sie sich durch mein Angebot in irgend einer Weise angegriffen fühlen, so tut mir das Leid. Ich pflege zu den Leuten, mit denen ich arbeite, ein lockeres, freundschaftliches Verhältnis. Schließlich gehöre ich keiner paramilitärischen Organisation wie der Sternenflotte an und ich kann mich nicht erinnern, dass sich dies durch den Arbeitsvertrag, den ich hier unterzeichnet habe, geändert hätte!"

Für einen kurzen Augenblick hielt er inne. Vielleicht würde er sich die Beziehung zu seiner neuen Chefin gleich zu Anfang verderben, aber so standen die Fronten wenigstens gleich fest und eine herablassende Behandlung brachte ihn immer auf die Palme.

"Allerdings ...", sprach diesmal mit freundlicherem Tonfall und einem texanischem Grinsen im Gesicht weiter,"... falls wir uns einfach missverstanden haben, besteht mein Angebot weiterhin. Und dass es nur für die Freizeit gilt, versteht sich natürlich von selbst."

Verwundert blickte Cailin den Sanitäter an. Sie konnte immer noch nicht die Gedankengänge von Terranern nachvollziehen. Besonders was ihre Form zwischenmenschlicher Beziehungen betraf.

"Ich bin nicht unfreundlich gewesen. Jedenfalls lag es nicht in meiner Absicht. Es kam mir lediglich so vor, als würden Sie den Besuch Ihres Arbeitsplatzes mit der Auflage verknüpfen, dass wir mit Ihnen in die Bar gehen. Das ist es doch was man normalerweise mit MUSS bezeichnet. Ein Befehl oder eine Pflicht. Und ich wollte lediglich zum Ausdruck bringen, dass ich meine Freizeit selbst einzuteilen pflege." Es erschien der Purna, als würde sich das Gesicht des schwarzhaarigen Mannes zunehmend verfinstern.

"Ich will damit nicht sagen, dass ich etwas gegen einen Barbesuch mit Ihnen beiden einzuwenden habe oder Sie nicht schätze, aber ich bin die einzige Ärztin hier an Bord. Es liegt sehr viel Arbeit auf der Krankenstation an und dazu habe ich rund um die Uhr Bereitschaftsdienst. Die wenige Freizeit, die mir bleibt, die kann ich nicht für terranische Sitten aufwenden und ich möchte für diese Zeit die Krankenstation einfach hinter mir lassen."

Entgegen ihrer sonstigen Offenheit verschwieg die Ärztin, dass sie nicht noch einmal den Fehler begehen wollte, einen zu engen Kontakt mit einem Mitarbeiter ihrer Station zu pflegen. Sich tagaus tagein zu sehen, die Freizeit mit einander zu verbringen, eine Freundschaft zu knüpfen und ihn dann zu verlieren, das hinterließ ein großes Loch, von welchem sie sich noch immer nicht erholt hatte.

Dazu kam, dass alles auf der Station sie an Catriona erinnerte und sie sich täglich dieser Erinnerung stellen musste...

Die Psychologin hatte sich bisher still verhalten. Wie sie das hasste. Diese Meinungsverschiedenheiten unter Crewmitgliedern, von denen jeder glaubte, dass sie unter ihren Aufgabenbereich fielen. Davon abgesehen, dass sie nicht gleich nach zehn Minuten auf diesem Schiff einem mittelschweren Streit beiwohnen wollte.

Es sah zwar nicht so aus, als sei ihre Hilfe vonnöten, aber sie beschloss dennoch, sich mal wieder zu Wort zu melden.

"Sie sind die einzige Ärztin hier?", wandte sie sich dann doch ehrlich erstaunt an Cailin. "Das muss ja ein immenser Arbeitsaufwand sein. Ein Glück, dass Sie jetzt zumindest Jones als Verstärkung bekommen haben."

Innerlich stellte sie sich bereits darauf ein, zukünftig des öfteren auf der Krankenstation aushelfen zu müssen. So ganz missfiel ihr das nicht, denn nach dem, was sie bisher gesehen hatte, war diese Ärztin weder streitsüchtig noch arrogant, und auf der Ivory hatte sie sich an eine breite Interpretation ihres Aufgabengebiets gewöhnt.

"Hier lang?", fügte sie dann noch hinzu und wies auf einen Turbolift.

Alles hätte Jones von der Ärztin erwartet, aber dieser nüchterne Vortrag hätte einer Vulkanierin alle Ehre gemacht. Die Vogelfrau bemühte sich anscheinend verzweifelt darum, sachlich zu bleiben. Ob das eine Eigenart ihrer Leute war? Irgendwie bezweifelte er das. Sein da-steckt-doch-mehr-dahinter-Sinn warnte ihn davor, die Sache jetzt weiter zu verfolgen, ganz abgesehen davon, dass er viel zu erledigt war um sich jetzt noch mit seiner neuen Chefin zu beschäftigen.

So nahm er Ysaras Eingreifen wahr um das Gespräch als beendet zu betrachten. Innerlich dankte er der Psychologin, er wollte diese Einweisung in seinen zukünftigen Aufgabenbereich so schnell wie möglich hinter sich bringen. Danach würde er sofort sein Quartier aufsuchen und sich für viele Stunden aufs Ohr legen. Nun gut, vielleicht würde er für ein paar Minuten in der Bar vorbeischauen, aber dann musste er endlich schlafen, das hatte er nötig.

Gähnend folgte er den beiden Frauen in den Turbolift.

--- Turbolift

Ohne weiter Worte zu verlieren war die kleine Gruppe in den Turbolift gestiegen und Cailin befahl mit ruhiger Stimme: "Deck 3" Dabei streifte ihr Blick ihre beiden Begleiter, ohne aber den Eindruck zu erwecken, sie zu mustern.

Obwohl die Purna gerne Leute um sich hatte - je mehr desto besser - fühlte sie sich nicht ganz wohl in der Gesellschaft der beiden, was zum Teil auch an dem vorher geführten Gespräch lag.

Zum Glück schien die Psychologin nicht daran interessiert zu sein, ihre Psyche zu deuten, wie sie es schon einmal bei Psychologen dieser Spezies erlebt hatte. Dr. Jeremias Haggert.

Er war Counselor der Venture gewesen, bevor sie abtrünnig geworden war. Das Mitgefühl für die Crew war sehr schnell verschwunden gewesen, als klar auf der Hand lag, dass dies alles andere als ein lohnender Job sein würde, sondern es eher ums Überleben ging. Da hatte er sehr schnell seine Verpflichtung gegenüber der Sternenflotte vorgeschoben um das Schiff zu verlassen.

Aber davor hatte er jede freie Minute dazu benutzt, um - wie es Cailin erschien - zu beweisen, dass die Spezies Mensch der Natur höchste Schöpfung war und alle anderen Spezies deutliche Mängel in Verhalten und Intelligenz aufwiesen. Der Kontakt zu ihm hatte die Ärztin schon fast glauben lassen, dass Menschen eine ebenso überhebliche Rasse wie Ferengi waren, die dachten, alles dem Profit beugen zu können und das Wort Ehre mit den Füssen traten.

Dann aber war Catriona gekommen und mit ihr die Erkenntnis, dass es auch andere Menschen gab. Selbstlose und ehrliche. Menschen, die keinen Unterschied in Rasse oder Geschlecht machen.

Es sei denn, es handelte sich um Engländer.

Unwillkürlich musste Cailin grinsen, als sie an diese Eigenart der Schottin zurück dachte. Es war eben niemand perfekt, wie ein terranisches Sprichwort so schön sagte.

Der Gedanke daran machte es ihr auch etwas leichter, kein Wort über den Sanitäter zu verlieren, der in seiner körperlichen Verfassung sicher keinen ihrer Patienten versorgen würde. So müde und unausgeschlafen wie er war.

Sie wurde aus ihren Gedanken gerissen, als sich die Lifttüren zischend öffneten. Da noch niemand das Schiff und somit auch den Weg kannte, stieg sie als erste aus. Die beiden anderen folgen ihrem Beispiel.

--- Deck 5, Gänge

Schweigend ging der Bajoraner den Gang hinunter. Was Clancy wohl wollte? Sie kannten sich schon länger. Clancy war ein zuverlässiger Kerl, intelligent und nett. Alles Gründe, weshalb Anjol gerade ihn zum Beschützer von Catriona und Cailin bestimmt hatte.

Vielleicht hatte er ja Probleme mit McCarthy oder diesem Querschädel Hisaki. Der kleine Japaner mit seinem überheblichen Getue hatte schon so manches Mannschaftsmitglied auf die Palme gebracht...

Plötzlich fiel ihm etwas ein und er blieb abrupt stehen.

"Scheiße, hab ich es schon wieder vergessen!", tadelte er sich selbst fluchend: Zuerst rief er Mira in den Frachtraum und vergaß dann ihr die Aufgabe mitzuteilen. Sie war aber auch unauffällig gewesen, was seine Nachlässigkeit aber nicht entschuldigte.

"Anjol an Renault. Können Sie frei sprechen?", kontaktierte Anjol sie.

--- Frachtraum 2, in der Mitte

Mit leichter Verwunderung registrierte Mirabelle den Anruf des Bajoraners. Erst ignorierte er sie, dann verschwand er einfach, nur um sie dann aus heiterem Himmel wieder zu kontaktieren.

Sie warf einen Blick auf den Polen, der verstehend nickte und sich einige Meter von ihr entfernte.

"Renault an Anjol. Kein Problem. Um was geht es?", fragte sie kurz und bündig.

--- Deck 5, Gänge

Zufrieden vernahm Anjol die Antwort der Terranerin. Dieser kleine Auftrag würde eine Art erste Bewährungsprobe werden, wobei Mira sicherlich keine Probleme haben würde.

"Erinnern Sie sich an diesen Clint - mittelgroß, komische Hautfarbe?! Irgendwas stimmt mit dem Burschen nicht. Es wäre gut, wenn er etwas beobachtet werden würde. Zeigen Sie ihm sein Quartier und die Labors. Vielleicht können Sie ja etwas herausfinden, was uns bisher entgangen ist", instruierte er Mira kurz und wartete auf eine Reaktion, "Ist noch irgend eine Frage offen?"

--- Frachtraum 2, in der Mitte

"Nein, Anjol, ich habe verstanden", antwortete die Französin nach kurzem Überlegen. "Ich werde mich darum kümmern. Renault Ende."

Mirabelle atmete tief durch, dann wandte sie sich wieder an ihren neuen Mitarbeiter, der sich ihr wieder genähert hatte, als er bemerkte, dass das Gespräch beendet war.

"Also dann, Monsieur Kravczuk, dann begleite ich Sie zu Ihrem Quartier", wandte sie sich an den Polen. 'Dabei kann ich gleich ein wenig die Augen offen halten, was diesen Clint angeht', dachte sie bei sich. Nur flüchtig hatte sie wahrgenommen, dass ein seltsam aussehender Mann etliche Minuten vorher den Raum verlassen hatte.

Falls das dieser Clint war, wusste sie wenigstens, wie er aussah. Aber da gab es ja auch noch die Akten der einzelnen Neuzugänge. Mirabelle war neugierig, ob Clints Akte irgendwelche Aufschlüsse über ihn geben würde - auch wenn sie es insgeheim bezweifelte.

Die Französin nickte ihrem Begleiter zu, daraufhin verließen die beiden den Frachtraum, der sich inzwischen schon fast komplett geleert hatte.

--- Frachtraum 2, an einer Konsole

Eine Weile hatte Clint vorgetäuscht, er studiere den Schiffplan an der Konsolenwand. Tatsächlich hatte er sich die Pläne für den Steamrunner-Schiffstyp schon lange zuvor eingeprägt. Natürlich glaubte er nicht wirklich, dass jeder seiner Schritte genau beobachtet wurde, und dass man auf derartige Kleinigkeiten achtete. Es würde keine Aufmerksamkeit erregnen, wenn er sich im Schiff sofort zurechtfand.

Aber er hatte gelernt, dass man auf einer Infiltrierungsmission nach dem Gesetz der maximalen Vorsicht arbeiten sollte. Wieder lastete der Grund für sein Hiersein schwer auf ihm. Seine vulkanische Logik sagte ihm, dass er seine Pflicht zu erfüllen hatte. Allerdings legte er die vulkanische Logik meistens so aus, dass sie ihm selbst die größte Sicherheit garantierte.

Hier war das anders. Nicht für seine eigenen Zwecke erfüllte er diese Mission, sondern auf einen Wunsch hin. Ein Wunsch, der nach vulkanischen Vorstellungen einem Befehl gleichkam. Es fiel Außenstehenden oft schwer die Sitten und Traditionen der Vulkanier zu verstehen. Der Respekt vor den Eltern war ein wichtiger Teil dieser Traditionen, ein Teil, den alle Vulkanier sehr Ernst nahmen.

Vor einer Woche begegnete der Adoptivvulkanier seinem Vater. Die Ivory, das Schiff auf das ihn sein Vater gelotst hatte, dockte gerade an einer Outpost Raumstation an. Diese Raumstationen am föderativem Rand wurden für den Dominionkrieg aus dem Boden gestampft. Nach Ende des Krieges gab es für die meisten von ihnen keinen Verwendungszweck mehr und da die Föderation ihre Ressourcen sorgsam einsetzen musste, wurden sie für kommerzielle Zwecke freigegeben.

Wie die meisten dieser freien Handelshäfen war auch diese Station ein verkommenes Stück Metall im All, weit entfernt von dem Einfluss der föderativen Justiz. Ein idealer Ort also, um Geschäfte abzuwickeln, von denen keine Regierung etwas mitbekommen sollte.

Dort wurde Clint durch seinen Vater Sannok in die großen Pläne und Verstrickungen der Geheimdienste eingeweiht, jedenfalls soweit er sie kennen musste. Der vulkanische Geheimdienst hatte großes Interesse an der Venture.

Das Schiff, auf dem er sich jetzt befand, würde noch eine große Rolle in den interstellaren Verwicklungen spielen. Der Halb-Breen beschloss, dass er den Schiffsplan lange genug studiert hatte, er wandte sich dem Ausgang zu. Am Eingang kam er dicht an einer vogelähnlichen Humanoiden vorbei.

'Cailin Fakaii', schoss es ihm durch den Kopf, 'Eine Purna, technologisch primitive Spezies. Seit Sternzeit 92798 an Bord der USS Hope' Wie er feststellen musste waren seine Informationen nicht ganz korrekt gewesen. An der Konsole hatte er erfahren, dass die Purna Leiterin der Medizin war. Ihm war mitgeteilt worden, dass sie nur stellvertretende Leiterin war. Anscheinend hatte der vulkanische Geheimdienst keine aktuelleren Daten, was bei der Situation, in der sich die ehemalige USS Hope befand, nicht weiter verwunderlich war.

In Gedanken versunken verließ Clint den Frachtraum und machte sich auf den Weg zu seinem zukünftigen Arbeitsplatz.

--- Deck 3, Kunos Quartier

Das Zischen der sich schießenden Tür nahm Isweda nur am Rande war, zu sehr war er von seinem Quartier Überrascht.

'Nun, genieße ich es, solange ich es habe', dachte Kuno. Er konnte sich nicht vorstellen, dass ein kleiner Techniker ein derartig geräumiges Quartier zugeteilt bekommen sollte. Er war eher enge Kabinen gewohnt, die nur das Allernötigste aufweisen, nicht aber diese Pracht!

Zu seiner Rechten war der Schlaftrakt mit einem geschmackvollem Raumteiler vom eigentlichem Wohnbereich abgetrennt. Hinter dem Schlafbereich, Isweda hatte ihn soeben betreten und seine Tasche auf das breite Bett geworfen, über dem sich durch ein erstaunlich großes Fenster der Blick auf das All vor ihm ausbreitete, befand sich der Bad und Hygienebereich.

Isweda stutzte.

Der Bereich der Toiletten war eindeutig nicht für Humanoide gedacht! Dort, wo sich im Normalfall ein mehr oder weniger Bequemer Sitz mit einer Vertiefung befand, die lautlos und ohne jede Geruchsbelästigung die Ausscheidungen gewöhnlicher Humanoider verschwinden lässt, befand sich eine Vorrichtung, die so seltsam wirkte, dass Isweda sich zunächst keinen Reim darauf machen konnte.

Isweda war als Techniker schon mit allerlei Geräten und Apparaturen zusammengekommen, die man besser nicht im Tageslicht betrachtet hätte (und die allermeisten davon hatte er selber zusammengesetzt), aber so etwas hätte er nie ersonnen.

Diese Monstrosität, die sich anstelle der gewohnten "Schüssel" seinem Auge darbot, hätte einem Daniel Düsentrieb den Verstand geraubt und hätte Picasso, jener geniale aber sicherlich doch auch leicht verrückte Maler aus dem 20. Jahrhundert, so etwas jemals zu Gesicht bekommen, er hätte seiner Kunst gewiss abgeschworen.

Mit einem Wort: Diese Vorrichtung war grauenhaft!

Bei dem Gedanken, dass Kuno hier versuchen sollte, seine Notdurft zu verrichten und insbesondere was ihm dabei alles passieren konnte, stellten sich ihm die Nackenhaare auf.

Den Gedanken weiterspinnend, wie diese Rasse wohl aussehen musste, die eine derartige Vorrichtung als "normale" Toilette betrachtet, schauderte Kuno und Hoffte inständig, dieser Rasse nie alleine zu begegnen!

Fluchtartig verließ Isweda den Bereich und ließ sich mit von kaltem Schweiß bedecktem Gesicht auf einen Sessel im Wohnbereich nieder.

"Computer, ein Romulanisches Ale!" orderte Kuno.

Mit einem Piepser am Anfang und Ende der Nachricht bedeutete ihm der Computer, dass alkoholische Getränke nicht im Speicher des Replikators dieses Quartiers vorgesehen sind.

Kuno fragte nach einer Möglichkeit etwas Gehaltvolles zu trinken zu bekommen und erhielt die Auskunft, dass die Venture seit neuestem eine Bar besitze.

Der Name "Zum Tanzendem Liebesdiener" und die Erinnerung an das grauenhafte Gerät im Bad ließen Isweda langsam Zweifel am eigentlichen Sinn seines Hierseins bekommen. Der drang nach einem romulanischen Ale wurde immer stärker und Isweda setzte sich unverzüglich in Bewegung. Sein Ziel lag auf Deck 5, diese Schiffsbar mit dem seltsamen Namen.

--- Deck 5, Schiffsbar

Kuno betrat die Bar, dessen Name ihn an ein Hafenbordell auf Minertas erinnerte, gewann am Eingang einen kurzen Überblick und begab sich direkt zum Tresen.

"Hey Blechkopp", sprach er den Roboter an, der inbrünstig einige Gläser polierte, "ein Romulanisches Ale"

Nach einer kurzen Pause, in der Isweda sich dumpf daran erinnerte, dass auch Maschinen so etwas wie Gefühle entwickeln können, fügte er ein "Bitte" hinzu, drehte dem goldglänzenden Metallkörper den Rücken zu und betrachtete die Bar, in der nur wenige Crewman an den Tischen saßen, genauer.

'Erstaunlich leer, kein Wunder bei so einer mechanisierten Bedienung, hier sollte ein wirklicher Mensch bedienen!' dachte Isweda.

--- Gänge, Deck 5

Mit mäßigem Tempo ging der Halb-Breen die Korridore entlang. Sternenflottenschiffe waren immer in einem ausgezeichneten Zustand, jedenfalls solange fähige Techniker es ständig warteten. Die Bauart der Schiffe ermöglichte eine einfache Wartung.

Trotzdem fielen dem Wissenschaftler geringfügige Unregelmäßigkeiten in einer Wandverkleidung auf. Er bückte sich und strich mit den Fingern über die Oberfläche. 'Tatsächlich, Schmelzspuren', erkannte er. Die Form wies auf Disruptorfeuer hin. Es musste sich nur um einen reflektierten, abgeschwächten Schuss gehandelt haben, sonst wäre der Schaden viel größer.

Wie oft kam es wohl an Bord dieses Schiffes zu gewaltsamen Zwischenfällen? Er wusste es nicht. Der vulkanische Geheimdienst hatte eigentlich verhältnismäßig wenige Informationen, das würde sich bald ändern. Natürlich vermutete der Geheimdienst bereits eine Infiltration von romulanischer Seite.

Einige Vulkanier in hohen Posten vermuteten, dass die Venture sogar nur eine vollkommen kontrollierte Schachfigur im heimlichen Spiel des Tal Shiar war. Das waren natürlich nur paranoide Wahnvorstellungen, vor der kein hoher Geheimdienstler, nicht einmal Vulkanier, sicher war. Allerdings wusste Clint, dass dem romulanischen Geheimdienst viel zuzutrauen war.

Er hatte sich schon lange nicht mehr mit solchen Dingen beschäftigt. Sicher, er hatte die politische Situation immer genau verfolgt. Sein Vater pflegte zu sagen: "Die Politik ist wie ein wilder Sehlat, lässt du sie einen Moment aus den Augen, fällt sie dir in den Rücken". Aber der Halb-Breen hatte zu diesem "wilden Sehlat" einfach Distanz gehalten. Im Milieu der freien Händler und Halbganoven, in dem er sich nun seit 5 Jahren herumtrieb, war dies nicht sonderlich schwer.

Sein Vater hatte andere Pläne für ihn gehabt, aber er lies seinen Sohn gewähren. Er hatte nicht einmal einen Kommentar abgegeben als Clint ihm nach seinen Abschluss auf Vulkan mitteilte, dass er sich auf Reisen begeben wolle. "Lebe lang und erfolgreich", hatte er seinen Adoptivsohn gewünscht und das war alles.

Nach 5 Jahren hatte sich Sannok, der vulkanische "Abgesandte", dann wieder gemeldet. Für einen über 180 Jahre alten Vulkanier war das keine bedeutende Zeitspanne. Der grünhäutige Adoptivvulkanier bekam eine Mission aufgetragen, er nahm es ohne Widerspruch hin. Er war kein Agent des Geheimdienstes, er hatte sich keiner Organisation verpflichtet. Und das war der Grund, warum man ihn auserwählt hatte, das behauptete jedenfalls Clints Vater. Natürlich war es sein Vater gewesen, der diesen Vorschlag im Inneren Zirkel überhaupt erst vorlegte.

Der Halb-Breen stand auf und ließ die Einschussstelle des Disruptors hinter sich. Mit gleichem Tempo wie zuvor schritt er auf den nächsten Turbolift zu.

--- Maschinenraum, Yhea's Büro, kurze Zeit später

Gedankenverloren starrte Yhea auf sein Terminal, welches in ausgeschaltetem Zustand vor ihm stand, und trank nun schon seine dritte Tasse Kaffee, seid er sich in sein Büro gesetzt hatte.

Gerade eben hatten sich Jimmy und Robin bei ihm gemeldet und gesagt, dass sie soeben mit den Wartungsarbeiten fertig geworden und nun für ein paar Stunden im Holodeck zu finden seien. Zuerst wollte Yhea sagen, dass sie in den Maschinenraum zurückkommen sollten, doch ehrlich gesagt hatte er keine Ahnung, was sie dort tun sollten.

Alle Arbeiten waren erledigt, die Venture schnurrte wieder wie ein Kätzchen und bis zum nächsten Einsatz dauerte es noch ein kleines bisschen. Also was hatte er noch hier verloren?

Mit einem großen Schluck trank er seinen Kaffee leer, schwang sich aus seinem Sessel und verließ sein Büro.

--- Maschinenraum

Beim Vorbeigehen an den einzelnen Stationen warf er schnell noch einen Blick auf alle relevanten Systeme und verließ dann den Maschinenraum mit Ziel auf die Schiffsbar.

--- Zum tanzenden Liebesdiener

Gut gelaunt betrat Yhea die Schiffsbar und schaute sich um. Viel los war ja nicht. Aber das war eigentlich häufiger der Fall. Selbst der Romulaner musste sich erst einmal an den neuen "Besitzer" gewöhnen, wenn man das so nennen wollte.

Sofort entdeckte er ihn. Er stand wie immer hinter der Theke und putzte irgendwelche Gläser. Doch diesmal war er nicht allein. Kuno saß ihm gegenüber und schaute in ein Glas, welches verdächtig danach aussah, als würde es romulanisches Ale beherbergen.

Schnell gab Yhea sich einen Ruck und marschierte auf den neuen Techniker zu.

--- Bar, Theke

"Hallo Mr. Isweda. Na, wie gefällt Ihnen Ihr Quartier?", begrüßte er ihn und drehte sich dann zu eCroft um. Dieser hatte schon nach einer Kaffeetasse gegriffen, doch Yhea hielt ihn auf.

"Nein, heute bitte keinen Kaffee", sagte er und ließ sich auf den Hocker neben Kuno nieder. "Ich nehme das gleich wie Mr. Isweda. Ich gehe ja mal davon aus, dass es romulanisches Ale ist?"

"Aber sicher doch, Mister Alnak", antwortete eCroft und machte sich an die Arbeit. Währenddessen drehte sich Yhea wieder zu Kuno um, schaute ihn an und wartete auf dessen Antwort.

"Mein Quartier?" Isweda hatte sein Glas bisher noch nicht angerührt, aber der Gedanke an die schaurige Vorrichtung, die er dort gesehen hatte, überflutete ihn sofort mit einer Welle aus Abscheu und Ekel, und Kuno stürzte das Glas Romulanisches Ale in einem Zug herunter, bevor seine Nackenhaare sich vollendens aufrichten konnten.

Mit leicht Glasigem Blick wendete sich Kuno dem Romulaner zu, der sein freundliches Gesicht schlagartig verloren hatte. Kein Wunder, sollte ein Romulaner doch die Wirkung eines vollen Glases romulanischen Ales und insbesondere seine verheerende Wirkung auf Humanoide kennen!

Isweda selbst hatte die Auswirkungen dieses Getränks bisher nur an anderen beobachten können. Wäre er in diesem Moment klarer im Kopf gewesen, was durch die schlagartig einsetzende Wirkung dieses Gebräus nicht mehr der Fall war, so würde ihm das Verbot des blauen Getränks innerhalb der Sternenflotte verständlich geworden sein.

So jedoch erschien es Kuno nur, als ob er von einem Dämpfungsfeld umgeben war. Die Geräusche drangen nur noch abgeschwächt an sein Ohr, die Umgebung war von einem leichtem Schleier verdeckt und die Bewegungen der anderen erschienen irgendwie zerhackt.

Kuno stellte sein leeres Glas etwas zu heftig auf den Tresen der Bar, während er mit deutlich schwerer Zunge an Alnak gerichtet fortfuhr.

"W- wer um Himmelswillen ischen für die ... die sanitären Einrichtungen schuständig?

Au-au-ssser Luftschleuse schmeißen den Kerl, oder als Waffentechniker an die Breen verkaufen!"

Der Halbjapaner konnte die Geschichtszüge seines Gegenüber nicht mehr eindeutig erkennen, also schob Kuno seinen Kopf leicht vor, kniff die Augen zusammen.

"Ho-hoppla, das Zeuch hadda aber in sich!" Kunos Zunge wurde immer träger. Er beschloss etwas dagegen zu unternehmen und wandte sich an den Barkeeper, dessen glänzenden Körper er schräg hinter sich vermutete.

"Hey Blechkopp, nen Kaffee, den stärksten, den du zusammenbrauen kannst und kipp irgendwas darein, das das blaue Zeuch neutralisiert! Das is' wirklich zu heftig!"

Entsetzt schaute Yhea zwischen eCroft und Kuno hin und her. Er konnte nicht glauben, was er eben gesehen hatte. War der Typ wirklich so irre, dass er ein Glas romulanisches Ale einfach so runter kippte wie Wasser oder wusste er es nicht besser? Irgendwie vermutete Yhea, dass er mit dem Ersten Recht hatte.

Kopfschüttelnd wandte er sich dann seinem eigenen Ale zu, welches eCroft ihm gerade hingestellt hatte. Langsam nahm er davon einen Schluck und ließ es genüsslich seine Speiseröhre hinab gleiten. Schließlich hatte er auch schon andere Romulaner gesehen, die sich ein wenig zu viel Ale (und in einem eindeutig zu kurzem Zeitraum) gegönnt hatten.

Kaum hatte er sein Glas wieder hingestellt, da kam die Blechbüchse auch schon mit einer Tasse zurück, die verdächtig vor sich hin rauchte und blubberte. Yhea wollte es gar nicht erst wissen, was für tolle Bestandteile sich darin befanden und anscheinend Kuno auch nicht, denn er nahm die Tasse in die Hand, setzte sie an seine Lippen an und...

Alnak klappte der Kiefer herunter. Irgendwo in seinem Gehirn hallte das Wort 'Irrer', als er sah, was Kuno da machte. Machte der das mit Absicht oder ... 'Das kann nur Doofheit sein', dachte er. Man konnte doch nicht zweimal den gleichen Fehler machen.

Mit einem Ruck hatte Kuno die Tasse geleert und mit einem Knall auf die Theke gestellt, während Yhea gebannt auf eine Wirkung des Gebräus wartete.

--- Turbolift

Der Turbolift glitt trotz der enormen Beschleunigung sanft dahin. Die Stabilisatoren arbeiteten perfekt. Clint horchte dem sanften Fahrtgeräusch. Neben ihm stand ein weiblicher Fähnrich, die junge Terranerin hatte den Lift kurz nach ihm betreten.

Aus irgendeinem Grund fühlten sich die meisten Terraner unbehaglich, wenn sie stumm in einem kleinen Raum mit anderen Personen standen. Die Terranerin blickte zuerst stur geradeaus, drehte dann den Kopf scheinbar zufällig in Clints Richtung, schaute schnell zu Boden und sah dann angestrengt die Fahrtanzeige an, blickte dann wieder geradeaus und verlagerte ihr Gewicht von einem Fuß auf den anderen.

Die Tür ging schließlich auf und beide verließen den Turbolift.

--- Gänge, Deck 4

Der Halb-Breen und der Fähnrich bogen in die gleiche Richtung ab. Sie liefen den Gang schweigsam entlang. Der Grünhäutige dachte über sein Vorgehen nach, er würde die einzelnen Labors inspizieren, die Funktionstüchtigkeit der Anlagen überprüfen und die Einrichtung mit der Bestandsliste vergleichen. Als erstes würde er sich das Biochemische Labor vornehmen.

An der nächsten Gangkreuzung bog er rechts ab, die Terranerin nahm denselben Weg. Etwas nervös schritt sie neben ihm her und versuchte wie der Adoptivvulkanier einfach starr in Wegrichtung zu blicken. An der nächsten Abbiegung gingen beide vorbei.

Es war Clint aufgefallen, das manche Terraner es einfach nicht aushielten zu schweigen, wenn sie alleine mit jemanden in der Nähe waren und keine ablenkende Beschäftigung hatten. Die nächste Kreuzung erlöste die Terranerin auch nicht von Clints Gesellschaft. Am Biochemischen Labor angekommen trat der Halb-Breen durch die Tür.

--- Biochemisches Labor

Das Labor war relativ geräumig und natürlich gut ausgestattet. Forschung war eine der Hauptaufgaben der Sternenflotte und so waren die entsprechenden Einrichtungen der Schiffe von hoher Qualität. Ohne die nach ihm eintretende und überrascht wirkende Terranerin zu beachten, machte er sich an die Arbeit.

Er öffnete den Schrank für nicht replizierbare Markierungschemikalien und verglich die Behälter Stück für Stück mit der elektronischen Bestandsliste in der Konsole der Schranktür. Die uniformierte Terranerin stand unentschlossen hinter ihm. Da der Grünhäutige jedoch ihrer Anwesenheit scheinbar keine Bedeutung beimaß, verschränkte sie probehalber die Arme und straffte ihren Körper.

Da auch das nichts half lies sie ihre Arme wieder sinken und fragte in einem beiläufigem Tonfall, mit dem man Bemerkungen über das Wetter macht: "Neu hier?"

Ohne von seiner Arbeit aufzuschauen antwortete Clint mit einem einfachen "Ja".

Eine Spur von Verzweiflung schlich sich in das Gesicht der Terranerin. Sie warf einen schnellen Blick zur Kommunikationskonsole am Eingang, mit dem man unter anderem Daten über Neueinstellungen auf dem Schiff abrufen oder heimlich die Sicherheit über einen Fremden informieren konnte der sich möglicherweise am Schiffseigentum vergreift.

"Eine der Neuanstellungen also", entschied sie sich doch für ein Gespräch, "Wissen sie, einige der Offiziere von der ursprünglichen Mannschaft haben was gegen wildfremde Zivilisten die wichtige Schiffsfunktionen übernehmen. Ich persönlich bin jedoch der Meinung, dass dagegen nichts einzuwenden ist, wenn sie gute Arbeit leisten"

Clint, dem keine direkte Frage gestellt wurde, arbeitete stumm weiter. Die Terranerin wartete auf eine Erwiderung. Als lange Zeit keine kam, fuhr sie fort: "Manche Leute behaupten sogar, wir würden romulanischen Agenten, Dieben und allerlei Gesindel die Tür weit offen halten und es gab tatsächlich schon einige Zwischenfälle an Bord"

Lauernd wartete sie, ob dies bei dem Grünhäutigen eine Reaktion auslösen würde, Clint ging jedoch ungerührt und schweigsam seiner Arbeit nach. "Ich meine, Hisaki leistet gute Arbeit und Anjol soll den Ärger an einer Person riechen können, aber ...", sie sah Clint an der sie weiterhin zu ignorieren schien, "... ach was soll's. Wer zum Teufel sind Sie?"

--- Deck 5, Gänge

Zufrieden hatte der Bajoraner die Antwort der Terranerin vernommen und setzte sich schon etwas besser gelaunt wieder in Bewegung: Wenn jemand diesen Clint unauffällig beschatten konnte, dann sie. Seit Mira sich an Bord etwas eingelebt hatte, war sie zu einem vorbildhaften Mannschaftsmitglied geworden...

So wie Clancy. Immer noch fragte sich Anjol, was der sympathische Mann wohl mit ihm persönlich bereden wollte. Und so setzte er seinen Weg Richtung der oberen Mannschaftsdecks fort, während er weiter über Clancys mysteriöse Nachricht nachdachte.

--- Deck 3, vor Clancys Quartier

Zum dritten Mal betätigte der Bajoraner den Summer neben der duraniumfarbenen Tür. Und wieder öffnete niemand das Schott, damit er endlich eintreten konnte. Grummelnd trommelte er mit den Fingern auf dem Metall herum und schlug sich dann leicht gereizt gegen den Kommunikator.

"Clancy, wo steckst Du? Wir waren in Deinem Quartier verabredet...Und ich dachte, ich sei vergesslich geworden - muss wohl ansteckend sein!", rief er seinen alten Bekannten und ließ langsam die Schärfe aus seiner Stimme weichen. Sicher hatte Clancy gute Gründe für sein Fehlen.

Doch zu Anjols Überraschen dauerte es beinahe 10 Sekunden bis der sonst so freundliche Kerl antwortete: Sein Atem schnaubte erregt und er konnte scheinbar nur sehr schwer seine Wut unterdrücken - so hatte der Bajoraner den sympathischen Typen noch nie erlebt.

"Habe ich völlig vergessen. Das Gespräch führen wir wann anders - bin sehr beschäftigt!", antwortete Clancy karg. Noch bevor Anjol etwas erwidern konnte, hatte Clancy die Verbindung unterbrochen. Seine Stimme hatte gehetzt geklungen, was noch mehr Befürchtungen in Anjol aufsteigen ließ.

Aber Clancy war erwachsen und der Bajoraner ganz sicher nicht sein Kindermädchen. Er würde sich schon melden, wenn seine Laune besser war, was Anjol nun aber etwas freie Zeit bescherte. Ein Kratzen in seinem Hals wies auf Durst hin und es war schon beinahe Nachmittag - ein Gläschen in der Bar konnte also sicher nicht schaden.

Kurz entschlossen marschierte der Bajoraner zurück zum Turbolift...

--- Eingang der Bar

Ein anziehender Geruch stieg Anjol in die Nase, als die Tür zu der erst vor kurzem eingerichteten Bar sich vor ihm öffnete: Romulanisches Ale. Scheinbar war mehreren Mitgliedern der Mannschaft nach ein wenig Entspannung.

An der Theke sah er Alnak neben einem Unbekannten sitzen, während dieser eCroft einige Gläser putzte. Die neue Identität von Croft gefiel ihm wesentlich besser und mit dieser Meinung stand Anjol wohl nicht alleine dar. Wahrscheinlich würde jeder, der dem Aufreißer in seinem früheren Leben einmal begegnet war, diese Meinung teilen.

"Hallo eCroft, einmal für mich dasselbe, aber in 'nem großen Glas", orderte er durstig, als er sich auf den Barhocker setzte...

--- Bar, Theke

Isweda spürte zunächst nichts, rein gar nichts. Ganz im Gegenteil, die Wirkung das Ales schien sich zu verstärken und Kuno tauchte vollends in eine Welt aus Watte ab. Stumm und teilnahmslos saß er auf dem Stuhl vor dem Tresen und fühlte sich völlig alleine im Universum.

Dann setzte unvermittelt eine Wirkung ein, die Isweda in dieser Heftigkeit, selbst wenn er bei vollem Bewusstsein gewesen wäre, sich nicht einmal annähernd vorstellen konnte.

Ein heftiges Brennen rauschte seine Kehle herunter, traf in etwa auf Magenhöhe auf starken Wiederstand in Form von aufsteigender Übelkeit und entlud sich nur Sekundenbruchteile später in einem Methangasausstoß, der einem Vulkangebiet auf Vulkan zu aller Ehre gereicht hätte. Kurz Isweda lies den wohl größten Rülpser der bisherigen Menschheitsgeschichte los.

Dies bewirkte Dreierlei. Zum einen hatte Kuno nun die volle Aufmerksamkeit aller im Raum Versammelten. Zum anderen flohen einige aus der Bar um der zugegeben doch erheblichen Geruchsbelästigung zu entgehen, wodurch Isweda langsam wieder klar wurde, dads er nicht alleine im Universum war und er sich seiner Umwelt wieder Bewusst wurde.

Zwar hinderte ihn eine starkes Summen und ein unsäglicher Kopfschmerz noch daran wieder völlig klar denken zu können, aber Kuno bekam zumindest wieder soviel vom Geschehen um ihn herum mit, dass er sich der Situation halbwegs klar wurde.

"'Tschuldigung", brachte Isweda noch hervor, bevor der Roboter in ein schallendes Gelächter ausbrach.

Mit hochrotem Kopf schaute Isweda zunächst auf seinen linken Tresennachbarn, anschließend auf die rechte Seite. In beiden Gesichtern konnte Kuno eine Mischung aus Unglauben, Belustigung und dem Versuch sich dem Geruch, der langsam verflog, zu entziehen, bemerken.

Yhea schüttelte den Kopf. Er gab es auf, sich über Kuno zu wundern. Nach den zwei Sachen, die der eben gebracht hatte, konnte ihn auch nichts mehr wundern.

Vorsichtig nahm er wieder einen Schluck aus seinem Glas, wohl darauf bedacht, nicht durch die Nase zu atmen. Wie lange würde es wohl dauern, bis sich dieser unangenehme - oder man sollte besser sagen dieser unerträgliche - Geruch verflüchtigen würde?

Yhea wusste es nicht und er wollte es auch nicht rausfinden. Deswegen stand er auf und begab sich zu einem nahegelegenen Terminal.

--- Bar, Terminal

Schnell huschten seine Finger über die Tasten, bis er das richtige Menü gefunden hatte. Er schaute sich noch mal kurz um und schaltete dann die Abluftanlage ein. Mit einem schnellen und leisen Zischen wurde sofort sämtliche Luft aus dem Raum gesaugt, und kaum eine Sekunde später wieder in 'erfrischtem' Zustand wieder herein gepustet zu werden.

Mit einem Grinsen im Gesicht drehte er sich wieder um und wanderte gemächlich zurück zu den anderen.

--- Bar, Theke

Während er sich zurück auf den Hocker gleiten ließ, atmete er tief durch die Nase ein. Ja, es hatte funktioniert. Und keiner hatte es gemerkt. Na ja, fast keiner. Einzig und allein Anjol schnupperte herum und wunderte sich anscheinend, warum der Geruch so schnell verschwunden war.

"Ist was?", fragte er den Bajoraner und schaute ihn ernst an. "Ist irgendwas Wichtiges passiert?"

--- Biochemisches Labor

Natürlich überraschte Clint die Frage, ganz besonders der Ton, indem sie gestellt wurde. Über viele Jahre im Umgang mit emotionalen Wesen, ganz besonders mit Terranern, hatte er aber gelernt sich über nichts zu wundern. Plötzliche, unbegründete Stimmungsschwankungen waren normal, unlogische Handlungen waren Tagesordnung.

So blickte er nur kurz auf und sagte es ihr. Allerdings schien sie auf sein schlichtes "Ahm-tor Clint" noch heftiger zu reagieren. Er wusste nicht wie er ihre Frage "Wollen Sie mich für Dumm verkaufen?" einordnen sollte, also antwortete er vorsichtshalber mit einem höflichen "Wahrscheinlich nicht".

Die Terranerin schloss ihre Augen und atmete tief ein. Clint war es gerade recht, dass sie anscheinend gerade meditieren wollte, obwohl es doch ein ungewöhnlicher Zeitpunkt dafür war, und setzte deshalb seine Arbeit fort. Als der weibliche Fähnrich die Augen wieder öffnete und sah, dass der Grünhäutige einfach seine Tätigkeit fortsetzte, schloss sie diese schnell wieder und atmete noch einmal tief durch.

Schließlich begann sie wieder zu sprechen: "Also, versuchen wir's mal so. Könnten Sie mir freundlicherweise sagen, was Sie hier tun? Halt! Nein, das sehe ich selbst. Wissen Sie, seitdem wir abtrünnig geworden sind, ist niemand vom wissenschaftlichen Team mehr übrig oder hat andere Aufgaben an Bord übernommen. Ich bin die einzige, die sich jetzt noch in den Labors rumtreibt und sie instand hält."

Der Halb-Breen unterbrach seine Arbeit, gab der Terranerin das PADD mit der elektronischen Bestandsliste des Chemikalienschranks und meinte: "Das trifft sich gut. Ich war der Meinung, ich hätte überhaupt kein Personal zur Verfügung. Mir war die Lage der wissenschaftlichen Abteilung bekannt, aber ich wusste nicht, dass Sie hierher versetzt wurden, Miss Dunlaith.

Die Situation hat sich geändert, ich werde die Wissenschaft auf diesem Schiff in Zukunft leiten. Überprüfen Sie die Vollständigkeit der Markerchemikalienliste, ich habe bereits einige Abweichungen entdeckt. Melden Sie sich bei mir im Strahlenlabor, wenn Sie fertig sind, ich werde dort die Anlagen inspizieren. Und fassen Sie einen Bericht über den Ihnen bekannten Zustand der Labors insgesamt zusammen."

Mit diesen Worten ließ er den verwirrten Fähnrich alleine und begab sich zum Strahlenlabor. Der Fehler, den er begannen hatte, war wahrscheinlich nicht sehr schwerwiegend. Er hoffte, die Terranerin maß dem Umstand, dass er ihren Namen kannte keine besondere Bedeutung zu.

--- Deck 3, Gänge

"Wir sind gleich da", bemerkte Cailin, um überhaupt etwas zu sagen, und fuhr nach kurzem Zögern fort. "Miss Jefferson Ihr Büro grenzt direkt an die Krankenstation an und ist auch nur von dort zu betreten. Ihr Vorgänger hat das Schiff sehr... überstürzt verlassen, Sie werden deshalb ein wenig Unordnung vorfinden, was die ganzen Aufzeichnungen betrifft. Die Daten im Computer habe ich auf dem neuesten Stand gehalten.

Die Einträge, die ich hinzugefügt habe, sind gekennzeichnet für den Fall, dass...", sie wusste nicht wie sie sich am diplomatischsten ausdrücken sollte um nicht ein Problem wie mit Jones zu bekommen, "dass Sie diese noch einmal überprüfen wollen, da ich keine ausgebildete Psychologin, sondern nur Ärztin bin."

Zufrieden stellte sie fest, dass sie bereits vor der Krankenstation angekommen waren. Noch bevor Miss Jefferson etwas entgegnen konnte, riss die Ärztin wieder das Wort an sich: "Wir sind da."

--- Krankenstation

Wie immer waren einige Patienten da. Die meisten zur Nachuntersuchung, aber es war auch ein Biobett mit einem Fall zur Beobachtung belegt. Cailin ging kein Risiko ein, wenn es um die Gesundheit der Crew ging.

"Miss Dallas, Mister Norgaard, wir bekommen Verstärkung", meinte die Purna lächelnd zu ihren beiden Untergegebenen, die ihrerseits das Lächeln erwiderten. Cailin legte sehr viel Wert darauf, dass sie sich mit ihren Leuten gut verstand, wenn sie auch zu persönliche Kontakte vermied. Trotzdem war das Arbeitsklima sehr gut.

Und die beiden hatten sich erstaunlich gut eingearbeitet. Die Medikamente waren ständig sorgfältig geordnet und an ihrem Platz und sie verloren nie die Geduld, selbst mit den nervigsten Patienten verstanden sie umzugeben. So fiel es auch Cailin leichter, die Krankenstation zu verlassen und sie in fremden Händen zu lassen.

Erwartungsvoll traten ihre beiden Mitarbeiter zur Gruppe. Lisa strich sich eine verirrte Haarsträhne aus dem Gesicht, ihr Gesicht war leicht gerötet und ihr aufgestecktes dunkel blondes Haar schon leicht in Auflösung begriffen. Zwar legte sie wert auf ihr Aussehen, aber über der Arbeit vergaß sie schon mal darauf.

"Wenn ich vorstellen darf, Miss Ysara Jefferson, sie wird...", die Purna ertappte sich dabei wie sie von der Nachfolgerin Hagertys reden wollten, doch Dallas und Norgaard waren lange nach ihm aufs Schiff gekommen und nie hatte jemand über den Counselor gesprochen, "...den Posten des Schiffspsychologen übernehmen. Und das hier ist Mister Jones Abraham, er ist Sanitäter und wird helfen, wo immer er kann." Cailin konnte sich nicht helfen, aber obwohl es ganz anders gemeint war, hatte in ihren Gedanken dieser Nachsatz einen süffisanten Beigeschmack.

"Miss Lisa Dallas ist Krankenschwester und eine sehr wertvolle Stütze an Bord", sie nickte ihr aufmunternd zu, worauf Lisa noch eine Spur roter wurde. "Mister Sören Norgaard ist mein medizinisch technischer Assistent. Auch er ist in allen Belangen zuverlässig und verliert selbst in kritischen Situationen nie die Nerven."

Der blonde Mann von dem die Rede war, blickte den beiden Neuankömmlingen ruhig und scheinbar sehr gelassen entgegen. Es gab wirklich nichts, was ihn bisher verwundert oder aus der Bahn geworfen hatte. Cailin fragte sich, was er wohl schon alles vor seinem Einstieg auf der Venture erlebt haben mochte.

"Ganz recht, ich helfe immer gern", stellte sich der Texaner seinen neuen Kollegen vor und schüttelte den beiden, ob sie nun wollten oder nicht, heftig die Hände. "Wo ich nur kann", fügte er besonders an die attraktive Krankenschwester gewandt hinzu, "Ich freue mich schon auf unsere Zusammenarbeit"

Unwillkürlich fasste er sich an den Kopf, fand aber dort nur sein Haar vor, welches er sich mit einem Ausweichmanöver glatt strich. Der Hut, den er dort gewohnheitsmäßig zu finden und höflich abzusetzen pflegte, wurde ihm vor einiger Zeit auf einem üblen Stück Weltraumblech von einer Station gestohlen.

Bei diesem Gedanken schoss ihm das Adrenalin ins Blut und ließ ihn seine Müdigkeit kurz vergessen. 'Wenn ich diesen Kerl erwische breche ich ihm sämtliche Knochen, oder was auch immer er ihn seinen Eingeweiden trägt', dachte er säuerlich. Der Hut war ein altes Familienerbstück, an die 400 Jahre alt. Ein echter texanischer Cowboyhut.

"Echt" war natürlich ein relativer Begriff, vor 400 Jahren also gegen Ende des zwanzigsten Jahrhunderts, wurden diese Dinger industriell irgendwo in Asien hergestellt und zu abertausenden an Touristen in Texas verkauft. Die Abrahams waren damals noch keine Rancher sondern Immobilienmakler. Antoni Abraham, ein ferner Vorfahre, kaufte diesen einen besonderen Hut für seinen elfjährigen Jungen.

Dieser zog als er erwachsen war nach Texas und kaufte dort eine pleite gegangene Ranch, der Hut war seitdem ein Familienerbstück. Jones schwor sich den Dieb irgendwann zu erwischen, auch wenn er bisher seine Spur verloren hatte. Mit einem freundlichen Lächeln wandte er sich an die niedliche Krankenschwester:

"Da Miss Fakaii mir schon erklärte, wie beschäftigt sie andauernd ist und wie wenig Zeit sie für etwas außerhalb ihrer Arbeit aufbringen kann, könnten Sie mich ja ihn die Details der Krankenstation einführen. Schließlich möchte ich gut informiert sein um so bald wie möglich loslegen zu können"

Die Blondine schien einen fragenden Blick auf Cailin zu werfen, die hinter Jones stand, so dass er nicht sehen konnte, ob und welches Zeichen sie der Krankenschwester gab. Schulterzuckend wies sie dem Texaner den Weg und führte ihn zuerst zu den Bioscannern, während sie ihm deren Funktion und Bedienung erklärte.

Die Krankenschwester war in ihrem Element. Sie erklärte zuerst nüchtern, dann mit einem Funkeln in den Augen die Bedienung der Geräte und erzählte mit viel Begeisterung von den Details der Apparaturen.

"Sie müssen wissen, dass das hier das Neuste auf dem Stand der derzeitigen Föderationstechnik ist", versicherte sie Jones mit großen Augen. "Jedenfalls war es das bevor wir ..., na ja Sie wissen schon", sagte sie während eine Spur von Trauer sich in ihren Augen spiegelte.

"Die Entwicklung im medizinischen Bereich verläuft in letzter Zeit verdammt schnell. Das kommt daher, weil es im Krieg viel Wissensaustausch mit den Romulanern und selbst mit den Klingonen gab ... auch wenn die Klingonen dazu natürlich nicht viel beitrugen", fügte sie mit einem verschwörerischen Lächeln hinzu und Jones nickte mit gleicher verschwörerischer Miene wissend, obwohl er nicht wusste worauf sie hinauswollte.

"Also der Scanner hier konnte noch vor 2 Jahren keine subzelloralen Membranfrakturen erkennen, und jetzt? Jetzt könnte man damit eine mehrseitige Diagnose über ein einziges Mitochondrium erstellen!", rief sie begeistert aus.

"Aha", meinte Jones.

"Sie können mit dieser Konsole hier die Auflösungsstufe einstellen, und dieses Menü bringt sie ...", sie drehte sich kurz um als der Texaner direkt hinter sie trat und über ihre Schulter auf die Konsole starrte" ... also, wie gesagt bringt sie dieses Menü in die Computerdiagnosenauswahl. Und das hier ...", wies sie schwungvoll mit ausgestreckter Hand auf ein anderes Terminal seitlich von ihr wobei sie gegen Jones's Brustkorb stieß.

"Tschuldigung", murmelte sie sofort und errötete leicht.

"Macht doch nichts", entgegnete der Texaner lächelnd, "Übrigens, wieso müssen wir uns dauernd siezen? Schließlich sind wir doch Kollegen, oder? Was meinst ... du?"

"Klar, warum nicht", entgegnete sie und erwiderte sein Lächeln. Für einen bedeutsamen Augenblick sahen sich beide tief in die Augen. Dann strich sich die Blondine eine Haarsträhne von der Stirn und wandte sich wieder den Kontrollen zu.

"Also hier kannst du den Zielbereich für den Molekularscan einstellen, wobei du die Auswahl zwischen relativen Positionen zu markanten anatomischen Orten und einigen absoluten Werten hast. Diese sind in der Datenbank gespeichert und ..."

So sprach sie weiter und führte den neuen Sanitäter in alle Belange der Krankenstation ein. Der Texaner kannte sich mit medizinischen Gerätschaften eigentlich recht gut aus, aber einerseits war ihm eine Auffrischung und Vervollständigung seines Wissens nicht unwillkommen und andererseits schien die Krankenschwester großen Spaß daran zu haben ihr detailreiches Fachwissen zu zeigen.

Also ließ Jones sie gewähren, stellte ab und zu Fragen und brachte letztendlich ein Gespräch zustande, wobei er den Zufall, dass ihr Nachname Dallas lautete, wahrnahm, um ihr ein wenig über seine Heimat Texas zu erzählen. Die Zeit verging und als sie schließlich ihre "Führung" beendete fiel ihr ein, dass sie noch eine Reihe von Bluttests der neuen Crewmitglieder durchführen musste.

Zwar bot der Bordsanitäter seine Hilfe an, aber sie verwies ihn darauf, dass bei den Bluttests keine der getesteten Personen dabei sein dürfe, eine sehr strenge Vorschrift, die beachtet werden müsse. Jones wollte die Blondine nicht weiter stören und überlegte sich schon, ob er danach zur Schiffsbar gehen sollte, und ob er der Krankenschwester ein Versprechen entlocken könnte nachzukommen, wenn sie mit ihrer Arbeit fertig war.

--- Bar, Theke

Langsam schaute sich Anjol in der Bar um, musterte die Theke und antwortete dem Romulaner dann achselzuckend: "Nein, außer dass dein neuer Freund bald in ein tödliches Delirium fallen wird, falls sein Magen nicht in den nächsten Stunden ausgepumpt wird!"

Genüsslich nahm der Bajoraner einen Schluck Ale aus seinem Glas. Das Zeug war wirklich gut; scheinbar hatte dieser eCroft gute Quellen im Imperium und einen guten Geschmack dazu.

Schließlich schaute Anjol Alnak wieder an, nachdem dieser sich wieder neben die Alkohol-Leiche gesetzt hatte und darauf achtete, dass diese nicht krachend vom Barhocker fiel.

"Sag mal, wie sieht es mit den Reparaturen aus: So wie ich McCarthy gestern verstanden habe, wird es in den nächsten Tagen wieder etwas zu tun geben. Alles noch sehr geheim und verschwommen", wandte er sich leise an den Cheftechniker und bedachte den offensichtlich lauschenden Bar-Androiden keine drei Sekunden später mit einem vernichtenden Blick.

Der neugierige Roboter drehte sich pfeifend um, und widmete sich wieder seinen Gläsern, aber die künstlichen Ohren drehten sich verdächtig in ihre Richtung. Falls Anjol irgendwann mal Informationen brauchte, wusste er, von wem er sie holen könnte...

"Reparaturen, das ist es!", Kunos Rauschen im Kopf wich langsam wieder brauchbaren Erinnerungen, "Wer ist ...", der Gedanke verschwand wieder ebenso schnell, wie er gekommen war.

Isweda starrte vor sich hin, versuchte sich zu konzentrieren, die Erinnerungsbruchstücke zusammenzufügen, fand immer wieder kleine Bruchstücke der Ereignisse der letzten halben Stunde, bis hin zu dem Ereignis in seinem Bad.

Eine Gänsehaut lief ihm über den Rücken, Kuno erinnerte sich wieder an den verzweifelten Versuch eben diese Erinnerung zu vergessen.

Aber sollte er es wirklich vergessen?

'Der Bajoraner, wie war noch mal sein Name?' Isweda unternahm verzweifelte Anstrengungen, weitere Erinnerungen zusammenzubekommen.

"Anjol! Sein Name ist Anjol!" Entfuhr es Kuno. Er sprang förmlich von seinem Hocker, schaffte es irgendwie sich auf den Beinen zu halten und starrte den für sein Unglück Verantwortlichen an. Hinter dem Gesicht des Bajoraners konnte Isweda das Gesicht des Barkeepers ausmachen und es schien so, als ob der Roboter das breiteste Grinsen aufgesetzt hätte, zu dem ihm seine Schöpfer befähigt hatten!

"Sie, Sie sind Anjol!", stellte Kuno mit immer noch schwerer Zunge fest, "und für all das hier verantwortlich!"

Kunos Gegenüber zeigte einen Gesichtsausdruck, der zwischen Verärgerung, Verblüffung über diese "Anklage" und Neugier lag

"Was für ein, ein...", Kuno rümpfte leicht die Nase, "... Bajoraner sind Sie eigentlich, ahnungslosen Neuankömmlingen so einen üblen Streich zu spielen!"

Der Roboter legte Anjol seinen Arm auf die Schulter. "Das liegt zu einem Grossteil an meinem 'Gegenmittel', das ich ihm verabreicht habe, aber es erspart ihm einen Besuch auf der Krankenstation, altes Familienrezept, seinen Sie also etwas nachsichtig mit ihm!"

'Nachsichtig!?', dachte Yhea entsetzt. Wie konnte man bei dem nachsichtig sein. So wie der sich hier aufführte? Also auf jedem normalen Schiff hätte Kuno wahrscheinlich schon eine Verwarnung bekommen.

Aber egal. Sie waren hier auf der Venture und hier herrschten andere Regeln. Wenn auch nur geringfügig andere. Also drehte er sich von Kuno weg, der im Moment sowieso nur unverständliche Sätze von sich gab und...

Laut fing Yhea plötzlich zu lachen an. Der Anblick, der sich ihm bot, war einfach göttlich. Anjol auf dem Barhocker und eCroft neben ihm; locker lässig über die Theke gelehnt und beinahe zärtlich den Arm um Anjols Schultern gelegt.

Und dann das Gesicht. Der Bajoraner sah aus, als würde er sich jeden Moment in Luft auflösen. Was hätte Yhea jetzt darum gegeben, ein Foto davon zu haben. Doch kaum kam ihm der Gedanke, er könnte ja schnell die internen Überwachungsanlagen aktivieren, da schubste Anjol den Arm des Androiden mit Schwung von seiner Schulter und schaute zu Kuno rüber.

Der stand immer noch mit unsicherem Stand neben der Theke und fluchte über irgendeinen angeblichen Scherz seitens des Bajoraners. Doch das war ja unmöglich. Schließlich hasste Anjol Scherze. Das hatte Yhea schon einige Male am eigenen Leib erfahren. Oder sollte sich diese verbohrte Krausnase doch noch geändert haben?

NEIN.

Eher würde ein Vulkanier fröhlich pfeifend in einem Swimmingpool sitzen und Schirmchen-Drinks schlürfen.

Kopfschüttelnd vertrieb er den Gedanken und wollte gerade Anjols Frage beantworten, als Kuno wieder lauthals dazwischenfunkte. Genervt verdrehte der Romulaner die Augen und schaute Anjol an.

"Na los, tu doch mal was dagegen", sagte er und zeigte zu Kuno. "Ich weiß ja nicht, was der da von dir will."

Innerlich bereitete sich Anjol darauf vor, dem Blechhaufen bei der nächsten solchen "Zärtlichkeit" den Arm zu brechen, während er zornig diesen kleinen, vernebelten Kerl betrachtete.

"So jemanden wie Ihnen spiele ich sicher keinen Streich!", gab er grollend zurück und seine Stimme blieb angespannt wie eine Klaviersaite. Der grinsende Neue war gefährlich nah davor, sich auf der Krankenstation wieder zu finden, wo der Bajoraner persönlich einen guten alten Einlauf anordnen würde.

Einen Moment schien Kuno sich fassen zu müssen, wankte leicht hin und her, bis er den Zeigefinger hob, um dann maßlos zu lachen: "Wollen mich wohl veräppeln! Hihi, das kaufe ich Dir nicht ab, Bajoraner... Anjooooooool"

Langsam reichte es Anjol wirklich und das freche Grinsen des Romulaners machte ihn nur noch wütender. Diesem rückratlosen Mistkerl würde er bald mal gehörig den Tag vermiesen:

"Was ist Grünhaut? Sag mir lieber, wo wir den Besoffenen entsorgen können, ohne dass er etwas Teueres voll kotzt!"

"Ha! Wuste ich's doch!", entgegnete Kuno, der immer noch nicht Herr seiner Zunge war, obwohl das höllische Getränk des Roboters ihm zumindest wieder einigermaßen klares Denken ermöglicht hatte, "ihr wollt, dass ich mich in diese... diese Vorrichtung stürze, am besten mit dem Kopf voran!"

Die Zornesröte wich aus dem Gesicht seines Gegenübers, nur um verstärkt wieder zu erscheinen!

"Wozu", setzte Isweda in immer noch leicht lallendem Tonfall nach, "Wozu habt ihr denn sonst so ein Monstrum in mein Quartier einbauen lassen?"

Leiser, in deutlich resigniertem Tonfall:

"Wäre einfacher gewesen mich aus einer Luftschleuse zu werfen, oder sollte mein Ableben aufgezeichnet und zur Belustigung für die Crew dann Schiffsweit gesendet werden?

Isweda setzte sich wieder und drehte sich in nörgelndem Tonfall weiter sprechend dem Roboter an der Theke zu.

Hey Blechkopp, einen Kaffe mit Milch, wenn ich schon Abtreten muss, dann mit klarem Verstand!"

Schweigen auf beiden Seiten von Kuno. Ob es Verblüffung war, oder einfach Sprachlosigkeit, dass Isweda wieder heil aus dem Bad gekommen war, ohne von dieser Gerätschaft dahingemetzelt worden zu sein, ihm war es egal.

eCroft brach in schallendes Gelächter aus, krümmte sich, soweit es sein Körper zuließ vor Lachen. "Sorry, aber dass es Sie erwischt hat und Sie dann auch noch direkt hier hereinkommen und wie Sie reagierten, das ist mehr als ich erwartet hätte!", brachte der Roboter von erneuten Lachanfällen unterbrochen hervor.

Jetzt war es an Kuno verblüfft zu sein. Mit einem Gesicht wie ein lebendes Fragezeichen starrte er den Roboter an.

"Ein Scherz, nur ein alter Scherz, wie er früher auf der Erde öfter mit Neulingen veranstaltet worden ist!", brachte eCroft immer noch laut lachend hervor, "ich habe einige Aufzeichnungen in der Datenbank gefunden, die derartige Geschehnisse im 19. und 20. Jahrhundert belegen und wollte sehen, ob es auch heute noch funktioniert!"

Schnell trank Yhea sein Ale aus und beugte sich dann zu Anjol rüber und flüsterte: "Sag mal, bist du dir da ganz sicher, dass wir Kuno hier weg bringen müssen? Also so langsam glaube ich, dass eCroft eher in Behandlung müsste. Und da ist wohl mehr zu tun, als ein paar Schrauben fest zu ziehen."

Beschwörerisch schaute er kurz zu dem Androiden rüber, bevor er immer noch im leisen Ton sagte: "Ich hätte nichts dagegen, eCroft mal ein wenig unter die Haut zu sehen. Würde mich ja schon mal interessieren, wie der Trottel da richtig funktioniert. Und ein paar kleine Veränderungen an ihm würden wohl allen hier gut tun. Na, was denkst du, soll ich schon mal meinen Werkzeugkoffer holen gehen?"

Regungslos schüttete Anjol den Rest Ale herunter und musterte den Romulaner kühl. Scheinbar war es dem Spitzohr wirklich ernst mit seinem Vorschlag. Mit leicht bebender Stimme kontaktierte der Bajoraner den Schiffsrechner: "Computer, steht eCroft auf der Besatzungs- oder der Inventarliste?"

Während das Elektronenhirn in wenigen Sekunden seine Datenbanken durchsuchte, starrte Anjol Alnak durchbohrend an. Die Antwort kam wie von Anjol erwartet: "eCroft ist als Gastronom auf der Besatzungsliste vermerkt. Wünschen Sie eine Korrektur?"

Der Bajoraner verneinte die Anfrage und schaute den Romulaner auch weiterhin funkelnd an: "eCroft ist eine intelligente Lebensform; niemand wird an ihm rumspielen, wie an einem Objekt. Das gilt jetzt und auch in Zukunft!"

Erleichtert huschte der Androide hinter der Theke hin und her, bereit den Bajoraner sofort dankend auf die Schulter zu klopfen. Doch bevor es dazu kommen konnte, wandte sich Anjol dem Blechhaufen zu, um jedes Missverständnis auszuschließen:

"Das heißt noch lange nicht, dass ich dich mag. Fass mich noch einmal an und breche ich dir das Erstbeste, was mir zwischen die Finger kommt!"

Der Barmann distanzierte sich leicht, ohne aber sein dämliches Grinsen zu beenden. Scheinbar hatte Anjol einen neuen Freund gefunden - ob er wollte oder nicht...

Kuno glaubte seinen Ohren nicht zu trauen. War er wirklich nur einem schlechtem Scherz aufgesessen?

Hatten zudem diese Verrücken hier wirklich einen Roboter, eine Maschine, eine Ansammlung von Blech, Schaltkreisen und ein paar Programmen, in den Stand eines Besatzungsmitglieds versetzt?

Die letzten Worte des Romulaners hallten noch durch Iswedas vernebeltes Gehirn, das immer noch Schwierigkeiten hatte, in gewohntem Tempo zu denken.

"Werkzeugkoffer?", lallte er und die Zornesröte schoss ihm ins Gesicht, "So einen", Isweda riss die Arme auseinander, "so einen riesigen Disruptor werden wir brauchen um das Teil aus meinem Bad zu bekommen!"

Sich an den Roboter wendend, fuhr er fort. "Kann es sein, dass dein Programmierer nicht ganz beieinander war, als er Dich in Betrieb gesetzt hatte? Ich könnte dem sicher abhelfen!"

Sich an den Bajoraner wendend, fragte Kuno: "Ist doch so, ein Mensch geht zur Krankenstation und eine Maschine wird von einem Techniker am Laufen gehalten, oder?"

Ohne Anjol zu Wort kommen zu lassen, sprach Kuno mit einem hämischen Grinsen eCroft an: "Ich bin der neue Techniker an Bord!"

Das Grinsen verlor sich aus dem Gesicht des Roboters.

"Ihr Kaffee ist gleich fertig!" und sich wegdrehend, konnte eCroft doch ein Glucksendes Lachen nicht verkneifen, er schien voll auf seine Kosten gekommen zu sein.

Yhea hatte sich also doch nicht getäuscht. Anjol war ein Griesgram wie er im Buche stand. Selbst wenn alle Leute im Raum am Lachen waren, schaute Anjol weiterhin mies in die Runde.

Na ja, vielleicht lag es an der Natur der Bajoraner, oder an sonst irgendwas anderem. Schließlich hatte Yhea noch nicht viele Bajoraner getroffen. Es konnte ja auch gut sein, dass nur Anjol so war, wie er war. Vielleicht hatte er schon lange keine mehr abbekommen oder so was Ähnliches.

Auf jeden Fall reagierte er immer weniger positiv auf Yheas kleine Scherzereien. Wohl ein Zeichen dafür, dass der Romulaner es mit den Scherzen sein lassen sollte.

'Na gut, dann werde ich versuchen, meine Scherze nicht mehr an Anjol zu versuchen', dachte er und drehte sich dann vollends zu Kuno um.

"Mister Isweda, bevor das hier jetzt noch überhand nimmt, hätte ich einen Vorschlag zu machen", sagte er und überlegte kurz. Kapierte Kuno in seinem Zustand überhaupt das, was Yhea ihm jetzt sagen wollte? Nun gut, einen Versuch war es wert. Und wenn es nicht klappte, dann war es eben Kunos eigene Schuld.

"Wie wäre es, wenn Sie einfach ein neues Quartier zugeteilt bekommen? Eins ohne Scherze oder sonstige Monstrositäten? Na, wäre das nichts? Dann könnten wir auch schön unseren Disruptor daheim lassen."

Isweda wurde leichenblass, "Ein anderes Quartier? Nein, ich bin durchaus mit dem jetzigem zufrieden!", stellte Kuno zwar mit hörbar schwerer Zunge, aber doch recht deutlich fest, "ein anderes Bad würde vollends reichen!"

Der Romulaner zog seine Stirn in Falten, so als zweifele er an dem Verstand des Halbjapaners, was Kuno zu einer weiterreichenden Erklärung veranlasste: "Ich hatte bisher nie ein derartig geräumiges und gemütliches Quartier und möchte es nur ungern wieder abgeben, jedoch", Isweda schüttelte sich wieder bei dem Gedanken an die Monstrosität im Bad, "die Einrichtung im Sanitärbereich bedarf einer gründlichen Umgestaltung!"

eCroft stellte den Kaffee auf die Theke. "Wenn sie versprechen, mich nie mehr 'Blechkopp' zu nennen, dann hätte ich eventuell eine Lösung für Ihr Problem!"

Kuno wurde zornig: "Dir hab ich doch den ganzen Schlamassel zu verdanken ... Blechkopp!"

eCroft wurde mit einem male sehr ruhig, legte einen fast traurigen Ausdruck auf sein Metallgesicht und klärte Isweda in groben Zügen über sein Schicksal auf.

"Oh!", Kuno schien mit einem Male wieder vollkommen nüchtern zu sein, "tut mir leid, aber ..."

"Schon gut!", unterbrach ihn der Roboter mit der menschlichen Seele, "aber kannst du nun verstehen, weshalb ich den 'Gag' für so gelungen hielt, da es jemanden erwischt hat, der mich vom ersten Augenblick an wie einen Toaster behandelt hat?"

Kuno nickte stumm und murmelte "wäre vielleicht nicht so gekommen, hätte ich mich nicht so höllisch erschreckt!"

eCroft lächelte, anscheinend genoss er noch mal die Erinnerung an die Situation, " Ich denke, wir sind quitt! Außerdem, völlig ungefährlich das ganze, nicht mehr als eine kleine technische Spielerei, ein paar Algen aus dem Arboretum, einige Servos und etwas Plastik, sowie ein paar Ersatzteile für meinen jetzigen Körper!"

"Ich denke", wandte sich Isweda nun wieder an Alnak, der in der Zwischenzeit an seinem Ale genippt hatte, "dass ich wirklich kein anderes Quartier benötige! Nur etwas Werkzeug, einen Abfallcontainer und", Isweda presste die Hand an seine Schläfen, "etwas gegen diese höllischen Kopfschmerzen!"

Gespannt hatte der Bajoraner diese so absurde Szene beobachtet: So was Verrücktes war auch nur hier auf der Venture möglich. Seine Mundwinkel zuckten leicht ärgerlich, aber dann löste sich irgendwas in ihm auf und er lachte leise.

Es war, als fiele der ganze Zorn über ihre Situation, den Verlust von Enehy und seine Unfähigkeit ihren Tod zu verhindern von ihm ab. Er hatte sich selbst gehasst seit sie ihren letzten Atemzug getan hatte, sich distanziert und mit Einsamkeit selbst gequält...

Yhea schaute ihn verblüfft an, aber Anjol konnte nur noch weiterlachen, während er alles irgendwie von Außen beobachtete: Das Universum war ein Irrenhaus und die Venture die Zentrale. Es gab einfach keine andere Möglichkeit!

Entspannt trank er noch einen Schluck von dem hervorragenden Ale, das wollig seine Speiseröhre herunter rann und ein warmes Gefühl hinterließ. Vielleicht sollte er öfters ein Glas trinken, um die Welt zu vergessen.

"Wissen Sie, Mister Alnak, irgendwann werde ich ihre Witze verstehen, also hören Sie bloß nicht damit auf!", sprach er das Spitzohr an und grinste innerlich weiter, während Kuno immer noch leicht schwankend seine Schläfen hielt.

Total irritiert starrte Yhea den Bajoraner an. Was hatte der gerade gesagt? Er solle ruhig weiter machen mit seinen Witzen? Schockiert griff er nach seinem Glas um einen großen Schluck Ale darauf zu trinken, doch soweit kam er gar nicht.

Entsetzt stoppte er in der Bewegung und schaute auf sein Ale hinunter. War es vielleicht das? Vorsichtig drehte er das Glas hin und her und begutachtete die darin schwimmende Flüssigkeit. Hmm, sah ganz normal aus, und bisher hatte sie auch ganz normal geschmeckt.

Schnell schaute er eCroft an, der immer noch grinsend hinter der Theke stand und Gläser polierte. "Ey, Blechbüchse, komm mal hier hin!", rief er.

"Ja, was kann ich für Sie tun?", fragte er und beugte sich zum Romulaner hinunter. Dieser hingegen griff nach dessen Arm und zog ihn bis zu sich herüber. "So Crofti, jetzt pass mal schön auf", flüsterte er dem Androiden ins Ohr. "Ich weiß ja nicht wie du es geschafft hast die beiden dort so zuzurichten, aber wehe du versuchst das einmal bei mir. Dann werde ich persönlich sämtliche Schaltkreise in deinem Kopf umprogrammieren. Und ich bin nicht gerade zimperlich in solchen Sachen.

Und dann brauchst du auch nicht nach Anjol zu rufen. Ich kann das auch, ohne dass er davon erfährt. Hast du verstanden?"

Wenn eCroft noch ein Mensch gewesen wäre, wäre wahrscheinlich sämtliche Farbe aus seinem Gesicht entwichen. Doch so grinste er nur noch blöde und richtete sich wieder auf. "Natürlich Sir. Ich habe verstanden." Und mit einem Ruck war er wieder weg und bediente irgendwelche Leute in der Bar.

Wieder fiel Yheas Blick auf sein Ale. Doch diesmal war es ihm egal. Er hatte jetzt schon mehr als die Hälfte davon getrunken und es ging ihm blendend. Vermutlich wirkte eCrofts Mittel nicht bei Romulanern. Na ja, es war ihm nur recht.

Nach einem großen Schluck drehte er sich wieder zu Anjol um. "Bist du dir da wirklich sicher mit den Witzen? Oder war das ganze nur ein Scherz deinerseits?"

--- Krankenstation, währenddessen

Nachdem die Vorstellung vorbei und ihr Sanitäter beschäftigt war - wie Cailin sich versicherte ohne Patienten zu gefährden und unter Aufsicht - wandte sie sich wieder der Psychologin zu, die unschlüssig im Raum stand. Krankenstationen wie diese waren ihr sicher vertraut, aber eben nicht ihr Spezialgebiet.

"Hinter dieser Tür liegt Ihr Büro, Miss Jefferson", meinte die Purna erklärend und führte die Terranerin zu einem angrenzenden Raum. Die Türen öffneten sich zischend gaben den Blick auf einen kleinen Raum frei. Er war sauber und man sah, dass er in Ordnung gehalten wurde, dennoch ließen die Aktenberge darauf schließen, dass hier irgendwann mal alles was aus dem Schreibtisch gelegen hatte auf einem Berg gelandet war, was die Suche nach einem neuen Psychologen erklärte.

"Wie bereits erwähnt, sollten Sie hier alles zu Ihrer Zufriedenheit vorfinden. Wenn Ihnen jemand den Zugang zu den elektronischen Akten frei gegeben hat, dann können Sie auch nur diese benutzen. Ihr Vorgänger liebte es aber auch über händische Unterlagen zu verfügen. Natürlich haben Sie dann auch Zugang zu der Krankheitsgeschichte, aber es gibt auch Einträge die eine höhere Sicherheitsstufe als die Ihre benötigen." Die Ärztin zuckte leicht mit den Schultern. Sie hatte immer gut damit leben können.

"Wenn Sie mich jetzt bitte entschuldigen würden... Ich wurde zum Frachtraum gerufen, als ich eigentlich etwas anderes vorhatte." Noch einmal nickte sie aufmunternd Miss Jefferson zu, bevor sie zu Norgaard trat und noch ein paar Anweisungen gab.

Es wurde Zeit auch mal etwas Pause zu machen.

---- vor der Schiffsbar, kurze Zeit später

Mit weit aufgerissenen Augen blickte die Purna schockiert auf die Tafel, die über der Schiffsbar prangte. Der Name erinnerte sie sehr stark an eines der Holoprogramme, die ein gewisser ferengischer Barbesitzer auf Raumbasis 17/2 seinen Gästen anbot. Aber was hatte man schon an Geschmack von jemand zu verlangen, der seine Bar "Zur grünen Wand" nannte?

"Zum tanzenden Liebesdiener", las die befiederte Frau noch einmal, aber diesmal laut und traute ihren Augen nicht. Wer hatte nur dieses Verbrechen begangen? Wie konnte man eine Schiffsbar - die für Cailin immer eine Art Gesellschaftsraum blieb - nur so nennen?

Noch dazu auf einem Schiff, das für uneigennützige Hilfe stand. An welche Hilfe man bei diesem Namen dachte, wollte sich die Vogelfrau erst gar nicht vorstellen.

Die Türen öffneten sich einladend, als sie näher trat und sie hörte jetzt auch die ihr bekannten Geräusche von Unterhaltung, Lachen und Geschirr klappern.

Trotzdem spähte sie erst misstrauisch um die Ecke und sah sich vorsichtig um, als ob sie unwillkürlich erwarten würde, dass sich die Bar von einen auf den anderen Tag in eine üble Spelunke wie auf Sternbasis G-6 verwandelt hatte.

Erst als sie ein paar vertraute Gesichter an der Theke sah, trat sie - wenn auch zögerlich - ein.

---- Schiffsbar "Zum tanzenden Liebesdiener"

Auch wenn der Name ein anderer war, schien alles beim alten geblieben zu sein, seit die Bar wieder geöffnet hatte. Schon zuversichtlicher ging sie zur Theke.

Dabei fiel ihr auf, dass Anjol und Yhea wieder mal in ein Streitgespräch verwickelt schienen, jedenfalls wirkte das Gesicht des Bajoraners seltsam verschlossen und das des Romulaners so, als wäre er wieder mal mit einem Witz gescheitert.

--- Schiffsbar, Theke, etwas abseits

Um sich nicht aufzudrängen oder sich in ein bestehendes Gespräch einzumischen, setzte sich Cailin ein Stück abseits an die Theke. Für einen Moment musste sie daran denken, was wohl ihr neuer Sanitäter gesagt hätte, wenn er wüsste, dass sie zwar nicht mit ihm in die Bar ging, aber sehr wohl ohne ihn.

Ein Lächeln huschte über ihr Gesicht und verlieh ihm etwas Farbe.

"Was für ein schönes Gesicht... und was für eine bemerkenswerte Musterung Ihre Federn haben...", hörte Cailin plötzlich eine Stimme sagen und erstarrte. Ihr Blick wanderte zur Herkunft der Worte und dabei entdeckte sie, dass sie wohl vom Barkeeper stammten. Einem Androiden.

Sie schien ihn noch immer mit großen Augen voller Verwunderung anzustarren, denn er setzte zu einer leichten Verbeugung an. "Wo sind nur meine guten Manieren geblieben. Habe ich doch bei Ihrem Anblick glatt vergessen mich vorzustellen: Mein Name ist Croft. eCroft."

Bei diesen Worten lachte er, als hätte er einen guten Witz gemacht, doch die Purna konnte beim besten Willen keinen entdecken. Verwundert versuchte sie ihre Gedanken zu ordnen. "Mister eCroft, ich hätte gerne etwas zu trinken. Ohne Alkohol. Einen..." Weiter kam sie nicht.

"Lassen Sie sich überraschen, schöne Unbekannte", sagte der Androide mit einem Unterton in der Stimme, den sie bisher nur bei Männern gehört hatte, die mehr Interesse an ihr gehabt hatten, als nur freundschaftliches oder berufliches. Noch bevor sie ihren Fehler sich nicht vorzustellen, wieder gut machen konnte, rauschte er auch schon wieder davon: "Ich bin gleich wieder hier und bringe Ihnen etwas, dass Sie Ihr Leben lang nicht vergessen werden...."

"Wenn es so ist wie der neue Name der Bar, dann glaube ich das unbesehen", murmelte die Ärztin und schüttelte seufzend den Kopf.

Wenn die Überraschungen weiter so dick kamen, dann würde sie wohl froh sein, wenn Notfälle sie die nächste Zeit auf die Krankenstation fesselten...

--- Renaults Quartier, zur gleichen Zeit

Mit einem leichten Seufzen erhob sich Mirabelle von ihrem Bett, obwohl sie eigentlich viel lieber einfach liegen geblieben wäre. Seltsam. In ihrem früheren Leben hatte sie sich selten so müde gefühlt, obwohl sie wesentlich härter hatte arbeiten müssen als hier an Bord der Venture.

Die Französin hatte ihren neuen polnischen Mitarbeiter zu seinem Quartier gebracht und war dann in ihr eigenes weitergegangen, um nachzudenken. Vor allem über den Auftrag, den der Bajoraner ihr erteilt hatte.

Als sie den Computer über Clints Aufenthaltsort befragt hatte, war ihr mitgeteilt worden, dass er sich in den wissenschaftlichen Labors befand, wie es seine Aufgabe war. Das war immerhin nicht auf den ersten Blick auffällig.

Mirabelle merkte plötzlich, dass sie ziemlich hungrig war, immerhin war seit dem Frühstück schon eine ganze Weile vergangen. Sie rief ihren großen Rüden zu sich, der schon die ganze Zeit erwartungsvoll zu ihr aufgeblickt hatte, als wüsste er, dass es nun einen Spaziergang geben würde und verließ ihr Quartier.

--- Vor der Schiffsbar

Mira befahl Kieran, vor dem Eingang sitzen zu bleiben, denn sie fand es nicht gerade gut, wenn sie den großen Rüden an einen Ort mitnahm, an dem gegessen wurde. Viele Menschen nahmen daran Anstoß.

Der Wolfshund legte sich mit einem beleidigten Gesichtsausdruck, den Mira erheiternd fand. Kurz strich sie ihm über das drahtige Fell und betrat dann die Bar.

--- Schiffsbar, am Eingang

Der Blick Mirabelles schweifte schnell über den gesamten Raum. Schon einige Mitglieder der Mannschaft waren eingetroffen, der ganze Saal war von einem geschäftigen Summen erfüllt. Auf den ersten Blick war der Französin niemand aufgefallen, auf den die Beschreibung Ahm-tor Clints passen könnte.

Sie hatte schon überlegt, ob sie einen 'zufälligen' Abstecher auf die wissenschaftliche Station unternehmen sollte, diesen Gedanken dann aber wieder verworfen. Wenn der Mann tatsächlich Dreck am Stecken hatte, dann würde er sicherlich sofort argwöhnisch werden. Also hatte sie beschlossen, erst einmal ihren leeren Magen zu füllen. Dann würde sie sicherlich auch wieder besser denken können.

Mira bemerkte, dass die Schiffsärztin am Tresen saß und beschloss, sich ihr anzuschließen.

--- Schiffsbar, Theke, etwas abseits

"Darf ich mich zu Ihnen setzen?" fragte Mirabelle die Purna und blieb abwartend stehen.

Fragend blickte die Ärztin hoch und sah die kleine Französin vor sich, die seit kurzer Zeit in der Sicherheit arbeitete. Ein zu harter Job für eine so zarte sensible Frau wie die Purna fand, aber sie hatte ihr trotzdem bei der Einstellungsuntersuchung nichts gesagt um sie von ihrem Entschluss abzubringen.

Die Menschen taten immer das, was sie für richtig hielten, und ließen sich in den meisten Fällen nichts sagen. Selbst wenn sie sich damit selbst ins Unglück stürzten.

"Selbstverständlich. Die Theke ist für alle da", meinte Cailin etwas abwesend und stierte dann wieder vor sich hin. Ihr ging nicht aus dem Kopf, dass McCarthy so ein Verbrechen an der Bar erlaubt hatte.

Vielleicht sollte sie einfach Anjol fragen.

Wieder wanderte ihr Blick zu dem Bajoraner, aber der schien sie noch nicht mal bemerkt zu haben. Resigniert legten sich ihre Kopffedern noch enger an und sie stieß ein leises trauriges Gurren aus.

"Hier ist Ihr Drink, schöne Unbekannte", hörte sie plötzlich eine ihr inzwischen vertraute Stimme und hatte Angst hochzusehen. Trotzdem tat sie es und mit einem breiten Grinsen im androiden Gesicht setzte ihr der Barkeeper ein Getränk hin, in dem sich goldene Wogen bewegten. Es wirkte wie ein Glas gefüllt mit Sand in dem der Sand golden war und ständig herumwirbelte.

Verblüfft betrachtete die Ärztin noch immer das Getränk, als sich ihr Gegenüber schon wieder neu orientierte.

"Mein Name ist Croft. e Croft. Der Captain wies mich an Ihnen jeden Wunsch von den Augen abzulesen. Also was darf ich Ihnen bringen, meine Dame?", fragte er nun auch die Französin und schien sich in ihren mandelförmigen Augen direkt zu verlieren.

--- Bar, Theke

Undurchsichtig lächelnd starrte Anjol den Romulaner an, den er allen Anschein nach kräftig verwirrt hatte, bis er schließlich für Yhea erlösend zur Antwort gab: "Wohl eine Mischung aus beidem!"

Alnak wirkte noch immer nicht überzeugt, aber bevor dieser weitere Fragen stellen konnte, war Anjol schon von seinem Hocker aufgesprungen, um zu den beiden etwas abseits sitzenden Frauen zu gehen.

Immer noch irritiert schaute Yhea hinter Anjol her, der sich zu den beiden Frauen gesellte, die eben die Bar betreten hatten. Lächelnd winkte er den Beiden zu und drehte sich dann zu Kuno um, der immer noch die Hände an die Stirn hielt.

"Sind Sie sicher, dass Sie noch irgendein Gebräu gegen die Nebenwirkungen des Ales von eCroft haben wollen? Also ich würde mich nicht darauf verlassen, dass das hilft. Aber schließlich ist das Ihre Entscheidung", sagte der Romulaner. "Aber wenn ich Ihnen einen Tipp geben darf: Gegen zu viel romulanisches Ale hilft meistens eine schöne Schalldusche."

Wie von Geisterhand hielt Yhea plötzlich ein PADD in der Hand, in welches er mehrere Dinge eintippte, bevor er es Kuno reichte. "Hier bitte. Da drin stehen die genauen Frequenzen, die Sie bei Ihrer Schalldusche einstellen müssen. Danach müsste es Ihnen eigentlich viel besser gehen."

Die Stimme von Yhea drang immer noch wie durch Watte gedämpft in das Hirn von Isweda. Aber soviel hatte Kuno verstanden, dieser Romulaner schien völlig aus das Art geschlagen zu sein, er war freundlich und hilfsbereit!

"Danke!" brachte Kuno hervor und setzte sich in Bewegung, dem Rat und Hilfsangebot des Romulaners Taten folgen zu lassen, Kuno verließ die Bar, sein Ziel war die Dusche in seinem Quartier.

--- Bar, Theke, etwas abseits

"Hallo, ist die Einweisung der Neuen gut über die Bühne gegangen?", fragte Anjol in einem grüßendem Ton und besonders die Antwort von Miss Renault interessierte ihn - immerhin hatte er ihr eine geheime Aufgabe zugetragen, von der bald die Sicherheit des ganzen Schiffes abhängen mochte...

Noch bevor Cailin antworten konnte, bemerkte sie Yhea, der ihnen zuwinkte. Lächelnd erwiderte sie seinen Gruß, bevor sie ihre Aufmerksamkeit wieder Anjol zuwandte. Zwar hätte sie Miss Renault gerne den Vortritt gelassen, aber diese war von eCroft auf ihre Wünsche hin angesprochen worden.

"Die Psychologin Jefferson ist bereits dabei ihren Arbeitsplatz zu besichtigen und die Vorarbeit von Hagerty zu begutachten. Du weißt, dass er niemand Einblick in seine handschriftlichen Aufzeichnungen gewährt hat und wir auch später die Finger davon gelassen haben", meinte die Ärztin erklärend.

"Und der Sanitäter Jones lässt sich gerade von Julia in die Arbeit auf der Station einführen und die Bedienungsweise der Geräte einführen." Sie hielt einen Moment inne und fragte sich, ob sie gegenüber Anjol etwas darüber erwähnen sollte, dass die Psychologin neuen Leuten nicht so neutral gegenüber stand wie sie es eigentlich von Berufswegen sollte, doch sie schwieg. Es war auch kein wesentlich besseres Verhalten, wenn sie ihr nicht die Chance gab, diesen schlechten Eindruck wieder auszuradieren.

"Dieser Jones Abraham...." Cailin spielte mit ihrem Drink und beobachtete wie die goldenen Wogen sich zu einem Sturm im Wasserglas entfesselten, was sie sehr faszinierend fand. "Was machte er eigentlich vorher? Ich meine, er kam als einziger zu spät zum Frachtraum, er wirkt, als wäre er gerade erst aufgestanden und macht überhaupt einen sehr verschlafenen Eindruck, es sei denn jemand erwähnt in seiner Gegenwart das Wort 'Bar'. Ich lege nur ungern das Wohl meiner Patienten in die Hände eines Menschen, auf den kein Verlass ist." Abwartend sah die Purna auf und beobachtete die Reaktion des Bajoraners.

Er wirkte angespannt, obwohl die Bar normalerweise zur Erholung diente. Sie beschloss spontan, ihn später darauf anzusprechen.

"Um diesen Jones mache ich mir am wenigsten Sorgen. Der mag zwar etwas merkwürdig sein, aber ansonsten sollte er die Aufgaben bewältigen können!", antwortete Anjol nach einem weiteren Schluck aus seinem mittlerweile recht leeren Glas.

Nach einem leichten Wink servierte eCroft ein neues Ale und der Bajoraner sprach weiter: "Wenn ich seine Akte richtig gelesen habe, ist er so gut wie in jeder Abteilung einsetzbar. Falls es also ernsthafte Probleme gibt, kann er als Techniker Plasmaleitungen schrubben..."

Bei den letzten Worten hatte er der Purna leicht zugezwinkert. Auch wenn dieser Jones nichts wirklich gelernt hatte, war er doch auf dieses Schiff gekommen. Er hatte sich eine Chance verdient...

"Und bevor wir es vergessen: Ein verabredetes Abendessen wartet noch auf uns!", wechselte er das Thema, um die Purna etwas von ihren Sorgen abzulenken.

Nachdem Mira ihre Bestellung bei diesem merkwürdig menschlichen Androiden aufgegeben hatte, wartete sie sehnsüchtig auf ihr Essen, denn sie hatte wirklich Hunger.

Nur halb hörte sie dem Gespräch Anjols und der Ärztin zu, denn sie war selber in Gedanken verfangen. In erster Linie drehten sich diese um ihre Aufgabe, diesen Clint zu überwachen...

Da sie das Gespräch der beiden nicht unterbrechen wollte, wartete sie ab, bis sich eine Möglichkeit ergab, mit dem Bajoraner zu sprechen...

Cailin vergaß den problematischen Sanitäter, als Anjol die Rede auf das gemeinsame Essen brachte. Ein Umstand, der ihn scheinbar sehr erheiterte, auch wenn sie den Grund dafür nicht verstand.

"Daran habe ich schon gar nicht mehr gedacht", meinte sie leise und hoffte, dass man die Röte, die ihr bei dieser Notlüge ins Gesicht schoss, nicht bemerkte, aber es lag ihr fern jemand anders ein schlechtes Gewissen einzureden, nur weil er Besseres zu tun hatte, als ein aus einem Hochgefühl heraus gegebenes Versprechen zu halten.

"Ich würde mich natürlich freuen mal mit dir in Ruhe durchgehen zu können, was sich noch verbessern ließe, aber natürlich nur, wenn es deine Zeit erlaubt. Du weißt ja, dass es an allen Ecken und Enden bei uns fehlt." Die Purna lächelte ihn an und ihr kam nicht mal im entferntesten in den Sinn, dass der Bajoraner, an mehr als ein Geschäftsessen denken könnte

Mit einem Ruck stellte sie aus heiterem Himmel ihr Glas so auf die Theke, dass es fast überschwappte und holte dann ihren Tricorder heraus. Sie konnte es nicht lassen den Inhalt ihres Glases zu scannen um festzustellen, ob dieses für die Augen hübsch anzusehende Getränke auch wirklich für einen purnäsischen Organismus genießbar war.

"Wie ich es mir gedacht habe...." Danach folgte eine nur für Mediziner oder Chemiker verständliche Beschreibung der Bestandteile des Drinks und ihrer Wirkung, bis sie schlussfolgerte: "Der Anteil der schwebenden Miodalle liegt eindeutig 2,03% über den normalen Wert. Schön anzusehen, aber leider für meinen Körper ungenießbar..."

Die Purna schüttelte den Kopf und wandte sich wieder an den Bajoraner, der ihrer Messung verwundert gefolgt war. "Du solltest diesem eCroft mal beibringen, dass er auch die rassenspezifischen Eigenarten der verschiedenen Crewmitglieder in seine Datenbank einspeisen muss um solche Zwischenfälle künftig zu vermeiden."

"Werde ich machen!", versprach der Bajoraner sofort, auch wenn er nicht gerade darüber erfreut war, mehr als nötig mit dem Androiden zu tun zu haben. Dieses überfröhliche und absolut dämliche Verhalten hatte Anjol schon bei dem Original gestört. eCroft stand dem in nichts nach...

Nebenbei hatte er Mira beobachtet, die sich dezent im Hintergrund hielt um das Gespräch des Bajoraners nicht zu stören. In den letzten Tagen hatte er schon häufiger die beachtliche Mischung zwischen Schüchternheit und Stärke bei ihr bemerkt und bewundert.

"Was hat sich denn bei Ihnen ergeben, Miss Renault?", wandte er sich dann der Terranerin zu, während Cailin ihren Tricorder wieder sorgsam verstaute.

Mira senkte ihre Stimme ein wenig, damit nicht alle Welt in der Bar mithören konnte. "Er ist auf direktem Wege in seinem Labor verschwunden. Bislang verhält er sich nicht offensichtlich auffällig. Warum genau erscheint er Ihnen auffällig? Haben Sie Kenntnis von Dingen, die mir nicht bekannt sind?" fragte sie dann den Bajoraner.

--- Büro des Psychologen

Die Arme in die Hüften gestemmt sah sich Ysara um. Ihr Blick schweifte unwillkürlich zu dem riesigen Aktenberg, der sauber gestapelt auf dem Tisch darauf wartete, bearbeitet zu werden.

Ahnungsvoll nahm sie auf dem - wenigstens bequemen - Polsterstuhl platz und öffnete eine der Schubladen. Ebenfalls gefüllt mit handbeschriebenem Papier. Leicht säuerlich öffnete sie eine zweite Schublade. Nun, diese zumindest war leer, bis auf ein paar Stifte und interessanter Weise einen Handphaser. Ein interessantes Arbeitswerkzeug für einen Psychologen.

Unschlüssig blieb sie einen Augenblick lang sitzen, dann zuckte sie mit den Achseln und griff nach dem ersten Stapel Akten. Danach aktivierte sie ihre Konsole, machte es sich bequem und griff nach dem ersten Papier. "Akte: Hisaki, Kuzhumo" stand dort in geschwungener Schrift.

Seufzend rief die Psychologin die Besatzungsliste auf und begann herauszufiltern, welcher der Patienten sich überhaupt noch auf dem Schiff befand ...

--- einige Zeit später

Eine Weile arbeitete Ysara schweigend. Zumindest sprangen ihr auf den Zetteln nicht auf Anhieb Worte ins Auge, die auf wirklich kranke Fälle hinwiesen. Alles in allem wirkte die Besatzung der Venture wie die eines völlig normalen Föderationsschiffes, auf dem sich für gewöhnlich eher wenige Psychopathen aufhielten.

Als der Türsummer betätigt wurde, sah sie fragend auf. Sie erwartete halb die Purna, eine der wenigen, mit denen sie bisher Kontakt hatte, doch auf ihr "Herein!", gab die Tür den Blick frei auf einen riesenhaften Kerl mit langem roten Haar, der zögernd stehen blieb.

"Einen schönen guten Morgen", grüßte sie ihn mit fragendem Blick und forderte ihn mit einer Geste auf, hereinzukommen. "Kann ich Ihnen helfen?"

Der Mann tat schüchtern einen Schritt nach vorne. "Mein Name ist Calvin.", stellte er sich mit überraschend leiser Stimme vor, die gar nicht zu seinem robusten Erscheinungsbild passen wollte. "Sind Sie die neue Psychologin?"

"Das bin ich. Mein Name ist Ysara Jefferson." Sie verzichtete darauf, ihm die Hand zu reichen und wies lieber auf den Stuhl. "Setzen Sie sich doch, Mr Calvin."

Er räusperte sich und blieb einen Moment schweigend sitzen. Ysara legte ihre Blätter beiseite und wartete ab, ein nettes Lächeln aufgesetzt und auf alles vorbereitet.

"Wissen Sie, ich habe ein ganz dringendes Problem.", sprach er schließlich und schaute dabei auf seine Hände. "Ich bin Teil der Ladecrew, und als wir heute morgen den Frachtraum für die Ivory hergerichtet haben, da ... da ..." Er zögerte, und sein letzter Satz war kaum mehr als ein Hauchen. "... da ist es schon wieder passiert ..."

Ysara nickte, das Verständnis in Person. "Ihnen muss hier nichts peinlich sein. Was ist denn passiert?"

Er wurde tatsächlich ein wenig rot. Sie beugte sich leicht vor, nun doch gespannt auf seine Eröffnung, die höchstwahrscheinlich nicht halb so tragisch sein würde, wie er selbst es glaubte. "Wissen Sie, ich sah Mr Alnak aus der Technik und ich ..."

Fragend zog sie die Augenbrauen hoch. "Ja?"

Calvin schluckte. Dann sah er auf, und in seinen Augen lag etwas wie ein Funkeln. "Verstehen Sie mich nicht falsch, ich habe Frau und Kinder. Aber wenn ich ihn in seinem Arbeitsoverall sehe, finde ich das wahnsinnig erotisch!"

Ysara schaffte es, ein Grinsen zu unterdrücken, genau wie die schleichende Resignation, die jetzt schon zeitgleich in ihr hochkam. Sie lehnte sich wieder zurück und faltete die Hände ineinander. Das würde wahrscheinlich dauern. Wage bekam sie eine Vorstellung davon, was "schon wieder passiert" war, und bald wartete sie schon voller Spannung darauf, diesen Alnak einmal persönlich kennen zu lernen...

--- Iswedas Quartier

Das PADD in der Hand Tippte Isweda die Daten ein, überprüfte sie, löschte sie und begann von neuem.

'Hrmmm, 0,0047 nicht 0,0074' Ärgerte sich Isweda zum wiederholtem male über einen der vielen Tippfehler und versuchte es erneut.

Nach dem drittem Versuch gab Kuno auf, legte das PADD neben das Terminal und veranlasste einen direkten Datentransfer. 'Hoffe nur, das ich nicht alle Schallduschen auf dem Schiff umgestellt habe!'

Mit diesem Gedanken zog Kuno sich aus, schlüpfte an der unbeschreiblichen Konstruktion vorbei, die ihm vor nicht allzu langer Zeit einen gewaltigen Schreck eingejagt hatte, ohne sich dieses Ding anzusehen und somit zu riskieren, das sein Magen sich krampfhaft entleerte und verschwand unter der Schalldusche.

Ameisen schienen über seine Haut zu Krabbeln, sein Hirn schien ohne den Rest seines Körpers einen Ritt auf einem wildgewordenem Tark zu machen und Kuno schwor sich nie wieder ein Romulanisches Ale anzufassen!

Nach weiteren 5 Minuten schaltete sich die Schalldusche selbstständig ab und Isweda fühlte sich wirklich besser. Zwar nicht vollkommen nüchtern und erholt, aber doch soweit hergestellt, das er in der Lage sein würde seinen Dienst anzutreten!

Isweda warf einen kurzen Blick auf das, was nach Aussagen von eCroft nur ein "Scherz" sein sollte und sofort krampfte sich in Isweda etwas zusammen. Nein, etwas derartig Verrücktes und Grauenvolles hatte Kuno bisher noch nie gesehen!

Es anfassen um es zu demontieren? Nein, niemals!

Die Schalldusche hatte Kuno einen Grossteil seines logischen Denkens zurückgebracht. Er richtete einen der Schallkörper auf die sich Bewegende Konstruktion aus, verließ das Bad und setzte sich an das Terminal.

'Mal sehen ob es funktioniert!' Isweda spielte mit den Frequenzen der Schalldusche herum, suchte die Eigenfrequenz dieses unbeschreiblichen Gebildes.

Zunächst zerbarst ein Spiegel, dann erfüllte sich der Raum mit einem tiefen Dröhnen. Einige Versuche später begannen einige Einrichtungsgegenstände wie von Geisterhand durch den Raum zu wandern, dann fiel eine Lampe aus der Deckenverkleidung, aber Kuno gab nicht auf!

Schließlich fand Isweda die richtige Frequenz und sah mit Genuss zu, wie sich das Schreckgespenst zunächst in größere, dann immer kleinere Teile zerlegte. Schließlich blieb nur ein Haufen Staub übrig, auf dem sich ähnlich wie auf dem Wasser Wellen bildeten.

'Eine neue Toilette werde ich replizieren müssen, den Rest übernimmt die automatische Reinigung!' stellte Isweda mit einem zufriedenen Grinsen fest.

--- Bar, Eingang

Müde trat Jones durch die Tür, welche mit einem sanften, harmonisch klingendem Geräusch zur Seite wich. Langsam rieb er sich seine entzündeten Augen, auf dem Weg durch die Gänge war ihm seine Müdigkeit wieder aufgefallen. Nur das Schild über dem Eingang "Zum tanzendem Liebesdiener" entlockte ihm ein Grinsen. Dies versprach kein langweiliger, föderativer Gesellschaftsraum zu werden, sein Gefühl hatte ihn nicht getäuscht.

An die Theke lehnte sich ein bleichblonder Bajoraner und kippte entspannt einen seltsamen Drink. Neben ihm saß ein grinsender Romulaner auf einem Barhocker. Man sah diese Spitzohren selten außerhalb ihres Imperiums, die grünhäutigen Fanatiker blieben meistens unter sich. Noch seltener sah man einen auf einem Föderationsschiff, noch dazu einen der grinsend auf einem Barhocker balanciert und vergnügt einen Drink schlürft.

Und wer saß direkt neben den Zweien? Neben einer zierlichen Frau mit schönen dunklen Augen saß sie. Jones sah finster auf die Federn in Cailins Gesicht. 'So ist das also', dachte er mürrisch und versuchte seine Müdigkeit abzuschütteln, 'Die große Chefärztin ist also tatsächlich sehr beschäftigt'

Mit gemäßigtem Schritt schlenderte er zur Theke, er wusste was ihn wieder einigermaßen auf Touren bringen würde.

--- Bar, Theke

Neben dem immer noch zutiefst vergnügt, als hätte er gerade eine erstklassige Komödie zu sehen bekommen, wirkenden Romulaner lehnte sich der Texaner an die Theke.

"Whisky, kein Alkohol, Synthetol!", wies er den Robotbarmann an. Der Barman war oft die Hauptattraktion einer Bar und so bemühte man sich in der ganzen Galaxie um möglichst spektakuläre Persönlichkeiten für diesen Job. vielarmige Tintenfische, riesige Insekten und selbst amöbenartige Barmänner hatte der Texaner schon erlebt, aber einen Roboter fand er ziemlich einfallslos, auch wenn dieser Blechkumpane recht menschlich wirkte.

Synthetol war ein Segen der Menschheit, wenn man es von einer gewissen Perspektive aus betrachtete. Diese Substanz hatte eigentlich eine völlig andere Zusammensetzung als Alkohol, wenn auch eine recht ähnliche Wirkung. Euphorischen Zustand und den Kater danach konnte dieses Zeug schon bescheren, allerdings war die schädigende Wirkung auf den Körper und die körperliche Abhängigkeit bei weitem nicht so stark.

Viele Menschen meinten jedoch, es schmecke scheußlich und hätte längst nicht die versprochene Wirkung, sodass sie immer noch am Original hingen. Jones beließ es bei Synthetol, er hatte seine Gründe und hielt an seinen Prinzipien fest. Als der Barman ihm sein Glas überreichte drehte sich der Texaner mit dem Rücken zur Bar und nahm einen tiefen Schluck.

Dann wandte er sich an den fröhlichen Romulaner: "Schönen Tag Partner, oder was für eine Zeitperiode gerade auch immer herrscht. Darf man fragen, was einen Romulaner derart amüsieren kann?"

Grinsend drehte Yhea sich zu Jones um und schaute ihn an. Sollte er ihn gleich eine passende Antwort an den Kopf schmeißen oder es lieber langsam angehen lassen?

Fröhlich entschied er sich für die erste Möglichkeit und antwortete: "Och ich weiß nicht, ob man das fragen darf." Von einer Sekunde auf die andere war das Grinsen aus Yhea's Gesicht verschwunden und er starrte Jones eiskalt an. "Aber es könnte doch sein, dass es Leute gibt, die solche Fragen überhaupt nicht mögen."

Interessiert beobachtete er die Reaktion seines Gegenüber. Er hielt sich ja ganz gut. Kaum eine Regung war in dessen Gesicht zu erkennen. Deswegen machte der Romulaner auch munter weiter.

"Haben Sie jemals einen Romulaner gesehen, der gut auf Witze zu sprechen war? Hmm, wahrscheinlich nicht. Denn jeder, der einen Romulaner lachend gesehen hat, hatte es nicht überlebt."

Ein leichtes Schmunzeln huschte über Alnaks Lippen. "Wollen Sie also immer noch wissen, was mich so amüsiert hat?"


zum nächsten Teil

zurück zum Index