Venture Cronik 6

Viecher und sonstige Probleme

--- Brücke

Mit einem ungläubigen Blick schaute Brengh seinen Vorgesetzten an und entgegnete nicht ohne eine Spur Sarkasmus in der Stimme: "So wie ich das sehe, ist die Evakuierung dann abgeschlossen, wenn Sie vor lauter Leuten auf dem Gang kaum noch gerade gehen können - Sir."

Dann wandte er sich wieder seinem Gespräch mit dem Transporterchief in Transporterraum 2 zu: "Nein, nein und nochmals nein! Es werden schon viel zu viele Leute auf diesem Schiff aufgenommen. Das Nutzvieh bleibt unten!! Ich will auf diesem Schiff keine Kühe, Gurahns oder Pkoschas sehen. Nein, auch keine Hühner! Schicken Sie die Tiere sofort wieder hinunter! Das Lebenserhaltungssystem wird die nächsten Tage ohnehin bin an die Grenzen seiner Belastbarkeit geprüft werden. Ende.

Einen Kanal zum Maschinenraum öffnen.

Wie sieht es mit der Energieversorgung des Lebenserhaltungssystems aus? Konnten Sie die Leistungsfähigkeit steigern? Nein, nicht um hundert Prozent, um Tausend! WAS? Siebzehn? Sind Sie wahnsinnig? Stellen Sie gefälligst überall Sauerstoffaufbereiter auf und sehen Sie zu, dass möglichst viele Pflanzen auf dem Schiff verteilt werden. Ende.

Einen Kanal zur wissenschaftlichen Station öffnen.

Was machen die Notliegen? Der Platz wird schon langsam knapp! bringen Sie die ersten hundert schon einmal zum Lagerraum eins. Und wenn Sie dort irgendwelchen Hausrat sehen, dann lassen Sie ihn über Bord werfen, wir brauchen jeden Platz, den wir kriegen können. Ende.

Einen Kanal zu Transporterraum eins öffnen.

Sie arbeiten zu langsam, Bajoraner! Wenn Sie die Aufnahmegeschwindigkeit nicht um mindestens dreißig Prozent erhöhen, kriegen Sie Ärger. En...wie? Die Leute wollen ohne ihre Haustiere nicht vom Planeten weg? Dann lassen Sie sie unten! Ende!

Einen Kanal zur Sicherheit öffnen.

Im Quartier des Captains haben sich aus Protest ein paar Bauern mit ihren Schafen verschanzt und verlangen, auch noch ihre Pferde an Bord holen zu dürfen. Bereinigen Sie diese Situation, wir brauchen den Platz. Und in Lagerhalle zwei weigern sich ein paar Siedler, von ihren Kühen zu steigen. Vom mir aus erschießen Sie sie, aber bringen Sie sie zur Vernunft.

Was? Nein, nicht die Siedler erschießen, was sind Sie, ein Klingone? Ende.

Oh, ehe ich es vergesse.

Einen Kanal zur Mannschaftsmesse öffnen.

Bringen Sie mir sofort was zu Essen, die Replikatoren hier oben funktionieren immer noch nicht! Ende."

Sich umwendend, fragte er den Captain: "Haben Sie sonst noch irgendwelche Fragen, Sir?"

Für einen Moment klappte Charles Mund auf und er betrachtete seinen Navigator ungläubig: Er hatte ihm ja viel Kraft zugetraut, aber SO viel? Übermenschlich!

Rasch schloss McCarthy seinen Mund wieder und betrachtete die Anzeigen, um sich vom Zustand des Schiffes zu vergewissern. Scheinbar war es schlechter, als er gedacht hatte. Aber nicht aussichtslos. Mit viel Energie und Engagement ließ sich die Venture wieder in Schuss bringen.

"Nein, erst mal nicht, und Ihr Handeln ist lobenswert und korrekt. Alle Viecher kommen wieder runter auf den Planeten! Wir haben auch so schon zu wenig Platz", gab er schließlich zurück und überlegte kurz ihr weiteres Vorgehen.

Dann hatte er eine Idee und aktivierte seinen Kommunikator: "Hier spricht der Captain; an alle Kolonisten: Falls Sie über Erfahrung im Umgang mit Maschinen oder eine technische Ausbildung verfügen, melden Sie sich bitte im Maschinenraum. Wenn wir die Reparaturen beschleunigen, können wir schneller eine neue Heimat für Sie finden. McCarthy Ende!"

Zufrieden klopfte er mit den Fingern auf seine Armkonsole und hoffte, dass sein Aufruf sich auszahlen würde. Sie mussten verschwinden: Besser heute als morgen. Wenn die Romulaner wiederkommen würden, wäre das ihr aller Untergang...

--- Gänge, Deck 3

Catrìona deaktivierte ihren Communicator und wandte sich wieder an den Engländer. "Sie haben gehört, was gesagt wurde. Die Toten kommen nicht in die Krankenstation. Leider ist wohl auch keine Lagerhalle oder etwas Ähnliches frei, da wir so viele Kolonisten haben aufnehmen müssen... Und der Transporter ist noch in Gebrauch, so dass wir den auch nicht verwenden können... Cailin, hast Du eine Idee, was wir machen könnten?", wandte sie sich dann an ihre Kollegin.

Die Purna schüttelte verneinend den Kopf. "Ich beschäftige mich vor allem mit der Medizin und nicht damit wie Patienten, deren Ableben ich nicht verhindern konnte, wieder der Natur übergeben werden. So weit möchte ich eigentlich gar nicht denken..." Dann schien sie doch darüber nachzudenken, weil sie sich den Patienten verpflichtet fühlte, bis sie schließlich ihre Gedanken laut aussprach:

"Wir können den Männern wohl kaum zumuten, die Stasiskammer durch die Jeffriesröhren zu erreichen, oder? - Vielleicht ist es ja möglich die Leichen mit Phasern zu vaporisieren. Ich verstehe nicht viel von Waffen, meine aber so etwas schon gesehen zu haben. Wenn ich auch keine Ahnung habe, ob wie solch starke Waffen an Bord haben... Hmmm..." Cailin versuchte eine andere Lösung zu finden, falls diese Art der Beseitigung nicht möglich war.

"Was wäre, wenn man die Leichen einfach mit einem Shuttle nach unten auf den Planeten bringt? Ich weiß zwar immer noch nicht genaueres über die Vorfälle auf dem Planeten, aber nach der totalen Evakuierung und den Verbrennungen zu schließen, scheint Cargo nicht übertrieben zu haben, als er mir erzählte, dass die Erde sich aufgetan hätte.

Die im Planetenkern herrschende Temperatur ist doch auch so etwas wie eine Sonne. Oder?" Fragend sah sie die Schottin an und hoffte, dass sie ihrer Idee etwas abgewinnen und sie den anderen schmackhaft machen konnte.

--- Ein Labor, Deck 4

Es war still in dem kleinen Raum. Viel zu still für ihren Geschmack. Sie hörte nur ihr eigenes Atmen und Kierans Hecheln.

Wenigstens hatte sie es geschafft, den großen Rüden mit an Bord zu schmuggeln. Und sie würde dafür sorgen, dass er auch bei ihr bleiben konnte. Er war alles, was ihr von ihrer wunderbaren Familie geblieben war.

Mira spürte, wie ihr die Tränen über die Wangen liefen. Tränen, die sie nicht aufhalten konnte - nicht aufhalten wollte. Sie fühlte sich schrecklich allein. Ihre Eltern waren vor ihren Augen in dem Inferno auf dem Planeten gestorben, beide hatten an einer der Stellen gestanden, an denen dieser riesige Erdspalt sich aufgetan hatte.

Wo ihr Bruder war, wusste Allah allein. Ihr Bruder, seine Frau und das Kind... Waren sie noch am Leben und ebenfalls an Bord dieses Schiffes, das gekommen war, sie zu retten? Oder waren die drei ebenfalls Opfer des Trümmerregens geworden? Mira hatte sie seit ein paar Tagen nicht mehr gesehen, da Abdul mit seiner Familie ein eigenes Haus gegründet hatte...

Langsam versiegten die Tränen. Mira schlang ihre Arme um den großen Wolfshund und fing an, ihre Lage zu überdenken. Vielleicht war es nicht so klug gewesen, sich direkt nach ihrer Ankunft in diesem Transporterraum aus demselben zu stehlen. Aber sie hatte das Bedürfnis gehabt, allein zu sein, allein um ihre Familie zu trauern, ohne dass sich irgend jemand einmischte.

Vor allem nicht Raoneid, der gemeinsam mit ihr nach oben gebeamt worden war und der dazu neigte, allen zu erzählen, wie schlecht es ihm doch ging, der aber niemals bemerkte, dass das Leben auch anderen Menschen nicht immer wohlgesonnen war.

Also hatte Mira ihren Hund am Halsband genommen und war aus dem Raum verschwunden, was bei all dem Durcheinander nicht so schwer gewesen war. Unweit des Transporterraumes hatte sie diesen kleinen Raum entdeckt, die Verriegelung seiner Türe entsichert und sich verkrochen.

Wie lange war sie schon hier? Eine Stunde? Länger? Kürzer? Irgendwie war ihr jegliches Zeitempfinden abhanden gekommen.

Ihr Magen knurrte. Was sollte sie tun? Ihren sicheren Hort verlassen, das ja, aber was sollte sie mit dem Hund tun? Hier lassen konnte sie ihn nicht, denn Kieran würde zwar tun, was sie ihm befahl, aber was wäre, wenn er entdeckt würde? Und mitnehmen.... Ob das eine so gute Idee war, bezweifelte Mira auch ein wenig.

Dann kam ihr der Gedanke, dass ihr Bruder es vielleicht doch geschafft hatte. Wie konnte sie ihn hier oben wohl am besten finden? Sollte sie einfach ziellos herumstreifen - und sich dabei heillos verirren ? Allerdings konnte sie auch den Leuten des Schiffes helfen, und vielleicht fand sie dabei auch Abdul...

Schließlich entschied sie sich dafür, den Hund in dem Labor zu lassen. "Bleib hier, Kieran!" befahl sie dem Hund und konnte in der Dunkelheit des Raumes nur erahnen, wie der Hund zu ihr aufblickte, als sie aufstand.

Sie tastete sich zur Türe und öffnete sie. Nachdem sie auf den Gang getreten war, verschloss sie die Türe wieder. Wie gut, dass ihr Vater ihr einige Tricks gezeigt hatte, wie man Sicherungen umging. Nicht dass dieses Labor, das allem Anschein nach nicht mehr verwendet wurde, gut gesichert gewesen wäre. Nun... jetzt war es das. Charles Renault war ein guter Lehrer gewesen...

--- Deck 4, Gänge

Schnell wusste Mira wieder, woher sie vor einiger Zeit gekommen war. Langsamen Schrittes ging sie in Richtung des Transporterraumes, erreichte diesen kurze Zeit später...

--- Transporterraum 2

... und bekam gerade noch mit, wie zwei Gestalten auf der Transporterplattform materialisierten. Mira hatte die beiden auf dem Planeten gesehen, sie erinnerte sich, dass sie zu diesem Schiff gehörten.

Sie fasste sich ein Herz, ging auf die beiden zu und fragte leise: "Kann ich mich hier eigentlich irgendwie nützlich machen, damit ich mir nicht so verloren vorkomme?"

--- währenddessen auf der Transporterplattform

Erleichtert atmete Anjol aus, als die drückende Hitze und die staubige Luft des Planeten verschwunden waren und er zusammen mit Combatch auf der Transporterplattform stand.

Die Bordbeleuchtung der Venture war wesentlich gedämpfter als die unbarmherzig scheinende Sonne, der sie beide noch wenige Sekunden zuvor ausgesetzt gewesen waren und so verschwamm die Realität sofort wieder vor den Augen des Bajoraners.

Nur langsam lüftete sich der Schleier, als seine Pupillen sich auf die Lichtverhältnisse einstellten und er erkannte die Konturen einer Person, die immer schärfer wurden, bis Anjol schließlich das Gesicht einer jungen Frau erblicken konnte.

Obwohl ihre Haut von Schmutz bedeckt war und man noch deutlich die Spuren verronnener Tränen sehen konnte, blieb kein Zweifel an der exotischen Schönheit der Fremden, die ihn nun mit einer leisen, aber dennoch durchdringenden Stimme ansprach.

In der ersten Sekunde wusste der Bajoraner nicht, was er antworten sollte, da er selber kaum ahnte, wie die aktuelle Situation auf der Venture war. Aber dann kam es Anjol schlagartig in den Sinn:

"Vielen Dank, ich glaube wir können wirklich jede helfende Hand bei der Einrichtung der Notquartiere für die Flüchtlinge gebrauchen. Wenn Sie wollen, können Sie gleich mit mir mitkommen und ich zeige Ihnen alles."

Eine kurze Pause entstand und Anjol überlegte sich seine nächsten Worte sehr genau, um der freundlichen Frau nicht das Herz zu brechen:

"Vielleicht finden wir dann auch jemanden wieder, den sie kennen..."

Erleichtert atmete Mira auf, als sie die freundlichen Worte des Mannes vernahm. Ein kurzes Lächeln huschte über ihr Gesicht, dann meinte sie:

"Vielen Dank, das ist sehr nett von Ihnen. Ich bin tatsächlich auf der Suche nach meinem Bruder und dessen Familie, weil ich nicht weiß, ob er die Katastrophe dort unten überlebt hat oder ob er auch sterben musste..."

Mira schluckte, während sie dem Mann auf dem Weg zur Türe folgte. Ob sie es wagen sollte, ihm von Kieran zu erzählen? Sie war sich nicht sicher. Vielleicht war er doch nicht so freundlich, wie er wirkte, und verbannte ihren heißgeliebten Hund wieder auf diesen jetzt unwirtlichen Planeten?

Nach kurzem Überlegen beschloss Mira jedoch, das Wagnis einzugehen, denn sie wollte nicht daran denken, was alles passieren konnte, wenn jemand den Hund zu früh entdeckte...

Also wandte sie sich wieder an ihren Begleiter: "Monsieur, ich habe noch ein Problem: Mein Hund ist mit mir an Bord gekommen, ich habe ihn in einem Raum sicher versteckt. Ich würde ihn gerne behalten, weil er wahrscheinlich das Einzige ist, was mir geblieben ist.

Er ist nur leider als Wachhund ausgebildet, so dass es ziemlich unangenehm sein könnte, falls ihn jemand entdeckt... Können Sie mir vielleicht helfen, dass ich ihn mitnehmen kann, bis ich wieder von Bord gehe?"

Mira sah, wie ihr gegenüber überlegte. "Ach ja, ich habe ganz vergessen, mich vorzustellen: Mein Name ist Mirabelle Renault."

--- Deck 2, Gänge

Der Schweiß lief Yhea in wahren Bächen über sein Gesicht. Nur mit großer Anstrengung und mit Hilfe von Alex schaffte er es, die neue Energieleitung an die richtige Stelle in der Wand zu bekommen. Doch das größte Problem war jetzt noch, diese Leitung auch anzuschließen.

Zu zweit schaffte man es gerade so, die Leitung in der gewünschten Position zu halten, doch irgendwie musste dieses verdammte Ding ja auch fest gemacht werden. Nur ständig war eine Hand zu wenig dafür übrig. Zwischenzeitlich hatte Yhea echt schon überlegt, sich mal einen dritten Arm samt Hand zuzulegen, doch er vermutete, dass das nicht gerade toll aussehen würde.

Sich wieder auf die Arbeit konzentrierend griff Yhea mit einer Hand hinter sich, um das passende Werkzeug zu holen, doch kaum hielt er die Leitung nur mit einer Hand, da merkte er, wie sie aus seinen Fingern glitt. Hastig zog er die zweite Hand zurück um der ersten zu helfen, doch da war es schon zu spät.

Mit einem lauten Knall rutschte die Energieleitung aus ihrer provisorischen Halterung und krachte auf den Boden. Laut fluchend zwängte er sich aus dem Loch in der Wand und kickte frustriert gegen seinen Werkzeugkoffer, der in hohem Bogen gegen die gegenüberliegende Wand flog und dabei den kompletten Inhalt auf dem Gang verteilte.

Immer noch fluchend lehnte sich Yhea gegen die Wand und schaute Alex an.

"Ja, ich weiß. Ich sollte nicht jedes Mal meine Wut an dem Werkzeug auslassen. Aber irgendwie beruhigt mich das immer. Vor allem, da ich im Moment keinen Kaffee trinken kann", sagte Yhea und starrte auf die verstreuten Werkzeuge.

Wenn es nach ihm gegangen wäre, hätte er ja zuerst diese Replikatoren repariert. Dann hätte er jetzt ganz entspannt seinen Kaffee getrunken und dann diese dämliche Leitung geflickt. Aber schließlich war es ziemlich unlogisch, zuerst unwichtige Systeme zu reparieren und darauf zu hoffen, dass die Romulaner nicht mehr zurückkommen.

Aber wieso dachte er eigentlich logisch? Er war doch kein verdammter Vulkanier. Bei dem Gedanken huschte ein Lächeln über sein Gesicht und er drehte sich wieder zu Alex um.

"Na los. Machen wir endlich weiter. Ich will heute noch meinen Kaffee bekommen", sagte er, klopfte Alex auf die Schulter und begann, die ganzen Werkzeuge wieder in den Koffer zu packen.

--- Deck 3, Gänge

"Ich finde die Idee mit dem Planeten eigentlich hervorragend.", antwortete die Schottin auf Cailins Frage.

"Ich weiß allerdings nicht, inwieweit sich diese Idee auch praktisch in die Tat umsetzten lässt..." überlegte sie dann. "Man könnte natürlich auch den Transporter dafür verwenden..."

Nach wenigen Sekunden des Überlegens wandte sich Catrìona dann wieder an den Engländer, diesmal hatte sie sich deutlich besser in der Gewalt als noch wenige Minuten vorher.

"Ich denke, dass es das Beste ist, wenn Sie sich auf den Weg machen, die Toten auf einem dieser Wege zu beerdigen. Auf diese Art und Weise werden unsere Patienten nicht erschreckt - und wir könnten gleichzeitig das Platz- und Energieproblem ein wenig verbessern, da schon keine Energie dafür verwendet werden muss, die Stasiskammern zu versorgen. Alternativ können Sie natürlich auch auf den Vorschlag meiner Kollegin mit den Jeffriesröhren zurückgreifen, wenn Ihnen das lieber ist..."

Catrìona bemerkte sofort die Abneigung des Engländers gegenüber diesem Vorschlag. Das war wieder einmal typisch. Sobald es um die eigene Bequemlichkeit ging, machten die Sassenachs schlapp...

Wiederum ergriff sie das Wort: "Gut. Dann werde ich versuchen, Ihnen den Weg zu ebnen...." Und schon aktivierte die Schottin wieder ihren Communicator.

--- Transporterraum 2

Einen Moment lang musterte Anjol abermals die tiefen Augen der ihm gegenüberstehenden Dame, lächelte dann leicht und verneigte sich in seiner galantesten Weise: "Angenehm, ich heiße Anjol. Wegen ihrem Hund machen Sie sich mal keine Sorgen; zwar weiß ich wie der Captain dazu stehen wird, aber das kläre ich schon für Sie!"

Mirabelle lächelte kurz und ihre mandelförmigen Augen strahlten wie zwei Sterne in der Finsternis und ein wolliger Schauer lief dem Bajoraner am Rücken hinab, bis die etwas schärfer als sonst klingende Stimme der Bordärztin erklang:

"MacLeod an Anjol. Ich weiß nicht, ob das hier in Ihr Zuständigkeitsgebiet fällt, aber nachdem Sie ja so etwas wie ein erster Offizier sind, dachte ich, ich wende mich an Sie. Wir haben hier einen Mann, der für die Lagerung der Toten zuständig ist, die Miss Fakaii und ich ungern auf der Krankenstation haben wollen, da viele der Patienten sich nicht gerade in einem psychisch stabilen Zustand befinden. Wir haben überlegt, ob man die Toten eventuell auf den Planeten bringen könnten. Wenn Sie einverstanden sind, schicke ich Ihnen den Mann mal vorbei...MacLeod Ende!"

Der plötzliche Ruf der Schottin hatte die Atmosphäre des Momentes durchbrochen und Mirabelle löste ihren Blick und schaute wieder etwas verlegen zur Seite, während der Bajoraner mit einem innerlichen Grummeln das Gesagte zur Kenntnis nahm. Aber scheinbar hatte er keine andere Wahl...

"Es ist schön, wenn die Arbeit einem so entgegen kommt!", sagte er zu der Mirabelle und zwinkerte leicht mit den Augen, "Wollen Sie mir gleich dabei helfen?"

--- Deck 3, Gänge

Nachdem Catrìona die Verbindung mit Anjol unterbrochen hatte, sah Cailin sie fragend an und man sah ihr deutlich an, dass sie sich in der Gegenwart der vielen Toten in ihrer Eigenschaft als Ärztin deutlich fehl am Platze fühlte. Besonders, da diesen ganzen Toten gesundheitlich nichts gefehlt hatte und sie einen unnötigen sinnlosen Tod gestorben waren.

In einem Kampf, der mit etwas zu tun hatte, was der Purna gänzlich fremd war. Dem Kampf um Besitz und Macht.

Die schottische Ärztin schien die ungestellte Frage nicht bemerkt zu haben, ihr Blick lag auf einem der Männer. Ein nicht sehr freundlicher Blick.

Nachdem Cailin selbst einen nachdenklichen Blick auf die Männer geworfen hatte, war sie sich sicher, dass diese wahrscheinlich weiter direkt auf ihr Ziel zugehen würden, wenn die beiden Frauen erst weg waren. Also fragte sie Catrìona: "Und? Was machen wir jetzt? Warten bis er antwortet?"

Sehnsüchtig verirrte sich dabei ihr Blick in Richtung Mannschaftsmesse, als ein seltsam anmutendes Tier den Gang entlang lief, gefolgt von einem aufgeregten Sicherheitler. Erst jetzt fiel der Purna auf, dass plötzlich viel mehr auf den Gängen los zu sein schien, als gewöhnlich.

"Es scheint da einige Probleme zu geben, was gebeamt werden soll und was besser nicht", wandte eine männliche Stimme ein. Clancy war unbemerkt aufgetaucht und hatte sich zu den beiden hinzugesellt. Er grinste und fing das Tier ein, als hätte er nie etwas anderes getan. Wieder einmal erstaunte er Cailin.

"Ach, Clancy, Sie kommen gerade im rechten Augenblick. Könnten Sie nicht bitte dafür sorgen, dass diese Männer ihre... ihre Last nicht von der Stelle bewegen, bevor Anjol erscheint oder neue Anweisungen erteilt? Bitte..." Flehend sah sie den jungen Mann an und hoffte, dass er ihr die Bitte nicht abschlagen würde. Sie wollte einfach so schnell wie möglich weg von hier.

"Na gut, Miss Fakaii, ich werde mich hier ein wenig nützlich machen.", lachte Clancy die Purna an. Irgendwie schien dieser Mann immer gut gelaunt zu sein, was doch eine ziemlich seltene Gabe war. Er hielt das Tier fest am Nackenfell und meinte: "Sie können mir vertrauen, gehen Sie ruhig!"

Catrìona war erleichtert, dass er so bereitwillig half. "Vielen herzlichen Dank, Clancy!" wandte sie sich freundlich an den jungen Mann. "Cailin und ich wollten nämlich zur Messe um endlich einmal etwas zu essen. Wenn Sie uns brauchen, wissen Sie, wo Sie uns finden - auch wenn ich hoffe, dass das nicht so schnell der Fall sein wird."

Dann wandte sich die Schottin an den Engländer: "Wenn Sie so nett wären und hier bei Mr. Clancy bleiben würden, bis Anjol Instruktionen für Sie hat? Ich bin sicher, dass sich dieses Problem lösen lassen wird."

Der Mann nickte knapp. Catrìona, die dies als eine abschließende Geste der Zustimmung verstand, lächelte ihre Kollegin an und meinte: "Komm, jetzt gehen wir aber wirklich was essen, ich bin am Verhungern!"

Die beiden machten sich auf den Weg zur Messe.

--- Transporterraum 2

Die Welt sah gleich ein wenig freundlicher für Mira aus. Kieran war in Sicherheit und sie hatte jemanden kennen gelernt, der ihr ausgesprochen sympathisch war. Wenn der Rest der Besatzung der Venture auch so war, dann hatte sie wenigstens Glück im Unglück gehabt.

"Ich helfe Ihnen gerne... Anjol. Sagen Sie mir nur, was es zu tun gibt, denn ich kenne mich ja hier nicht im Geringsten aus. Und Kieran können wir dann ja später holen...", schloss sie dann leise. Dann wartete sie auf Anweisungen ihres neuen Bekannten, dem sie nun aus dem Transporterraum folgte.

--- Deck 4, Gänge

Schweigend hatten die beiden den Transporterraum verlassen und sich auf den Turbolift zu bewegt. Erst als sie dann kurz vor der geschlossenen Tür standen durchbrach der Bajoraner die nervöse Stille:

"Ich muss Sie vorwarnen, auf dem restlichen Schiff sieht es fürchterlich aus. Das Maschinendeck", und er deutete mit einer Handbewegung auf den hinter ihnen liegenden Gang, "ist größtenteils freigehalten worden, um die Techniker nicht zu behindern - gleich wird es erheblich schlimmer sein!"

Es war wichtig, dass Anjol Miss Renault auf die Realität vorbereitet. Sicher hatte sie noch nichts von den Kämpfen gehört und noch nie in ihrem Leben solch verwüstete und mit Blut beschmierte Gänge gesehen.

Tapfer schluckte Mirabelle ihr Unbehagen herunter und nickte leicht, was den Bajoraner erleichterte. Für eine Zivilistin war sie bemerkenswert...

Während Mira Anjol durch den Gang folgte, stellte sie fest, dass der Turbolift sich direkt zwei Räume neben dem verlassenen Labor befand, in dem sie Kieran zurückgelassen hatte.

Nein. Sie konnte ihren Hund nicht einfach so in dem Raum lassen. Was war, wenn jemand es schaffte in das Labor zu gelangen und auf den Rüden stieß? Ein Hund, der so groß war wie ein Kalb und eine Ausbildung als Wach- und Schutzhund hatte, konnte gefährlich werden. Nachher wurde noch ein Mensch verletzt - oder schlimmer noch, Kieran getötet.

Mira murmelte dem Bajoraner ein kurzes "Entschuldigen Sie einen Moment" zu, was ihn zu einem verblüfften Innehalten bewegte, da er gerade den Turbolift betreten wollte.

Mira trat zu der Labortür, gab schnell die von ihr erstellten Sicherheitscodes ein und öffnete die Türe. Auf ihr gerufenes "Kieran, komm!" sprang ein riesiger Haufen langen grauen Fells mit einem langen Schwanz aus dem Raum und vollführte einen wahren Veitstanz neben der Französin.

"Ist ja schon gut, hör auf, du dummer Hund," schalt Mira mit einem Lächeln, dann ging sie wieder zurück zu Anjol. "Entschuldigen Sie, aber mir war einfach nicht wohl bei dem Gedanken, dass der Hund hier allein bleiben sollte. Sie brauchen sich keine Sorgen zu machen, er folgt aufs Wort."

Damit wandte sie sich zum Turbolift und betrat ihn, gefolgt von dem Rüden und Anjol. "Also, wo wollen wir hin? Ich kenne mich nicht aus auf diesem Schiff..."

--- Turbolift

Immer noch etwas entgeistert starrte der Bajoraner den wahrlich großen Hund an, der schwanzwedelnd bei Mira stand und keinen Zweifel daran ließ, dass er sie im Notfall verteidigen würde. Treue und Stärke zeigten sich im Wesen des Tieres...aber auch Wärme und Freundschaft.

"Deck 3", gab er dem Computer etwas geistesabwesend als Ziel an und sofort setzte sich die kleine Kapsel in Fahrt und machte sich auf den recht kurzen Weg, um sich schließlich keine 3 Sekunden später zischend zu öffnen.

--- Gänge, Deck 3

Eine Welle von Hitze und Gestank schlug beiden entgegen und alle Hoffnungen, dass die Lage sich verbessert haben könnte, zerplatzten wie eine Seifenblase in Anjols Kopf.

Aus den Augenwinkeln beobachtete er, wie Mira die Augen etwas entsetzt weit aufschlug und sich an dem roten Halsband des Hundes festklammerte. Instinktiv trat das Tier dichter an sie heran und ein Teil der Anspannung fiel daraufhin scheinbar von ihr ab.

So gestärkt betraten sie den Gang und näherten sich Clancy, der lachend neben zwei Anjol unbekannten Kerlen im Gang stand und auf...auf irgendwas Haariges aufpasste.

--- Mannschaftsmesse, wenige Zeit später

Auch hier waren deutliche Spuren der vorangegangenen Erschütterungen zu erkennen, Pflanzen und Stühle waren umgeworfen, einige Tische hatten sich aus ihrer Verankerung im Boden gelöst.

Auch andere Mannschaftsmitglieder hatten sich eingefunden sowie eine Gruppe von Menschen, die allem Anschein nach Kolonisten waren. Müde saßen sie auf ihren Stühlen und stierten Löcher in die Luft.

Die beiden Ärztinnen schritten zu einem kleinen Tisch, richteten zwei am Boden liegende Stühle auf und setzten sich. Dann meinte Catrìona: "Was magst du haben, ich bringe dir was vom Replikator mit..."

Die Purna brauchte nicht lange zu überlegen. Auch wenn ihr immer alle bestätigten, dass repliziertes Fleisch eigentlich kein Fleisch war, so aß sie trotzdem nur was sie von der Natur her kannte und was man sähen und ernten konnte. Wobei sich sehr schnell herauskristallisiert hatte, dass sie Reis, obwohl er nicht auf Venderat beheimatet war, in jeder Art und Form liebte.

"Heute etwas Süßes mit Reis. Du kennst ja meinen Geschmack. Du kannst ihn gar nicht verfehlen", lächelte Cailin und fügte dann hinzu, "und irgendeinen Fruchtsaft, bitte." Dann sah sie sich in der Schiffsbar näher um und stellte traurig fest, dass sie hier zwar nicht alleine waren, aber nicht die traute Stimmung eines Schwarms vorhanden war, sondern die allgemeine Stimmung sehr gedämpft und bedrückt war.

Es waren fast keine Unterhaltungen im Gange, die meisten schienen ihren Gedanken nachzuhängen und die Ereignisse der Vergangenheit Revue passieren zu lassen. Doch die Ärztin versuchte das, was sie mitbekommen hatte, lieber zu verdrängen, statt sich weiter damit zu beschäftigen.

"Irgendwie ist es nicht mehr dasselbe, seit wir auf diese Reise aufgebrochen sind. Das Orakel heute morgen hat die Wahrheit gesagt. Ich habe Angst, dass die dunkle Wolke noch nicht vorüber ist und noch vor uns liegt..." Cailin sah Catrìona nachdenklich an und fragte sich, was sie wohl fühlen mochte. Zwar hatte sie versucht ein anderes Thema anzuschneiden, aber es wollte ihr einfach nicht gelingen.

--- Schiffsbar, Tisch 8

"Okay, dann sehe ich mal nach, was der Smutje heute so empfiehlt.", meinte Catrìona in einem Versuch, die düstere Stimmung zumindest ein wenig aufzuheitern. Allerdings gelang das nicht wirklich, denn keiner der beiden fühlte sich danach, auch nur zu lächeln.

Die Schottin drehte sich um und ging zum nächsten Replikator.

--- Brücke

Die Zeit schlich erbarmungslos langsam dahin und schweigend blickte McCarthy auf den Rücken seines Navigators, der jede Hilfe und somit jede Ablenkung abgelehnt hatte. Und jetzt saß er, Charles P. McCarthy, in seinem Sessel und versuchte die Zeit zu verdrängen.

Nur mit Mühe widerstand er der Versuchung, mit den Fingern auf die Lehnen zu trommeln, aber schließlich stand er auf und zog sich sorgsam die Uniform zurecht. Von der Decke hingen einige Abdeckplatten und Kabel herunter, woran sich der Captain im Laufe der Jahre aber schon gewöhnt hatte - scheinbar waren dies Verschleißteile, die bei einer Schlacht kaputtgehen mussten...

--- Schiffsbar, bei den Replikatoren

'Hmm... nach was ist mir denn?' überlegte Catrìona, dann bestellte sie für die Purna und sich selber Milchreis mit Kompott. Nichts passierte. Catrìona wiederholte ihre Bestellung. Wieder nichts.

Daraufhin begann die Schottin, auf sämtlichen Knöpfen, die am Replikator zu finden waren, herumzudrücken - nichts. Ebenso wenig waren die anderen Replikatoren bereit, etwas Essbares zu produzieren.

'Das ist ja zum Auswachsen', murrte sie innerlich, dann ging sie wieder zu ihrer Kollegin zurück.

"Ich glaube, wir haben ein Problem", wandte sie sich an Cailin, die bedrückt dreinsah. "Die Replikatoren funktionieren nicht mehr. Ich kann nur hoffen, dass es nicht überall auf diesem Schiff so ist, denn sonst haben wir nicht nur ein übervölkertes Schiff, sondern auch eines, in dem niemand etwas zu essen bekommt..."

Nachdenklich sog Cailin die Luft ein und schüttelte dann unmerklich den Kopf. Sie hatte sich also doch nicht geirrt. Zwar schien sich alles auf dem Schiff inzwischen einigermaßen beruhigt zu haben, aber sie waren noch lange nicht aus der Krise, die das Orakel ihr prophezeit hatte, heraus. Im Gegenteil würde es nicht lange dauern, bis Personen mit einer schlechten Konstitution ernsthafte Probleme mit ihrer Lunge bekommen würden.

"Das Essen wird bald nicht unser einziges Problem sein, denke ich. Der Sauerstoffgehalt der Luft scheint bereits merklich zurückgegangen zu sein", antwortete die Purna mit gedämpfter Stimme. "Kein Wunder, so wie die Kapazität dieses Schiffes zur Zeit belastet wird. Es dürfte niemals so viele Leute aufnehmen. Nicht mal in einer Notsituation.

Nicht auszudenken, was passiert, wenn die Technik versagen sollte..." Dass der Cheftechniker noch immer nicht ganz auf dem Damm war und so keine 100%ige Arbeit leisten konnte, machte ihr auch Sorgen.

"Wahrscheinlich ist es genau das falsche was ich jetzt tun kann, aber auch wenn ich nur eine kleine unbedeutende Ärztin auf diesem Schiff bin, so werde ich doch meine Bedenken anmelden. Denn ich bin für das Wohl der Mannschaft ebenso verantwortlich wie der Captain mit seinen Entscheidungen." Cailin klang ungewöhnlich entschlossen, vielleicht auch deshalb, weil sie sehr genau wusste wie Leute, die es mit der Angst bekamen, reagieren konnten.

Die Angst davor zu ersticken würde sie unberechenbar machen. In solchen Augenblicken bedeutete ein toter Kolonist ein wenig mehr Luft zum Überleben...

Noch bevor Llewella etwas entgegnen konnte, betätigte Cailin ihren Communicator. Sie sprach sehr gedämpft um nicht die anderen Anwesenden der Bar auf sich aufmerksam zu machen. Nur am Tisch konnte man sie verstehen.

"Fakaii an McCarthy. Captain, ich weiß, dass Sie jetzt sicher anderes zu tun haben, aber ich möchte nicht versäumen in meiner Eigenschaft als Schiffsärztin die Empfehlung auszusprechen, so schnell wie es nur geht einen Ort anzusteuern, auf dem der Verbleib der Kolonisten sichergestellt ist.

Jede Verzögerung belastet das System noch mehr und es könnte zu einem Ausfall mit verheerenden Folgen für uns alle kommen. Bereits jetzt kann das Luftaufbereitungssystem nur mangelhafte Versorgung bieten. Ich kann für nichts garantieren, wenn Leute, die ihre Heimat und fast alles was sie hatten verloren haben, auch noch gegen Luftknappheit an Bord kämpfen müssen." Die Purna sog laut hörbar die Luft ein und wagte sich nicht vorzustellen, was dann passieren würde.

"Ich denke, Sie sind bereits von der Technik darüber informiert worden, dass zumindest die Replikatoren der Schiffsbar nicht mehr funktionieren. In wieweit diese Störung das ganze Schiff betrifft, entzieht sich leider meiner Kenntnis. Aber auch Nahrungsmangel kann dazu beitragen, dass die Stimmung unter Kolonisten und Mannschaft sehr stark sinkt und die Aggression zunimmt. Bedenken Sie, dass wir derzeit keinen Counselor an Bord haben.

Ich möchte mich noch einmal für die Störung bei Ihnen entschuldigen, aber ich musste es einfach sagen, bevor es zu spät ist." Abwartend lauschte Cailin der Antwort des Captains und beobachtete dabei einige sehr verschlossene Gesichter der hier wartenden Kolonisten. Fast konnte sie schon die Anspannung im Raum körperlich fühlen.

--- Maschinenraum

Mit hängenden Schultern betraten Yhea und Alex den Maschinenraum und ließen sich auf die nächstbesten Stühle fallen und mit einem Knall landeten ihre Werkzeugkoffer in einer freien Ecke.

Sofort drehte er sich zu der Konsole um und überprüfte noch einmal sämtliche Reparaturen. 'Scheint ja alles in Ordnung zu sein', überlegte er und schaltete dann den Energietransfer über die reparierten Energieleitungen frei.

Kurz kontrollierte er noch einmal alle Werte, nickte zufrieden, lehnte sich dann müde zurück und steckte die schmerzenden Hände in seine Tasche. Überrascht zog er sie jedoch sofort wieder heraus und schaute auf die Schachtel, die er in der einen Hand hielt. Die hatte er ja ganz vergessen.

Mit einem schiefen Grinsen öffnete er die Schachtel und schaute auf die Pastillen. Wie viele sollte er noch mal holen? Er konnte sich nicht mehr an die Worte von Catrìona erinnern. Nur was von nicht zu viel nehmen spukte durch seinen Kopf. Ärgerlich schüttelte er den kopf und schwang sich vom Stuhl. Na egal. Von einer oder zwei würde er schon nicht sterben.

Langsam schritt er zum Replikator, stets von Alex' Blicken begleitet. "Willst du auch was?", fragte Yhea ihn.

"Wenn du schon dabei bist, dann bring mir auch einen von deinen Kaffees mit? Ich glaube, so einen kann ich jetzt gebrauchen", antwortete Alex.

"Computer, 2 Kaffee, Mischung Yhea Spezial", sagte der Romulaner an den Computer gerichtet und wartete, bis beide Tassen im Ausgabefach erschienen.

Während er Alex die eine Tasse gab sagte er: "Du hattest recht. Die eine Energieleitung war schuld daran, dass die Replikatoren nicht mehr funktionierten. Und ich hatte mich schon gewundert, dass alle Replis auf einmal nicht mehr arbeiteten. Mir ist es aber wirklich noch nie passiert, dass genau diese eine Energieleitung explodiert ist. Na ja, jetzt wissen wir es wenigstens fürs nächste mal."

Mit einem Nicken antwortete Alex und trank langsam einen Schluck Kaffee. Kaum aber hatte die Flüssigkeit seine Geschmacksnerven erreicht, da wurde es ihm ganz flau im Magen. Entsetzt schaute er Yhea an. Dieser kippte gerade die komplette Tasse auf einmal runter und grinste zufrieden. Alex hingegen hatte Probleme, das gerade Getrunkene irgendwie bei sich zu halten. Bunte Kreise erschienen in seinem Blickfeld und er hatte plötzlich einen seltsamen Geruch in der Nase.

Doch gerade als er sich bei Yhea für diesen absolut teuflischen Kaffee beschweren wollte, da war auch schon alles verschwunden. Alles war wie weggeblasen. Die Kreise, der Geruch, das fürchterliche Gefühl im Magen. Weg. Als wäre nie etwas gewesen. Jetzt total verwirrt schaute er den Romulaner an.

"Kannst du mir verraten, was das da ist?", fragte er und zeigte in die Tasse.

"Hast du eben nicht zugehört? Das ist meine Spezialmischung. Mein Muntermacher. Der bringt sogar die Toten wieder zurück zu den Lebenden", sagte Yhea und lachte. "Du wolltest doch das gleiche wie ich. Und das hast du bekommen. Also jetzt beschwer dich nicht."

Immer noch leicht verwundert schaute Alex wieder in die Tasse. Nein, noch einen Schluck von diesem Gebräu würde er nicht trinken. NIEMALS. Lieber würde er einen Ferengi knutschen.

Angewidert stand er auf und brachte die Tasse zurück zum Replikator. Da holte er sich lieber einen normalen Tee.

Kaum gedacht, schon hielt er einen wohlduftenden Früchtetee in der Hand, welchen er genüsslich trank.

"Nimm dir mal ein Beispiel an mir", scherzte Alex. "Ich trinke wenigstens was anständiges. Nicht so was Magenvernichtendes wie das Zeug da."

Sofort konterte Alnak. "Aber mein Kaffee weckt wenigstens die Lebensgeister in mir. Hier", rief er und warf Alex die Pastillen von Catrìona rüber. "Die wirst du brauchen. Aber ich wette mit dir, die Dinger helfen nur halb soviel wie mein Kaffee."

Immer noch grinsend wandte sich der Romulaner von seinem Kollegen ab und aktivierte seinen Kommunikator. "Alnak an Robsen. Wie weit seid ihr zwei?"

"Also wir sind mit den Schilden fast fertig. Es dauert nicht mehr allzu lange. Es sind nur noch ein paar Kleinigkeiten zu machen", antwortete Robsen.

"Ok, prima. Wenn ihr damit fertig seid, kommt bitte in den Maschinenraum. Hier gibt es nämlich frischen Kaffee für euch. Danach können wir ja dann den weiteren Ablauf der Reparaturen besprechen."

"Alles klar. Wir sind schon unterwegs", tönte Hedlege. "Wie sind schon da."

Lautes Gelächter erklang durch die geöffnete Komm-Verbindung und Yhea musste ebenfalls lachen. "Ok, dann bis gleich. Alnak Ende."

'Das sind vielleicht zwei Spinner', dachte er. 'Na ja, wenigstens zwei Spinner mit Humor.'

Während Yhea auf die Zwei wartete, holte er sich schnell noch mal einen neuen Kaffee; diesmal jedoch einen normalen, und setzte eine Meldung an den Captain ab, in der es hieß, dass jetzt der Antrieb, die Replikatoren und die Schilde wieder funktionieren müssten.

Als letztes ließ er sich wieder auf dem Stuhl nieder, streckte die Beine aus und trank ruhig seinen Kaffee.

--- Schiffsbar, weiter hinten

Während Cailin mit dem Captain diskutierte, blickte sich Catrìona ein wenig ratlos in der Bar um. Sie überlegte verzweifelt, was man tun könnte, damit nicht der Hunger die Menschen zum Wahnsinn triebe, falls die Replikatoren noch länger nicht funktionieren würden.

Obwohl sie alle Hoffnung in den romulanischen Cheftechniker setzte, der wirklich fähig war, wie sie bislang erfahren hatte. Wenn der Captain sagte, dass Alnak an den Replikatoren arbeitete, dann würden sie sicherlich auch bald wieder funktionieren.

'Es sollte sich mal jemand um all die Menschen hier kümmern, Cailin hat völlig Recht', dachte die Schottin. Sie warf einen kurzen Blick zu ihrer Kollegin, die auf die Antwort des Captains wartete und unglücklich aussah - so sahen sie wohl alle mehr oder weniger aus bei dieser Unglücksreise. Lanagor hatte wohl Recht...

Bei diesem Gedanken musste Catrìona ein wenig über sich selber schmunzeln. War wohl so eine Art Galgenhumor. Aber man konnte denken über die etwas fremdartige Kultur der Purna, was man wollte, da war schon etwas dran. Die Schottin hatte gelernt, dass man sich auf ihre - oder eben Lanagros - Prophezeiungen in fast allen Fällen verlassen konnte. Leider, musste man in diesem speziellen Fall wohl sagen.

'Nachdem es noch nichts zu essen gibt, werde ich mich halt anders beschäftigen', dachte die Rothaarige und machte sich auf den Weg zum nächsten Tisch, an dem ein paar Männer und Frauen saßen, die allem Anschein nach Kolonisten waren...

Catrìona entfernte sich von dem ersten Tisch, an dem sie gerade mit einem jungen Ehepaar gesprochen hatte, das glücklicherweise unverletzt vom Planeten auf die Venture gelangt war. Beide hatten all ihre Habe auf dem Planeten verloren, aber sie waren in ihrem Unglück guter Dinge. Catrìona hatte die Namen der beiden aufgeschrieben und ihnen erklärt, was als nächstes passieren sollte.

Besondere Qualifikationen hatte keiner der beiden, so dass sie weder der Technik noch in der Behandlung von Verletzten helfen konnten, aber zumindest würden sie jetzt sicherlich weiterverbreiten, was sie von der Schottin erfahren hatten. Und das konnte sicherlich auch nur nützlich sein.

Jetzt ging die Schottin auf einen anderen Tisch zu, an dem ein Mann alleine saß, den Kopf in die Hände gestützt, mit leerem Blick in die Luft vor seinem Gesicht starrend. Catrìona sah, dass Tränenspuren auf seiner Haut waren.

Am Liebsten hätte sich die Schottin davor gedrückt, den Mann anzusprechen, aber das musste wohl sein...

--- Brücke

Erfreut hatte McCarthy den Ruf vernommen und gespannt den Inhalt verfolgt. Ja, es stand wirklich nicht gut um ihr Schiff, aber die Techniker arbeiteten schon Tag und Nacht. Zudem hatte er schon alle begabten Kolonisten in die Reparaturen miteinbezogen.

Dennoch beunruhigte ihn die Mitteilung der Purna sehr, da er die unmittelbaren Anzeichen bisher noch nicht wahrgenommen hatte, wobei die Brücke natürlich über separate Lebenserhaltungssysteme verfügte. Stumm schaute er zu Brengh hinüber und sah ein stummes Nicken als Antwort auf seine ungestellte Frage: Cailin hatte Recht!

"Vielen Dank für ihre Meldung. Alnak arbeitet schon fieberhaft an einer Lösung und wir hier auf der Brücke", er räusperte sich kurz und dachte an die qualvolle Langeweile zurück, "haben auch mit aller Kraft nach einem Konzept gesucht!"

Die Ohren des Captains wurden bei dieser Lüge leicht rot, aber er durfte seiner Mannschaft auf keinen Fall zeigen, dass ihr Schicksal von vielen Variablen und der Zeit abhängig war. Zweifel waren das letzte, was sie gebrauchen konnten...

"Wenn Sie eine Idee haben, würde ich sie gerne hören!", schloss er.

--- Schiffsbar, Tisch 8

"Um zu wissen wie man unser derzeitiges Energieproblem lösen kann, dazu fehlen mir leider die technischen Kenntnisse und ich kann auch nur auf die Zauberhände von unserem Mister Alnak vertrauen", meinte Cailin eine Spur resignierend, bevor sie hinzufügte, "aber ich kann mich sehr gut in all diese Heimatlosen hineinversetzen, die momentan kein Ziel vor Augen haben und hilflos Mitahnsehen müssen wie ihnen fast alles genommen wird.

Es wäre gut, wenn Sie in Ihrer Eigenschaft als Captain der Venture zu ihnen sprechen. Ihnen zu verstehen geben, dass wir alles in unserer Macht stehende für sie tun und Sie ein offenes Ohr für deren Probleme haben. Außerdem wäre es schon längst nötig gewesen, wenn diesen einfachen Leuten endlich jemand erklären würde, was mit ihnen geschehen wird. Immerhin haben wir sie aus ihrer angestammten Umgebung gerissen und ich denke nicht, dass die Mehrheit überhaupt weiß, was vorgefallen ist und wie ihre Zukunft aussieht." Nachdenklich ließ die Purna ihren Blick über die Leute gleiten, von denen sie sprach.

Ihr war noch immer unerklärlich, dass niemand sich die Mühe machte sie aufzuklären. Man evakuierte sie und dann nahm man ihre Anwesenheit in Kauf, aber das es sich hier um fühlende denkende Wesen handelte, die verwirrt und desorientiert waren und teilweise sogar immer noch auf der Suche nach ihren nächsten Angehörigen waren, daran schien niemand zu denken.

"Ich hätte ja selbst schon etwas unternommen, aber ich muss gestehen, dass ich auch nicht mehr weiß als die Kolonisten, außerdem ist die Krankenstation momentan ausgelastet. Ich kann noch nicht mal Auskunft erteilen wie lange die Reise dauern wird. Das bringt mich auf das nächste Problem zu sprechen.

Ich würde Ihnen empfehlen so viele entbehrliche Leute wie möglich dazu abzustellen sich um das Befinden der Leute zu kümmern und zu versuchen die Familien wieder zusammenzuführen. Es gibt noch immer sehr viele Menschen, die ihre Leute unter den Toten vermuten und sie hier an Bord nicht finden können. Diesen Menschen muss endlich geholfen werden, Sir. Die Ungewissheit ist schlimmer als das Wissen um den Tod."

--- Brücke

Die Gedanken des Captains drehten sich immer noch um den letzten Punkt und er erkannte, dass eine Ansage wirklich nicht verkehrt gewesen wäre. Aber leider wusste er nicht, was er mitteilen sollte: Sie alle würden froh sein, wenn die Venture nicht plötzlich auseinander fiel und endlich wieder über Warp-Antrieb verfügte.

Dennoch blieben Cailins Worte richtig und er nahm sich eine Rede an die Kolonisten für den Moment vor, in dem er brauchbare Informationen in der Hand hielt. Er mochte es nicht, heiße Luft zu verströmen ohne eine wirkliche Nachricht zu haben. Dies erschien ihm als Verschwendung von Zeit, aber heute würde er eine Ausnahme machen!

"Miss Fakaii, ich danke Ihnen für die Hinweise und werde versuchen, es angemessen umzusetzen", gab er der wartenden Purna Antwort und unterbrach sich sofort wieder, "mir fällt so etwas häufig nicht leicht, weil mir die passenden Worte fehlen. Sie wissen, dass ich nur sehr schlecht mit Gefühlen umgehen kann und andere Personen dadurch häufig verletze...Wenn diese Mission vorbei ist, würde ich Sie gerne zu einer Art Counselor befördern; falls Sie nichts dagegen haben."

--- Schiffsbar, Tisch 8

Wäre Catrìona nicht inzwischen aufgestanden, so hätte sie ihre Kollegin das erste Mal so richtig sprachlos gesehen. Die Purna machte nur große verwunderte Augen und wusste nicht, was sie jetzt sagen sollte. Die Finger ihrer linken Hand spielten irritiert mit ihren Kopffedern.

Sie hatte damit gerechnet, dass der Captain keine Zeit für ihr Anliegen haben würde oder sie ihn vielleicht sogar stören würde, da er selbst schon an diesen Problemen arbeitete, aber dass er ihr so einen verantwortungsvollen Posten anbieten würde... Nein, daran hätte sie nicht im Traum gedacht.

"Captain,.. Sir... ich...", stammelte sie und musste erst tief durchatmen bis sie sich wieder etwas fing und ihre Verwirrung in Worte fassen konnte. "Ihr Vertrauen in meine Person ehrt mich wirklich sehr. Ich bin auch gerne für die Belange der Mannschaft da, da sich das seelische Wohl sehr auf das körperliche auswirkt. Aber ich erbitte mir etwas Bedenkzeit für diese doch sehr große Entscheidung."

Ja, sie war Ärztin mit Leib und Seele und als solche war sie auch immer eine Vertrauensperson an Bord gewesen, zu der man mit seinen Problemen gehen konnte, aber Counselor? Ein Counselor war doch ein sehr wichtiger Posten an Bord...

"Ich bin doch nur eine einfache Purna. Zwar habe ich auf der Sternenflottenakademie gelernt und meine Ausbildung abgeschlossen, aber im medizinischen Bereich. Ich habe ehrlich gesagt keine Ahnung, was Sie für Erwartungen an mich stellen und ob ich sie erfüllen kann." Sie schwieg bedrückt. Wäre doch nur Anjol hier, er würde ihr sagen können, woran der Captain dachte.

--- Brücke

"Scheinbar wissen Sie immer genau, was in der Besatzung vorgeht. Das ist ein unschätzbares Talent und in meiner Stellung bemerkt man auch nicht unbedingt, worüber sich die Mannschaft unterhält. Deswegen wäre ich erfreut, wenn Sie mir als Beraterin zur Seite stehen und mich über solche Versäumnisse wie heute rechtzeitig aufklären würden", gab er schlicht zurück und hoffte, dass Cailin ja sagen würde.

"Natürlich haben Sie genügend Bedenkzeit zur Verfügung - so eine Entscheidung ist nicht einfach, aber ich weiß, dass Sie sich richtig entscheiden werden!"

--- Schiffsbar, Tisch 8

"Danke, Sir. Ich bin mir Ihres Vertrauens in mich und meine Fähigkeiten durchaus bewusst", meinte Cailin und fügte in Gedanken ein 'Jetzt' hinzu, da sie gerade daran erst vor kurzem gezweifelt hatte. Im Grunde war sie mehr als stolz dieses Angebot zu erhalten, das ihr zeigte, dass der Captain ihre Anwesenheit an Bord durchaus zu schätzen wusste.

Und da ihr nichts an der Position eines Leiters der Krankenstation lag, sondern sie nur nach etwas Anerkennung für ihre Arbeit gesucht hatte, fiel zumindest dieser Stein von ihrem Herzen, auch wenn die Situation an Bord mehr als beklemmend war.

Inzwischen waren noch mehr Leute in die Schiffsbar geströmt, als suchten sie nach einem Platz, der ihnen Halt und das Gefühl von Heimat gab. Und dazu war die Schiffsbar viel besser geeignet, als die Gänge, auf denen sich noch immer viel zu viele Leute aufhalten mussten.

"Trotzdem werde ich die Bedenkzeit nutzen, da dieses Angebot für mich völlig unerwartet kommt und ich im Moment wirklich nicht weiß, was ich darauf antworten soll", meinte Cailin abschließend und setzte hinzu: "Danke, dass Sie sich die Zeit genommen haben mich anzuhören. Es war mir sehr wichtig." Nachdem beide die Unterredung für beendet hielten, blieb Cailin wieder allein mit ihren Gedanken.

Wie sie feststellte war ihre Kollegin bereits unterwegs um sich mit den vielen Neuankömmlingen an Bord zu verständigen. Im Grunde wäre es auch ihre menschliche Pflicht gewesen ihr dabei zu helfen, doch Catrìona machte ihre Sache sehr gut und Cailin war momentan zu verwirrt um sich ihr anzuschließen. Sie vermied es auch, die Replikatoren noch einmal zu testen, damit nicht noch auf dieses Problem hingewiesen wurde.

So saß sie nur nachdenklich an ihrem Tisch, bis sie sich schließlich doch entschloß, Catrìona bei ihrer Arbeit zu helfen und bei einem der Neuankömmlinge anfing.

Es war nur ein kleines Samenkorn, dass die beiden Frauen hier säten, doch auch das würde sich am Schiff verbreiten und die Saat würde aufgehen.

--- Gänge, Deck 3

Mira schluckte, als der Gestank nach Tod immer stärker wurde und ihre Nase beleidigte. Eine Erinnerung an die Geschehnisse auf dem Planeten wurde, kaum verdrängt, wieder wachgerufen. Sie wollte sich abwenden, fliehen, nur fort von diesem ekelhaften Geruch und allem Schmerz, der damit verbunden war.

Aber sie durfte das nicht. Nicht, bevor sie nicht wusste, was aus ihrem Bruder und dessen Familie geworden war. Also nahm sie all ihren Mut zusammen und blickte auf das Szenario, das sich vor ihren Augen abspielte.

Anjol unterhielt sich gerade mit einem anderen Mann, der das Tier festhielt, das fast wie eine Art Wollschwein aussah. 'Ein Wollschwein an Bord der Venture?' wunderte sich die Französin kurz, aber dann begann sie, dem Gespräch der beiden Männer zuzuhören.

"... und dann baten mich die beiden Damen, hier zu bleiben und auf Sie zu warten, weil sie wohl der Ansicht wären, Sie hätten als sozusagen-erster-Offizier größere Befehlsgewalt als sie..." bemerkte der fremde Mann gerade zu Anjol.

"Im übrigen kann ich diese Entscheidung im Nachhinein nur gutheißen, wie ich nämlich aus dem Gemurre dieses Herrn dort drüben" - hiermit deutete er mit dem Kopf in Richtung des untersetzten Mannes, der bei den Antigravtransportern stand - "entnommen habe, ist er ein Engländer und unsere Schottin wäre wahrscheinlich über kurz oder lang ziemlich in die Luft gegangen." Hierbei erlaubte sich Clancy ein kurzes Lächeln.

"Nachdem Sie ja jetzt da sind, würde ich mich gerne meiner eigentlichen Aufgabe widmen, dieses... Tier wieder hier fortzubringen, Sir!" meinte der Mann dann.

"Mach das Clancy und pass auf, dass du dir keine Flöhe holst!", gab Anjol zurück und wandte sich dann wieder Mira zu, die geduldig hinter ihm gewartet hatte und scheinbar alle Willenskraft brauchte, um ihre Umwelt zu verdrängen, während sich "das Tier" von Clancy gehorsam in den Turbolift ziehen ließ.

"Die schauen ja nicht gerade sehr heiter aus", flüsterte der Bajoraner ihr leise zu und legte seine Hand leicht auf ihren Arm, um dann etwas lauter für den Engländer hinzuzufügen, "Haben Sie sich mittlerweile schon mal _selbst_ Gedanken über eine Lösung gemacht?"

Der Engländer verzog leicht das Gesicht, was nicht sehr intelligent aussah, und zuckte dann resignierend mit den Schultern. Kein Wunder, dass Anjol ihn nicht kannte - solche Flaschen konnten ihm gestohlen bleiben...

"Miss Renault, haben sie vielleicht eine Idee, wie man die Lagerung und Bestattung der Toten im Sinne der Kolonisten lösen könnte? Sie kennen sich ja eher mit den Traditionen von Kital aus"

Mira blickte Anjol verblüfft an. Was hatte er für interessante Gedanken?!

"Ich fürchte, Anjol, da setzen Sie falsche Erwartungen in mich! Ich habe kaum Kontakt mit der Hauptkolonie gehabt, da meine Familie eine Farm außerhalb der Stadt hatte und wir reichlich genug damit zu tun hatten, unser Land urbar zu machen.

Ich bin nur gelegentlich einmal zu Festen nach Kital[= Hauptstadt von Kital] gekommen, und zu solchen Anlässen hat man sich über Themen wie die Bestattung eines Menschen wenig Gedanken gemacht. Außerdem gab es auf Kital so viele verschiedene Kulturkreise, von denen jeder seine eigenen Rituale besaß, dass man das sowieso nicht verallgemeinern kann.

Irgendwie bin ich hier für Sie wohl keine große Hilfe..." schloss die Französin dann leise.

"Aber nein, sie haben mir sehr geholfen und vorerst werden wir das Problem mit den toten Körpern wohl nicht so einfach aus der Welt schaffen können...Wenigstens weiß ich jetzt, woran ich bin!", antwortete er leicht lächelnd und überlegte dann.

"Was meinen Sie: Wäre eine Einäscherung in Ordnung?! Für die gesamte Reise können wir den Platz nicht für tote Hüllen reservieren, wenn Lebende kaum atmen können. Außerdem wird die Zersetzung spätestens in 10 Stunden einen unerträglichen Geruch produzieren..."

Mira fand, dass der Geruch jetzt schon unerträglich war. Nicht auszudenken, wie es nach zehn Stunden auf dem Schiff stinken würde.

"Einäschern wäre wahrscheinlich keine schlechte Idee", antwortete die Französin und bemühte sich verzweifelt, sich nicht anmerken zu lassen, wie anders ihr im Augenblick war. Vielleicht war ihr Gedanke, helfen zu wollen, doch keine so gute Idee gewesen? Immerhin kam sie nicht wirklich weiter und andere Flüchtlinge hatte sie bislang auch noch nicht getroffen, um so feststellen zu können, ob ihr Bruder noch am Leben war.

Aber möglicherweise änderte sich das, wenn endlich das Problem mit diesen Toten aus der Welt geschafft war. Also stimmte Mira dem Bajoraner zu.

"Ich denke, dass die Einäscherung bei vielen Kulturen bekannt und akzeptiert ist." In Gedanken fügte sie für sich hinzu: 'Allerdings weiß ich nicht, warum das hier wichtig sein sollte, denn ich habe den Eindruck, dass es sich weniger um Kolonisten handelt, als um Mitglieder der Mannschaft der Venture. Oder hat sich die Venture damit belastet, tote Kolonisten vom Planeten hochzubeamen? Bestimmt nicht.'

Gedankenverloren streichelte Mira Kierans Fell und hoffte, dass der Bajoraner nun endlich dafür sorgte, dass sie weitergehen konnten...

Der Bajoraner nickte bestätigend und schaute dann die immer noch schlaff wirkenden Kerle an, denen er das ganze Theater hier zu verdanken hatte:

"Sie haben gehört, was die junge Dame gesagt hat. Stellen Sie ein Team zusammen, das sich um die Einäscherung aller verstorbenen Kolonisten und Crewmitglieder kümmern wird. Die Urnen sollen anschließend im Wissenschaftsbereich auf Deck 4 gelagert werden. Und beeilen Sie sich, bevor wir alle ersticken!"

Kopfschüttelnd sah Anjol den genervt davon trabenden Gestalten nach und wandte sich dann wieder Mira zu, die geduldig neben ihrem Hund gewartet hatte.

"Und jetzt gehen wir in die Krankenstation - ich wette, dass wir ihre Leute bald gefunden haben!", sagte er bestimmt und versuchte optimistisch zu klingen, während sich die Tür zum Lazarett zischend öffnete...

--- Brücke

Mit einem Handgriff deaktivierte McCarthy die Verbindung und lehnte sich wieder in seinem Kommandosessel zurück. Sein Nacken fühlte sich wie ein Betonklotz an und über seinen Rücken wollte erst gar nicht nachdenken.

Im Wissen, dass eine schnelle Lösung immer dringender wurde, ließ er seinen Kopf leicht hin- und herkreisen und hört nur noch unterbewusst das Knacken der Wirbel, während er abermals über die Probleme nachdachte. Letztlich mussten sie alle auf Alnak warten...

"Brengh, programmieren Sie schon mal einen Kurs nach Nitol ein - falls Yhea noch in diesem Leben fertig wird, wollen wir doch keine Millisekunde verlieren!", ordnete er grummelnd an.

Plötzlich erschien eine blinkende Nachricht auf seiner Sesselkonsole und er setzte sich wieder, um sie zu überfliegen.

Brengh aktivierte den schon vorher programmierten Kurs mit einer Handbewegung. Anschließend studierte er diverse Anzeigen und meldete dann: "Kurs liegt an, Sir, die Evakuierung ist abgeschlossen."

Genau in dem Moment zeigte ihm ein zuvor gelbes und nun grünes Licht an, dass die Triebwerke wieder online waren. Deshalb fuhr er gleich fort: "Triebwerke sind voll verfügbar. Wann wollen Sie starten, Sir?"

--- Krankenstation, Eingang

Mit einem Schaudern betrat Mira die völlig überfüllte Krankenstation. Hier roch es nur unwesentlich anders als noch vor wenigen Minuten auf dem Gang, allerdings roch es hier weniger nach Verwesung als nach schwärenden Wunden, Trauer und Resignation. Falls es nach so etwas riechen konnte.

Kierans Rückenfell stellte sich auf und er knurrte leise. Standhaft weigerte er sich, in diesen Raum zu treten, was die Französin wirklich gut verstehen konnte.

Warum brachte Anjol sie hierher? Natürlich bestand hier die Möglichkeit, dass sie ein bekanntes Gesicht fand, aber sie war hier nicht größer als anderswo auf dem Schiff. Und ob sie hier so gut helfen konnte? Die Station war hoffnungslos überfüllt, aber es sah so aus, als wären genügend Leute anwesend, um die Verletzten und Kranken zu versorgen.

Als Mira Anjols fragenden Blick bemerkte, trat sie widerwillig weiter in den Raum hinein und begann, sich umzusehen. Sie wollte schon nach kurzer Zeit aufgeben, damit sie diesen Ort des Schreckens wieder verlassen konnte, als sich plötzlich eine Gestalt auf einem der Biobetten aufrichtete und ihren Namen rief.

"Yvette!" rief Mirabelle erfreut und bahnte sich vorsichtig einen Weg zu der molligen Frau auf dem Biobett.

--- Krankenstation, Biobett 9

"Schön, dich zu sehen, Mira", rief die Frau erleichtert. "Wenigstens einer von unserer Farm, der es auch hier herauf geschafft hat."

Mira umarmte ihre Bekannte, wobei sie sehr vorsichtig war, um ihr nicht etwa erneute Schmerzen zuzufügen. "Wie geht es dir, Yvette?" fragte sie, wartete dann aber keine Antwort ab und sprach weiter: "Ich versuche gerade, meinen Bruder und seine Frau zu finden, hast du sie vielleicht gesehen?"

Yvette verzog den Mund in der Andeutung eines verzerrten Lächelns. "Ich habe die beiden auf dem Planeten das letzte Mal gesehen. Aber ich kann dir zumindest insofern gute Nachrichten überbringen, als keiner von ihnen in der Nähe dieses vermaledeiten Spaltes gestanden hat, der sich auftat."

Mira atmete auf. "Dann kann ich ja Hoffnung haben, dass ich sie hier noch wiederfinden werde..."

Ein letztes mal umarmte sie Yvette, wünschte ihr gute Besserung und ging dann wieder zu Anjol zurück. "Hier ist sonst niemand, den ich kenne..."

Wortlos nickte Anjol und drehte sich dann um. Wenigstens konnten sie jetzt sicher sein, dass die Verwandten von Mira nicht zu den Schwerverletzten gehörten. Natürlich nur, wenn sie es auf die Venture geschafft hatten...

Anjol behielt diesen düsteren Gedanken für sich und wortlos betraten sie wieder den Gang. Offiziell hatte er nichts zu tun; die Evakuierung schien abgeschlossen zu sein und die Verletzten vorerst behandelt. Auf der Brücke hatte er nie seinen wahren Platz gesehen und so entschied er, Mira die nächste Zeit bei der Suche zu helfen.

Irgendwie ahnte er, dass er ihr bisher keine große Hilfe gewesen war, aber wenn Miras Bruder auf der Venture war, würden sie ihn gemeinsam finden. Knapp weihte er Miss Renault in seine Pläne ein.

Die Suche begann...

--- Schiffsbar

Cailin wusste nicht mehr, mit wie vielen Leuten sie sich bisher unterhalten hatte, damit sie ihr das Herz über ihre Ängste und Wünsche ausschütten konnten. Wenn es ihrer Spezies möglich gewesen wäre zu schwitzen, dann hätte sie es inzwischen wohl getan. Die Luftversorgung war im kritischen Bereich und alles von Leibern aufgeheizt.

Es roch überall nach Schweiß und auch Angst. Trotz ihrer Unfähigkeit zu Schwitzen wischte sich die Ärztin über die Stirn, was mehr eine Geste der Müdigkeit und Erschlagenheit gleich kam. Sie kam sich vor als kämpfe sie gegen einen übermächtigen Gegner.

Wieder bemerkte sie jemand, der zu den Replikatoren ging um sich etwas zu holen, sie wollte ihn schon warnen, dass diese nicht funktionierten, aber damit hätte sie mehr Aufmerksamkeit auf die mangelhafte Versorgung gezogen, als sie beabsichtigte.

Sie wartete auf das wütende Fluchen, das meist mit solchen Aktionen Hand in Hand ging, doch diesmal geschah gar nicht. Kurz darauf sah sie den Mann wieder zu seinem Tisch gehen.

Mit einem wohl gefüllten Tablett!

Sofort stürzte Cailin zu den Replikatoren hin und testete sie auf ihre Funktionstüchtigkeit. Überglücklich stellte sie fest, dass diese tatsächlich wieder einwandfrei zu funktionieren schienen. Sie schickte ein Dankgebet zu Alnak, der sicher für dieses kleine Wunder verantwortlich war.

Um zu demonstrieren, dass kein Grund zur Sorge vorhanden war und es genug Essen für alle gab, replizierte sie eine breite Palette an Früchten welche sie an den Tischen in der Schiffsbar verteilte. Sie fand sogar einige Helfer, die versprachen, diese Arbeit nicht nur weiter zu übernehmen, sondern zu versuchen andere zu mobilisieren, die an allen Orten des Schiffs eine solche Verteilorganisation übernahmen.

Dann ließ die junge Ärztin sich auf den nächstbesten freien Stuhl in ihrer Nähe fallen. Sie hatte Catrìona schon längst aus den Augen verloren. In einer hoffnungslos überfüllten Schiffsbar nutzen auch ihre roten Haare als Erkennungszeichen nichts.

"Cailin, was für ein Zufall", hörte sie hinter sich eine angenehme und schon sehr vertraut klingende männliche Stimme. "Oder sollte ich Sie lieber Miss Fakaii nennen?"

Lächelnd drehte Cailin sich zum Sprecher um und strahlte ihn an, als hätte es die ganzen Probleme mit den Kolonisten nie gegeben und sie hätte nichts anderes getan, als hier auf ihn zu warten. "Clancy, wie schön Sie hier zu sehen. Ich hoffe, Sie sind uns nicht böse, dass wir Sie da draußen am Gang alleine ließen. Aber ich hatte die Befürchtung, dass Catrìona ziemlich wütend geworden wäre, wenn sie sich noch länger mit diesem anderen Mann hätte herumschlagen müssen."

"Die Befürchtung hatten nicht nur Sie alleine", meinte Clancy augenzwinkernd und zog den Stuhl neben ihr ein Stück an sich heran. "Darf ich?"

"Selbstverständlich", meinte die Purna mit einer einladenden Geste und freute sich wieder ein wenig Ablenkung von ihren trüben Gedanken zu haben. Eigentlich müsste sie vielen Leuten helfen ihre Verwandten zu finden, aber wenn jeder, der zu helfen bereit war, mit einigen der Kolonisten im Schlepptau durchs Schiff spazierte, wäre das Chaos perfekt und einer einzigen Person das Schiff zu zeigen, war in ihren Augen verschwendete Zeit [*ggg*], wo so viele Leute zu versorgen waren.

Nachdem sich Clancy an ihrer Seite niedergelassen hatte, musterte er sie nachdenklich. Ihm lag etwas am Herzen, dass er unbedingt mit ihr besprechen wollte, aber er wusste einfach nicht wie. Heute als er zu ihr auf die Krankenstation gerufen worden war, hatte er auf einen günstigen Augenblick gehofft, aber es war alles ganz anders gekommen. Und als sein Einsatz eigentlich vorüber war, waren ihm auch noch die vielen Verletzten Kolonisten dazwischen gekommen.

So hatte ihm einfach wieder mal die Gelegenheit gefehlt, das auszusprechen woran er eigentlich schon seit langem dachte und das ihm nachts schlaflose Nächte bereitete. Nur hatte die Ärztin ihn bisher nie wirklich wahrgenommen. Und über so etwas zu sprechen war für ihn nie einfach. Aber dass sie so ein offener Mensch war, machte die Sache erheblich leichter.

"Miss Fakaii... Cailin...", er hatte ihren vorwurfsvollen Blick mit einem Lächeln registriert, "ich wollte Sie etwas fragen..." Ihr Blick schürte ihm irgendwie die Kehle zu und er brachte nicht den Mut über sich sie das zu fragen, was er wollte. Lediglich ein "Haben Sie schon gegessen?" kam über seine Lippen. Innerlich schüttelte er über seine eigenen Feigheit den Kopf und fluchte. Ja, da hatte er sich ja fein rausgeredet.

"Nein, habe ich nicht. Leider... Catrìona und ich wollten eigentlich hier zusammen essen, aber dann fiel uns auf, dass die Replikatoren nicht funktionierten und wir... ist eine lange Geschichte... Aber jetzt stünde einem Essen eigentlich nichts mehr im Wege." Unwillkürlich fiel der Purna ein, dass Anjol sie ja zum Essen eingeladen hatte, auch wenn er nicht gesagt hatte, wann dieses stattfinden sollte. Überhaupt fragte sie sich, ob er bereits wieder an Bord war.

"Haben Sie irgendwo Anjol gesehen?", platzte es unwillkürlich aus ihr heraus. "Wir wollen nämlich auch zusammen essen."

Clancy versteifte sich zusehends. Dass sie gerade jetzt an diesen Bajoraner denken musste. Immerhin saß sie hier mit ihm an einem Tisch und er hatte sie vorgenommen mit ihr zu sprechen. Dieses eine Mal wollte er es wirklich durchziehen und sich durch nichts und niemand davon abbringen lassen. Und jetzt stellten sich ihm schon nicht mal anwesende Männer in den Weg.

"Ist er Ihr Freund?", platzte er plötzlich heraus und sein Gesicht wurde schlagartig rot vor Scham. 'Das hast du ja wieder fein gemacht', dachte er bei sich. 'Diplomatie ist wohl kaum deine Stärke. Auffälliger kann man wohl kaum sein Interesse bekunden.'

"Ja, wussten Sie das nicht", meinte Cailin unbekümmert, während sie wieder mal nach Catrìona Ausschau hielt und merkte dabei gar nicht, dass sie Clancy gründlich missverstand. Für sie war Anjol ein Freund. Nicht mehr und nicht weniger.

Einen Augenblick kämpfte der junge Mann damit, ihr zu sagen, dass ihr geliebter Anjol sich mit einer sehr hübschen jungen Frau mit einem riesigen Wolfshund herumtrieb, aber dann entschied er sich dagegen. Er würde Anjol schon noch klar machen, dass er nichts für Cailin war. Immerhin war er ein junger attraktiver Mann und der Bajoraner bis auf seine charismatische Ausstrahlung doch um vieles älter und auch ausgemergelter. Man merkte deutlich, dass er in seinem Leben schon viel erlebt hatte.

Er war garantiert nicht der richtige Mann für eine Frau wie Cailin.

Plötzlich sprang Clancy so abrupt auf, dass sein Stuhl dabei umfiel. Verwundert sah die Purna ihn an.

"Ich habe noch einen wichtigen Weg vor mir", sprach er laut und vervollständigte in Gedanken: 'aber ich könnte hier noch stundenlang sitzen und dir einfach in die Augen schauen. Du bist die reizendste Person an Bord. Viel zu schade für Anjol. Aber ich werde nicht aufgeben. Bald wirst auch du erkennen, dass ich der einzig Richtige für dich bin.'

Er widerstand tapfer der Versuchung sie einfach zu küssen um sie wachzurütteln und aus ihrem Irrtum zu befreien, machte stattdessen auf dem Absatz kehrt und verließ die Schiffsbar.

Etwas enttäuscht sah Cailin ihm nach. Sie hätte sich gerne noch weiter mit ihm unterhalten. Dieser Clancy war wirklich sehr nett und hilfsbereit. Auf ihn konnte man sich verlassen, wie sie an dem Kampf bemerkt hatte, bei dem ihre Kollegin vor Schaden bewahrt worden war und er sich als einziger diesem bösen Mann in den Weg gestellt hatte.

'Ich hoffe, dass ich nie mehr mit diesem Mann Kontakt haben werden und dass dieser Mann aus der Sicherheit weiß, was er tut...'

--- Maschinenraum

Entspannt saßen Yhea und Alex im Maschinenraum, tranken genüsslich aus ihren Tassen und überlegten die nächsten Schritte der inzwischen nicht mehr so langen Reparaturliste. Einzig und alleine zwei Punkte waren noch übrig. Die vorderen Torpedowerfer und die Phaser.

Gerade wollte er sich ein paar Notizen machen, da hörte er, wie sich mit einem Zischen die Tür des Maschinenraums öffnete. Interessiert schaute Yhea von seinem PADD auf und betrachtete die beiden Gestalten, die langsam auf ihn zu kamen.

"Sind wir hier richtig? Wir suchen den Maschinenraum", sagte einer der Beiden und schaute zwischen Alex und Yhea hin und her.

"Ich weiß nicht, ob Sie hier richtig sind. Das hier ist zwar der Maschinenraum", sagte der Romulaner und dachte nebenbei, dass das ja wohl einwandfrei zu sehen war. "Aber hier ist der Zugang für Unbefugte nicht gestattet."

Jetzt meldete sich der andere zu Wort. "Das wissen wir, Sir. Aber der Captain dieses Schiffes hat durchgesagt, dass alle Kolonisten mit technischem Wissen sich sofort im Maschinenraum zu melden haben. Und da wir es leid sind, ständig im Weg zu stehen, da dachten wir, wir können ja unsere Hilfe anbieten."

Entsetzt starrte der Romulaner die beiden an. Hatte sich der Captain da einen derben Scherz auf seine Kosten erlaubt?? Oder versuchten die beiden ihn da auf den Arm zu nehmen? Er wusste es nicht.

Anscheinend bemerkten die Beiden Yheas ablehnende Haltung und waren schon unmerklich einen Schritt nach hinten getreten, doch da kam Yhea eine Idee.

"Schön, dass Sie sich nützlich machen wollen. Wir können hier unten jede Hilfe gebrauchen", sagte er und nickte. "Aber eine Frage hab ich da schon noch. Was haben Sie denn für technische Kenntnisse?"

"Also wir zwei waren auf dem Planeten für die Energieversorgung zuständig. Wir haben den Generator gewartet und die Energieversorgung der Kolonie aufrecht erhalten", antwortete wieder der erste.

Gerade wollte Yhea zu einer Antwort ansetzten, als sich die Tür des Maschinenraums wieder öffnete und Jimmy und Robin laut schwatzend herein kamen. Als sie die beiden Kolonisten entdeckten, blieben sie irritiert stehen und schauten Yhea fragend an.

"Ah, ihr kommt mir gerade recht", begrüßte Alnak die beiden Techniker. "Seid ihr fertig geworden mit den Schilden?"

Ein Nicken kam als Antwort.

"Gut, dann wird eure nächste Aufgabe sein, die vorderen Torpedowerfer zu reparieren. Die haben beim Kampf ganz schön was abbekommen. Ach und Alex, du kannst dann die Phaser übernehmen. Ich weiß nicht, was damit ist, aber ich denke, du wirst das schon rausfinden. Als Hilfe darfst du dir die zwei netten Herren vom Planeten mitnehmen", sagte Yhea und grinste.

Alex hingegen verdrehte die Augen und schüttelte kurz den Kopf. Er hatte mal wieder den schwarzen Peter erwischt. War ja klar. Aber gut, vielleicht konnten die beiden ihm ja wirklich helfen. Ein Versuch war es wert.

Inzwischen hatte sich Yhea von seinem Stuhl erhoben und sagte: "Ich werde mich dann um das Problem der Lebenserhaltungssysteme kümmern. Laut den Anzeigen wird es bald ziemlich kritisch."

Ein allgemeines Gemurmel kam als Antwort und Yhea sagte: "Ok, dann holt sich jetzt jeder noch einen Kaffe und dann marschieren wir los."

--- Brücke

Verblüfft ließ der Captain sich leicht in seinen Sessel nieder und überflog die Nachricht, die Alnak so eben an ihn abgesetzt hatte. Antrieb, Schilde und Replikatoren waren wieder funktionsfähig! Dann stand ihnen ja nichts mehr ihm Weg...

"Sofort. Gehen Sie auf Maximum-Warp, aber behalte die Systeme im Auge. Nicht dass uns das Schiff plötzlich auseinander bricht!", antwortete er dann Brengh, der sich sogleich zufrieden umdrehte und die Order ausführte.

Sie alle würden froh sein, wenn die Mission hinter ihnen lag, die Kolonisten eine neue Heimat hatten und sie in eineinhalb Wochen wieder einmal die Ivory getroffen hatten. In den letzten Tagen hatte er viele gute Mannschaftsmitglieder verloren und eine Auffrischung war dringend nötig...

Doch zuerst mussten sie Nitol erreichen, um den Kolonisten eine neue Heimat zu geben. Die Zustimmung der dortigen Kolonieführung war nur reine Formsache: Platz war ohne Begrenzung vorhanden und in den schweren Stunden dieser Zeit bot eine große Gemeinschaft besseren Schutz.

Gemächlich verfasste er eine kurze Zusammenfassung der Ereignisse, die Bitte, für eine entsprechend schnelle Aufnahme zu sorgen und ließ die Nachricht über das Kommunikationsnetzwerk der Kolonien laufen, worüber sie bald Nitol erreichen würde.

Dann lehnte er sich zurück und baute eine Verbindung zu Cailin auf: Nachdem sie erfahren würde, dass die Replikatoren repariert waren, fiel ihr sicherlich ein Stein vom Herzen...

--- vor dem Hangar

Mit schmerzverzerrtem Gesicht lag Jesanta hinter seiner provisorischen Stellung und versuchte, irgendwie die Blutung zu stoppen. Aber er konnte machen was er wollte; die Schussverletzung blutete immer weiter. Inzwischen hatte sich schon eine ziemlich ansehnliche Lache gesammelt und Jesanta machte sich so langsam doch Sorgen.

In den letzten paar Minuten hatte er schon mehrmals versucht, entweder Joe oder Kartago zu erreichen, doch keiner meldete sich. Gerade wollte er versuchen, sich aufzusetzen, als er hörte, wie sich die Turbolifttüren hinter ihm öffneten. Zuerst wollte er schon seinen Phaser ziehen, als er erkannte, dass es sich um jemanden aus der Sicherheit handelte.

"Na ihr kommt ja reichlich spät", rief Jesanta dem Sicherheitler entgegen. "Habt ihr Betriebsferien gehabt oder warum habt ihr uns hier unten nicht geholfen?"

Mit einem ziemlich zerknirschten Gesichtsausdruck blieb Victor neben Jesanta stehen und schaute auf ihn herab. "Tut mir leid, aber wir hatten auf Deck 3 auch so unsere Probleme. Sind ne Menge Leute gestorben", sagte er und streckte die Hand aus. "Ich hoffe, bei euch ist alles in Ordnung."

Dankend ergriff Jesanta die ihm dargebotene Hand und zog sich keuchend nach oben. 'Man tut das weh', dachte er und drückte seine andere Hand fester auf die Wunde. 'Ich hätte heute Morgen im Bett bleiben sollen.'

"Ich weiß nicht. Also ich fühle mich nicht wirklich fit", sagte er und grinste hämisch, "und von Joe und Kartago hab ich auch noch nichts gehört. Die zwei wollen einfach nicht antworten."

"Wo waren die beiden denn zuletzt?", fragte Kai und schaute sich um.

"Also Joe sollte eigentlich da vorne in dem Kontrollraum sein und Kartago hatte versucht, in den Steuerraum der Shuttlerampe zu kommen. Aber wie gesagt, die haben sich nicht gemeldet."

"Ok, ich werde mich um die Beiden kümmern. Aber Sie sollten jetzt sofort auf die Krankenstation gehen; oder besser noch, ich beame Sie rüber. Ich glaube nicht, dass der Captain Blutflecken auf seinem Teppich gutheißen wird", witzelte Kai und aktivierte seinen Communicator.

"Victor an Krankenstation. Medizinischer Nottransport. Eine Person zum beamen. Erfassen Sie den Communicator von Mister Jesanta. Victor Ende."

Jesanta hob die Hand zum Gruß, bevor sich sein Körper mit einem Flimmern in seine Atome zerlegte.

'So, dann wollen wir die Beiden verlorenen Seelen mal suchen gehen', dachte Kai. Gesagt getan marschierte er auf die Tür des kleinen Kontrollraumes zu und tippte auf den Türöffner. Doch nichts rührte sich. Schnell versuchte er es ein zweites mal. Wieder nichts.

"Computer, Tür öffnen. Sicherheitsautorisation Victor. Alpha, Gamma, Blau."

Mit einem Zischen öffnete sich endlich die Tür und Kai betrat den Raum. Kaum hatte er die Türschwelle überschritten, da erkannte er eine Person, die zusammengerollt in einer Ecke des Raumes lag. Vorsichtig näherte er sich und erkannte Joe, der wimmernd und weinend auf dem Boden lag.

Kai ging in die Hocke und legt Joe die Hand auf die Schulter. "Hey, alles in Ordnung?"

Keine Reaktion.

Vorsichtig schüttelte er Joe, doch weiterhin schien dieser nichts davon mitzukriegen.

'Was ist dem bloß widerfahren, dass er sich in einem solchen Schockzustand befindet', überlegte Kai. 'Und vor allem, wie bekomme ich den jetzt hier weg?'

Gerade wollte er versuchen, Joe auf seine Schultern zu nehmen, als er eine Stimme auf dem Gang hörte. Kurz entschlossen drehte er sich um und späte raus auf den Flur.

Sofort erkannte er den kleinen Japaner, der etwas irritiert vor der Blutlache stand, die Jesanta hinterlassen hatte. "Sir, hier bin ich. Könnten Sie mir mal bitte anpacken helfen?", fragte Kai seinen Chef und wartete auf dessen Antwort.

Dieser schaute von dem Blut auf, nickte kurz und kam dann zu Kai in den Kontrollraum. Etwas überrascht schaute Hisaki auf Joe und schüttelte den Kopf. Leid und Elend wohin das Auge schaute. Es war zum aus der Haut Fahren.

Gemeinsam schafften es die beiden, Joe aus der Ecke des Kontrollraumes zu heben und ihn zwischen sich zu halten. Hisaki schlug vor, dass sie sich alle auf die Krankenstation beamen könnten. Es wäre einfacher als Joe über mehrere Decks zu schleifen.

"Gute Idee. Aber vorher müssen wir noch einen gewissen Kartago suchen", bemerkte Kai und schaute zu dem Sicherheitschef.

"Das hat sich erledigt", antwortete Kuzhumo und schüttelte den Kopf. "Laut Computer befindet dieser sich in der Shuttlerampe. Zusammen mit ein paar Romulanern. Da zum ersten keine Luft mehr in dem Raum ist und zum zweiten sich seit mehreren Minuten keiner mehr bewegt hat, gehe ich mal davon aus, dass er tot ist."

Frustriert schauten sich beide an. So viele Tote hatte keiner von ihnen beiden erwartet. Weder die Toten der Venture, noch die Toten der Kolonisten. So viele unschuldige Leute.

Doch Kai versuchte diese Gedanken daran zu verdrängen und beamte sich und die anderen direkt auf die Krankenstation.

--- Krankenstation

Dort registrierte Kai sofort, dass Jesanta mittlerweile auf einem der wenigen freien Biobetten lag und eine automatischer Ruf die Ärzte verständigt hatte. In den letzten Stunden war es ruhig geworden; die Mediziner hatten also wahrscheinlich endlich Zeit gefunden, etwas zu entspannen.

Bestimmt würden Cailin und Catrìona bald eintreffen!

Die anderen Patienten starrten Joe irritiert an, während der Japaner den verstörten Sicherheitler stützte, damit dieser nicht wieder in sich zusammenbrach. Was war passiert? Was hatte Joe so zugerichtet? Gestern Abend war er noch ganz normal gewesen...

Schnell schüttelte Kai die Gedanken ab und half Hisaki bei der bevorstehenden Aufgabe: Vorsichtig hievten sie Joe auf ein Biobett in einem nicht einsehbaren kleinen Raum, der an den Hauptteil der Krankenstation angrenzte, um ihn dann mit einem leichten Kraftfeld zu fixieren. Hier war er zunächst, von den normalen Patienten abgeschottet, sicher aufgehoben.

--- Schiffsbar

Erschrocken entglitt der Purna ihr letzter Gedanke, als ein leises Piepen des Communicators sie auf einen Notfall in der Krankenstation hinwies. Schnell vergewisserte Cailin sich, dass auch Catrìona den automatischen Ruf bemerkt hatte, um dann aufzustehen.

Die Schottin hatte bei einem Mann am Tisch gesessen und es fiel ihr sichtlich schwer, sich jetzt so plötzlich zu verabschieden. Der Mensch sah mitgenommen aus; traurig und in seinen Erinnerungen vergraben, aber seit Catrìona zu ihm gegangen war, schien es ihm schon besser zu gehen.

Als die beiden Ärztinnen sich schließlich am Ausgang der Mannschaftsmesse trafen, flüsterte die Schottin Cailin eine bittere Feststellung zu: "Lanagor scheint mit seinen Prophezeiungen wirklich nie daneben zu liegen!"

--- Krankenstation

Keuchend kamen die beiden Frauen auf ihrer Station an und erkannten erleichtert, dass kein neuer Planet während ihrer Pause evakuiert worden war [*gg*]. Dafür stöhnte ein stark blutender Sicherheitsmann auf seinem Biobett, während er verbissen versuchte, sich die klaffende Wunde zuzuhalten.

Mit wenigen Handgriffen untersuchten sie Jesanta, um nach einigen Sekunden den Grund für das Ausmaß der Verletzung festzustellen: Der romulanische Disruptorstrahl, der den Sicherheitler außer Gefecht gesetzt hatte, war mit einem Anti-Gerinnungsmittel versetzt gewesen, das jetzt ein natürliches Schließen der Wunde verhinderte.

Rasch desinfizierte und behandelte Catrìona die Öffnung in Jesantas Brustkorb, während Cailin durch ein diskretes Zeichen von Hisaki in einen abgetrennten Teil der Krankenstation, der normalerweise als Isolationsbereich genutzt wurde, gelotst wurde.

--- Krankenstation, Quarantänebereich

"Dem jungen Mann geht es seit einem Gefecht psychisch nicht mehr gut. Sie stehen in dem Ruf Erfahrung bei solchen Problemen zu haben. Könnten Sie vielleicht eine Minute entbehren?", sprach der Asiate die Purna bedächtig an und neigte sich dabei nach vorne.

Cailins Federn plusterten sich leicht auf, aber nach einigen Sekunden fühlte sie sich der Aufgabe gewappnet und setzte sich zu dem schluchzenden Mann.

--- Krankenstation, Stasiseinheit 666 (The Number of the Beast!)

Die Augen glühten wieder! Und er bebte innerlich vor Wut wie selten zuvor. Sein Körper war in Stasis fixiert - noch -, aber sein Verstand war wach und bereit erneut zuzuschlagen. Sein Fleisch dürstete nach dem Medikament; diesmal würde niemand ihn aufhalten können!

Vorsichtig tastete sein Geist auf der Suche nach einem Schwachpunkt an dem Kraftfeld entlang. Zentimeter für Zentimeter suchte er nach einem Loch bis er schließlich eine winzig kleine Lücke in dem energetischen Netz erkannte und all seine Kraft daran zerren ließ.

Der Zorn nährte seine telekinetische Macht bis das Stasisfeld surrend zersprang und er sich endlich wieder ein wenig bewegen konnte. Er fühlte ein kaltes Gehäuse um sich. Wahrscheinlich hatten sie ihn in der Leichenkammer in einer Schublade entsorgt.

Aber er wurde sich befreien...

'Bald, sehr bald...', dachte er lodernd, während die Schublade sich von unbekannten Kräften bewegt leise schabend öffnete.

--- Krankenstation, bei Jesantas Biobett

Konzentriert behandelte Catrìona die letzten Kratzer, die Jesanta sich zugezogen hatte und räumte dann ihr Besteck wieder ordnungsgemäß weg. Dem Mann ging es wieder besser, aber die nächsten Tage würde er etwas Ruhe benötigen, die die resolute Schottin notfalls auch mit Beruhigungsmitteln sicherstellen würde.

'Ifrinn, irgendetwas stimmt hier nicht!', dachte die Ärztin plötzlich, als sie die erstarrten Gesichter und die Totenstille bemerkte, die seit einigen Sekunden von den Kolonisten auf der Station ausging. Mit schreckensgeweiteten Augen schauten sie an der Schottin vorbei, während eine dunkle Aura sich über den Raum gelegt hatte.

Langsam drehte sich Catrìona um und erblickte zwei düstere Augen, die alles andere in dem Raum nebensächlich werden ließen. Innerlich versuchte MacLeod sich loszureißen, aber ihre Pupillen blieben weiter fasziniert auf das fremde Wesen gerichtet, das die Ärztin wie in Trance versetzt hatte.

Ihre Finger lösten sich langsam von dem Tricorder, bis das Gerät aus der Hand rutschte und zu Boden fiel. Scheppernd landete er auf dem Boden, aber der Ton erreichte das Ohr von Catrìona nicht...

--- Krankenstation, Quarantänebereich

Seufzend hatte die Purna beschlossen, dass nur ein Psychologe dem armen Joe helfen konnte, als ein knallendes Geräusch sie aufhorchen ließ. Eine Entschuldigung murmelnd eilte sie gespannt in den Hauptteil der Krankenstation. Vielleicht brauchte Catrìona ihre Hilfe...

--- Krankenstation, bei Jesantas Biobett

Ungläubig beobachtete Cailin, was sich vor den Augen erschrockener Kolonisten abspielte: Catrìona hing einige Zentimeter über dem Boden in der Luft und eine unsichtbare Macht schien ihr die Kehle zuzuschnüren.

Erst jetzt bemerkte sie, dass der fremde Gegner in der Tür zur Leichenkammer stand und seine dämonischen Augen die Schottin fixiert hatten.

"Wo ist das Medikament?", forderte das Wesen mit eiskalter Stimme.

Obwohl die Medizinerin hilflos über dem Deck schwebte, hatte sie scheinbar nicht ihr Temperament verloren und brachte keuchend einen schottischen Fluch nach dem anderen hervor, bis der Fremde schließlich die Geduld verlor und Catrìona mit einem starken telekinetischen Stoss gegen die nächste Wand warf.

Beängstigt lief Cailin zu ihrer Freundin herüber, während der Japaner und Kai durch den Lärm aufgeschreckt den Hauptraum erreichten, ohne zu zögern ihre Waffen zogen und auf den Fremden schossen. Mit einem kreischenden Schrei krümmte sich der Angreifer unter den Strahlen und brach in sich zusammen.

Vorsichtig näherte sich Hisaki, um dem Unbekannten den Puls zu fühlen. Doch da war nichts. Scheinbar war die Stasis schwächend gewesen oder der Kampf hatte es anfällig gemacht. Der Japaner wusste es nicht.

Bedächtig richtete er sich wieder auf, um dann schockiert den schlaffen Körper der Schottin auf dem rot gesprenkelten weißen Boden liegen zu sehen. Die Purna kniete inzwischen gesenkten Hauptes wortlos daneben.

Er wollte zuerst einen Schritt auf sie zugehen, doch dann legte er seine Hand auf Kai Victors Arm und dieser bestätigte mit einem resignierten Nicken Kuzhumos Vermutung.

Es war vorbei, aber Catrìona war von ihnen gegangen...

Mit einer liebevollen beinahe zärtlichen Bewegung schloss die Purna Catrìona die Augen, welche nun starr ins Nichts gerichtet waren. Dann strich sie die roten unzähmbaren Locken aus ihrer Stirn.

Es war bedenklich ruhig auf der Krankenstation, als Cailin das allgemeine Schweigen brach und ein Gesang über ihre Lippen kam. Es war die uralte Sprache der Purna. Der Gesang der Toten, die zum großen Vergessen aufstiegen, um ein Teil von Lanagor dem Großen und Allmächtigen zu werden.

Es war kein besonders schöner Gesang und teilweise schienen die Töne sogar disharmonisch zu sein, doch jeder konnte das Gefühl darin spüren, das in jedem einzelnen der Laute mitschwang. Die Trauer um einen guten Freund und gleichzeitig der Glaube an die Weisheit des Schicksals mit all seinen dunklen Seiten.

Cailin hatte eine Freundin verloren, doch sie wusste, dass sie als ein Teil von Lanagor ewig leben würde.

zum nächsten Teil

zurück zum Index