Venture Cronik 5

Leben oder Überleben

--- Deck 5, Quartier 120

Meer, Strand, Palmen. Joe fühlte sich wie im siebten Himmel. Entspannt lag er auf einem großen Handtuch am Strand, ließ sich von der wärmenden Sonne bräunen und hing seinen Gedanken nach.

Hier könnte er ewig liegen. Den Alltag vergessen, einfach nur das tun, was er wollte. Genussvoll schlürfte er an seinen Pina-Colada und ließ seinen Blick über die wundervolle Landschaft schweifen, als er plötzlich eine Gestalt entdeckte, die in gemütlichem Joggertempo den Strand entlang lief.

Etwas verwundert starrte er zu der Person rüber. "Wer ist das denn? Ich dachte, ich wäre hier ganz alleine."

Gespannt folgte er der Person, die langsam aber sicher zu ihm gelaufen kam. Es dauerte noch eine ganze Weile bis er genauere Details erkennen konnte. Und das was er sah, verschlug ihm im wahrsten Sinne des Wortes die Sprache.

Es war eine Frau. Mit blonden, schulterlangen Haaren, durch die eine sanfte Meeresbrise fuhr. Er sah traumhaft lange Beine, einen wunderschönen Busen und den knackigsten Hintern, der ihm je untergekommen war; und er hatte schon viele gesehen. Das einzige was den perfekten Körper der Frau bedeckte, war ein absolut knapper Bikini.

Mit offenem Mund stierte er zu der Schönheit rüber, die jetzt genau auf ihn zulief. Im Takt der Schritte wippte der Busen, die Haare wehten im Wind und der Hintern wackelte erotisch. Mit einem Lächeln auf den Lippen kam sie direkt vor seinem Badehandtuch zum stehen und sah auf ihn herab.

Es dauerte ein paar Sekunden, bis Joe es schaffte, seinen Blick von dem Traumkörper zu lösen und der Blonden in die Augen zu schauen. Und selbst da versank er drin. Es waren die blausten Augen, die er bisher gesehen hatte. So blau wie das Meer. So blau wie der Himmel. So blau wie...

"Hallo Süßer. Na, was liegst du denn hier so ganz alleine am Strand? Muss doch langweilig werden so ganz ohne Beschäftigung", sagte die Frau und riss ihn aus seinen Gedanken.

Mit trockenem Mund antwortete Joe stotternd: "Ähm.. ja.. also bisher fand ich es ganz schön hier. Aber.. was treibt Sie.. ich meine dich hier her?"

"Ich hab dich gesucht", kam als Antwort zurück. "Ich bin nur wegen dir hier."

Das brachte Joe komplett aus der Fassung. Wie meinte sie das? Nur wegen ihm hier. Konnte das sein?

"U.u.u.und warum.. suchst du mich?", stotterte er wieder.

"Jetzt tu doch nicht so. Du kannst dir ja wohl denken, was ich von dir will", sagte sie. Mit einem schelmischen Grinsen schaute sie auf ihn herab und wippte mit ihren Brüsten.

Gerade wollte Joe antworten, als er eine Veränderung bemerkte. Zuerst dachte er, er würde halluzinieren, doch dann bemerkte er, dass sein Gegenüber anfing zu schrumpfen. Langsam aber sicher wurde sie immer kleiner. Dazu kam, dass sich der komplette Körper zu verändern begann. Er wurde nicht nur kleiner, nein, er wurde auch dicker. Außerdem veränderte sich das Gesicht.

Verwirrt verfolgte Joe das ihm dargebotene Schauspiel, bis er plötzlich erschrocken zusammenfuhr. Wie vom Blitz getroffen erkannte er, was das Ergebnis der Verwandlung war.

Total verdattert rieb er sich die Augen und schaute noch mal hin. 'Das kann doch nicht sein. Das darf einfach nicht sein.'

Es war Hisaki.

Der Japaner stand da in voller Lebensgröße (*lol*); nur bekleidet mit dem Bikini der Frau. Nur dass der ihm natürlich um Nummern zu klein war. Langsam kam der Sicherheitschef näher; schritt immer weiter auf Joe zu, bis er fast auf ihm drauf stand.

Total geschockt schrie Joe auf, versuchte sich rückwärts robbend aus der Reichweite des Japaners zu bewegen, doch dieser stand da, schaute auf ihn herab und schüttelte verächtlich den Kopf.

Von Panik ergriffen sprang Joe auf, rutsche fast auf dem Sand weg, rannte vor dem kleinen Mann davon. Zumindest dachte er das. Doch irgendwie kam er nicht von der Stelle. Im Gegenteil; er rannte wie vom Teufel gejagt, doch Hisaki wich nicht von seiner Seite.

Außer Atem blieb Joe stehen, starrte ängstlich zu dem Sicherheitsmann und zitterte am ganzen Leib.

Da öffnete Hisaki plötzlich den Mund und seine Stimme fuhr Joe durch Mark und Bein.

"Hisaki an alle. Eindringlingsalarm auf Deck 7 in Frachtraum 3. Erschießt jeden Romulaner, den ihr vor die Phasermündung bekommt! Hisaki Ende."

Mit einem Ruck fuhr Joe aus seinem Bett hoch. Schweißnass und erbärmlich am Zittern. Es dauerte mehrere Sekunden bis er es schaffte, sich wieder einigermaßen zu beruhigen.

"Oh mein Gott. Es war nur ein Traum. Es war nur ein verdammter Alptraum", sagte er die ganze Zeit zu sich. Es dauerte noch mal eine Weile, bis er begriff, was passiert war.

Und da schoss es ihm auch durch den Kopf. EINDRINGLINGSALARM. Sofort sprintete er aus seinem Bett; warf sich in seine Klamotten, schnappte sich sein Phasergewehr und rannte aus seinem Quartier.

--- Deck 5, Gänge

Wie eine Bestie flitze er durch die Gänge; bog mal hier ab und mal da, bis er nach kurzer Zeit endlich vor dem Arboretum stand. Kartagos und Jesanta waren schon da und schauten ihn ungeduldig an.

"Mensch, wo bleibst du denn? Hast du dich noch schön gemacht oder wie? Glaubst du etwa, die Romulaner warten auf dich?" Mit einem verächtlichen Schnauben drehte sich Kartagos um und rannte los zum Turbolift. "Na los Mädels. Schwingt die Hüften. Wir haben ein paar Roms zu erlegen."

Gemeinsam liefen die Drei zum nächstgelegenen Turbolift, stürzten sich rein und fuhren postwendend zu Deck 7.

--- Deck 7, Gänge

Kaum waren sie dort angekommen, stürmten sie auch schon aus dem Lift heraus und begaben sich in Stellung. Nacheinander überprüften alle ihre Gewehre und brachten sie dann in Anschlag.

Hämisch grinsend flüsterte Jesanta: "Ok, sollen diese Spitzohren ruhig kommen. An mir kommen sie nicht vorbei."

--- Krankenstation

Grinsend stand Kai mit dem Phaser in der Hand hinter Alnak. Dieser bemerkte ihn nicht, da er zu beschäftigt mit der Purna war, und deshalb verkniff er sich auch einen Kommentar.

'Alle Romulaner....', lachte er in sich hinein, 'der Alte achtet doch sonst auf seine Wortwahl!', bemerkte Victor in seinen Gedanken an den Sicherheitschef.

Die Krankenstation füllte sich langsam und Kai überlegte fieberhaft, wie er den Attentäter beseitigen sollte. Die Arrestzellen waren ein bisschen weit weg um ihn zu tragen, zudem die Gänge mit Flüchtlingen langsam überflutet wurden.

Der Platz auf der Krankenstation hingegen war zu kostbar, als dass man den Mann auf dem Biobett liegen lassen könnte. Daher blieb ihm nur eine logische Möglichkeit.

"Victor an Hisaki", rief er den Japaner.

--- Brücke

"Hisaki hier", meldete sich der Asiate. "Was gibt es?", fragte er unverblümt, während Kuzhumo sich darum bemühte, aus den Situationsmeldungen seiner Sicherheitler ehrenhalber schlau zu werden.

"Sir, es gibt ein Problem mit unserem Attentäter. Ich komme mit ihm nicht durch die Korridore, da diese voll mit Flüchtlingen sind. Und auf der Krankenstation nimmt er wertvollen Platz weg. Ich schlage einen Ort zu Ort Transport direkt in die Arrestzelle vor."

Resignierend seufzte Hisaki, als er dem jungen Amerikaner antwortete. "Wie Ihnen eigentlich aufgefallen sein sollte, kommen diese Flüchtling von dem Planeten. Und zwar mit dem Transporter. Da die Lage auf der Planetenoberfläche kritisch ist, haben wir keine Transporterressourcen frei."

"Aber wie...", setzte Kai an, bevor er von dem Japaner unterbrochen wurde.

"Lassen Sie sich etwas einfallen. Hisaki Ende.", damit unterbrach der Sicherheitschef die Verbindung.

Der alte Mann sah Potential in dem Amerikaner. Ihm würde schon etwas einfallen.

--- Krankenstation

"Mist!", Kai stampfte vor Ärger auf den Boden. Daran hätte er selber denken können. Was würde Hisaki wieder von ihm denken? Fieberhaft suchte er nach einer Lösung für sein Problem.

Andere Sicherheitler hätten auf die schroffe Abfuhr des Japaners ärgerlich oder sauer reagiert. Victor aber war auf sich selbst sauer. In seinem unglaublichen Drang sich dem Asiaten zu beweisen, suchte er nach einer Möglichkeit....

'Na klar'. fuhr es dem blonden Mann mit einem Mal durch den Kopf. Wie von der Tarantel gestochen stürzte er in den hinteren Bereich der Krankenstation.

--- Krankenstation, pathologischer Bereich, wenig später

Zufrieden betrachtete Kai sein Werk. er hatte den Attentäter einfach in Stasis gesetzt und auf eine Totenbahre gelegt und diese in der Wand versenkt. Perfekt!

---Planet Kital, Kolonie

Nachdem Cailin die Verbindung beendet hatte, war der Atem zischend aus Anjols Lunge entwichen. Er hatte gar nicht gemerkt, dass er die Luft angehalten hatte, aber jetzt nach der Zusage der Purna fiel die Anspannung wie ein Gewicht von seinem Leib ab.

Sie war wirklich außergewöhnlich...

Aber vorerst konnten sie froh sein, wenn sie dies alles überstanden. Zwar waren die wirklich dringenden Fälle auf die Venture gebracht worden, aber die vollständige Evakuierung war etwas ganz anderes!

Jederzeit konnte sie eine neue Gefahr treffen. Stärker, unerwarteter und tödliche als alles je da Gewesene...Während er darüber nachdachte, lief er abermals durch die Menge und half dort, wo es nötig war.

Man konnte den Gesichtern ansehen, wie verzweifelt die Kolonisten wirklich waren und einige starrten nur noch wie fixiert in eine Richtung. Sie hatten den Verstand verloren.

Und einige wären wohl auch lieber gestorben, als ohne Freunde und Familie weiterzuleben. Es würde sicher noch ein explosiver Tag werden...

--- Krankenstation

Gerade wollte die Schottin auf Cailins Frage antworten, als der Romulaner neben ihnen auftauchte. Entgeistert blickte Catrìona ihn an, registrierte die einigermaßen verheilten Verbrennungen, das strubbelige Haar und die versengten, schrägen Augenbrauen, die dem Mann ein skurriles Aussehen gaben. Dann wanderte ihr Blick weiter hinab und blieb an dem entblößten Arm Alnaks hängen.

"Sind Sie des Wahnsinns fette Beute?" explodierte die Rothaarige. "Was glauben Sie eigentlich, was Sie hier machen? Können Sie sich möglicherweise vorstellen, dass diese verdammte Infusion einen höheren Zweck erfüllen sollte?

Da haben wir beiden uns alle Mühe gegeben, Sie wieder unter die Lebenden zu holen und was machen Sie? Strafen alle unsere Bemühungen mit Verachtung, indem Sie sich selbst diese Infusion ziehen!"

Der Romulaner stand ziemlich sprachlos vor der hochgewachsenen Frau, die vor lauter Ärger rot angelaufen war. Sie zückte ihren Tricorder und begann, den Cheftechniker zu scannen, während sie fortfuhr:

"Stellen Sie sich mal vor, wie es wäre, wenn Sie an Ihren Maschinen herumgewerkelt hätten, um irgendetwas Lebensnotwendiges zu reparieren und dann kommt irgendein Ahnungsloser daher und macht Ihre Arbeit zunichte. Was Sie hier eigenmächtig getan haben, ist nicht viel besser, Aye?"

Hier beendete Catrìona ihren Scan und studierte sorgfältig die Anzeigen des Tricorders. "Ihr Glück, dass Sie wirklich wieder einigermaßen beisammen sind und dass wir Sie wahrscheinlich woanders auf der Venture wichtiger brauchen als hier in der Krankenstation. Ich gebe Ihnen jetzt noch eine Injektion, dann können Sie verschwinden. Aber passen Sie auf, dass Sie sich nicht übernehmen, Aye?"

Fragend blickte sie Alnak an, während Sie einen Injektor vorbereitete.

Sichtlich sprachlos stand Yhea vor Catrìona und schaute in seine Kaffeetasse. So eine Reaktion hatte er nicht erwartet. Obwohl er es ja richtig heraufbeschworen hatte. Am liebsten wäre er jetzt vor Scham direkt im Boden versunken. Eigentlich hatte sie ja recht. Jedes Wort von ihr stimmte Hundertprozentig.

Ärgerlich nahm er einen großen Schluck Kaffee und unterdrückte dadurch einen romulanischen Fluch, der ihm auf den Lippen gelegen hatte. Er schaffte es irgendwie immer, in alle offenen Fettnäppchen zu treten. Und jedes Mal brachte er damit andere Leute zur Weißglut. Doch das wollte er nicht. Und am wenigsten wollte er Catrìona verärgern. Schließlich hatte sie ihm das Leben gerettet; mit Cailin zusammen natürlich.

Im Geiste machte er sich eine Notiz, dass er das Dankeschöngeschenk noch größer und besser aussuchen wollte. Er hoffte, seinen Fehler dadurch etwas zu mildern.

Langsam hob er den Blick aus dem Getränk und schaute Catrìona an. "Es tut mir leid. Es war nicht meine Absicht, Ihre Genesungsbemühungen zu behindern. Ich glaube, ich habe einfach nicht soweit gedacht. Das Einzige, woran ich im Moment denke ist, wie ich die Venture wieder reparieren kann."

'Und noch an einiges mehr', überlegte er und dachte an das Erlebte zurück. Doch bevor er wieder in Gedanken versank, wurde er von Catrìona unterbrochen, die ihm zischend die versprochene Injektion verabreichte.

"Danke!", sagte Yhea und rieb sich den Arm. "Ich werde versuchen, Ihre Ratschläge zu befolgen, und mich nicht zu sehr zu verausgaben. Versprochen."

Mit einem Nicken quittierte die Ärztin die Aussage des Romulaners und wollte gerade etwas entgegnen, als Yhea sie noch mal unterbrach: "Bevor ich es vergesse; was ist jetzt mit Poulsen? Kann ich den vielleicht mitnehmen oder braucht der doch ein wenig?"

--- Gänge, Deck 2

Wie das Schicksal sich doch ändern konnte! Noch vor ein paar Sekunden hatte es der Captain nicht für möglich gehalten, dass er noch mehr als drei Atemzüge in dieser Welt sein würde und jetzt lag er immer noch erstaunt und erleichtert auf dem Boden - begraben von der Leiche des Romulaners!

Leicht röchelnd wälzte er den Feind in seiner schweren Uniform von seinem Leib und stand auf. Erst jetzt merkte er, dass sein linkes Hosenbein zerfetzt war und ein langer Schnitt seine Wade zierte.

"Mist, verdammter!", fluchte er leise, aber ließ sich von dem Kratzer nicht weiter stören. Im Gegensatz zu Trustman hatte über ihn ein Schutzgeist gewacht.

Sofort ging er zu dem vor Blutverlust zitternden Afrikaner, der mühsam versuchte, die klaffende Wunde auf seiner Brust zu bedecken. Ohne zu überlegen zeriss McCarthy auch sein zweites Hosenbein und verknotete den Stoffstreifen zu einer kleinen Binde.

Dann half er Trustman in eine sitzende Position und starrte in dessen Augen: Trotz der Ereignisse zeigte sich noch eine klare und grimmige Entschlossenheit in den dunklen Augen und Charles zweifelte nicht, dass der Mann es schaffen würde.

Schaffen musste.

"Leutnant, was lungern wir hier noch weiter rum? Ich werde Sie jetzt zur Krankenstation bringen und unterwegs werden Sie mir einen umfassenden Bericht abliefern!", wandte er sich mit einer strengen Stimme an den Verwundeten und hoffte, dass diese Aufgabe ihn ein wenig von den Schmerzen ablenken konnte.

Während er den Afrikaner dann auf die wackeligen Beine half und die Binde über dessen Schulter streife, begann Eric zu erzählen: Kurz und bündig, aber ohne auch nur ein Detail zu übersehen, berichtete er sowohl von der Übermacht des Feindes, als auch von deren bedingungsloser Kampftaktik.

Gleichzeitig hatte McCarthy Trustmans Arm in die Schlinge gelegt und so fiel es dem Afrikaner wesentlich einfacher, auch weiterhin die Hand auf die triefende Wunde zu legen und sie dadurch halbwegs zu veschließen.

--- Deck 7

Angespannt hatten sich die Drei gegenüber der Shuttlerampe in Stellung gebracht. Abwartend starrten sie auf die geschlossene Tür und warteten geduldig darauf, dass sie sich endlich öffnete und sich die Romulaner zeigen würden.

"Was machen die denn?", fragte Jesanta nach ein paar Minuten. "Veranstalten die da drin ein Picknick oder was?"

Kaum hatte er den Satz beendet, da öffnete sich auch schon zischend das Schott und zwei Romulaner kamen mit angelegten Waffen heraus gesprungen. Sofort eröffneten Jesanta, Kartagos und Joe das Feuer. Anscheinend hatten die Romulaner mit so direkter Gegenwehr nicht gerechnet, denn beide brachen getroffen zusammen und man konnte romulanisches Gebrüll aus der Shuttlerampe hören. Sehr wahrscheinlich würden sie jetzt ihre Taktik ändern und so sprang Kartagos auf und verschwand hinter der nächsten Ecke.

Während Joe und Jesanta darauf warteten, dass sich die Romulaner wieder vortrauen würden, umrundete Kartagos die Belagerungsposition und brachte sich auf der gegenüberliegenden Seite in Stellung. So hatten sie zu dritt wenigstens eine größere Chance, die Grünblüter aufzuhalten.

Plötzlich erkannte Joe, wie etwas kleines Rundes aus der Türöffnung der Shuttlerampe herausflog, kurz an die Wand schlug und dann mitten im Gang liegen blieb. Es dauerte fast zwei Sekunden, bis sein Geist die Information verarbeitet hatte, und noch mal eine Sekunde bis er schreien konnte: "DECKUNG!!"

Mit einem ohrenbetäubenden Knall explodierte die kleine Kugel; riss Teile der Wandverkleidung heraus und überflutete den Gang mit dichtem Rauch. Innerhalb kürzester Zeit war die Sicht auf wenige Zentimeter beschränkt und Joe und Jesanta hatten Mühe, ihre beiden Phasergewehre zu finden, welche ihnen durch die Druckwelle aus den Händen gerissen worden waren.

Kaum hatten sich beide wieder in ihre vorgegebene Position begeben, da hörten sie auch schon, wie die Romulaner aus der Shuttlerampe gestürmt kamen und wild durch den Gang schossen.

'Wenigstens besteht jetzt Chancengleichheit', dachte Joe, während er eifrig mit seinem Gewehr zurück schoss. Blindlings verteilte er die Energieladungen quer durch den Gang, während er versuchte, durch die immer noch undurchdringliche Nebelwand hindurch zu sehen. Mehrere Minuten lang war es ein Hin und Her zwischen Venture-Crew und Romulanern, doch anscheinend erzielte keiner der beiden Seiten irgendeinen Treffer.

Plötzlich versiegte das Feuer des Gegners, und Jesanta und Joe stellten ebenfalls ihr Feuer ein. Sofort herrschte eine unheimliche Ruhe. Der Nebel hatte sich soweit gelichtet und gab den Blick auf den verlassenen Gang frei. Kein Romulaner war zu sehen. Das Einzige, was Joe bemerkte, war eine brennende Seitenwand, die anscheinend dem Feuer der Phaser nicht standhalten konnte.

Verwirrt schauten sich die Beiden an. Hatten sich die Spitzohren zurückgezogen oder hatten sie es geschafft, unbemerkt an Kartago vorbei zu kommen.

"Jesanta an Kartago. Alles in Ordnung bei dir?", fragte er ungeduldig.

"Kartago hier. Bei mir ist alles in Ordnung. Aber mal eine Frage: Sind die Romulaner bei euch vorbeigekommen oder sind die wieder im Shuttlehangar?"

"Also bei uns waren sie nicht. Ich vermute mal, die sind zurück zu den Shuttles. Ich überprüfe das kurz mal", antwortete Jesanta und holte seinen Tricorder hervor. Gründlich scannte er die Umgebung und nickte zufrieden. "Laut meinen Scanns befinden sich alle Romulaner wieder im Shuttlehangar. Die hatten wohl nicht damit gerechnet, von zwei Seiten angegriffen zu werden. Das Problem ist nur, dass sie jetzt wissen, mit was sie es zu tun haben, und werden sich dementsprechend drauf einstellen", bemerkte Jesanta trocken und schaute zu Joe.

"Hat irgendjemand eine Idee, wie wir den Romulanern zuvorkommen können?"

Angestrengt suchten alle Drei nach einer Lösung, bis sich Kartago wieder meldete. "Wie wäre es, wenn wir einfach die Außentür der Shuttlerampe öffnen und die Romulaner so in die Weiten des Weltraums pusten würden?"

Jesanta nickte zustimmend. "Prima Idee. Aber einfach wird das nicht. Ich sehe da 2 große Probleme. Erstens müssen wir es schaffen, die Tür zum Gang zu verriegeln, und zweitens muss jemand in die Shuttlerampe zum Kontrollraum, um das Atmosphärenkraftfeld auszuschalten und die Außentür zu öffnen. Und ich glaube nicht, dass die Romulaner einfach so zusehen."

Sofort antwortete Kartago: "Also das mit dem Kontrollraum übernehme ich. Ich kenne da eine Abkürzung, die die Romulaner mit Sicherheit nicht wissen. Ihr müsst es nur irgendwie schaffen, die Romulaner irgendwie in der Shuttlerampe festzuhalten und dafür zu sorgen, dass die Innentür zum richtigen Zeitpunkt geschlossen ist. Schafft ihr das?"

"Wir werden es versuchen. Gib uns einfach ein Zeichen, wenn wir die Tür verriegeln sollen. Wir werden dann hoffentlich soweit sein", antwortete Jesanta grimmig, während er sich zu Joe umdrehte. "Jesanta Ende."

"Wir werden es so machen", wandte er sich an Joe und bedachte ihn mit einem ernsten Blick. "Ich werde hier in Stellung bleiben, während du dich darum kümmerst, dass die Tür da vorne geschlossen bleibt. Soweit ich weiß, müsste da vorne um die Ecke ein kleiner Kontrollraum dafür sein. Ich gebe dir Rückendeckung."

Mit diesem Satz schubste er Joe in die angewiesene Richtung und brachte sich wieder in Stellung. "Na los, mach schon. Wir sind hier nicht auf einem Seniorenball", pflaumte er Joe an, der sich widerwillig in Bewegung setzte. Langsam marschierte Joe zu der Tür hin, immer um sich blickend und mindestens ein Auge auf die Innentür der Shuttlerampe gerichtet.

Hinter sich hörte er Jesanta fluchen, der ihn anhielt, sich doch endlich mal zu bewegen und nicht wie eine alte Oma mit Krückstock zu verhalten. Doch so sehr Joe es auch versuchte, er schaffte es nicht, das Zittern aus seinen Beinen zu vertreiben. Schweiß lief in wahren Strömen über sein Gesicht und er konnte kaum atmen vor Angst. Er wollte nicht hier sein. Er wollte jetzt noch nicht sterben.

Es kam ihm wie eine halbe Ewigkeit vor, bis er es endlich geschafft hatte, die Tür zum Kontrollraum zu erreichen. Mit schweißnassen Händen tippte er auf den Öffnungsschalter, wartete zitternd darauf, dass sie sich endlich öffnete und trat dann mit einem beherzten Schritt ein. Kaum war die Tür wieder verschlossen, da sank er auch schon schnaufend an der Wand herab.

Er hatte es geschafft. Er war in Sicherheit. Hier würde ihn kein Romulaner finden. Er gönnte sich ein paar Minuten Ruhe, bis er sich zu der nahe stehenden Konsole begab. Langsam schaute er über die Anzeigen und schüttelte den Kopf. Was hatte er hier verloren? Er hatte doch gar keine Ahnung von technischen Dingen. Er konnte gerade mal einen Replikator bedienen.

Wieder ließ er den Blick über die ganzen Anzeigen schweifen, bis er plötzlich was entdeckte. Neugierig rief er ein paar Menüs auf und jubelte innerlich. Er hatte es gefunden. Langsam rief er einzelne Einstellungen auf, die ihm zwar nicht viel sagten, und fand nach kurzer Zeit endlich das gewünschte Menü. Ein Tastenklick später und der Computer würde sofort die Innentür verschließen.

Jetzt hieß es warten. Warten darauf, dass Kartago es schaffen würde, in die Shuttlerampe zu kommen, ohne entdeckt zu werden. Und Joe wollte jetzt nicht in dessen Haut stecken.

--- Deck 7, Shuttlerampe

Ein paar Augen funkelte bedrohlich.

Zähne machten knirschende Geräusche.

Ein Finger spielte nervös am Auslöser des Disruptors.

Es war den weichlichen Föderierten gelungen, sie in die Shuttlerampe zurückzudrängen und wie durch ein Wunder hatte selbst der Einsatz einer Nebelgranate keinen Erfolg gebracht. Ein paar der Soldaten würden wegen Versagens bestraft werden müssen, wenn die Mission beendet war.

Natürlich mit dem Tod.

Für Romulaner gab es keine andere Reaktion auf solch ein schändliches Versagen gegenüber niederen Spezies. Menschen waren schwach und ihr Blut verseucht vom Rotz anderer unterlegener Rassen. Und die Föderation war nichts weiter als eine Sammelgrube für die, die keine Berechtigung zu leben haben sollten...

Immer noch funkelten Galvors Augen wie Feuer und die Glut galt den vier einfachen Soldaten, denen es nicht gelungen war, den Feind zu vernichten. Wie beschämt blickten sie zu Boden und sie wussten, dass sie Schande über sich und ihre Familien gebacht hatten.

Drei Generationen Spott und Rechtlosigkeit standen ihnen bevor.

Außer die Soldaten würden für ihre beschämendes Verhalten mit ihrem Blut bezahlen. Tropfen für Tropfen. Und so hob einer der vier Soldaten schließlich seinen Kopf und sprach den Führer der Kampfeinheit an:

"Centurion, wir geloben für unsere Schande zu zahlen. Lassen Sie uns diesen Menschen zeigen, wie der romulanische Weg ist."

Eine Sekunde überlegte Galvor und nickte dann nur stumm. Sie alle wussten, dass jeder, der durch die Tür ging, keine drei Meter weit kommen würde. Sie wären leichte Ziele für die Menschen, aber ihre Schuld würde beglichen sein...

...und so liefen sie ins Angesicht des Todes durch die sich öffnende Tür der Shuttlerampe. Nur ein Gutes hatte die ganze Sache: Galvor würde genug Zeit durch diese Ablenkung erhalten, um einen weiteren Ausbruchsversuch vorzubereiten.

Im gewohnt schroffen Befehlston informierte er die übrig gebliebenen Soldaten über das ihnen bevorstehende Manöver, während man aus dem angrenzenden Gang Disruptorfeuer und gellende Schmerzensschreie hören konnte.

Ein paar der jüngeren Romulaner schaute schockiert auf, aber die Veteranen ignorierten die letzten Rufe ihrer Kameraden. Sie hatten getan, was in ihrer Macht gestanden hatte.

--- kurz vorher in den Jeffriesröhren

Auf dem Bauch liegend zog sich Kartagos durch die Jeffriesröhre, peinlichst darauf bedacht, auf gar keinen Fall ein Geräusch zu verursachen. Er wusste nämlich aus eigener Erfahrung, dass Romulaner ein überdurchschnittliches Gehöhr besaßen. Es lief ihm sofort wieder ein Schauder über den Rücken, als er an die Sache mit Alnak dachte. Doch dafür war jetzt keine Zeit. Er musste sich beeilen. Er glaubte nämlich nicht, dass die Romulaner lange in der Shuttlerampe bleiben würden. Zumindest nicht freiwillig.

Grimmig kämpfte er sich Meter für Meter weiter, bis er endlich an einer kleinen Luke ankam. Zuerst blieb er eine Minute ganz ruhig liegen, versuchte seinen Atem wieder unter Kontrolle zu bekommen und horchte angestrengt nach draußen. Zur Sicherheit holte er seinen Tricorder hervor und überprüfte noch mal, ob nicht wirklich ein Romulaner im angrenzenden Kontrollraum war. Als ihm der Scanner die Richtigkeit seiner Vermutung zusicherte, schaltete er ihn wieder aus, steckte ihn in seine Tasche und machte sich leise an die Arbeit.

Ganz ruhig und langsam versuchte er, die Lukenabdeckung zu entfernen, ohne irgendwelche verräterischen Geräusche zu machen, doch sie rührte sich keinen Millimeter. Verbissen zog und drückte er an der Abdeckung herum, bis sie sich plötzlich mit einem Ruck aus der Verankerung löste. Blitzschnell reagierte Kartagos und erwischte die Abdeckung gerade noch an einer Ecke, bevor sie die Möglichkeit hatte, mit einem lauten Knall auf den Boden zu fallen. Vorsichtig quetschte er sich aus der Röhre, brachte die Abdeckung wieder an Ort und Stelle, und atmete tief ein und aus.

'Puh, das war knapp', dachte er und wischte sich den Schweiß aus dem Gesicht. Das letzte, was er jetzt wollte, war von einem Romulaner erwischt zu werden.

--- Deck 7, Kontrollraum (Shuttlerampe)

Geduckt schlich er zu einer angrenzenden Konsole und schaute über den Rand hinweg runter in die Shuttlerampe. Sofort fiel sein Blick auf ein romulanisches Shuttle, welches mitten zwischen den anderen Shuttles der Venture stand. Zuerst wunderte er sich darüber. Er war davon ausgegangen, das die Romulaner per Transporter auf die Venture gekommen waren, doch was hatte dann das Shuttle hier zu suchen.

Plötzlich fiel es ihm wie Schuppen von den Augen und er schlug sich mit der Hand auf die Stirn. 'Du Trottel', beschimpfte er sich selber. Er hatte ja ganz vergessen, dass das Shuttle von Mr. Alnak war. Kopfschüttelnd schaute er vom Shuttle weg zu den Romulanern, die immer noch in der Nähe der Innentür standen, und anscheinend am beraten waren, was sie als nächstes tun sollten.

Ohne weitere Zeit zu verlieren drehte sich Kartagos um und ging zur gegenüberliegenden Wand, an der die Konsole zur Außentürsteuerung angebracht war. Immer darauf bedacht, nicht von den Romulanern gesehen zu werden, aktivierte er die Konsole und überbrückte die Sicherheitseinstellungen. Es dauerte nicht lange, bis er es geschafft hatte, den Computer davon zu überzeugen, er solle das Atmosphärenkraftfeld deaktivieren und gleichzeitig die Außentür öffnen.

Triumphierend schaute er sich sein Werk an. Jetzt brauchte er nur noch einen Schalter zu betätigen und schwups... war das Problem mit den Romulanern beseitig. Mit einer lässigen Handbewegung aktivierte er seinen Kommunikator und sagte: "Kartagos an Jesanta. Ich bin soweit. Habt ihr die Innentür verriegelt?"

"Jesanta hier. Joe hat mir noch nicht Bescheid gesagt. Keine Ahnung wie weit er ist. Ich werd ihn gleich mal fragen. Warte..."

Plötzlich hörte Kartagos, wie sich die Innentüre öffnete und vier Romulaner mit gezückten Disruptoren in den Gang hechteten. Sofort wollte er Jesanta warnen, doch da hörte er auch schon Schüsse. Wie Eis erstarrt schaute Kartagos zur Tür hinunter. 'Konnte es Jesanta schaffen? Ganz alleine? Er wusste es nicht. Aber helfen konnte er ihm ja auch nicht von hier oben aus.

Wieder fielen Schüsse, diesmal mit schmerzerfüllten Schreien untermalt. Und dann herrschte plötzlich Ruhe.

"Jesanta, alles in Ordnung?", meldete sich Kartagos und wartete gespannt auf eine Antwort. Zugleich beobachtete er, wie sich mit einem Zischen die Innentür schloss.

"Ja ich bin hier", kam krächzend die Antwort. "Ich habe sie aufhalten können. Aber mich hat's erwischt. Ne Fleischwunde vermute ich. Ich werde es wohl überleben. Muss ich wohl. Aber ich hab grade die Bestätigung von Joe bekommen, dass die Tür jetzt verriegelt ist. Du kannst also loslegen. Und viel Glück noch."

"Danke, aber ich denke mal, dass du das Glück besser brauchst als ich. Halte durch. Sobald ich hier fertig bin, komme ich und bringe dich zur Krankenstation.", sagte Kartagos und deaktivierte die Komm-Verbindung.

Gerade wollte er anfangen, als er aus den Augenwinkeln sah, wie die restlichen Romulaner plötzlich in Richtung Innentür rannten. 'Was ist denn jetzt los?', fragte er sich und runzelte die Stirn. 'Ach was soll's. Die leben sowieso nicht mehr lange.' Mit einem kurzen Fingertipp deaktivierte er das Kraftfeld.

--- gleichzeitig in der Shuttlerampe

Zufrieden schaute der Centurion in die Runde und versicherte sich, dass alle vorbereitet und bewaffnet waren. Die entscheidende Schlacht stand ihnen bevor und zum Ruhme des Imperiums durften sie nicht versagen!

"Jolan tru!", verabschiedete er seine Kampfgefährten und sie alle liefen in Richtung der Tür. Kalt lächelnd nahm er eine kleinere Granate in die Hand, die er sich bis jetzt aufgehoben hatte. Sie würde ihnen den Weg freisprengen - egal, wie viele Menschen Widerstand leisten wollten.

Doch in diesem Moment wurde das rhythmische Poltern ihrer Stiefel von einem mechanischen Knirschen übertönt und als der romulanische Unteroffizier sich umschaute, erkannte er mit Ohnmacht in den Augen, dass sich die Außenschotten öffneten.

'Bei den Göttern!', fluchte er innerlich und wusste, dass es keinen Ausweg aus dieser Situation gab. Mit Schrecken in den Augen fühlte er, wie die Dekompression ihn von den Beinen riss und nur mit Mühe konnte er sich an einer Konsole festhalten.

Einige seiner Männer hatten nicht solches Glück und verschwanden mitgerissen von der Luft in den Weiten des Weltalls, wo ihre Körper vom eigenen Blutdruck zerrissen werden würden.

Dann entdeckte er den Teufel, dem sie all dies zu verdanken hatten, in einem kleinen Kontrollraum; beschützt von einer Glasscheibe. Ein typischer Mensch, der selbst jetzt im Augenblick seines Triumphes noch ängstlich auf sie herabsah, als er Galvors Blicke bemerkte. 'Bei den Göttern, dieser Schwächling muss sterben...', dachte Galvor und zückte seinen Disruptor.

--- Deck 7, Kontrollraum

Der erste Gedanke, der Kartago in den Sinn kam, war Flucht. Er musste hier raus. Sofort. Auf der Stelle.

Mit zitternden Fingern versuchte er die Abdeckung zu öffnen, durch die er vorhin in den Kontrollraum herein gekommen war. Doch nervös wie er war, er schaffte es einfach nicht, sie aus der Wand zu lösen.

Dann geschah alles ganz schnell. Die Glasfront des Kontrollraumes explodierte. Tausend und abertausend Glassplitter flogen durch die Luft. Doch Kartagos merkte davon nichts. Er war immer noch damit beschäftigt, die Abdeckung zu entfernen, bis er plötzlich merkte, wie ihn einen unbändige Kraft von den Beinen riss. Er wurde durch die Luft geschleudert, schlug mit der Schulter gegen den Fensterrahmen und wurde dann in die Shuttlerampe gezogen.

--- Deck 7, Shuttlerampe

Die Luft war vollends aus seinen Lungen verschwunden; zum einen durch den Aufschlag an den Fensterrahmen, zum anderen dadurch, dass sich im Shuttlehangar sowieso nicht mehr allzu viel Luft befand. Doch Kartagos hatte Glück im Unglück. Er teilte nicht das Leid der Romulaner, in den Weltraum gezogen zu werden. Der Sog der Luft, die aus dem Hangar entwich, war fast nicht mehr zu spüren.

Kartagos lag irgendwo mitten im Hangar, versuchte verzweifelt, das letzte Quäntchen Sauerstoff einzuatmen, der noch vorhanden war und starrte verzweifelt auf die verbliebenen Romulaner.

Denen hingegen erging es nicht besser. Alle drei lagen ebenfalls auf dem Boden, bemüht, nicht zu ersticken, und versuchten anscheinend, die Innentür zu öffnen.

Doch das interessierte Kartago nicht. Er lag ganz ruhig da. Immer weiter drängte sich eine unbestimmbare Schwärze in sein Blickfeld. Er wusste nicht mehr, wer er wahr oder was er hier sollte, doch irgendwie spürte er einen unbestimmbaren Triumph.

Und das sollte auch das letzte sein, was er spürte.

--- Brücke

Es gab Zeiten da passierten viele merkwürdige Dinge. Gerade war so eine Zeit. Denn Sensei Hisaki wurde ungeduldig. Die Evakuierung des Planeten verlief planmäßig, aber das war schon alles, was er wusste.

Nachdem Victor sich wieder gemeldet hatte, hatte Kuzhumo ihn auf Deck 7 geschickt, zur Unterstützung gegen die Eindringlinge. Seitdem hatte er sich nicht gemeldet.

Was aber bei Weitem schlimmer war, war, dass sich der Captain nicht mehr gemeldet hatte. Nachdem ein Teil der internen Sensoren wieder funktionierte stellte der Japaner fest, dass es auf den oberen zwei Decks nur zwei Lebenszeichen gab. Seines und Brenghs.

Der Navigator war seit längerem ganz ruhig. Er war voll auf seine Aufgabe konzentriert, die Evakuierung zu verwalten und durchzuführen. Da die Romulaner kein Signal abgesandt hatten, aber dafür ein Enterkommando, war in nächster Zeit auch mit denen nicht zu rechnen.

Faktisch saß der Sicherheitschef unnütz auf der Brücke herum. Kurz entschlossen sprach er den Caldonier an, "Brengh, Sie haben das Kommando. Sobald irgendein anderes Schiff auftaucht informieren Sie mich. Ansonsten weiter so."

Der Asiate erhob sich vom Kommandostuhl und sah noch das quittierende Nicken des Navigators, als er die Brücke verließ.

--- Gänge, Deck 2

Eilig hastete Kuzhumo durch die Gänge, auf der Suche nach dem Captain. Einerseits erleichterte es ihn, ihn nicht zu finden, aber andererseits erschreckte ihn dieses Massaker. Wenn irgendwelche Bürokraten Zweifel an der Richtigkeit der Mission der Venture hatten, müssten sie nur dieses Bild sehen, was sich Kuzhumo bot, und sie würden ihre Sache unterstützen.

So viele gute und größtenteils junge Menschen, Bajoraner...

Eilig machte Hisaki sich jetzt auf den Weg zu der Krankenstation. Denn er hatte weder den Captain, noch Trustman gefunden. Der Japaner hoffte das Beste.

--- vor der Krankenstation

Eine knappe Viertelstunde später war es ihnen endlich gelungen, die Krankenstation zu erreichen, und unterwegs hatte McCarthy viele gute Mannschaftsmitglieder gesehen...

...tot auf dem Boden; verbannt von Disruptoren...

Schnell hatte er die Bilder aus seinem Geist verdrängt, aber dennoch drängten sich immer wieder die Namen der Opfer in sein Gedächtnis:

'William Mandella, Leutnant, seit dem Anfang dabei.

Angelo Santini, Fähnrich, eine Frau und zwei kleine Kinder. Lara Connaly, verlobt mit Lt. Railey.

Dirk Kolton, 19 Jahre und erst seit kurzem an Bord.

...

..

.'

Leise seufzte er und diesmal gelang es ihm etwas besser, das Geschehene zu verdrängen, was wohl auch daran lag, dass ein schockiert starrender Kuzhumo auf ihn zueilte, als er ihn den großen Afrikaner schleppen sah...

--- Krankenstation

Immer noch ein klein wenig verärgert erkannte die Schottin, dass die Bitte des Romulaners gerechtfertigt war. Wenn dieses Lazarett von einem Schiff 'überleben' sollte und sie jemals wieder die Schönheit des schottischen Hochlandes bewundern wollte, dann wurde jeder Mann gebraucht, der die Venture wieder auch nur annähernd in ihren Originalzustand zurückversetzen konnte.

"Aye, Mr. Alnak, ich werde sehen, was ich tun kann.", versicherte sie dem Techniker, dessen Gesicht sofort von Erleichterung überflutet wurde. Catrìona wandte sich zu Cailin und bat: "Als Du kamst, war ich gerade mit einem Primärscan dieses Mannes beschäftigt. Ich hatte den Eindruck, dass hier eine Oberschenkelhalsfraktur vorliegt, aber ich konnte noch nicht abklären, ob das Hüftgelenk betroffen ist.

Könntest Du es Dir mal ansehen, während ich Poulsen kontrolliere?" Die Purna nickte mit einem leichten Lächeln und machte sich, sorgfältig wie immer, an die Arbeit.

"Dann wollen wir mal, Aye?" meinte Catrìona und schritt zu Poulsens Biobett, gefolgt von dem Romulaner. Ein umfassender Scan zeigte der Schottin, dass Poulsen wieder fast wie neu war. Folglich deaktivierte sie die Kontrollen des Biobettes, welches ihn im künstlichen Koma gehalten hatte, bis seine Verbrennungen geheilt waren.

"So, Mr. Alnak, in ungefähr zwanzig Minuten sollte er dann so weit wach sein, dass Sie ihn mitnehmen können. Aber denken Sie dran, auch für ihn gilt: Übernehmen Sie sich beide nicht, das schadet Ihnen beiden nur und dann in letzter Konsequenz auch der Venture und uns allen.

Ich gebe Ihnen noch ein paar Pastillen mit einem schnell ins Blut übertretenden Stärkungsmittel mit, wann immer sie sich müde fühlen, nehmen sie bitte eine davon. Überdosieren können sie sie nicht, aber denken Sie dran: Viel hilft nicht immer viel.

Lieber machen Sie zwischendurch mal zehn Minuten Pause und trinken einen Ihrer heißgeliebten Kaffees.", meinte sie dann mit einem breiten Grinsen, während sie dem Romulaner eine kleine Schachtel reichte, die sie aus einem Schrank genommen hatte.

"Dann viel Erfolg", wünschte sie dem Mann noch und kehrte dann an Cailins Seite zurück.

"Und? Was meinst Du?" fragte sie die Purna.

Sorgfältig hatte Cailin inzwischen den Mann mit der von Catrìona diagnostizierten Oberschenkelhalsfraktur untersucht. Er hieß Cargo, wie sie in einem beruhigenden Arzt-Patienten Gespräch herausgefunden hatte. Noch immer fragte sie sich wie Catrìona nur so sachlich und nüchtern mit den Kranken umgehen konnte, als wäre sie selbst eine Maschine und die Kranken hätten kein Gesicht.

So hatte die Purna sogar bewirken können, dass jemand nach der Frau von Cargo suchen ließ, die er aus den Augen verloren hatte, um sie auf die Krankenstation zu bringen. Dadurch hatte sie erzielt, dass ihr Patient gleich viel entspannter und ruhiger geworden war. Wodurch sie sogar hatte feststellen können, dass das Becken nicht wie befürchtet in Mitleidenschaft gezogen war. Cargo gab auf ihre Frage hin zu, mal vom Dach seiner Behausung gefallen zu sein, als ein Sturm das Dach fast zum Einbruch gebracht hatte. Was die seltsamen Anzeigen auf dem medizinischen Tricorder in der Knochenstruktur des Beckens erklärten.

"Du hattest mit deiner Diagnose Recht, Catrìona, aber das Becken ist dank Lanagor nicht betroffen, die Anomalie, die dir wahrscheinlich Sorgen gemacht hat, stammt von einer früheren Verletzung. Vielleicht könnten wir mit unserem Mitteln auch dagegen etwas unternehmen, aber Cargo möchte das gar nicht und es ist ja auch nicht wirklich bedrohlich...", meinte Cailin zu ihrer Chefin, die sie daraufhin etwas seltsam ansah. Bis der Purna einfiel, dass Catrìona sicher den Namen des Patienten nicht einmal kannte.

"Cargo ist... war Bauer auf diesem Planeten", fügte sie deshalb erklärend mit einem lächelnden Blick auf den Patienten hinzu.

"Aye, wenn du das schon so genau herausgefunden hast, dann könntest du dich doch auch gleich um die Verletzung kümmern, sofern du nicht mit etwas anderem beschäftigt bist. Ich möchte gerne noch mal nach der Kopfverletzung mit dem Trauma sehen. Oder brauchst du meine Hilfe noch?" Catrìona warf ihren roten Lockenkopf in den Nacken und blies sich eine vorwitzige Locke aus der Stirn. Sie war eine geborene Kämpfernatur, daran gab es keinen Zweifel. Erschöpfung zeigte sie nur, wenn sie schon kurz vor dem Umfallen war.

"Hmmmm...." Cailin verursachte es noch immer Probleme von einer 'Kopfverletzung mit Trauma' zu sprechen, statt von einer Person mit Namen. Sicher hatte sie selbst oft Probleme sich die vielen Namen zu merken, die ständig kamen und gingen, aber auch in einem Schwarm kannte man sich untereinander. Niemand konnte verschwinden, ohne dass es binnen kurzem jemand auffiel und man sich auf die Suche machte. Ganz gleich, ob man gefunden werden wollte oder nicht...

Der Gedanken an die kurzen und wundervollen Treffen mit Surr auf ihrem Heimatplaneten, ließ Cailin kurz in eine Tagtraumwelt entgleiten. Sein Gesicht nah vor dem ihren, als hätte sie nur die Hand ausstrecken müssen um ihn zu fühlen. Zu gerne hätte sie ihn berührt. Die Wärme seiner Hand noch einmal sanft auf ihrer Wange gespürt. Er war ihr zum Greifen nah. Sein Gefieder stolz und aufrecht von einer Farbe wie sie nur ganz selten bei Purnas vorkam.

Dann entglitt die Vision bei dem Klang des schmerzhaften Stöhnens eines der Anwesenden und die Realität holte die Purna mit unerbittlicher Kraft ein. Ein leiserer, trauriger Gurgellaut entfuhr ihrer Kehle, während sie sich wieder voll auf ihre Arbeit konzentrierte... es jedenfalls mit aller Kraft versuchte.

"Selbstverständlich, geh nur. Mit dem Osteotraktor sollte die neue Ausrichtung des gebrochenen Knochens kein Problem sein. Falls ich dennoch Hilfe brauche, dann genügt auch die von Dallas oder Norgaard. Clancy ist scheinbar auch noch da.

Alles andere ist Routine... jedenfalls seit wir Ersatz für unsere alten osteodermalen Regeneratoren bekommen haben, die kleine... Aussetzer hatten." Mit Schrecken dachte die Purna daran, was sie wohl ohne entsprechende Ausrüstung gemacht hätten. Es war reines Glück gewesen, dass McCarthy kurz vor ihrem Einsatz für Ersatz gesorgt hatte.

Während sie gesprochen hatte, waren wieder zwei weitere Verletzte auf die Krankenstation gekommen und hatten sich in die nicht enden wollende 'Warteschlange' der Verletzten eingereiht, die auf erste Versorgung warteten. Für jeden Patienten, den sie entlassen konnten, kam ein Neuer nach. Ein älterer Mann, den Cailin nicht kannte, schickte sich an, die Krankenstation zu verlassen.

Cailin wollte Catrìona sicherheitshalber gerade fragen, ob der Patient überhaupt schon gehen durfte, als ihr auffiel, dass es sich bei einem der beiden Neuankömmlinge nicht nur um "stomach" McCarthy - auf der Krankenstation nannten ihn alle so wegen seines kleinen 'Alkoholproblems' - handelte, der jemand aus der Sicherheit schleppte, sondern dieser Sicherheitler zudem auch noch schwer verletzt zu sein schien.

Sie wollte gerade Catrìona, die noch immer an ihrer Seite stand, über das Eintreffen des neuen Notfalls Bescheid geben, als sich die Ereignisse überstürzten.

Nachdem der Sicherheitschef verzweifelt durch die ganzen Verwundeten getigert war, und den Schrecken förmlich in sich hinein gesogen hatte, war er von dem Anblick, den die Beiden ihm boten, zugleich schockiert und erleichtert.

Dies war schon die zweite gute Nachricht, da er schon Alnak entdeckt hatte, wie er anscheinend seine restliche Technikercrew wieder zum Arbeiten motivieren wollte. Der Japaner hatte nun aber keine Zeit sich darum zu kümmern, da die Versorgung der beiden Neuankömmlinge Vorrang hatte.

Nach weiteren Blicken durch die Krankenstation entdeckte er die beiden Ärztinnen, wie sie sich gerade um einen anderen Patienten zu kümmern schienen. Dieser schien nicht in akuter Lebensgefahr, so dass er ohne sonderliches Feingefühl in die Gruppe platzte.

"Kommen sie schnell, der Captain und Lt. Trustman brauchen Ihre Hilfe", sprudelte es aus dem Japaner hinaus. An der Art wie er sprach erkannten die Ärztinnen allein, dass es dringend war. Denn so würde sich der Asiate normalerweise nie die Blöße geben, derart ungeschliffen zu reden. Bevor die Frauen antworten konnten, eilte Kuzhumo schon zum Captain.

Cailin meinte ein leises unwilliges Knurren von ihrer Vorgesetzten zu vernehmen. Kein Wunder, wenn sie daran dachte, dass die Schottin es für gewöhnlich nicht gerne sah, dass ihr jemand die Prioritäten auf ihrer eigenen Krankenstation vorkaute. Egal ob Sicherheitschef oder nicht.

Noch dazu jemand, der eigentlich jetzt nicht mit Patienten Händchen halten, sondern seine Arbeit machen sollte. Sie fragte sich wer wohl eigentlich seinen Platz auf der Brücke einnahm. Immerhin war der Captain schon hier...

"Aye, Mister Hisaki", meinte sie rein automatisch und sah dem Japaner einen Moment unschlüssig nach. Es war ihr anzusehen, dass sie nur unwillig klein bei gab, aber natürlich zählte in erster Linie die Versorgung der Neuankömmlinge und Schwerstverletzten. Da hatten Probleme mit Kompetenzen nichts zu suchen.

"Ich würde ja gehen, wenn du... " Cailin deutete mit einer Kopfbewegung auf den Fall den sie angenommen hatte, da sie fühlte, dass Catrìona momentan ohnehin nicht besonders auf die Brückenbesatzung zu sprechen war, und erntete dann ein strahlendes Lächeln von Catrìona.

"Geh nur, ich mach das hier schon alleine..." Dann drehte sich die Schottin um und kehrte der Vogelfrau den Rücken. "Miss Dallas, ich hätte hier etwas zu lernen für Sie..."

Den letzten Satz hörte Cailin schon gar nicht mehr, da sie sofort ihren Medikit packte und zum Captain und Trustman lief.

Während sich der Kratzer an Charles Bein schon mit einer dünnen Robe überzogen hatte, bemerkte er den heraneilenden Japaner und grinste innerlich über die offensichtlichen, freundschaftlichen "Gefühle" des Sicherheitschefs:

'Und ich dachte, der Kerl würde nie aus der Rolle fallen!'

Dann wandte er sich aber wieder dem leise röchelnden Afrikaner zu, der sich mittlerweile eine saubere Binde [nein, nicht SO eine!] auf die Wunde hielt und auch weiterhin jede Hilfe des Captains kategorisch ablehnte. So blieb McCarthy nicht viel mehr übrig, als auf den Einsatz der Profis zu warten.

Aber Gott sei Dank war Cailin schon in Sicht!

Entgegen ihrer sonst so sanften Art, stieß Cailin Hisaki fast zur Seite, da er ihr den Weg zu ihrem Patienten verstellte und sie nur Augen für den schwer verletzten Trustman hatte. Dieser jedoch schien seine Verletzung herunterzuspielen. Entweder gehörte er zu jenen Typen, die das als heldenhaft tapfer empfanden oder er war einfach lebensmüde.

"Es ist nur eine Fleischwunde. Kein Romulaner kann mich so schnell umbringen", murrte er etwas ungehalten und presste eine Binde auf seine Wunde. Jedenfalls vermutete Cailin, dass es eine Binde von der Krankenstation war, denn sie färbte sich rasch rot. Viel zu rasch für ihren Geschmack. Von Fleischwunde konnte keine Rede sein.

"Auf das Biobett legen, aber rasch!", befahl Cailin in einer ungewohnt resoluten Art. Sie hatte schnell gelernt, dass einigen Patienten nicht anders beizukommen war, auch wenn es ihr noch immer schwer fiel über jemand anders so zu bestimmen und sie recht ratlos war, wenn man dieser Bitte nicht gleich nachkam.

Zu ihrer Freude half ihr "stomach" McCarthy persönlich, ihn auf das Biobett zu bekommen.

"Was ist passiert?", meinte die Purna, aber es war nur Teil ihres üblichen Vorgehens, da Patienten sich im Allgemeinen durch diese Ablenkung mehr entspannten und sie in Ruhe ihre Arbeit machen ließen, statt gegen die Ärztin zu arbeiten.

Wichtig waren Cailin einzig und allein die Daten, die der medizinische Tricorder ihr wiedergab. Und sie sahen gar nicht gut aus...

--- Brücke

Brengh war einigermaßen sauer.

Er konnte sich ganz genau daran erinnern, dass der Captain den Auftrag, die Evakuierung zu leiten, an die Krankenstation gegeben hatte. Dieser Auftrag war dann wie eine heiße Jukulabohne weitergereicht worden, und dann über Krankenstation, Wissenschaft, Technik, Friseur, zurück zur Wissenschaft, wo man ganz erstaunt darüber war, den Auftrag ein zweitens Mal zu bekommen, wieder zum Friseur und schließlich zur Navigation, also bei Brengh gelandet.

Natürlich. Schließlich hatte er im Moment ja sowieso nichts zu tun. Schließlich war es ja vollkommen egal, dass sich jederzeit weitere feindliche Schiffe enttarnen konnten, und die Venture laut letztem Schadensbericht mehr ein Fall für den Schrottplatz als für ein Raumdock war. Praktisch das Einzige, was noch funktionierte, waren der Impulsantrieb und die Transporter.

Deshalb war es auch vollkommen logisch, dass ausgerechnet derjenige, der 50% der noch verbliebenen Kapazität des Schiffes kontrollierte, auch die andere Hälfte organisierte.

Aber der Caldonier sagte sich: Besser so, als dass ein Friseur diese Ausgabe übernahm. Er nickte bitter, als er sich auf der Brücke umschaute. Alle hatten unter einem Vorwand ihre Stationen verlassen, als die Aufgabe, die Evakuierung zu koordinieren, bei ihm angelangt war. Und das bei rotem Alarm! Und nicht nur das, offenbar waren mittlerweile die ersten beiden Decks menschenleer.

Nun gut, Brengh machte aus der Not eine Tugend und wies den vierzig Mannschaftsquartieren auf diesem Deck jeweils acht bis zehn Leute zu. Die Holodecks waren zwar in der Lage, die Illusion unendlicher Weite zu vermitteln, aber Brengh war klar, dass auch deren Aufnahmekapazität mehr als begrenzt war. Er erstellte auf Holodeck 1 für die unverletzt Gebliebenen einen großen Schlafsaal und auf Holodeck 2 eine ebensogroße Krankenstation.

Damit die Patienten dort nicht alleine von Hologrammen versorgt würden, wies er die Transporterräume an, medizinisch geschulte unverletzte Flüchtlinge - von denen es glücklicherweise einige gab - nach Holodeck 2 zu schicken, wohin er dann auch die leichter Verletzten beorderte, damit die echte Krankenstation entlastet wurde.

Schwer Verletzte wollte er trotz allem nicht auf dem Holodeck behandeln lassen, da im Falle eines Energieausfalles sowohl die medizinischen Instrumente als auch etwa die Hälfte des Personals verschwinden würde.

Insgesamt war sich der Caldonier darüber im Klaren, dass es nicht mehr lange dauern würde, bis er die ersten Notbetten in den Frachträumen aufstellen lassen müsste. Wen könnte er damit beauftragen?

Die Krankenstation? Nein, die hatten dort mehr als genug zu tun.

Die Sicherheit? Nein, nicht solange noch Feinde an Bord waren.

Die Technik? Nein, nicht bei dem Zustand des Schiffes.

Die Kommunikation? Gute Idee, aber leider war von denen zurzeit niemand auffindbar.

Die Brückencrew? Welche Brückencrew? Die, die schon mit ihrer eigenen Evakuierung beschäftigt war?

Wie wäre es mit der wissenschaftlichen Station? Ja, das war die Idee - zurzeit gab es sowieso nichts zum Forschen. Brengh stellte eine Verbindung her, worauf sich der wissenschaftliche Leiter meldete.

"Ullman an Navigation, was gibt es?" Die Hintergrundgeräusche ließen darauf schließen, dass er gerade beim Essen war, was der Caldonier als Pluspunkt für sich verbuchte.

"Als sonderbeauftragter koordinierender Leiter der Evakuierung stelle ich fest, dass Sie zurzeit nicht viel zu tun haben. Aus dem Grunde gebe ich Ihnen hiermit den Auftrag die nötigen Notliegen herzustellen. Die genaue Anzahl werde ich Ihnen noch mitteilen, aber mit mindestens zweitausend dürfen Sie schon einmal rechnen." Dieser faule Hanswurst würde es noch bereuen, die Evakuierung nicht selber übernommen zu haben.

Allerdings hörte sich seine Stimme recht unbeeindruckt an, als er antwortete: "Vielleicht ist es Ihnen entgangen, aber die Replikatoren sind ausgefallen, deshalb kann ich Ihren Auftrag nicht ausführen, tut mir sehr leid."

Brengh grinste nur und sagte: "Dann haben Sie ein Problem. Ich lasse die ersten Liegen in einer halben Stunde abholen. No'Orba Ende."

Sein sanftes Lächeln gefror, als er die Sensoranzeigen studierte. Sie sagten ihm, dass seine schlimmsten Befürchtungen sich nun bestätigt hatten. Anhand der ersten Daten hätte er eigentlich damit rechnen müssen, aber trockene Daten waren immer etwas anderes als einsehen zu müssen, dass es in der Realität tatsächlich eintraf...

Nun wusste er es genau: Auch die Replikatoren auf der Brücke waren funktionsunfähig, und es würde lange Zeit keinen Izerfziput geben...

--- Krankenstation

Gedankenverloren steckte Yhea die Schachtel mit den Tabletten in die Tasche und schaute zu Poulsen. Langsam erwachte dieser wieder zum Leben. Es dauerte aber mehrere Minuten, bis Alex die Augen öffnete und den Romulaner entgeistert anschaute.

"Bist du hier der neue Arzt oder hast du einfach nur deine Engelsflügel vergessen", sagte Poulsen und lachte. Mit einem Schnaufen setzte er sich auf seinem Biobett auf und schaute sich um. Verwundert zog er die Stirn in Falten und schaute dann wieder zu Yhea.

"Was ist denn hier passiert? Kaum bin ich mal weg, schon wird das hier zum Sklavenschiff oder wie? Wie lange war ich eigentlich hier festgesetzt?", fragte er.

"Ich glaub so seid 2 bis 3 Tagen. Ich kann dir ja nachher genau schildern, was du verpasst hast", sagte Yhea und half Poulsen beim Aufstehen. "Aber jetzt wäre es wohl besser, wir räumen hier das Biobett frei und begeben uns an die Arbeit. Es gibt viel zu tun."

Mit einem Nicken stand Alex endgültig auf und schritt vorsichtig und langsam durch die ganze Menge von Verletzten.

--- Maschinenraum, 10 Minuten später

Es hatte doch länger gedauert, als Yhea erwartet hatte. Alex war noch etwas schwach auf den Beinen und außerdem hatte es doch seine Zeit gekostet, alles was in den letzten 3 Tagen Wichtiges passiert war zu erzählen. Still war Alex den Erzählungen gefolgt und hatte nur ab und zu mit dem Kopf genickt.

"Muss ziemlich schlimm gewesen sein", bemerkte Poulsen zum Schluss und schaute seinen Chef ernst an.

"Um ehrlich zu sein hab ich mir noch keine so großen Gedanken darüber gemacht. Bisher war einfach keine Zeit dazu. Außerdem gibt es jetzt wichtigere Dinge als über den Tod zu grübeln", sagte Yhea und rief eine umfassende Schadensmeldung auf.

"Mehrere gebrochene Energieleitungen, die Phaser funktionieren nicht, die vorderen Torpedowerfer sind futsch, die vorderen Schilde müssen repariert werden und das schlimmste, die Replikatoren auf dem ganzen Schiff sind kaputt. Also wie du siehst, ne Menge Dinge, die zu erledigen sind.

Aber ich hab ganz vergessen dir zu sagen, dass wir endlich Verstärkung für den Maschinenraum bekommen haben. Zwei Mann. Jimmy Robsen und Robin Hedlege. Ganz anständige Leute, denke ich. Also ohne die Beiden hätten wir das auf dem Planeten nicht geschafft. Ich frag mich nur, wo die zwei gerade sind?

Aber das lässt sich ja rausstellen. Alnak an Hedlege und Robsen, sagt mal, wo seid ihr Beiden denn gerade?"

"Wir sind gerade dabei, die vorderen Schildemitter zu reparieren", kam prompt die Antwort. "Die Reparatur wird etwa noch 3-4 Stunden dauern. Übrigens schön, dass sie wieder auf den Beinen sind. Wir waren uns nicht sicher, dass Sie diese Feuerwand überleben würden."

Ein Lächeln huschte über Yhea's Gesicht. "Ok, danke. Machen Sie weiter. Sobald Sie mit den Schilden fertig sind, können Sie sich ja um die Phaser kümmern. Ich und Poulsen werden uns die Torpedos, die Energieleitungen und die Replikatoren zu Gemüte führen. Alles klar?"

"Sicher, wir melden uns dann wenn wir fertig sind. Ach ja ... reservieren Sie uns dann schon mal einen Kaffee, wenn Sie die Replikatoren wieder in Gang bekommen haben. Hedlege Ende."

Kopfschüttelnd schaute Yhea zu Alex.

"Die Zwei sind immer für eine Überraschung gut", sagte Yhea und lachte. "Na gut, dann kümmern wir uns jetzt mal um die Energieleitungen."

--- Krankenstation

Cailin merkte nicht, ob jemand auf ihre Frage einging, sie sich untereinander unterhielten oder gar schwiegen. Ganz gefangen war sie von den schlechten Werten und dem Versuch dem Mann zu helfen, den der Captain gebracht hatte. Niemand außer ihr schien begriffen zu haben wie schwer es um den Mann wirklich stand, da dieser am Ende seiner Kräfte stand, aber noch immer versuchte, sogar im Liegen einen aufrechten Eindruck zu machen.

Dabei war es schon ein Wunder, dass er es überhaupt mit der Hilfe von McCarthy geschafft hatte auf eigenen Beinen bis in die Krankenstation zu gehen.

Die Purna verdoppelte mit einem Male die Schnelligkeit mit der sie sich an die Arbeit gemacht hatte, trotzdem arbeitete der hohe Blutverlust und der körperliche Stress unter dem sich der Patient befand unbarmherzig gegen sie. Sie glaubte sich schon fast am Ziel, als sie die Wunde, die in seiner Brust klaffte, endlich schließen konnte und so den weiteren Blutverlust verhinderte, als...

Trustmans Augen flackerten und seine Hände krampften sich ruckartig zusammen. Sein ganzer Körper schien sich mit einem Mal aufzubäumen. Die Herzkranzgefässe begannen zu flimmern und obwohl sie sofort mit der Massage begann, entglitt ihr Trustman einfach. So als hätte der Wind eine Feder mit sich getragen.

Eine eiserne Klammer legte sich um Cailins Hals und schürte ihr die Luft zum Atmen ab. Der leblose Körper vor ihr schien sie zu verspotten und ihr vor Augen zu halten, wie unfähig sie doch war. Es war, als würde sie wieder ihren Onkel vor sich sehen, der über ihren Wunsch Ärztin zu werden nur gelacht hatte. Er war einer der besten Scharfschützen, den Venderat je hervorgebracht hatte. Aber sein Herz war hart wie Stein.

Nie hatte sie den Moment vergessen, als er ihr das Schießen beigebracht hatte und sie getroffen hatte... ein lebendes atmendes Wesen mit eigenen Händen getötet hatte!

"Nein!", rief die Vogelfrau erschüttert und der Kamm ihrer Federn erhob sich augenblicklich zu seiner vollen Größe, was die Anwesenden unwillkürlich etwas zurückweichen ließ. Dann packte sie den Cariostimulator und gab alles was sie konnte um den Tod ein Schnippchen zu schlagen.

Es vergingen Sekunden wie Stunden.

Und plötzlich...

"Er ist wieder da..." Cailin heulte vor Glück und merkte nicht einmal, wie der Strom der Tränen über ihre Wangen floss und ihre Hände wie Espenlaub zu zittern begannen, ebenso wie ihre Knie. Zu sehr war sie immer noch gefangen von den letzten Ereignissen und ihrer eigenen Vergangenheit. Glücklich strahlte sie auf Trustman hinab, der bald wieder der Alte sein würde.

Dann bemerkte sie plötzlich ihre Tränen und wischte sie mit hochroten Wangen in den Ärmel ihrer Kleidung ab. Es war ihr peinlich vor so vielen Leuten aus der Rolle einer in allen Lagen ruhigen, besonnen Ärztin gefallen zu sein

"Er wird noch viele Träume haben", meinte sie abschließend zum Captain, der sie etwas irritiert anstarrte, bis ihr klar wurde, dass er diese Redewendung ihres Volkes nicht zu kennen schien, doch ihr ging es zum Teil ebenso mit den seinen. "In Ihrer Sprache heißt das wohl so etwas wie: Er ist über den Berg gegangen."

--- Krankenstation, weiter hinten

Mit ihrer üblichen Konzentration hatte die Schottin an der Verletzung des Mannes gearbeitet und zwischendrin immer wieder der genau zuhörenden Miss Dallas einiges erklärt.

Nach relativ kurzer Zeit, wie es Catrìona vorkam, war der Bruch schon recht gut verheilt. Normalerweise widerstrebte es ihr sehr, einen Patienten bereits kurz nachdem ein solcherart schwere Fraktur gerichtet war zu entlassen, aber in der Situation, in welcher sich die Venture derzeit befand, konnte man nicht wählerisch sein.

Plötzlich bemerkte sie, dass es auf einmal merkwürdig still im Raum geworden war. Die hochgewachsene Frau richtete sich auf, strich sich die Haare aus der Stirn und versuchte die Ursache der Ruhe zu ergründen.

Scheinbar war bei Cailin irgendetwas merkwürdig gelaufen. Ein wenig abwesend drückte Catrìona ihr Gerät Miss Dallas in die Hand, wies sie an "Machen Sie weiter!" und marschierte los, in Richtung auf Cailin, die neben dem Captain stand, der etwas konsterniert wirkte.

--- bei Trustman

Erleichtert stieß der Captain seinen Atem aus und schaute in das Gesicht des vor ihm liegenden Mannes. Solche Helden brauchte das Universum...

Auch Hisakis Gesicht zeigte offene Freude und selten in den letzten 20 Jahren hatte McCarthy den Japaner so fröhlich erlebt! Bestätigend klopfte er seinem alten Freund auf die Schulter und wandte sich dann Cailin zu, die eben Übermenschliches vollbracht hatte:

"Miss Fakaii, ich möchte Ihnen aus tiefstem Herzen für ihre Arbeit danken! Auch wenn ich neulich sehr unhöflich war...ich halte Sie für eine gute Ärztin!"

Noch während er den zwischen Misstrauen und Verwunderung schwankenden Gesichtsausdruck der Purna registrierte, sah er Catrìona heraneilen.

Sofort fragte die Schottin: "Was ist passiert? Brauchst Du Hilfe?"

Miss MacLeods Frage riss Cailin aus ihrer kurzen Starre, aber der Captain hörte die Erwiderung schon gar nicht mehr, da er den Japaner mit sich ziehend sich etwas von den beiden Ärztinnen entfernte und Kuzhumo schließlich leise sagte:

"Ich glaube, hier können wir vorerst nichts mehr tun...Es warten noch genug Probleme auf uns. Versuchen Sie wieder Ordnung in unsere Verteidigung zu bringen - einige Romulaner sind immer noch an Bord und ohne Rückkehrmöglichkeit werden sie bis ans Äußerste gehen!"

Der Japaner nickte leicht und keine zwei Minuten später verließen beide mit unterschiedlichem Ziel die Krankenstation: Während Hisaki sich Richtung Hangar aufmachte, um einer versprengten Gruppe zu helfen, war es für Charles Zeit auf die Brücke zurückzukehren...

Cailin sah mit einem strahlenden Gesicht dem Captain und seinem Sicherheitschef hinterher und wurde sich erst Catrìonas Frage bewusst, als beide aus ihrer Sicht verschwunden waren.

"Hilfe? Nein danke, ich brauche keine Hilfe. Es hat alles gut geklappt, Catrìona. Ich hoffe, dass der Knochenbruch von Cargo dir ebenfalls keine Schwierigkeiten machte", meinte sie dann und verkniff sich im letzten Augenblick ein Gähnen. Mit einem Mal schien eine bleierne Müdigkeit von ihr Besitz zu ergreifen. Sie hatte sie gar nicht bemerkt, als noch jeder Handgriff sitzen musste.

Trotzdem wandte sich die Purna wieder ihrer Arbeit zu. Immerhin hatte der Captain einmal ihre Arbeit anerkannt und wie es schien, bereute er auch so barsch zu ihr gewesen zu sein, wo sie doch immer nur das Interesse des Schiffes vor Augen hatte. Wenigstens in dieser Hinsicht schienen sie sich zu gleichen. Auch wenn sie nicht immer seine Methoden gut hieß.

Nachdenklich sah Cailin nach Trustman. Sicherheitshalber kontrollierte sie noch einmal seine Werte, aber sie waren noch immer stabil und er war eindeutig auf dem Weg der Besserung.

Da kehrte ein wenig Ruhe in sie ein und sie konnte die Anspannungen ein wenig abschütteln. Zufrieden sah sie sich auf der Krankenstation um. Die schlimmsten Fälle waren bereits behandelt und Dallas und Norgaard waren flink und leisteten gute Arbeit. Es wurde Zeit für eine kleine Pause, bevor sie zusammenklappte und niemand mehr von Nutzen sein konnte.

Ihre Gedanken schweiften kurz zu Anjols Einladung ab. Normalerweise trafen sie sich öfter und aßen zusammen, aber direkt eingeladen hatte er sie noch nie. Es waren meistens eher Zufälle, dass sie einander in der Mannschaftsmesse trafen und sich gemeinsam an einen Tisch setzten. Sie errötete leicht bei dem Gedanken daran, dass er in all dieser Hektik an sie gedacht hatte. Dann fragte sie sich, wie es ihm wohl gerade gehen mochte.

"Catrìona, ich brauche etwas Zeit für mich um Lanagors Ruhe auf mich übergehen zu lassen. Wenn du nichts dagegen hast, dann mach ich etwas Pause und gehe in die Mannschaftsmesse. Du weißt ja, dass ich mich dort neben dem Holodeck am Liebsten aufhalte. - Wenn du möchtest, dann kannst du auch mitkommen oder wir erholen uns etwas auf dem Holodeck. Ich möchte nicht erst darauf warten, dass mir ein folgenschwerer Fehler unterläuft." Abwartend sah sie die rothaarige Ärztin an.

'Eigentlich klingt das sehr verlockend', dachte die Schottin. Daraufhin sah sie sich in der Krankenstation um: Alle Biobetten waren belegt, auch dasjenige, auf welchem dieser Techniker gelegen hatte.

Catrìona war erleichtert, dass wenigstens dieser Mann über den Berg war, denn auf diese Art hatte diese Bruchbude von einem Schiff wenigstens eine kleine Chance, wieder heil einen Raumhafen zu erreichen.

Kurz zuckte der Gedanke an Schottland durch Catrìona Kopf. Als sie an die Hügel der Highlands dachte, die grünen Täler, schroffen Berge und die geheimnisvollen Lochs, wurde ihr Gesicht weicher und sie seufzte leise.

Was war das doch für eine verrückte Idee gewesen, Schottland zu verlassen und in den Weltraum zu gehen...

Schnell schüttelte die Rothaarige die trüben Gedanken ab, die von ihr Besitz zu ergreifen drohten, und wandte sich wieder Cailin zu.

"Aye, ich glaube, Du hast Recht. Hier ist im Moment nichts weiter zu tun und ich denke, dass Dallas und dieser Norweger auch mal alleine mit den kleineren Fällen zurechtkommen. Schließlich nützt es den Verletzten auch nicht, wenn wir beide nicht mehr vernünftig arbeiten können, stimmts?"

Zustimmend nickte die Purna, dann, nachdem diese noch ein letztes mal Trustmans Werte zu ihrer Zufriedenheit gefunden hatte, machten sich die beiden Ärztinnen auf den Weg, nicht ohne vorher noch Weisung zu geben, dass man sie bei dringenden Fällen rufen solle...

--- Deck 3, Gänge

Kaum die Krankenstation verlassen, stießen die beiden Frauen auf einen Trupp Leute, die offensichtlich einige Tote Richtung Krankenstation schleppen. Anscheinend hatten sie vor diese in der Stasiskammer unterzubringen, bevor sie irgendwo passend "entsorgt" wurden.

Hinter dem roten Alarm schien mehr gesteckt zu haben als nur der Vorfall auf dem Planeten. Die vielen Leichen, unter denen sie auch einige bekannte Gesichter entdeckte, verursachte der Ärztin ein Würgen im Hals. Sie kam sich so hoffnungslos klein vor. Zwar hatte sie es geschafft vielen zu helfen, aber doch hatten so viele ihr Leben gelassen.

Wozu?

Wo sollte das alles noch hinführen?

Ohne zu zögern stellte sich Cailin ihnen in den Weg und ihr Federkamm blähte sich innerhalb von Sekunden bedrohlich auf. Zwei der Männer wichen erschrocken zurück, sie schienen die Purna bisher noch nie in "Aktion" gesehen zu haben. Sie war normalerweise eben immer nur nett und verständnisvoll, aber es gab einige wenige Situationen, in denen sie ihre Meinung vertrat und zu ihr stand, ganz egal welchen Ärger sie sich damit auch einhandelte.

Zwar wusste die Purna noch immer nicht was wirklich da unten auf dem Planeten geschehen war, aber sie wusste sehr gut, dass es für die vielen Verletzten und Schwerverletzten unzumutbar war schon wieder mit dem Tod konfrontiert zu werden. Zu viele von ihnen hatten es gerade noch geschafft mit dem Leben davonzukommen, viele von ihnen hatte dabei auch Freunde oder Verwandte verloren. Es waren Tote, auch wenn es sich dabei um ihre Feinde handelte.

"Nein, keine Chance. An mir kommen Sie nicht vorbei. Holen Sie meinetwegen den Captain oder den Sicherheitschef um mich hier wegbringen zu lassen, aber solange ich hier bin lasse nicht zu, dass Sie meine Patienten mit diesem schrecklichen Anblick aus dem Gleichgewicht werfen. Sie werden diese Toten nicht durch die ohnehin überfüllte Krankenstation zerren!" Die Schottin hatte sich inzwischen neben sie gestellt. Es schien eine Geste der Unterstützung zu sein.

"Ich weiß nicht wie es dir geht Catrìona", die Purna sah die Schottin nachdenklich an, "aber ich kann nicht in Ruhe essen gehen, bevor wir nicht diese Angelegenheit geklärt haben. Ich kann einfach nicht verstehen, dass sich auf diesem Schiff alles so herzlos und unpersönlich ist. Das ist nicht richtig..."

Hoffnungsvoll sah Cailin zu Catrìona hoch und hoffte, dass sie in dieser Angelegenheit mit dem Captain sprechen würde oder es wenigstens schaffte, die Arbeiter zum Rückzug zu bewegen.

"Du hast vollkommen Recht" bestätigte die Schottin die Ansicht der Vogelfrau. Dann wandte sie sich an den etwas untersetzten Mann, der ganz vorne in dem Trupp stand und in dem sie den Anführer vermutete.

"Wie meine Kollegin eben schon gesagt hat, ist es keine gute Idee, wenn Sie die Leichen jetzt durch die Krankenstation tragen. Abgesehen mal von dem psychischen Schock für die Menschen, die dort verletzt liegen, wäre es auch ausgesprochen schwierig für Sie, dort hindurch zu kommen, da buchstäblich auf jedem Zentimeter Verletzte liegen. Ich muss Sie daher bitten, die Toten irgendwo anders hin zu bringen."

Der untersetzte Mann blickte verärgert von der Schottin zur Purna, dann wieder zurück zu der Schottin. "Das ist ein elendes Theater hier, man kann nicht einmal seine Arbeit machen. Mein Auftrag lautet, die Toten in die Stasiskammern zu bringen, wo sie hingehören - und ich pflege meine Aufträge in der Regel korrekt auszuführen!"

Bereits bei den ersten Worten des Mannes hatte Catrìona angefangen, sich wieder zu ärgern. Was für ein sturer Kerl! Aber was sollte man auch von einem Engländer erwarten - und seiner Sprache nach zu urteilen, stammte er direkt aus Oxford!

Catrìona trat einen Schritt auf den Engländer zu und meinte gefährlich leise: "Jetzt hören Sie mir mal zu, Sassenach!! Ich bin hier der Chef über die Krankenstation und da ist es mir völlig gleichgültig, was_ Sie_ für einen Auftrag bekommen haben.

Wenn ich sage, dass keiner von Ihnen seinen Fuß in meine Krankenstation setzt, dann ist das endgültig. Und wenn Sie immer noch anderer Meinung sein sollten, dann können wir das auch gerne mit dem Captain besprechen."

Unwillkürlich war der untersetzte Mann einen Schritt zurückgetreten, als Catrìona plötzlich so drohend vor ihm aufragte. Außerdem hatte sich ihr schottischer Akzent plötzlich verdreifacht, als wolle sie die alte Feindschaft zwischen Engländern und Schotten betonen.

Der Mann schluckte. Dann holte er tief Luft und meinte: "Ich habe aber meine Befehle! Und ich hätte kein Problem damit, das Ganze mit dem Captain zu bereden..."

"Na gut, wie Sie wollen..." antwortete Catrìona, dann aktivierte sie Ihren Communicator. "MacLeod an McCarthy. Wir haben hier ein kleines Problem mit ein paar Typen, die unbedingt die Patienten in der Krankenstation mit Leichen erschrecken wollen, die sie dort durch in die Stasiskammern bringen wollen. Ich bin dagegen, da der Zustand einiger der Kolonisten doch recht labil ist und schlage daher vor, dass die Toten woanders hingebracht werden.

Leider beharrt hier jemand auf die erhaltenen Befehle, daher muss ich mich jetzt an Sie wenden... MacLeod Ende."

--- Deck 3, Gänge, zur gleiche Zeit ganz woanders

Der unerträgliche Geruch des Todes lag in der Luft, als McCarthy den Gang betrat und er hätte sich vor Ekel und Entsetzen beinahe die Hände vor das Gesicht geschlagen. Die Umweltkontrollen auf der Krankenstation filterten all diese Gerüche des Leid und des Schmerzes aus der Luft und all dies überwältigte ihn nun beinahe.

Der Gang war gezeichnet von der Grausamkeit der letzten Stunden und in den Gesichtern der Mannschaftsmitglieder, denen er begegnete spiegelte sich eine emotionale Leere. Selbst zu Hass war keiner scheinbar mehr fähig.

Und dem Captain selbst ging es nicht anders. Wieso konnte es keinen Frieden geben? Wieso dieses Gemetzel - Tag für Tag? Wieso all die Unschuldigen?

"WIESO?!", war es plötzlich aus ihm herausgebrochen und zwei Fähnriche, die ihm entgegenkamen, schienen einen Augenblick aus ihrer Trance zu erwachen, aber ihr Geist ging dann wieder unter in der Schwärze der Leere....

In seiner Zeit als Offiziere der Flotte und auch nach Ablegen seines Offizierspatents hatte es viele Situationen gegeben, die genauso schlimm oder sogar noch entsetzlicher gewesen waren. Aber man durfte nie aufhören, um die Opfer zu trauen.

'Sobald die Gefallenen nur noch eine Zahl in einer Statistik waren, hatte der Feind gewonnen. Dann hatte man seine Menschlichkeit verloren!', rief er sich wieder ins Gedächtnis zurück, aber ein fader Geschmack blieb auf Charles Zunge zurück und sein ausgetrockneter Gaumen machte es unmöglich dieses Gefühl herunterzuschlucken.

Es wurde Zeit etwas dagegen zu tun...

"McCarthy an Alnak, wie sieht es bei Ihnen da unten aus? Ein kleines Wunder wäre mittlerweile nicht verkehrt?", rief er kurz entschlossen den Maschinenraum und zwei Sekunden später ersetzte die leicht gereizt klingende Stimme des Romulaners das Knacken in der Verbindung. Scheinbar hatte selbst die interne Kommunikation etwas abbekommen...

"Dann beten Sie zu ihrem Gott, Captain! Auf der Venture ist so ziemlich alles kaputt, was schrottgehen konnte. Wir sind froh, dass unsere mobilen Geräte noch funktionieren. In den nächsten Stunden können Sie weder mit den Schilden noch mit dem Antrieb oder gar den Waffen rechnen. Freuen Sie sich, wenn der Kahn nicht plötzlich in der Mitte durchbricht und Sie einen Raumspaziergang Richtung Planet unternehmen", gab der Romulaner mit seinem typischen Humor zurück.

"Dann lassen Sie sich nicht aufhalten! McCarthy Ende"

Gerade wollte er den Weg zur Brücke fortsetzen, als die schon förmlich entflammbare klingende Stimme von Miss MacLeod aus seinem Kommunikator drang und der drohende Tonfall ihres nun deutlich werdenden schottischen Akzents ließ keinen Zweifel an der Brisanz der Lage:

"Gut, Miss MacLeod. Versuchen Sie gemeinsam einen anderen geeigneten Ort zu finden und bedenken Sie, dass wir alle am Ende unserer Kräfte sind und _jeder_ nur seine Aufgaben zu erfüllen versucht, bevor sie die jungen Gentlemen verurteilen", beantworte er den Ruf und wurde sich bewusst, wie wahr seine Worte wirklich waren. Sie hatten viel geleistet.

Eine kleine Pause entstand und McCarthys Gedanken kreisten wieder um einen weiteren wichtigen Aspekt, den er bisher noch nicht anzusprechen vermochte: "Jetzt, wo der Stress mit Trustmans Operation vorüber ist: Wie viele Tote und Verwundete haben wir zu beklagen?"

---Brücke

Quietschend öffnete sich die Tür des Turbolifts und offenbarte das missbilligende Gesicht des Caldoniers. Außer dem Hünen war niemand auf der Hauptbrücke zu sehen und langsam realisierte der Captain, wer die letzten Stunden die Venture kommandiert hatte.

"Brengh; Ist die Evakuierung abgeschlossen?", stellte er die entscheidende Frage an seinen Navigator und hoffte, das alles gut gelaufen war.

--- währenddessen auf dem Planet Kital, Kolonie

Erschöpft wischte sich Anjol bestimmt zum tausendsten Mal die feine Staubschicht aus dem Gesicht, die immer und immer wieder kam. Auch wenn ein Grossteil des Drecks sich wieder gelegt hatte, hing doch immer noch ein feiner Nebel in der Luft.

Keuchend fing der Bajoraner an zu husten und wollte gar nicht wissen, wie viel von dem Zeug er schon tief in seine Lunge eingezogen hatte und die Vorstellung, wie seine Bronchien langsam aber sicher vollkommen verklebt wurden, führten zu einem noch stärkeren Hustenanfall.

'Nein, hier kann niemand mehr leben!', bestätigte er die Vermutung, die er schon seit einigen Stunden hatte und verdrängte seinen letzten Rest Optimismus für den Planeten Kital.

Einige hundert Meter entfernt rauchten noch mehrere Krater und erinnerten an die gewaltigen Kräfte, die die Oberfläche des Planeten in ein narbiges Gesicht verwandelt und den Kolonisten das Ergebnis ihrer langen, harten Arbeit geraubt hatten.

Neben ihm stand Combatch, der als einziges Mitglied der Einsatztruppe auch nach dem Unfall von Alnak hier unten geblieben war und mit ihm Bemerkenswertes geleistet hatte, während die anderen Gruppenmitglieder auf der Venture gebraucht worden waren.

Das Gesicht des Sicherheitlers zeigte trotz seiner sichtlichen Erschöpfung so etwas wie Zufriedenheit und die Evakuierung von so vielen Menschen berechtigte ihn allerdings zu solchen Gefühlen.

"Ich glaube, hier gibt es nichts mehr für uns zu tun!", sagte der Bajoraner schließlich und betrachtete dabei die menschenleere Steppe...

Combatch nickte nur bestätigend und kurz darauf verschwanden die beiden im Flimmern des Transporterstrahls.

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