Venture Cronik 14

Ein Raider für Ysara, ein Bergsee für Anjol

---Venture, Konferenzraum, eine Stunde später

Gefasst und mit behandelter Beule setzte sich McCarthy an das Kopfende des langen Konferenztisches, während Brengh die Venture hinter dem Maquisschiff zu deren geheimer Basis lenkte.

'Wir haben den Maquis gefunden, wenn auch auf Umwegen!', war sich Charles sicher, während die breite Eingangstür zischend zur Seite glitt und das Außenteam mit Anjol eintrat.

Die Psychologin folgte dem Bajoraner als erste in den Raum, nickte dem Captain zu und setzte sich auf einen der freien Stühle. Flüchtig musterte sie den hoch gewachsenen, ergrauenden Terraner, den sie bisher noch nicht gesehen hatte. Immerhin befand sie sich erst eine knappe Woche an Bord. Auf den ersten Blick wirkte er recht unnahbar.

Nachdem das Außenteam hochgebeamt hatte, hatte sie zunächst wie gefordert einen vorläufigen, knappen Bericht verfasst und Anjol abgeliefert. Und dann hatte sie den unglaublichen Luxus genossen, eine halbe Stunde in ihrem Quartier zu verbringen und gar nichts zu tun.

Ysara hoffte, dass das Tempo, in dem Dinge auf diesem Schiff passierten, nicht vorhalten würde. Sie hatte wirklich keine Lust, ihr restliches Leben damit zu verbringen, es für diverse Biowaffen-Opfer, durchgedrehte Crewmen und verzweifelte Kolonisten zu opfern. Sobald sich eine Gelegenheit bot, würde sie die Venture in ein paar Monaten verlassen. Das hier konnte nur ein Zwischenstopp für sie sein.

Neben sie setzten sich der Bajoraner und Renault. Die Ärztin schien direkt von der Krankenstation zu kommen, und Miguels Abwesenheit ließ vermuten, dass er sich noch dort befand.

Abwartend lehnte sich die Afroamerikanerin zurück und harte dem, was da kommen mochte.

Die Zeit für die notwendigen Untersuchungen war Cailin fast zu knapp geworden, wollte sie diese doch selbst durchführen um wirklich sicher zu sein, dass keine Gefahr für die anderen bestand. Zum Glück verhielt sich Omega 3 wirklich so harmlos wie der Professor behauptet hatte. Der Computer hatte alle möglichen Auswirkungen getestet, aber keine Gefahr gefunden.

Aber wie nach den Geschehnissen auf dem Asteroid zu erwarten war genau eine Person nicht zu dieser Untersuchung erschienen, weil es ihr wahrscheinlich gut ging und sie keine Rücksicht auf die Leben anderer zu nehmen schien.

Noch in Gedanken versunken setzte sie sich neben Renault. Die beiden Frauen hatten soviel Zeit zusammen auf dem Asteroiden verbracht, dass sie schon fast unwillkürlich wieder nebeneinander landeten.

"Captain", melde sich Cailin als erste zu Wort, "ich nehme an, auch wenn ich bisher noch keine Zeit hatte einen Bericht zu schreiben", ihr Blick lastete dabei auf der Psychologin, "so wissen Sie dennoch von Miss Renault bereits von den Vorfällen auf dem Asteroiden Bescheid. Deswegen möchte ich hier nur die Punkte ansprechen, auf denen nach meinem Gefühl etwas mehr Gewicht liegt."

Damit fiel ihr Blick auf Anjols Gesicht und sie erstarrte für einen Moment. Sie fragte sich woher er wohl sein blaues Auge hatte und nahm sich vor ihn gleich nach der Sitzung darauf anzusprechen. Vielleicht konnte sie den Heilungsprozess ja beschleunigen.

"Und welche wären das?", fragte McCarthy, der ihr Zögern sichtlich bemerkt hatte und die Besprechung vorantreiben wollte.

"Wir waren auf dem Asteroiden der Wirkung eines völlig neuartigen Virus namens Omega 3 ausgesetzt, dessen Untersuchung aber Professor Irlings Aussagen unterstrichen hat, dass er völlig harmlos ist, solange er nicht auf Omega 2 trifft." Bilder versuchten sich in Cailins Kopf zu drängen, doch sie unterdrückte sie. "Trotzdem werde ich nach einer Möglichkeit suchen um ihn so bald wie möglich unschädlich zu machen."

Der Captain nickte anerkennend und zustimmend, anscheinend hatte er von ihr nichts anderes erwartet.

"Sonst wurden wir mit keinerlei Viren konterminiert", fügte die Purna unnützerweise hinzu, da sie sonst wohl kaum noch leben, geschweige denn hier ruhig sitzen würde. "Aber trotzdem wir durch das beherzte Eingreifen der Venture", sie lächelte leicht, "glimpflich davon gekommen sind, gibt es etwas, das ich unbedingt zur Sprache muss. Es geht dabei um den Einsatz von Miss Jefferson und ihre Haltung gegenüber der Vernichtung von Leben."

Der sich zur vollen Größe aufblähende Federkamm der Purna unterstrich ihre Empörung: "Als wir von dem cardassianischen Kommandanten der Station dazu genötigt werden sollten, ihm bei der Erschaffung einer Biowaffe mit verheerenden Folgen für eine Vielzahl von Rassen zu helfen, da willigte Miss Jefferson sofort im Namen aller zu einer Kooperation ein!

Und das sogar noch bevor Mister Clint mit einer Waffe bedroht worden war. Wobei ich nicht unerwähnt lassen möchte, dass er selbst unter Einsatz seines Lebens nicht den Kopf verloren hat und zu keiner Kooperation bereit war. Auch ich hätte lieber mein eigenes Leben gegeben, als jemandem zu solch einer Waffe zu verhelfen", schloss sie ihre Worte und überließ es dann dem Captain über die Qualifikation der Psychologin zu urteilen.

Langsam beruhigte Cailin sich wieder und ihr Blick wanderte noch einmal nachdenklich zu Anjol. Sein blaues Auge tendierte bereits ins Violette.

Es war schon eigenartig, dass Männer sich immer prügeln mussten. Selbst der ruhige Clancy hatte sie heute schon in Anspruch genommen. Er sah mindest genauso schlimm aus wie der Bajoraner...

Wäre die Psychologin nicht so völlig überrumpelt von den Anschuldigungen Cailins gewesen, hätte sie sich wahrscheinlich darüber amüsiert - halb verzweifelt über deren Lächerlichkeit zwar, aber doch amüsiert.

"Ich habe was?", wiederholte sie entgeistert, richtete sich automatisch im Stuhl auf und ließ sich sofort betont gelassen in eine bequemere Lage zurücksinken, als sie sich ihrer Bewegung bewusst wurde. "Das ist eine eher haltlose Anschuldigung. Wie Mr Clint bestätigen kann, hat dieser Cardassianer bereits bevor wir zu Ihnen stießen eine Morddrohung nach der anderen ausgestoßen. Als Psychologin glaube ich beurteilen zu können," Sie betonte diesen Satz, um darauf hinzuweisen, dass Cailin es wohl nicht konnte, "dass Kreshnar uns bereits bei der Andeutung einer Weigerung getötet hätte - wir waren ihm völlig egal."

Sie wandte sich an den Captain, als sie seinen sehr interessierten Blick bemerkte. "Ich besitze zwar eine gewisse medizinische Vorbildung, aber dass ein sinnloser Heldentod Leben rettet, hat mir in der Ausbildung keiner beigebracht - womöglich ein Versäumnis meinerseits", fügte sie spöttisch hinzu. "Ich habe mit einer späteren Möglichkeit gerechnet, Kreshnar einen Strich durch die Rechnung zu machen, und gehofft, dass Miss Fakaii das von alleine errät. Da das nicht der Fall war, entkamen wir nur durch Glück und zwei gute Sicherheitsoffiziere."

Mit hochgezogenen Augenbrauen sah Ysara sich um. Als sie merkte, dass noch irgendetwas von ihr erwartet wurde, setzte sie besänftigend hinzu: "Ich war mit den meisten Mitgliedern des Außenteams noch nicht vertraut. Ich hätte bedenken müssen, dass sie die Log... dass sie für mich unerwartet reagieren. Das wird nicht wieder vorkommen."

Entspannt machte sie es sich noch etwas bequemer. Was sie anging, war die Sache somit erledigt.

Nachdem sich McCarthy die Darstellung beider Seiten angehört hatte, die Argumentation gegeneinander abwog, die offensichtlichen Feindseligkeiten der beiden Damen herausfilterte und beide Interpretationen schließlich ebenso schlüssig wie nachvollziehbar fand, kam er zu dem einen Entschluss, der die Frage klären würde:

"Ihre Aussagen weisen Berührpunkte auf, was beiden Versionen Gewicht gibt und zudem die unterschiedliche individuelle Bewertung der Situation zeigt, jedoch kann nur eine Darstellung der Wahrheit entsprechen, wenn es um die rechtlich disziplinären Konsequenzen geht. Deshalb kommt den Standpunkten von Miss Renault und Clint besondere Bedeutung zu", mit einem Nicken wandte er sich an die Sicherheitlerin, die bisher zu den Anschuldigungen geschwiegen hatte, so objektiv wirkte, und nahm sich vor, nach dem Fehlen des Wissenschaftlers zu fragen, bevor er seine nächsten Worte an Ysara richtete,

"Sollten sich allerdings die Anschuldigungen von Cailin erhärten, werden wir Sie, und darauf weise ich Sie ausdrücklich hin, auf dem nächsten bewohnten Planeten aussetzen, sowie eine Nachricht an Starfleet schicken.

Wir mögen Heimatlose sein, aber das heißt nicht, dass wir keine Gesetze oder Grundsätze kennen. Deshalb wird es eine Verhandlung geben, die stattfinden wird, sobald Mister Clint bereit ist, daran teilzunehmen. Wo befindet er sich eigentlich? Anjol?!"

Doch bevor der Bajoraner etwas sagen konnte, räusperte die Ärztin sich leicht gurrend und setzte zu einer Antwort an. "Da Mister Clint teilweise die Physiologie eines Breens aufweist, unter anderem besitzt er ein 4-lappiges Gehirn, reagiert er auf extreme geistige Anstrengungen, wie jene, denen wir auf dem Asteroiden begegnet sind, anders als man zum Beispiel von einem Terraner erwarten würde.

So scheint er merklich noch immer sehr angespannt zu sein und unter großem Druck zu stehen. Körperlich vergleichbar mit einem leichten Schock. Das würde auch erklären, warum er im Angesicht seines Todes so ruhig und schweigsam war", meinte Cailin verständnisvoll zu seiner Situation, die sicher nicht einfach für ihn war. Immerhin war er Wissenschaftler und hatte nicht ständig mit dem Tod zu tun wie sie selbst. [SCNR ;-)]

"Da er leider jede Verabreichung eines Sedativs vehement abgelehnt hat, musste ich ihn in meiner Eigenschaft als Chefärztin den Befehl geben sein Quartier vorläufig nicht zu verlassen, da er sofort den von mir erwähnten Virus Omega 3 intensiven Untersuchungen unterziehen wollte. Eine Belastung, die sehr schädlich für seinen augenblicklichen Gesundheitszustand gewesen wäre.

Sein Quartier ist zusätzlich auf eine Raumtemperatur von -15 Grad eingestellt. Diese selbst für einen Breen relativ kalte Umgebung soll mithelfen seine Kräfte schneller als gewöhnlich zu regenerieren", schloss die Purna ihren medizinischen Vortrag und fügte dann noch erklärend hinzu:

"Mein ärztlicher Rat wäre, ihm zumindest noch eine Erholpause von zwei bis drei Stunden einzuräumen, bevor Sie ihn wieder auf die Vorfälle auf dem Asteroiden ansprechen."

"Einverstanden, dann finden wir uns in vier Stunden wieder hier ein, um die Aussagen von Miss Renault und Clint aufzunehmen. Miss Jefferson, ich bitte Sie so lange Ihr Quartier aufzusuchen und nicht zu verlassen. Da ich zurzeit keine Verdunkelungsgefahr sehe, wird von einer Bewachung abgesehen. Bis zum Ende dieser Untersuchung sind Sie von allen Pflichten entbunden", ordnete McCarthy an, unzufrieden, dass die Aufklärung sich um weitere Stunden verzögern würde.

Andererseits stand natürlich das Gesunden des Wissenschaftlers im Vordergrund, weshalb er ihm eine großzügige Zeitspanne für die Rekonvaleszenz zugestand.

"Sollte es keine anderen Fragen oder Bemerkungen geben, erkläre ich die Besprechung für beendet. In circa sechs Stunden werden wir bei der Maquisbasis eintreffen, um die Kampfschäden zu beseitigen und über ein Bündnis zu verhandeln. Cailin, unter Umständen benötigen die Maquisarden ärztliche Hilfe, bereiten Sie Ihre Abteilung also dementsprechend vor", fügte er fest hinzu, worauf die Anwesenden aufstanden und den Raum verließen, "Anjol, bleiben Sie noch kurz bei mir..."

Der Bajoraner setzte sich wieder, wartete bis die Tür sich wieder verschlossen hatte und warf Charles dann einen fragenden Blick zu. Dieser straffte sich in seinem Sessel auf, um dann unerwarteterweise zu lächeln:

"Sie haben sich in der Vergangenheit als sehr kompetenter Verhandlungspartner und Diplomat erwiesen. Deshalb werden Sie, in meiner Gegenwart, die Gespräche für unsere Partei leiten. Dem Ergebnis Ihrer Bemühungen wird große Bedeutung zukommen. Sie werden Zugriff auf alle entbehrlichen Ressourcen der Venture erhalten, falls der Maquis an Material interessiert ist, und meine volle Unterstützung genießen."

Nickend stand der Erste Offizier auf und trat wortlos auf die Tür zu: Ein solcher Auftrag würde seine volle Aufmerksamkeit erfordern, auch wenn die Kooperationsbereitschaft des Maquis sicher hoch war. Schon in Gedanken versunken erreichte er den Flur, während hinter ihm der Captain leise murmelte: "Ich zähle auf Sie!"

--- Deck 1, Gang vor dem Konferenzraum

Obwohl kaum Gelegenheit gewesen war, etwas zu sagen, als die drei Frauen den Konferenzraum verließen, spürte Ysara das drückende, unangenehm betretene Schweigen fast körperlich. Im Augenwinkel bekam sie mit, dass Renault ansetzte, etwas zu Cailin zu sagen, sich dann aber unterbrach, weil es ihr wohl unpassend erschien.

Die Psychologin runzelte die Stirn. Sie fühlte sich eigenartig an eine Beerdigungsprozession erinnert und das gefiel ihr nicht. Offensichtlich war die Angelegenheit für alle Beteiligten bereits so gut wie entschieden.

Die Sicherheitlerin schien sich ebenfalls entschieden zu haben, dass ihre Reaktion albern war, womit sie Ysaras Meinung auch völlig recht hätte, denn sie blieb stehen, streckte sich und wandte sich dann an Cailin. "Brauchen Sie mich noch einmal auf der Krankenstation? Ich würde nämlich wirklich etwas Schlaf gebrauchen."

"Sie entschuldigen mich", unterbrach sie die beiden kurz, um sich zu verabschieden, und nickte ihnen zu.

Ihr Blick blieb auf der Ärztin hängen, die sie spürbar verachtend und ein klein wenig triumphierend musterte, und sie hielt in einer halben Drehung in Richtung Turbolift sekundenlang inne, um den Blick fast interessiert zu erwidern. Ein leichtes Lächeln umspielte ihre Lippen. Für Cailin stellte diese lästige Angelegenheit wohl tatsächlich eine Art kleinen Sieg dar.

Sie wartete gerade lange genug, dass das Starren der anderen unangenehm werden musste, drehte sich dann jedoch ohne ein weiteres Wort um und ging davon zum nahen Lift.

--- Turbolift

"Deck 3", befahl Ysara knapp, während sich die Türen hinter ihr schlossen.

Erst jetzt, da unbeobachtet erlaubte sie sich, die Geschehnisse auf sich wirken zu lassen. Sie schloss kurz die Augen und atmete erzwungen ruhig durch. Nur eine Woche Dienst, und das war es gewesen. Nichts als die lächerliche Interpretation einer rührseligen Vogelfrau war schuld daran, dass sie vor eine Art Kriegsgericht gestellt wurde. Sie musste an Kreshnar denken - den Blicken ihrer beiden ehemaligen Kolleginnen zufolge, wurden Verhandlungen hier wohl cardassianisch gehandhabt. Es ging bei ihnen in der Regel nur noch darum zu klären, warum genau man den Beschuldigten verurteilen wollte.

Die tiefe Verachtung für verblendete Patrioten mit ihren höchstens literarisch wertvollen Idealen stieg in ihr auf, die sie bereits gefühlt hatte, als die Sternenflotte sie unehrenhaft entließ. Auch damals war sie völlig unschuldig gewesen. Fast völlig. Plötzliche psychotische Anfälle ließen sich nicht einfach voraussehen ... der junge Fähnrich hätte nie für die Akademie zugelassen werden sollen ... dass ihre Medikamente schuld waren, als er sein Shuttle in den Handelsfrachter steuerte, war nichts als eine infame Anschuldigung des Ersten Offiziers.

Die Psychologin hatte die Venture ohnehin verlassen wollen. Das war längst beschlossen. Doch sie der Föderation ausliefern ... ihre Hände ballten sich zu Fäusten. Das konnten sie nicht wagen.

Tief in ihre Gedanken versunken verließ sie den Turbolift völlig automatisch, als die Türen sich öffneten.

--- Deck 1, Gang vor dem Konferenzraum

Die Französin wartete geduldig ab und beobachtete Cailin, die der Psychologin noch einen Augenblick nachschaute und ihren Kamm aufgewühlt aufgestellt hatte. Sie konnte sich nicht erinnern, sie schon einmal so empört gesehen zu haben.

Schließlich wandte sich die Ärztin um und besann sich auf die Frage ihres Gegenübers. "Nein, ich habe alle Untersuchungen abgeschlossen. Falls ich Sie doch noch einmal brauchen sollte, werde ich Sie rufen. Der Captain sagte, ich solle die Krankenstation auf Notfälle vorbereiten, und außerdem muss ich noch nach Mr Clint sehen. Gehen wir gemeinsam zum Turbolift?"

Mira nickte. Sie freute sich darauf, ihren Kieran abzuholen, den sie während der Mission in die Hände ihrer Quartiernachbarin gegeben hatte, und fragte sich, ob der riesenhafte Rüde sie schon vermisste. Und sobald sie sich ihm gewidmet hatte, würde sie endlich eine Runde schlafen.

Cailin hatte die Psychologin erfolgreich aus ihren Gedanken verdrängt und widmete sich bereits gedankenverloren einer geistigen Liste, auf der sie nacheinander die Aufgaben durchging, die sie zu erledigen hatte. Glücklicherweise hatte Lisa die Krankenstation gut in Schuss gehalten, und dieser Jones, den sie noch kein einziges Mal hatte arbeiten sehen, wie ihr jetzt auffiel, schien auch keine Probleme gemacht zu haben.

Sie freute sich darauf, sich wieder einer so ruhigen Beschäftigung widmen zu können und sich ebenfalls etwas auszuruhen.

--- Bar

Gedankenverloren saß Yhea in der Bar und starrte in eine Tasse Kaffee. Es war jetzt schon die zweite seit 10 Minuten und doch hatte er das Bedürfnis nach mehr. Das Problem war nur, er hatte heute schon viel zu viel Kaffee getrunken. Allein die Menge Kaffee, die er im Raider getrunken hatte - aus Langeweile natürlich - überstieg seinen Durchschnittsverbrauch um ein Weites. Doch was sollte er machen? Nachdem er dem Captain berichtet hatte, was alles von seiner Seite aus vorgefallen war, war er direkt in den Maschinenraum gegangen um dort nach dem Rechten zu sehen. Aber wie immer hatte Alex gute Arbeit geleistet und sämtliche geringen Schäden waren schon behoben worden oder standen kurz vor ihrer Vollendung, obwohl das Schiff noch immer nur beschränkt manövrierfähig war.

Als er dann auf dem Weg zu seinem Quartier war, überkam ihn wieder dieser unromulanische Wunsch nach Kaffee. Tja, und da die Bar näher war als sein Quartier, war er nun hier gelandet.

Langsam hob er den Blick aus seiner Tasse und schaute sich um. Außer ihm waren nicht viele Leute anwesend. Zwei Crewmitglieder saßen ein paar Tische weiter und unterhielten sich leise. Und eCroft stand hinter der Theke, putzte ein paar Gläser und glänzte so vor sich hin.

Nachdem Yhea bei ihm seine Bestellung aufgegeben hatte, hatte eCroft sich wieder hinter die Theke verkrümelt. Schließlich hatte Yhea ihm schon mal unmissverständlich klar gemacht, dass er nicht auf eine Konservation mit ihm aus war. Und anscheinend hatte er es sich bemerkt.

Umso besser für ihn. Yhea würde nur zu gerne mal Hand an den Androiden legen. Es würde Yhea ja schon mal interessieren, wie eCroft von innen aussah. Oder am besten noch, total zerlegt.

Ein Grinsen huschte über sein Gesicht, als er zu eCroft schaute und seine dritte Tasse Kaffee bestellte.

--- Deck 3, Gänge

Völlig mit ihrer Beurteilung der Lage beschäftigt, bemerkte Ysara den jungen Mann erst nicht, gegen dessen breite Brust sie lief. Irritiert sah sie auf. Treuherzige blaue Augen lugten aus einem Gewirr aus roten Haaren hervor auf sie nieder.

"Miss Jefferson", rief Crewman Calvin warmherzig und scheinbar hocherfreut, sie zu sehen. "Haben Sie sich wehgetan?"

"Aber nein", erwiderte Ysara automatisch und fügte ebenso automatisch hinzu, während sie ihre Rastazöpfe wieder in Ordnung brachte und die Uniform zurecht zog: "Wie schön, Sie zu sehen. Wie geht es Ihnen?"

Da Calvin ihr erster und einziger Patient auf der Venture gewesen war, hatte sie ihn natürlich nicht vergessen. Der gestandene Ehemann und Vater zweier Kinder, der bereits unter McCarthys Vorgänger Teil der Ladecrew gewesen war, hatte sie panikartig aufgesucht, weil er mit der unglaublichen sexuellen Anziehungskraft nicht fertig wurde, die er seit einiger Zeit in Anwesenheit Yhea Alnaks verspürte.

"Gut", erwiderte er im Plauderton. "Meine Schicht ist gerade beendet und ich bin total geschafft. Waren wir alle. Ich meine, klar, so eine Raumschlacht gibt es ja nicht alle Tage, und unterbesetzt sind wir auch! Und weil ich ein bisschen Ahnung habe von Technik und so, wurde ich im Hangar eingesetzt, um die Shuttles flott zu machen."

Ysara wies fragend in Richtung der Quartiere, während er sprach, und sie setzten sich gemeinsam in Bewegung. Ihr war gar nicht bewusst gewesen, dass Calvin ein unmittelbarer Nachbar von ihr war. Natürlich war sie in den letzten Tagen auch mit anderen Dingen beschäftigt gewesen.

Ihr war bereits während ihrem ersten Gespräch klar geworden, dass es sich bei Calvin um ein eher einfaches Gemüt handelte, und so ließ sie ihn einfach reden.

"Ich wusste gar nicht, dass die Shuttles eingesetzt wurden", bemerkte sie, in Gedanken weiterhin bei McCarthy und ihrer in jeder Sekunde schlechter werdenden Meinung von ihm. "Ich dachte immer, sie seien für die Badlands nicht manövrierfähig genug."

Der hoch gewachsene Terraner nickte. "Stimmt eigentlich auch. Aber Mr Alnak ..." Er verstummte kurz und vertrieb mit einem Räuspern die Röte aus seinem Gesicht, als er an den Romulaner dachte. "Also, er hat die Shuttles schon vor Monaten nach romulanischem Vorbild modifiziert, und sie sind jetzt stabiler. Klar, der Flug ist immer noch etwas poltrig, und man wird ziemlich durchgeschüttelt, aber ein guter Pilot fliegt sie so sanft wie... wie..." Er wurde wieder rot, offensichtlich im Geiste ebenfalls nicht ganz beim Gespräch, und verstummte.

Dafür hatte die Psychologin aufgehorcht, als er von der Verbesserung der Shuttles zu sprechen begann. "Nun ja, ich bin seit meiner Akademiezeit nicht mehr geflogen", erwiderte sie, und ein intelligenterer Zuhörer hätte vielleicht gemerkt, wie betont beiläufig sie klang.

"Oh, das ist ganz simpel!" Calvin nickte nachdrücklich, um seinen Worten zusätzliches Gewicht zu verleihen. "Wissen Sie, mit den Standart-Ausweichmanövern lassen sich auch Plasmawirbel umfliegen, wenn man den Autopiloten darauf programmiert. So gerät man eigentlich nie in Gefahr."

"Erstaunlich, das wusste ich gar nicht." Sie gingen schweigend weiter. Es waren nur noch wenige Meter bis zu den Wohnbereichen dieses Decks. Ein älterer Trill in Sternenflottenuniform kam ihnen entgegen und grüßte Calvin.

Vor dem inneren Auge der Psychologin reifte ein noch ganz wages Bild. Es war ein eher illegales Bild... allerdings hatte Ysara ihren Glauben an Gerechtigkeit ohnehin schon lange verloren.

---Gänge, Deck 2

Nur unwirklich hatte Anjol den Hinweis des Captains wahrgenommen. Er würde umfassende Informationen über den derzeitigen Bestand des Schiffes an Material, und deren Wert brauchen. Zwar war es sein größter Wunsch, dem Maquis zu helfen und ein Bündnis zu etablieren, aber sein primärer Auftrag war immer noch, die Einsatzfähigkeit des Schiffes aufrecht zu erhalten.

Zudem würden ethische Fragen vielleicht relevant werden. Ein Personalaustausch war seitens der Venture zurzeit nicht notwendig, da bereits vor drei Wochen ein Rendezvous mit dem Frachter Ivory für die nächste Zeit arrangiert worden war. Dennoch konnte es nicht
schaden, sich auch über diesen Punkt Gedanken zu machen.

Erfüllt von Energie erreichte er sein Quartier und trat ein.


--- Deck 3, Gänge

"Wissen Sie", sprach Ysara schließlich weiter. "Das klingt sehr interessant. Ich glaube, anstatt einer Pause gehe ich mal zur Shuttlerampe und schaue mir die Verbesserungen an. Ist dort unten gerade jemand?"

Tatsächlich spürte sie etwas wie Erleichterung, als Calvin den Kopf schüttelte. "Kann ich mir nicht vorstellen. Die meisten haben in den nächsten Stunden dienstfrei, um sich auszuruhen. Aber lassen Sie das lieber. Von außen sieht man ohnehin nichts."

"Ja, da haben Sie recht." Sie erreichten eine Kreuzung, und Ysara blieb stehen. "Hier muss ich entlang. Es hat mich gefreut, wieder einmal mit Ihnen zu sprechen, Mr Calvin."

Sie drückte die Hand des Crewman mit fast etwas wie Wärme. Immerhin war er ihr einziger Patient gewesen. Dann hastete sie in Richtung ihres Quartiers.

---Deck 5, Gänge

'Verdammtes Schicksal, wieso ist ausgerechnet das Energienetz in meinem Quartier ausgefallen? Als EINZIGES auf dem ganzen Schiff... Vielleicht steckte ja dieser Alnak dahinter?!', fluchte der Bajoraner lautlos, als er wieder durch die Gänge schritt, auf der Suche nach einem ruhigen Platz, wo er weiter arbeiten konnte.

Laut dem Bordcomputer war Frachtraum 2 zur Zeit leer und Anjol konnte sich keinen Platz vorstellen, der besser geeignet war, um die Gedanken schweifen zu lassen, als die große Lagerhalle: Leer und still, nur mit ein paar Transportbehältern.

Und vor allem würde das Licht angehen!

Ein grollendes Geräusch durchzog plötzlich den Flur, ließ ihn langsamer werden und aufmerksam horchte er danach: Es konnte kein Zweifel bestehen, dass sein Magen dieses monströse Geräusch verursacht hatte. Er entsann sich, seit eineinhalb Tagen nichts mehr gegessen zu haben - und jetzt war der Replikator in seinem Quartier zudem unbenutzbar!

"Verdammte Scheiße!", rief er aus, so dass sich einige Besatzungsmitglieder verdutzt umschauten und sogleich mit bösen Blicken gestraft wurden.

'Die Bar', kam es Anjol plötzlich in die Gedanken, 'die liegt auch auf Deck 5!'

Mit knurrendem Bauch drehte er um und begab sich Richtung Bar, wo dieser Androide hoffentlich etwas sehr Schmackhaftes im Angebot haben würde. Vielleicht konnte er in einer ruhigen Ecke auch schon mit den Recherchen beginnen...

--- Deck 3, Ysaras Quartier

In ihrem Quartier angekommen, ließ die Psychologin sich nicht viel Zeit. Eilig packte sie ihre wenigen Habseligkeiten in die einzige Tasche, die sie besaß. Zeit, wohnhaft zu werden, hatte sie ohnehin nicht gehabt. Lag noch etwas in ihrem Büro? Nein ... aber sie packte auch den Handphaser ein, den sie dort in einer Schublade gefunden und irgendwann mit in ihr Quartier genommen hatte. Zwischen einem Shuttle oder einem Shuttle und einem Phaser bestand nun auch kein Unterschied mehr. Diese Dinger konnte man immer brauchen.

Ysara verschwendete keinen Gedanken daran, ob das, was sie vorhatte, etwa unrecht oder verboten war. Der Captain wollte sie irgendwo aussetzen und der Sternenflotte ausliefern, und das war das letzte, was sie brauchen konnte. Wenn es nach ihr ginge - und es ging nach ihr -, würde sie den Föderationsraum so schnell nicht wieder betreten. Zu viele Regeln und viel
zu viele Vorgesetzte. Außerdem hatte sie schlicht keine Lust darauf.

Sie warf einen letzten Blick auf den klinisch sauberen, jetzt wieder unbewohnten Raum hinter sich, dann verließ sie ihn ohne einen weiteren Gedanken daran zu verschwenden.

---Bar "Zum tanzenden Liebesdiener"

Kopfschüttelnd ging Anjol unter den rot leuchtenden Buchstaben hindurch in den Gesellschaftsraum, der früher stinklangweilig und oft leer gewesen war. Seit eCroft den Laden leitete, erfreute sich aber zunehmender Beliebtheit. Zeitgleich stiegen aber die Fälle von Trunkenheit im Dienst...

Gedanklich nahm er sich vor, den messingfarben glänzenden Kerl darauf anzusprechen, als er den Romulaner an einem Tisch sah und schnellen Schrittes auf ihn zuging. Hoffentlich konnte dieser ihm erklären, warum nichts in seinem Quartier mehr intakt war:

"Mister Alnak, ich freue mich zu sehen, dass Sie so beschäftigt sind, während in meinem Quartier nicht mal die Klospülung funktioniert!"

"Das ist mit Absicht so. Wir dachten uns, dass wenn die Leute nicht mehr auf ihrem Quartier bleiben, kommen sie vielleicht mehr hier hin und bescheren eCroft größere Einnahmen. Und wie ich sehe, scheint es zu klappen", sagte er und grinste Anjol breit an.

"Nein, jetzt mal im Ernst. Es laufen noch ein paar kleinere Reparaturen und deswegen musste in ein paar Sektionen die Energie abgeschaltet werden. Ich vermute mal, dass es in meinem Quartier nicht viel anders ist als in Ihrem. Also, beschweren Sie sich nicht, sondern genießen Sie die Zeit hier bei mir und eCroft", bemerkte er und zeigte auf den Androiden, der lautlos neben dem Bajoraner erschienen war.

"Guten Tag Mister Anjol. Was darf ich Ihnen denn heute bringen?", fragte dieser den Bajoraner schmeichlerisch.

Die Dreistigkeit des Chefingenieurs überrumpelte ihn so sehr, dass ihm für eine halbe Sekunde die Worte fehlten. Als er sich wieder gefangen hatte, war der Moment für eine entsprechende Antwort verstrichen und so beschränkte er sich darauf, bei dem Androiden zu bestellen und sich zu setzen:

"Etwas Nahrhaftes, groß und tot!"

Einen Moment später fügte er mit einem Grinsen hinzu: "Vielleicht ein Filetstück Romulaner?" Der Kommentar löste etwas seine schlechte Laune und augenblicklich kam die Ruhe zurück. Yhea würde Recht haben, was kümmerte ihn sein Quartier so sehr - falls es nötig wurde, konnte er seine Notdurft immer noch auf dem Bett des Ingenieurs verrichten...

"Kommt sofort!", antwortete eCroft und machte sich eiligst davon, das Geforderte zu besorgen. Währenddessen grinste Anjol den Romulaner an: 'Schade, dass er nicht telepathisch begabt ist - dann wäre sein Gesicht jetzt sicher etwas blasser!'

"Was halten Sie von einem Bündnis mit dem Maquis?", versuchte er ein Gespräch zu beginnen und den Gedanken an das besondere Geschenk in Alnaks Bett zu verdrängen....

Mit einem schwachen Grinsen hatte Yhea den überaus schwachen Scherz des Bajoraners gewürdigt. Doch als die Frage über den Maquis aufkam, da wurde er wieder ernst. Denn bei dem Thema sollte man Witze am besten vermeiden. Vor allem, wenn man einen Bajoraner vor sich hat.

"Meine Meinung dazu ist, dass es für beide Seiten nur von Vorteil sein kann, wenn sie sich zusammen tun. Ich denke nur, wir müssen sehr vorsichtig sein. Schließlich sind die Maquis in letzter Zeit stark dezimiert worden von den Cardassianern; und natürlich von der Föderation und ich glaube, sie könnten denken, wir sind nur eine weitere Falle. Ich glaube auch nicht, dass sie uns im Moment zu einer ihrer regulären Basen bringen werden. Sie werden uns wahrscheinlich erstmal genauer unter die Lupe nehmen, bevor sie uns wenigstens ein bisschen vertrauen", sagte Yhea und trank von seinem Kaffee.

Währenddessen war eCroft mit Anjols Essen zurückgekommen und hatte es auf den Tisch gestellt. Sofort landeten seine Blicke auf dem großen Stück Fleisch, welches schön mittig auf dem Teller untergebracht war, umrandet von Beilagen und Gemüse. Langsam wanderte sein Blick weiter zu dem Androiden und Yhea überlegte ernsthaft, ob eCroft den Witz mit dem Romulanersteak verstanden hatte oder das jetzt auf dem Teller...

Yhea verdrehte die Augen. So ein Schwachsinn. Im Replikator war bestimmt kein Rezept für Romulanersteak eingespeichert. Und doch beschlich ihn ein leises Unwohlsein, wenn er auf Anjols Teller schaute.

Um auf andere Gedanken zu kommen, wandte er sich wieder dem Bajoraner zu und fragte: "Aber jetzt mal zu Ihrer Meinung, wie sehen Sie als Bajoraner das?"

--- Deck 7, Shuttlerampe, etwas später

Die breit angelegte, trostlos wirkende Shuttlerampe lag tatsächlich verlassen da. Die vier Peregrine Raider hatten nach dem Kampf in einer kerzengeraden Linie eins neben dem anderen aufgesetzt, etwas entfernt stand ein romulanisches Shuttle. Der äußerste Raider wies schwärzliche Spuren an der Außenverkleidung auf, wo die Schilde dem Schussfeuer nicht standgehalten hatten und die Außenverkleidung geschmolzen war. Neben ihm stand die Silver Sun, in der Yhea das Außenteam auf den Asteroiden gesteuert hatte.

Gelassen blieb Ysara im Eingang stehen und sah sich um, bis sie sicher war, dass niemand sich hier aufhielt und auch niemand auf ihre fragenden Rufe antworten würde. Die Reparatur der Raider hatte offensichtlich gerade keine Priorität. Wahrscheinlich, schätzte sie, war die Venture momentan nur mit einer Notfallbesatzung bemannt, während dem Rest ein paar erholende freie Stunden gegönnt wurden.

Niemand sonst, den sie kannte, war ihr auf dem Weg hierher begegnet. Von den wenigen Leuten, die sie kannte, befanden sich die meisten wohl entweder auf der Brücke oder auf der Krankenstation bei jener Person, die Ysara einen Prozess aufhetzte, nur weil sie an zu hohe moralische Ideale glaubte. Wie schön, dass zumindest Cailin sich jetzt wieder auf ihren Seelenfrieden würde konzentrieren können, wenn die Psychologin weg war.

Den Raider mit der Tarnvorrichtung zu entwenden, erschien Ysara doch etwas vermessen, zumal sie so etwas nicht bedienen konnte. Also entschied sie sich willkürlich für das ihr nächste Schiff, ohne weitere Zeit zu verlieren.

--- Shuttlerampe, Raider "Hotaru"

"Computer, alle Systeme hochfahren und Start vorbereiten", gab Ysara an, während sie ihre Habseligkeiten auf einen der hinteren Sitze fallen ließ und sich auf den Pilotensessel setzte. Sie hatte nicht vor, sich Zeit zu lassen. Dennoch besah sie zunächst interessiert die Kontrollen. Was bedeutete das alles noch mal?

Mit einem vertrauten Summen schalteten sich eines nach dem anderen die Systeme des Shuttles ein. Mit der noch vertrauten Routine, die jeder angehende Shuttlepilot auf der Akademie beinahe gewaltsam eingeprügelt bekam, kontrollierte sie rasch alle Anzeigen und stellte fest, dass das kleine Schiff das Kampfgeschehen unbeschadet überstanden zu haben schien.

"So weit, so gut", murmelte sie vor sich hin. "Wie ging das noch mal ..."

Mit spitzen Fingern wie jemand, der das erste Mal auf einem Klavier spielt, tippte sie ein paar Befehle ein und stellte zufrieden fest, dass der Raider tat, was er sollte.

"Computer, Shuttlerampe öffnen. Autorisation Ysara Pi Drei Fünf."

"Bestätigt", schnarrte der Computer zu ihrer größten Freude. Sie aktivierte den Schirm und sah der mächtigen Rampe zu, wie sie sich öffnete. Dann wandte sie sich der Steuerung zu.

Mit einem wenig eleganten Ruck hob sich der Raider abrupt vom Boden. Er schwankte sekundenlang labil in der Luft, als würde er gleich wieder abstürzen, dann machte er einen Schwenk nach links und hätte beinahe die "Silver Sun" mitschiff erwischt, bis die Pilotin schließlich den richtigen Befehl entdeckte. Gerade als ein junger Fähnrich auf der Brücke die Öffnung der Rampe bemerkte und verwundert auf seine Konsole sah, verließ die Hotaru
die Venture.

Ysara beschleunigte sofort auf vollen Impuls hoch, um dem Traktorstrahl des Kampfschiffs zu entgehen, doch nichts geschah. Sie atmete auf und sah erneut nach vorne.

Sie wusste nicht, wohin sie fliegen würde, und es war ihr auch egal. Jedenfalls würde es nichts sein, was auch nur annähernd mit der Sternenflotte zutun hatte. Nein, Ysara war etwas weit Exklusiveres bestimmt.

Amüsiert über ihre eigene Arroganz schüttelte sie den Kopf und widmete sich wieder der Steuerung, um in den ewigen Plasmastürmen zu verschwinden.

--- Bar

Zufrieden hatte Anjol seinen Teller betrachtet und eCroft anerkennend um ein Glas Bier gebeten: Das Gericht sah köstlich und frisch aus. Genau das richtige für seinen Mordshunger!

Zwar verwunderte ihn ein wenig, dass grünes Blut aus dem Fleisch gedrückt wurde, als er ein Stück abschnitt, aber dies war bei vielen Spezies denkbar.

"Ich teile Ihre Einschätzung, aber wir würden dem Maquis in einer ähnlichen Situation auch nicht vorbehaltlos vertrauen. Dieses Verhalten ist der Kommandant schon seinen Untergebenen schuldig", antwortet Anjol, unterbrach sich um ein weiteres Stück Fleisch zu zerkauen und fuhr dann fort, "wir sollten nicht übereilen, aber es wird etwas Positives dabei rauskommen, dazu sind beide Parteien schon viel zu sehr auf den anderen angewiesen, wenn sie wachsen wollen!"

Hastig säbelte der Bajoraner ein weiteres Stück Fleisch ab, tunkte es in die hervorragende Pfeffersauce und schlang es hinunter, während sich Fähnrich Solores meldete: "Brücke an Führungscrew, soeben fand ein unautorisierter Raider-Start statt, wir haben mit Gegenmaßnahmen begonnen, aber das gestohlene Schiff entzog sich sofort. Gegenwärtig versuchen wir ihm zu folgen, aber die Schäden an der Venture machen es beinahe unmöglich!"

Augenblicklich hatte Anjol die Reste des Fleischstückes verschluckt, atmete sie unglücklich ein und begann nach Luft japsend zu husten, während der Fähnrich ungerührt weiter gesprochen hatte.

Ärgerlich gestikulierend hieb er auf den Tisch: Konnte man den nirgends seine Ruhe haben?

Ein breites Grinsen erschien auf dem Gesicht des Romulaners, als er sah, wie sich Anjol an dem Fleischstück verschluckte. Zuerst wollte er schon loslachen, doch da sah er, wie sich Anjols Gesichtsfarbe schon langsam aber sicher ins Rote verwandelte.

Yhea sprang deswegen schnell von seinem Stuhl auf und schlug mit voller Kraft auf den Rücken des Bajoraners. Wie eine Gewehrkugel schoss das verschluckte Stück Fleisch hervor und landete mitten im Kaffee von Yhea.

"Verdammt noch mal", wetterte Yhea los, als er sah, was passiert war. "Da rettet man jemanden das Leben und was kommt dabei raus? Man muss sich einen neuen Kaffee holen."

Während Yhea so rumpolterte, hatte sich Anjol wieder gefangen und auch sein Gesicht nahm wieder eine ansehnliche Farbe an. Und sobald er wieder normal atmen konnte, flitzte er auch schon los in Richtung Brücke.

"Hey, Moment mal. Warte auf mich", rief Yhea und folgte schnell dem Bajoraner.

--- Brücke, kurze Zeit später

Außer Atem kamen beide gleichzeitig auf der Brücke an und Anjol wandte sich direkt an den Captain.

"Was ist los?"

Mit einer undurchdringlichen Mine, aber eindeutiger Wut in den Augen saß der Captain in seinem Sessel und starrte die dargestellten Plasmastürme auf dem Bildschirm an, als könne er sie durch pure Willenskraft zu Eis gefrieren lassen.

"Miss Jefferson zog es vor, sich nicht der Untersuchung zu stellen und stahl stattdessen einen verdammten Raider!", grummelte McCarthy los, hob die Stimme und schrie die letzten Worte beinahe, "und Dank der Cardassianer sind wir nicht mal in der Lage dem Schiff zu folgen - die Schäden in der Navigationssensorik sind für solche Manöver zu massiv!"

Missmutig begriff auch der Bajoraner, dass sie die Psychologin unterschätzt hatten, zumal es ohne die nötige Portion Erfahrung im Umgang mit Shuttles schwer sein sollte, die Badlands zu durchqueren. Aber vielleicht war es auch nur der Mut der Verzweifelten gewesen und der Raider war schon längst von den Naturgewalten atomisiert worden...

"Kann der Maquis uns nicht helfen?", fragte Anjol vorsichtig, begriff aber im gleichen Moment, dass die Machenschaften der Frau besser nicht an ihre Ohren drang: Ysaras Beteiligung würde die Vorsicht des Maquis nur noch vergrößern.

"Dann können wir also gar nichts tun?!", schloss Yhea, der nebenbei an der technischen Konsole ihre Möglichkeiten abgeschätzt hatte.

An einer abseits gelegenen Konsole checkte Veronica Aillard, ehemals Fähnrich mit Beförderungsoption, jetzt Idiot vom Dienst für alle möglichen Jobs, derweil die Sensoren, doch dank der zahlreichen Indifferenzen war deren Effizienz dermaßen eingeschränkt, dass sie den Raider bereits verloren hatte.

Da niemand sie fragte, versuchte sie möglichst unauffällig, ihre ein Meter sechzig aus dem Blick des Captains zu halten. Er sah momentan nicht aus, als könne er schlechte Nachrichten vertragen, außerdem sah es ohnehin nicht so aus, als gäbe es noch irgendeine Möglichkeit, diese Jefferson aufzuhalten. Die junge Offizierin hatte diese Frau nie gesehen und sie fragte sich, aus welchen Gründen man wohl so verrückt sein mochte, nach draußen in die Badlands zu fliegen - außer den Gründen der Venture, verstand sich.

Unruhig trat Aillard von einem Fuß auf den anderen. Sie hatte ihren Dienst vor einer halben Ewigkeit angetreten und sehnte sich innig nach einem Glas Wein und etwas guter Gesellschaft im "tanzenden Liebesdiener". Wenn nur einer ihrer Vorgesetzten auf den Gedanken käme, sie ablösen zu lassen. Aber irgendwie hatte man sie in der allgemeinen Aufregung wohl vergessen, und zu fragen traute sie sich irgendwie auch nicht.

Verzweifelt versuchte sie ein Gähnen zu unterdrücken, was ihr aber nicht gelang, und stellte sich auf ein paar weitere, wahrscheinlich diesmal öde Stunden Dienst ein.

Grummelnd entließ McCarthy seine beiden Offiziere wieder, worauf sich beide in Richtung Turbolift bewegten und der Romulaner damit fortfuhr, Anjol wegen seinem peinlichen Anfall aufzuziehen.

"Nein, ich werde Ihnen keinen Kaffee spendieren, selbst wenn ein Rinax-Schwein vom Himmel fällt!", konterte der Bajoraner und bei dem Gedanken an einen dampfenden Becher Kaffee bemerkte er unwillkürlich den Fähnrich, der unverschämt gähnend an seiner Konsole stand und zutiefst unsicher wirkte.

'Sollte Aillard nicht längst abgelöst worden sein?', fragte sich Anjol abrupt, sich seiner Pflichten wieder bewusst werdend, aktivierte ein Display und studierte den Dienstplan. Tatsächlich, der Offizier dieser Schicht hatte sich heute Morgen krankgemeldet, war jedoch nicht ersetzt worden...

"Miss Aillard, wieso erwähnen Sie eigentlich nicht, dass Ihre Schicht schon lange vorbei ist? Sollten Sie zuviel Freizeit haben, wäre ich erfreut, wenn Sie mir hier bei etwas helfen könnten. Soweit ich weiß, sind Sie doch Spezialistin für Exopolitik?", sprach er die Frau an, um den entstandenen Schaden auszugleichen. Schließlich war der Erste Offizier für den Dienstplan der Brückencrew zuständig.

'Der kennt mich ja', war Veronicas verblüffte Reaktion auf die Worte Anjols, mit dem sie trotz ihrer langen Dienstzeit auf der Venture nie ein Wort gewechselt hatte, es sei denn er forderte Sensorendaten an. Schade eigentlich. Sie hatte es sonst immer sehr eilig, in die Nähe von gutaussehenden, einflussreichen Männern zu kommen.

Sie war fast zusammengezuckt, als der Mann sie so plötzlich ansprach. So viel also zu ihren Versuchen, unauffällig zu bleiben. Wobei sie ja auch abgelöst hatte werden wollen.

"Ja, ich wollte eigentlich mal in den diplomatischen Dienst", erwiderte sie und war schlagartig wach, als sich ihr die verlockende Chance auf eine Tätigkeit offenbarte, die ihr Gehirn beanspruchte. "Ich, öh... naja, alle waren so beschäftigt, und dann der Kampf, und... naja, da ich gebraucht wurde, bin ich halt dageblieben", schloss sie mit einem schiefen Lächeln.

Sie wartete, bis ein junger Mann auf den Wink des Captains hin ihren Posten übernommen hatte, und schloss sich dem Bajoraner auf dem Weg zum Lift an. "Worum geht es denn, Sir?"

"Ihr Diensteifer in Ehren, aber in der wenigen Freizeit sollen Sie die verlorene Energie wieder auftanken. Niemanden nutzt eine müde Führungscrew, auch wenn es sicher gut gemeint war. Was halten Sie deshalb davon, wenn wir zuerst in die Bar gehen und etwas trinken - zumal mein Essen dort immer noch verlockend stehen wird?", erwiderte Anjol lächelnd und hoffte, dass die Unsicherheit des Fähnrichs sich bald auflösen würde.

Erfreut sah der Bajoraner, wie die attraktive Frau nickte und langsam aufzutauen schien. Ein wenig Abwechslung konnte ihnen beiden wohl nicht schaden und so stieg ein angenehmes Gefühl in ihm auf, bis ihm plötzlich der peinlich zuschauende Chefingenieur einfiel.

"Mister Alnak, hatten Sie nicht noch mit dem, ähhhh Dings im Maschinenraum zu tun?!", wandte er sich dann an den Romulaner und hoffte, dass dieser jetzt nicht sein eigenes Todesurteil unterschreiben würde.

Aber wie nicht anders zu erwarten erwiderte Alnak grinsend, Poulsen werde es schon allein schaffen. Überzeugt, Yheas Bett noch am selben Tag zu "markieren", sagte Anjol jedoch nichts und die Gruppe begab sich in Richtung Bar...

--- Bar "Zum tanzenden Liebesdiener"

Als sie die Bar betraten, frohlockte Veronica noch immer über die wundervolle Wendung, die dieser Tag zu nehmen schien. Anstatt einsamer Stunden an einer in den Badlands eigentlich ziemlich nutzlosen Station, war sie jetzt nicht nur abgelöst worden, sondern befand sich mit zwei netten Männern auf dem Weg zum Essen.

Ok, dass es sich dabei um ihre direkten Vorgesetzten handelte, schmälerte ihre Freude doch ein wenig, obwohl sich die beiden auf dem Weg so ungezwungen unterhalten hatten, dass sie eigentlich beschließen könnte, diese Tatsache für den restlichen Abend zu vergessen.

Ein wenig verlegen nahm sie Platz, als Anjol ihr einen Stuhl zurückschob. Und wie auf Kommando stand sofort der androide Barmann neben ihr, der sich lautlos genähert hatte und sie mit einem charmanten Lächeln bedachte. "Welch eine Freude, Sie wieder einmal hier zu sehen! Was kann ich Ihnen bringen?"

Unentschlossen ging Veronica in sich. "Essen. Vegetarisch. Terranisch. Ich habe ewig nichts mehr gegessen." Sie wedelte wage mit der Hand und wandte sich wieder den beiden Männern zu, in der Hoffnung, einer von ihnen würde das Gespräch fortführen.

Bevor eCroft ebenso unauffällig wie bei seiner Ankunft verschwinden konnte, bestellte Anjol rasch noch etwas von den Salatbeilagen nach, die zwar nicht so gut schmeckten wie die Ernte seiner früheren Felder, aber den Geschmack des Fleisches dennoch verfeinerte.

Abgesehen davon kam er sich mit den zwei Pfund totem Irgendwas auf seinem Teller plötzlich sehr mies vor: Vegetarier konnten einem schon die kleinen Sünden verleiden. Trotzdem nahm er sich vor, das grün blutende Stück weiter zu genießen, da es synthetisch hergestellt keinen Unterschied zu pflanzlicher Nahrung darstellte, ahnte aber, dass ihm dies nicht gelingen würde...

Zwei klirrende Teller unterbrachen das allgemeine Schweigen, das sich eingestellt hatte und der Bajoraner identifizierte Veronicas Gericht sofort als terranischen Auflauf - wahrscheinlich mit Broccoli.

Anjol hasste Broccoli!

Innerlich verärgert nahm er Alnaks breites Grinsen als Reaktion auf seinen scheinbar leicht lesbaren Gedankengang zur Kenntnis, schwieg und trat dem Romulaner unbemerkt auf den Schuh. Schlagartig weiteten sich dessen Augen und nur durch das Aufsetzen eines affenähnlichen Gesichtsausdruckes konnte Yhea einen Aufschrei vermeiden.

"Miss Aillard, wenn Sie nicht gerade das Universum mit uns retten, was machen Sie dann? Hobbys oder Sport? Immerhin scheinen Sie durchtrainiert zu sein!", versuchte Anjol eine Konversation zu beginnen, nachdem Alnak nun scheinbar genug hatte und taxierte gleichzeitig unauffällig den Körper der jungen Frau.

Überrascht verarbeitete Veronica die verschiedenen Informationen, die gerade in ihrem Gehirn eingingen, und eine kleine Pause entstand, bevor sie antwortete. Warum traten die beiden sich unter dem Tisch? Und warum hatte der Romulaner so breit gegrinst? Und, oh, der Bajoraner schien tatsächlich sehr interessiert an ihrem Körperbau zu sein, seinem Blick nach. Eine Wette zwischen den beiden? Sie hatte von so etwas ja schon öfter gehört.

Misstrauisch warf sie dem Romulaner noch einen Blick zu, doch Yhea hatte sich bereits wieder gefangen und erwiderte ihn mit unschuldiger, freundlicher Miene.

"Sport? Oh, ja, ich verbringe viel Zeit auf den Holodecks, das heißt, wenn denn mal Zeit ist. Jedenfalls ist es mir lieber, an einer simulierten Felswand zu klettern, als durch die Gänge zu joggen. Ich bin im Gebirge aufgewachsen, wissen Sie. Es ist ein wunderbares Gefühl, ein paar Bahnen in einem Bergsee zu schwimmen, der noch von Quellwasser gespeist wird. Haben Sie so etwas schon gemacht?"

Sie wandte sich an beide Männer, doch ihr Blick galt vor allem Anjol, dessen charismatisch grüne Augen [*gg*] durchaus mit einem Bergsee vergleichbar waren. Nein, sicher keine Wette. Oder höchstens eine kleine. Männer konnten ja so albern sein.

"Auf Datros IV gab es einen See, so schön wie nur das Universum etwas erschaffen kann, aber", Anjol hielt einen Moment inne, um an das karge Loch zu denken, das nach der ersten Angriffswelle übrig geblieben war, "nun, ich glaube, bei der Rückkehr wäre es nicht mehr das Gleiche. Wenn Sie wollen, können Sie mir den Bergsee ja zeigen. Etwas Bewegung kann bei dem bequemen Alltag auf einem Raumschiff sicher nicht schaden."

Der Bajoraner setzte sein charmantestes Lächeln auf, auch wenn er ehrlicherweise an etwas andere Bewegungen denken musste, die aber ebenso lange zurückzuliegen schienen. Aber angesichts des offensiven Flirtverhaltens bezweifelte er nicht, dass Veronica nicht an dasselbe dachte...

Angesichts dieses entzückenden Lächelns, das den doch etwas alten Anjol gleich viel jünger wirken ließ, kam Veronica die Idee durchaus passabel vor. Begeistert nahm sie einen weiteren Bissen dieses köstlichen Broccoliauflaufs. Schade, dass der Mann sich nie für eine längere Beziehung eignen würde. Ihr würde sich jedes Mal der Magen umdrehen, wenn sie ihn so ein Steak essen sah, repliziert oder nicht. Vor allem, weil das grüne Blut, das daraus hervorquoll, sie viel zu sehr an intelligentes Leben erinnerte.

"Eine tolle Idee", bestätigte sie herzhaft. Dann schweifte ihr Blick jedoch hinüber zu Alnak. Zu dritt kam ihr die Sache aus unbegreiflichen Gründen nicht mehr ganz so verlockend vor. "Wie wäre es gleich nach dem Essen? Die Holodecks sind sicher gerade frei."

Angestrengt begann sie zu überlegen, wie sie den Romulaner loswerden sollte, während sie gleichzeitig schon spekulierte, was präzise sich aus dem Ausflug machen ließ. Immerhin war Anjol ein netter Mann. Und in einer Machtposition. Und ihr Vorgesetzter...

Der Bajoraner tat kurz so, als ob er seinen Zeitplan im Gedächtnis durchginge, um dann auf die Frage lächelnd zu antworten: "Ja, da habe ich Zeit. Und die Holodecks sollten um die Uhrzeit wirklich nicht besetzt sein."

'Falls doch, werde ich dafür sorgen, dass sie es in 10 Minuten nicht mehr sind!', fügte Anjol in Gedanken hinzu, lächelte aber als würde er über nichts weiter nachsinnen. Blieb nur noch das Problem "Alnak" übrig...

Gelangweilt schaute der zwischen Anjol und der Frau hin und her. Er verstand es nicht, was Anjol an der so toll fand. Und dann dieses Gespräch über irgendwelche Bergseen... Na ja, wem es gefällt.

Yhea gefiel es jedenfalls nicht, und im Moment hatte er auch keine große Lust mehr, Anjol zu ärgern und so beschloss er, diese zwei Turteltauben mal alleine zu lassen. Vorerst zumindest.

"Ich störe Sie beide ja nur ungern, aber ich verabschiede mich. Ich hab noch was anderes zu tun. Also, viel Spaß."

Mit einem Ruck erhob er sich aus seinem Stuhl, warf noch einen angewiderten Blick in seinen "Fleischkaffee" und verließ dann die Bar.

Erleichtert nahm der Erste Offizier zur Kenntnis, dass der Romulaner scheinbar doch nicht so ein mieser Typ war, wie er angenommen hatte. Sein Rückzug erschien auf jeden Fall äußerst passend zu sein, aber vielleicht konnte er auch einfach nicht schwimmen.

"Was wollen wir denn für unseren Ausflug mitnehmen?", fragte er Veronica, nachdem sie den letzten Bissen Auflauf gegessen hatte und machte sich in Gedanken klar, dass das Vorbereiten der Verhandlungen doch viel weniger Zeit in Anspruch nehmen würde, als er angenommen hatte.

Gerade satt genug, um noch Spaß am Schwimmen haben zu können, schob sie den Teller von sich. "Wir müssen bei unseren Quartieren vorbeischauen wegen der Badesachen", erwiderte sie vernünftig und überlegte kurz, ob sie Dinge besaß, die sie vielleicht mitnehmen konnte, um den Ausflug etwas interessanter zu gestalten. Sie beschloss, dass solche Utensilien zwar
durchaus existierten, dass sie damit aber Anjol womöglich zu einer verängstigten Flucht anregte.

"Ich habe noch irgendwo eine Flasche terranischen Rotwein. 2358, ein guter Jahrgang. Wenn Sie so etwas mögen, nehme ich ihn mit."

Insgeheim frohlockte sie, dass dieser Romulaner endlich weg war. Natürlich hätte es zu dritt auch ganz nett werden können. Aber sie glaubte nicht, dass Alnak der Typ dafür war. Wahrscheinlich konnte er nicht mal schwimmen.

"Das hört sich für mich sehr gut!", gab Anjol zurück und dachte währenddessen an seine etwas eingelaufenen Badeshorts. Aber warum neue replizieren, wenn die alten Sachen immerhin noch hauteng saßen? In gewissen Situationen könnte dies zwar zu peinlichen Szenen führen, aber der Bajoraner war fest davon überzeugt seinen Körper unter Kontrolle halten zu können.

"Wollen wir dann?", fragte er in Vorfreude vertieft, woraufhin Veronica strahlend nickte. Rasch stand Anjol auf, um ihr den Stuhl zurückzuziehen, was sie etwas verlegen wirkend zur Kenntnis nahm.

Kurze Zeit später verließen sie die Bar und zurück blieb ein grinsender Android, der sich erinnerte wie es war ein Organischer zu sein.

--- Yheas Quartier, kurze Zeit später

Ärgerlich bemerkte Yhea, dass er vorhin bei Anjol recht gehabt hatte. Auch bei ihm war die Energie abgeschaltet und deswegen herrschte in seinem Quartier gespenstische Dunkelheit. Aber Yhea hatte für so was immer einen Notfallplan. Er tastete sich vorsichtig zu seinem Schreibtisch, griff in die oberste Schublade und fischte eine Taschenlampe hervor. Sofort glitt ein heller Strahl durch den Raum und Yhea nickte zufrieden.

Jetzt musste er nur noch überlegen, was er machen wollte. Er schaute auf die Uhr. 'Hmm, eigentlich ja noch zu früh um ins Bett zu gehen', dachte er und blickte wieder hoch.

"Egal", sagte er und ging zum Schlafzimmer. 'Schließlich ist Alex im Maschinenraum und wenn was Wichtiges ist, sollen sie mich eben rufen.'

Schnell hatte er sich seiner Kleider entledigt, und schon kroch er müde ins Bett. Ein paar Stündchen Schlaf würden ihm bestimmt gut tun. Er hoffte nur, dass der erhöhte Koffeingehalt in seinem Blut ihn am Schlafen nicht zu sehr hinderte.

--- Vor Veronicas Quartier

Den ganzen Weg über hatten die beiden sich angeregt über Hobbys, Lebensziele sowie vieles mehr unterhalten, als sie schließlich vor dem Quartier von Miss Aillard ankamen.

"Dann werde ich mal meine Badesachen holen. Wollen Sie kurz mit reinkommen, Anjol?", fragte sie lächelnd und der Bajoraner trat nach ihr neugierig in das ganz in Rot eingerichtete Zimmer ein.

--- Veronicas Quartier

Der Terranerin schoss der Gedanke durch den Kopf, dass er die Einrichtung wahrscheinlich grässlich finden würde, und sie musste ihm doch insgeheim zustimmen, dass Scharlachrot nicht jedermanns Sache war. Tatsächlich hatte sie schon den einen oder anderen aufdringlichen Kollegen vertrieben, allein indem sie ihn in ihr Quartier eingeladen hatte.

Es war nicht besonders ordentlich, aber sie war zuversichtlich, dass das nicht stören würde, zumal die Schiffsenergie in den Quartieren noch immer deaktiviert zu sein schien und der Raum in einem dunklen Dämmerlicht lag. Da der einzig Stuhl mit einem großen Kleiderstapel überfrachtet war, wies sie aufs Bett. "Setzen Sie sich doch, ich brauche nicht lange."

Sie spürte Anjols Blick im Rücken, als sie zum Schrank ging und eine Weile darin wühlte, bis sie schließlich einen vor nicht allzu langer Zeit replizierten Bikini fand, einen von der Art, die ganz besonders interessant aussahen, wenn sie nass wurden.

"Einen Moment noch, ich ziehe mich gleich hier um", flötete sie und verschwand im Badezimmer. In Vorfreude auf das Holodeck dachte sie gar nicht daran, dass die Tür seit einigen Tagen blockierte und immer einige Zentimeter weit offen blieb.

Zufrieden setzte sich Anjol auf die weiche Oberfläche des Bettes und federte etwas hin und her, um sich dann in dem Quartier umzusehen. Es war ebenso halbfinster wie in seinem eigenen, aber trotzdem konnte er eine schöne Vase erkennen, die Veronica ohne Zweifel selbst hergestellt haben musste.

Bildlich sah er ihre Hände vor sich, die sich geschmeidig und sanft um den zwischen ihren Fingern weich werdenden Tonklumpen legten und diesen formten...

Bevor der Bajoraner seine Gedanken weiter treiben lassen konnte, hörte er ein leises Knarren von der Badezimmertür, die sich scheinbar irgendwie innerlich verhakt zu haben schien, was einen schmalen Schlitz in der Tür erklären musste. Auf jeden Fall entdeckte er im selben Moment den vollkommen geformten Po der jungen Frau.

Verlegen schaute Anjol weg, als er sich bewusst wurde, dass solch ein Verhalten ganz und gar nicht angemessen war. Zwanghaft versuchte er sich weiter mit der Vase zu beschäftigen, aber nach einigen Sekunden glitt sein Blick wieder magisch angezogen zu der geöffneten Tür.

Diese öffnete sich im gleichen Augenblick wieder und der Fähnrich kam gutgelaunt wirkend durch selbige getreten, nur mit dem Hauch von Nichts bekleidet, mit dem sie zu schwimmen gedachte.

"Meine Schwimmbrille muss hier noch irgendwo liegen...", antwortete sie zerstreut wirkend und deutete auf das kleine Chaos, das in ihrem Quartier herrschte. Sekundenlang überlegte sie angestrengt, schien dann die Antwort gefunden zu haben und bewegte sich auf das Bett zu.

In Anjols Gedanken geschah dies unendlich langsam, die Schwingungen von Veronicas Körper ließen die Zeit gefrieren und er sah in Zeitlupe, wie sich die junge Frau leicht über ihn beugte, um unter der Tagesdecke die gesuchte Schwimmbrille hervorzukramen.

Dabei kam ihre Schulter seinem Gesicht so nahe, dass sie seinen stockend entweichenden Atem fühlen musste, während er die Reinheit ihrer Haut, die Perfektion ihres Körpers beobachtete und dem einen Wesen da draußen dankte, das so ein Wunder erschuf...

Veronica erschauderte unwillkürlich, als sie seinen Atem auf ihrer Haut spürte. Sie verharrte einen Augenblick länger in der gebückten Position, bis sie glaubte, sich wieder unter Kontrolle zu haben, und als sie sich erhob, streifte sie den Blick des Bajoraners, dessen leicht kränklicher Blick seine Reaktion auf den kurzen Moment verriet.

"Da ist sie ja", bemerkte sie und musste sich zwingen, sich gelassen im Raum umzusehen, bis sie ein Badehandtuch entdeckte. Fast erleichtert griff sie danach. "Gehen wir?"

--- Cailins Quartier

Sanft wie ein warmer Sommerregen fielen die Tropfen auf Cailins samtige ebenholzfarbene Haut und rannen in Bächen über ihren wohlgeformten Körper. Zufrieden gurrte die Purna und genoss die ungewohnte Entspannung, während ihre Hände mit dem Verlauf des Wassers und mit dem zarten Federflaum auf ihrem flachen Bauch spielten.

Vielleicht war es ja gut, dass ein Teil der Energie von den Quartieren abgezogen worden war und sie so statt einer Schalldusche eine richtige Dusche nehmen musste. Schon viel zu lange hatte sie sich diesen Luxus nicht mehr gegönnt, um nur immer erreichbar zu sein.

Aber heute nach all den Aufregungen und der fehlgeschlagenen Mission musste sie sich endlich entspannen. Dallas und Norgaard hatten die Krankenstation auch alleine gut unter Kontrolle und sie hatten es sogar geschafft Jones eine Arbeit zuzuweisen, die ihn beschäftigte. Jedenfalls erübrigte sich ihre Anwesenheit, auch wenn der Captain ihr befohlen hatte auf alles gefasst zu sein.

Aber das war sie immer, seit sie mit ihrer Arbeit auf diesem Schiff begonnen hatte.

Stets bereit mit Notfällen aller Art konfrontiert zu werden, selbst wenn ihre Krankenstation dadurch ihre Kapazitäten um das Vielfache überschreiten musste.

Nur schwer löste sich die Purna von dieser angenehmen Freizeitbeschäftigung und drehte das Wasser ab. Langsam stieg sie aus der Dusche und blieb unentschlossen im Türrahmen stehen.

Sie brauchte sich nicht abzutrocknen. Die natürliche Schutzschicht ihres Körpers und ihrer Federn ließ das Wasser von ihrem Körper abperlen, als wäre er mit Wachs überzogen. Ein faszinierendes Schauspiel für jeden, der diese Eigenart der Purnas nicht kannte. Für Cailin jedoch eine Normalität, so dass sie oft verwundert darüber war, wenn jemand ein Handtuch verlangte.

Fragend starrte die Purna in das Dunkel des Zimmers. Aufgrund ihres ausgeprägten Scharfsinns konnte sie ihre Umgebung gut erkennen, auch wenn sie völlig im Dunkeln lag.

Lediglich zwei Kerzen erhellten den Raum spärlich, doch ihr flackerndes warmes Licht gab ihm eine Atmosphäre, die man sonst hier nicht antraf.

Entgegen ihrer sonstigen Angewohnheit, die Nähe von vielen Menschen zu suchen, die sie meist in der Schiffsbar fand, um ihre Sehnsucht nach einem Schwarm zu stillen, machte sich diesmal ein anderes Gefühl in ihr breit, das ihr ebenso gefiel und das sie schon viel zu lange nicht mehr verspürt hatte.

Aus einer großen Truhe in der Ecke ihres Quartiers holte Cailin nach der Reihe verschiedene Farbtuben und Farbtöpfe hervor, sowie eine Leinwand und mehrere Pinsel. Nach einem kurzen Blick auf die Pinsel verstaute sie diese jedoch wieder in der Truhe.

Es dauerte nicht lange und die Leinwand war aufgestellt. Anstatt die Pinsel in die Farbe zu tauchen, verwendete Cailin ihre Hände um zu malen. Ausdrucksstarke kräftige Farben verwandelten die bis dahin dunkelgraue Leinwand - immerhin war es dunkel im Raum - in ein Gemisch aus Formen und für ein normales Auge nicht erkennbaren Farbschattierungen.

Lediglich für die Purna selbst entstand ein Spiel der Farben und ein Gefühl der Befreitheit, wenn sie das Entstehen ihres Werkes beobachtete. Darüber vergaß sie die Zeit bis der Türsummer sich meldete.

"Herein", rief sie und konnte sich immer noch nicht von ihrer zu Gestalt gewordenen inneren Aufgewühltheit losreißen. Immer wieder berührten ihre Hände das Leinen, klatschten Farbe darauf, schufen Tiefen, wo zuvor keine waren oder gruben die Leinwand aus der Farbe heraus.

Clancy, der auf ihre Aufforderung hin ihr Quartier betreten hatte, stand noch immer nahe der Tür und er glaubte seinen Augen nicht trauen zu können. Der Anblick, der sich seinen Augen bot, übertraf alles was er sich in dieser Hinsicht je vorgestellt hatte.

Die Frau für die sein Herz schlug stand im Halbdunkel und lediglich matter Kerzenschein ließ ihre dunkle Haut glänzen und erahnen, dass sie völlig nackt war.

Sein Pulsschlag beschleunigte sich zusehends und seine Hände wurden vor Aufregung schlagartig eiskalt.

Ja, er hatte mit ihr sprechen wollen und ein für alle mal klarstellen, was er für sie empfand und dass dieser alternde Trottel von einem Bajoraner nicht gut genug für sie war. Und das er, Clancy Maloy, der einzige Mann auf diesem Schiff war, der sie wirklich zu schätzen wusste und nur ihrer selbst willen liebte.

Doch jetzt schien mit einem Mal alles so banal geworden zu sein. Schien plötzlich nur mehr der Augenblick zu zählen und alles andere so schrecklich fern zu sein.

Fasziniert betrachtete er seine Angebetete als Gesamtkunstwerk, das nur eine höhere Kraft wie ein Gott in derartiger Perfektion erschaffen konnte und betrachtete das Spiel des Lichts auf ihrer nackten Haut, während ihre Arme sich hastig bewegten und ihr Brustkorb sich immer heftiger auf und ab bewegte.

Was für ein Körper... Was für eine Kraft und Ausdauer, die dahinter steckte... und doch Hände weich und anschmiegsam wie Seide, die ein Leben retten und Kranke heilen konnten.

Er wusste, dass er immer wieder sein Leben riskieren würde, nur um das ihre zu schützen, wie er es schon einmal in der Krankenstation getan hatte, als das telepathische Wesen sie hatte töten wollen und er ihren Rückzug gedeckt hatte.

Es dauerte eine Weile, bis Cailin registrierte, dass sich die Tür zu ihrem Quartier zischend geöffnet und wieder geschlossen hatte ohne dass sonst etwas geschehen war. Doch nun spürte sie beinahe körperlich, dass sie nicht mehr allein war.

Fragend blickte sie zur Tür und erblickte Clancy.

--- Holodeck 2

Bis auf wenige Bemerkungen hatten sie den Weg zu Anjols Quartier und schließlich zum Holodeck schweigend hinter sich gebracht. Einen Augenblick lang hatte Veronica sich zu fragen begonnen, ob ihr die Vorbestimmtheit der Ereignisse, die sich so zufällig ergeben hatten, überhaupt gefiel, bis sie beschloss, die Dinge einfach ihren Lauf nehmen zu lassen. Ihr gefiel die Art, wie der Bajoraner sie ansah, wenn er glaubte, dass sie es nicht mitbekam.

Holodeck 2 lag wie erwartet völlig verlassen da. Ein Großteil der Crew schien sich von der langen Schicht zu erholen, die anderen taten wahrscheinlich Dienst.

Die Terranerin hatte im Laufe der Zeit mehrere Programme gesammelt, die sich jetzt geeignet hätten, beschloss aber, genau jenes auszusuchen, das sie in der Bar vor Augen gehabt hatte. Gespannt erwartete sie Anjols Reaktion.

In seinen überwältigendsten Träumen hätte er sich nicht die Landschaft ausmalen können, die nun vor ihm lag: Ein glitzernder See, so klar wie ein Kristall, der sich zwischen hohen Gipfeln und blumenübersähten Wiesen erstreckte. Der Himmel war hellblau und nur wenige friedliche
Wolken bewegten sich langsam im Wind, der auch die Pflanzen leicht in seinem Rhythmus schwingen ließ.

Ein Schmetterling tanzte im Licht der wärmenden Sonne vor ihren Augen, schwebte dann zu einer roten Blüte, die sich in einem Feld der Farben zu ihren Füssen befand, um dann sein herrliches Leben fliegend fortzusetzen.

Langsam ging Anjol in die Hocke und zupfte die Blüte sanft von dem Stängel, um sie Veronica zu reichen. Diese lachte leise auf und steckte sich die Blüte dann an ihren Badeanzug.

"Hier ist es wunderbar!", befand Anjol und reichte seiner Gefährtin die Hand, "wollen wir zum See spazieren? Das Wasser sieht so verlockend aus!"

In diesem Moment trafen sich ihre Blicke und seine letzten Worte erhielten eine besondere Bedeutung. Sanft umfasste er ihre Hand, hoffte, dass diese Sekunde nie vergehen möge.

--- Cailins Quartier

Fragend musterte die Ärztin den jungen Mann. Er schien etwas auf dem Herzen zu haben, auch wenn sie keine Vorstellung hatte, worum es sich handeln könnte. Immerhin hatte er sie erst wegen seinen zahlreichen Blessuren in der Krankenstation aufgesucht und war versorgt worden.

Vielleicht wollte er ja mit jemand über den Grund für seine Verletzungen sprechen. Der neuen Psychologin würde sie auch nicht trauen. Und Clancy hatte ein sehr freundschaftliches Verhältnis zu ihr aufgebaut seit sie gemeinsam das letzte Abenteuer überstanden hatten.

"Was haben Sie auf dem Herzen, Clancy? Kann ich Ihnen irgendwie behilflich sein?", fragte sie freundlich und hielt in ihrer Malerei inne. Irgendwie war der Zauber des Augenblicks jetzt ohnehin unwiederbringlich verloren und sie wischte die Farben notdürftig in ein Tuch ab, das ihr für diese Zwecke gute Dienste leistete.

"Ich... äh... es geht um... ich meine...", stammelte der junge Sicherheitler und es schien, als würde er ihren Blick meiden. Nicht nur das, sondern er wirkte, als wäre sein Kopf viel stärker durchblutet als gewöhnlich. Etwas, das sofort die Ärztin in ihr stutzen ließ.

Erst jetzt wurde Cailin bewusst, dass sie noch immer nichts als ihre Haut am Leibe trug. Ein Umstand, der ihr keine Scheu entlockte, fand es ihr Volk doch durchaus als etwas Natürliches und trug auch auf Venderat nur Kleidung um die empfindlicheren Hautpartien vor der prallen Sonne zu schützen. Doch sie hatte sich den Sitten und Bräuchen der Menschen angepasst, unter denen sie arbeitete.

"Tut mir leid, ich denke nicht immer daran", murmelte sie entschuldigend und ergriff ein Badetuch um ihren Körper darin einzuwickeln.

Dankbar lächelte Clancy über ihr Entgegenkommen, auch wenn ihn das Wissen um das, was er gesehen hatte, auch jetzt nicht verließ. Genau genommen sah er sie noch immer nackt vor sich und das machte sie noch unwirklicher, als sie bei diesem dürftigen Licht ohnehin schon aussah.

"Ich wollte mit Ihnen sprechen...", begann Clancy von neuem und er war unschlüssig, ob es überhaupt Worte gab um das auszudrücken, was in ihm vorging. Immerhin war es das erste Mal, dass er sich in eine Frau einer anderen Rasse verliebt hatte. Noch dazu hatte ihm die Schiffsdatenbank nicht wirklich viel über die Bewohner von Venderat erzählen können.

So rankten sich viele Geheimnisse und Gerüchte um ihr Volk und die Ärztin hatte es bisher nicht für nötig gefunden die Schiffsdatenbank aus ihren eigenen Erfahrungen und mit ihrem Wissen aufzustocken.

Dann sah der junge Mann wieder Anjol vor sich. Einen alternden Bajoraner, der überhaupt nicht fähig war eine Beziehung zu führen. Der sich höchstens mit seinen neuen Eroberungen schmückte um sein wahres Alter zu verbergen. Und die Furchen, die ihm das Leben beigebracht hatte.

Und er sah Cailin in seinen Armen liegen. Ihren seidig schimmernden dunklen Körper weich und nachgiebig sich an ihn schmiegen wie eine schnurrende Katze.

Da nahm er sich ein Herz, trat schnellen Schrittes auf sie zu bevor er wieder den Mut verlor, schlang behutsam die Arme um ihren Körper und drückte seine Lippen begierig auf die ihren. Sein Körper sollte ihr sagen, was mit Worten so schwer zu sagen war.

Cailin wurde total überrumpelt von dieser Aktion und wusste nicht wie sie reagieren sollte, zumal diese freundschaftlichen Bekundungen ihrem Volk fremd waren. Verwundert gewährte sie zunächst seiner Zunge Einlass und stellte fest, dass sich ein eigenartiges Gefühl in ihr regte.

Unterstrichen wurde dieses Gefühl durch die Art wie er sich an sie presste und seine Hände streichelnd über ihren Rücken glitten. Ein warmer Schauer ging ihr durch und durch.

Mit einem Mal merkte die Purna, dass sich zwischen ihnen mehr abspielte, als nur der simple "Austausch von Körperflüssigkeiten" wie Catriona es mal scherzhaft genannt hatte, als sie sie danach gefragt hatte. Ihr Körper zeigte eine deutliche Reaktion auf seinen Ansturm.

Hastig stieß sie ihn schwer atmend von sich weg und ihr Federkamm plusterte sich zu seiner vollen Größe auf. Von ihren Lippen löste sich ein purnäsischer Laut der Empörung, einem Zischen gleich.

Verlegen murmelte Clancy mit hochrotem Gesicht ein "Es tut mir leid", machte auf der Stelle kehrt und rannte so schnell ihn seine Beine trugen aus ihrem Quartier.

Verwirrt starte die Purna ihm noch eine Weile nach, obwohl er sich nicht mehr in ihrem Sichtfeld befand. Dann strich sie über ihre Lippen und dachte an das zurück, was man unter Menschen "Kuss" nannte.

Irgendwie wurde ihr klar, dass sie zwar versucht hatte sich nach außen hin anzupassen, doch noch immer viel zu wenig über diese Rasse wusste. Ein Fehler, wie sie sich jetzt eingestand.

--- Holodeck 2

Veronica deutete ein Nicken an und ließ sich sanft von Anjol über die Wiese ziehen. Der Erdboden gab leicht unter ihren nackten Füßen nach. In der künstlichen Welt des Holodecks musste sie weder spitze Steine, noch stechende Insekten befürchten, sondern konnte sich völlig in die wieder gespiegelte Natur um sie herum versenken.

Die von harter Arbeit raue Hand des Bajoraners umfasste sie fester, als er ihr über einen Felsvorsprung half, und sie erreichten den sandigen Rand des Sees.

"Kommen Sie?", fragte Anjol, als sie einen Augenblick stehen blieb und auf das Wasser hinaussah, in dem sich die Sonne in schillernden Farben brach.

Unzufrieden runzelte sie die Stirn und ärgerte sich zugleich über sich selbst, dass sie den Augenblick verdarb. Auf den fragenden Blick des Bajoraners machte sie eine wage Geste. "Das geht so nicht. Ich meine, wir sind ja nicht einmal per du. Mit jemandem, mit dem man nicht per du ist, kann man doch nicht... schwimmen gehen", schloss sie etwas lahm.

Lächelnd nickte er ihr zu, trat dann einen Schritt näher an sie heran und antwortete: "Veronica", die Anrede betonte er leicht, "was ich Dir schon so länger sagen wollte ist; ich finde Dich wunderschön!"

Gleichzeitig berührten sich ihre Handflächen leicht, als der magische Moment erneut zwischen ihnen entfacht wurde. Sie lächelten sich an und Veronica legte ihren Kopf leicht auf Anjols Brust, während dieser ihr behutsam über den Rücken strich.

Der Schauder, der der Bewegung folgte, konnte nicht verhindern, dass die junge Frau insgeheim über ihren Erfolg lächelte. Gekonnt und mit nur so geringem Aufwand hatte sie bekommen, was sie wollte. Jetzt musste sie nur noch hoffen, dass die bajoranische Kultur sich nicht in entscheidenden Aspekten von der terranischen Unterschied.

Sie richtete sich ein wenig auf und erreichte mit ihren Lippen seinen Hals, um ihn sanft zu küssen. Anjols augenblicklich schwerer werdender Atem verriet ihr, dass sie sich da keine Gedanken machen musste.

Veronica ließ sich einen Augenblick Zeit, sich auf seine Hand zu konzentrieren, die tief an ihrer Taille entlang strich und eine willkommene Wärme in ihr aufkommen ließ. Ihr Blick schweifte hinüber zum See, der noch immer sehr einladend in der Sonne glitzerte, ihr momentan jedoch nicht mehr ganz so wichtig erschien.

Der Bajoraner entzog sich ihr ein wenig, um sie ansehen zu können, sich herabzubeugen und sie zu küssen. Sie entspannte sich und schloss die Augen, um den Moment ausgiebig zu genießen. Ohnehin hatte sie vor, heute noch eine ganze Menge zu genießen.

Sachte umspielten ihre Zungen einander, während die Last der letzten Tage endgültig von ihnen abfiel und sich der Kosmos um sie schloss. Weder den Maquis noch wahnsinnige Cardassianer nahmen sie noch wahr, als wenn ein Schutzschild der Leidenschaft um sie gelegt hatte.

Sanft strich Anjols Hand weiter über Veronicas Rücken, der sich elektrisiert unter seiner Berührung leicht beugte. Langsam trennten sich ihre Lippen und Anjol begann ihren Hals mit selbigen zu liebkosen, während die junge Frau schwerer zu atmen begann.

Man könnte sagen, dass sie auf diesen Moment hingearbeitet hatten, und nachdem die Schranke der unnötigen Höflichkeitsfloskeln und der Schein eines harmlosen Holodeckausflugs gefallen waren, sahen weder Anjol noch Veronica irgendeine Veranlassung, hinauszuzögern, was sie ohnehin beide vorhatten.

Der Bajoraner wehrte sich nicht, als Veronica ihn sanft am Arm mit sich auf den in der Nähe des Sees feuchten und nachgiebigen Erdboden zog. Beinahe andächtig beugte er sich über sie, um sie abermals zu küssen und fordernd ihre Brust zu umfassen.

Die Terranerin ließ ihn gewähren, rührte sich sekundenlang nicht und beobachtete vielmehr lauernd, wie seine Hände über ihren Körper glitten, mit erstaunlichem Geschick den Verschluss ihres Oberteils öffneten und seine Lippen ihre Brustwarzen fanden, um ihren Körper mit wenigen Berührungen einer warmen Erregung auszusetzen.

Zitternd zog sie ihn tiefer zu sich hinab, fand erneut seinen Hals und biss sich sachte, aber bestimmt fest. Anjol atmete tief ein, um seinen unkontrollierten Gefühlen Herr zu werden und reagierte, indem er seine Hand in ihren Schoß gleiten ließ und sie ebenso sachte massierte.

Veronica murmelte irgendetwas Zufriedenes und hob ihm ihr Becken dankbar entgegen. Die Arme immer noch um ihn geschlungen, ließ sie sich kaum Zeit und dirigierte ihn bald darauf zwischen ihre Beine. Ihre ohnehin wenigen Kleidungsstücke landeten vergessen ein Stück entfernt im Gras.

Eng an sie geschmiegt drang der Bajoraner endlich in sie ein. Wieder trafen sich ihre Zungen in einer Art spielerischem Kampf. Es erregte Anjol sichtlich, wie die junge Frau sich unter seinen Bewegungen wand. Er spürte es kaum, als sich ihre Finger in seinem Rücken verkrallten und später tiefe Kratzer hinterlassen sollten.

Leidenschaftlich rieben sie ihre Körper aneinander wie im gemeinsamen Kampf um die unerlangbare Verschmelzung. Das sinnlose, verlegene Gerede um Ausflüge und Bergseen, das sie hierher gebracht hatte, war längst weggewischt und vom bloßen körperlichen Verlangen verdrängt.

Veronica schrie auf, doch der Schrei brach sich in der weiten simulierten Berglandschaft und verhallte unbeachtet. Auch der Bajoraner gab einen unartikulierten Laut von sich, als er seine Bewegungen schließlich beschleunigte, sich aufbäumte und nach einem kurzen Moment der
Bewegungslosigkeit zu ihr hinab sank.

Beiden wäre jedes Wort in diesem Moment unangemessen erschienen. Reglos lagen sie da, bis Anjol sich schließlich sanft von ihr trennte und etwas atemlos auf den Rücken sank. Als Veronica sich zufrieden an ihn schmiegte, legte er seinen Arm um sie und streichelte ihren Rücken.

Die Terranerin war in der Tat äußerst zufrieden mit sich und ihrer Umgebung. Als sie sich an seine Schulter lehnte und einen Moment die Augen schloss, merkte sie erst, wie müde sie eigentlich war. Immerhin hatte sie stundenlang auf der Brücke gestanden.

Nach einigen Minuten bemerkte sie am tieferen Atem des Mannes, dass es Anjol ebenso ging und dass er unbemerkt eingedöst war. Sie überlegte nicht lange und setzte sich vorsichtig auf, um ihn nicht zu wecken.

Kurze Zeit später hatte sie sich wieder angekleidet und ihre Sachen zusammengesucht. Sie warf noch einen kurzen Blick auf ihren Gefährten, bevor sie das Holodeck in sichtlich guter Stimmung verließ.

--- zwei Stunde später

Sich genüsslich streckend wachte Anjol durch das nervige Piepen des Communicators auf, um dann seinen Blick über die bunte Wiese schweifen zu lassen.

'Richtig, das Holodeck!', wurde er sich wieder bewusst und als er mit dem nächsten Blick seine Kleidung ein paar Meter entfernt bemerkte, kehrte auch die restliche Erinnerung zurück.

Lächelnd erinnerte er sich an den Geschmack, als er sich mit der Zunge tief in Veronicas Scham vergraben hatte...

"Düdlidüt", äußerte sich das Ding an seinem Hemd zum wiederholten Mal bis der Bajoraner sich zu selbigem begab und den Communicator mit einem Klaps aktivierte:

"Anjol hier, was gibt es?"

"Wir erreichen in circa 15 Minuten den Maquisstützpunkt. Scheinbar hat man uns absichtlich die falsche Ankunftszeit gegeben um sich alle Optionen offen zu halten", teilte McCarthy scheinbar erfreut mit.

Und der Captain mochte Recht haben: Es konnte ein Zeichen des Vertrauen sein, sich jetzt vor der Venture zu offenbaren

"Beenden Sie unverzüglich Ihre Recherchen und beamen Sie frühst möglich zur Basis hinüber; Brücke Ende!", setzte Charles fort und schloss den Kanal augenblicklich, während Anjol noch immer lächelnd an seine Recherchen dachte.


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