Ivory Chronik 9

Die Meuterei

--- Bragma II, Quartier des 1.Technikers

Die Stimmung auf dem Schiff wurde immer gespannter.

Der 1.Techniker, ein afrikanisch-stämmiger Terraner und je ein Mannschaftsmitglied der anderen Stationen trafen sich nun zum wiederholten Male geheim in seinem Quartier um die Lage zu besprechen, in die sie durch ihren geisteskranken Captain gebracht wurden.

Das sich viele der Abgesandten privat nicht mochten, erleichterte das die Diskussion über ihre nähere Zukunft auch nicht gerade.

Der einzige Punkt, auf den sie sich bisher einigen konnten, war die Meuterei. Bragma und sein 1.Offizier hatten die schmale Grenze überschritten, die die bisher noch halbwegs loyale Mannschaft geradezu dazu getrieben hatte.

Einzig die Vorgangsweise war noch nicht so klar:

Sollte man das andere Schiff Bragmas mit einbeziehen, würde sich ihnen die dortige Mannschaft anschließen? Der dortige Kommandant war für seine Loyalität zum Captain bekannt, allerdings war deren letzte Begegnung nicht gerade gut für ihn gelaufen und er hatte durch Bragmas Paranoia einige Beleidigungen und Erniedrigungen schlucken müssen, was dem stolzen Mann sicher nicht leicht gefallen war.

Was passierte mit der Ivory? Konnte man sich mit dem derzeit noch gegnerischem Schiff verständigen? Das letzte was die Meuterer gebrauchen konnten, war ein Mehrfrontenkonflikt!

Eines war dem Chef der Technik allerdings klar, als er plötzlich Flaschen mit Selbstgebranntem auftauchen sah, die schnell von Hand zu Hand ging: Heute würde es so schnell keine Entscheidung geben!

--- Ivory, Martenghs Quartier

Martengh hatte ein klein wenig Angst. Sollte sich nun herausstellen, daß er sich in KEINER Simulation befand, hatte er die Ivory völlig grundlos dem Feind ausgeliefert.

Tief einatmend holte er die Kiste unter seinem Bett hervor.

Niemand außer ihm wußte, was sich darin befand. Es war nicht möglich, die Kiste zu scannen, und wenn man sie unbefugt öffnete, verwandelten sich Inhalt und öffnende Person durch eine großzügig bemessene Thermitladung, die den Großteil des Inhaltes ausmachte, in Schlacke.

Der Caldonier berührte die Kiste an einer vollkommen unscheinbar aussehenden Ecke - woraufhin gleich diverse Tests durchgeführt wurden - darunter ein Gentest und diverse kleine Tests, die darauf hindeuteten, ob der Besitzer der berührenden Hand noch unter den lebenden weilte.

Gleichzeitig sprach er in ein ebenso unsichtbares Mikrofon auf bajoranisch - darauf würde sein Bruder niemals kommen - die Öffnungsformel: "Shakala tie unsyor. Tevan akares kova antana kel."

Mit leichter Wehmut dachte er daran, wie er diese Worte zum ersten Mal gesprochen hatte...

Mit einem leisen Klicken öffnete sich die Kiste und ihr Inhalt strahlte Martengh an.

Es handelte sich um ein Funkgerät und eine kleine Holostatue. Die Statue zeigte eine wunderschöne Bajoranerin, die ihm schelmisch zulächelte.

Fu Drelahr.

Seine Frau.

Die Frau, die er liebte, die ihn liebte, und die er schon viel zu lange nicht mehr gesehen oder gesprochen hatte.

Die Frau, von deren Existenz niemand wußte - weder Shania, noch Monserat, und schon gar nicht sein Bruder Brengh.

Die Frau, die er in aller Stille auf Furlak 4 geheiratet hatte, damit ihre Seelen ein für allemal miteinander verbunden sein würden.

Die Frau, die alles dafür gegeben hätte, mit ihm zu leben und vielleicht an seiner Seite zu sterben.

Die Frau, der er genau das verboten hatte, weil er nicht wollte, daß Brengh von ihrer Existenz etwas erfahren sollte, damit er ihr niemals etwas antun konnte.

Die Frau, die der Grund war, warum er sich ständig in Bewegung hielt - eben damit Brengh sich auf IHN konzentrierte und nicht auf den Gedanken käme, nach jemandem zu suchen, der Martengh etwas bedeutete.

Die Frau, die er nun durch einen simplen Knopfdruck erreichen könnte, mit ihr reden, sich in ihren endlos tiefen Augen verlieren...

Leise schloß er die Kiste wieder.

Nun war er sich sicher, daß er sich in keiner Simulation befand.

Wie paralysiert begab er sich wieder zum Shuttlehangar.

--- Shuttlehangar, beim Ladekran

Der Wissenschaftler unterdrückte einen Fluch. Wie er es sich gedacht hatte: Der Ladekran war zu groß, als daß er von ihm bedient werden konnte. Er mußte also umdisponieren!

Fieberhaft legte er die einfach die Elektronik des Geräts frei und begann die Isolinearen Chips umzustecken.

Wenig später hatte er den Kran zu einem Robot umprogrammiert, den er behelfsmäßig über sein PADD fernsteuern konnte.

Langsam lenkte er den Koloß auf den Kampfschauplatz zu. Ein Robotduell, wie das wohl ausgehen würde?

Gorm hoffte, daß die Klingonin Charly lange genug ablenken konnte, sein Robot war nicht unbedingt leise und wendig....

--- Shuttlehangar

Darauf vertrauend, daß der Ferengi ihr bald zur Hilfe kommen würde, verließ Chedu ihre Deckung und lief auf die Laokoon-Gruppe zu, die der Putzroboter mit dem Chinesen bildete.

Die Gesichtsfarbe des Terraners wirkte schon ziemlich ungesund.

'Mister Wenn-wir-an-Bord-eines-Klingonenschiffes-gewesen-wären-hätte-ich-Sie-für-diese-Bemerkung-getötet läßt sich von Charly als Spielzeug benutzen. Wirklich ein angsteinflößender Anführer', dachte die Klingonin gehässig.

"Schön, daß du gerade beim Saubermachen bist, Blecheimer", rief sie, hob ihren Disruptor und durchtrennte mit einem sauberen Schuß den Tentakel, der eben noch den Hals des Chinesen umklammerte und nun zu Boden fiel.

"Huch, wie ungeschickt von mir. Tut mir sehr leid, daß ich dir nun noch mehr Arbeit mache..."

Mit rot blinkenden Augen drehte sich der Roboter der Klingonin zu und schleuderte ihr den Körper des nach Luft ringenden Chi-Lo entgegen. Sie sprang zur Seite, rollte sich ab und schoß erneut auf den außer Kontrolle geratenen Charly.

Der Strahl verfehlte Charly knapp und Chedu sah wie der Chinese seinen Flug in einen Stapel medizinischer Versorgungsgüter beendete, der darauf in sich zusammen stürzte. Dennoch war seine Landung sanfter ausgefallen, als wenn er gegen die Wand des Hangars geknallt wäre.

Kaum war die Klingonin wieder auf ihre Füße gekommen, schleuderte ihr die Putzeinheit ihre zwei verbliebenen Tentakel entgegen. Ein Disruptorstrahl zischte durch die Luft und schwungvoll schlug der nun abgetrennte metallene Arm in eine Kiste ein. Chedu sprang zur Seite, doch der andere erwischte sie noch unsanft an den Rippen.

Jetzt reichte es ihr langsam. "Mehr hast du nicht zu bieten, du Wischmopp auf Rädern?". Ihr fiel wieder das Bild der schwer verletzen Bajoranerin ein und der Schmerz in ihrer Seite ließ sie allmählich wütend werden. Nicht nur, daß er schon im seinem 'Normalzustand' unheimlich nervte, nein, er metzelte plötzlich alles nieder, was ihm in die Quere kam.

Wieder flog ein metallener Tentakel in ihre Richtung. Chedu sprang hinter einen Kistenstapel, der Sekunden später zur Seite gestoßen wurde. Erneut schnappte eine Klaue nach ihr, griff ins Leere und fiel zu Boden.

Doch der Umstand, daß er nun über keine Greifwerkzeuge mehr verfügte, ließen den von Bragma angestachelten Charly/Victor nicht so leicht aufgeben. Er raste auf die Klingonin zu und wollte sie in einen Containerstapel rammen.

Fluchend warf sie ihm ein paar Fässer in den Weg. Wo nur Gorm blieb...?

Der Ferengi hatte sich schon gefragt, wohin er seinen Koloß stapfen lassen sollte, als plötzlich ein Turm mit medizinischen Versorgungsgütern in sich zusammengebrochen war.

'Aha, da sind sie also', dachte sich Gorm, als er einen Arm des Terraners unter den Kisten hervorstehen sah. Sofort lenkte er den Robot um den Stapel herum und sah auch schon die Putze auf Rädern, die, jetzt um einige Tentakel ärmer wie ein geölter Blitz auf die Klingonin zuschoß.

Seine Bahn würde ihn knapp am Lastenkran vorbei bringen, also gab der provisorische Kranführer den Putzroboter als Zielobjekt in die Fernsteuerung ein und überließ den Rest der automatischen Präzision des zweckentfremdeten Arbeitsgeräts.

Kaum war der rabiate Wischmops auf Antigravfeldern in Reichweite, schnappten die Greifwerkzeuge des Kolosses zu und hoben ihn an. Gegen die Kraft der schweren Industriemaschine hatte selbst Charly keinen Auftrag und so hing er mit heulenden Aggregaten hoch über dem Kran in dessen Gewalt fest.

Grinsend wandte sich der Ferengi an die Technikerin: "Ich glaube, fürs erste ist unser 'großer Anführer' gerettet."

Während sich das ungleiche Paar sichtlich über seinen Sieg freute in dem Technik erfolgreich mit Technik bekämpft worden war, war endlich auch die Starre von Shania gefallen und sie hatte zu Chi-Lo eilen können, dessen Flug sie mit angehaltenen Atem aus der Ferne mitverfolgt hatte.

Seine Landung hatte nicht gerade lebensgefährlich ausgesehen, wohl aber seine sehr ungesunde Gesichtfarbe für die ein gewisser Roboter gesorgt hatte, den Shania für so ungefährlich wie ein Kleinkind gehalten hat.

Ohne lange zu überlegen, grub Shania den Chinesen aus den Kisten aus und bettete kaum gefunden, seinen Kopf auf schon sorgsam auf ihrem Schoß um ihm eine möglichst weiche Lage zu ermöglichen. Sie bereute jetzt ihr Hypospray an Martengh verschwendet zu haben, wo doch Chi-Lo es viel mehr brauchte und der Caldonier wohl ohnehin nicht ganz bei Sinnen war.

"Shania an Savannah: Ich brauche dich im Shuttlehangar. Charly hat Chi-Lo erwischt. Er sieht gar nicht gut aus. Shania Ende." Damit wandte sie ihre ganze Aufmerksamkeit wieder dem Chinesen zu, der so eigenartig ruhig vor ihr lag. So als würde er friedlich schlafen.

Oder war er gar...

Erschrocken suchte sie nach seinem Puls und atmete auf, als sie ihn finden konnte. Zwar nur schwach, aber er war da.

Dann betrachtete die Amerikanerin ihn weiter eingehend und stellte fest, daß sie viel mehr für ihn empfand, als sie sich eingestehen wollte. Sie haßte ihn...

Und wie sie ihn haßte. Leidenschaftlich.

Aber zugleich...

Ganz langsam beugte sich Shania zu ihm hinunter bis ihre Gesichter sich fast berührten und ihr warmer Atem bereits seine Lippen streifte. Sie schloß die Augen und wollte der Versuchung nachgeben.

Doch da kam ihr wieder in den Sinn wie er sie im Shuttle angeschrieen hatte und sie wich zurück, erhob die Hand um ihn wieder eine Ohrfeige zu verpassen.

Vielleicht war es ja das was ihn aus seiner Ohnmacht holen würde und was er sich verdient hatte.

Sie holte weit aus...

Doch statt ihn zu ohrfeigen, beugte sie sich schließlich doch im letzten Moment über ihn und preßte ihre Lippen hungrig und verlangend auf die seinen. Versuchte in ihm das Feuer zu entfachen, daß er bei ihr ausgelöst hatte, seit sie sich ständig über ihn ärgern mußte, seit er an Bord gekommen war.

Genießerisch kostete sie ihr Gefühl bis zum Letzten aus.

Wenn er nicht zur Besinnung kam, wußte er ohnehin nicht, was sie getan hatte...

Und wenn doch...

Was war diese Droge nicht heimtückisch...

Der Chinese hatte durch brodelnde Schwaden dräuender Finsternis gerade noch mitbekommen, wie Chedu den Tentakel durchschoß, der im Begriff gewesen war, ihn ins Jenseits zu schicken.

Er hatte überaus fasziniert das hübsche Farbenspiel aus Blitzen und Sternchen betrachtet, daß sich ihm offenbart hatte, als er von dieser mißlungenen Konstruktion von Putzroboter zu allem Überfluß in einen Stapel Kisten geschleudert worden war.

Eigentlich hätte Chi-Lo endlich wieder atmen können, aber dieser Aufprall hatte ihm mal wieder sämtliche Luft aus den Lungen gedrückt...

Er wußte nicht, wie lange er da gelegen hatte. Aber als seine Gedanken wieder zu arbeiten begannen, formte sich in seinem Hirn ein unmißverständlicher Befehl: 'Luft holen!'

Der Asiat setzte zu einem herrlichen Zug frischen, lebensspendenden Sauerstoffs an - aber etwas Warmes, Fleischiges lag auf seinem Mund und machte jeden Versuch, Luft zu holen, unmöglich!

Chi-Lo wollte dieses etwas wegschieben, aber es preßte sich förmlich auf ihn, und der hatte nicht mehr die Kraft, etwas dagegen zu unternehmen.

Resignierend fügte er sich in sein Schicksal. Das war also das Ende. Er konnte nicht mehr. Wenigstens wollte er aber sehen, was ihm da den Garaus machte.

Er schlug die Augen auf - und sein gesamtes Gesichtsfeld wurde ausgefüllt von den Augen Shanias, die sich direkt über seinen befinden mußten.

Als sich Chi-Lo's Lippen leicht geöffnet hatten, nahm Shania das als Zeichen und vertiefte ihren Kuß.

Die Amerikanerin ließ erst abrupt von dem Chinesen ab, als sie einer Intuition folgend die Augen wieder öffnete und in seine panikartig aufgerissenen sah. Anscheinend schien ihn ein Kuß von ihr mehr zu erschrecken, als zuvor Charlys Würgeversuche bei denen er von Glück reden konnte, daß sich der kleine Roboter so dilettantisch angestellt hatte.

"Na, also funktioniert doch. Schön, dich wieder am Leben zu sehen, Chi-Lo. Ich hatte für einen Moment geglaubt, daß Charly dich zum nächsten Kandidaten für eine Wiedergeburt gemacht hat..." Sie musterte lächelnd Chi-Lo's ungläubig aufgerissene Augen, dachte dann für einen Moment daran bei nächster Gelegenheit mal ihr Aussehen sicherheitshalber in einem Spiegel zu kontrollieren.

"Wiedergeburt... ich meine gehört zu haben, daß ihr Chinesen an so etwas glaubt. Buddha... Wiederauferstehung, irgendwann in eine höhere Bewußtseinsebene vordringen und so...", fügte sie hinzu und war sich nicht sicher, on er überhaupt begriff was sie da sagte.

Und dann war sie sich gar nicht so sicher, daß sie hören wollte, was er ihr wieder an den Kopf zu werfen hatte.

Hastig bettete sie seinen Kopf auf etwas Weicherem und stand dann wieder auf. Aus dieser Sicht wirkte er noch kleiner und zerbrechlicher.

"Ich werde mal sehen wo Savannah bleibt. Eigentlich hatte ich sie gerufen." Damit wandte sie sich ab.

Keuchend lehnte der halbtote Aisat an einer Kiste.

"Srwschstrchsrchgtrsk", kam es vollkommen unverständlich und krächzend aus ihm raus.

Er versuchte es noch einmal.

Kaum hörbar flüsterte er: "Savannah... hinter Kiste da... kam... dazwischen..."

Er könnte einfach nicht lauter sprechen. Die Schmerzen waren so schon unerträglich. Er wußte nicht, ob Shania ihn gehört hatte.

Aber er war der Amerikanerin sehr dankbar.

Mit ihrer beherzten Mund-zu-Mund-Beatmung hatte sie ihm sicher das Leben gerettet.

Das rechnete er Shania hoch an, zumal sie ihn doch eigentlich nicht leiden konnte.

Auch Chedu hatte sich sehr hilfreich verhalten, obwohl er sich doch mit ihr gestritten hatte.

Und auch Gorm hatte geholfen.

Jeder einzelne von ihnen hätte ihn sterben lassen können.

Chi-Lo verstand die Welt nicht mehr. Mit allen hatte er sich kurze Zeit zuvor noch gestritten, und nun retteten sie ihm das Leben...

Das hätte Chi-Lo auf einem solchen Schiff eigentlich nie erwartet.

Mit sichtlichem Vergnügen hatten Gorm und Chedu die "Mund-zu-Mund-Beatmungs"-Aktion zwischen den beiden Terranern beobachtet. Ihr selbsternannter Führer würde vermutlich in nächster Zeit ernsthafte Schwierigkeiten haben, von seinen "Untergebenen" ernst genommen zu werden.

Nach einem Grinsen hinauf zur Technikerin wandte er sich dann zu Chi-Lo: "Und, großer Anführer? Was passiert jetzt weiter? Jetzt wo Martengh wieder unter den Aktiven weilt, wird unser Plan schätzungsweise etwas komplizierter."

Dann erinnerte er sich wieder an seine letzten Worte an Shania: "Ach ja, Mrs. Shania. Was war das mit dem Gas? Könnte es Martengh und Monserat auch erwischt haben? Und wenn ja, wäre das ein Grund für eine ganz offizielle Amtsenthebung, bis sie wieder geheilt sind? Ich meine, wenn das überhaupt möglich ist."

Mit leisem Grauen erinnerte sich der Ferengi, daß er ja vor kurzem selber ein Opfer des Gases geworden war.

Wortlos starrte Shania noch immer in die Richtung in die der Chinese gesehen hatte, als er von "Savannah... hinter einer Kiste..." gesprochen hatte. Es graute ihr näher darüber nachzudenken was "kam dazwischen" zu bedeuten hatte.

Sie war nicht aufgetaucht und das sprach gerade für eine Ärztin Bände, die hilfsbereit bei einem Schrei gleich zur Stelle eilte...

"Kann schon sein", murmelte sie geistesabwesend als Antwort auf Gorms Frage, ohne sie wirklich richtig registriert zu haben.

Sicher hätte sie sonst die Überlegung angestellt aus welchem Grund von Drogen Berauschte andere von Drogen Berauschte absetzen und ihren Platz einnehmen sollten.

"Ist Savannah...?" Mehr sprach sie nicht, als ihr Blick sich in den von Chi-Lo bohrte.

"Weiß... nicht", hauchte Chi-Lo rauh und tonlos.

Mühsam erhob er sich und taumelte Richtung Savannah.

Er fiel vor ihr schwer auf die Knie und versuchte mit fahrigen Bewegungen, ihren Puls zu messen.

Zitternd hielt er seine Finger an ihre Pulschlagader am Handgelenk.

Doch es war hoffnungslos. Mit seinen tauben Fingern und zitternden Händen konnte er rein gar nichts fühlen.

Oder war da nichts mehr zu fühlen?

Panik schoß in Chi-Lo hoch. Ein Gefühl, daß er sich gar nicht erklären konnte, denn schließlich lag ja nicht er dort auf dem Boden.

Doch da bemerkte er, wie sich ihr Brustkorb hob und senkte.

Heiser krächzte er: "Sie lebt."

Erleichtert schloß Shania die Augen und atmete erst einmal tief durch, doch dann fiel ihr ein erneutes Problem ein und sie sah furchtsam die anderen an...

"Was sollen wir tun? Savannah war... ist", korrigierte sie sich blitzschnell, "die einzige Ärztin an Bord. Dieses Schiff verfügt über kein MHN...

Sie wird vielleicht sterben, wenn sie nicht schnell Hilfe bekommt!" Auch die Mine der anderen verdüsterte sich schlagartig, da der momentane Sieg über Charly sie über dieses Problem hinweggetäuscht hatte.

"Sie muß dringend auf die Krankenstation von Sternbasis 12 oder... oder...", Shania stockte plötzlich, die Möglichkeit war zu absurd, aber vielleicht der einzige Garant dafür, daß Savannah überlebte, "auf die Bragma II..."

Der Chinese schüttelte den Kopf.

"Arzt auf... Bragma II... tot. Und... Lork war eher... Sklavenbeschauer... als Arzt...", gelang es ihm, seinen gefolterten Stimmbändern zu entlocken.

Lork, der Schiffsarzt und oberste "Fleischbeschauer", war von Bragma II in einem Wutanfall umgebracht worden, weil dieser ihn nicht von seinen Zuckungen hatte befreien können.

Und sollte trotzdem irgend jemand gerettet werden von Bragma (was mehr als unwahrscheinlich war - erstens hatte niemand an Bord die notwendigen medizinischen Fachkenntnisse, und zweitens übernahm Bragma nur Ware, wenn sie in tadellosem Zustand war), dann nur, um hinterher in die Sklaverei verkauft zu werden.

Und für Chi-Lo wäre eine Reise auf die Bragma II sowieso ein Suizidkommando.

Nein, keine zehn Nausicaner würden ihn auf die Bragma II bekommen - so viel stand fest.

Wenn Shania mit Savannah unbedingt auf die Bragma II wollte - er würde sie nicht hindern.

Aber auf diesem Weg konnte er sie nicht begleiten.

Nicht zu dem Preis.

Wenn ein solcher Schritt zur Rettung Savannahs beigetragen hätte, dann hätte es ja noch anders ausgesehen.

Aber so war es ja nicht. Dieser Schritt würde Savannah niemals retten können. Auf der Bragma II gab es keine Ärzte.

Es gab nur Sklavenhändler dort.

Es gab nur einen Ausweg. Die Flucht zur Sternenbasis 12!

"Chi-Lo... an Monsera.", die Schmerzen in seinem Hals waren reinste Folter.

Der Communicator in seinem Ohr reagierte.

"Charly ist Killerbot... Angriff... Savannah in Lebensgefahr...

Können wir Ramses... entkommen?

Sternenbasis 12?"

Die Schmerzen trieben ihm Tränen in die Augen.

--- Brücke

Monserat war zugegebenermaßen verwirrt.

Er hatte damit gerechnet, daß es wieder zu einer Verzögerung beim Abflug des Shuttles kommen würde, aber mit dieser Ausrede hatte selbst er nicht gerechnet.

Charly ein Killerbot? Lächerlich!

Die Ärztin in Lebensgefahr? War ihr Martengh auf die Füße gefallen?

Dieser Chinese mußte verrückt geworden. Noch dazu mit was für einer krächzenden Stimme sprach er überhaupt? Meinte er sich verstellen zu müssen?

Was sollte der ganze verdammte Unsinn!?

"Monserat Ende", bellte der Captain einfach nur in seinen Communicator ohne sich noch länger um das Schlitzauge zu kümmern.

Statt dessen betätigte er seinen Communictor und wandte sich direkt an die einzige Person, der man hier an Bord noch vertrauen konnte:

"Monserat an Shania: WAS ZUM TEUFEL GEHT DA UNTEN VOR?!!"

--- Shuttlehangar

Die Amerikanerin zuckte erschrocken zusammen, als plötzlich der Captain aus ihrem Communicator brüllte, daß erst die automatische Regelung des Communicators seine Stimme auf ein erträgliches Maß reduzierte.

Warum kleine Leute immer so schreien mußte, wenn sie sich bemerkbar machen wollten...

Shania wandte sich mit dem Rücken zu Chi-Lo, der sie mit einem schmerzverzerrten Gesicht musterte und ihr das Gefühl gab, daß sie ihn verraten und seine Lage schamlos ausgenutzt hatte.

Die Tatsache, daß er in Wirklichkeit nichts von dem Kuß bemerkt hatte, machte alles nur noch viel schlimmer, weil sie nicht darüber sprechen konnte und sich auch nicht bei ihm entschuldigen konnte, ohne erneut seinen Zorn herauf zu beschwören.

Sie wußte selbst nicht was in sie gefahren war. Selbst, daß sie in ihn verliebt war, war doch kein Grund ihn...

Verliebt? In ihn?

IN IHN???

Die Erkenntnis traf Shania wie ein Schlag und wirkte nicht weniger schlimm, als Chi-Lo's Anblick, der über Charlys Körper in der Luft hing und dem langsam alles Leben aus dem Körper gepreßt wurden.

Wie in Trance begann Shania dem Captain in kurzen Worten zu schildern, was hier unten vor sich gegangen war, während ihre Gedanken sich immer wieder zu überschlagen versuchten:

"Charly ist durchgedreht. Er hat Savannah fast umgebracht. Sie schwebt in Lebensgefahr. Chedu und Gorm haben ihn ausgeschaltet, bevor er auch noch Chi-Lo umbringen konnte. Ich glaube, Charly wurde von jemand befehligt. Jedenfalls hörte ich eine Stimme ihm Befehle erteilen, die aus ihm zu kommen schien...

Er hängt jetzt hier an so einem technischen Teil zum Kisten hochheben...", fügte sie anschließend ihren Bericht hinzu und biß sich nervös auf die Lippe.

Die Tatsache, daß sie Martengh aus seinem Dornröschenschlaf geweckt hatte, behielt sie lieber vorerst für sich. Monserat würde noch wütend genug auf sie sein.

Nicht vorzustellen, wenn der Caldonier ein fröhliches Liedchen vor sich hinsummend auf der Brücke erschien.

Den Franzosen würde sicherlich auf der Stelle der Schlag treffen.

Falls ihn nicht allein der Gedanke sie langsam umzubringen mit solch diabolischer Vorfreude erfüllte, daß sie bei Bragma sicherer war als hier...

--- Brücke

Die ganze Angelegenheit wurde immer mysteriöser. Anscheinend hatte sein Todfeind Bragma sogar seinen eigenen geschwätzigen wie nichtsnutzigen Putzroboter gegen ihn aufgehetzt und es geschafft ihn trotz Martenghs Sicherheitsvorkehrungen zu sabotieren.

Das alles nur eine Lüge von Shania war, daran glaubte er für keinen Moment. Wahrscheinlich hätte er sich sonst einfach als einzig vernünftige Person an Bord einfach selbstmörderisch mit der Ivory auf seinen Jugendfreund gestürzt.

Aber wer war dann dieser Spion von dem Bragma gesprochen hatte?

Dieser Victor.

Martengh oder Charly?

Es mißfiel Monserat Martengh nach Charlys Entgleisung einfach wieder Vertrauen zu schenken, trotzdem mußte er sichergehen, wen Bragma mit dem Shuttle erwartete.

Martengh oder Charly?

"Wie wurde Charly der Befehl erteilt?!" Die rechte Hand des Captains krampfte sich angespannt um seine Armlehne bis die Adern deutlich sichtbar hervortraten und seine Knöchel fast weiß waren. "Wurde ein Name genannt?! Ich muß es wissen: IST EIN NAME GEFALLEN?!"

Monserat hielt gespannt den Atem an, während er auf Antwort wartete. Sehr viel hing davon ab.

--- Shuttlehangar

Nachdenklich blickte Shania, sie sich längst wieder umgedreht hatte um nach Chi-Lo zu sehen, in die Runde. Sie konnte sich nur daran erinnern den Befehl gehört zu haben, aber sie wußte nicht mehr, ob sie überhaupt gehört hatte, wie Charly angesprochen worden war.

Oder meinte Monserat vielleicht etwas ganz anderes?

'Verdammt, ich kann mich einfach nicht konzentrieren. Dieser Chinese treibt mich noch in den Wahnsinn...'

Abwartend blickte sie von einem zum anderen, ob ihr jemand helfen konnte.

Irgendwie schien Gerald viel an dieser Antwort zu liegen, wenn sie seinen konfusen Gedankengängen auch nicht folgen konnte.

Wahrscheinlich lag es einfach an dieser Droge oder diesem Gas.

Und es war wieder mal typisch, daß ihn eine schwer verletzte bajoranische Ärztin keinen Deut kümmerte...

Gorm hatte neugierig bei Monserats Mitteilung an Shania mitgehört. Als er die wichtige Frage nach der Identität des Attentäters gestellt hatte, hätte er ihm beinahe dazwischen geschrieen. Aber wenn dem Ferengi etwas wichtig war, dann Höflichkeit. Er hätte es sich nie verziehen, wenn er diese Unhöflichkeit begangen hätte.

Nachdem Shania die Frage an sie weitergab, wartete der Ferengi erstenmal, ob sich vor ihm jemand zu Wort melden wollte...Nein, Chi-Lo bekam im Moment kein Wort heraus und Chedu war irgendwie abgelenkt. Was starrte sie ihn eigentlich immer in dieser Mischung aus Unglaube und Freundlichkeit an? Das war schon irgendwie irritierend.

Laut sprach er die Terranerin an: "Also ich für meine Person hab nur die Worte "Töte, Viktor! Töte!" gehört. Ich nehme an Viktor ist der Name, den unser Captain hören will."

Von den Blicken der Klingonin bis ins tiefste seiner Seele verwirrt, kratzte sich der Wissenschaftler hinter seinem rechten Ohr: 'Gar nicht gut! Das ist gar nicht gut fürs Geschäft....'

"Victor. Er nannte Charly Victor", wiederholte Shania und rechnete nicht damit bei Monserat die Reaktion auszulösen, die sie schließlich auslöste.

Sie hörte ihn nur schwer atmen.

Sonst nichts.

Kein lautes Brüllen, keine neuen Fragen.

Nichts.

Irgend etwas schien ihn völlig aus dem Konzept geworfen zu haben mit dieser an sich einfachen und belanglosen Antwort.

Wie konnte sie auch nur im entferntesten ahnen, daß der Händler plötzlich an sich und an der Richtigkeit seiner Entscheidungen ernsthaft zu zweifeln begann?

Daß er sich fühlte, als wäre er es der seinen besten Freund verraten hatte und das ohne ihm nach all den Jahren auch nur die geringste Chance einzuräumen eine Erklärung für seine Handlung abzugeben?

Mit einem Mal bemerkte Shania die Chance, die sich jetzt bot mit ihren nächsten Worten auf Gehör zu stoßen und etwas zu bewirken. Also wählte sie ihre Worte sorgfältig und mit Bedacht, damit er nicht einfach wieder die Verbindung trennte wie vorhin bei Chi-Lo.

Chi-Lo...

Sie schüttelte unmerklich den Kopf und vertrieb damit auch jeden weiteren Gedanken an ihn. Es würde all ihr Geschick brauchen um den Captain dazu zu bewegen wieder Sternbasis 12 anzulaufen.

Und zwar bevor er seine Rache beendet hatte.

Vielleicht schaffte sie es ja sogar Martengh wieder bei ihm zu rehabilitieren, von dem sie nicht glauben konnte, daß er je etwas getan hatte, daß sich gegen den Captain oder sein Schiff richtete. Der Caldonier war immer ein Musterbeispiel an Loyalität gewesen.

"Es gibt da noch mehr, daß du unbedingt wissen solltest, Gerald", sagte sie eindringlich und durchbrach die Stille, die nur durch Chi-Lo's noch immer ziemlich gewaltiges Röcheln gestört wurde.

Da der Captain weder die Verbindung unterbrach noch sie anherrschte oder danach fragte, wagte sie schließlich den Vorstoß nachdem sie noch einmal tief durchgeatmet hatte.

"Wir haben hier am Shuttlehangar und laut Computer an noch einigen anderen Stellen an Bord Spuren von einem Gas entdeckt, daß eine hypnotische Wirkung ausüben kann und einem die Sinne vernebelt. Es ist sehr gefährlich und scheint mit Absicht hier an Bord hinterlegt worden zu sein..."

Keine Reaktion.

"Eigentlich kann man dabei gar nicht von 'Spuren' reden, weil die Konzentration dazu viel zu stark ist. Ein experimentelles noch unerforschtes Gas laut Savannah..."

Wieder keine Reaktion.

"Verdammt Gerald! Savannah wird sterben, wenn sie nicht in Kürze medizinisch versorgt wird! Willst du Schuld an ihrem Tod sein? Nur wegen einer lächerlichen alten Geschichte, die dir das Hirn benebelt hat und dich in meinen Augen zu einem Unmenschen hat mutieren lassen!" Langsam wurde Shania wütend und die ganze Aufregung der letzten Zeit entlud sich genau jetzt und an niemand geringerem als dem Captain selbst.

"Hörst du überhaupt was ich dir sage?! Wenn du dich nicht geändert hast, dann läßt du uns auf der Stelle umkehren und zurückfliegen. Ansonsten..." Naja, so weit waren ihre Pläne bis jetzt auch noch nicht gediehen. Im Grunde wußte sie nicht, womit sie einem Mann wie den Franzosen noch drohen konnte.

Aber gerade jetzt schien er auf ihre Worte einzusteigen und sie begriff, daß er ihr die ganze Zeit mit Interesse gelauscht hatte:

"Ansonsten was?", wiederholte er vollkommen ruhig und gelassen.

"Ansonsten...", Shania versuchte zu improvisieren, "werden wir uns ein Shuttle nehmen und uns den Weg frei schießen. Jawohl, wenn du uns nicht freiwillig zurückbringst, dann wird dein Hangar gleich ziemlich viel von deinem Gerümpel ins Weltall befördern.

Ich für meinen Teil werde garantiert nicht die Schuld an Tode Savannahs auf mich nehmen.

"Wir kehren um...", meinte plötzlich der Captain mit einer sehr tonlosen Stimme und Shania glaubte ihren Ohren nicht zu trauen.

So einfach sollte das gewesen sein?

"Danke, Gerald. Du bist ein..."

"... wenn ihr mir sagt wie wir die Ramses loswerden, die uns sicher verfolgen, wenn sie das Shuttle nicht wie vereinbart bekommen..."

Der Chinese hatte die Unterhaltung, die über die Communicatoren alle hatten mitanhören können, aufmerksam verfolgt.

Blitzschnell wog er die Pros und Contras gegeneinander ab.

Er fand eigentlich keine Contras. Hierzubleiben bedeutete, es mit zwei Schiffen gleichzeitig aufnehmen zu müssen. Reiner Selbstmord.

Er seufzte innerlich. Er verfluchte sich für den Vorschlag, den er gleich machen würde, aber es gab eben Situationen, in denen mußte man Risiken eingehen.

"Der..." Krächzend räusperte sich Chi-Lo und verzog dabei schmerzhaft das Gesicht. Dann setzte er erneut an:

"Der Captain der Ramses muß eine... Motivation haben, hier wegzufliegen, Sir.

Ich schlage vor, eines der Ivory-Shuttles mit mir an Bord auszusetzen und Bragma genug Zeit zu geben, mich zu scannen. Sobald der Scan abgeschlossen ist, werden die Halunken meiner habhaft werden wollen. Bragma will mich tot sehen, das hat er selbst gesagt."

Das Reden fiel immer leichter.

"Dann gehe ich auf Warp.

Die Bragma wird mich nicht verfolgen können, denn wenn die Bragma II wieder Warp hätte, dann wäre sie nicht mehr im Kolkatoah-Nebel gewesen, als wir ankamen.

Folglich muß Bragma die Ramses hinterherschicken - der Weg für die Ivory wäre frei!

Bleibt nur ein Problem: Wie schnell ist die Ramses, und wie schnell das Shuttle?

Ich möchte nur ungern eingeholt werden.

Ach ja: Falls die Tarnvorrichtung so umgebaut werden könnte, daß sie meine Lebenszeichen simuliert, wäre ich natürlich höchst erfreut, weil ich dann nicht selbst im Shuttle sitzen müßte...

Hat jemand einen besseren Vorschlag?"

Der Chinese schloß die Augen.

'ICH', dachte er inbrünstig, 'Bitte, ihr Götter, laßt irgend jemanden ICH sagen!'

"Hm, ich...", der Ferengi sah zu dem Chinesen, "kenne mich leider nicht so gut in dieser Technik aus... vielleicht schaffen wir das zusammen, Chedu?" Bei diesen Worten sah Gorm zu der Klingonin hoch.

'Zusammen?' Begeistert sah Chedu den Ferengi an.... und versuchte sich wieder zusammen zu reißen und auf die von Chi-Lo gestellte Frage zu konzentrieren, nachdem sie bemerkte, daß ihre Gedanken und die Realität etwas zu sehr auseinander gedriftet waren.

Sie drehte sich dem Terraner zu. "Dieses Tarnfeld ist eine äußerst interessantes Stück Technologie, das ich gern mal auseinander nehmen würde, um seine Funktionsweise zu verstehen. Noch weiß ich aber nicht, wie es bewirkt, daß es keine Lebenszeichen nach draußen durchläßt. Also kann ich auch nicht sagen, ob man den Effekt umkehren könnte."

Amüsiert, verfolgte die Klingonin, wie man ihm gerade ansehen konnte, daß er sich um sein Weiterleben sorgen machte.

"... Aber, eine viel einfachere Methode, die keine Forscherarbeit bedarf wäre...." Sie suchte aus den Haufen zum Teil zerborstenen Kisten mit medizinischen Bedarf einen medizinischen Tricorder heraus und testete kurz, ob er heil geblieben war.

"... ich nehme diesen Tricorder, scanne und speichere Ihre Biozeichen", sie fuhr mit dem Gerät über den Körper des Chinesen, "... und programmiere den Tricorder dann so, daß er Ihre Lebenszeichen aussendet."

Die Technikerin tippte kurz an dem Tricorder herum und reichte ihn dann mit einem zufriedenen Gesichtsausdruck Chi-Lo.

"Bevor Sie den aber auf die Reise schicken, will den Tarnfeldgenerator aus dem Shuttle bergen."

Dieses verdammte Gas!

Chedu schien schon ziemlich stark davon betroffen zu sein, denn Chi-Lo fiel auf, daß die Klingonin, davon auszugehen schien, daß er mit dem Bragma-Shuttle der Ramses einen Fluchtversuch vortäuschen wollte...

Die Frage war nur, wie man der Klingonin ihren Irrtum ohne eigene Gefahr für Leib und Leben klar machen konnte.

"Chedu, wir haben auf der Sternenbasis alle Zeit der Welt, den Tarnfeldgenerator auszubauen. Präparieren Sie lieber das Ivory-Shuttle, damit es meine Lebenszeichen aussendet", versuchte er ihren Fauxpas galant zu überspielen.

Und Gorm: Programmieren Sie bitte einen Kurs, der der Ramses hören und sehen vergehen läßt!

Ich selbst werde mich vor der Aktion hinter das Tarnfeld begeben, damit meine Lebenszeichen nicht an zwei Orten gleichzeitig gescannt werden..."

Nur ein Umstand machte ihm jetzt noch Sorgen: Monserat hatte sich noch nicht zu der Tatsache geäußert, daß laut Chi-Lo's Plan wohl ein Shuttle würde geopfert werden müssen.

Hatte er wirklich nichts dagegen oder lag er gerade mit einem Herzinfarkt auf der Brücke?

"Ok, das sollte kein Problem sein", stimmte der Wissenschaftler zu. Auch er hatte es satt, als lebende Zielscheibe durchs All zu driften.

Er zückte lächelnd wieder sein Padd: "Ich habe da ein paar Algorithmen drauf, die werden ihnen die Tränen in die Augen treiben..." Dann verging ihm allerdings das Lächeln: "Die Sicherheitsvorkehrungen sind aber immer noch aktiv, die sollten vorher abgeschalten werden. Ich habe nicht vor, gegrillt zu werden, oder wie Chedu eingesperrt."

Der Chinese sprach Gorms unausgesprochen Worte aus: "Wie schaffen wir es, Martengh, nach allem was passiert ist, dazu zu bewegen, mit uns zusammenzuarbeiten? Er wurde niedergeschlagen, betäubt und wird hier einen amputierten Charly vorfinden.

Martengh könnte uns vielleicht umbringen wollen, aber wohl kaum dabei helfen, die Sicherheitssperren zu beseitigen."

Chi-Lo schaffte schon wieder, zu grinsen.

"Aber ich habe einen Plan. Wir unterschreiben Martengh alle eine Erklärung, daß wir die Ivory unverzüglich verlassen und niemals wiederkehren werden, sobald wir auf der Sternenbasis 12 angekommen sind. Natürlich nur, wenn er uns hilft."

Chi-Lo deutete mit einer ausladenden Geste auf den verwüsteten Shuttlehangar. Kisten lagen wirr herum und waren teilweise aufgeplatzt, Flüssigkeiten verschiedenster Art verschmierten alles, ein kaputtes und ein leicht beschädigtes Shuttle standen herum, Robotertentakel garnierten das ganze, und gekrönt wurde das Ensemble durch Charly, der hoch oben über allem baumelte und alles mit einem leichten Sprühnebel aus hervortretender Hydraulikflüssigkeit benetzte.

"Das ist das Ergebnis von dreißig Minuten unserer Tätigkeit. Martengh wird alles tun, um uns bei der Abreise behilflich zu sein, glaubt mir..."

Shania konnte sich ein unwillkürliches Grinsen nicht verkneifen. So ganz unrecht hatte der Chinese mit seiner Annahme ja nicht.

Sie war sich sogar sicher, daß der Caldonier diese eigenartige Crew sogar nötigenfalls mit Gewalt von dem Schiff entfernen würde auf dem er für Sicherheit zu sorgen hatte.

"Martengh wird sicher niemand im Wege stehen. Im Gegenteil wäre es sogar gut, wenn Chedu vom Schiff verschwindet, bevor er Zeit und Gelegenheit hat seine Überwachsungsbänder einzusehen und denkt, daß sie eine... Himmel, vielleicht tut er das sogar in diesem Augenblick." Allein bei dem Gedanken war die Amerikanerin merklich blasser geworden.

"Wir sollten ihn sofort verständigen, vielleicht kommen wir noch rechtzeitig." Als alle sie erwartungsvoll ansahen, meinte sie entschuldigend: "Aber ICH weiß doch gar nicht was ich ihm sagen soll? Das letzte Mal summte er ein Kinderlied und ging einfach weg ohne zu antworten.

Die Aufgabe sollte lieber einer von euch übernehmen..."

Shania hatte vollkommen recht, das war dem Chinesen klar.

Martengh würde sie alle töten, wenn sie das Schiff nicht freiwillig verließen - und wenn er dafür das Hangartor wegsprengen mußte.

Nur, wer sollte, dieses Himmelfahrtskommando übernehmen?

Wessen Rasse war solchen Belastungen am Ehesten gewachsen?

Und wer mußte am meisten Martenghs Rache fürchten, wenn er das Überwachungsband überprüfte?

"Chedu, ich denke, Sie sind die am meisten Gefährdete unter uns, folglich sollten Sie diese Aufgabe übernehmen. Ach ja, wo Sie schon einmal gerade dabei sind: Bringen Sie ihm doch auch schonend bei, was mit Charly passiert ist..."

Er gab sich wirklich alle Mühe, beiläufig und nebensächlich zu klingen.

'Ich hätte nicht übel Lust ihn auf die Liste der ausgestorbenen Spezies zu setzen', dachte die Klingonin gereizt. Wie konnte sie nur auf die verrückte Idee kommen, daß dieses Schlitzauge hilfreich sein konnte?

Sie schleuderte dem Chinesen einen wütenden Blick zu, der deutlich aussagte, daß auch er nicht überleben würde, wenn Martengh ihr die Schuld für alles hier geben sollte.

Um sich etwas zu beruhigen, damit ihre Stimme nicht als aggressiv aufgefaßt zu werden konnte, drehte die Technikerin sich Gorm zu. Ihn so konzentriert und voller Tatendrang an seinem Padd arbeiten zu sehen, brachte sie sogar zu einem inneren Lächeln.

"Chedu an Martengh", aktivierte sie ihren Ohrcommunicator. "Kommen Sie bitte sofort in den Shuttlehangar und helfen Sie uns ein Shuttle der Ivory startklar zu machen.

Der Captain hat seine Pläne geändert. Vorrangiges Ziel ist jetzt mit der Ivory so schnell wie möglich wieder Sternbasis 12 anzulaufen. Die Ärztin schwebt nach einem Zwischenfall mit dem Putzroboter in Lebensgefahr und benötigt dringend professionelle medizinische Versorgung."

Chedu bemühte sich, eine neutralen und doch nicht zu teilnahmslose Tonlage zu halten.

"Des weiteren wird diese Crew dort abmustern.

Und um noch einmal auf das Shuttle zu kommen... es wird benötigt um die 'Ramses', die uns immer noch bedroht, abzulenken."

--- Deck 4, Gänge

Martenghs Schritte verlangsamten sich, nachdem sie sich eben stark beschleunigt hatten. Seine Überwachung hatte ihm vorhin beinahe panisch gemeldet, daß im Shuttlehangar Waffen abgefeuert worden waren.

Und nun dieser Ruf.

Zwischenfall mit einem Putzroboter?

Medizinische Hilfe??

War die Ärztin so schmutzig gewesen, daß Charly nicht umhin gekommen war, sie komplett als Abfall zu betrachten, oder hatte er sie einfach krankenhausreif geredet?

Kopfschüttelnd ging der Caldonier weiter.

--- Bragma II, Brücke

"Töte, Victor! Zerfleische, vernichte!"

Die Stimme des wahnsinnigen Captain Bragma überschlug sich fast. Geifer rann aus seinem Mund.

Krol stand an seinem Scanterminal und wußte nicht, was er tun sollte. Die Anzeigen waren recht deutlich. Victor sandte Daten aus, die eindeutig signalisierten, daß er stark beschädigt war.

Aber der Cardassianer traute sich nicht, dem Captain diesen Umstand mitzuteilen. Nicht, wie sich der Captain gerade präsentierte. Der Mann war eindeutig wahnsinnig. Unberechenbar.

Zunächst hatte dieser Mistkerl namens Monserat Bragma gegenüber behauptet, daß er Victor entdeckt habe. Kaum war die Verbindung zu Monserat beendet gewesen, hatte Bragma seinen Disruptor gezogen und ohne zu zögern Professor Nallow erschossen.

"Von wegen, 'unbemerkt von den meisten Raumschiffen, weil die Störungen sich durch den Subraum bewegen, der ja von den meisten Raumschiffen nicht gescannt wird.', äffte er im Anschluß Nallows Tonfall nach.

Laßt Euch das eine Lehre sein!" Er sah finster in die Runde, die auf der Brücke anwesend war.

"Ich dulde kein Versagen!"

Erst im Anschluß daran hatte Krol den Auftrag erhalten, mit Charly Kontakt aufzunehmen - und festgestellt, daß dieser noch unentdeckt war und sich frei im Schiff umherbewegen konnte.

Als Bragma dies hörte, war er bleich geworden wie ein kortalianischer Albino. Er war ein paar Schritte nach hinten getaumelt und förmlich rückwärts in seinen Kapitänssessel gefallen. Seine Hände verkrampften sich in den Lehnen so sehr, daß die Knöchel der Finger weiß hervortraten.

"Monserat!", hatte er tonlos geflüstert. "Das war dein letzter Bluff! Den Tod meines Chefwissenschaftlers überlebst du nicht!"

Bragma schien völlig vergessen zu haben, daß er selbst den Wissenschaftler getötet hatte.

"Du verdammter Sohn einer durchgebumsten Kanalratte!" In den Redepausen von Bragma hätte man eine Stecknadel auf der Brücke fallen hören können. "Ein sauberer Trick von dir! Mir weiszumachen, du hättest Victor entdeckt. Aber das war Deine letzte List!"

Und urplötzlich hatte er gebrüllt: "KROL! Commkanal zu Victor öffnen!"

Und dann hatte mit seiner seither nicht enden wollenden "Töte, zerfleische, reiße, zerhacke, vernichte"-Tirade begonnen.

Die Stimmung auf der Brücke war angespannt. Es war klar, daß Bragma nicht etwa über den Verlust des Humanoiden Nallow empört war. Ihm wurmte vielmehr der Verlust des Funktionsträger Nallow. Und die Tatsache, daß Monserat es geschafft hatte, ihn dazu zu bringen, Nallow auch noch eigenhändig zu töten. Dieser Monserat mußte ein wahrer Teufelskerl sein.

Selbst Denningham war sichtlich übernervös - dabei war dieser Mistkerl normalerweise die Abgebrühtheit in Person.

Eines war nämlich sicher: Bragma war über alle Maßen zornig. Und wenn er so zornig war, wollte er Tote sehen. Wer als nächstes auf dieser Brücke einen Fehler machte, würde sterben.

Nein, Krol würde keinesfalls Meldung machen, das Viktor schwere strukturelle Schäden rückmeldete. Er wäre der Überbringer der schlechten Nachricht, und allein dafür würde er sterben.

Plötzlich zuckte der Cardassianer zusammen, als er Denningham direkt hinter sich stark näselnd sagen hörte: "Na, Krol, was sehe ich denn da? Warum meldest du das dem Captain denn nicht?"

Krol stand da wie gelähmt. Gerne hätte er was gesagt, sich verteidigt, erklärt, wie es dazu kam, daß er die Meldungen Victors nicht weitergegeben hatte, aber er brachte nur ein paar unartikulierte und unzusammenhängende Silbenfetzen hervor. Denningham hatte soeben Krol zum Tode verurteilt und damit seine eigene nichtsnutzige Haut gerettet.

Bragma bemerkte diese Szene und unterbrach seine Tirade.

Seine Augen wurden zu schmalen Schlitzen, als er sich aus dem Kommandosessel erhob und bedrohlich vorgebeugt auf den ersten Offizier und den paralysierten Sklavenjäger zukam.

"Was hättest du mir melden sollen, Krol?", fragte er mißtrauisch und bedrohlich leise.

Krol benäßte seine Hosen. Sein Atem ging nur noch stoßweise, und er fing an, stark zu schwitzen.

Mit einem wütenden Aufschrei schlug Bragma Krol beiseite und starrte auf den Monitor.

Ein paar Sekunden lang schien er zur Salzsäule erstarrt zu sein.

Seine Unterlippe bebte. Dann drehte er sich zu dem auf dem Boden liegenden Krol um.

Sein Leben lang hatte Krol Angst davor gehabt, von einem Disruptor getötet zu werden. Er dachte immer, das sei die schlimmste Art zu sterben überhaupt.

Jetzt erkannte er, daß er sich ein Leben lange geirrt hatte.

Es gab schlimmeres als Disruptoren.

Krol war vom obsidianischen Orden in verschiedenen Nahkampftechniken ausgebildet worden. Er wußte sich zu verteidigen, doch gegen die wütenden Angriffe des vollkommen außer Kontrolle geratenen Terraners hatte er nicht den Hauch einer Chance. Der Terraner kämpfte mit bloßen Händen.

Zuerst hoffte Krol, Bragma würde irgendwann von ihm ablassen.

Dann hoffte er, er würde bald in Ohnmacht fallen.

Zum Schluß hoffte er nur noch, Bragma würde endlich den Disruptor ziehen.

--- Bragma II, Maschinenraum

Da war es: Das Zeichen von der Brücke, das jeder von ihnen erwartet aber auch befürchtet hatte. Ihr Captain dürfte jetzt den letzten Rest seiner geistigen Kontrolle verloren haben, der ihn von einem wilden Tier unterschieden hatte.

Die Meuterei begann.

Nicht nur der Maschinenraum war verständigt worden, an alle Stationen war das verabredete Signal parallel verschickt worden. Er hoffte für die armen Seelen, die sich mit dem Captain noch auf der Brücke befanden, daß sie einen schnellen Tod hatten.

Schnell aktivierte er von einer Konsole aus ein paar Schaltungen, die in Zusammenarbeit mit der Schiffssicherheit und ein paar Computerspezialisten in mühevoller Kleinarbeit installiert worden waren: Damit versiegelte er die Brücke und schnitt sie komplett von den Schiffsystemen der Bragma II ab. Anschließend schickte er die Vollzugsmeldung weiter an den Chef der Sicherheit, Bragmas 2.Offizier, der jetzt automatisch das Kommando übernehmen würde.

Wären durch den Glückstreffer Chi-Lo's nur der Antrieb beschädigt und nicht auch noch der Computerkern durch Sekundärschäden beeinträchtigt worden, sie hätten mit der Meuterei keine Chance gegen Bragma und seinen 1.Offizier gehabt. Das sich der 2.Offizier mit der Bordsicherheit auch noch auf ihre Seite schlug, erhöhte ihre Möglichkeiten noch zusätzlich.

Jetzt hing alles nur noch von der Ramses ab. Wie würde sie auf den Kommandowechsel reagieren?

Da ertönte plötzlich auf dem ganzen Schiff der Funkspruch, der vom jetzigen Kommandanten synchron an Ramses und Ivory verschickt wurde:

"Al'Khazam an Ivory und Ramses: Aufgrund des derzeitigen Geisteszustands unseres Captains und seines ersten Offiziers wurden diese vom Komitee der Führungsoffiziere ihres Amtes enthoben und ich übernehme ab sofort das Kommando.

Ich bitte Sie, von geplanten Gewaltakten abzusehen und zugleich um Ihre Hilfe. Unser Antrieb und einige andere Schiffssysteme sind nicht einsatzbereit, so daß wir ohne Hilfe nicht zur nahegelegenen Sternbasis gelangen können. Außerdem mußten wir unsere Brücke abriegeln und sind damit auch hier auf Backupsysteme angewiesen.

Ich wieder hole: Bitte sehen Sie von allen geplanten Gewaltakten ab und kommen Sie uns zu Hilfe! Al'Khazam Ende"

--- Ivory, Brücke

Monserat saß mit offenem Mund da.

Er konnte einfach nicht glauben, was er da gerade hörte! Sollte Bragma tatsächlich so dämlich gewesen sein, sich von seiner eigenen Crew übertölpeln zu lassen? Das war eigentlich zu schön um wahr zu sein.

So eine Gelegenheit durfte sich Monserat einfach nicht entgehen lassen!

Und genau da lag der Haken bei der Geschichte: Das Ganze roch geradezu penetrant nach einer Falle.

Aber was war, wenn der Bericht von diesem Al'Khazam tatsächlich der Wahrheit entsprach?

Leider wußte Monserat derzeit keine Möglichkeit, wie er die Wahrheit hätte feststellen können.

Aber... Einen Versuch könnte er ja wagen.

"Monserat an Al'Khazam: Sie befinden sich im Besitz einer Figur. Sie ist aus Gold und Silber und Platin , mit fein gesponnenem Haar und Kleidern aus Metallfäden, mit Augen aus Edelsteinen. Ein Meisterstück kulturellen Schaffens. Übergeben Sie uns diese Figur, und wir werden Sie zur Sternenbasis schleppen."

"Al'Khazam an Monserat: Wir haben hier mindestens 150 Stück davon an Bord."

Monserats Zornesader schwoll zu einer imposanten Größe heran.

"Scherzen Sie nicht mit mir", donnerte er los. "Ich will die Orignalfigur, und keine von diesen billigen Kopien! Beamen Sie sie 5 Kilometer Backbord von unserer Position!"

Einige Augenblicke herrschte Stille auf der anderen Seite des Commkanals. Dann meldete sich Al'Khazam: "Das Original befindet sich auf der Brücke. Und zu diesem Teil des Schiffes haben wir derzeit keinen Zutritt, weil er von, öööhm, gegnerischen Kräften besetzt ist."

"Dann fluten Sie die verdammte Brücke mit Anästhesiegas! Oder meinetwegen öffnen Sie die Luftablaßventile! Ich will diese Figur haben!"

--- Bragma II, Maschinenraum

Al'Khazam war sprachlos. Unmöglich konnte er sich diesem Captain ausliefern. Der machte einen wenigstens ebenso wahnsinnigen Eindruck wie Bragma!

Eine schöne Bescherung war das.

Al'Khazam weigerte sich einfach, unschuldige Kameraden sinnlos zu opfern. mit Sklaven war das eine andere Sache, aber mit den Leuten auf der Brücke hatte er Seite an Seite gekämpft!

Wenn Soral, der Captain der Ramses, zu dem Schluß kam, dies wäre eine gute Gelegenheit, sich mit dem Schiff aus dem Staub zu machen, dann war guter Rat teuer.

Vielleicht kam er aber auch einfach auf den Gedanken, die Bragma II vorher zu vernichten, um vor jeder Rache Bragmas sicher zu sein.

'Gerade erst Captain, und schon stecke ich bis über beide Ohren in der Scheiße!', dachte er voll Bitterkeit.

Nein, diese Meuterei war nie gut geplant gewesen...

Die Stimme des Captains der Ramses schreckte ihn aus seinen Überlegungen auf.

"Hier Soral, Captain der Ramses und der Bragma II", sagte seine barsche Stimme.

Ein unverhohlener Anspruch auf Führerschaft, der den endgültigen Bruch mit Bragma bedeutete. Und der natürlich auch Al'Khazam in die Schranken verwies. Soral wußte, daß er alle Trümpfe auf seiner Seite hatte. Er könnte die Bragma II mühelos vernichten. Al'Khazam hatte sich zu fügen oder zu sterben.

"Captain, Al'Khazam hier", versuchte er mit möglichst neutralem Tonfall zu antworten. Dennoch brachte er seine Worte nur gepreßt heraus.

"Monserat und Al'Khazam, was ist das denn für eine seltsame Figur?", wollte Soral wissen. "Sie muß ja ungeheuer wertvoll sein, wenn der berühmte Monserat", seine Stimme troff vor Hohn bei diesen Worten, "sie als Prise haben möchte."

--- Shuttlehangar

Als der Sicherheitschef den Hangar betrat, weiteten sich seine Augen.

Ja, diese Crew würde abmustern, aber nur mit sehr viel Glück auf der nächsten Sternenbasis...

Seine scharfen Augen erspähten Shania. Als er sie mit leicht dröhnenden Schritten, grimmiger Mine und vorsichtshalber gezücktem Phaser erreicht hatte, fragte er: "So, und jetzt einmal ganz langsam zum Mitschreiben. WAS IST HIER LOS???"

Gorm, der Martenghs Schritte schon von Weitem hörte, suchte instinktiv nach einer passenden Deckung.

Deren gab es hier zwar viele, aber der Ferengi hatte so das Gefühl, daß sein Verschwinden ein Schuldeingeständnis bedeutet hätte. Egal um was für eine Schuld es sich auch handelte, Martengh würde da sicher etwas einfallen.

So blieb der Wissenschaftler wie erstarrt stehen und fixierte Martengh wie ein Kleinunternehmer, den die Steuerfandung besuchte.

'Hoffentlich fällt den anderen was ein, das uns hier heil heraus bringt!", dachte der Ferengi entsetzt.

"Sir, Charly ist vollkommen durchgedreht", meldete sich der Chinese noch immer leicht krächzend zu Wort.

"Er sperrte Chedu in ein Kraftfeld ein", improvisierte der routinierte Lügner. Vielleicht würde diese Ausrede ja halten, bis sie die Sternbasis 12 erreicht hatten.

Sie mußte einfach halten, denn wenn sie nicht hielt, dann...

Der Chinese fuhr fort: "Danach griff er Savannah an verletzte sie schwer - so weit wir das beurteilen können, lebensbedrohlich.

Daraufhin lenkte ich Charly ab", der Asiat massierte demonstrativ seine Würgemale für den Fall, daß sie Martengh noch nicht aufgefallen sein sollten, "während sich Gorm und Chedu aus der sicheren Deckung heraus um die Unschädlichmachung des Killerbots kümmerten."

Er zeigte auf den baumelnden Torso hoch über ihren Köpfen.

"Monserat hat wegen Savannah, der hier niemand helfen kann, den Rückzug zur Sternenbasis 12 angeordnet. Dazu könnte Gorm eines der Ivory-Shuttles programmieren, damit die Ramses dieses verfolgt. Der Bragma dürften wir leicht entkommen, weil sie ja bereits eine Begegnung mit mir hatte."

Martenghs Blicke schweiften ganz langsam nach oben, wo er den immer noch zuckenden Charly erblickte, wie er sich ohne großen Erfolg bemühte, sich dem stählernen Griff zu entwinden.

Der Caldonier mußte sich immer wieder einreden, daß er wirklich in der realen Welt lebte, wie er es sich selber eben bewiesen hatte, sonst hätte er wohl nun auf eine Weise reagiert, die keinem im Hangar sonderlich gefallen hätte.

Fragend schaute er Shania an, die ihm ernst zunickte, um das eben Gesagte zu bestätigen.

Er schüttelte den Kopf, um seine Gedanken zu ordnen. Also hatte Charly durchgedreht, Chedu so geschickt gegen ein Shuttle geschleudert, daß die Sicherheitssperren aktiv wurden - wenn Martengh von 'Sperren' redete, meinte er fast immer 'Einsperrungen' - dann hatte er Savannah angegriffen und wurde zu guter Letzt recht trickreich außer Gefecht gesetzt.

Hm. Warum war eigentlich niemand auf die Idee gekommen, ihn einfach zu deaktivieren? Wahrscheinlich, weil sie den Ausschalter nicht kannten. Was wiederum bedeutete, daß es sich bei diesen Leuten nicht um Spione handeln konnte, denn die wären sicher besser vorbereitet gewesen.

Andererseits zeigte die phantasievolle Ausschaltung der elektronischen Quasselmaschine von einem recht hohen Intelligenzquotienten.

Nun gut, der Plan mit dem programmierten Shuttle als Köder war ebenfalls nicht schlecht (war er auf Monserats Mist gewachsen, oder eine weitere interessante Idee dieser Crew?), aber Martengh hatte noch einen Einwand:

"Schön und gut, aber was machen wir mit der Ramses?"

"Wie ich bereits sagte, Sir, Gorm wird ein Shuttle umprogrammieren und wir werden die Ramses ködern müssen, dieses zu verfolgen. Chedu arbeitet aktuell daran, meine Lebenszeichen zu simulieren.

Wir hoffen, daß Bragma dann die Verfolgung des Shuttles anordnen wird. Er selbst könnte das ja nicht machen, da sein Warpantrieb defekt ist, also müßte die Ramses ran.

Dadurch wird der Ivory ein Blitzstart ermöglicht, und der Vorsprung vor der Ramses sollte locker bis zur Sternenbasis 12 reichen.

Sir?

Wir brauchen nun Zugang zu den Systemen des Shuttles..."

zum nächsten Teil

zurück zum Index