Ivory Chronik 8

"TÖTE, VICTOR! TÖÖÖÖTEE!!!"

--- Ivory, Shuttle

Chedu unterbrach verblüfft ihre Bewegung und starrte auf den reglosen Martengh. Eben noch wollte sie empört diesen aufgeblasenen Chinesen an der Schulter packen, herumreißen und in ihre Faust laufen lassen. Meinte er etwa, daß er sie einfach so abspeisen und stehen lassen konnte?

Doch dann war die Bajoranerin hereingeplatzt, hatte diese "Bombe" abgeliefert, daß Martengh ein Spion sein sollte, und war wieder verschwunden.

"Ich halte es zwar für merkwürdig, daß ausgerechnet der Sicherheitschef ein Verräter sein sollte...", die Klingonin warf Chi-Lo einen finsteren Blick zu, "... aber dazu würde ich gerne Shanias Einschätzung hören. Immerhin kennt sie ihn schon viel länger als wir.

"Wenn Sie meinen, daß ich Sie mit diesem p'tagH allein lassen kann," sie warf dem Piloten einen verächtlichen Blick zu und schaute dann wieder besorgt zu dem Ferengi, "... dann werfe ich mal einen Blick auf die zwei anderen Shuttles."

Bewußt verzichtete der Chinese auf die Erwiderung, er könne durchaus mit einem bewußtlosen Caldonier alleine gelassen werden.

Eigentlich hätte er Chedu jetzt endgültig zum Kampf herausfordern müssen - er kannte die klingonische Natur nur all zu gut. Die letzte Bemerkung war nach klingonischen Maßstäben wieder ein klarer Angriff auf seine Kompetenzen gewesen. Und wenn man diesen Angriff unbeantwortet, ließ, werteten Klingonen dies im Allgemeinen als Aufforderung zur Meuterei...

Auf der anderen Seite wollte Chi-Lo nur noch weg von diesem Horrorschiff. Wer danach die Führung übernahm, war ihm - ehrlich gesagt - scheißegal. Nur noch weg von hier, sonst nix.

Also verzichtete er auf ein Zurechtweisung. Zumal er nicht glaubte, gegen die Kriegerin in einem Kampf bestehen zu können.

Wortlos nickte er der Klingonin zu und sah ihr kurz nach, wie sie auf eines der Shuttles zuging. Insgeheim hoffte er, eine vom Martenghs Sicherheitseinrichtungen der Shuttles würde ihr schmerzhaft ihre Grenzen aufzeigen. Von daher verzichtete er auch auf eine entsprechende Warnung.

Gorm kratzte sich nachdenklich hinter dem Ohr. Das der Chef der Sicherheit hier auf dem Shuttle gelandet war, ob in Ungnade gefallen oder nicht, verkomplizierte die Sache etwas.

Fragend sah er zu dem Chinesen. Wie würde ihr "Anführer" wohl auf diese Situationsänderung reagieren?

Im besten Fall konnte Chedu eines der warpfähigen Shuttles klauen. Dann könnten sie Martengh mit Bragmas Shuttle offiziell hinüberschicken und sich während dieser Ablenkung durch die offene Hangarschleuse absetzen.

Bliebe nur die Frage, ob sich die beiden Terraner auf ihre Seite stellen würden.

Chi-Lo traute er das zu, der hatte schon einmal die Seiten gewechselt, aber Shania? Die war doch eine Freundin Monserats.

Chi-Lo traute er das zu, der hatte schon einmal die Seiten gewechselt, aber Shania? Die war doch eine Freundin Monserats. Nun wandte er sich Gorm zu. Dabei umfaßte er den Phaser, der in seiner Hosentasche war. Sollte Gorm beim nun folgenden Alarm schlagen wollen, würde der Asiat den Ferengi ins Reich der Träume schicken - falls Ferengi überhaupt träumten...

Scheinbar lässig eine Hand in der Hosentasche haltend, sagte er:

"Gorm, die Lage hier scheint sich dramatisch zuzuspitzen. Martengh ist nun angeblich ein Spion, und wir sollen ihn einfach hier ins Shuttle legen, wenn wir zu Bragma fliegen. Das gibt doch keinen Sinn! Mich wollte man vor kurzem noch wegen dem gleichen Verdacht umbringen. Shania wurde mit etwas Hartem niedergeschlagen und hat eine Verletzung am Kopf. Aaron ist von der Brücke nicht zurückgekehrt, ohne daß ich eine Begründung dafür hätte.

Die Dinge sind in Auflösung begriffen, Gorm.

Hier werden Spielchen gespielt, von denen wir nichts wissen. Das ganze Kommando hier ist Selbstmord.

Ich bin sicher, Sie haben auch schon längst festgestellt, daß aktuell Gewinnchancen ein gewisses... Geschäftsrisiko... nicht rechtfertigen dürften. Was halten Sie davon, wenn wir ein neues Joint-Venture aufziehen?"

Gespannt wartete Chi-Lo die Reaktion Gorms ab, bereit, jederzeit loszuschlagen.

--- Shuttlehangar

Noch immer seit die Ärztin ihr ganz nebenbei gesagt hatte, daß sie Martengh bei sich hatte, fühlte sich Shania wie vor den Kopf geschlagen.

Martengh sollte der Verräter sein?

Er war es, den sie einfach Monserats Feinden ausliefern sollten?

Die einzige Person, der Monserat immer bedenkenlos vertrauen konnte?

In Shania stieg plötzlich eine tiefe Abneigung hoch.

Abneigung gegen das Schiff, alles was sich hier in letzter Zeit ereignet hatte und auch seinen Captain.

Die Frage der Ärztin ignorierend, die sich irgendwo in ihrem Kopf verlor, sortierte die Amerikanerin die Zusammenhänge und suchte nach etwas das sie bisher nicht bedacht hatten.

Etwas das erklärte wieso plötzlich alle verrückt spielten und sie sich wie in einer Schmierenkomödie wiederfand in der sie der traurige Narr war über den sich die breiten Massen amüsierten.

Fast als würde sie sich an einen Strohhalm klammern, packte Shania ihren Tricorder und scannte die gesamte Umgebung. Ein sinnloses Unterfangen, aber sie wußte einfach nicht was sie noch tun sollte und überhaupt tun konnte.

Es gab niemand dem sie noch vertraute.

Nicht mal ihren eigenen Augen.

Die Daten, welche die Auswertung wiederspiegelte irritierten sie und gaben ihr Grund an allem zu zweifeln...

Sie gaben etwas wieder mit dem sie nicht das Geringste anfangen konnte, das aber garantiert nicht hier sein durfte.

"Was zum Teufel ist das?!"

--- Shuttle

'Das könnte ja einfacher werden, als ich dachte', war der Ferengi erfreut.

Laut sprach er: "In der Tat hat sich dieses ganze Geschäft als ziemliches Risiko herausgestellt. Auch ich bin der Meinung, daß wir unsere Kräfte vereinen sollten.

Mrs. Chedu und ich sind uns schon einig geworden. Ich habe auch schon einiges vorbereiten können.

Meiner Meinung nach sollten wir diesen Martengh mit Bragmas Shuttle als Ablenkung verwenden. Das einzige Detail, das wir noch nicht herausbekommen haben ist, wie wir an eines der anderen Shuttles kommen. Aber ich glaube, darum kümmert sich bereits Miss Chedu.

Daß Martengh außer Gefecht gesetzt worden ist, könnte sich dabei als entscheidender Vorteil erweisen."

Am Liebsten hätte Chi-Lo den Ferengi von oben bis unten abgeknutscht - aber er konnte sich gerade noch beherrschen.

"Nun, zumindest ein Shuttle könnte uns Shania besorgen. Nein, Gorm betrachten Sie sie besser nicht als Verbündete, sondern eher als Hilfe Suchende. Wenn ich ihr sage, es sei das Beste für uns alle, ein Shuttle zu kapern, dann wird sie das auch tun. So weit habe ich das schon mit ihr abgeklärt.

Problematisch ist halt, daß sie an nur ein Shuttle rankommt - das andere Shuttle ist für sie nicht zugänglich. Hoffentlich hat Chedu da etwas Glück. Ich finde es übrigens sehr mutig von ihr, sich Martenghs Sicherheitssperren zu nähern.

Jedenfalls habe ich einen Plan..." Knapp erklärte der Chinese, wie er Monserat dazu bringen wollte den roten Alarm zu deaktivieren.

"Nun", schloß er seine Ausführungen, "sind Sie in der Lage, einen roten Daueralarm auszulösen, dessen Ursache so schnell niemand herausfindet? Das sollte auf diesem Schiff doch kein Problem sein..."

Der Verschwörer wartete mit einem Ohr auf die Antwort Gorms, und mit dem anderen Ohr lauschte er, ob klingonische Schmerzensschreie nicht bald davon zeugen würden, daß Chedu soeben eine wichtige Lernerfahrung machte: 'Versuche nie, die Sicherheitssysteme eines paranoisch veranlagten Caldoniers zu knacken..."

"Ich hoffe auch, daß sie nicht auf die Sicherheitssysteme des Caldoniers vergessen hat", besorgt schüttelte Gorm seinen großen Kopf. Ich hoffe halt, sie hat die richtigen Ohren für ihren Job, ich möchte sie nicht beleidigen, indem ich sie auf solch offensichtliche Schwierigkeiten hinweise..."

Unternehmungslustiger sah der Wissenschaftler seinen Rivalen an: "Was den roten Daueralarm angeht, brauche ich nur die beiden ähm ... Programme hier auf dem Padd vom Computer analysieren zu lassen und der Captain wird auf einen Schlag so viele Fehlermeldungen bekommen, daß er sicher andere Sorgen hat, als auf uns zu achten.

Der Nachteil ist allerdings, daß es sich dabei dann um echte Fehlermeldungen handelt und ich nicht genau voraussagen kann, was dann noch wie an Bord funktioniert."

Irgendwie fühlte sich Gorm verpflichtet dazu, seinen neuesten Verbündeten auf die Schwachstelle seiner Viren hinzuweisen, abgesehen davon, daß er ja dann auch davon betroffen war, "Diese Viren waren eigentlich dazu gedacht, einen Schiffscomputer von außen lahm zu legen und nicht, während man noch an Bord ist. Simulierte Fehlermeldungen sind zwar lästig, beschäftigen aber einen Gegner bei weitem nicht so effektiv..." Entschuldigend sah der Wissenschaftler den Terraner an.

Der Chinese schüttelte den Kopf.

"Nein, Gorm, so meinte ich das nicht. Ich möchte, daß Monserat den roten Alarm abschaltet, und nicht das gesamte Schiff.

Wir haben nichts davon, wenn das ganze Schiff lahmgelegt ist, und wir deshalb nicht die Hangartore aufbekommen, um wegzufliegen.

Noch mal mein Plan:

Phase 1: Auslösung des künstlichen roten Alarms.

Phase 2: Monserat weiß weder ein noch aus, weil alle Systeme scheinbar verrückt spielen.

Phase 3: Monserat ist gezwungen, den roten Alarm schiffsweit abzuschalten, damit zumindest einige System wieder arbeiten.

Phase 4: Wir gehen in das Ivory-Shuttle. Roter Alarm wird nicht mehr ausgelöst.

Phase 5: Martengh macht sich ferngesteuert auf die Reise zur Bragma II, wir geben unterdessen mit dem Ivory-Shuttle Fersengeld.

So, wie Sie das aber schildern, werden einige Systeme ganz real ausfallen, ganz gleich, ob nun roter Alarm bestehen bleibt oder nicht.

Sehe ich das richtig?

Und sehe ich es auch richtig, die ausgefallenen System unter umständen die Shuttlehangartore und andere zum Shuttlestart wichtige Schiffssysteme sein könnten?"

Fragend schaute der Chinese Gorm an.

Der Ferengi sah den Chinesen an: "Natürlich könnte das passieren, das hab ich ja gerade gesagt!"

Aber Gorm hatte noch eine Idee: "Wie wär es, wenn ich die Viren so modifiziere, daß sie den gesamten Hangar von den Bordsystemen abschneiden und er deswegen nicht befallen werden kann?

Hat allerdings auch wieder einen Nachteil: Das wäre wie ein Leuchtpfeil, der genau hierher zeigt.

Dann gäbe es natürlich noch eine Methode, aber die ist so trivial und langweilig, daß wir sie gleich wieder vergessen sollten..."

Chi-Lo hatte es ja geahnt. Wäre ja auch zu schön gewesen, wenn irgend etwas in seinem Leben mal vernünftig und wie geplant vonstatten gegangen wäre...

Da hatte Gorm ihm ja einen ganz schönen Dämpfer verpaßt.

Er wandte sich wieder an Gorm:

"Nein, das kommt nicht in Frage. Den Shuttlehangar sollte man nur von Ausfällen ausschließen, wenn es zufällig aussehen würde. Wenn es wie ein Leuchtturm in der Nacht weithin sichtbar den dumpfen Gedankenbrei von Monserat erhellt, dann lassen wir es lieber. Wir haben schon genug Probleme. Zur Not müssen wir das Hangartor eben aufsprengen. Waffen die man überladen könnte, liegen da draußen ja genug herum.

Und was die triviale und langweilige Methode angeht:

Ich bin begeistert von Trivialem. Und ich liebe gerade langweiliges. Nachts träume ich manchmal davon, mich zu langweilen.

Vor allem, wenn ich gerade auf der Flucht bin!

RAUS MIT DER SPRACHE!"

Der Chinese hatte sich immer mehr in seine letzten Worte hineingesteigert.

Jetzt beruhigte er sich wieder und meinte Kopf schüttelnd zu Gorm: "Zu trivial und langweilig... Ich fasse es einfach nicht! Was glauben Sie, wo wie hier sind, auf Abenteuerferien? Langweilig heißt sicher und spannend heißt bis zum Schwachsinn hin lebensgefährlich. Deshalb wird jeder den langweiligen und trivialen Weg zur Flucht wählen, klar? Also, welche Alternativen haben wir?"

Etwas enttäuscht sah der Ferengi Chi-Lo an: "Naja, ich könnte auch ein kleines Progrämmchen schreiben, das per Zufallsauswahl die internen Sensoren und Fehlererkennungssysteme mit Fehlermeldungen versorgt.

Das Programm ist so klein, daß es mit Sicherheit übersehen wird. Es wird auch die Rache des Programmierers genannt: Wenn ein Auftraggeber einen Programmierer über den Tisch gezogen hat, dann wird sowas gestartet. Es sorgt für interessante Zeiten für die Zielperson.

Eben nichts Großartiges. Jeder Programmierer, der etwas auf sich hält würde sich lachend an den Trick erinnern.

Auf der anderen Seite ist Monserat natürlich kein professioneller Programmierer..."

Die letzten Worte murmelte Gorm nur noch vor sich hin.

"JA!"

Freudestrahlend klatschte der Chinese in die Hände. "Das ist genau das, was ich gesucht habe, Gorm! Wie lange brauchen sie dafür?"

Endlich schien alles glatt zu laufen.

Der Weg in die Freiheit, weit weg von diesen beiden geistesgestörten Kapitänen, war vorgezeichnet.

Gorm sah den Terraner grinsend an: "Sind etwa 30 Sekunden zu lang?"

Innerlich schüttelte sich der Wissenschaftler vor lachen.

Das Progrämmchen würde bei jeder Routineüberprüfung auffliegen. Aber erstens würden sie hoffentlich nicht lange genug bleiben, um die Konsequenzen ausbaden zu müssen, und zweitens würde dieser Paranoiker von Captain sicher eine langwierige Selbstdiagnose starten, die alleine schon so lange dauerte, daß sie bequem auf Reisen gehen konnten.

"Gut, Gorm, machen wir es also so. Starten Sie das Programm aber erst, wenn wir ein anderes Problem gelöst haben:

Was machen wir mit Martengh?

Wenn er ein Verräter ist, könnte er Monserat weitere Schwierigkeiten bereiten, wenn er erst mal bei Bragma ist - insofern sollten wir ihn also am Leben lassen und rüberschicken.

Auf der anderen Seite kennt er aber auch die Shuttles sehr genau und es würde mich nicht wundern, wenn er jedes Ivory-Shuttle so präpariert hat, das er es per Funk augenblicklich in die Luft jagen kann. Und wenn diese Vorrichtungen sehr gut versteckt wären.

Außerdem ist Bragma der Ivory auch schon ohne Martengh überlegen, sonst würden wir uns hier gerade nicht unterhalten. Martengh könnte nur dazu führen, daß der Kampf zwischen Bragma und Monserat noch kürzer ausfällt, als das ohnehin schon zu erwarten ist, und dann könnte sich Bragma um so schneller nur auf uns konzentrieren. Und wir brauchen Zeit, Gorm, das wissen Sie!"

Der Chinese sah Gorm direkt in die Augen.

"Haben Sie irgendwelche Einwände dagegen, ihn als geschäftliche Gefahr zu betrachten und dem entsprechend mit ihm zu verfahren?"

Vielsagend präsentierte er Gorm seinen Phaser.

Hoffentlich kam Gorm nicht irgendwann auf die Idee, daß Chi-Lo selbst auch als geschäftliche Gefahr angesehen werden könne, weil er der einzige Mannschaftsmitglied an Bord war, bei dem Bragma für die Verfolgung ein persönliches Motiv hatte...

Gorm schüttelte den Kopf: "Nein, ich bin gegen Verschwendung. Wenn er bewußtlos ist, schadet er niemanden. Dann würde ich ihn noch lieber mit an Bord unseres Shuttles nehmen. Vielleicht können wir ihn nochmals brauchen.

Als letzte Option, ... er ist gut gebaut. Der bringt sicher einiges an Latinum, wenn wir ihn verkaufen. Seine Paranoia wäre dann wenigstens berechtigt, wenn auch das Problem seines Besitzers.

Die letzten Worte hatte der Ferengi ganz sachlich vorgebracht. Auf Ferenginar war ein solcher Gedankengang durchaus nichts Außergewöhnliches.

Chi-Lo nickte.

"Erstklassiger Gedanke. Ich finde es mehr als gerecht, wenn ein Scherge dieses Sklaventreibers als Sklave endet.

Schaffen wir den Kerl also in das Ivory-Shuttle. sobald wir Zugang dazu haben.

Diese Tarnvorrichtung hier im Shuttle müssen wir natürlich zerstören, damit sie Bragma nicht in die Hände fällt.

Oder können Sie die abbauen und mitnehmen? Könnte vielleicht noch mal nützlich sein..."

Chi -Lo stockte kurz, dann sagte er: "Communicator aktivieren. Chi-Lo an Monserat. Warum ist Martengh uns als Paket zugesandt worden? Und wo ist Aaron?"

Wenn Monserat nichts merken sollte, mußten sie sich jetzt so unauffällig wie nur irgend möglich verhalten.

Und "unauffällig" hieß in diesem Falle, daß er offiziell bei Monserat um eine Begründung der Änderung des Planes anfragen mußte.

--- Shuttlehangar

Mit aktiviertem Tricorder umschritt die Technikerin das Ivory-Shuttle und achtete dabei sorgfältig auf die angezeigten Werte. Die Deuteriumtanks waren ausreichend gefüllt, ebenso der Antimaterietank dessen Kraftfeld nichtmal die kleinste Phasenverschiebung aufwies und stabil war. Auch das Diliziumkristallgitter, die Plasmainjektoren sowie die in die Jahre gekommenen Warpspulen machten einen gewarteten und einsatzfähigen Eindruck. Was also die Hardware anging, eignete sich dieses Shuttle gut für ihren Plan zu verschwinden.

Wenn da nicht dieser Schönheitsfehler wäre, daß es nicht offen mit auf Befehle wartendeM Computer vor ihr stand. Nun, daß würde es aber trotzdem bald sein. Mußte es einfach, wenn sie nicht auf diese schwachsinnige Mission dieses irren Captain, oder mit seinem Schiff untergehen wollte.

Chedu machte sich keine Illusionen. Auch im Shuttle würden sicher einige der Sicherheitsvorkehrungen Martenghs zu finden sein, wie sie der paranoide Caldonier im ganzen Frachter verteilt hatte.

Deswegen hielt sie sich auch gar nicht lange mit dem Tastenfeld neben der Tür auf. Es hätte sicher Stunden gedauert den richtigen Code errechnen zu lassen.

Statt dessen fuhr sie mit dem Tricorder Zentimeter für Zentimeter über eine Wartungsklappe, nahe der Tür. Aus einer der unzähligen Taschen ihres Overalls zog sie einen feinen Laserbohrer und brannte, an einer davor mit dem Tricorder präzise ermittelten Stelle, ein winziges Loch in die Wartungsklappe wodurch der Sicherheitskreislauf für diese ausgeschaltet wurde.

Die Technikerin öffnete die Klappe und versiegelte noch rasch mit einem anderen Werkzeug das Loch darin. Mit einer speziellen Pinzette aus einem keramischen Kunststoff machte sie sich daran nach und nach verschiedene Schaltungen Laser und des Türschließmechanismus und dessen Sicherungssystemen entweder zu überbrücken, oder kurz zu schließen. Die Entladungen die dabei auftraten waren meist stärker als man von den Leitungen erwartet hätte.

"Dieser hinterhältige.... " Chedu war froh über ihr isoliertes Werkzeuges. Es war schon so knifflig genug. Da brauchte es nicht auch noch die Ablenkung von Energieschlägen, die sie, wie sie Martengh einschätzte wohl sicher nicht nur kitzeln, sondern außer Gefecht setzen würden. Oder dieses zumindest vor hatten.

Einige überraschend auftauchenden aktiven Schaltungen und mehrere Energieentladungen später, gelang es der Klingonin endlich die Tür des Shuttles zu öffnen.

Jetzt fing die eigentliche Arbeit erst an, den Computer zur Kooperation zu bewegen.

--- Brücke

"Pflegen Sie eigentlich immer wegen jeder Kleinigkeit den Captain zu bemühen?!", erwiderte Monserat genervt auf die Anfrage des Chinesen und schlug mit der Faust auf die Lehne seines Stuhls, daß Aaron Hunter erschrocken zusammenfuhr. "Fragen Sie die Ärztin, wenn es Sie interessiert. Ich habe nicht vor jeden EINZELNEN von Ihnen aufzuklären. Das ist nicht MEINE Aufgabe.

Ich habe ein Team eingeteilt, dessen Kommunikation nur über den Captain funktioniert. Stümper! Dilletanten!" Die restlichen Worte gingen wegen Übersteuerung unter... "Abgesehen davon hat es Sie überhaupt nicht zu interessieren...

Kümmern Sie sich lieber darum, daß Sie schnellstens Ihren Platz im Tarnfeld des Shuttles einnehmen. Bragma holt es sich jeden Moment ferngesteuert an Bord." Die Worte des Captains waren gefährlich ruhig und selbst jemand wie Hu-Wang mußte auffallen, daß es besser war nicht zu weit zu gehen.

"Allmählich verstehe ich wieso Bragma Sie töten lassen wollte..."

Aaron Hunter wurde auch so einiges klar und er war zum ersten Mal froh darüber, daß er nicht Teil dieser kleinen Expedition war. Gespannt wartete er ab, ob der Chinese die Verbindung unterbrechen würde oder noch etwas zu sagen hatte.

--- Shuttle der Bragma II

Regungslos stand der Chinese da und schaute immer nur auf einen Punkt.

Er wußte nicht, warum er es tat.

Aber er dachte sich, wenn alle anderen das, tun, dann sei es das Beste, wenn er einfach mitmachte.

Über die Jahre hatte sich eine dicke Staubschicht auf die Armaturen des Shuttles gelegt. Mehrere Spinnen hatten hinter den Abdeckschotten zu den EPS-Relais geräumige Höhlen gefunden. Insektenstaaten blühten auf, erlebten einen glanzvollen kulturellen Höhepunkt und vergingen wieder. Das Raumschiff mit seiner regungslosen Besatzung sah mehrere interplanetare Kriege und mindestens drei Supernovas. Humanoide Rassen dort draußen im Weltraum blühten auf, erlebten einen glanzvollen kulturellen Höhepunkt und vergingen wieder.

Doch drinnen im Raumschiff bemerkten sie nichts

Mehr und mehr wurde das Blickfeld Chi-Lo's getrübt durch eine Schlingpflanze, die sich ein sein Sichtfeld schob.

Bald würde er nichts mehr sehen können.

Er fragte sich, ob es klug wäre, den Kopf ein wenig zur Seite zu drehen, um ein wenig mehr sehen zu können.

Aber er entschied sich dagegen.

Er hatte schon viele Schlingpflanzen kommen und gehen sehen. Er würde warten, bis der Blick wieder frei war. Irgendwann passierte das immer.

So lange die anderen regungslos verharrten, wollte er sich auch nicht bewegen.

Er würde verharren.

Verharren.

Verharren.

Auch der Wissenschaftler beschloß aus lauter Solidarität in Bewegungslosigkeit zu verharren.

In seinem Kopf indes arbeitete es auf Hochtouren:

Er war gerade dabei, im Geiste die Weltenformel zu entwickeln, die die Wirtschaft der Galaxie, nein des gesamten Universums unter seine Kontrolle brachte.

An nichts würde es ihm mehr fehlen, er würde die himmlische Schatzkammer im Diesseits errichten.

Äonen vergingen, ganze Wirtschaftssysteme erstarkten, kollabierten und gingen wieder Bankrott.

Die Insektenzivilisation, die ihren Anfang auf diesem Schiff nahm breitete sich aus, gründete ein Sternenreich, ein funktionierendes Kapitalsystem.

Ja, dieses Volk würde er durch seine bloße Anwesenheit inspirieren! Solange, bis die Wirtschaft eine Persönlichkeit entwickelte, zu leben begann, die verkörperte Wirtschaft als neue, bessere Lebensform.

Shania platzte förmlich in das Shuttle und war sich sofort der Aufmerksamkeit des kleinen Ferengi gewiß. Lediglich Chi-Lo schien total weltverloren vor sich hinzublicken und nicht ganz Herr seiner Sinne zu sein. Nach allem was sie vorhin erfahren hatte, war das nicht sehr verwunderlich.

"Gorm, wir müssen schnellstens was unternehmen. Überall auf dem Schiff lassen sich Spuren von einem Gas finden, daß Halluzinationen auslöst und sehr gefährlich ist, da es noch in der Erprobung ist. So meinte zumindest Savannah, mein Tricorder und die Datenbank des Schiffscomputers. Und wie es aussieht, scheint es bei ihm", sie deutete auf den geistesabwesenden Chinesen, "schon bestens zu wirken. Er wirkt nicht mehr gerade taufrisch auf mich."

Die plötzlich auftauchenden Probleme der anderen hatten Shania aus ihrer Starre und ihrem Selbstmitleid gelöst. Immerhin war sie nicht bis hierher gekommen um jetzt aufzugeben und von ihrer Angst überwältigt zu werden. Sie hatte die Gefangenschaft der Cardassianer überlebt und niemals aufgegeben.

Es war Zeit sich ihrer alten Fähigkeiten und Wurzeln zu besinnen.

"Wir könnten uns gegenseitig umbringen oder zumindest jeden Sinn für die Realität verlieren, Gorm." Der Gedanke, was ihre Phantasie ihr alles vorgaukeln konnte, schreckte die Amerikanerin zusätzlich. Das einzige was sie sicher wußte, war, daß die Wunde an ihrem Kopf real war. Das hatte ihr auch Savannah bestätigt, die sie verarztet hatte.

Hinter ihr tauchte der Kopf der Bajoranerin auf...

...und verschwand sogleich wieder, als man einen kurzen Schrei und ein lautes klingonisches Fluchen vernahm, gefolgt von einem polternden Geräusch.

Wahrscheinlich hatte sich Savannah schon mit einem beruhigenden Hypospray bewaffnet auf den Weg zu Chedu gemacht, damit die Klingonin in ihrer Wut nicht wieder die Einrichtung des halben Hangar verwüstete und damit vielleicht auch die Shuttles beschädigte oder wieder jemand verletzte wie sie es schon einmal getan hatte.

Ohne auf Gorms Antwort abzuwarten, holte Shania einfach aus und versetzte Chi-Lo eine kräftige Ohrfeige. Wo Argumente nicht mehr fruchteten, half vielleicht rohe Gewalt...

Und wenn nicht...

vielleicht tat es ihr gut, sich einmal abzureagieren. Immerhin hatte es vor Chi-Lo keinen Erzfeind Bragma gegeben der sie beobachtete, kein feindliches Schiff, keinen verräterischen Martengh, keinen durchgeknallten Captain, keine Wunde an ihrem Kopf, keinen kaputten Charly, der verschwand und wieder auftauchte, keinen fast nackten Wissenschaftler am Hangar, keine...

...

Es schallte, als ihre Hand seine Wange für eine gar nicht zärtliche Berührung traf...

Der Chinese stand wie paralysiert da.

Das... das... wie konnte... es ging doch nicht, daß... es...

Diese Frau hatte ihn geschlagen!

Grundlos!

"Uns grundlos gegenseitig umbringen!", brüllte er Shania an. "Schön, daß Sie uns wenigstens warnen, bevor Sie damit anfangen!"

Geradezu unbeteiligt nahm Chi-Lo wahr, wie seine Arme plötzlich blitzschnell nach vorne schossen, wie sich seine Finger roh in Shanias Schultern krallten und wie er die Frau heftig durchschüttelten.

Seine Stimme überschlug sich fast, als er dabei ohrenbetäubend donnerte: "SIND SIE NOCH GANZ BEI TROST?"

Trotzig schlug Shania mit aller Kraft die Hand des Chinesen weg und blickte wutentbrannt auf Chi-Lo herab, auch wenn ihre Schulter schmerzte, so hatte sie dennoch nicht vor sich eine Blöße zugeben:

"Sie waren geistig ganz weggetreten und haben keine Reaktion gezeigt! Haben Sie denn überhaupt gehört was ich gesagt habe?! Wir sind hier einer Art Droge ausgesetzt mit nicht unbeträchtlichen Auswirkungen auf den ganzen Organismus. Messen Sie es doch selbst mit Ihrem Tricorder, wenn Sie mir nicht glauben. Aber wahrscheinlich ist das unter Ihrer Würde..."

Ihre Blicke fraßen sich in einander und die Amerikanerin fragte sich was er damit bezweckte. Um sie einzuschüchtern, brauchte es etwas mehr und das vertraute Gespräch im Hangar erschien ihr plötzlich wie ein Traum. Anscheinend hatte der Chinese zwei Gesichter, von denen er sein Wahres nur in Krisensituationen und unter Druck zeigte.

Shania bereute schon jetzt ihm überhaupt erzählt zu haben welchen Alarm sie durch den Gebrauch ihrer Codes auslösen würde, wenn auch Martengh ihr nicht würde helfen können. wenn er sie zwang das Shuttle zu aktivieren.

Es sei denn, sie schaffte es Savannah zu überreden ihn frühzeitig wieder aufzuwecken...

"Bei einer Ohrfeige kann man wohl kaum von einem Versuch jemand zu töten sprechen, sonst müßte ich annehmen, daß Ihr Versuch jetzt auch als solcher zu werten war.

Mir ist noch immer schwindelig oder sollte ich sagen schon wieder dank Ihrer Hilfe? -", ihre Lippen preßten sich zu einem schmalen Strich zusammen, "und jemand hat versucht mir den Kopf einzuschlagen. Wollen Sie jetzt sein Werk zu Ende bringen? Ist das Ihre Sorge um mich?"

Bei ihren letzten Worten hatte es ihr Tränen in die Augen getrieben. Vor lauter Zorn und Wut

wie sie sich zumindest einreden wollte...

Doch sie war einfach nur maßlos enttäuscht...

Diese Frau war sprunghaft wie ein togalianischer Goxkäfer.

Erst schien sie ihn mit ihrem Blick durchbohren zu wollen, und nun standen Tränen in ihren Augen. Und das alles innerhalb von weniger als einer halben Minute.

Aber das war aktuell nicht sein Problem.

"Eine Droge?

Zu freundlich, daß ich auch darüber informiert werde.

Aber ich habe ja nicht früher informiert werden müssen, schließlich bin ich nur der Leiter dieser Mission..."

Chi-Lo holte tief Luft. Irgendwie lief hier alles schief. Er wollte doch nur unbeschadet aus diesem Selbstmordkommando im Kampf zweier völlig wahnsinniger Kapitäne entkommen, und was geschah?

Eine Katastrophe jagte die nächste. Alles ging daneben. Er arbeitete wie ein Ochse, um die Mannschaft auch nur halbwegs beieinander zu halten, und trotzdem ging alles aus dem Leim. Es war wie beim Kampf gegen eine Hydra: Schlug man einen Kopf ab, wuchsen drei andere nach.

Shania retten? PAAAAAH! Sollte sie doch sehen, wo sie blieb! Wenn Chedu es schaffte, ein Shuttle zu knacken, dann...

Verflucht sollte diese verdammte Ivory sein!

Verflucht sollten Monserat und sein und Martengh und Shania und dieser blöde quasselnde Roboter, verflucht Bragma und Denningham und all die anderen Sklaventreiber!

Er konnte einfach nicht mehr.

Das alles ging über seine Kräfte.

Aber er mußte weitermachen. Er mußte einfach. Wenn er jetzt aufhörte, dann wäre es sein sicherer Tod.

Er fühlte sich sehr müde.

Er konnte nicht mehr.

Er mußte weitermachen.

Er konnte nicht.

Er mußte.

Er konnte nicht.

Er mußte.

Er konnte nicht.

Er mußte.

Er setzte sich hin. Dann schaute er zu Shania auf. "Die Droge.", sagte er heiser. "Shania, die Droge hindert mich am Handeln!" Entsetzen stand in seinem Gesicht und seine Augen schienen stumme Hilfeschreie auszustoßen.

Chi-Lo regte sich darüber auf, erst jetzt informiert zu werden, dabei wußte es Shania doch selbst erst wenigen Augenblicken. Erst wollte er ihr fast an die Gurgel gehen nun setzte er sich in aller Ruhe hin und schien mit dem Nerven am Ende zu sein.

Sie drehte sich um ihre eigene Achse. Die Ärztin hätte es beweisen können, aber sie war immer noch nicht wiedergekommen.

Und da war noch dieser Schrei auf dem jetzt draußen nur absolute Stille zu vernehmen war. Es mußte einfach etwas passieren und Shania fühlte sich auch noch im Stande etwas zu tun, aber sie wußte einfach nicht was. Hätte sie ein Shuttle geknackt, hätte der rote Alarm alles verriegelt und sie würden hier in der Falle sitzen.

Vielleicht waren sie für Monserat dann ebensolche Feinde wie sein langjähriger Freund Martengh und er würde sie Bragma ausliefern um seine Rache zu erfüllen und sich selbst zu retten.

Wieder drehte sie sich zu dem Chinesen und wollte etwas erwidern, daß es ihr auch nicht viel besser ging, doch ihr fiel einfach nichts Passendes ein, dafür fiel ihr Blick aber auf den noch immer bewußtlosen Martengh, der jetzt wohl auch noch total verwirrt sein mußte.

Zuerst von jemand am Hangar niedergeschlagen worden, dann alleine auf der Brücke erwacht und von Monserat als Verräter wieder ins Traumland geschickt worden.

Instinktiv setzte Shania einfach alles auf eine Karte und vertraute ihrem bewährten Bauchgefühl, daß sie manchmal ziemlich in die Scheiße geritten hatte.

Sie griff nach ihrem Gürtel und brachte dahinter ein Hypospray zum Vorschein, daß sie von der Ärztin bekommen hatte. Es war das gleiche mit dem sie Martengh aufwecken sollte, auch wenn sie im Grunde sicher war, daß diese ihr eher noch ein Schlafmittel hatte mitgeben wollen.

Ein Irrtum, der jetzt eine ganz andere Dimension erhielt und ihr die Tür zu einem sehr verwegenen Plan öffnete.

Hastig setzte sie es am Hals des Caldoniers an, gefolgt von vier schreckensweiten Augenpaaren und entlud den Spray zischend in seinem Hals. Weder der zur Untätigkeit verdammte Chinese noch sein kleiner Kumpel Gorm konnten ihr ins Handwerk pfuschen.

Während Marthengs Augenlider zu zittern begannen und Shania den Gedanken einen schweren Fehler begangen zu haben unterdrückte, preßte sie Martengh ihren Tricorder mit den Ergebnissen der Luftmessung in die Hand. Wenn sie Glück hatten, würde es ihn ablenken und ihnen Zeit geben.

Da öffneten sich seine Augen und Shania tat das was sie von jeher am Besten konnte. Sie redete haltlos auf ihn ein und vernebelte seinen Verstand:

"Endlich, daß du wieder zu dir kommst, Martengh. Ich wußte echt nicht was ich tun sollte. Chedu war sauer auf Hunter, der für sie gestrippt hat und hat am Hangar mit Kisten um sich geworfen. Du bist am Kopf getroffen worden und hast das Bewußtsein verloren. Jemand hat mir eines über die Birne gezogen und inzwischen haben wir festgestellt, daß jemand es geschafft haben muß die Luft mit einer Droge zu versetzen.

Sieh dir mal meinen Tricorder an. Es muß etwas geschehen. Rasch!!!! Bitteeee!!!!" Flehentlich sah sie zu wie er sich zu seiner imposanten Größe aufsetzte und schluckte angstvoll.

--- Shuttle der Ivory, inzwischen

Resigniert legte Chedu den Disruptor zur Seite. Es war hoffnungslos ihn auf die genaue Phase des Kraftfelds einzustellen. Ein Disruptor war zwar eine hervorragende und auch grausame Waffe, aber als Werkzeug waren Phaser der Föderation einfach besser geeignet.

Die Klingonin war immer noch wütend auf sich selbst. Wie konnte sie im Inneren des Shuttles nur so leichtsinnig werden? Sie wußte doch, daß es kein Einkaufsbummel war, dieses Shuttle abflugbereit zu machen. Sie war sich immer noch nicht sicher, wie sie das Kraftfeld, daß sie nun umgab, auslösen konnte.

'Dieser verfluchte Martengh...' Sie hätte inzwischen gut Lust, seine Bewußtlosigkeit in die Ewigkeit zu verlängern.

"Chedu an Gorm", aktivierte sie mit einem grollenden Unterton ihren Communicator. "Bitte kommen Sie zum anderen Shuttle herüber und bringen sich einen Phaser und einen Tricorder mit. Es muß ein Phaser sein. Ein Disruptor ist sinnlos."

--- Shuttle der Bragma II

Das plötzliche Erwachen Martenghs setzte in Chi-Lo ungeahnte Kräfte frei.

Er hatte mitnichten vor, sich mit diesem Fleisch- und Knochenberg anzulegen, wenn jener schlechter Laune war.

Langsam und vorsichtig schlich er sich aus dem Shuttle, während Martenghs Blick immer klarer wurde. Beunruhigend klar. Chi-Lo wollte um jeden Preis vermeiden, in irgend einer Weise die Aufmerksamkeit des Caldoniers zu erregen.

Verstohlen begab er sich in den Durchgang der Shuttleausgangstür.

Martengh war vollkommen verwirrt. Eben noch auf der Brücke eines Holodecks von einem unbekannten Kämpfer niedergeschlagen, und nun schon an Bord eines Shuttles.

Mit einem Tricorder in der Hand.

Und einer Shania vor ihm, die von strippenden Besatzungsmitgliedern und Drogen in der Luft faselte und ihn flehend anschaute.

Die Lethargie abschüttelnd erhob sich der Riese. Er warf einen gleichgültigen Blick auf den Tricorder in seiner Hand, der die Worte Shanias zu bestätigen schien.

Die Leute, die ihn entführt hatten, hatten offenbar bemerkt, daß er durch so billige Tricks nicht dazu gebracht werden konnte, seine Geheimnisse zu lüften. Deshalb auch der Szenenwechsel zum Shuttlehangar. Und wenn es sich nun um gar keine Simulation handelte? Shania wirkte so lebensecht, wie es seiner Erfahrung nach keine Simulation bisher geschafft hätte.

Er brauchte Gewißheit.

Und er wußte auch schon, wo er sie bekommen konnte. Er riegelte seine Gedanken ab, damit eventuelle Telepathen auf der anderen Seite nicht in der Lage wären, mitzuhören, woran er dachte.

Er begann, ein caldonisches Kinderlied zu summen, während er sich angestrengt an den Text zu erinnern versuchte. Das war eine sehr gute Methode, seine Gedanken von dem abzulenken, an das er krampfhaft nicht zu denken versuchte.

--- Shuttlehangar

Der Chinese schlich sich hinter ein Shuttle der Ivory, mit dem Chedu offensichtlich schon einigen Erfolg gehabt hatte. Die Tür war auf, und offensichtlich war es mit Energie versorgt: Licht fiel aus der offenen Türöffnung in den Hangar. Chi-Lo hatte allerdings keinesfalls vor, sich innerhalb des Shuttles von Martengh finden zu lassen. Er blieb lieber außerhalb und versteckte sich vorerst hinter dem Shuttle, wo er beschäftigt und gleichzeitig unbeteiligt tun konnte, falls Martengh ihn dort entdecken sollte.

Martengh marschierte lässig aus dem Shuttle heraus, wo er sah, daß Chedu im Sicherheitskraftfeld des anderen Shuttles gefangen war.

Ha - von dem konnten seine Entführer wahrscheinlich aus eigener Erfahrung wissen, als sie die Shuttles hatten stehlen wollen. Hm, also auch kein Beweis.

Nein, der endgültige Beweis wartete woanders auf ihn. Mit festem Schritt verließ er den Hangar.

Der Chinese hatte Mühe, seinen Blick von der Tür zu lösen, durch die Martengh soeben den Hangar verlassen hatte. Aber hinter ihm roch es irgendwie eigenartig. Also drehte er sich um, um nachzusehen.

Und er wünschte sich sofort, er hätte es nie getan.

Jetzt war klar, wo die Ärztin geblieben war.

Charly saß quer über ihr.

Blutüberströmt und leblos lag sie auf dem Boden.

Bedrohlich klappten die Greifer an den Tentakeln auf und zu, als sie sich auf den Körper der Ärztin senkten.

Gleich würde er den Torso zerfleischen...

Von Chedu war weit und breit nichts zu sehen. Jetzt erklärte sich auch ihr Aufschrei von vorhin. Der Roboter mußte sie anderswo erwischt haben.

Der Chinese brauchte ein paar Sekunden, um sich zu fangen.

Diese paar Sekunden hätten ihn fast das Leben gekostet, denn ohne Vorwarnung griff der Roboter an, sobald seine Sensoren den Asiaten registriert hatten.

Seine Tentakel schossen blitzschnell hervor. Mit einer gewagten Rolle nach rechts brachte sich der Chinese in Sicherheit. Die Tentakel passierten die Stelle, an der sich Chi-Lo nur Sekundenbruchteile früher aufgehalten hatte und bohrten sich in die Shuttlehülle. Hätte er noch dort gestanden, er wäre glatt aufgespießt geworden.

Dem Chinesen blieb aber keine Zeit, den Göttern zu danken, denn die Killermaschine namens Charly setzte unverzüglich nach.

Ein kurioser Kampf begann.

--- Shuttle der Bragma II

Mühsam durchdrang Gorms Verstand die Nebel in seinem Hirn: 'Was war das? hypnotisches Gas? Ein wacher Martengh? Chedu in Gefahr? Ist mir schlecht...'

Nachdem sich der Ferengi, dem aus lauter Orientierungslosigkeit schlecht geworden war, von seinem Mageninhalt auf den Boden des Shuttles erleichtert hatte, sah er sich benommen um.

Nachdem er ein paarmal kräftig seinen Kopf geschüttelt und probehalber ein paar zehngrädige Integralgleichungen im Kopf gelöst hatte, sah er die letzte verbliebene Person außer ihm im Shuttle an - Shania:

"Ich glaube, Chedu ist in Schwierigkeiten im anderen Shuttle. Ich versuche mal kurz, ihr zu helfen.". Der Wissenschaftler wandte sich zur Tür, drehte sich dort aber noch einmal kurz um: "Irgendwie hab ich den Faden verloren. Wenn ich wieder zurück bin, bitte ich Sie, mir bei der Auflösung einiger Rätsel zu helfen."

Gorm nickte der sprachlosen Shania noch einmal zu und verließ dann das Shuttle.

--- Shuttlehangar

Die Tentakel Charlys wirbelten nur so hin und her, und Chi-Lo sprang, bückte, rollte und verrenkte sich, um diesen mörderischen Instrumenten immer wieder im letzten Augenblick auszuweichen. Einzig und allein die Reflexe und die körperliche Fitneß aus seinen Kampfsportzeiten retteten dem Chinesen das Leben.

Nur würde der Roboter dieses Spiel wesentlich länger durchhalten können als sein Gegenüber.

Chi-Lo's Lungen pumpten wie ein riesiger Blasebalg und brannten dabei wie Feuer. Die Arme und Beine wurden taub. Es mußte etwas geschehen, und zwar schnell.

Er griff zum Phaser an seiner Hüfte. Aber die kleine Verzögerung in Chi-Lo's Ausweichverhalten, die diese Aktion bewirkte, reichte, daß ein seitlich geführter Tentakelhieb Charlys Chi-Lo voll an der Seite traf.

Es war, als hätte ihn ein stattlicher Araberhengst in der Blüte seiner Jahre kraftvoll mit beiden Hinterbeinen gleichzeitig getroffen.

Interessiert sah der Chinese zu, wie sich sein Beine vom Boden lösten, und er sich auf eine Luftreise machte.

Er wurde quer durch den Hangar geschleudert.

Die Flugbahn des Chinesen wurde je gestoppt, durch einen Stapel Kisten, in die das biologische ballistische Geschoß prallte.

Sterne tanzten vor seinen Augen.

Er bekam überhaupt nicht mit, das Charly bereits während des Fluges des Chinesen mit wild wirbelnden Tentakeln die "Verfolgung" aufgenommen hatte.

Ohne das bewußte Zutun des Chinesen löste sich ein Phaserschuß. Ein wirbelnder Tentakel wurde durchtrennt und flog in das offene Shuttle der Ivory.

Der Chinese wollte sich bewegen, doch er konnte nicht. Durch den Schlag Charlys und den anschließenden Aufprall war sein Körper taub und wie gelähmt.

Die Tentakel kamen immer näher, und der Chinese konnte nichts, aber auch rein gar nichts, dagegen machen.

Die Greifer...

Jetzt wußte Chi-Lo endlich, wo er die Form der Wunde an Shanias Kopf bereits einmal gesehen hatte. Es war die Form der Greifer an Charlys Tentakeln.

Der Asiat hatte es vermasselt. Wenn er nur früher geschaltet hätte, dann hätte vielleicht noch alles verhindert werden können, aber so...

Der Roboter würde nun gewinnen, nur weil Chi-Lo die Form nicht früh genug erkannt hatte.

Als die Tentakel ihn emporhoben und hoch über den Roboter hielten, glitt die Waffe kraftlos aus Chi-Lo's tauben Fingern.

Beim Aufprall auf den Kopf von Charly gab es eine kurze Energieentladung, die eine Fehlschaltung bewirkt haben mußte. Jedenfalls konnte man jetzt deutlich über die Außenlautsprecher des Roboters Bragmas fanatische Stimme hören, die Befehle erteilte: "Jaaaa, Viktor, töte! Bringe sie alle um, mach weiter, vernichte, zerfleische, Quäle! Sei ihr schlimmster Alptraum!"

Dann gingen nacheinander die Lichter aus:

Erst die im Hangar, und dann seine eigenen, als sich die Tentakel des Killerroboters um seinen Hals schlangen und ihm die Luft abschnürten...

--- Shuttlehangar, zur gleichen Zeit

Der Ferengi suchte sich aus den, am Boden herumliegenden Waffen einen Phaser heraus und klaubte sich vom nächsten Regal einen Tricorder, der dort irgendwann einmal vergessen wurde.

Das waren die Sachen, auf die die Technikerin bestanden hatte. Langsam konnte er sich wieder daran erinnern.

Gorm war gerade auf dem Weg zu Chedu, als er es hinter einem großen Container poltern hörte: 'Da hat wohl jemand eine Menge Spaß! Naja, soll sich Chedu darum kümmern, sie ist jetzt im Moment dringender!'

Plötzlich ging das Licht aus!

Fluchend rieb sich der kleine Ferengi sein Knie. Seine Augen hatten sich nicht schnell genug an die Dunkelheit anpassen können und er hatte mit seinem Knie voll die Kante einer Kiste aus Duraplast erwischt. Tat das gut, wenn der Schmerz nachließ!

Mühsam machte er sich wieder auf den Weg zur Klingonin. Komisch kam ihm der Gedanke schon vor: Die Technikerin war die einzige an Bord dieses Schiffes, die ihn freundschaftlich behandelt hatte. Und das, obwohl Ferengi und Klingonen nicht gerade für ihr freundschaftliches Verhältnis zueinander bekannt waren. Und jetzt kam er, ein zwergenwüchsiger Ferengi um einer großen, starken Klingonin beizustehen!

Endlich war Gorm am anderen Shuttle angekommen. Die Luke stand offen und ein bläuliches Glimmen erhellte die Fläche vor dem Shuttle ein wenig. Von außen sah er einen abgetrennten Robotarm am Boden liegen. Zum Glück war das Shuttle innen erleuchtet. So wie der Tag lief wäre er wahrscheinlich darüber gestolpert und hätte sich wieder wo gestoßen!

Wofür war eigentlich dieser Putzroboter da? Schnell stieg er ins Innere des Shuttles: "Chedu? Ich bin hier. Wofür brauchen Sie .... Oh!"

--- Shuttle der Bragma II

Ungläubig starrte Shania noch eine Weile auf die offene Tür des Shuttle und konnte nicht glauben was vor sich ging.

Man hatte sie einfach niedergeschlagen.

Man hatte sie in Versuchung geführt ihre Fähigkeiten auszunutzen um Monserat hinters Licht zu führen.

Man hatte sie sogar bezichtigt, daß sie Informationen für sich behalten würde.

Sie hatte das Wagnis auf sich genommen Martengh zu wecken nur um endlich jemand zu haben, der auf ihrer Seite stand oder zumindest Licht ins Dunkel brachte.

Und er war einfach gegangen.

Ebenso wie Chi-Lo davor und Gorm danach.

Und jetzt war sie ganz mutterseelenallein hier im feindlichen Shuttle.

Sie korrigierte sich.

In einem mit dem Mageninhalt eines madenfressenden Ferengi übersäten feindlichen Shuttles.

Es konnte eigentlich gar nicht mehr schlimmer werden.

Da ging plötzlich draußen das Licht aus.

"Scheißkerle! Verdammte Scheißkerle!", fluchte die Amerikanerin hinter den drei 'starken' Männern hinterher. Wahrscheinlich hatte der Chinese auch noch für einen Kurzschluß in der Energieleitung gesorgt, als er versucht hatte die Hangartüren schon mal vorsorglich zu sabotieren, damit sie beim roten Alarm geöffnet blieben.

Wütend aber auch mit schrecklichen Herzklopfen trat Shania aus dem Shuttle in dem sie sich wie in einer Falle vorgekommen war.

--- Shuttlehangar

Die Amerikanerin blickte sich um, doch sie konnte nichts Auffälliges erkennen.

Im Grunde konnte sie eigentlich gar nichts erkennen.

Schon wollte sie wieder umkehren um sich zumindest im Shuttle zu verschanzen, als sie ein Geräusch vernahm. Es klang wie ein unterdrücktes Röcheln.

Mitten in der Bewegung hielt sie inne.

--- Shuttle der Ivory

"Kahless sei Dank, daß Sie hier sind, Gorm" seufzte die Klingonin erleichtert auf, als sie den kleinen Wissenschaftler erblickte. Sie hatte schon befürchtet, daß Monserat oder gar derjenige auftauchen würde, den sie eben dumpf im Hangar wüten hörte.

"Ja, oh! Irgendwie hab ich eine der Fallen dieses ehrlosen Martengh ausgelöst und dummerweise nicht die geeigneten Mittel gehabt mich selbst zu befreien", grollte Chedu noch immer wütend über ihre eigene Fahrlässigkeit.

"Wenn Sie bitte mit Ihrem Tricorder nochmal meine ermittelte Frequenz des Kraftfeldes von 73,06 Terradyne überprüfen würden, und dann mit dem Phaser das Feld überlasten."

Die Technikerin unterdrückte ihren Drang nervös innerhalb ihrer "Zelle" auf und ab zu gehen, um den Ferengi nicht noch mehr zu ängstigen. Dennoch war sie ziemlich beunruhigt und alarmiert über die Geräusche, die sich aus dem Hangar vernahm und die immer noch andauerten. Es mußte irgend ein Kampf statt finden. Und sie war hier drinnen wie eine cardassianische Wühlmaus einfach gefangen und konnte nichts tun.

"Konnten Sie feststellen was da draußen vor sich geht?" Chedu versuchte die Frage so beiläufig wie möglich klingen zu lassen.

Gorms Finger huschten über die Sensorfelder des Tricorders, "einen Moment noch", hielt er die Klingonin noch etwas hin.

Nachdem er die Frequenz des Kraftfelds überprüft und Chedus Angaben bestätigt hatte, stellte er den Phaser ein und sandte einen kohärenten Phaserstrahl in Richtung des Emitters.

Das Kraftfeld verfärbte sich vom hellen Blau über grün, nach gelb, bis es zuletzt in einem roten Blitz verschwand.

"Das erste, daß mir aufgefallen ist, sind die Geschichten über ein hypnotisches Gas", erzählte der Wissenschaftler der Technikerin, "außerdem läuft Martengh noch frei rum und draußen ist das Licht ausgefallen. Ach ja und draußen im Hangar wird irgendwo gekämpft!", hatte Gorm zuletzt noch einen Erinnerungsblitz, "aber da hab ich mich lieber nicht eingemischt. Ich wollte denen nicht den Spaß verderben", diese Worte betonte der Ferengi sarkastisch, "und habe lieber Sie befreit. Ich glaube, für Kampfaktionen sind Sie besser geeignet als ich."

Der Wissenschaftler hielt der Klingonin den Phaser hin.

Lächelnd wies Chedu den Phaser zurück. "Sie sollten ihn zu Ihrer eigenen Sicherheit lieber behalten. Ich bleibe bei meinem Disruptor. Der ist zwar nicht so nützlich als Werkzeug, aber umso wirkungsvoller als Waffe." Mit einem hintergründigen Grinsen nahm Chedu ihre eben noch nutzlos erschiene Waffe wieder auf.

Erleichtert über ihre zurückgewonnene Freiheit ging sie in die Hocke um auf gleiche Höhe wie der Ferengi zu kommen. Die Klingonin legte eine Hand auf seine Schulter und sah ihm in die Augen. "Danke, Gorm."

Mit einer wieder ernster werdenden Miene richtete sie sich wieder auf. "Ein Bewußtsein veränderndes Gas? .... ob deswegen diese iridianische Kröte vorhin so durchgedreht ist? Egal, das ist jetzt nebensächlich.

Sie sagten Martengh läuft wieder frei herum? Das ist gar nicht gut. Das bedeutet, es ist auch hier nicht mehr sicher. Sofern man das von diesen Shuttle überhaupt sagen konnte", fügte sie schnaubend hinzu.

Die Technikerin aktivierte ihren Tricorder erneut und scannte das Ausrüstungsfach an der Seitenwand des Shuttles, bevor sie es öffnete und daraus zwei Lampen entnahm. Eine davon reichte sie an Gorm weiter, die andere befestigte sie mit Klebeband, aus einer Tasche an ihrem Oberschenkel, auf ihrem Disruptor.

Dann wandte sie sich wieder dem Wissenschaftler zu. "Ich werde nach draußen gehen und die Lage klären. Wenn Martengh meint, hier Amok laufen zu können, werde ich ihn stoppen, bevor er es noch schafft unsere Pläne zunichte zu machen.

Sie kommen am Besten mit mir, Gorm. Martengh wird sicher bemerkt haben, daß ich einige Schutzverletzungen am Shuttle beging und zurückkehren. Sie sollten ihm dann lieber nicht begegnen."

"Hm, Martengh ist im Moment nicht unser vorrangiges Problem, wie ich glaube", der Wissenschaftler lächelte zur Technikerin hinauf, "ich glaube Licht ist im Moment wichtiger! Hm, mal sehen, was ich machen kann: Computer, bitte Licht im Shuttlehangar aktivieren!", ..... Nichts!

"Ok! Es war ein Versuch! Computer, warum läßt sich das Licht im Hangar nicht aktivieren?", versuchte es Gorm erneut ohne sich davon abbringen zu lassen, daß Chedu ihren Disruptor zumindest zum Schießen mit Licht versorgt hatte.

"Es könnte eventuell an den entfernten optischen Sicherungen liegen", schnurrte der Bordcomputer gelangweilt.

Der Ferengi erstarrte für einen Moment. Der vorlaute Bordcomputer hatte ihn aus dem Konzept gebracht: "WAS? .... Ähm, ok, die Sicherungen überbrücken und Licht aktivieren..." Sicherheitshalber fügte er noch hinzu: "... im Shuttlehangar!"

Kurze Zeit später flammte außerhalb des Shuttles das Licht auf.

Gorm sah die Technikerin an und rieb sich sein Knie: "Nichts gegen Lampen, aber ich hasse Hindernisläufe bei Dunkelheit!"

"So geht's natürlich auch.", lachte Chedu leise, nahm die Lampe wieder ab und steckte sie in eine Beintasche. Seitlich näherte sie sich der Luke des Shuttles und erblickte erst jetzt einen abgerissenen metallenen Greifarm, der auf dem Boden lag.

Irritiert hob sie ihn hoch. Er war nicht abgerissen worden. Nein, das Metall war geschmolzen. Ob dieser ewig plappernde Putzroboter jemanden so sehr auf die Nerven ging, daß er ihn beschossen hatte?

Auch wenn sie das sehr gut nachvollziehen konnte, war die Klingonin beunruhigt. Sie spähte mit dem Tricorder kurz um die Ecke.

Aus dieser Richtung drohte schon mal keine Gefahr. Zumindest im Augenblick. Sicherheitshalber programmierte sie im Tricorder noch rasch einen akustischen Annäherungsalarm, der ihn ihrem Ohrcommunicator meldete, wenn sich etwas in einen 5 Meter Radius um sie hinein bewegte.

Um eine Hand frei zu haben, steckte sie den aktivierten Tricorder in eine verschließbare Brusttasche, verließ geduckt mit gezücktem Disruptor das Shuttle. Ihre Blicke schweiften über umgestürzte Frachtcontainer.

Immer noch konnte Chedu weder den Verursacher dieser neuen Unordung noch sonst jemanden ausmachen. Sie drehte sich zur Luke herum und winkte Gorm zu, daß er nun zu ihr aufschließen konnte.

Geduckt schlich sie hinter ein paar Kisten parallel zum Shuttle entlang und stockte. Adrenalin rauschte durch ihre Adern. Sie witterte Blut. Es war noch ganz frisch. Die Klingonin bewegte sich schnuppernd auf die Rückseite des Shuttle zu.

Erschrocken machte sie dem Ferengi ein Zeichen zu warten. Vor ihr lag ein blutüberströmter Körper. Mit nun zum Äußerstem alarmierten Sinnen zog sie den Tricorder hervor und scannte die Umgebung. Immer noch keine Hinweise auf den oder die Angreifen.

Sie beugte sich über den Leib, den sie nur noch mit Hilfe des Tricorders als den der bajoranischen Ärztin identifizieren konnte. Es war kaum noch Leben in ihr. Hilflos überlegte Chedu was sie tun konnte, als sie plötzlich ein kaum merkbares ersticktes Gurgeln vernahm. Es kam aber nicht von Savannah.

Sie blickte sich zu Gorm um. Auch der Ferengi schien es gehört zu haben.

Die Technikerin rejustierte ihren Tricorder und konnte ein weiteres schwaches Lebenszeichen ausmachen, das ihr vorhin entgangen war. Es war terranisch. In seiner unmittelbaren Nähe machte sie zudem noch merkwürdige Energiewerte aus.

Vorsichtig weiter in Deckung bleibend bewegte sich die Klingonin in die ermittelte Richtung und spähte um eine Kiste. Erschrocken prallte sie zurück. Sie konnte nicht glauben, was sie da eben gesehen hatte.

Sie riskierte einen weiteren Blick. Charly, dieser Blechhaufen hatte den nur noch schwach zappelnden Chinesen mit zwei Tentakeln über sich gehoben und drückte ihm mit seiner letzten Klaue die Kehle zu.

Hastig begab sich die Technikerin wieder außer Sichtweite und beugte sich zu Gorm herunter.

"Der Putzroboter scheint einen neuen Job zu haben. Auf jeden Fall scheint er sich nicht auf Bajoraner zu beschränken. Er ist gerade dabei den Piloten in die Hölle zu schicken.", informierte sie ihn flüsternd.

"Auch wenn ich nicht viel von diesem Wichtigtuer halte, denke ich, daß er uns für die Flucht noch nützlich sein könnte.

Sehen Sie da drüben die Kontrollkonsole für den Frachtkran? Sie ist etwa 14 Meter von hier entfernt. Wenn Sie damit den Roboter einfangen könnten....

Ich will ihn nämlich 'lebend' um herauszufinden, welcher Ehrlose seine Programmierung geändert hat. Jemand der so feige ist und einen Roboter zum Killer umprogrammiert, statt sich seine Feinde selbst vorzunehmen, ist alles zuzutrauen.

Ich werde dieses Ding von Ihnen ablenken und zu 'entwaffnen' versuchen. Einverstanden?" Abwartend schaute sie den Wissenschaftler an.

Gorm benutzte seinen Spezialcommunicator, um der Technikerin ein leises "In Ordnung" zu kommen zu lassen.

Nach dem langsamen, nervenden Schleichen war der Andorianer froh, sich anderwärtig ablenken zu können.

Schnell huschte er zu dem Ladekran, im Prinzip nichts anderes als ein massiver gebautes Exoskelett, und besah sich das Gerät einmal.

--- Shuttlehangar, ein wenig entfernt

Wie angewurzelt war Shania stehen geblieben.

Trotz der Dunkelheit an die sich ihre Augen zu gewöhnen versuchten nahm die Amerikanerin eine Bewegung wahr und was sie dann sah, ließ sie erstarren.

Charly!

Der kleine Putzroboter war so stumm wie sie ihn er einmal gesehen hatte. Auf den Gängen liegend leblos und mit eine gewaltigen Delle. Er schien etwas Großes, Schweres über seinem Kopf zu halten.

Und dieses Große hatte die Form eines Menschen!

"Oh, mein Gott", rief Shania erschrocken aus und hielt sich augenblicklich selbst den Mund zu, doch da waren ihre Worte schon gesprochen. Und damit provozierte sie ungewollt, was sie auf keinen Fall vorgehabt hatte, nämlich daß sie Charlys Aufmerksamkeit auf sich zog.

"TÖTE, VICTOR! TÖÖÖÖTEE!!!", hörte sie eine Stimme, die aus Charlys Bauch zu kommen schien und sich fast vor Haß zu überschlagen schien.

In diesem Moment erkannte sie im schwachen Schein von Licht dem sie überhaupt verdankte, daß sie etwas sah, die Gestalt, die Charly in seiner Gewalt hatte.

Es war der Chinese Chi-Lo.

Shania glaubte ihr Herz müsse stillstehen.

Unfähig zu flüchten und sich selbst in Sicherheit zu bringen stand sie ganz einfach nur da.

Sie wollte ihn nicht allein lassen, doch sie war auch nicht fähig irgend etwas zu seiner Rettung zu tun.

Plötzlich begriff sie, was er damit gemeint hatte, als er sagte "Shania, die Droge hindert mich am Handeln..."

Aber vielleicht würde sie keine Gelegenheit haben es ihm zu sagen...

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