Ivory Chronik 4

Gelbe Kampfgnome, verängstigte Ferengi und ein verrückter Plan

--- Ivory, Brücke

"Lysides ist eine Göttin. Sie ist nicht nur eine Schönheit für jeden Kunstkenner, sondern sie birgt in sich das Geheimnis einer Metallegierung unbekannter Herkunft. Einer Legierung, die härter ist, als alles was man im uns bekannten Universum bisher kennt, für die so mancher töten würde.

Und dennoch begnügt sich Bragma damit, Händlern das Original zu zeigen und ihnen dann eine billige Kopie zu verkaufen... Ein Geschäft, daß ihn unter anderem zum reichsten aller Händler gemacht hat.

Das heißt: Bisher genügte es ihm..."

Die Miene des Captains verdunkelte sich schlagartig, während er sich setzte. Der soeben als Kunstbanause gescholtene Chinese versuchte, seine Überraschung zu unterdrücken.

Er vergaß sogar seinen Ärger darüber, ausgerechnet von jemandem in Sachen Kunst gemaßregelt zu werden, der diese unsäglich kitschigen Figürchen doch tatsächlich als Kunst bezeichnete. Oder doch zumindest das Original.

DAS war Monserat?

Dieses kleine Männchen?

Nun, das würde zumindest erklären, warum er sich diesen Hünen von einem Caldonier zum Sicherheitschef und 1. Offizier erkoren hatte. Somit gab es wenigstens einen Führungsoffizier, der auf die Mannschaft Eindruck machte, wenn schon vom Captain in dieser Hinsicht nicht viel zu erwarten war...

'Nun', dachte sich der Experte in Sachen Piratologie, 'zumindest sind mir einäugige Kapitäne ja vertraut...'

Er schwieg aber.

Seine Stellung an Bord ließ es gerade nicht zu, daß ausgerechnet er fragte, welche Informationen Monserat wohl über die neuen Pläne Bragmas mit diesen Püppchen haben mochte.

Von Gorm kam über die Konsole die Nachricht, daß die Schleuse der Ivory inzwischen geschlossen war.

Gemäß Martenghs Befehl dockte der neue Pilot von der Station ab.

"Abdockungssequenz gestartet, Captain. Kurs liegt an. Kolkatoah-Nebel."

Chi-Lo blickte kurz auf sein LCAR:

"Geschätzte Flugdauer: 23 Minuten."

Im Stillen dankte er Gorm für seinen Fleiß, der es ihm ersparte, irgendwelche Informationen selber heraussuchen zu müssen, denn jedes Schiff bekam im Laufe der Jahre unter verschiedenen Ingenieuren eine ganz eigene Datenverarbeitungs- und LCARS-Struktur, und er hatte noch überhaupt keine Zeit gehabt, sich mit den hiesigen Spezifikationen vertraut zu machen.

Nun, an der Steuerung wurde im Allgemeinen so gut wie nie etwas geändert, dafür würde es schon reichen.

--- Turbolift

'Ich hoffe, der Rest der Crew ist auch so nett wie diese Frau. Einfach Wahnsinn wie freundlich sie ist...', dachte sich Savannah und strich sich eine verschwitze Haarsträhne aus dem Gesicht.

Darüber ob sie den Job bekam, dachte die Ärztin lieber nicht weiter nach. Zuviel Optimismus zahlte sich nicht aus und würde nur die Erwartungen zu hoch schrauben, hatte schon ihr Vater immer gesagt. An diesen Leitspruch versuchte sich Savannah schon seit ihrer Kindheit zu halten, doch leider fiel ihr das von je her schwer.

Es war nicht gerade Shanias Lieblingsbeschäftigung anderer Leute Sachen zu tragen, doch bei der Ärztin machte sie eine Ausnahme. Spätestens nach der Geschichte mit dem Rauswurf hätte die Amerikanerin ohnehin ihre Hilfe angeboten.

Einen zu nachtschlafender Zeit vor die Tür zu setzen, das hätte mal jemand mit ihr probieren sollen...

"Computer, Brücke", befahl sie mit einem leicht ärgerlichen Ton, als sie an den rüppelhaften Vermieter der Bajoranerin dachte.

Zu ihrem Entzücken meldete sich eine honigsüße Stimme, statt daß die Fahrt gleich begann. "Dort ist doch schon genug Trubel ohne euch beiden Schätzchen... Ihr solltet lieber Charly beim Sauberm..."

Weiter kam der Computer diesmal nicht.

"Computer darf ich dich daran erinnern, daß mir ein gewisser Carra den Rat gab deine Stimmaktivierungprotolle 72a und 835x genau um 24,083 Grad neu zu kalibrieren und einfach dein Hyprasynteticmodul gegen ein wesentlich neueres auszutauschen..." Shanias Stimme hatte einen leisen drohenden Unterton.

Der Italiener mochte ja sang- und klanglos aus ihrem Leben verschwunden sein, aber nicht ohne ihr ein kleines Geschenk zu hinterlassen.

"Brücke", schnarrte die weibliche Stimme sehr monoton und der Turbolift setzte sich in Bewegung.

Entschuldigend blickte die Amerikanerin auf die Ärztin. "Tut mir leid, aber wir sind das einzig mir bekannte Schiff, daß einen verrückten Bordcomputer hat, der zu allem seinen Kommentar abgeben muß. Man kann damit leben, aber manchmal muß man ihm auch Grenzen setzen."

Bevor die Ärztin noch kehrt machten konnte, lenkte Shania das Gespräch wieder auf andere Bahnen: "Tut mir leid, daß man Sie vor die Tür gesetzt hat und Sie gezwungen sind sich Hals über Kopf einen Job zu suchen. Was haben Sie eigentlich bisher gemacht?"

"Nun ich habe meine Ausbildung in der Sternenflotte absolviert. Dort habe ich auch meinen Doktor gemacht. Man hat mich zuerst auf die USS Essex versetzt, aber dort habe ich mich nicht sonderlich wohl gefühlt. Es ist mir wichtig an meinem Arbeitsplatz Freunde zu haben. Doch die habe ich dort nicht gefunden", erzählte Savannah freimütig.

"Ich bat darum versetzt zu werden und landete auf der USS Vermont. Dort habe ich zwar Freunde gefunden, aber als wir einen neuen Chef in der medizinischen Abteilung bekamen, ging wieder alles schief. Unter dem alten Leiter hatten wir uns auf einen sehr familiären Ton geeinigt. Der neue war zu 150% Sternenflottenoffizier. Es war grausam und irgendwann gerieten wir aneinander. Er warf mir vor das übrige medizinische Personal gegen ihn aufzuhetzen.

Das an sich wäre schon ein Grund gewesen zu gehen, aber er meldete dem Captain, daß ich mehrfach grob fahrlässig gehandelt hätte. Als mir das zu Ohren gekommen ist, habe ich ein wenig überreagiert und meinem Abteilungsleiter eine Ohrfeige verpaßt. Das Ende vom Lied war, daß ich degradiert wurde. Ja und anstatt auf meine Strafversetzung zu warten, habe ich die Flotte verlassen und bin auf die Basis gegangen.

Besonders viel Glück hatte ich da leider auch nicht. Ärzte hatten sie genug und als Kellnerin gebe ich eine äußerst traurige Gestalt ab. Na und dann teilte mir mein netter Vermieter mit, daß hier auf der Ivory immer Leute gebraucht würden und setzte mich vor die Tür. Wahnsinnig freundlich mir den Tip zu geben. Ja und so bin ich hier gelandet." Lächelnd blickte die Bajoranerin ihre Begleiterin an.

"Ich hoffe, daß es mir hier besser ergeht. Aber da bin ich zuversichtlich, auch wenn Sie einen sehr merkwürdigen Bordcomputer haben."

--- Brücke

Aaron fiel nur dieses Gewimmel auf, aus dem er nur Wortfetzen, wie Spion, Operation, Bragma.... entnehmen konnte. Jedenfalls diagnostizierte er wieder beim Chef diesen Sicherheitsfimmel:

'Eine richtige Exitenzparanoia hat der - das kleinste Mißverständnis kann einem hier das Leben kosten! Er verliert wohl in einer Gefahrensituation sehr leicht die Nerven und läßt seine Unsicherheit dann an anderen aus. Perfekte, unmißverständliche Kommunikation ist hier eine Frage des Überlebens.'

Der Wissenschaftler hatte jetzt die Befürchtung, einfach in ein in sich geschlossenes Team zu platzen und daher eher störend als unterstützend zu sein. Er sah, wie zuvor dieser Chinese abgeführt und regelrecht zerquetscht wurde, war besorgt, nachdem er abgeführt wurde und daher umso mehr erleichtert, als er ihn mit dem Chef wieder zur Brücke zurückkehren sah.

'Wer oder was ist Bragma und diese Operation Lysiadis??'

Der Ameisenhaufen schien sich aber nun vom Chaos in eine handelnde und sich wieder neu orientierte Crew zurückverwandelt zu haben. Auf jeden Fall roch es nach Zoff und daß ein finsterer Typ etwas auf die Mütze bekommen sollte. Da wollte er doch dabei sein!

Er sah, wie sich nun der Sicherheitsoffizier umdrehte und Hunter ging mit einem freundlichen Lächeln auf ihn zu: "Mein Name ist Aaron Hunter und ich bin das neue Greenhorn hier. Die Situation sah so prekär aus, daß ich nicht die Handlungsfähigkeit des Teams durch ein verwirrendes Hereinplatzen stören wollte.

Legen Sie mir bitte daher mein langes Zögern nicht als Faulheit oder Arroganz aus - ich wollte einfach nicht noch mehr Aufregung verursachen. Wo werde ich gebraucht? Oder soll ich Ihnen erst einmal ein paar Fragen beantworten?'

"Seien Sie sicher, daß Sie nicht das einzige neue Greenhorn an Bord sind, Mr. Hunter", erwiderte Martengh. "Der Captain zieht es vor, in regelmäßigen Abständen die komplette Crew auszutauschen, deshalb sind fast alle Ihrer Kollegen hier neu." Ein kurzes, machtloses Schulterzucken zeugte von diversen fruchtlosen Diskussionen, die fast alle mit den Worten "Das ist mein Schiff, und ich bin hier der Captain" geendet hatten.

An Monserat gewandt fragte er: "Die Überprüfung aller neuen Crewmitglieder läuft noch. Du hast dich doch schon ausgiebig mit ihm unterhalten, hatte ich den Eindruck. Was hast du entschieden?"

"Eingestellt", erwiderte der Captain ganz in Gedanken.

"Grmpf...", seufzte der Caldonier. "Damit hatte ich schon gerechnet, es sei denn, du wolltest ihn unterwegs an die frische Luft setzen. Als was hast du ihn eingestellt?"

"Als Schneider. Wir kriegen alle einheitliche Uniformen. Du kriegst die erste. Er dachte an ein zartes Pink mit dezenten schwarzen Querstreifen. Du solltest erst mal die dazu passende Kappe sehen. Echt süß, steht dir sicher gut..." Ein leichter süffisanter Unterton verbarg die genervte Stimme. Fast.

"Alles klar, ich werfe ihn raus." Der Sicherheitschef richtete sich zu voller Größe auf. "Folgen Sie mir bitte zu Luftschleuse 2. Widerstand ist zwecklos."

Aaron erstarrte zuerst vor Schreck. Wußte er anfangs doch nicht, ob es sich hier nur um ein freundlich gemeintes Begrüßungsscherzchen oder um eine undurchsichtige Code-Anweisung des Captains handelte, weil er es sich doch noch anders überlegt hatte. Der Schreck lag in der Ungewißheit.

Nun, dann durchsetzte ihn ein prickelndes Bedürfnis nach einer Revanche. Sollte es ein Rausschmiß sein, dann könnte er es den beiden Kauzen noch mal zeigen, ansonsten dürften sie dann somit Bescheid wissen, daß er sich nicht so leicht unterbuttern ließ.

Er wandte sich an beide mit einem charmantem Lächeln - die beste Art, seinem Gegenüber die Zähne zu zeigen: "Ooohh, Captain. Ich finde, Ihr erster Offizier hätte etwas Besseres verdient, zumindest, was seine markante Persönlichkeit und Charakterstärke wiedergibt."

Kurz hielt der Freizeitgoldsucher inne, damit seine Worte wirken konnten. Dann sah er dem Securitygorilla direkt provozierend in die Augen: "Ich dachte eher an einen weit geschnittenen rosa Blouson mit mintgrünen Rüschen. Klar, schwarze Streifen gehören dazu, aber unbedingt nur zusammenhängend mit einer Goldbouquetkappe, geziert mit einem schönen Plastikrubin und einer Fasanenfeder - zur Unterstreichung der inneren Eleganz natürlich!

Damit Sie etwas - zumindest optisch - mehr Autorität erhalten und noch größer wirken, schlage ich Springerstiefel mit extra hohen Pfennigabsätzen vor. Und das alles natürlich in einem feinen britischen Stil, um noch mehr Ihrer inneren Würde und Souveränität Ausdruck zu verleihen.

Oder bevorzugen Sie mehr ein feminines Himmelblau als Grundton Ihrer Uniform?

Oder sollten wir nicht in Anbetracht der Lage nicht auf wichtigere Dinge zu sprechen kommen, anstatt in Albernheiten zu verfallen?"

Der Asiat hielt unwillkürlich den Atem an.

Er selbst war ja manchmal schon sehr direkt, aber der Konfrontationskurs von diesem Aaron übertraf ja wohl alles, was er selbst sich jemals trauen würde.

Nun, zumindest, wenn es ihm gelingen sollte, vor dem Reden nachzudenken... Was leider viel zu selten geschah.

Jedenfalls war es seinen Erfahrungen nach ganz und gar nicht klug, die Handlungsweisen es Captains in Frage zu stellen.

'Naja', dachte sich der Chinese, 'zumindest sorgt dieser Knabe erst einmal dafür, daß ich ein wenig aus dem Schußfeld gerate.'

Im Stillen dankte er den Göttern dafür, daß sie ihm diesen lebensmüden Buntschwanzpapagei gesandt hatten.

Um sich auch weiterhin mehr und mehr aus dem Fokus der beiden Führungsoffiziere zu entfernen, versuchte der neue Schiffspilot, den Eindruck zu erwecken, er sei mit dem Fliegen der Ivory beschäftigt. Was allerdings kaum möglich war, weil Gorm ja schon alles so perfekt vorbereitet hatte. Es gab einfach nichts zu tun, als auf die Ankunft beim Kolkatoah-Nebel zu warten.

"Selbstverständlich können wir auf Albernheiten verzichten", erwiderte der Sicherheitschef, "wenn mir jemand meine Frage beantwortet. Ich weiß im Moment nur, daß Sie gedenken, Ihre Kleiderordnung auf das gesamte Schiff zu übertragen, was bei der Farbzustellung körperliche Auseinandersetzungen hervorrufen würde. Deshalb kann ich das Interesse der Sicherheit nicht dulden. Also: Als was sind Sie wirklich eingestellt?"

'Hmmm...', sinnierte Martengh. 'Springerstiefel mit extra hohen Pfennigabsätzen. Pah. Aber ohne die Absätze ... warum eigentlich nicht?'

--- Brücke, wissenschaftliche Station

Chedu nahm die Anspannung auf der Brücke wahr und wurde dadurch aus ihren Gedanken gerissen. Erst jetzt realisierte sie verlegen, daß sie die ganze Zeit abwesend wie ein capellanisches Mondkalb in die Luft gestarrt hatte und so gut wie nichts von dem wahrgenommen hatte, was um sie herum vorging.

Sie schaute sich um und stellte verwundert fest, daß der Chinese inzwischen an der Station des Piloten saß und die Ivory schon wieder unterwegs war.

'Verdammt!', siedendheiß fiel der Technikerin wieder ein, daß ihre persönlichen Sachen noch auf der Station in einem Schließfach lagen. Nun, die würde sie nun vorerst abschreiben können. Hoffentlich funktionierten die Replikatoren an Bord vernünftig, und hoffentlich ließ sich der Verwalter der Schließfächer davon überzeugen die Lagerung zu verlängern oder ihr die Sachen zur nächsten Starbase nachzuschicken. Obwohl, sie wußte ja nicht einmal, wohin sie gerade unterwegs waren. Wenn sie doch nicht so weggetreten gewesen wäre....

Chedu verfluchte sich innerlich dafür und versuchte weiter, sich einen Überblick der Lage zu verschaffen. Der Captain war anwesend, was dafür sprach, daß etwas Wichtiges anlag. Der Caldonier stand wieder an der taktischen Station und sprach gerade mit diesen ziemlich eigenwillig gekleideten Menschen und sah fast so aus, als ob er ihn am Liebsten erwürgen wollte.

Ihr Blick wanderte weiter zur Station des Navigators und blieb an Gorm hängen. Schockiert wurde der Klingonin bewußt, daß es der Ferengi war, den sie vorhin die ganze Zeit angestarrt hatte und der ihre Gedanken so beschäftigt hatte. Angewidert, verwirrt und dennoch fasziniert fragte sie sich, warum es ihr dieser kleine Wicht so angetan hatte.

Es war doch einfach verrückt. Er war ein Ferengi. Ein Ferengi! Obwohl, abgesehen von seiner noch geringeren Größe als die eines typischen Ferengi, verhielt er sich ja überhaupt nicht so, wie sie es von diesen widerlichen Kreaturen gewohnt war. Sie waren abstoßend, hielten sich durch ihr Geld für unwiderstehlich und waren zumeist auch sehr viel dümmer als sie selbst dachten.

Aber Gorm... Gorm war wirklich anders. Was ihm an Körpergröße fehlte, machte er durch seinen Verstand wieder wett. Chedu warf ihm einen weiteren Blick zu. Hatte er sie nicht vorhin gefragt, ob sie die Steuerung übernehmen wollte? Im Gegensatz zu ihr verstand er etwas von Navigation und Steuerung eines Schiffes, nicht umsonst besetzte er gerade diesen Posten, auch wenn das nicht sein eigentliches Fachgebiet war.

Die Klingonin überlegte kurz, und tippte dann folgende kurze Botschaft in ihre Konsole ein: "Können Sie mir, wenn es Ihre Zeit erlaubt, auf dem Holodeck Flugstunden geben? Gezeichnet, Chedu."

Sie verschlüsselte den Text mit einem simplen Algorithmus, den der Wissenschaftler sicher ohne nachzudenken herausfinden können mußte, und schickte die Nachricht an die Navigationskonsole.

Gespannt schaute sie zu dem Ferengi hinüber und versuchte dabei einen möglichst neutralen Gesichtsausdruck zu zeigen.

Sehr sicher, ob ihr das auch gelang, war die Technikerin dabei aber nicht.

--- Brücke, Nagivationskontrolle

Gerade als der Ferengi sich zu langweilen begann, tauchte ein Signal auf seinen Kontrollen auf, das eine eingehende Nachricht anzeigte.

Verwundert öffnete Gorm die Mitteilung und sah sich einem Wust von Symbolen gegenüber.

Überrascht begann der Mathematiker einige einfache Algorithmen über den Buchstabensalat laufen zu lassen und hatte auch schon bald Chedus Nachricht in Klartext vor sich stehen.

Verblüfft schnellte der große Kopf des Zwergs in Richtung der klingonischen Technikerin, die ihn grimmig - wie er meinte - anstarrte! Allerdings konnte das auch ein neutraler Gesichtsausdruck sein, bei Klingonen war sich Gorm da nie so sicher.

Schnell ging er im Kopf die in diesem System üblichen Tarife und Kursgebühren durch und tippte seinerseits folgende Nachricht an die Technikerin in den Computer: "Ich fühle mich durch ihr Vertrauen in meine Flugkünste sehr geehrt. Ich verlange 1 Barren Latinum für 5 Stunden oder 2 Prozent Ihres Gewinns auf dieser Fahrt - ohne Verluste. Die genauen Termin können wir ja dann in der ersten Stunde regeln. Gorm."

Die Nachricht verschlüsselte der Wissenschaftler mit einem einfachen Programm, das nur Chedu - und natürlich der Sicherheit - das Öffnen der Nachricht gestattete.

Nach Abschicken der Mitteilung sah er einladend lächelnd zur Klingonin hinüber.

--- Brücke

Der Captain war den Spaß langsam leid, weil ihn das Gespräch zu langweilen begann und er sich nicht auf sein eigentliches Problem konzentrieren konnte. Immerhin näherten sie sich mit jeder Sekunde mehr Bragmas Schiff.

Vielleicht verlassen, vielleicht aber auch nicht sehr erbaut darüber Besuch zu bekommen. Schon gar nicht von seinem alten Freund Gerald.

"Hunter ist Wissenschaftler. Zumindest behauptet er das. Ob er sein Geld wert ist, das wird sich noch herausstellen. Der schnellste ist er jedenfalls nicht und seine Arbeitskraft scheint er besonders dann gerne anzubieten, wenn er nicht wirklich gleich zugreifen muß", konnte sich der Captain nicht zu bemerken verkneifen.

Immerhin befand sich der bunte Vogel schon seit geraumer Zeit auf der Brücke, hatte aber erst dann seine Arbeitskraft zur Verfügung gestellt, als auch der Captain seinen Aufenthaltsraum verlassen hatte. Anscheinend war es mit seinem Eifer nicht weit her.

Ohne die beiden Männer noch eines Blickes zu würdigen, wandte er sich direkt an den Chinesen: "Gibt es noch etwas, daß Sie uns über Bragma sagen können? Wo startete seine letzte Fahrt? Was ist sein Ziel? Was für einen Grund nannte er für den Aufenthalt nahe dieser Station?"

--- Turbolift, inzwischen

Shania konnte ein breites Grinsen nicht vermeiden. Die Bajoranerin war ihr sympathisch und im Grunde tat sie ihr leid. Denn mit ihrer Akte würde es nicht leicht werden sich an Martengh vorbeizuschmuggeln. Aber vielleicht stellte der Captain sie ja ohne Wenn und Aber ein, bevor der Caldonier noch einen Blick in ihre Akte werfen konnte.

Zumindest paßte sie auf die Ivory nach der Menge ihrer Jobs und der Kürze ihrer Gastspiele.

"Dann sind Sie ja schon viel herumgekommen", meinte die Amerikanerin und spürte wie der Lift mit einem leichten Ruck anhielt. "Aber unseren Sicherheitschef zumindest werden Sie nicht ohrfeigen können. Der ist sicher eine Nummer zu groß für Sie."

Wie auf Kommando öffnete sich die Tür und gab einen Blick auf die Brücke frei. Und auf einen Caldonier, der anhand seiner Größe die Brücke für sich vereinnahmte.

'Jetzt sitzt er auch schon auf dem Pilotenstuhl, als wäre es die natürlichste Sache der Welt', dachte Shania zähneknirschend beim Anblick des kleinen Chinesen. Nicht, daß sie nach ihm gesucht hätte. Er fiel ihr einfach nur auf.

Versuchte sie sich wenigstens einzureden.

--- Brücke

Beherzt trat die große Blondine aus dem Turbolift und sprach einfach in den Raum hinein, weil sie keine Lust hatte, sich Ärger einzuhandeln. Schließlich wußte sie nicht, ob gerade der Captain neue Leute einstellte, der Sicherheitschef oder ob etwas so Wichtiges passiert war, daß wieder einmal keiner dafür zuständig war:
YYY
"Hier wäre dann die Ärztin, die ich mitbringen sollte."

Abwartend blieb sie neben der Lifttür stehen.

Der Chinese blickte kurz über die Schulter und nahm gerade mal eben wahr, daß Shania eine weitere Person mitgebracht hatte, offenbar wohl diese Ärztin, von der Shania gerade sprach.

Dann wandte er sich an den Captain: "Nun, Bragma ist ein kranker Mann. Er hat irgend so eine Art Nervenkrämpfe, die er sich bei einer Sklavenjagd in den Dschungeln von Tosa III eingefangen hat. War wohl irgendein Insektenbiß.

Jedenfalls soll er seitdem noch unausstehlicher geworden sein.

Ich kann das nicht beurteilen, ich kenne ihn erst seit diesem Biß, also in der vollkommen unausstehlichen Ausgabe...

Ich habe keine Ahnung, was Bragma hier eigentlich sucht, Captain. Er hat die letzte Ladung weit unter Wert verhökert - vollkommen unverständlich, und für jemanden wie Bragma eigentlich das Zeichen einer ernsthaften Geisteskrankheit. Die Mannschaft begann sich schon zu fragen, ob das Nervengift inzwischen auch das Gehirn befällt."

Chi-Lo überlegte kurz, ob er erwähnen sollte, daß Teile der Mannschaft ebenfalls heimlich darüber spekuliert hatten, daß auch diese 150 Kitschpüppchen ein Zeichen von Bragmas Krankheit sein könnten, aber eingedenk von Monserats Enthusiasmus diesen Kitsch betreffend ließ er es lieber sein.

"Bragma hat anschließend nichts an Bord genommen, außer den 150 Kunstwerken."

Chi-Lo mußte sich anstrengen, um bei dem Wort "Kunstwerken" nicht rot zu werden, so sehr mußte er lügen, um jenes Wort im Zusammenhang mit diesen scheußlichen Püppchen auszusprechen - und er hatte Erfahrung darin, mühelos zu lügen, ohne rot zu werden...

"Und dann fliegt er noch durch den halben Föderationsraum hierher - mit leerem Schiff! Das paßt nun wirklich nicht zu Bragma, der sucht und findet immer was zum Handeln. Vor allem bei langen Strecken macht er gerne ein paar Nebengeschäfte. Aber diesmal? Nichts!

Die Mannschaft weiß nichts von dem Ziel der aktuellen Mission - außer vielleicht Denningham.

Ich habe nur durch Zufall herausbekommen, daß die Mission den Codenamen "Lysides" trägt und das Ziel der Operation dieses Schiff war.

Die Bragma wartete in einiger Entfernung zur Sternbasis 12, weil das Shuttle mit mir und Denningham losgeschickt wurde, um dieses Schiff auszuspionieren.

Mehr weiß ich nicht, Captain.

Ich kann nur so viel sagen: Wenn Bragma auf Profit verzichtete, um die "Operation Lysides" durchzuführen, dann muß ihm das Ziel dieser Operation sehr, sehr wichtig sein - Sie können sich nicht einmal im Ansatz vorstellen, wie wichtig. Es ging um sehr viel Profit."

Durch die Diskussion zwischen Monserat, Martengh und Chi-Lo wurde Gorm schlagartig von Chedu abgelenkt.

Was er da über verrückte Frachtercaptains, Kunstschätze und düstere Komplotte hörte, machte ihm zugleich Angst - faszinierte ihn aber auch. Besonders der Teil mit den Kunstschätzen.

Gespannt konzentrierte er sich, um noch mehr Details über seine nähere Zukunft und mögliche Profite zu erlauschen.

Aarons Aggression legte sich etwas, dann erschrak er über seine eigene Forschheit. Es hatte ja schon gereicht, aus der Ferne mitansehen zu müssen, was mit dem armen Chinesen geschah.... Er war aber durch die gelassenen Kommentare vom Chef und diesem Obergorilla dann doch noch eher angenehm überrascht.

Hunter wandte sich nun direkt an den Captain: "Ich bin ja doch noch sehr froh, hier nicht als Schneider angestellt zu werden - es wäre sonst eine ästhetische Zumutung für uns alle. Wenn Sie aber auch so ein schönes gelbes Hemd haben wollen wie ich.... die meisten Leute machen nur deswegen Witze darüber, weil sie sich nicht trauen, so etwas anzuziehen."

Eine kurze Pause seinerseits - keine Reaktion. Neiiiin, er konnte es nicht lassen. Aaron schwor sich einmal wieder: 'Bleibe mal endlich Realist - zieh die Konversation endlich auf einen praktischen Boden zurück!'

Er kam sofort zur Sache und bemühte sich, den Chinesen, den Captain und seinen Kumpanen dabei gleichermaßen mit einzubeziehen: "Kümmern wir uns endlich um wichtigere Dinge, als unsere Energien mit Süßholzraspeln zu verschwenden. Ich habe von diesem Bragma schon selbst einmal etwas gehört. Könnten Sie mir bitte daher kurz erläuten, was hier eigentlich geschieht?"

Nun war es der Chinese an den er sich direkt wandte: "Ich bin Aaron Hunter, Geologe. Nennen Sie mich einfach nur Aaron, das erleichtert die Kommunikation. Mmmmh, neurotoxische Symptome durch einen Insektenstich? Wenn Bragma wirklich diese gesteigerte Aggressivität aufweist, so fallen mir in diesem stellaren System gleich drei Mineralien ein, die ebenfalls diese Symptome hervorrufen könnten und auf fast allen Planeten dort zu finden sind.

Bevor wir aber diesen Gedanken weiterspinnen, sind auch andere Crewmitglieder von diesen Symptomen befallen? Dann interessieren mich natürlich auch diese Statuen - haben Sie ein Bild von denen?"

Aaron dachte konkret bei den möglichen Mineralien an Amberlit, Moranon und Senelit. Er wußte, wie man Vergiftungen durch sie zu behandeln hatte. Das kann jedem Geologen auf Expeditionen passieren und ist man auf sich allein gestellt.

Der Befragte drehte sich leicht um und setzte eine gleichgültige Miene auf.

"Tut mir leid, Aaron, aber ich habe überhaupt gar keine Ahnung.

Möglicherweise können auch Mineralien diese Symptome verursachen, aber der Captain..., Entschuldigung, wollte sagen Bragma, hat sie schon seit mindestens drei Monaten, wie mir berichtet wurde.

Ich habe keine Ahnung, wer ihn untersucht und die Diagnose gestellt hat. Also ist mir unbekannt, ob es sich um einen Stümper oder um eine Koryphäe handelt.

Und er ist erst seit zwei Tagen in diesem Sternensystem.

Folglich kann die Diagnose mit dem Insektenstich durchaus richtig sein.

Bei der Sklavenjagd langsam und bei vollem Bewußtsein verblödet - eigentlich ein passendes Ende für so einen Halunken...

Was die Figürchen angeht: Nein, ich habe keine Fotos davon.

Wozu um alles in der Welt hätte ich auch welche machen sollen?"

Fragend schaute der Chinese zu Aaron auf. Und er hoffte, daß niemand bemerkt hatte, wie ihm statt "Bragma" versehentlich "Captain" herausgerutscht war.

Bei den beiden örtlichen Führungsoffizieren konnte so ein Patzer leicht ernste Folgen haben...

--- Brücke, wissenschaftliche Station

Chedu bemerkte, wie ihre emotionale Kontrolle fast hinweg geschwemmt wurde, als sie Gorms Lächeln erblickte. Sie lächelte zurück und wurde plötzlich von einem Blinken auf ihrer Konsole abgelenkt.

Rasch öffnete sie die Antwort des Ferengi und stutze. Nun gut, er war halt ein Ferengi. Eigentlich hätte die Ehre ihres Interesses schon Lohn genug sein müssen. Das Wichtigste aber war, daß er ihr seine Hilfe angeboten hatte. Was sich dadurch vielleicht für Möglichkeiten ergaben....

Die Klingonin lächelte in sich hinein und verfaßte eine weitere knappe Nachricht an den Ferengi-Wissenschaftler: "Ich danke Ihnen für Ihr Angebot. Aber die erste Stunde sollte gratis sein, um mich von Ihren Fähigkeiten zu überzeugen und weitere 7 Stunden für einen Barren Latinum."

Die Technikerin übermittelte die Botschaft an die Konsole des Ferengi und versuchte wieder dem ernsten Gespräch auf der Brücke zu folgen. Es ging scheinbar um einen verrückt gewordenen Captain, dessen Schiff sie wohl bald begegnen würden.

Eine Schlacht schien anzustehen, wie Chedu erfreut feststellte und sie begann die offensiven und defensiven Systeme des Schiffs einer genaueren Prüfung zu unterziehen.

--- Brücke, Navigationskontrolle

Eifrig las der Wissenschaftler die Antwort der Klingonin und warf ihr dann ein ironisches Lächeln zu.

Schnell begann er seine Erwiderung in einer Mitteilung niederzuschreiben - die höfliche Version: "Die Freistunde ist in Ordnung, ich sehe mich aber außer Stande, Ihnen einen Preisnachlaß zu gewähren! Eine Einladung in die Schiffbar zum erfolgreichen Abschluß des Geschäfts ist aber diskutabel! Mit freundlichen Grüßen, Gorm"

Das erste Mal, seit Gorm an Bord dieses Schiffes war, hatte er ernste Schwierigkeiten, seine Höflichkeit beizubehalten: wie alle Ferengi haßte er Feilschereien, wenn sie nicht zu seinem Vorteil waren!

--- Brücke

Monserat war zugegebenermaßen verblüfft. Zum einen schien es so etwas wie eine Art Gerechtigkeit einer höheren Macht doch noch zu geben, hatte sie doch Bragma zumindest Nervenkrämpfe beschert, zum anderen fragte er sich, ob dieser Hunter nur Wissenschaftler war oder doch Captain oder zumindest 1. Führungsoffizier.

Daß Bragma eine Ladung weit unter dem Wert abgestoßen hatte, das konnte nur bedeuten, daß es sich mit seiner eigenen Vermutung deckte. Bragma war schließlich doch gelungen, mit Hilfe der Metallegierung von Lysides das zu bauen, wovon er in seinem Wahn immer geträumt hatte.

Aber dann wiederum hätte er nicht die 150 Ebenbilder von Lysides an Bord gebraucht, denn es würde nicht schwer feststellbar sein herauszufinden welche die echte war. Also brauchte er sie um sich seine letzte Reise zu finanzieren oder aber etwas zu bezahlen was er dringend benötigte.

Bevor Hunter noch den Mund auftun konnte um sich mit dem Chinesen weiter zu unterhalten oder die ganze Aktion zu planen, ergriff der Captain wieder das Wort: "Wer ist dieser Denningham von dem Sie eben sprachen? Gibt es vielleicht eine Möglichkeit an ihn heranzukommen oder ihn in unsere Gewalt zu bekommen?"

Dann zog der Captain verwundert eine Augenbraue nach oben, als er das Gespräch der beiden Revue passieren ließ...

Hatte dieser Verrückte eben wirklich gefragt, ob der Asiat Fotos der Fracht bei sich trug oder hatte er sich nur verhört?

Der örtliche Experte für Bragmalogie antwortete dem Captain:

"Denningham ist der erste Offizier von Bragma. Für diesen Posten bringt er alle Qualifikationen mit. Das heißt: Er ist rücksichtslos, durchtrieben, gnadenlos und hat einen Hang zu sinnlosem Sadismus.

Ich weiß aber nicht, ob er so etwas wie die "rechte Hand" Bragmas ist. Der Job wäre auf die Dauer wohl doch etwas lebensgefährlich, bei dem angeborenen Mißtrauen Bragmas."

Chi-Lo stutzte. Täuschte er sich etwa, oder blitzte in Martenghs so etwas wie Anerkennung und Respekt auf, als er vom Mißtrauen Bragmas erfuhr?

'Na, egal', dachte sich der Asiat.

"Jedenfalls war er sich sehr sicher, daß diese 'Operation Lysides dadurch gefährdet sei, daß die Ivory nicht ausspioniert worden war, Captain. Also muß er genaueres wissen.

Denningham ist leicht zu erkennen: Seine Nase leistet seinem Gaumen Gesellschaft, eine Art Abschiedsgruß von mir. War mir eine Freude, wirklich.

Und an meinen kosmetischen Korrekturen dürfte sich nicht viel geändert haben, weil Bragma den letzen Schiffsarzt in einem Wutanfall durch die Luftschleuse geblasen hat, als dieser wieder mal seine Zuckungen nicht lindern konnte.

Und ich hoffe doch stark, daß wir Denningham auf der Bragma II finden werden, Captain. Wo sollte er auch sonst sein, bei einem defekten Schiff ohne Shuttle?

Sollte er da aber nicht sein, suchen Sie einfach nach dem billigsten Puff in dieser Gegend. Dort sollte er dann mit Sicherheit zu finden sein."

Wo sollte er auch sonst sein, bei einem defekten Schiff ohne Shuttle?

Der Chinese schien von seinen Worten überzeugt zu sein und doch hegte Monserat berechtigte Zweifel daran, daß sie überhaupt jemand bei dem Schiff finden würden. Vielleicht nicht mal das Schiff selbst.

Nach dem Schwur hatte Monserat es geschafft, sich an Bragmas Fersen zu heften und ihn erbittert zu verfolgen um sich an ihm zu rächen und auch Lysides wieder in seinen Besitz zu bekommen. Hätte er ihn in diesen Jahren erwischt, hätte er ihn getötet und wenn er dazu sein eigenes Schiff hätte in die Luft jagen müssen.

Zu erbitterte Feinde waren aus den beiden ehemaligen Freunden geworden.

Doch wie durch ein Wunder war Bragma ihm stets entkommen oder er war zu gut beschützt gewesen um etwas befürchten zu müssen.

Nicht, daß etwa einer der beiden Franzosen der klügere von beiden gewesen wäre. Aber Bragma schien ständig zu wissen, wann er in Gefahr war um dann blitzschnell von der Bildfläche zu verschwinden oder unüberwindlichen Schutz an seine Seite zu ziehen.

Seine zahlreichen guten Beziehungen zur Föderation, der Kunstbranche, etlichen finsteren Kreisen sowie sein enormer Ideenreichtum verschafften ihm außer Schutz sogar Zutritt zu Bereichen, die anderen für immer verwehrt bleiben würden.

Und wenn Bragma wirklich die Ivory ausspioniert hatte, dann hatte er sich sicher nicht ganz allein auf eine Person verlassen. Er ging immer auf Nummer sicher. Wahrscheinlich wußte er schon längst Bescheid, daß sie das Shuttle samt diesen Chinesen an Bord geholt hatten und er würde eins und eins zusammenzählen.

Es sei denn...

Bragma war gierig und er war skrupellos. Das hatte sich sicher in all den Jahren nicht verändert. Sein Besitz ging ihm über alles, egal wie wertvoll es war und er liebte es andere Leute zu überlisten und dumm dastehen zu lassen um hinterher über sie zu triumphieren und sich über die Torheit anderer in illustrer Runde lustig zu machen.

Auch wenn der blauhaarige Franzose die Ivory seit dem Anlegen hatte von seinen Männern beschatten lassen, so war er in einer Hinsicht nicht so gut informiert, wie er es hätte sein müssen um den waghalsigen Gedanken, der sich gerade im Hirn des Franzosen zu einem Plan formte, durchschauen zu können...

--- Brücke, Sicherheitskonsole

Martengh hatte bis zu der Stelle mitgehört, als ihm klar wurde, daß Monserats Feind ihm sehr ähnelte. Hatte der Captain etwa deshalb den Caldonier als Sicherheitschef eingestellt? War das alles von langer Hand geplant? War dieser Franzose vielleicht gar nicht der gute Freund, für den er ihn immer gehalten hatte?

Diesen Gedanken würde er im Auge behalten...

...genau wie die beiden Frauen, die immer noch unschlüssig vor der Tür des Turboliftes standen und das Gedränge auf der Brücke noch vergrößerten. Niemand hatte bisher von ihnen und der Vorstellung Shanias Notiz genommen.

Er winkte die Beiden zu sich und verzichtete ausnahmsweise auf eine Sicherheitsüberprüfung, da zur Zeit sowieso jeder ein Attentäter sein konnte, und man in dieser Hektik keinerlei Möglichkeit hatte, dies zweifelsfrei festzustellen.

"Nun", sprach er die Neue an, "wen haben wir denn da? Sie sind Ärztin?"

Aaron hatte dem Gespräch zwischen Monserat und Chi-Lo erst einmal nur zugehört. Nach Chi-Lo's Ausführungen verwarf er erst einmal seine Vergiftungstheorie bezüglich irgendwelcher Mineralien.

Dann klinkte er sich wieder in das Gespräch ein: "Tja, ich habe zwar einen Sammelspleen für alles Merkwürdige, aber mein Interesse an Fotos oder Scans oder sonstigen farbigen Abbildungen ist aber zuerst einmal ganz praktischer Natur: Jede chemische Verbindung zeigt immer ein spezifisches elektromagnetisches Emissions- oder Absorptionsspektrum, daß sich manchmal aus Abbildungen rekonstruieren läßt."

Sie schienen ihm zuzuhören und vielleicht war es nur zu gut, durch etwas Rationales die Wirkungen seiner rhetorischen Kapriolen auf seine Kollegen zu mildern: "Wenn ich ein wertvolles Material verstecken wollte, so würde ich es als Billigramsch tarnen, als Kitschfigürchen zum Beispiel. Ich spekuliere, daß dieser Bragma genau das getan hat. Genau das wollte ich durch genauere Untersuchungen von möglichen Abbildungen entweder verifizieren oder widerlegen."

Aaron hatte nämlich erkannt, daß die Crew in einer totalen Aufregung durch Ungewißheit war: Erstens, was wollte dieser Bragma in diesem verlassenen Winkel wirklich? Zweitens, warum beschäftigt er sich mit dem Verscherbeln und kostspieligem, unprofitablen Transport von Kitsch und drittens in welchen möglichen Zusammenhang könnte dies alles stehen?

Er unterließ es lieber, seine neuen Kollegen durch Oberlehrergelaber in noch mehr Aufregung zu versetzen, sondern lieber selbst durch Analyse der Gesprächsfetzen sich eine Meinung zu bilden - seine Mannschaft war ja anscheinend nicht in der Lage, ihn durch einen kurzen, aber präzisen Bericht ein Bild der Lage zu geben.

Auf einmal horchte Aaron auf - Martengh konnte ja zwitschern wie ein Vöglein! Wie nett konnte er doch auf einmal eine Ärztin begrüßen? Aarons Augen blitzen etwas, er drehte sich um, betrachtete die Neue und versuchte sie durch Augenkontakt zu einem Gespräch einzuladen, wie die Vulkanier einen Flirtversuch zu umschreiben versuchen......

Beeindruckt ließ Savannah inzwischen ihren Blick an dem Sicherheitschef entlang wandern und bemerkte den Blick von Aaron dabei gar nicht.

'Füße, Beine, Beine, Beine, Beine, nehmen die denn gar kein Ende? Das ist kein Mann, das ist ein Mammutbaum.'

Beherzt griff die Bajoranerin sich die Hand des Caldoniers und schüttelte sie kräftig.

'Bei dem Riesen muß ich schon fester zupacken, sonst bemerkt er nicht, daß ich ihn anfasse', dachte sie sich und stellte sich vor.

"Ja, ich bin Ärztin. Spezialisiert auf Knochenbrüche, Phaserverletzungen und Geburtshilfe. Ja und ich heiße Savannah Sheehan. Sie können mich aber auch Anna rufen. Ich bin 28 Jahre alt, habe zuletzt als Kellnerin gearbeitet und freue mich hier an Bord sein zu dürfen. Bestimmt werden wir uns wunderbar verstehen.

Zeigen Sie mir dann bitte gleich die Krankenstation? Ich möchte überprüfen ob die Krankenakten vollständig sind. Ansonsten muß ich neue Untersuchungen ansetzen."

Erst jetzt bemerkte Savannah, daß sie noch immer die riesenhafte Hand des hünenhaften Mannes zwischen ihren hielt und fest drückte.

"Oh Verzeihung. Sie haben mich dermaßen fasziniert, daß ich glatt vergessen habe, sie wieder loszulassen", meinte die dunkelhaarige Frau und gab die fremde Hand wieder frei.

"Ach und falls Sie mit mir nicht zufrieden sind, können Sie mich ja auf der nächsten Station wieder hinauswerfen. Aber ich glaube kaum, daß Sie dazu Gelegenheit haben werden. Ich verstehe nämlich mein Handwerk."

Begeistert wanderte der Blick der Bajoranerin über die Brücke und musterte die anderen Anwesenden.

'Ein bunt zusammen gewürfelter Haufen, aber mit denen werde ich bestimmt auskommen.'

"Nun Mister.. Mister? Können wir dann zur Krankenstation? Sie helfen mir doch gewiß mit meiner Tasche oder?"

--- Brücke, Steuerkonsole

Chi-Lo blickte kurz zur inzwischen ziemlich überbevölkerten Sicherheitskonsole.

Martengh, Aaron Hunter und Savannah Sheehan tummelten sich dort und nahmen sich gegenseitig die Sicht auf die Anzeigen.

Auch Gorm und Chedu waren irgendwie beschäftigt. Der Ferengi schien sehr konzentriert zu sein, und es war offensichtlich, daß er mit etwas außerordentlich Wichtigem beschäftigt war.

'Unglaublich', dachte sich der Chinese, 'aber dieser Ferengi ist schon wieder am Tippen und Analysieren. Dabei hat er doch eigentlich schon alles perfekt vorbereitet. Ich bin mal gespannt, welche Überraschung er jetzt wieder vorbereitet.'

Was allerdings die Klingonin machte, war ihm ein Rätsel Er selbst tippte ja darauf, daß sie die Angriffs- und Verteidigungssysteme checkte. Jedenfalls hatte ihr Gesicht den typischen klingonischen Gesichtausdruck angenommen, den diese hatten, wenn eine Jagd oder eine Schlacht anstand. Aber irgendwie kam von ihr keine Meldung an den Captain. Bei dieser Führungscrew hielt Chi-Lo es allerdings für möglich, daß Chedu die Anweisung hatte, alle Ergebnisse geheim und verschlüsselt an Monserat weiterzuleiten.

Dieser wiederum schien in Gedanken ganz bei der Bragma II und deren Figürchen zu sein. Und natürlich würde er sich auch seinen Teil dazu denken, daß er ausspioniert werden sollte.

Bei soviel Ablenkung war es kein Wunder, daß niemand ein "unwesentliches" Detail bemerkt hatte.

"Captain,", meldete sich der Asiat zu Wort. "Ich erkenne gerade eine Warpsignatur, die in den Kolkatoah-Nebel hineinführt. Den Spezifikationen nach könnte es sich um die Signatur der 'Ramses' handeln, dem zweiten Schiff Bragmas. Sie hat einen leichten Defekt an der linken Warpgondel und wurde mit romulanischen Komponenten wieder zusammengeflickt. Das macht die Signatur ziemlich eindeutig."

Der Asiat wandte sich an Monserat.

"Captain, ich glaube, daß die Ramses der Bragma II zur Hilfe kam.

Was sollen wir tun? Im Nebel ist vermutlich die Bragma II, höchstwahrscheinlich weiterhin manövrierunfähig - warum sonst sollte die Ramses hier sein?

Aber wir bekommen es jetzt mit zwei Schiffen zu tun, wobei wir von der Bragma II nichts Definitives über deren Zustand wissen.

Captain, sollen wir weiterhin Kurs auf den Kolkatoah-Nebel halten? Und uns auf einen Kampf eins gegen zwei einlassen, falls die Bragma II doch wieder flott gemacht sein sollte?"

Der Chinese betete stumm zu den Göttern, daß Monserat Weisheit zeigen und die ganze Aktion abblasen möge. Allerdings hatte er nicht gerade viel Hoffnung, daß dieses auch geschehen werde...

"Ach ja, Captain: Der Umstand, daß die Ramses so schnell zur Hilfe eilen konnte, gibt mir zu denken. War Sie nur zufällig in der Nähe, oder hat sie extra in der Nähe gewartet, weil sie für diese Operation Lysides benötigt wird?

Letzteres scheint mir wahrscheinlicher!"

--- Brücke, Sicherheitsstation

Mit stoischer Ruhe hatte der Riese den Redeschwall über sich ergehen lassen und steckte nun seine Hand wieder ein. Dann murrte er: "Sicherheitschef No'Orba. Ebenfalls spezialisiert auf Knochenbrüche und Phaserverletzungen. Aber alle nennen mich Martengh, das ist für nicht-Caldonier einfacher. Wie Ihnen sicher nicht entgangen sein dürfte, befinden wir uns in einer kritischen Situation. Shania wird Ihnen die Krankenstation zeigen und Ihnen einen Raum zuweisen, ich bin leider unabkömmlich.

Und zwar immer."

Martengh begann wieder die Anzeigen der Langstreckensensoren zu mustern, aber da gab es noch keine Anzeichen eines Schiffes. Dann fuhr er fort:

"Krankenakten wird es keine geben, da die Besatzung komplett ausgetauscht wurde, und ich bezweifele, daß Sie viel Zeit haben werden, neue anzulegen.

Trotzdem wird natürlich verlangt werden, daß Sie einwandfreie Arbeit leisten. Falls Sie uns enttäuschen, oder es sich herausstellen sollte, daß Ihre Loyalität nicht diesem Schiff, seinem Captain und der Besatzung gilt, können Sie froh sein, wenn man Sie auf dem nächsten bewohnbaren Planeten hinauswirft.

Auf gute Zusammenarbeit."

--- Brücke, wissenschaftliche Station

Der Ruf des Kriegers wurde lauter, als die Klingonin die Meldung eines weiteren Schiffes von dem Piloten vernahm. Die Vorfreude auf einen Kampf versetze ihr Blut in Wallung.

Erschrocken wurde sich Chedu bewußt, wie die Kampfeslust in ihr empor loderte. Düstere Erinnerungen wurden wieder wach in ihr und sie versuchte ihre Gefühle wieder Herr zu werden.

Gerade als sich in ihrem Geist ein Bild formte, das sie meistens zu dieser Übung verwendete, wurde sie von einem erneuten Blinken ihrer Konsole abgelenkt.

Eine weitere Nachricht von Gorm. Sie flog durch die Nachricht. Er war zwar nicht auf ihre Preisforderung eingegangen, aber er wollte mit ihr einen trinken gehen. Sie würde zwar zahlen müssen, aber womit, das wußte sie noch nicht. Das hing davon ab wann sie ihren Sold bekommen würden.

Dummerweise war ihr ziemlich bescheidenes Vermögen ebenso wie ihre persönliche Habe noch immer auf Sternbasis 12. Aber egal, das würde sich sicher irgendwie regeln lassen. Höchstwahrscheinlich würden sie sich eh einfach mit dem Replikator begnügen müssen, da sie nicht annahm, daß es auf diesem Schiff sowas wie eine Bar geben dürfte.

Wie auch immer, Chedu freute sich schon auf die Gelegenheit diesen wirklich interessanten Wissenschaftler näher kennen lernen zu können. Sie schickte eine kurze Zustimmung an Gorm, warf ihm einen Blick zu, aber er war auf die Gespräche auf der Brücke konzentriert.

Die Technikerin wunderte sich zwar noch ein bißchen über das merkwürdige Lächeln des Ferengi von vorhin, wandte sich dann aber wieder den Schiffsystemen zu. An den Captain gerichtet, erstatte sie Bericht: "Die Waffen- und Schildsysteme arbeiten innerhalb der normale Toleranzen, Sir. Wenn nötig, kann ich sicher noch Hilfsenergie von weniger wichtigen Systemen abzweigen um die Phaser zu verstärken."

--- Brücke

Gedankenvoll nickte der Captain nur, aber er registrierte die Aussage der Klingonin nicht wirklich. Alle seine Gedanken galten Bragma und dem Wunsch, ihn ein für allemal zur Strecke zu bringen. Koste es was es wolle.

Also hatte Monserat mit seiner Annahme recht behalten, daß Bragma sich ein weiteres Mal geschickt aus der Affäre zog. Mit der Ramses im Rücken hatte der gewiefte Franzose genug Feuerstärke um die Ivory neben den Reparaturarbeiten in den Weltraum zu pusten. Abgesehen von der Kleinigkeit, daß die Bragma II bald wieder flugfähig sein würde.

Auch wenn der Plan, den Monserat in den letzten Minuten in seinem Gehirn hatten reifen lassen, waghalsig und verrückt klang, so konnte er doch gelingen. Vielleicht gerade weil nicht einmal Bragma ihn durchschauen konnte - trieb doch Rachsucht die seltsamsten Blüten im Gehirn eines alten Mannes - klammerte sich Monserat wie einen Strohhalm an ihn.

Die letzte Begegnung mit seinem "Freund" hatte so geendet, daß er ein Auge verloren hatte, dazu das wertvollste, das er je in seinen Händen gehalten hatte und er seinen Glauben an etwas wie Freundschaft oder Liebe für immer in sich begraben hatte.

Nun wollte Monserat nicht nur Lysides - die einzige Frau, die ihm je etwas bedeutet hatte - wieder in seine Hände bekommen, sondern er wollte Bragmas absolute Niederlage.

Etwas das noch erbärmlicher werden sollte, als sein Tod.

"Ja, wir werden weiter auf den Nebel zuhalten", sagte Monserat bestimmt zum Asiaten und es war wohl das, was alle am Wenigsten erwartet hatten. War doch den meisten klar, daß ein Handelsfrachter wie die Ivory sicher nicht auf einen ungleichen Kampf wie diesen ausgelegt war.

"Schalten Sie auf Warp 1 zurück, damit wir Zeit gewinnen. Aber wir werden uns nicht auf einen Kampf vorbereiten, weil es keinen geben wird." Die Worte des kleinen Franzosen waren so von Bestimmtheit geprägt, als könnte gar nichts schieflaufen.

Wie damals als sie Shania aus den Händen der Cardassianer befreit hatten und ein Mitglied der Mannschaft sich geopfert hatte, damit sie es geschafft hatten. Aber es war ein kleines Opfer gewesen im Vergleich zu dem was sie damit erreicht hatten.

"Martengh, hast du mir nicht über ein Kraftfeld erzählt, in dem man ein paar Personen so verstecken kann, daß sie nicht gescannt werden können... Eine Technologie, für die du viel Latinum bezahlt hast um sie in deine Hände zu bekommen damit du sie durchschauen kannst?" Fragend blickte Monserat den Caldonier an. Die anderen Anwesenden kümmerten ihn im Moment nicht. Zum Glück wagten sie es auch nicht, sich in das Gespräch einzumischen.

Martengh nickte nur und man merkte seinem Gesicht auch ohne die fehlenden Augenbrauen an, daß er von dem plötzlichen Enthusiasmus seines Captains nicht gerade begeistert war und er nur ungern den Rest des Planes hören wollte.

"Wir bringen Bragma gegen eine kleine 'Aufwandsentschädigung' sein Shuttle zurück. Aber statt seines Shuttles bekommt er ein trojanisches Pferd von uns geliefert. Hübsch verpackt, damit er noch lange seine Freude daran hat..." Der Captain lachte vergnügt auf bei dem Gedanken.

Sein Sicherheitsoffizier hatte nun endgültig den Eindruck, daß sein Chef verrückt geworden war und gab der Ärztin einen kurzen Wink, die Brücke doch noch nicht zu verlassen, da sie hier noch benötigt wurde. Wo wollte Monserat denn hier ein verpacktes Pferd herbekommen, das er in das Shuttle bugsieren könnte?

Diese nickte nachdenklich, wenn sie auch nicht recht verstand worum es hier eigentlich ging. Zu kurz war noch ihr Aufenthalt auf der Brücke, als daß sie mehr verstanden hätte, als daß sich ungewöhnlich viele Leute hier aufhielten und die Gänge komplett leer zu sein schienen.

Aber Monserat spann seinen Plan schon weiter, bevor ihm jemand Fragen stellen konnte. "An Bord des Shuttles befinden sich einige Leute in einem Kraftfeld. Bragma wird das Shuttle scannen, es an Bord holen und sich dann nicht weiter drum kümmern. Zu groß wird die Freude sein mich übers Ohr gehauen zu haben. Und dann... schlagen wir zu." Der Captain schlug mit der Faust in seine Handfläche.

"Gorm und Hunter stellen die Echtheit der richtigen Lysides fest und ob sich Stoffe eines unbekannten Metalls sonst noch wo auf Bragmas Schiff befinden. Die Ärztin geht für alle Fälle mit und unsere Klingonin könnte Bragmas Schiff sabotieren.

Auf jeden Fall muß er eine Niederlage erleben, die schlimmer als der Tod ist. Er soll zahlen für mein Auge! Merde!" Die Miene des Franzosen wurde sehr entschlossen und vielleicht zum ersten Mal wußten die Umstehenden warum es dem Captain wirklich ging und warum er mit Herz und Seele den Untergang dieses Bragmas wollte.

"Du willst Leute an Bord eines Schiffes schmuggeln? Schon wieder?", fragte Martengh nach einer kleinen Pause, in der sich der Captain wieder einigermaßen unter Gewalt hatte und alle Anwesenden glaubten sicher spätestens bei diesem Zusatz, daß sie an Bord eines Wahnsinnigen gelandet waren. Gehörten doch solche Aufträge nicht gerade zum Standard, den man von Handelsschiffen gewöhnt war.

Als seine Frage nur mit Schweigen beantwortet war, faßte Martengh den Plan - soweit man das Gefasel als solches bezeichnen konnte - zusammen: "Du willst also das Shuttle diesem Bragma mit freundlichen Grüßen gegen eine kleine Gebühr zurückgeben. Darin verstecken sich einige unserer Leute, die durch ein Kraftfeld getarnt sind..." Selbst in der Zusammenfassung klang es mehr als abstrus.

Eifrig nickte Monserat, während er so heftig mit seinem Ohrring spielte, daß er ihn fast aus seinem Ohrläppchen riß. "Du bringst mich da auf eine gute Idee. Die Tarnanzüge. Sie könnten die beiden Tarnanzüge mitnehmen, die diese Spanier einmal an Bord gebracht hat. Wir müßten sie doch noch wo haben..."

"Nur einen davon. Der andere ist nicht betriebsbereit. Selbst wenn ich deinen Gedanken folgen könnte und das alles so gelingt wie du es dir vorstellst... Dieser Bragma wird wissen, was gespielt wird, wenn wir Verbindung mit ihm aufnehmen. Er kennt dich doch wohl, und er kennt dein Schiff und...", wand Martengh ein um das Unheil noch von ihnen abzuwenden.

"Nein, ich bin nicht hier. Eigentlich liege ich seit einer Woche wieder auf der Krankenstation. Ich hatte einen Rückfall. Die klingonischen Masern sind bekannt für Rückfälle solcher Art. Einige davon sollen nicht nur mit Fieberwahn Hand in Hand gehen, sondern sogar tödlich verlaufen." Die Augen des Franzosen glänzten fiebrig und gaben seinen Worten einen ganz eigenen Wert.

"Bleibt nur die Sache mit dem Chinesen zu regeln, der müßte doch eigentlich tot sein, damit Bragma denkt, daß wir nichts von seinem Plan wissen...", der Blick in den Augen des Captains, als er auf Chi-Lo fiel, hatte etwas Unheimliches.

Hätte jemand auf der Brücke übersteigerte Phantasie besessen hätte er ein 'Nicht schon wieder' in Chi-Lo's Blick lesen können, der wieder einmal um sein Leben bangen mußte.

"Blut, wir verteilen etwas Blut von ihm, damit es realistischer wirkt..."

Chi-Lo's übersteigerte Phantasie ließ ihn glauben, daß er schon wiederum sein Leben bangen mußte.

'Nicht schon wieder!', dachte er verzweifelt.

Doch dann wurde ihm klar, daß Monserat seinen "Joker" nicht opfern würde. Zumindest nicht so früh...

Aufmerksam verfolgte Savannah die Unterhaltung zwischen Martengh und dem Captain des Schiffes.

' Der Typ mit dem altmodischen Glasauge ist also der Boss hier. Sieht so aus als hätte ich den Job. Momentan bin ich mir nur nicht so sicher, ob ich ihn wirklich noch haben möchte. Ach Unsinn, das bißchen schaffe ich schon', beruhigte sie sich dann selbst und wandte sich an Monserat.

"Captain? Ich heiße Savannah Sheehan und so wie es aussieht bin ich wohl die neue Ärztin. Ich habe zwar nicht die geringste Ahnung um was es hier eigentlich geht, aber ich freue mich hier an Bord zu sein. Natürlich werde ich mich bemühen Ihren Anforderungen zu entsprechen und mein Bestes geben."

Aufmerksam blickte sie sich um und betrachtete ihre neuen Kollegen.

'Wer sind wohl Gorm und Hunter? Mit den beiden soll ich wohl auf dieses ominöse Shuttle', fragte sich die junge Frau, während sie versuchte, sich auf die spärlichen Informationen aus der Unterhaltung einen Reim zu machen.

Als Gorm den Teil in Monserats Ausführungen registrierte, der sich mit Hunter und ihm beschäftigte, wurde er schlagartig leichenblaß und sein Kopf ruckte in Richtung Captain, der jetzt fast hundert Prozent seiner Aufmerksamkeit hatte!

Mit einem winzigen Teil seiner Aufmerksamkeit, gewissermaßen aus den Augenwinkeln registrierte er noch die Zusage der Klingonin zu ihrem kleinen Deal - Geschäft war Geschäft ....

Schüchtern wandte er sich an den wie unter Fieber stehenden Franzosen: "Äh, Captain .... Hunter und ich kommen doch erst zum Zug, wenn das gegnerische Schiff in unserer Gewalt ist, oder?"

Verzweifelt klammerte sich der Wissenschaftler an diese Hoffnung! Andere Rassen mochten ja von ferengischer Feigheit sprechen, er nannte es lieber guten Geschäftssinn!

Was brachte es, einen Heldentod zu sterben, wenn man dann keine Gelegenheit mehr zum Geldverdienen hatte!

Lieber ließ er den Ruhm anderen Leuten, die ihm, einem terranischen Sprichwort nach, die Kastanien aus dem Feuer holten, damit er sie dann verkaufen konnte!

Gorm kannte andere Arten von Mut: eine riskante Investitionsentscheidung, eine gewagte wissenschaftliche These vor Kollegen vertreten, vielleicht sogar die Flugstunden mit einer Klingonin ..... aber in den Kampf ziehen?

"Wer wann zuschlägt, das kann das Team unter sich allein bestimmen", meinte der Captain schlicht. "Wichtig ist nur, daß alles klappt. Ich will nicht nur die echte Lysides, sondern auch Bragma in die Knie zwingen..."

Ungeduldig hatte Savannah die Antwort des Captains abgewartet und sagte dann entschlossen :"Sir, was das Blut betrifft, so bin ich gern bereit mich darum zu kümmern. Am Besten mache ich mich gleich an die Arbeit, denn wenn ich das richtig verstanden habe, ist das Shuttle schon eine Weile an Bord. daher sollte das Blut wohl auch getrocknet sein, bevor es innerhalb des Shuttles entdeckt wird, oder?"

Tatkräftig krempelte sie sich die Ärmel hoch.

"Wer ist denn mein glückliches Opfer? Ich bitte zum Aderlaß!"

Der Pilot drehte sich zur Ärztin um: "Wie viele Chinesen sehen Sie hier denn?", fragte er gereizt. Chi-Lo hatte noch nie Blut sehen können. Vor allem nicht sein eigenes!

Und er konnte nicht glauben, daß Monserat mit seinem altersschwachen Frachter freiwillig zu zwei Tuobanurs flog, über die Bragma gebot, der offensichtlich irgendwelche Ressentiments gegen die Ivory hatte. Und dieser Blick von Monserat! Wahnsinn war es, in den Nebel zu fliegen, und Wahnsinn offenbarte Monserats Blick!

Verflucht, warum mußte ausgerechnet er immer in solche Situationen geraten?

Entrüstet blickte die Ärztin den Piloten an.

"Hören Sie mir mal zu, Sie Kampfgnom. Ich kann mich nicht daran erinnern, daß die Rede davon war, chinesisches Blut im Shuttle zu verteilen. Wie um alles in der Welt sollte ich also wissen, wer mein erstes Opfer wird?"

Die Bajoranerin warf einen finsteren Blick auf den Mann, holte tief Luft. Kopfschüttelnd stemmte sie die Hände in die Hüften und meinte mit eisiger Freundlichkeit:

"Sie dürfen gern wegsehen, wenn Sie beim Anblick von Blut ohnmächtig werden. Oder Sie nehmen jemanden mit, der Ihnen das Händchen hält, Mister wie auch immer Sie heißen. Ich muß mich allerdings wundern, denn eigentlich gelten Chinesen als außerordentlich höflich.

Ich war nicht darauf gefaßt, angepampt zu werden und schon gar nicht von einem Mann, der nicht einmal den Anstand hat, sich einem neuen Crewmitglied vorzustellen. Sie können sich ja auch von Martengh Blut abnehmen lassen. Der hat gewiß ein paar interessante Möglichkeiten, an Ihren Lebenssaft zu kommen", schloß sie sarkastisch.

Mit einem kopfschüttelnden Seufzer krempelte der Asiat seinen Ärmel hoch und präsentierte der Ärztin seinen Unterarm.

"Ich mache Ihnen einen Vorschlag. Sie zapfen mir das Blut ab, und ich suche Ihnen bei Gelegenheit mal die Loggdatei raus, in der aufgezeichnet ist, daß der Captain von einem Chinesen sprach.

Sie retten mich vor Martengh, und ich fördere Ihr Gedächtnis.

Na, ist das ein Handel?"

Chi-Lo's strahlend einladendes Lächeln wirkte irgendwie - unecht...

Aderlaß... Ach ja, eine solche Möglichkeit existierte ja auch noch.

Ein leiser Seufzer entrang sich aus Monserats Brust.

Nun, dann konnte Chi-Lo wohl doch mit an Bord des Shuttles gehen und seine Ortskenntnisse auf Bragmas Schiff zu ihrem Vorteil ausspielen. Wer wußte schon wozu es gut war, wenn er die anderen begleitete.

"Wenn die Ärztin Ihnen Blut abnimmt, dann können Sie die Gruppe natürlich auch begleiten...", meinte Monserat versöhnlich und sah dann wieder zur Ärztin. "Falls Sie Ihr Handwerkszeug dabei haben, könnte man das gleich auf der Brücke oder direkt beim Shuttle machen. Die Zeit drängt nämlich. Wenn Bragma mit uns Kontakt aufnimmt, dann müssen sich bereits alle im Kraftfeld befinden. Er wird sicher zuerst das Schiff scannen..."

"Nun, dann wollen wir mal," sagte der Chinese und transferierte die Steuerkontrollen zu Martenghs Konsole, da dieser ja hier bleiben würde.

Er erhob sich und bot Savannah einladend seinen Arm an: "Darf ich Sie zum Shuttle begleiten? Bei dieser Gelegenheit können Sie dann gleich meinen Arm besser kennenlernen, da wir doch im Shuttle zapfen müssen."

'Arroganter, dummer ........'

"Einen kleinen Moment noch Mister. Wie ist denn nun Ihr Name? Ich arbeite ungern mit Crewmitgliedern, deren Namen mir gänzlich unbekannt sind. Ich muß nur eben schnell meine Utensilien zusammensuchen".

Die Bajoranerin ging zu ihrem Koffer, kniete sich davor und öffnete ihn. Hektisch begann sie darin herumzukramen und murmelte:

"Socken, Unterwäsche, Bücher, Farben, Kosmetiktäschchen. Hach, da ist sie ja!"

Triumphierend zog sie ihre Notfalltasche hervor, schloß den Koffer mit einem Ruck und richtete sich wieder auf.

"Wer ordentlich ist, ist nur zu faul zum Suchen", erklärte Savannah ihrem notgedrungenen Begleiter verschmitzt lächelnd, während sie seinen Arm ergriff.

Wer behauptete, der Ferengi wäre sehr beunruhigt gewesen, der neigte zur maßlosen Untertreibung!

Gorm hätte am Liebsten sofort gekündigt und auf der Stelle das Schiff verlassen.

Alleine die Tatsache, daß das durchaus im Bereich des Möglichen lag - allerdings ohne Raumanzug! - und daß es mittlerweile schon eine ziemlich weite Strecke bis zur Station zurück war, ließ ihn sich beherrschen.

Das heißt, der Wissenschaftler bekam nur einen Schweißausbruch, wurde abwechselnd rot und blaß und zitterte wie Espenlaub!

Schnell sprang er auf und rief dem Piloten und der Krankenschwester zu :" Ich komme mit Ihnen mit!" Er nickte Martengh nochmals zu und schloß dann zu den beiden auf.

Der Pilot und die Ärztin machten einen halbwegs kompetenten Eindruck. Wenn er diesen Wahnsinn überleben wollte, so sollte er sich nur mit kompetenten Leuten umgeben.

Der Ferengi hatte nicht vor, die beiden so schnell wieder alleine zu lassen!

Er würde sich allerdings noch sicherer fühlen, wenn sie noch etwas Unterstützung bekamen - zum Beispiel von einem Kampfzug schwerbewaffneter Klingonen!

Savannah nickte dem Neuankömmling erfreut zu.

"Hi, je mehr, desto witziger wird es. Bestimmt wird unser Shuttleausflug interessant. Wenn die Herren dann soweit wären, können wir gern zum Shuttle gehen. Ich bin neu und weiß nicht wie wir hinkommen, aber ich lasse mich gern von zwei starken Männern führen."

Chi-Lo hängte sich in den Arm der Ärztin ein.

Offensichtlich war sie lernfähig und in der Lage, Fehler einzugestehen. Eine Eigenschaft, die er nur sehr selten antraf. Dabei wäre er selbst jederzeit bereit gewesen, Fehler einzugestehen - wenn er nur welche machen würde...

Aber 'Shuttleausflug'? Meine Güte, die Frau hatte vielleicht Nerven! Er fragte sich, ob er wirklich der einzige war, der bemerkte, daß auf dieses Himmelfahrtskommando ausschließlich die Neulinge geschickt wurden, während von der alten Crew niemand die Sicherheit der Ivory verließ. Er wollte lieber gar nicht daran denken.

"Nun, Savannah, wenn Sie eine gewisse Unordnung als inspirierend empfinden, dann wird Ihnen die Bragma II sicherlich sehr gefallen. Alles, was sich außerhalb der Frachträume befindet, ist pures Chaos."

Er betrachtete den Ferengi, der sich zwar tapfer gab, aber doch erkennbar weiche Knie hatte, als er sich ihm und Savannah näherte. Savannah hatte die Gemütsverfassung des kleinen Gnomen offensichtlich auch bemerkt und versucht, ihn mit ihrer Äußerung von "zwei starken Männern" etwas Auftrieb zu geben.

Nicht schlecht von der Ärztin. Flüchtig fragte sich Chi-Lo, ob sie vielleicht nicht auch Psychologin war.

Gorm sah zwar aus, wie jemand, der gerade zur eigenen Hinrichtung geführt wurde, aber der Chinese war trotzdem froh, daß er dabei war - List und Einfallsreichtum schien der Ferengi ja zu haben, und diese Eigenschaften konnten in einem Kampf sehr viel wichtiger sein als tumbe Körperkraft und Tötungsabsicht, wie der Kampfsportler sehr wohl wußte.

Der Chinese beschloß, es der Ärztin gleichzutun und den kleinen Händler zu motivieren.

"Gorm, ich bin froh, einen technisch versierten Systemspezialisten im Außenteam zu haben", versuchte er, den kleinen Wissenschaftler aufzumuntern.

"Bleibt nur noch ein Problem..." Er drehte seinen Kopf in Richtung Monserat.

"Captain, würden Sie bitte die Stimmenautorisation für den Turbolift freigeben? Sonst kommen wir nämlich nie zum Shuttle. Obwohl: Ich könnte ja auch Gorm fragen, ob er das deichseln kann."

Er betrachtete den Ferengi und versuchte festzustellen, ob sein Lob Wirkung zeigte.

Martengh schaltete sich ein: "Nachdem Sie jetzt alle als Crewmitglieder registriert sind, können Sie selbstverständlich alle Turbolifte benutzen und alle Räume des Schiffes betreten. Naja, jedenfalls fast alle."

Er ließ offen, welche Bereiche als verboten markiert waren, denn er hatte die Erfahrung gemacht, daß verbotene Zonen eine recht magnetische Tendenz aufwiesen...

Es gab also keine Raumschlacht, sondern eher, wenn nichts schief ging, vielleicht einen Nahkampf. 'Umso besser', dachte sich die Klingonin und überprüfte ihre zahlreichen Taschen ob ihre Werkzeuggrundausstattung wenigstens vollständig war.

Nachdem sie sich dessen vergewissert hatte, wandte sich die Technikerin an Monserat: "Wie haben Sie sich das mit der Sabotage vorgestellt, Sir? Soll das Schiff für einige Zeit unbrauchbar gemacht, oder vernichtet werden?"

Chedu ging hinüber zum Turbolift und gesellte sich zu den anderen.

--- Brücke, vor dem Turbolift

Die Mission klang bei all dem Reiz den sie bot, doch schon ziemlich gewagt, und der Captain hatte doch einen ziemlich merkwürdiges Blitzen im Auge gehabt. Fast wie ein Klingone, der sich bluttrunken ins Schlachtgetümmel stürzt.

Die neue Ärztin wirkte unbekümmert. Chedu konnte nicht so recht einschätzen ob diese nun so mutig, oder einfach nur schlecht über die Situation informiert war. Sie tippte auf Letzteres.

Aber der Pilot und vor allem der kleine Wissenschaftler wirkten ziemlich nervös, wenn nicht gar ängstlich. Der Ferengi schien sogar noch weiter geschrumpft zu sein, wenn das überhaupt möglich war.

Aufmunternd, und darauf bedacht ihm möglichst keine Knochen zu brechen, klopfte die Klingonin Gorm auf die Schulter: "Sie werden schon heil wieder zurückkommen." Und leicht zwinkernd fügte sie flüsternd hinzu: "Wäre doch schade, wenn mein Fluglehrer zu Schaden kommen würde."

Nicht, daß sie schwach oder ängstlich war, aber lieber wäre es Chedu gewesen, wenn sie zusätzlich noch Waffen hätte um ihr Wort besser halten zu können. Sie drehte sich herum und fixierte den Sicherheitschef mit ihrem Blick: "Bekommen wir Partikel- oder zumindest Strahlenwaffen? Ich spiele ungern Zielscheibe ohne mich entsprechend revanchieren zu können."

"Gute Idee, Chedu", kommentierte der Chinese. "Captain, haben wir vielleicht auch Communicatoren mit abhörsicheren Kanälen? Ich möchte im Außenteam mit allen Mitgliedern Kontakt halten können."

Die unmittelbare Antwort das Captains war nun auch nicht wieder so wichtig, daß Chi-Lo nicht sofort seine neu hinzugewonnenen Kompetenzen ausprobiert hätte: "Computer, Turbolift öffnen", sagte er mit großer Selbstverständlichkeit.

Die Türen zum Turbolift öffneten sich und gaben die Fahrgastkabine frei.

"Ja, wenn das mal nicht die Neue hier ist", meldete sich die Computerstimme schnippisch zu Wort. "Gerade erst auf dem Schiff, und schon in jedem Arm einen Mann", meinte sie süffisant betont. Die Stimme troff geradezu vor Eifersucht.

Dann wurde die Stimme plötzlich sehr kokett, als sie offensichtlich Gorm und Chi-Lo ansprach: "Na, wo wollt ihr beiden Schnuckelchen denn hin, mit dieser bajoranischen Schlange?"

--- Brücke

Auch wenn Monserat nur ein Bild vor sich hatte, nämlich das einer in Stücke brechenden Bragma II in deren langsam ins All driftenden Teile sich irgendwo der Körper seines Todfeindes befinden mußte, so war er noch anwesend genug um zu bemerken, daß ihm seine Crew Fragen stellte, aber niemand ihm genügend Zeit gab überhaupt darauf zu antworten.

So als hätte man irgendeinen namenlosen zweitklassigen Techniker einen guten Tag gewünscht und würde man gar nicht auf Antwort warten.

Die vier ersten blinden Passagiere des Shuttles schienen sich dabei auf dem Weg aufs Holodeck zu einem lauschigen Picknick zu befinden. Arm im Arm. Munter vor sich herplappernd und jetzt schäkerten sie auch noch mit seinem Bordcomputer.

Normalerweise wäre das ein triftiger Grund für den Captain gewesen wieder mal cholerisch darauf zu reagieren um sicherzustellen, daß seine Mannschaft wußte, wer hier das Sagen hatte und das man auch einen kleinen Mann nicht unterschätzten durfte, wenn die Macht hinter ihm stand und er sehr wütend war...

Aber dies war kein normaler Fall.

Wozu sich groß aufregen und vielleicht von Martengh wieder dazu genötigt werden den Stationsarzt aufzusuchen, wenn er all diese Männer und Frauen wahrscheinlich ohnehin das letzte Mal zu sehen bekam?

Da würde er lieber seine kostbare Zeit dazu verwenden einen Plan B für den Notfall zu erfinden. Sollte dieser hier nicht klappen, dann würde er so lange neue Pläne ausprobieren bis Bragma verschwunden war. Entweder lebend ohne Spuren zur Verfolgung zu hinterlassen oder in den Trümmern seines Schiffes frei im Weltall treibend.

"Shania, gib jedem von ihnen einen der Spezial-Communicatoren und sorg dafür, daß endlich alle in den Turbolift kommen. Wir haben keine Zeit zu verlieren, wenn alles sicher klappen soll." Der Blick des Captains lag dabei eindeutig auf Aaron Hunter, der wie vom Blitz getroffen da stand und noch immer zu klären versuchte, ob er träumte.

Vielleicht stellte er auch nur im Geist eine Liste von Gegenständen oder Orten an Bord des anderen Schiffes zusammen von denen er gerne ein Foto gesehen hätte....

Während Monserat Shania dabei beobachtete, wie diese Aaron seufzend in Richtung Turbolift bugsierte, rief er ihr noch nach: "Ach ja... und dann sorg noch dafür, daß diese Klingonin erfährt, daß ich an einem flugunfähigen Schiff keine Sabotage brauche, damit es flugunfähig ist oder bleibt, sondern es schlicht und einfach in die Luft jagen möchte, falls ihr Horizont dafür ausreichend ist."

Nein, Klingoninnen waren irgendwann noch sein Untergang. Entweder sie stellten sich ihm in den Weg und befahlen nicht abzufliegen oder sie nahmen ihn erst gar nicht wahr, selbst wenn sie ihm eine Frage stellten und doch eigentlich auf Antwort warteten.

Fast widerstandslos ließ sich Gorm durch die Gegend schieben.

Teilnahmslos hörte er den Captain von Schiffssprengungen reden und beobachtete, wie seine neuen Leidensgenossen so taten, als befänden sie sich auf dem Weg zu einem Geschäftsessen!

Waren die alle verrückt geworden? Gorm hatte das Gefühl, auf seine Hinrichtung geschickt zu werden!

Der Ferengi vermutete eher, daß die Ivory in einem grellem Feuerball im All zerblasen werden würde, als die beiden Schiffe ihres Widersachers.

Wer sagte denn, daß dieser Bragma überhaupt auf die Ivory hören würde, so verrückt wie er beschrieben wurde!

Im Vorbeigehen griff der Ferengi sich noch ein PADD, das auf einer Konsole herumlag. Mehr Ausrüstung würde er vermutlich nicht brauchen.

Mit Waffen hatte er nie umzugehen gelernt, genausowenig mit schwerer Einsatzausrüstung, die er vermutlich nicht einmal tragen konnte.

Nein, die einzigen Aktivposten, die der Wissenschaftler auf dieses Himmelfahrtskommando mitnehmen konnte, waren sein Verstand und der typische ferengische Überlebensinstinkt!

Es hatte keinen Sinn, das Unvermeidliche noch länger hinauszuschieben!

Gorm straffte seine Schultern, richtete sich zu seiner vollen Größe auf und betrat als erster den Turbolift!

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