Ivory Chronik 2

§ 45t, Absatz 2, Satz 3, Unterabsatz 32, Sektion 5, Halbsatz 7...

--- Sternbasis 12, Krankenstation

Aaron Hunter lag käsebleich auf einer Liege, völlig zerzaust und regungslos, aber in seinem Kopf lief ein verrückter Film ab: Er träumte, wie die drei Organsegeleier auf seinem Planeten sich auf einmal aus dem Sand schoben und sich ihre Spitzen lila verfärbten. Irgendwie schien sich alles zu drehen, Dimensionen verschoben sich und die Umgebung schien sich unerträglich aufzuheizen, dann abzukühlen....

Der Vulkanier-Arzt scannte ihn mit seinem Tricorder, der zwar wilde Gehirnströme, aber dafür nur schwache Lebenszeichen am restlichen Körper des ansonsten wilden Steineklopfers anzeigte.

Der Spitzohrdoktor wandte sich gelassen an seinen Assistenten: "Dieser Mann leidet offensichtlich auch unter der Einwirkung von Kandomanin wie die anderen drei hier. Geben Sie allen 10 ccm Antidot wie bei den anderen Fällen. Das wird die wieder auf die Beine bringen. Anschließend bereiten Sie 20 Proben von der beschlagnahmten Droge für das toxikologische Föderationslabor zu. Anhand der spezifischen Verunreinigungen kann man feststellen, woher dieser Ferengi-Dealer das Material erhalten hat."

Nun bekam der schrille Wissenschaftler seine Injektion. In seinem Kopf gab es einen Knall und schweißgebadet richtete er sich in seinem Bett verwirrt auf.

Er war wach. Ihm war kalt.

Dann zog es ihn zusammen, er beugte sich zur Seite und der Assistent machte einen Satz, um Aarons unvermeidbarer Magenunpäßlichkeit auszuweichen. Hunter wagte einen vorsichtigen Blick auf das Resultat seiner unkontrollierten Körperreaktion und sah sich mit dem De-ja-vue seines Alptraumes konfrontiert:

Es war auch lila.

Verzweifelt, zitternd und verwirrt starrte er einfach diesen Assistenten an, der ihn mit seinem Blick durchbohrte. Aaron wußte nicht, ob dieser Blick Mitleid oder Verachtung ausdrückte.

"Name?", fragte der Assistent.

"Aaron Hunter, ich kam vor zwei Tagen von der Erde, um hier für eine Woche Spaß zu haben." Wieder ein durchbohrender Blick. Aaron fuhr fort: "Die haben ein echt klasse Dance-Holodeck hier."

Der Blick vom Assistenten wurde noch bohrender und er bat Aaron um die ganze Geschichte.

Klar, Aaron erzählte ihm zwar, daß er hier auch auf Partytour als guten Anfang für seinen viermonatigen Urlaub war, ihm es dann auf einmal nach zehnstündigem Tanzen und Feiern auf einmal nicht so gut ging und von diesem Ferengi deswegen diese Pillen gekauft hätte.

Daß er aber auch auf der Sternenbasis 12 sich auf dem Schwarzmarkt nach Dendovaxin umsehen wollte, verheimlichte er sorgfältigst.

Diese seltene und für viele Lebewesen extrem toxische Substanz, die irgendwo und irgendwie vom sagenhaften Planeten Kumudia im 18. Quadranten der Galaxie stammte, unterlag eben wegen dieser Eigenschaften einer strengen Reglementierung. Nur eine ausgewählte Handvoll loyalster Wissenschaftler der Föderation hatten Zugang zu ihr.

Der Antrag vom Doktor, mit ihr forschen zu dürfen, wurde aber immer wieder abgelehnt. Er vermutete aber, daß eben gerade dieser Stoff einerseits für den Schalenaufbau von Organseglereiern absolut unerläßlich war und andererseits so die Eier vor Freßfeinden schützte.

Bei den drei Eiern auf dem Brutgelände seines Planeten stellte er bei seiner Reise dorthin eine Abnahme der Schalendichte fest. Nach diversen nuclearmagnetischen Scans der Schalen fiel ihm auf, das die Resonanzsignale einer organischen Substanz, denen er vorher keine Bedeutung beigemessen hatte, abgenommen hatten. Die Gesamtkonzentration dieser Substanz war aber zu gering, um sie eindeutig als Dendovaxin zu identifizieren.

Aaron wollte sich daher hier auf dem Schwarzmarkt der Sternenbasis 12 nach dieser Substanz umsehen, und, falls er nicht erfolgreich sein sollte, auf einem dieser schillernden Händlerschiffe anzuheuern, die für gute legale und illegale Waren in Verbindung mit hohen Profiten nicht den verrufendsten Winkel des Universums scheuen und ihn möglicherweise ganz von selbst zu einer Quelle dieses Stoffes tragen würden.

Allerdings wollte er auch nicht auf ein getarntes Piratenschiff geraten und sah es deswegen als Gunst der Stunde an, diesen spießigen oberkorrekten Hilfsquacksalber nach einem guten Schiff zum Anheuern zu fragen:

"Ich bin Geologe und will daher für ca. vier Monate einmal etwas ganz anderes als Steineklopfen machen. Ich suche daher irgendein Handelsschiff zum Anheuern, wo ich eventuell mit meinem Spezialwissen gebraucht werden könnte. Haben Sie da zufällig einen Tip?"

Der Assistent schien sich auf einmal zu entspannen und gab Aaron mit einem Grinsen auf dem Gesicht zu verstehen: "Aaaaah, Sie wollen dem wissenschaftlichen und bürgerlichen Alltag für eine zeitlang entfliehen, etwas vom Universum sehen, Abenteuer erleben..... tja, so etwas habe ich mir auch vor ein paar Jahren gegönnt und wahrscheinlich bin ich deswegen jetzt hier gelandet.

Gehen Sie zur Ivory bei den Raumdocks. Ein wirkliches Prachtgeschoß. Dieser Captain Monserat soll zwar etwas komisch sein, aber der ist wenigstens kein verkappter Pirat. Was der hier immer für einen Plunder zum Verhökern anschleppt läßt darauf schließen, daß er bis in die hintersten Winkel des Universums kreuzt."

Aaron wollte gerade aufstehen, aber da stellte sich der Assistent wieder mit diesem bohrenden Blick vor ihm: "Halt, Freundchen! Erst putzen, dann duschen, dann gehen!"

--- Raumdock, Schleuse vor der Ivory, Gegenwart

Der Doktor staunte nicht schlecht, als er die Silhouette der Ivory sah. Sie stach förmlich als Juwel unter all den anderen Seelenverkäufern hervor. Bevor er die Schleuse betrat, musterte er sich noch einmal selbst.

Er roch jetzt wieder zivilisiert, er hatte seine knallgelben Spacestretcher an, aber was war denn das???

Violette Fingernägel?

Ihn ekelte: 'Wann sind denn diese verdammten Nebenwirkungen endlich vorbei?? Für was werden die mich denn hier halten?? Aber was soll's...'

In der Mitte der Schleuse sah der Geologe zwei kleine metallische Streifen auf jeder Wandseite, den ungeübte Beobachteraugen leicht übersehen konnten. 'Das könnte ein getarnter Scannerquadrant sein - haben die hier einen Controlettikomplex??'

Dann sah er die Sprechanlage und darunter einen kleinen Tastbildschirm. Die Neugier ließ ihn einen Augenblick den eigentlichen Zweck seines Kommens vergessen. Neugierig legte er seine Hand auf den Schirm.

Die Anzeige leuchtete auf: "Screening nicht aktiv!"

Aaron grübelte: 'Die planen hier etwas, aber es ist noch nicht einsatzfähig...' Dann besann er sich auf ein mögliches bevorstehendes Bewerbungsgespräch und drückte langsam den Knopf der Gegensprechanlage.

Er wartete, wartete... aber wie ein herzhafter Tritt gegen die Wand das Warten erleichtern konnte!

Auf einmal meldete sich ein etwas merkwürdiger weiblicher Computer: "Heeeeei Schnucki! Du mußt noch etwas warten, bis der Captain etwas Zeit für dich hat!"

Schließlich meldete sich ein mürrischer Kauz: "Captain Monserat. Ich hab keine Zeit, was willst du? Und faß dich kurz!"

Der Wissenschaftler konterte diesen herablassenden Empfang direkt mit einer Gegenprovokation: "Ich will 'nen Job von dir! Ich bin Geologe und schippere durch die Weltgeschichte. Als Lagerstättenkundler finde ich immer irgendwo eine Goldgrube in den tiefsten Erdschichten.

Qualifikation: Du kannst auch Doktor Hunter zu mir sagen!"

--- Ivory, Brücke

Monserat blieb glatt der Mund vor lauter Staunen offen. Sicher hatte er auf die unliebsame Störung vor der Schleuse schroff reagiert, aber auf solch eine Gegenreaktion war er nicht gefaßt gewesen.

Für einen Moment spielte er mit den Gedanken den Mann einfach wegzuschicken, da sie ohnehin gleich ablegen würden, aber dann siegte die Neugier und ein Wort, daß seit er es vernommen hatte in seinem Gehirn herumgeisterte...

Gold...

Vielleicht war es besser diesen Mann nicht wieder in den Tiefen der Station verschwinden zu lassen.

Noch bevor Martengh eingreifen konnte öffnete Monserat die Schleuse mit den Worten: "Machen Sie, daß Sie an Bord kommen. Wir heben gleich ab."

Dann strich sein Blick den Countdown, der automatisch angelaufen war um allen Schiffen zu zeigen, wann der Kontakt erfolgen würde, wenn nicht jemand eingriff und half.

7:34:55

"Wer fliegt?

Wer steuert?

Und wer bedient den Traktorstrahl?", meinte Monserat und seine Stimme duldete keinen Widerspruch. Als es dennoch aussah, als würden Widerworte kommen, präzisierte er seinen Wunsch noch einmal ganz genau. "Das wird das erste und einzige Mal sein an dem sie hier an Bord etwas arbeiten dürfen, wenn diese Sache nicht klappt... Und nun beeilen Sie sich. Die Zeit läuft."

Es durfte keinen Mißerfolg geben...

Gorm nickte dem Captain zu. "Wenn das so ist, programmiere ich den Kurs und der Computer fliegt. Ich werde den Traktorstrahl bedienen!"

Der Ferengi rannte auf seinen kleinen Beinen zur technischen Station und kletterte auf den Sitz.

Da der Riese von Sicherheitsoffizier offenbar nichts dagegen hatte und er die notwendigen Berechtigungen erhalten hatte - natürlich nicht ohne die entsprechende Überwachung - rasten seine Finger über die Tastatur und der Wissenschaftler adaptierte die aus seinem PADD übertragenen Daten noch einmal.

Als der Mathematiker das Programm für den Computer freigab, ging ein leichter, kaum spürbarer Ruck durch das Schiff, als dieses langsam Fahrt aufnahm.

--- Schleuse der Ivory

Die Schleuse öffnete sich. Hunter zögerte, mit einem Mal lag so eine merkwürdige Stille in der Luft. Sein Eintritt in das Schiff würde ja der erste Schritt in ein neues Abenteuer sein. Ihm lief es vor Spannung prickelnd den Rücken runter und bewußt setzte er nun den Schritt über die Schwelle - Spannung und Neugier überragten!

Der Steineforscher dachte: 'Naaaa, ist denn niemand hier?? Der Knacker von der Brücke schickt mir doch in seiner Kontrollparanoia bestimmt jemand entgegen, aber bis dann kann ich mich ja einmal selber etwas umsehen.... völlig unzensiert und ungeniert...'

Aaron stand nun im Hauptgang. Alles roch irgendwie neu, kein Dreck, alles sauber. Er sah das als ein Indiz dafür, daß dieses Schiff zumindest nicht von einem unorganisierten Haufen geführt wird.

--- Deck 4, Gänge

Schon als Charly um die Ecke gebogen war, hatte er den Mann ausfindig gemacht, den er laut Martenghs Anweisung auf die Brücke bringen sollte. Dabei war es unüblich gewesen, daß der caldonische Sicherheitschef einen Ton an den Tag gelegt hatte, den Charly noch nie bei ihm gehört hatte.

So kam es dazu, daß er mit seinen tentakelartigen Armen aufgeregt vor dem Mann herumwedelte, der durch sein Auftreten schockiert oder höchst verwundert zu sein schien, was wiederum keineswegs erstaunlich war, da der Putzroboter gewöhnt war, daß man auf ihn so reagierte.

Allerdings war es seltsam, daß diese Wesen denen scheinbar jede künstliche Intelligenz fehlte leicht ungehalten wurden, wenn der Putzroboter versuchte ihren biologischen Hauptspeicher mit Input zu versorgen, wie er es nur zu gerne tat. Wurde doch auch seine Energie damit betrieben.

Noch bevor der rothaarige Mann die Chance erhielt auf seinen Besucher einzugehen, legte Charly auch schon los: "Ich weiß ja nicht weshalb Sie auf die Brücke wollen, aber unser Sicherheitsoffizier Martengh No'Orba scheint über Ihren Besuch ziemlich verärgert zu sein, soweit meine Sensoren mir Auskunft über seine momentane Stimmfrequenz geben konnte - nicht daß es mich sonderlich wundert, immerhin hatte Mister Martengh sehr viel Streß in letzter Zeit, was aber nicht erklärt, warum er sich so unhöflich verhält.

Außerdem verstehe ich nicht, wieso wir gerade das Raumdock verlassen, wo wir doch erst angelegt haben um Mannschaft an Bord zu nehmen, das ist ein total untypisches Verhalten, wenn Sie mich fragen, aber Sie fragen mich ja gar nicht und weshalb stehen Sie hier immer noch rum? Sie sollen mich zur Brücke begleiten, naja eigentlich soll ich Sie zur Brücke begleiten, aber das macht ja keinen großen Unterschied, Hauptsache wir kommen beide auf der Brücke an und bekommen keinen Ärger..."

Damit setzte sich der kleinen Putzroboter Richtung Turbolift in Bewegung. Vor ihnen lag noch ein langer Gang bis sie dorthin gelangen würden und Charlys Redeschwall schien nicht abreißen zu wollen.

Aaron dachte bei sich: 'Nanu, was kommt mir denn da für eine Blechbüchse entgegen? Oder ist das eine Verhaltensforschungstestmaschine, um bei unschuldigen Passanten Nervenzusammenbrüche zu provozieren und dann auszuwerten?'

Aaron nahm es nach und nach als ein amüsantes Spielchen, denn immerhin mußte er ja mit diesem Roboter noch eine lange Reise aushalten...

Also konterte er: "Erst einmal, Herr verehrter blecherner Wischmob, stellen Sie sich bitte einmal mit Ihrem Namen vor, dann lassen Sie bitte einmal kurz Ihre Franselarme hängen, rebooten Ihre Schaltkreise, um erstens die Vernunft Ihrer Aussagen und zweitens deren Reihenfolge zu koordinieren - oder einfacher: programmieren Sie sich auf Vulkanier! Währenddessen ordne ich Ihre Satzfragmente in meinem biologischen Hirn. Wir scheinen ja wenig Zeit zu haben."

Charly drehte sich stürmisch wie ein Kettenkarussell. Seine wirbelnden Armspitzen berührten dabei Hunters Stiefel. Das war halt seine Art zu knurren. Der Doktor erkannte, daß er jetzt etwas zurückhaltender sein mußte - Autorität war ja jetzt genug gezeigt. Langsam beruhigte sich Charly wieder, bis seine Arme in allen Richtungen ausgebreitet schlaff herunterhingen.

Mit monotoner, blechender Stimme sagte der kleine Tentakelteufel nur: "Mein Name ist Charly. Meine Aufgabe auf diesem Schiff ist der Putzdienst."

Um ihn weiter zu beruhigen, ging der Geologe vor ihm in die Hocke wie vor einem verschreckten Kind: "Gut, Charly. Ich bin Aaron Hunter, Geologe und Lagerstättenkundler. Ich soll auf die Brücke kommen und mich beim Captain vorstellen.

Charly, gestatten Sie mir einen Tip: wenn Leute in einer Extremsituation sind, zeigen sie ihr wahres Gesicht, da sie den rationalen Filter für ihre Aussagen ausschalten und ihren Emotionen - Ärger, Freude, Angst - freien Lauf lassen. Lernen Sie aber trotzdem, sich nicht unbedingt - immer - gleich von diesen Ausbrüchen anstecken zu lassen. Versuchen Sie lieber, sich in Ruhe Ihre eigene Reaktion zu überlegen. Ansonsten geraten Sie außer Selbstkontrolle und werden manipulierbar. Das habe ich von meinem alten Lehrer gelernt, eigentlich ein Freund, ein Vulkanier."

Der Roboter rollte daraufhin in einem zackigen Tempo los und plapperte: "Ja Sie, Sie haben wohl die Ruhe gepachtet, was? Sie wissen ja gar nicht, was Sie mit Ihrer Aktion an der Sprechanlage angerichtet haben. Unser Sicherheitsoffizier Martengh No'Orba scheint kurz vor dem Durchdrehen zu sein und der Captain erst... Ich kann nicht analysieren, ob Sie völlig wahnsinnig oder absolut souverän sind. Die beiden auf der Brücke machen mir im Augenblick ziemlich Angst. Kommen Sie, schneller!"

Hunter spurtete Charly hinterher. Irgendwie mochte der Steineklopfer dieses Belchknäuel sofort.

--- Brücke

Dem Captain fiel auf, daß die Krankenschwester noch immer herumstand und nach ihrer Bekundung kein Schiff fliegen zu können, sich anscheinend in der Rolle des Zuschauers recht wohl fühlte. Wenn sie dachte, daß die anderen die heißen Kartoffeln für sie aus dem Feuer holen würden und sie überhaupt nichts tat, dann hatte sie sich geschnitten. Monserat duldete niemand, der sich einen Verdienst erschlich, der ihm nicht zustand.

"Hey, Sie da! Ja, Sie die nicht fliegen kann", meinte der kleine Franzose mit einem Nicken in die Richtung der Irin, die darauf merklich zusammen zuckte. "Wenn Sie schon nicht fliegen können und mehr als unnütz auf der Brücke sind und scheinbar doch auf meinem Schiff arbeiten wollen... schnappen Sie sich Ihre medizinische Ausrüstung und machen Sie sich auf den Weg in den Transporter.

Oder ist Ihnen noch nicht selbst der Gedanke gekommen, daß der Mann, den wir gleich retten werden unter ziemlichen Streß steht und vielleicht verarztet werden muß? Ich dachte immer, Leute die Medizin studieren sind vorausplanend und haben keine andere Sorge, als Leben zu retten und Leute an die Krankenstation zu fesseln." Der Sarkasmus tropfte nur so aus Monserats Stimme, was aber kein Wunder war, wenn man bedachte, daß der letzte Arzt der Ivory - der bajoranische Gott habe ihn selig - ihn gegen seinen Willen auf der Krankenstation behalten hatte.

"Wo denken Sie wo Sie hier sind? Auf einem Luxusschiff auf dem Sie ein paar Wochen Urlaub machen wollen?" Sein gesundes Auge funkelte zornig und machte klar deutlich, daß Widerrede keinen Sinn hatte. Vielleicht schwieg Martengh ja deshalb noch immer, obwohl er alles überwachte.

Der Ferengi ließ sich von dem Gezeter hinter ihm nicht stören. Konzentriert beobachtete er, wie der Autopilot der Ivory dem vorgegebenen Kurs akribisch genau folgte.

Für den Mathematiker war dies Kunst in seiner vollendeten Form. Fast wünschte er sich, er könnte auf die Außenkameras der Station schalten um den "Tanz" des Schiffes von dort zu genießen, als es sich elegant der gekurvten Linie seines Programms entlang bewegte.

Gorm liebte diese Art des Balletts - fast so sehr wie Latinum!

Endlich kam das in Bedrängnis geratene Schiff in Sicht.

Fieberhaft glitten die Finger des Zwergs über das Bedienungsfeld der Station.

Als Gorm endlich den Traktorstrahl aktivierte ging ein fürchterlicher Ruck durch die Ivory und der Ferengi sah alle Gegenstände in seiner Umgebung, die nicht verankert waren, einen gemeinsamen Satz Richtung Backbord machen.

Sofort kreischten alle Sirenen los und der Wissenschaftler kletterte benommen wieder auf seinen Platz.

Schnell löste er den Strahl und das fremde Schiff glitt an dem, inzwischen ins Trudeln geratenen Handelsschiff vorbei auf die Station zu.

Gorm nahm nichts mehr von dem ihn umgebenden Chaos war. Gebannt starrte er auf die Sensoren, die die schnell kleiner werdende Distanz zwischen Shuttle und Station wiedergab.

Als sich die Zahlen in den einstelligen Meterbereich bewegten, schloß der Wissenschaftler krampfhaft die Augen um nur ja nichts von der drohenden Katastrophe mitzubekommen.

Auf der Brücke war es schlagartig stillgeworden! Sogar den Alarm hatte mittlerweile jemand deaktiviert.

Würden sich seine Berechnungen als richtig erweisen?

Als nach einer Minute noch immer nichts geschah, wagte es der Zwerg, seine Augen wieder zu öffnen. Vorsichtig linste er zwischen seinen schweren Augenlidern hindurch...

Das Shuttle, ebenfalls vom Traktorstrahl in trudelnde Bewegung versetzt, entfernte sich immer mehr von der Station!

Schnell kontrollierte Gorm die Aufzeichnungen der Sensoren: das fremde Schiff hatte die Station um genau 3,224 m verfehlt!

Scharf stieß der Ferengi die Luft aus, die er bis jetzt angehalten hatte!

Er wäre jetzt zu gerne im Kommandoraum der Station, um das Gesicht des dortigen Commanders zu sehen!

Mit einem zufriedenen Lächeln drehte sich der Wissenschaftler zum Captain um.

Nachdem Martengh den Alarm auf Stumm geschaltet hatte, registrierte er, wie die angeblaffte Krankenschwester kleinlaut die Brücke verlassen hatte. Seine Überwachung meldete, daß sich der Turbolift in Richtung Transporterraum bewegte.

So ganz konnte der Caldonier es noch nicht verstehen, was Monserat geritten hatte, eine solche Chaostruppe an Bord zu holen. Mußte eine Nachwirkung seiner Krankheit sein. Aber immerhin war er hier Captain und Schiffseigner, und so nahm Martengh sich einfach vor, wie immer so wachsam wie möglich zu sein.

Niemals hätte Martengh eine klingonische Technikerin, eine offenbar unfähige Krankenschwester und gleich zwei Wissenschaftler - einer davon sogar ein Ferengi! - aufgenommen.

Das Einzige, was jetzt noch fehlte wäre, daß der Neuankömmling, der gerade durch Charlys Redefolter ging, in seine Sicherheit wollte...

--- Deck 4, Gänge

Der Wissenschaftler versuchte seine rollende Vorhut weiter zu beruhigen: "Sehen Sie, da ich den Captain und diesen Martengh noch gar nicht kenne, mußte ich Sie daher etwas provozieren. Wir werden sehen. Offensichtlich scheint mein Kommen nicht der entscheidende Grund für die allgemeine Aufregung auf dem Schiff zu sein, den Sie ja auch nicht kennen.

Ein weiterer Tip: Es gibt einen Unterschied zwischen Angst und Furcht. Angst kommt von Beengung, ist also ein Symptom für die Handlungsunfähigkeit in Anbetracht einer gegebenen Situation. Furcht dagegen ist rational verarbeitete Angst. Sie lehrt uns die richtige Einschätzung einer Gefahrensituation. Sie beengt nicht, sie ist unser Freund!

Wenn Sie sich über den Grund der allgemeinen Aufregung hier kundig gemacht hätten, dann könnten Sie sich Ihr eigenes Handeln gut überlegen. Unwissenheit erzeugt Angst."

Der Roboter rollte schweigend vor ihm her. Dabei ließ er seine vielen Arme über den Boden schleifen. Das schien irgendwie nicht zu passen. Nun wurde Aaron mit einem Mal selbst unruhig.

"Ist es denn noch weit gibt es denn keine Abkürzung oder Lift zu der Brücke?"

Der Metallschlawiner entgegnete: "Ha, jetzt verlieren SIE die Kontrolle! Nun ja, eigentlich nicht, jetzt sind wir wegen Ihrer Weisheiten schon viel zu weit gegangen - wir müssen zurück!! Sehen Sie was Sie angerichtet haben, natürlich, wir müssen zum Lift - kommen Sie, schneller! Das ist ein Turbolift - hat der Chef vor einiger Zeit einbauen lassen, ist aber manchmal wegen der elektrostatischen Aufladung durch seine rasante Geschwindigkeit nicht ganz einfach sauber zu bekommen. Wenn ich aber einen kurzen elektrischen Gegenimpuls mit allen meinen Armen auf den Metallboden appliziere, kann ich den dann einfach wischen. Da bin ich aber so einmal deswegen im Lift steckengeblieben....."

Der Geologe unterbrach ihn genervt: "Charly, ich bin im Augenblick nicht an Ihren Reinemachtechniken interessiert - wo ist der verdammte Lift??"

Auf einmal blieb der Blechknabe stehen: "SIE regen mich auf, denn hier sind wir schon! Sie verlieren aber immer die Kontrolle."

--- Deck 3, Transporterraum

Die Luft auf einer der Transporterplattformen begann zu flimmern, Farben und Schatten tanzten in ihrer ganz eigenen Art, als die Technik Herr über die Materie wurde und ein Körper, der an einer anderen Stelle weit entfernt zu existieren aufgehört hatte, hier an Bord langsam wieder Form annahm.

Ein Körper begann sich zu festigen, während das typische Summen laut wurde. Der Klumpen Materie, der sich Mensch nannte, materialisierte in sitzender Position wie er wohl eben noch in seinem Stuhl auf dem Shuttle "Bragma II" gesessen hatte, bevor er vom Beamstrahl erfaßt worden und aus der Gefahrenzone transportiert worden war.

Noch bevor Shania den Hauch einer Chance hatte es zu verhindern zu können, stürzte der Körper auch schon zu Boden. Sofort verließ sie ihren Platz hinter den Kontrollen und eilte zu dem Terraner, der sich nicht rührte. Er wirkte leblos und für einen Moment befürchtete die große Frau, daß sie zu spät gekommen waren oder es Probleme mit dem Transporter gegeben hatte.

Nachdem sie seinen Puls auf sintflutliche Weise mit der Hand gefühlt hatte - als sie ihren nächtlichen Barbesuch geplant hatte, hatte sie nicht im entferntesten damit gerechnet auch einen Tricorder zu brauchen - stellte sie erleichtert fest, daß der Mann offensichtlich nur bewußtlos war. Er schien sehr erschöpft zu sein und am Ende seiner Kräfte angekommen zu sein, aber er war dem Anschein nach nicht wesentlich verletzt.

Neugierig musterte die Amerikanerin den Fremden jetzt näher, den sie im ersten Moment fast für eine Frau gehalten hatte, wahrscheinlich deshalb, weil er ungewöhnlich klein und zart für einen Mann war. Jedenfalls für ihre Verhältnisse, die bei ihrer Größe nur selten zu einem Mann aufsehen mußte.

Als sie versuchte den Asiaten in eine sitzende, bequemere Position zu bewegen, indem sie ihn an die Wand anlehnte, merkte Shania aber, daß er sehr drahtig für seine Körpergröße war. Er schien durchtrainiert zu sein und körperliche Arbeit gewohnt zu sein.

Sie fragte sich wie es geschah, daß sein Shuttle fast mit der Station kollidiert wäre. Noch mehr interessiert es sie, wieso der Captain solches Interesse an diesem Mann gezeigt hatte.

In diesem Moment öffneten sich die Türen und die junge rothaarige Frau tauchte auf, die Shania vorhin auf die Brücke begleitet hatte. Sie sah sich um, sah die beiden Personen auf der Transporterplattform und steuerte sofort auf sie zu, ein kleines Medikit im Gehen öffnend.

"Tut mir leid, daß es so lange gedauert hat, aber ich mußte erst hinterfragen wo der Transporterraum eigentlich ist und hinter welchen Wandverkleidungen sich hier die Notfall-Ärztekoffer verbergen. Ich trage nicht immer alles bei mir", meinte sie entschuldigend und machte sich dann gleich an die Untersuchung des Bewußtlosen.

Erleichtert stand Shania auf und tat das, was sie wohl eigentlich schon längst hätte machen müssen: "Shania an Monserat. Dein... Freund ist eben hier gelandet. Es geht ihm...", sie sah fragend die Rothaarige an, die zu ihr aufsah und zuversichtlich nickte, bevor sie sich wieder ihrem Patienten widmete, "gut, jedenfalls den Umständen entsprechend. Aber er ist noch nicht wieder bei Bewußtsein. Shania Ende."

Dann hockte sie sich wieder zu der Krankenschwester, die dem jungen Mann gerade einen Hypospray ansetzte und meinte: "Das müßte reichen, daß sich sein Kreislauf wieder stabilisiert und er zu Bewußtsein kommt."

Danach warteten beide Frauen gespannt ab und eine unglaubliche Erleichterung stellte sich bei beiden ein, als seine noch immer geschlossenen Augenlider zu flattern begannen.

--- Brücke

Nachdem der Captain die Meldung von Shania erhalten hatte, hellte sich seine Mine schlagartig auf und er hörte auf die Finger in die Lehne seines Stuhl zu krallen. Wenigstens dieser Treffer war ihm gelungen, auch wenn es sehr knapp geworden war und er würde das Latinum als Belohnung auch verschmerzen. Es würde überhaupt das erste Mal in der Geschichte seines Lebens sein, daß er etwas freiwillig und gerne bezahlte.

Auch wenn er für das Shuttle seines Erzfeindes sicher eine Menge Latinum bekommen würde...

Oder zumindest die Genugtuung es irgendwann einmal gegen ihn zu verwenden und ihn damit in Schwierigkeiten zu bringen...

Mit einem leicht diabolischen Blick und einem eigenartigen Leuchten in den Augen, als der Gedanken in ihm reifte Bragma mit seinen eigenen Waffen zu schlagen, wandte sich der Captain an den kleinen Ferengi und seine große Klingonenfreundin, die sehr unschlüssig in der Gegend herumstand, als ginge sie das Ganze überhaupt nicht an:

"Worauf warten Sie noch? Ich will auch dieses Shuttle." Als er merkte, daß sein Tonfall eine Spur zu habgierig und rechthaberisch klang, schwächte er sofort ab. "Wir wollen doch nicht, daß dieses Shuttle irgendwann mit einem Raumschiff zusammenstößt und eine Menge Leben kostet. Oder?"

Es kam ein Ruf von der Station.

Auf dem Hauptschirm wurde Bingman sichtbar. Er war schweißnaß.

"Ivory, wolltet ihr uns mit diesem Shuttle abschießen? Das war verdammt knapp! Aber trotzdem, vielen Dank! Sie haben die Station gerettet. Können wir Ihnen behilflich sein? Vorräte, Treibstoff, Liegegebühren? Nennen Sie uns Ihre Wünsche, und wir werden sehen, wie wir uns erkenntlich zeigen können.

Ach ja: Das Shuttle bringen Sie bitte an den Andockring 2, Schleuse 14. Dort werden wir es dann untersuchen. Und bringen Sie uns diesen Chi-Lo, ich habe da ein paar sehr interessante Fragen an ihn.

Nochmals, im Namen der ganzen Basis, Danke.

Bingman Ende."

Chedu betrachtete den Captain nachdenklich. Sie glaubte nicht, daß er das Shuttle, wenn sie es nun bargen, zur Sternenbasis bringen würde. Er schien ein sehr persönliches Interesse an dem Shuttle, wie an dessen Passagier zu haben. Auch wenn er vorgab, aus humanitären Gründen so zu handeln.

Nun, er wollte das Shuttle haben. Er zahlte. Also sollte er es bekommen.

Zudem wurde die Klingonin immer neugieriger, was es nun mit dem Shuttle und dessen Pilot auf sich hatte. Sie würde es sicher bald erfahren. Immerhin war der Pilot inzwischen an Bord und das Shuttle würden sie auch bald haben.

Sie trat an die Konsole, an der der Ferengi mit einem zufriedenen Gesichtsausdruck stand. "Könnte ich mal an die Konsole?"

Mit möglichst geringen Kraftaufwand, um den kleinen Mann nicht unnötig zu verletzten, schob die Technikerin Gorm zur Seite. Sie ignorierte seinen empörten Ausruf und überprüfte den Zustand des Traktorstrahls.

Der Ferengiwissenschaftler war zwar ausgezeichnet mit der Navigation der Ivory zurecht gekommen, und sie bewunderte noch immer seine präzisen Berechnung für den Einsatz des Traktorstrahls, aber diesen hatte er nicht gerade schonend eingesetzt. Nicht nur der Traktoremitter, auch die strukturelle Integrität des Schiffes machten einen etwas mitgenommenen Eindruck.

Mit dem Traktorstrahl, vor allem in seinem momentanen Zustand, würden sie das Shuttle, das immer noch mit vollen Impuls nun führerlos durch den Raum flog, wohl nicht anhalten können.

Auf der Suche nach anderen Möglichkeiten scannte Chedu das Shuttle. In ihren Augen blitzte es triumphierend auf, als sie erkannte, daß es sich um den Typ Shuttle handelte, von dem ein Pilot ihr mal erzählt hatte, daß es erhebliche Sicherheitslücken in den Computerschnittstellen, vor allem zu denen des Autopiloten, gab.

Energisch flogen ihre Finger über die Konsole. Plötzlich, hieb sie mit ihrer Faust frustriert auf die Tasten und unterdrückte einen lauten Fluch. Sie hob ihren Kopf und schaute zu dem Caldonier, der an der taktischen Kontrolle stand, hinüber. Sie atmete kurz durch, bekämpfte ihre aufkommende Wut und sprach mit fast ruhiger Stimme No'Orba an.

"Könnte ich bitte Zugriff auf die Kommunikation bekommen? Ich versuche gerade eine Verbindung mit dem Computer des Shuttles herzustellen um an dessen Navigationskontrolle zu gelangen. Ich weiß da einen Weg... aber dafür brauche ich Kommunikationsrechte.

Aber wir können natürlich auch versuchen, das Shuttle mit dem Traktorstrahl einzufangen. Was diesem sicher nicht sehr gut tun würde...

Mich in den Computer des Shuttles einzuklinken halte ich doch für eine elegantere und Ressourcen schonendere Lösung."

Martengh brauchte den Captain gar nicht erst anzuschauen um zu wissen was er gerade dachte. Es wäre jetzt, nachdem die Gefahr vorüber war, zwar genauso effektiv, einfach jemanden auf das Shuttle zu beamen, der es dann steuern könnte, aber ein Beamvorgang verbrauchte immer eine ganze Menge Energie, und Monserat war immer sehr sparsam, was seine Energie anging. Zudem wußte Martengh zur Zeit gar nicht, wem er diese Mission anvertraut hätte.

Deshalb nickte er Chedu kurz zu und gab ihr die gewünschte Berechtigung.

Anschließend stellte er eine Verbindung zur Station her: "Ivory, Sicherheitschef No'Orba an Bingman, wer immer das auch sein mag. Wenn Sie mit unserem Passagier reden wollen, dann stelle ich gerne eine Kommunikationsverbindung zu ihm durch, sobald unser Bordarzt ihm einen solchen Kontakt erlaubt.

Was das Shuttle betrifft: Sie haben Recht, wenn Sie annehmen, daß wir es bergen werden. Aber da es nach Föderationsrecht Treibgut ist, kann ich gut verstehen, daß Sie es gerne für sich haben möchten. Sie können dem Mutterschiff, sollte es hier ankommen, gerne ausrichten, wo es gegen eine entsprechende Belohnung abzuholen ist.

Ivory Ende."

Vergnügt sah der Ferengi zum Captain.

Insgeheim bewunderte er den Geschäftsinn des Captains und seines Sicherheitsoffiziers. Es würde ein Vergnügen sein, an Bord dieses Schiffes zu arbeiten!

Gorm war aber Ferengi genug, um sich gleich um das wichtigste zu kümmern: den Profit!

"Captain, ich möchte Sie ja nicht stören. Wo kann ich mir denn jetzt die Belohnung holen? Und wer teilt mir das Quartier zu?

Wenn es Sie nicht stört, würde ich gerne noch etwas auf der Brücke bleiben. Der Datenübergriff der Technikerin interessiert mich nämlich sehr!

Der Captain nickte in Gedanken versunken, während er mit seinem Ohrring spielte. Wie immer hatte Martengh dafür gesorgt, daß er seinen Willen bekam und niemand sein neues Spielzeug für sich beanspruchte. In der Hinsicht konnte er sich immer auf ihn verlassen.

"Sie können auf der Brücke bleiben und was Ihr Latinum betrifft, so wird Ihnen Mister Martengh gerne den Lohn für Ihre wirklich gute Arbeit auszahlen. - Was Ihr Quartier betrifft, so wird Ihnen Shania eines zuteilen. Sie haben sich ja bereits mit ihr bekannt gemacht." Dann drehte sich der Franzose zu Martengh um für ihn zu wiederholen, was mit den anderen vereinbart hatte:

"Jeder der drei bekommt 20 Barren goldgepreßtes Latinum. Zwar hat sich die Krankenschwester bisher nicht besonders nützlich gemacht, aber ich stehe zu meinem Wort. Außerdem sind alle drei eingestellt."

Ohne eine Antwort zu erwarten galt die ganze Aufmerksamkeit jetzt der Klingonin mit deren Hilfe er auch noch das Shuttle in seinen Besitz bekommen wollte.

--- Deck 3, Transporterraum

Es war dunkel. Es war still.

Er tauchte in tiefen Strudeln wallender Schwärze. Orientierungslos rasten seine Gedanken umher, ohne einen festen Bezugspunkt zu finden.

Wo war er? Wer war er?

Ein Schimmer.

"Rot", schoß es durch seinen Kopf. Er brauchte eine Weile, um zu begreifen, daß dieses Wort eine Farbe bezeichnete. Es war egal.

Ein Gefühl. Da war etwas, das ihn störte. "Schmerz", erinnerte er sich an dieses Gefühl. Ja, er mußte Schmerzen haben. Wenn er Schmerzen hatte, dann lebte er. Oder?

Die Welt machte einen Ruck. Er war Chi-Lo. Höllische Kopfschmerzen raubten ihm fast jeden klaren Gedanken.

Das Shuttle. Die Station. Siedend heiß fiel ihm alles wieder ein. Er mußte handeln, sonst...

Hektisch öffnete er die Augen. Licht! Verdammt, helles, blendendes Licht! In seinem Kopf schien ein Feuerball aus Schmerz zu explodieren.

Er stöhnte laut auf - und die nächste Schmerzwelle durchraste ihn. Er hatte bisher nicht gewußt, daß Geräusche so weh tun können.

Er versuchte, sich zu beruhigen. Er lag irgendwo. Vorsichtig öffnete er die Augen.

Eine kurze Weile lang sah er nur wabernde farbige Schlieren, doch dann fügten sich die Farben in seinem Kopf zu einem Bild zusammen.

Eine junge Frau, rötliche Haare, Sommersprossen. Daneben eine Frau etwa des gleichen Alters, mit einer beeindruckenden blonden Mähne. Beides Menschen.

Er ächzte. "Mein Name ist Chi-Lo", brachte er krächzend und unter Schmerzen zu Stande.

Als darauf keine Reaktion erfolgte, und die beiden Frauen ihn nur interessiert anschauten, fragte er: "Was ist passiert?"

--- Turbolift

Charly betätigte den Schalter an einer Stahltür und surrte in den Lift, Aaron sprang hinterher.

Dann meldete sich der Computer: "Wo darf ich denn Euch beiden Schnurzis hinbringen?"

Charly drehte sich wieder einmal kurz, dann entgegnete er: "Zum Deck 2! Sofort! Dieser da neben mir ist der Neue, der soll jetzt zum Chef. Ich bin ein süßer Schnurzi, aber der? Macht zwar alle nervös, ist aber trotzdem ganz lustig!"

Der Lift fuhr an und Hunter kochte vor Wut. Er dachte: 'Nur nichts sagen - sonst platzt noch ein weiterer Redeschwall aus ihm heraus. Die haben wohl anscheinend hier alle irgendwo eine Macke, aber wir sind ja tolerant. Vielleicht sind die ja nur eine schicksalhafte Bestrafung für mein früheres Leben..."

Der seltsame Doktor schloß einfach die Augen und ließ einfach das monotone Surren des Liftes auf ihn wirken. Das beruhigte ihn irgendwie.

--- Turbolift, Tür zur Brücke

Plötzlich vernahm Aaron kein Surren mehr und Charly riß ihn aus der Monotonie: "Wie, Sie haben die Augen geschlossen? Aaaaaufwachen, wir sind daaaaa! Jetzt kann der Chef mit Ihnen spielen!"

Der Goldgräber wußte, daß die Lifttür ihn direkt auf die Brücke führte. Lang ersehnt...

Noch einmal meldete sich der Computer: "Ihr beiden Süßen seid eben nicht nett zu mir gewesen - daher müßt ihr als klitzekleine Strafe die Tür zur Brücke selbst öffnen!"

Die Zicken dieser Computerin kamen Aaron gelegen. Bevor er sich nun seinem neuen Kommando vorstellte, wollte er es noch dem kleinen Teufel heimzahlen, daß er ihn doch noch so überspielt hatte: "Charly, gehen Sie eigentlich gerne auf Partys? Sie verleiten einen zum Quatschen - das ist nett! Können Sie sich eigentlich betrinken? Sie könnten in jedem Ihrer Tentakelarme ein Glas mit jeweils einem anderen leckeren Gesöff halten - praktisch."

Aaron versucht sich auf die neue Situation zu konzentrieren und starrte auf die Lifttür. Dann drückte er deren Öffner.

--- Deck 3, Transporterraum

Die Krankenschwester nickte der Amerikanerin nur zu, als wollte sie ihr damit ein Zeichen geben, daß sie gerne den erzählenden Part übernehmen konnte, während sie mit geschickten Händen einen anderen Hypospray vorbereitete. Daß er gegen die Schmerzen, die dieser Mann offensichtlich verspürte, wirken sollte, lag auf der Hand.

Brianna benutzte vorsichtshalber den medizinischen Tricorder um mit Sicherheit festzustellen, ob dem Mann nichts Ernsthafteres als ein paar Prellungen fehlten. Als die Daten, die das Gerät hergaben zufriedenstellend ausfielen, nickte sie unwillkürlich und benutzte den Hypospray.

"Keine Sorge, die Schmerzen sind sofort vorbei. Trotzdem sollten Sie sich nicht gleich körperlich überanstrengen. Auch wenn es nicht so aussieht, aber Sie stehen immer noch unter einem Schock", meinte die Irin und half dem Mann in eine bequemere Position, was er mit einem flüchtigen Lächeln quittierte.

"Eigentlich wollten wir das Sie fragen", meinte Shania indessen ohne auf die Bemutterungsversuche der Krankenschwester einzugehen und beobachtete dabei genau die Reaktion des Fremden. "Ich weiß lediglich, daß Sie mit einem Shuttle steuerlos mit enormer Geschwindigkeit auf Sternbasis 12 zugerast sind und mit ihr zusammengeprallt wären. Das Shuttle konnten wir im letzten Moment ablenken und Sie hier in Sicherheit bringen." Sie sah Verwunderung auf seinem Gesicht auftauchen.

Kein Wunder, wenn man bedachte, was er gerade mitgemacht hatte.

"Sie befinden sich übrigens an Bord der Ivory, einem privaten Frachter und sind Gast von Captain Monserat. Mein Name ist Shania und das dort", sie deutete auf die Rothaarige, "ist Brianna o'Neill. Falls Sie sich etwas besser fühlen, würde sich der Captain sicher freuen Ihre Bekanntschaft zu machen..."

Bei diesen Worten konnte die Irin nicht verhindern, daß sich ihr Gesicht merklich zu einer Grimasse verzog. Wer den Captain näher kennenlernte wußte, daß diese Freude sicherlich einseitig war. Ein kleiner Diktator traf seine Beschreibung wohl am Besten. Noch immer hatte sie nicht daran vergessen wie er sie auf der Brücke angefaucht hatte, dabei war sie noch nicht mal in seiner Mannschaft.

Zwar war sie seiner Anweisung rasch und ohne Widerworte gefolgt, weil es schließlich um das Wohl eines Menschen ging, etwas das jeder in ihrem Beruf an erste Stelle stellte, aber ihr Geist hatte gegen ihn und seine Behandlung revoltiert.

Eine alte Erinnerung war in ihr aufgetaucht.

Ihr Vater...

Dankbar sah Chi-Lo die rothaarige Retterin an, als das Hypospray zu wirken begann.

Stumm dankte der dem Schöpfer dafür, in einer Zeit geboren worden zu sein, in der es wirksame Medikamente gab.

Er atmete tief durch. Die 'Ivory'? Das konnte doch wohl nicht wahr sein. Der eben noch hochgelobte Schöpfer liebte es offenbar, Chi-Lo's Existenz mit skurrilen Einfällen etwas interessanter zu gestalten...

Er erinnerte sich an die letzten Worte Shanias. Ach ja, der Captain. Klar, der würde seinen neuen Passagier in Augenschein nehmen wollen.

Aber er trat ja nicht mit völlig leeren Händen vor den Captain. Dieser würde mit Sicherheit sehr interessiert daran sein, zu erfahren, daß Bragma ihn ausspionieren ließ.

Was hatte Denningham, dieser verfluchte Hurensohn von einem Raumschiffkutscher, nochmal gefaselt? "Operation Lysides"? Nun, die Warnung vor einer Operation diesen Namens wollte der Asiat seinem Retter nur zu gerne zukommen lassen.

'Na warte, Bragma', dachte sich der Gerettete. 'Wenn du mich töten willst - bitte, versuch' es! Aber ich werde mich wehren, und ich werde alles versuchen, dich als Bedrohung auszuschalten! Wer zuletzt lacht, lacht am Besten...'

Er erhob sich langsam, um ein Gefühl für das Gleichgewicht wiederzufinden.

"Wo kann ich den Captain finden?", fragte er.

Shania sah den Chinesen an. - Oder war es doch ein Japaner? Sie konnte Asiaten nie wirklich von einander unterscheiden und so versuchte sie es erst gar nicht. - Wie der Captain schien auch dieser Chi-Lo auf eine Bekanntschaft richtiggehend zu brennen, dabei hatte es nicht den Anschein, als würden sich die beiden von früher kennen.

"Der Captain befindet sich natürlich auf der Brücke, wie es sich für einen richtigen Captain gehört, wenn eine Rettungsaktion durchgeführt wird", meinte sie und schüttelte wegen seiner Aufbruchsstimmung unwillkürlich den Kopf. "Vielleicht sollten Sie Ihrem Körper aber noch eine kurze Pause gönnen ehe wir aufbrechen. Der Captain läuft Ihnen schon nicht davon."

Sie gab der Irin einen versteckten Wink, ihr Kraft ihrer medizinischen Kenntnisse unter die Arme zu greifen, diese jedoch zuckte lediglich mit den Schultern. Anscheinend ging es ihrem Patienten bereits wieder gut genug, daß er schon wieder auf eigenen Beinen stehen konnte und es sprach auch nichts dagegen, schon jetzt den Captain aufzusuchen.

Trotzdem widersprach es dem Gefühl der Amerikanerin, vielleicht auch deshalb, weil sie wissen wollte, was Monserat an diesem Mann so interessierte.

"Man sagt doch den... Asiaten nach, daß sie eine sehr ruhige und freundliche Mentalität haben, da können doch ein paar Minuten früher oder später auch kein Hals- und Beinbruch sein." Noch bevor Chi-Lo darauf drängen konnte zum Captain gebracht zu werden, stellte sie ihm ihre Fragen und baute auf die Tatsache, daß sie zu ignorieren alles andere als freundlich wäre:

"Sagen Sie... wie kam es, daß Sie Ihr Shuttle nicht mehr selbst lenken konnten? Wer hat Sie beschossen?"

--- Brücke

Gerade als die Klingonin Anstalten traf sich an den Kontrollen zu schaffen zu machen um dem Captain sein kostbares Kleinod an Bord zu holen, dessen Besitz allein ihn freuen würde, öffneten sich zischend die Türen des Turbolifts.

Heraus trat ein rothaariger großer Mann, der zu dem Bild, das sich der Franzose von ihm gemacht hatte sehr gut paßte. Knallgelb war zwar nicht gerade die Farbe in der man normalerweise Wissenschaftler sah, aber Monserat gab nichts auf reine Äußerlichkeiten bei ihm zählte einzig und allein der Erfolg. Besonders wenn er in Latinum gemessen wurde.

Die Türen schlossen sich wieder hinter ihm und gott-sei-dank auch vor Charly, der glücklicherweise beschlossen hatte seinen "Gast" nur bis "vor die Tür" zu begleiten. Was viel zu bedeuten hatte, wenn man wußte, wie anhänglich Charly werden konnte.

Als Monserat bemerkte, daß der Caldonier an seiner Seite in Abwehrhaltung ging, hielt er es für angemessen sich allein mit dem neuen Bewerber zu beschäftigen. Immerhin war inzwischen der Pilot des Shuttles an Bord und selbst wenn sie das Shuttle nicht bergen konnten, dann würde Martengh das Unmögliche möglich machen und es trotzdem bergen.

"Wenn Sie Interesse an einem Job haben, dann kommen Sie mit mir mit", murmelte der Captain, während er sich erhob und sich in seinen Bereitschaftsraum begab.

Der kleine Wissenschaftler sah dem Captain und dem Neuen nach.

Der zweite Mensch schien ziemlich von sich eingenommen zu sein. Hoffentlich rechtfertigten seine Fähigkeiten dieses Selbstvertrauen.

Gespannt drehte sich Gorm wieder zur klingonischen Technikerin um, die irgendwelche Schwierigkeiten zu haben schien, Zugriff auf den Bordcomputer des Shuttles zu bekommen.

Der Ferengi fragte Chedu hilfsbereit: "Kann ich Ihnen irgendwie behilflich sein?"

Die Klingonin löste ihren Blick von den Kontrollen, blickte zur Seite und sah... nichts. Bis ihr wieder klar wurde, wer sie da eben angesprochen hatte und sie weiter nach unten schaute.

Der kleine Wissenschaftler verblüffte sie immer mehr. Das einzige Mal, daß ihr auffiel, daß er sich wie ein typischer Ferengi verhielt, war seine Frage nach der Belohnung. Obwohl, das hatte sie eigentlich auch interessiert.

Sie trat etwas zur Seite damit Gorm sehen konnte, woran sie gerade arbeitete. "Anscheinend war der Besitzer des Shuttles ein Sicherheitsfanatiker. Auf jeden Fall ist die Sicherheitslücke auf die ich gesetzt hatte nicht mehr da. Statt dessen ist auch dieser Zugang durch einen Code verschlüsselt, der ziemlich hartnäckig ist."

Chedu gab sich Mühe nicht allzu mürrisch zu klingen als sie mit dem Ferengi sprach. "Nun ich weiß nicht, ob Sie helfen können, aber Sie können gerne auch mal Ihr Glück mit dem Code versuchen."

--- Deck 3, Transporterraum

Irgendwie konnte Chi-Lo die Reaktion der Frau nicht so recht einordnen.

Er hatte doch eindeutig gesagt, daß er den Captain sprechen wolle. Sprach er vielleicht chinesisch?

'Ach ja', erinnerte er sich, 'Ich spreche ja tatsächlich chinesisch.'

Er mußte unwillkürlich schmunzeln. Natürlich war es schon seit mehreren Jahrhunderten egal, welche Sprache zwei Individuen sprachen, die miteinander kommunizieren wollten. Die Universaltranslatoren waren inzwischen so ausgereift, daß man schon lange einfach miteinander reden konnte, auch, wenn man die Sprache des jeweiligen Gegenübers nicht kannte.

"Gute Frau,", sagte er, immer noch leicht benommen. "Ich habe einen offensichtlichen Gegner Ihres Captains manövrierunfähig gemacht. Leider wiederfuhr mir dabei offensichtlich das gleiche Schicksal... Wollen Sie mich nun zu Ihrem Captain führen, oder soll er weiterhin uninformiert bleiben über die Gefahr, die über seinem Haupte schwebt?"

Chi-Lo war schon gespannt darauf, den Captain endlich kennen zu lernen. Ein Gegner von Bragma konnte eigentlich nur ein liebenswerter Zeitgenosse sein...

Shania runzelte die Stirn, nicht nur, daß sie die Anrede "gute Frau" nicht besonders mochte, mißfiel es ihr einfach, daß sie diesem Mensch anscheinend zu minder war um sie auch kurz auf dem Laufenden zu halten. Sehr undankbar wie es ihr schien, dafür, daß sie ihn kurz zuvor mit dem Transporter das Leben gerettet hatte.

Irgendwie hatte sie sich seine Reaktion anders vorgestellt. Zumindest etwas Dankbarkeit hätte er zeigen können. Aber anscheinend hielt er sie für einen Lakaien des Captains. Wobei er selbst auch nicht mehr als ein Lakai war und nicht mehr als sie.

"Wenn sein Gegner manövrierunfähig ist, kann es wohl kaum eine Sache auf Leben und Tod sein. Aber da Sie scheinbar die Tatsache nicht würdigen, wenn man sich um Ihren Gesundheitszustand sorgt, kann ich Sie gerne wieder auf Ihr Shuttle beamen lassen", meinte die Amerikanerin mißgestimmt und bereute eigentlich gleich darauf wieder ihre Aussage, da sie im Grunde eigentlich ein sehr umgänglicher Mensch war.

"Los, kommen Sie, Ihre... Pflegerin scheint ja auch nichts dagegen zu haben", dabei fiel ein Seitenblick auf Brianna, die ihre Arbeit als beendet sah und der sie noch immer nachtrug, ihr nicht die nötige Rückendeckung gegeben zu haben. Diese lächelte nur leicht, als würde ihr diese Tatsache sogar noch Spaß machen.

"Ich bringe Sie zum Captain. Hoffentlich haben Sie Gerald wirklich etwas Vernünftiges zu sagen, dafür, daß er so teuer für Sie bezahlt hat..." Es hatte ihr auf der Seele gebrannt zu zeigen, daß sie den Captain näher kannte und nicht einfach irgendein dümmliches Crewmitglied war, daß zufällig den Transporter bediente und auch, daß dieser Asiaten-Boy gleich wußte, daß er für den Captain nichts weiter als eine... Ware war.

Zufrieden drehte sie sich um und verließ den Transporterraum.

Brianna zuckte entschuldigend mit den Schultern und folgte ihr. Sie wurde das Gefühl nicht los, daß sie jemand brauchte, der ihr den Ausgang zeigen konnte.

Ja, sicher. Sie wollte unbedingt von dieser Sternenbasis weg, aber wollte sie das wirklich um jeden Preis? Gab es kein anderes Schiff als die Ivory auf dem sie unterkommen konnte?

--- Deck 3, Gänge

Eilends hastete Chi-Lo Shania hinterher.

Wieso war dieses Mädchen plötzlich so eingeschnappt?

Naja, im Grunde genommen war es auch egal, was Shania über die Leber gelaufen war - Frauen waren doch meistens irgendwie unverständlich... Außerdem wollte er jede Chance nutzen, Bragma durch Monserat bequem aus dem Weg räumen zu lassen, bevor die Bragma II wieder ihre Antriebsaggregate in Gang setzen und sich aus dem Staub machen konnte.

Also beschloß er, der Amerikanerin zu zeigen, daß er es sehr eilig hatte.

Er kannte diesen Schiffstyp - ein bajoranischer Frachter, und als Serienmodell ohne besondere Finessen, schlicht bis spartanisch, könnte man sagen.

Auf der anderen Seite war dieser Kahn aber auch nicht gerade neu, und so würden der oder die bisherigen Besitzer des Schiffes vermutlich einige Verbesserungen hinzugefügt haben, das wußte Chi-Lo aus Erfahrung.

Jedenfalls beschleunigte er seinen Schritt, und hastete an Shania vorbei. Zielsicher steuerte er die korrekte Tür zum Turbolift an.

--- Turbolift

Er schritt hindurch und drehte sich nicht einmal um, ob Shania ihm gefolgt war. "Brücke!", befahl er dem Turbolift.

'Darauf kannst du lange warten', dachte Shania und konnte sich ein sarkastisches Grinsen nicht verkneifen. Im Gegensatz zu dem Chinesen, der sich hier schon wie daheim zu fühlen schien, wußte sie, daß hier niemand die Befehle eines Fremden annehmen würde und ließ sich Zeit ihm in den Turbolift zu folgen. Dann lehnte sie sich mit verschränkten Armen gegen die Wand und wartete einfach ab.

Auch Brianna gesellte sie zu ihnen und schien ihren eigenen Gedanken nachzuhängen. Sie wirkte nicht gerade glücklich. Aber Shania hatte nur Augen für den Asiaten, der entgegen ihren sonstigen Erfahrungen weder besonders freundlich noch höflich war.

Im Gegenteil erschien er ihr ziemlich rechthaberisch, wie er einfach an ihr vorbeirannte und so tat, als hätte er hier das sagen.

Es dauerte nur einen kurzen Augenblick bis sich die altbekannte erotische Stimme des Computers zu Wort meldete und Shania aus ihren Gedanken holte: "Tut mir leid, mein Kleiner, auch wenn du recht niedlich bist und wir uns noch nicht kennen, aber ich werde leider keinen deiner Befehle ausführen. Dazu brauchst du erst eine Berechtigung vom Sicherheitschef und die hast du nicht..."

Die Amerikanerin verkniff sich eine spöttische Bemerkung, ließ ihren Gast aber nicht aus den Augen. "Ich weiß ja nicht was bei Ihnen Anstand und Sitte gebietet, aber Sie sind hier lediglich Gast. Mit anderen Worten: Keine Befehle. - Sicher, Sie haben es sehr eilig zum Captain zu kommen und das verstehe ich, aber mal ehrlich... Nicht mal ein Shuttle fliegen zu können und die Hilfe anderer zu brauchen um nicht eine ganze Station zu gefährden, daß bekleckert Sie nicht gerade mit Ruhm. Das wollte ich mal gesagt haben."

Dann wandte sich Shania ohne jedes weitere Interesse von ihm ab und starrte einfach nur gelangweilt auf die Wand des Turbolifts. "Computer: Brücke", gab sie den Befehl und der Lift setzte sich in Bewegung.

Der Chinese verdrehte innerlich die Augen. Gut, hier waren ein paar Sicherheitssperren eingebaut, aber war das gleich ein Grund für diese Shania, so sarkastisch zu grinsen?

Nun ja, und diese Frau wußte natürlich nicht, warum und weshalb das Shuttle steuerungslos gewesen war.

Obwohl, wenn er es recht bedachte, konnte er Shania keinen Vorwurf machen, da er ja auf ihre diesbezüglichen nichts geantwortet hatte.

'OK, 1:0 für DICH!', dachte er, über sich selbst und seine ungewollt schroffe Art leicht amüsiert. Aber auf der anderen Seite konnte er sich sein Verhalten auch verzeihen, schließlich hatte er gerade erst ein paar haarige Momente hinter sich...

Er beschloß, seinen Charme spielen zu lassen: "Wenn ich das Wesen des Computers mit dem Ihrem vergleiche, gehe ich dann recht in der Annahme, das Sie ihn nicht programmiert haben?", fragte er zuckersüß.

'MIST! Kannst Du verdammtes Schlitzauge nicht ein einziges Mal deine Klappe halten, wenn es klüger wäre?', schalt er sich im Stillen selbst.

--- Bereitschaftsraum des Captains

Kaum hatte sich der Captain an seinem Platz hinter dem Schreibtisch niedergelassen, als sich die Türen auch schon hinter dem Rothaarigen schlossen. Er hatte gerade noch genügend Zeit sich zurückzulehnen und ihn noch mal eingehend von oben bis unten zu betrachten. Mit einer einladenden Geste zeigte der Captain auf den Platz ihm gegenüber.

"Dendovaxin nehme ich an", meinte er schließlich wie ein Fachmann mit einem Blick auf die violetten Fingernägel seines Gegenübers, da er über alles was teuer und selten war Bescheid wußte. So auch über diese lästige wie auch amüsante Nebenwirkung der sündhaft teuren Droge.

"Sind Sie nur deshalb so von Ihrem Können überzeugt oder haben Sie wirklich etwas zu bieten?" Fragend lag der Blick des Captains auf ihm und er wartete darauf was ihm angeboten wurde.

Hunter setzte sich gelassen in den ihm zugewiesenen Sessel. Er vermied es, sich nach hinten über die gesamte Lehne zu fletzen - das würde ja einen sehr respektlosen Eindruck hinterlassen... Vielmehr verschränkte er bequem die Arme und lächelte seinen neuen Chef an. Er mochte ihn schon jetzt wegen seiner direkten Art, ja, er wollte ihn sogar als Chef:

Mochte Monserat doch Ecken und Kanten haben, denn es ist doch besser, man stößt sich einmal daran rechtzeitig, als daß man bei so einem glitschigen Schlicksauger in einen undurchsichtigen Hinterhalt läuft. Der Gelbling wußte ja nur zu gut über seine eigenen offensichtlichen Schwächen und brachte daher sehr viel Verständnis für die Kapriolen anderer Leute auf - sowas verleiht ja Charakter.

Aaron ging nun auch ebenso direkt auf Monserats Frage ein: "Ja, ich bin durch eine dumme Situation auf der Basis mit Dendovaxin in Kontakt gekommen - zum ersten Mal. Übrigens, das war kein schöner Trip, ich interessiere mich aus einem ganz anderen Grund dafür. Aber wie Sie ja sehen, bin ich aus einer dummen Situation doch noch ganz gut herausgekommen - das ist doch schon einmal etwas wert, oder?

Für die ganze Geschichte werden wir ein andermal Zeit haben, denn wie ich anhand der Aufregung auf dem Schiff die Situation einschätze, habe wir nicht viel Zeit.

Ich bin Lagerstättenkundler, Dr. Aaron Hunter ist mein Name. Ich habe einige Erfahrung im Durchführen und Leiten von Expeditionen. Damit Sie sich ein objektives Bild machen können schlage ich vor, daß ich Ihnen als erstes meine Publikationsliste von meinem Tricorder überspiele. Sie haben so die Möglichkeit, erstens nach Belieben im Detail ohne irritierendes Geschwafel sich von meinen Leistungen und Qualifikationen zu überzeugen und zweitens können Sie gerne meine Co-Autoren als Referenzen kontaktieren.

Die Situation auf dem Schiff scheint tatsächlich sehr brenzlig zu sein, vielleicht hätten Sie ja direkt eine dringende Aufgabe für mich?"

Monserat versuchte den Mann vor sich einzuschätzen. Sicher gefiel es ihm, wenn jemand ehrlich war und besonders mochte er, wenn ihn jemand zur Abwechslung mal nicht mit schönen und zumeist sehr fantasiereichen Worten einzuwickeln versuchte, sondern mit Taten beeindrucken wollte, doch dieser Typ hatte etwas an sich, was seltsam war...

Und vielleicht war es gerade seine sehr eigenartige Art, die das Interesse des Captains weckte.

Wenn er ehrlich zu sich selbst war, dann stand noch nicht mal fest, ob er auf dieser Station einen Wissenschaftler vor ihrer Abreise finden würde. Von dem Ferengi, der in seinen Augen nur eine halbe Portion war, mal abgesehen.

"Dann überspielen Sie mir mal Ihre Publikationsliste und ich werde mich mal eingehend mit Ihrem Hintergrund beschäftigen. Wenn Ihr Lebenslauf und Ihre Werke halten, was Sie versprechen, dann habe ich garantiert Arbeit für Sie." Der Franzose deutete mit einer einladenden Handbewegung auf seinen Terminal um sich die Daten von dem Neuankömmling in den Schiffscomputer überspielen zu lassen.

"Falls Sie sich bis dahin schon nützlich machen wollen um Ihre Worte zu unterstreichen habe ich nichts dagegen, wenn Sie sich bei dem großen Caldonier auf der Brücke erkundigen, ob noch eine eilige Arbeit anliegt. Martengh No'Orba ist Sicherheitschef an Bord. Ob wir inzwischen schon unsere... sagen wir mal kleinen Probleme behoben haben, entzieht sich leider meiner Kenntnis. Außerdem können Sie hier nichts unternehmen, ohne eine Befugnis von Martengh zu haben."

Noch bevor Hunter etwas entgegnen konnte, fiel Monserats Blick wieder magisch angezogen auf dessen Fingernägel. "Aber diese Selbstversuche sollten Sie dann künftig sein lassen. Ich kenne Spezies bei denen Sie dafür", er deutete auf die bunten Fingernägel, "sofort primitive Instinkte wecken."

--- Brücke

Gorm merkte schnell, daß Chedu am Ende Ihrer Geduld war! Die Gesellschaft einer ungeduldigen Klingonin gehörte nicht unbedingt zu den Dingen, die er als angenehm empfand, deswegen beeilte er sich mit seiner Antwort: "Ich werde es gerne versuchen - können Sie die Daten an die Traktorstrahlkonsole weiterleiten?"

Der Ferengi wartete, bis die zur Antwort nur knurrende Technikerin die erforderlichen Schaltungen vornahm und kletterte dann wieder zurück an seinen Platz.

Nach näherer Betrachtung der Abfragealgorithmen konnte der Mathematiker schon die ersten Ansätze erkennen!

Gorm machte sich sofort daran, ein paar Hilfsprogramme und Smartframes zu programmieren, die ihm bei der Arbeit helfen sollten.

Die Sicherheitsprogramme stellten sich aber schnell als schwieriger heraus, als sich das kleine Multitalent vorgestellt hatte. Schnell begann Gorm über der Herausforderung zu schwitzen.

Immer tiefer und tiefer drang der Ferengi in das kleine Universum aus Daten und Zahlen ein und vergaß dabei seine ganze Umgebung.

Nach einigen Minuten, intensivstem Forschen und Probieren, die Gorm wie Stunden vorkamen, entdeckte der Ferengi endlich eine Möglichkeit, die sich wie ein roter Faden durch das Labyrinth aus Formel zog.

Einiges Probieren später hatte Gorm die Lösung endlich gefunden, die er sofort an Chedus Konsole weiterleitete.

Sie wendete die Daten des Ferengi sofort an und stellte erfreut fest, daß er ihr damit soeben den Zugang zu den primären Kontrollen des Shuttles zugänglich gemacht hatte. Anerkennend nickte sie ihm zu.

Die Klingonin richtete ihre Konzentration nun wieder vollständig auf die Konsole und gab zielstrebig einige Befehle in den Navigationscomputer ein.

Das Shuttle flog aber unbeirrt weiter mit vollem Impuls durch den Sektor. Chedu runzelte die Stirn und bemerkte immer mehr Anzeigen, die darauf hinwiesen, daß auf dem Shuttle so einiges nicht mehr richtig funktionierte. '... darum hatte der Pilot sich wohl nicht selbst retten können.....'

Die Technikerin bemerkte, daß ihre Konsole überwacht wurde und sah aus den Augenwinkeln, wie der Caldonier argwöhnisch auf seine Konsole starrte. 'Na soll er doch...' Sie ließ sich nichts anmerken und konzentrierte sich wieder auf ihre Arbeit.

Sie versuchte über die Maschinenkontrollen den Schub zu drosseln, aber auch diese schienen beschädigt zu sein. Schließlich wurde es Chedu zu dumm. Sie schaltet den Impulsreaktor durch die Notabschaltung ab. Dann ließ sie Navigationsdüsen, die wie ein Wunder noch normal funktionierten, ein paar Impulse geben und das Shuttle flog nun mit dem restlichen Bewegungsmoment in einem großen Bogen auf die Ivory zu.

"Sie können es nun einfangen und an Bord bringen", rief sie Gorm zu.

Das Komm-Signal meldete eine eintreffende Botschaft. Wiederum Bingman.

Er schien sich inzwischen mit dem Fall eingehender befaßt zu haben und zu glauben eine Lücke in Martenghs Aussagen gefunden zu haben.

"Ivory, das Shuttle hätte uns fast gerammt. Gleichzeitig war ein Passagier an Bord. Nach § 45t, Absatz 2, Satz 3, Unterabsatz 32, Sektion 5, Halbsatz 7 des IGGSVGGBT ist deshalb anzunehmen, daß es sich hier um ein Selbstmordattentat gehandelt haben könnte. Damit wäre dann der Passagier ein möglicher Terrorist.

Da die Bush-Doktrin aus dem Jahre 2001 nie offiziell aufgelöst wurde, wären Sie offiziell ebenfalls als Terroristen einzustufen, wenn Sie diesem Attentäter Unterschlupf gewähren. Wir machen da keinen Unterschied zwischen Ihnen und dem Attentäter.

Ich fordere Sie erneut auf: Liefern Sie diesen Chi-Lo und das Shuttle aus!

Ich erwarte Ihre Antwort in drei Minuten.

Bingman Ende."

Der Wissenschaftler wollte gerade den Traktorstrahl auslösen, als die Mitteilung von Bingman dazwischen kam.

Ratlos sah er zu Martengh. Er konnte nicht glauben, daß dieser den fetten Fang des Captains so einfach auslieferte.

Gespannt wartete der Ferengi darauf, wie der 1.Offizier die Situation lösen würde - er tippte ja auf den Weg über die Bürokratie, der ja gerade in der Föderation wie nichts anderes dafür geeignet war, Ereignisse bis in die Unendlichkeit zu verzögern.

Martengh mußte fast ein wenig grinsen. Dieser kleine Offizier der Nachtwache schien sich sehr groß und mächtig vorzukommen - möglicherweise saß seine Freundin in der Nähe und er wollte ihr imponieren.

Der Sicherheitschef der Ivory hatte allerdings nicht vor, sich von diesem Schnösel irgendwelche Vorschriften machen zu lassen.

Deshalb ließ er sich nach einer kleinen Datenbankabfrage zu einer etwas längeren Entgegnung hinreißen: "Wenn Sie prähistorische, noch immer gültige Gesetze mögen, dann hoffe ich, daß Schotte sind, und wir uns eines Tages auf der Erde in der englischen Kleinstadt York treffen. Damit hätte ich nämlich immer noch das Recht, Sie mit Pfeil und Bogen zu erschießen. Soviel dazu.

Und wenn ich jetzt noch einen Ton von Ihnen höre, sehe ich mich gezwungen, mit dem Leiter dieser Sternbasis zu reden und ihm einiges über die Fähigkeiten seiner Nachtwache mitzuteilen.

Ich glaube, daß er gerne wissen möchte, wieso Sie nicht in der Lage waren, die Gefahr durch ein recht langsames, auf Kollisionskurs befindlichen Shuttle selbständig zu beseitigen und statt dessen Ihre Retter als Terroristen zu verunglimpfen."

Während Bingman noch nach Luft schnappte, fuhr der Caldonier fort: "Sie können noch eines für mich tun: Fragen Sie bitte Ihren Captain einmal, wie ihm die Kiste Champagner geschmeckt hat, die Captain Monserat ihm letztens geschickt hat. Falls Ihre Qualifikation wenigstens dazu ausreicht.

Martengh Ende."

--- Turbolift

Mißtrauisch sah die Blondine wieder zum Chinesen. Sollte das jetzt ein Scherz gewesen sein? Oder gar ein mißglücktes Kompliment? Shania war sich nicht ganz sicher was sie davon zu halten hatte, wollte aber das Gespräch nicht ganz einschlafen lassen, da es nicht ihre Art war.

"Wollen Sie damit sagen, daß ich im Gegensatz zu unserer erotischen und einfühlsamen Miss Computer Haare auf den Zähnen habe oder nicht wie sie umgänglich oder freundlich sein kann?", meinte sie und fixierte den Mann, der plötzlich noch etwas kleiner aussah. Anscheinend hatte er nicht mit dieser Antwort gerechnet.

Auch Brianna fühlte sich äußerst unwohl, während sie darauf wartete, daß sich endlich die Lifttüren öffneten, damit sie zumindest den Lift verlassen konnte. Insgeheim hatte sie sogar mehr als das vor. Einfach nur das versprochene Geld kassieren, sofern man es ihr zuerkannte und dann nichts wie weg. Damit ließ sich sicher sogar eine Passage auf einem anderen Schiff erkaufen.

Fast fröhlich rief sie deshalb, als sich die Lifttüren öffneten "Wir sind da!" und stürmte auch gleichzeitig aus dem Lift auf die Brücke, als hätte darin Atemnot geherrscht.

Die Amerikanerin hatte es nicht ganz so eilig und ließ ihrem "Gast" den Vortritt. Immerhin hatte er keine Gelegenheit ausgelassen zu beweisen, wie wichtig es ihm war sofort mit dem Captain zu sprechen.

"Sie haben einen scharfen Verstand, Shania. Indes traue ich mir noch kein Urteil darüber zu, ob Sie nicht freundlich sein können - daß Sie es bisher nicht gezeigt haben, bedeutet ja nicht automatisch, daß Sie unfähig dazu sind, oder?", entgegnete der Chinese unverblümt.

Freundlich lächelte er Shania an und drehte sich zur inzwischen offenen Lifttür um.

Chi-Lo blieb im Turbolift stehen. Von hier aus hatte er eine gute Übersicht über die Brücke, und er bemerkte sofort: Der Captains Sessel war leer.

Gleichzeitig hatte ihm Shania bereits einen Vortrag über die Schiffssicherheit gehalten.

Also blieb Chi-Lo weiterhin freundlich lächelnd im Turbolift stehen und fragte Shania: "Zeigen Sie mir bitte, wo ich den Captain finden kann? Ich kenne mich hier ja nicht so aus, und gleichzeitig befürchte ich, daß sich mir wegen diverser Sicherheitssperren sowieso keine Türen öffnen werden.

Habe ich schon erwähnt, daß ich geheime Selbstschußanlagen und dergleichen irgendwie als unangenehm empfinde? Es bedeutete mir eine große Beruhigung, wenn Sie mich durch die Fährnisse dieses Schiffes sicher geleiten könnten."

Entgegen Shanias Verblüffung über die erstaunlich nüchterne Einschätzung ihrer Person, die dieser Chinese eben noch von sich gegeben hatte, brach die Amerikanerin in lautes Gelächter aus. Es geschah selten, daß jemand nach einem deutlichen Hinweis auf seine Unhöflichkeit plötzlich übervorsichtig wurde oder auf seltsame Weise schmeicheln wollte.

"Lassen Sie bloß Martengh nichts von Selbstschußanlagen hören, sonst baut er uns wirklich noch welche ein. Ich fürchte aber, daß seine Fallen etwas mehr als nur unangenehm wirken", meinte sie in flüsternden Unterton zu Chi-Lo um danach entschlossen die Brücke zu betreten und sich neben Brianna zu stellen, die sich fragend umblickte.

--- Brücke

Sofort hatte Shania die Aufmerksamkeit von zumindest zwei Leuten auf sich gezogen. Der kleine Ferengi wandte ihr hastig den Kopf zu und es kam ihr vor als würde Martengh etwas finster von unten nach oben auf sie bzw. den Turbolift blicken, dabei war das bei seiner erstaunlichen Größe gar nicht möglich. Vielleicht schloß er auch gerade den Neuankömmling in sein Herz.

Vertrauensselig und kommunikationsfreudig wie er war.

Der Ferengi, der sich immer noch über das belämmerte Gesicht des Stations-Commanders freute, drehte sich um und musterte die Neuankömmlinge neugierig.

'Das muß der Pilot des Shuttles sein, den wir gerettet haben!', dachte Gorm, 'oder aber ein weiterer Jobbewerber...'

Gespannt wandte der Wissenschaftler sich dem 1.Offizier zu und wartete auf ein Zeichen um mit der Bergung des Shuttles beginnen zu können.

Mit einem kurzen Seitenblick sah er kurz zur klingonischen Technikerin, die ihrerseits über irgend etwas nachzudenken schien. Vermutlich auch über den Neuen, der gerade im Turbolift aufgetaucht war.

Ein süffisantes Grinsen schlich sich auf Shanias Gesicht, als ihr Blick über die Brücke wanderte und schließlich bei Martengh hängen blieb: "Martengh, wo ist der Captain? Er schien doch vor kurzem noch so sehr an unserem neuen Besuch hier interessiert zu sein....

Was übrigens auf Beiderseitigkeit beruht. Der Pilot des Shuttles möchte ihn ganz dringend sprechen. Es geht um Leben und Tod."

Nein, sie hatte sich diesen Nachsatz einfach nicht verkneifen können, so wie Chi-Lo sich eben noch benommen hatte. Diesen kleinen Denkzettel hatte er wirklich verdient.

Martengh würde sich jetzt vielleicht sogar selbst um ihn kümmern...

Durch Shanias lautes Auflachen aus den Gedanken gerissen, musterte die Technikerin neugierig die kleine Gruppe, die soeben die Brücke betreten hatte. Neben der schüchternen Rothaarigen, mit der sie an Bord gegangen war, und der hochgewachsenen Shania, fiel ihr, durch den Größenunterschied auch noch betont, ein weiterer männlicher Terraner auf. Im Gegensatz zu dem bunten, der gerade beim Captain war, war dieser deutlich kleiner und hatte überdies eine interessante Augenform.

Unauffällig schielte sie zu dem Ferengi und schmunzelte innerlich, als sie Überlegungen zu der überdurchschnittlichen häufig auftretenden geringen Körpergröße der Männer hier an Bord nachdachte.

Mit Interesse vernahm sie, wie die Amerikanerin ihn als den Piloten des Shuttles vorstellte. Wie beiläufig ließ sie nochmal ihren Blick über den, sofern sie das richtig beurteilte, asiatischen Terraner wandern und wandte sich dann wieder den eben unterbrochenen Bemühen zu, an die Sensoraufzeichnungen des Shuttles zu gelangen.

Mit ausdruckslosen Gesicht beobachtete sie dabei aus den Augenwinkeln weiterhin den Neuankömmling.

Dieser betrat die Brücke und sah sich interessiert um.

Das bedeute schon einige Nackenverrenkungen: Ein geradezu gigantischer Caldonier, der Chi-Lo finster musterte, schien die Szenerie zu beherrschen.

Ein fast endloser Schwenk nach unten. Stopp. Weiteres Subjekt gesichtet. Einen nahezu winzigen Ferengi.

Chi-Lo schloß den kleinen Gauner (alle Ferengi waren Gauner, das lernte man auf einem Piratenschiff sehr schnell - auf der anderen Seite waren auf einem Piratenschiff natürlich alle Mannschaftsmitglieder Gauner - egal, ob Ferengi oder nicht...) direkt ins Herz.

Endlich mal jemand, auf den er herabblicken konnte! Das geschah ihm wahrlich nicht oft. Toll, diesen sympathischen Vagabunden kennenzulernen.

Etwas beschwingter ging er vorwärts - und wäre fast zurückgeprallt, als er die Klingonin sah.

Himmel, war man vor diesen Viechern denn nirgendwo außerhalb Asiens sicher?

Mit Klingonen hatte er so seine Erfahrungen.

Er war in seiner Kindheit zu der Einsicht gelangt, daß das Wort "Klingone" von "Klinge" abgeleitet sein mußte, die diese Gewohnheitsmörder zu allen unpassenden Gelegenheiten in alle unpassenden Materialien, insbesondere in belebte Materie, zu versenken pflegten.

Was hatte er bloß verbrochen?

Eine seltsame Crew war das hier.

Gorm war die Reaktion des Menschen auf die Klingonin nicht entgangen, ebensowenig wie die auf ihn.

Der Ferengi war erleichtert, daß es ihm offensichtlich gelang, so schnell Freundschaften an Bord zu schließen. Denn üblicherweise hielt man seltsamerweise allerorts Ferengi für Gauner statt für ehrbare Geschäftsleute. Ein Vorurteil, das der Wissenschaftler einfach nicht verstehen konnte.

Gorm war auch immer wieder überrascht darüber, wie sehr sich die Menschen im allgemeinen je nach Erdregion von einander unterschieden. Bei anderen Spezies - zum Beispiel den Ferengi mußte man schon genauer hinsehen um die rassenspezifischen Merkmale wie Ohren- oder Nasengröße oder die Stellung der Zähne zu erkennen!

Freundlich lächelte er dem Neuankömmling zu, der gerade seine erste Hürde auf dem Weg in die Mannschaft nahm - den Sicherheitsoffizier!

Der Chinese atmete tief durch, legte den Kopf wieder tief in den Nacken, lächelte freundlich und reichte Martengh die Hand: "Mein Name ist Chi-Lo. Danke für die Rettung.", sagte er zu dem Caldonier, der ihn anblickte, wie ein Scharfrichter sein Opfer musterte.

"Gern geschehen", erwiderte der Caldonier kalt, während er die Hand des kleinen Mannes ergriff. "Die Rechnung dafür wird Ihnen der Captain übergeben, wie ich ihn kenne. Mein Name ist Martengh, meine Aufgabe ist es, die Sicherheit hier an Bord zu gewährleisten. Ihre Aufgabe ist es, mich davon zu überzeugen, daß Sie kein Sicherheitsrisiko darstellen.

Zur Zeit weiß ich nur, daß Sie ein Shuttle auf Kollisionskurs mit einer Raumstation gebracht haben und wir Sie gerettet haben. Gewisse Leute auf der Raumstation würden sich jetzt verständlicherweise gerne mit Ihnen unterhalten - vorzugsweise in irgendwelchen Folterkammern, man weiß ja nicht, was die Föderation von ihren neuen Alliierten für Gewohnheiten übernimmt.

Es wäre deshalb vielleicht ganz interessant zu erfahren, welche Argumente Sie gegen eine solche Auslieferung vorbringen können."

Abwartend blickte Martengh auf den Neuankömmling hinab.

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