Ivory Cronik 1

Nahkampf

--- Sternbasis G-6, in einem Quartier

Unruhig lag Gene im Bett und versuchte einzuschlafen. Vergeblich. Zu viele Gedanken schossen ihm durch den Kopf. Er wurde regelrecht bombardiert von Gewissensbissen und Vorwürfen. Trotzdem versuchte der junge Mann die Augen geschlossen zu halten. Auch das erwies sich als schwierig. Aus den Tiefen seiner Seele tauchten immer wieder neue dunkle Seiten auf und zogen ihn in ihren Bann.

Wie betäubt ließ er die schrecklichen Erinnerungen über sich hereinbrechen: Bilder der Verzweiflung, Szenen des Todes, unsagbares Leid und das Weinen eines Kindes, das blutüberströmt in den Armen der toten Mutter lag. Plötzlich öffnete er die Augen und setzte sich ruckartig auf. Wie im Traum wischte Gene den eiskalten Schweiß von seiner Stirn. Im Zwielicht des Quartiers, glaubte er Blut an seiner Hand zu erkennen.

Gene hielt seine schweißnassen Hände in das fahle Licht der Sterne und musterte die dunkle, bedrohliche Flüssigkeit. In einem wachen Moment versuchte er panisch, das Blut in der Decke abzuwischen. Der helle Stoff färbte sich abstoßend schwarz und der Schlaflose erstarrte. Sein Puls begann zu rasen.

Der junge Mann sprang aus dem Bett und tastete paranoid nach der imaginären Wunde in seiner Schulter. Er war erleichtert als er sich einbildete, eine feste Narbe zu ertasten.

Endlich wachte er ganz aus seinem Alptraum auf und kehrte in die Welt der Lebenden zurück.

Verzweifelt ging er im kleinen Schlafraum auf und ab und versuchte das eben Geschehene aufzuarbeiten. 'Es war ein Versehen', versuchte er sich einzureden und seine Gedanken begannen zu flimmern. 'Ich konnte nichts dafür', geisterte es gespenstisch durch seinen Kopf. Deprimiert schloß er die Augen und sank auf die Knie. Er war bereit für den imaginären Genickschuß, der seine Gedanken für immer aus dem Kopf blasen sollte.

Gene spürte, wie die Augen dem Druck seines Gewissens nachgaben. Dicke Tränen wälzten seine Wangen entlang wie Panzerwagen, bis sich schließlich der bittere Geschmack des Todes auf seinen Lippen ausbreitete. Unwillkürlich legte er sich auf den Boden und versank in Selbstmitleid. Er rollte sich wie ein Neugeborenes ein, flüsterte immer und immer wieder den Namen seines toten Bruders und versuchte so lange zu weinen, wie sein Kummer es zuließ.

Er mußte eingeschlafen sein, denn als Gene wieder aufwachte, lag er noch immer halbnackt am Boden. Seine Augen waren wund und rot und alte Verletzungen begannen wieder schmerzhaft zu ziehen. Es war kühl. Zitternd stand er auf und hielt sich mit einer Hand an der Wand an. Gebeugt stierte er in die Finsternis des Quartiers. Seine Beine fühlten sich an, als wären sie weich wie das verfaulte Fleisch der Toten.

In der Dunkelheit glaubte er Menschen zu erkennen, die klagend ihre klaffenden Wunden hielten und um Hilfe brüllten. Ein eiskalter Schauer lief seinen Rücken entlang. Er hielt es hier nicht mehr aus und öffnete die Türe. Das gleißende Licht des Ganges fiel in die schwarze Schlafbaracke und vertrieb die Boten der Hölle. Geblendet legte er die Hand vor seine Augen und quälte sich hinaus.

Alles hier schien friedlich und es war erstaunlich still. Doch plötzlich hörte er hinter sich, im abgedunkelten Raum, eine sonderbare Stimme flüstern. Die zischenden Laute schwollen zu einem Stimmengewirr an. Er drehte sich um und das Geflüster verebbte in grausamem Gelächter. Mit ihm stimmte etwas nicht - Er konnte kaum einen klaren Gedanken fassen.

"Dieser verfluchte Ferengi", sagte der zornige Halbromulaner laut, schloß die Türe und ging zurück zu seinem Schlafplatz. "Ich frage mich, was dieses Großohr in meine Drinks gemischt hat."

"Ruhe!", hörte man eine rauhe Stimme aus der Dunkelheit brüllen.

"Halt den Mund", erwiderte Gene barsch, doch von seinem alkoholisierten Quartiergenossen hörte man nur noch lautes Schnarchen.

'Ich muß weg von hier, und das sofort', redete Gene sich ein und packte alles was er besaß in eine kleine Reisetasche. Er streifte sich lange Hosen über und zog die Schuhe an. Den Oberkörper hüllte er in einen engen schwarzen Rollkragenpullover, der sich um seinen muskulösen Oberkörper spannte. Er schlüpfte in seinen schweren Mantel, nahm die Tasche und wollte das Quartier verlassen.

Plötzlich blieb er stehen, ging zum Bett seines Zimmergenossens und trat ordentlich dagegen. "Gute Nacht, es war nett mit dir zu sprechen!", schnauzte er den murrenden Klingonen an, der keine Anstalten machte, sich von seinem Bett zu erheben.

--- in einem anderen Quartier

Elaine saß zusammengekauert am Boden in einer Ecke ihres Quartiers und starrte auf die entgegengelegene Wand. Es war dunkel, wenn man von dem flackernden Licht absah, welches von einer kaputten Replikatorenkonsole herrührte.

Ihre Beine fest an sich gepreßt und sich selbst mit ihren Armen engumschlungen, begann sie am ganzen Körper zu zittern. Es war nicht Kälte, die sie dazu trieb, sondern die Ungewißheit ihrer Zukunft.

Eine einzelne Träne löste sich aus Elaines verquollenem Auge, und begann langsam an ihrer Wange entlang zu gleiten bis sie schließlich ihre Lippen erreichte und diese mit einem salzigen Geschmack benetzte.

In ihrem Inneren vereinigten sich Angst, Zorn, Wut und Traurigkeit in einem See der Hoffnungslosigkeit, der sich immer schneller zu einem Strudel der Verderbnis zusammenwand.

Die Frau war nicht von Anfang an so verbittert und in sich gekehrt, denn eigentlich hatte alles so gut angefangen.

Es war vor kaum einen Monat als sie endlich ein Schiff gefunden hatte, daß sie als Technikerin mit ihren speziellen Fähigkeiten anstellte. So lange mußte sie auf diesen Augenblick warten, an dem sie endlich von der Erde in Richtung Abenteuer fliegen konnte, doch das Warten hatte sich ihrer Meinung nach gelohnt.

Das Schiff war ein Handelsschiff, das den Heimatplaneten der Ferengi anflog, um dort Waren zu kaufen und etwas Bestimmtes abzuliefern.

Sie arbeitete hart und sorgfältig. Die Aufgaben machten ihr Spaß und sie lernte viel Neues dazu, bis zu dem Moment an dem sie über die üblen Machenschaften ihres Captains erfuhr. Dieser hatte nämlich einen Vertrag mit einigen dieser großohrigen Wesen abgeschlossen, in dem er sich bereiterklärte hübsche Frauen für sie zu besorgen. Als Gegenleistung sollte er wertvolle Informationen erhalten.

Elaine fröstelte, als sie aus ihren Gedanken aufschreckte. Sie hatte viel Glück gehabt, doch wie ging es weiter?

Als sie sich vor einigen Tagen vom Schiff schleichen konnte, während sie gerade auf dieser Sternbasis angedockt hatten um neuen Proviant aufzunehmen, ahnte sie nicht, wo sie sich befand.

Diese Sternenbasis war dreckig, heruntergekommen und verdorben. Man konnte es ein Rattennest nennen.

Elaine verzog das Gesicht zu einem gezwungenem Grinsen, als ihr dieser Vergleich einfiel. Sie holte tief Luft und faßte den Entschluß daß es so nicht weitergehen konnte. Wem brachte es schon etwas, wenn sie sich hier in ihrem kleinen Quartier versteckte und einmauerte - außer dem Vermieter natürlich, wie sie sarkastisch feststellte, als sie sich das erste Mal richtig umsah.

'Dieser Halsabschneider hat mir für das hier fünfzehn Barren Latinum für drei Tage abgenommen', dachte sie wütend.

Sie packte ihre paar Habseligkeiten und machte sich auf dem Weg ins Ungewisse.

--- ???

Die große Frau bahnte sich ihren Weg durch den beinahe undurchdringlichen Dschungel, als wäre sie auf der Suche nach etwas Bestimmten und würde sich durch nichts von ihrem Weg abbringen lassen. Ständig schlugen ihr Äste ins Gesicht und versuchten Wurzeln von gigantischen Bäumen sie zu Fall zu bringen. Dennoch eilte sie unbeirrt weiter. Ihr Herz klopfte ihr bis zum Halse und ihr Puls raste.

So lange war sie schon auf der Suche. Waren es Wochen oder Tage? Sie wußte es nicht mehr. Es war einfach zu heiß um Denken zu können. Ihr Mund war ausgetrocknet. Das Blut in ihren Adern kochte förmlich, innerlich von der Hitze verzehrt. Das einzige Wasser, daß sie in letzter Zeit gefunden hatte, war der Tau auf den riesigen Blättern der Bäume und Pflanzen gewesen und er reichte gerade mal um am Leben zu bleiben.

Wieder schlug ein Ast nach ihrem Gesicht und stolperte sie über eine Wurzel, die aussah wie eine eingetrocknete Schlange. Doch sie beachtete nicht die feuchte Spur, die der Ast auf ihrem bereits erhitzten Gesicht hinterließ, als sie ihn beinahe automatisch zur Seite schlug ohne ihn überhaupt zu registrieren und die Luft keuchend aus ihren Lungen entfuhr, bei dem Anblick der ihr zuteil wurde.

Sie hatte alles gegeben um es bis hierher zu schaffen in einer Umgebung, in der alles feindlich zu sein schien und überall neue Gefahren auftauchten. Dieser Ort war so wohl verborgen vor den Augen der Igolas, daß nur wenige von ihm wußten und den Weg zu ihm fanden. Es herrschte der Aberglaube, daß einige bei seinem Anblick verrückt geworden waren, als sie ihn am Rande der Erschöpfung doch noch fanden.

Aber sie hatte einem von ihnen ihr letztes Geheimnis entlockt und es würde nicht lange dauern bis er ihr auf die Spur kam. Calidos war groß, stattlich gewachsen und er schien nicht nur ein guter Krieger zu sein. In seinen dunklen Augen hatte sie ein Feuer gesehen, das sie einen Moment hatte ihr Ziel vergessen lassen, aber sie hatte einen Auftrag.

Sie wußte, daß er sie finden würde und es nichts gab, was sie seinen Kräften entgegen zu setzen hatte. Doch jetzt zählte nur der Augenblick.

Ohne sich noch länger von ihren Gedanken aufhalten zu lassen, trat sie auf die kleine Lichtung hinaus.

Der See, den die Igolas "Kristallspiegel der Träume" nannten, lag majestätisch vor ihr und seine Oberfläche glitzerte wie ein Meer aus feinem Diamantenstaub. Selbst die Vögel die um ihn kreisten und teilweise auf ihm schwammen schienen zu funkeln und glänzen. Strahlend schön und edel. Wertvoller als alle Schätze, die ihre Augen je erblickt hatten.

Sie fuhr durch ihre blonde Lockenmähne und spürte vereinzelte Schweißtropfen, die sich von ihrem Hals an langsam einen Weg abwärts zum Ansatz ihrer Brüste bahnten, die sich beständig hoben und senkten. Hastig wischte sie mit einer Handbewegung den Schweiß zur Seite, riß sich ihr Hemd auf und ließ es achtlos zu Boden gleiten. Ihre restliche Kleidung folgte ebenfalls.

Die Frau betrachtete ihr Spiegelbild im See und stellte fest, daß sie selbst glänzte wie der See. Sie streckte die Hand nach seiner Oberfläche aus, doch sie tauchte nicht ein. Das Bild des wolkenfreien Himmels und ihre Gestalt verschmolzen zu einem Teil von ihm. Silbrig glänzende Fische waren in ihm und sie waren in ihr.

Ohne zu zögern warf sie sich in die Fluten und erstarrte...

--- Ivory, Holodeck 1

"Scheiße", fluchte Shania und schlang zitternd die Hände um ihren Körper und stotterte schlotternd. "Com-puter, Pro-gramm be-en-den."

Sie war immer noch vor lauter Kälte am Zittern, als der Computer ihren Befehl ordnungsgemäß ausführte und eine süffisante weibliche Stimme dazu schnippisch meinte: "Was habt ihr Menschen nur für einen seltsamen Geschmack. Die eigene Hardware schockzugefrieren. Was soll denn daran bitte so toll sein?"

Zähneknirschend zog die Amerikanerin sich so schnell sie konnte an und ignorierte den Einwurf des weiblichen Bordcomputers. Entweder hatte sie selbst einen Fehler in der Programmierung des Holoprogramms gemacht oder der Computer der Ivory hatte ihr noch immer nicht verziehen, daß die letzten männlichen Besatzungsmitglieder einfach keine Augen für "sie" gehabt hatten.

Nachdem langsam wieder die Wärme in ihren Körper zurückgekehrt war, beschloß Shania ärgerlich, dem ohnehin schon viel zu langen Aufenthalt auf Sternbasis G-6 endlich ein Ende zu bereiten. Sie hatte es langsam satt, ihre Zeit hier an Bord mit Nichtstun totzuschlagen.

Was aber noch besser war als in der anrüchigen Bar auf der Sternbasis herumzuhocken. Ihr hatte es bereits genügt, einem nicht spezifizierbaren Wesen gegen das Schienbein getreten zu haben, einem Klingonen im Brustton der Überzeugung - unterstrichen von einem taktisch gut positionierten kleinen Messer - angedroht zu haben ihn zu entmannen und einem eindeutig sehr interessierten Terraner Blutwein über die Hose geschüttet zu haben. Jeder Abschaum der im Weltall existierte, schien hier beheimatet zu sein.

Also vergrub sie sich schon seit über einer Woche zwischen ihren neu replizierten Büchern, dem Trainingsraum und auf dem Holodeck. Daß sie dort jede Menge Energie vergeudete, störte die beiden Herren der Brücke zur Zeit nicht besonders. Sie hatten jede Menge anderer Sorgen.

Monserat hatte es mit seiner Sammelleidenschaft diesmal etwas zu weit getrieben und sich eine ziemlich unangenehme Krankheit eingefangen. Anscheinend hatte ihm jemand etwas verkauft, was in jeder Hinsicht nicht lupenrein gewesen war.

Alle Versuche von Shania nach ihm zu sehen, waren im Keim erstickt worden, sogar Charly war diesmal kein Sterbenswörtchen zu entlocken, obwohl sie es dieses Mal sogar darauf angelegt hatte sich mit ihm zu unterhalten. Der einzige der zu ihm durfte war der neue Arzt, den sie in Windeseile aufgenommen hatten. Ein Bajoraner der auf den Namen Dr. Jiran hörte und den Shania bisher erst einmal getroffen hatte.

So hatte Martengh begonnen sich um die Einstellung der neuen Crew zu kümmern und sie durfte machen was immer sie wollte. Ihre Arbeit war damit getan gewesen, daß sie das Gerücht unter die Leute gestreut hatte, daß hier Arbeit zu finden war.

Doch aus der anfänglichen Freude der Amerikanerin, mal eine Weile ausspannen zu können und ihre Träume auf dem Holodeck auszuleben, war schnell Langweile geworden. Sie wollte wieder richtige Menschen um sich haben und vor allem wollte sie weg von hier und etwas erleben.

Entschlossen warf Shania ihre Mähne nach hinten und machte sich auf den Weg auf die Brücke um einmal ein ernstes Wort mit Martengh zu sprechen.

--- Brücke

Auf der Brücke angekommen stellte Shania fest, daß Martengh gerade damit beschäftigt war einen Bewerber für die Crew auf seine Tauglichkeit hin zu überprüfen. Jedenfalls würde man es als Außenstehender so sehen. In Wirklichkeit war der Caldonier nur damit beschäftigt potentiellen Attentätern den Einstieg in die Mannschaft zu verwehren und so den Aufenthalt auf unbestimmte Zeit auszudehnen.

Was sonst sollte der Grund dafür sein, daß sie von dieser verdammten Sternbasis nicht wegkamen, seit Monserat erkrankt war und nicht mehr für die Einstellung verantwortlich war. Sie hatte wie immer verkündet, daß die Ivory eine neue Besatzung suchte und wie immer hatten sich auch viele Leute für Jobs beworben.

Aber an dem caldonischen Sicherheitschef vorbeizukommen war schwerer als einem ferengischen Barmann einen Gratisdrink zu entlocken.

Geduldig setzte sich Shania hin und wartete darauf, daß Martengh wieder mal einen Bewerber abwimmelte.

Dieser stand mit auf dem Rücken verschränkten Armen und unbewegtem Gesicht neben einem sehr nervös wirkenden Trill, welcher gerade Schwierigkeiten damit hatte, zu beweisen, daß er auch die Fähigkeiten mitbrachte, die er vorher in einem langen und intensiven Gespräch beteuert hatte zu besitzen.

Martengh hatte zwar Shania bemerkt, ließ sich allerdings bei dem Test nicht stören. Eine permanente Beobachtung eines Kandidaten simulierte gegebenenfalls eine Streßsituation, woraus sich manchmal - und ganz besonders in diese Falle - ablesen ließ, wie die Testperson unter Streß reagieren würde.

"Nun, Mr. Trophard, sind Sie mittlerweile in der Lage, den Captain dieses Schiffes zu lokalisieren", klang schließlich die kalte Stimme des Caldoniers auf, "oder wollen wir diesen Test beenden?"

Der Trill wischte sich den Schweiß vom Gesicht und sagte mit großen, bittenden Augen: "Sie müssen mich einfach aufnehmen, ich brauche dringend Geld! Wenn Sie wollen, verrichte ich auch niedrigste Arbeiten, ja, ich mache Ihr Quartier sauber, was halten Sie davon?"

Fast schon flehend blickte Trophard Martengh an, in welchem sein altes Mißtrauen wieder aufgeflammt war. Warum wollte dieser Trill koste es was es wolle, gerade auf diesem Schiff anfangen? Er entgegnete: "Schade, Sie haben die erste Sicherheitsüberprüfung recht gut hinter sich gebracht, und ich hätte Sie wirklich gerne aufgenommen, aber Sie haben bei Ihren Fähigkeiten eindeutig maßlos übertrieben. Offenbar haben Sie nicht einmal bemerkt, daß auf diesem Schiff ein starkes Verzerrungsfeld existiert, in dem konventionelle Scans unmöglich sind. Sie haben lediglich auf die Routinen geachtet, welche das Schiff systematisch nach den Lebenszeichen des Captains durchsucht haben.

Das bedeutet, daß Sie vollkommen untauglich für beide Posten sind, in denen Sie sich beworben haben. Mir war von Anfang an klar, daß Sie nicht in der Sicherheit arbeiten können, aber daß es nicht einmal für die Bedienung der Scanner reicht, enttäuscht mich dann doch.

Und nachdem Sie sich also unter Vorspiegelung falscher Tatsachen hier eingeschlichen haben, nehmen Sie an, daß Sie - wo Sie schon einmal hier sind - schon irgendeinen Posten bekommen werden? Sie verschwenden meine Zeit! Wissen Sie, wie viele Bewerber noch vor der Schleuse darauf warten, daß Sie hier endlich fertig werden? Nein? Hören Sie, Sie unvereinigter Trill, wenn Sie eine Anstellung als Raumpfleger haben wollen, dann dürfen Sie sich noch einmal anstellen und warten, bis Sie erneut dran sind. Und jetzt raus mit Ihnen.

Charly, bring ihn raus, und denk daran, daß er dir deinen Posten abspenstig machen möchte. Dann bring den nächsten Bewerber zu mir. Aber paß wie immer auf, daß nur einer mitkommt, ich will nicht das ganze Schiff voller fremder Leute haben!"

Der Roboter näherte sich dem Trill, und machte ausnahmsweise keine Anstalten, ihn zu einem Schwätzchen zu überreden zu wollen. Im Gegenteil wirkte er sehr bedrohlich, wie er langsam und bedächtig auf den in Richtung Turbolift zurückweichenden Trill zuglitt.

Martengh bemerkte bei einem Blick auf die Kontrollen, daß der Turbolift auf halber Strecke plötzlich anhielt und erst nach einer geraumen Weile weiterfuhr. Liebend gerne hätte er gewußt, welche Geschütze Charly aufgefahren hatte, um Trophard zu überreden, von einer weiteren Bewerbung Abstand zu nehmen, aber offenbar wollte Shania etwas von ihm.

Er wandte sich ihr zu und fragte: "Kann ich etwas für dich tun?"

Mit einem leichten Seufzen bettete Shania ihren Kopf auf der Lehne des Stuhls auf dem die rücklings saß und sah dabei aus, als wäre sie eine Woche mit Charly eingesperrt gewesen.

"Vielleicht kannst du dir ja nicht vorstellen, weshalb ich mit dir sprechen möchte, aber so wie diesem Bewerber ging es sicher schon Dutzenden vor ihm. Du suchst nach Leuten, die du hier nicht finden wirst. Oder warst du schon mal draußen auf der Sternbasis und hast dich näher umgesehen? Natürlich nicht. Nicht, weil dafür deine Zeit ausreichen nicht würde, sondern weil du den armen kranken Captain sicher nicht mit mir allein an Bord lassen willst, weil du befürchtest, daß man uns das Schiff unterm Hintern wegstiehlt." Sie schnaufte unwillig.

"Dabei würde dich eine Viertelstunde 'Landgang' davon überzeugen umzukehren und dich mit den Stücken deiner halben Waffenkammer auszurüsten. Was ich damit sagen will... die neuen Bewerber sind nicht das eigentliche Problem, sondern die potentiellen Kriminellen, die sicher schon planen das Schiff in Beschlag zu nehmen... aber vor allem die Langweile, die mich hier fast umbringt.

Wann fliegen wir endlich los?" Sie blickte dem großen Caldonier unerschrocken in die Augen mit der festen Absicht diesmal nicht nachzugeben und sich abspeisen zu lassen.

"Das kann ich dir sagen", antwortete er. "Wir fliegen genau dann ab, wenn unsere Mannschaft vollständig ist. Und du hast natürlich vollkommen recht: Es gibt da draußen", Martengh deutete vage in die Richtung, in der sich die Station befand, "mehr Kriminelle auf einem Haufen, als ich sonst in zwei Monaten zu Gesicht bekomme. Und sie planen wirklich, das Schiff zu kapern, wie ich mittlerweile aus erster Hand weiß.

Was glaubst du, warum ich bisher achtundzwanzig Leute abgewiesen und nur drei eingestellt habe? Weil diese Kriminellen nicht dumm sind. Sie wissen genau, daß sie bei einem Frontalangriff keine Chance haben. Ich rede jetzt nicht von der Stationssicherheit, die scheint gütliche Abkommen mit den einzelnen Clanoberhaupten geschlossen zu haben, und sich darauf zu beschränken, einen Bürgerkrieg zu verhindern. Nein, meine Sicherheitsvorrichtungen sind einfach so stark, daß sie von außen nur mit sehr viel größeren Mitteln zu überwinden wären.

Aber ein Frachter, von dem die Gerüchte sagen, daß er unvorstellbare Reichtümer an Bord hat, reizt natürlich die Phantasie einiger Leute. Zum Glück haben sich die einzelnen Gruppierungen sich noch nicht zusammengeschlossen, weil jede glaubt, auf eigene Faust ganz alleine zum Zuge kommen zu können.

Etwa siebzig Prozent der Leute, die dort unten in einer langen Schlange auf ihre Aufnahme warten, arbeiten mehr oder weniger sicher für eine dieser Organisationen und beabsichtigen, in einem unbeaufsichtigten Moment ihre Kollegen ins Schiff zu holen.

Und genau deshalb bin ich noch vorsichtiger als sonst, was die Leute betrifft. Und selbst bei den Dreien, die ich aufgenommen habe, bin ich mir nicht hundertprozentig sicher. Warum glaubst du, daß ich auf der Krankenstation ein Verzerrungsfeld eingerichtet habe? Dem Arzt ist auch nur bedingt zu trauen, aber er war der beste, der hier zu bekommen war. Sollte er finstere Absichten Monserat betreffend haben, kann man ihn nicht einfach herausbeamen.

Und aus dem Verzerrungsfeld kommt er nur dann, wenn ich mich persönlich davon überzeugt habe - mittels eines medizinischen Tricorders, den ich nicht aus der Hand gebe - daß sich der Zustand des Captains nicht künstlich verschlechtert hat, und sich kein langsam wirkendes Gift in seiner Blutbahn befindet, oder etwas in der Art.

Vielleicht verstehst du jetzt, warum ich so vorsichtig bin. Du kannst gerne hierbleiben und zusehen, wenn ich den nächsten Bewerber teste. Charly hat mir gerade signalisiert, daß er schon wieder unterwegs ist."

--- Sternbasis G-6, Gänge der Raumstation

Gene stapfte auf den Gang hinaus und versuchte sich zu orientieren. Plötzlich fiel ihm wieder ein, daß er irgendwie diese verdammte Station verlassen wollte. Langsam kehrten die Erinnerungen an den vorangegangenen Abend zurück: Er hatte sich mit einer jungen Frau unterhalten die es fertig gebracht hatte, ihn unter den Tisch zu trinken.

Er strapazierte weiter sein schmerzendes Gedächtnis und konnte sich an die Namen Ysara und Ivory erinnern. 'Ivory, so heißt der Engel, der mich mit seinen Schwingen von hier weg bringt', dachte er sich und machte sich auf den Weg zu den Luftschleusen.

--- Raumdock

Nervös bewegte sich Zirt durch die Gänge des Raumdocks. Die teilweise fehlende oder defekte Beleuchtung tauchte die Umgebung in ein verwirrendes Labyrinth aus Licht und Schatten. Defekte Belüftungen verstärkten die Unübersichtlichkeit noch durch sporadisch abgegebene Dampf- und Dunstwolken. Über und über mit Graffitis beschmierte Wände verbargen die Tatsache vollends, daß dies hier einmal ein wohlgeordnetes Zentrum des Warenverkehrs dieses Raumsektors war.

Doch seit die Föderation an anderer Stelle mehr beschäftigt war - die Romulaner bauten ihre neugewonnenen Territorien weiter aus und wären nur zu gerne bereit, sich angrenzende Sternensysteme nebenbei auch noch einzugliedern, verkam diese Station immer mehr zu einem Treffpunkt der örtlichen Unterweltszene.

Warenverkehr fand hier trotzdem noch statt, vielleicht sogar noch mehr als früher, aber auf einer anderen Ebene.

Noch immer waren die Gänge der Station mit Personen aller Rassen und Welten bevölkert, nur legten diese weit aus weniger Wert auf eine gepflegte und gut ausgeleuchtete Umgebung. Im Gegenteil!

Auch der Andorianer hatte hier ein Jahr in dieser Gesellschaft überlebt.

Nachdem der private Frachter, auf dem er bis dahin gearbeitet hatte, von einem örtlichen Syndikat übernommen wurde - gegen den Willen des Vorbesitzers - wurde er Mitglied in der hiesigen Diebesgilde.

Nach einer beachtlichen Karriere, die er nicht zuletzt seiner Geschicklichkeit in seinem Handwerk und seinem guten Überlebensinstinkt zu verdanken hatte, unterlief ihm trotzdem vergangene Woche ein Fehler.

Zirt war zu unvorsichtig geworden und hatte es verabsäumt sich wertvolle Informationen über sein letztes Ziel zu besorgen. So war im entgangen, daß er einen Kurier von einem der Syndikate hier beklaute.

Nach Bewußtwerden des Irrtums hatte er sofort den Auftrag des Kuriers beendet und außerdem eine beachtliche Entschädigungszahlung an dessen Boß geleistet.

Nun lebte er zwar noch, hatte aber kein Geld und ihm war außerdem nahegelegt worden, die Station so schnell wie möglich zu verlassen und nicht wiederzukehren.

Zum Glück traf Zirt in einer Bar dann eine junge Menschenfrau namens Shania, die ihm von der Ivory erzählte.

Jetzt befand sich der mittellose Dieb mit gemischten Gefühlen auf dem Weg zu genau diesem Schiff und versuchte nicht an dessen Sicherheitschef zu denken, von dem ihm diese Shania auch erzählt hatte.

'Wenn ich Glück habe, und in einem Stück im Schiff ankomme, treffe ich zuerst den Captain und erst dann diesen Mitring - oder wie der heißt!'

--- Schleuse der Ivory

Vor der Luke der Ivory befand sich eine beträchtliche Menschenansammlung die das volle Spektrum des gesamten Abschaums, den man auf dieser verlotterten Station finden konnte, abdeckte. Der hochgewachsene Halbromulaner stellte sich widerwillig hinten an und bedachte seine Mitbewerber mit giftigen Blicken.

Endlich war Gene an der Reihe, bediente die Konsole und bekam ein aggressives "Ja!?" zu hören.

In seinem Inneren begann es zu brodeln. Immer wenn er so angeschnauzt wurde, hatte es sein Gesprächspartner bereut. Aber jetzt war er es, der etwas wollte, und er mußte sich anstrengen um nicht sofort scharf zurückzuschießen. Also nahm er alle Höflichkeit, die in ihm steckte, zusammen und sprach hart in Richtung Konsole: "Ich bin hier um mich für einen Posten bei der Sicherheit zu bewerben." Alles was man noch hören konnte, bevor die Verbindung abbrach, war ein tiefer volltönender Seufzer.

'Das fängt ja schon einmal gut an', dachte sich der Crewanwärter und brachte seine Augenbrauen in eine V-Position. Plötzlich öffnete sich die Luke und ein geknickter Mann kam heraus. 'Versager', zischte Gene in Gedanken und trat ungefragt durch die Schleuse.

--- Ivory, im Schleusendurchgang

"Einen wunderschönen guten Tag, ich bin Charly Alpha 1, was kann ich für Sie tun?", schwallerte ein zwergwüchsiger Blechhaufen.

Der mittlerweile schon etwas übel gelaunte junge Mann bückte sich und begann langsam und verständlich zu sprechen: "Ich... neues Crewmitglied... will zu deinem Chef!" Während er dem Roboter demonstrativ zu verstehen gab, daß er nur eine Maschine war, klopfte er mit der Faust auf den metallenen Kopf der jedesmal ein empörtes "pleng" von sich gab.

Der Roboter zeigte sich erstaunlicherweise sehr kooperativ und führte den Neuen sofort zum Turbolift, während er ihn mit allerlei Begrüßungsformeln überschüttete.

--- Turbolift

"Brücke", schnarrte Charlys Stimme emotionslos. Der Lift setzte sich langsam und holprig in Bewegung. "Wissen Sie...", begann Charly, doch er wurde von Gene unterbrochen.

"Ich muß mich jetzt konzentrieren, kannst du nicht einmal den Mund halten?!" Für den Rest der kurzen Fahrt war Ruhe - offenbar war der Roboter tief verletzt.

--- Brücke

Die Türen des Turbolifts öffneten sich und das ungleiche Paar betrat die Brücke. Gene sah sich neugierig um, während er von zwei Augenpaaren interessiert beobachtet wurde: Die mißtrauischen Blicke eines riesenhaften Humanoiden schienen ihn regelrecht aufzuspießen. Eine menschliche Frau saß elegant auf einem Stuhl und betrachtete den Neuankömmling.

Gene ließ nach einigen Augenblicken seine Tasche zu Boden fallen und begrüßte die beiden kühl. "Mein Name ist Gene Foster und ich bewerbe mich auf diesem Schiff für einen Posten in der Sicherheit." Daraufhin holte er das Empfehlungsschreiben eines Ferengi heraus, bei dem er als Leibwächter gearbeitet hatte, und hielt das Padd dem großen Mann hin, der hier offenbar das Kommando innehatte.

--- Sternbasis G-6, Andockschleuse 15

Mit gesenktem Kopf schleppte sich Pino durch die Luke und hatte nichts im Sinn, als sich möglichst schnell den gaffenden Blicken der finsteren Gestalten zu entziehen, die vor der Schleuse in einer langen Schlange standen um auf das zu warten, was Carrà gerade hinter sich gebracht hatte.

Kaum hatte er es um die nächste Ecke geschafft, da versagten ihm die Beine den Dienst und er konnte nicht anders, als sich müde mit dem Rücken gegen die Wand des Ganges zu lehnen. Langsam kroch die wohltuende Kühle des Metalls durch seine Kleidung und ohne sich noch dagegen zu wehren, rutschte er an der Wand entlang abwärts, bis er vollends am Boden kauerte.

Er bot den Anblick eines kümmerlichen Häufchen Elends und genauso fühlte er sich auch.

Die wievielte Bewerbung war das jetzt gewesen? Er wußte es nicht zu sagen. Seit Wochen saß er nun bereits auf diesem Alptraum von einer Station fest und suchte händeringend nach einem Job, der ihn endlich fort von hier bringen würde. Bisher ohne den kleinsten Schimmer von Erfolg.

Kopfschüttelnd kramte er sein Padd hervor, rief die mittlerweile ellenlange Liste mit Jobangeboten auf und versah resignierend einen weiteren Eintrag mit der lakonischen Bemerkung ABGELEHNT. Zum x-ten mal ging er die Liste durch. Die ersten Einträge waren durchaus attraktive Posten gewesen - gutbezahlte Positionen auf großen stattlichen Schiffen.

Damals war er noch von feurigem Optimismus durchdrungen gewesen, nun endlich in die Weiten der Galaxie aufzubrechen und in ein phantastisches neues Leben zu starten. Er hatte sich zunächst nur die Rosinen der ausgeschriebenen Jobs herausgepickt und immer wieder war er abgelehnt worden.

Je weiter sein Blick auf der Anzeige abwärts wanderte, desto zwielichtiger wurden die Angebote. Die Realität hatte ihm seine Illusionen mit der Zeit gründlich ausgetrieben und so verzeichnete die Liste im unteren Drittel bereits Bewerbungen auf heruntergekommenen Ferengi-Frachtern. Sogar auf einem Schiff der Selay war er vorstellig geworden!

Es war hoffnungslos. In Gedanken verdammte sich Pino bereits für seine törichte Entscheidung, nicht bei Walter Maxwell geblieben zu sein, sondern unbedingt das große Abenteuer zu suchen. Ein zynisches Lachen brach aus ihm hervor. Galgenhumor.

Wieder senkte sich sein Blick auf das Padd. Ein einziger Eintrag war noch verblieben, ganz am Ende der Liste. "Ivory", murmelte er. Irgendein privates Händlerschiff, über das er keine weiteren Informationen hatte. 'Wer weiß, worauf ich mich da einlasse', dachte er sich. 'Aber was soll's, es ist meine letzte Alternative.'

Mit letzter Kraft raffte er sich auf und machte sich auf den Weg.

--- Schleuse der Ivory

Das Glück schien diesmal nicht auf der Seite des nervösen Andorianers zu sein. Als er am Platz vor der Schleuse der Ivory ankam, sah er Diebe, Mörder und Attentäter aus allen Syndikaten, die auf dieser Station vertreten waren warten und sich gegenseitig belauern.

'Da genügt nur ein Funken und die ganze Situation eskaliert und die gehen sich gegenseitig an die Kehle! Ich sollte vielleicht noch etwas warten und die Vorgänge etwas beobachten!'

Zirt beobachtete die zwielichtigen Gestalten, von denen er einige gut kannte und mit ihnen sogar schon zusammengearbeitet hatte.

Von Zeit zu Zeit ging die Schleuse auf und ein kleiner quirliger Putzroboter ließ einen der Wartenden ein, während ein offensichtlich abgewiesener früherer Bewerber das Schiff verließ.

Ein paar der Wartenden erkannten den Andorianer ebenfalls und nickten ihm zu.

Der Bann, der gegen ihn ausgesprochen wurde, hatte auch etwas Positives, wie Birril einfiel. Ihm würden diese Halsabschneider die Chance auf einen Abflug in diesem Schiff sicher nicht verwehren! Im Gegenteil, die meisten machten ihm sogar Platz, damit er an die Spitze der Warteschlange vorrücken konnte. Der Ehrenkodex in der Welt der Syndikate hatte hin und wieder seine Vorteile!

Und so wartete er darauf, das sich die Schleuse ein weiteres Mal öffnete und er die Chance auf seine Bewerbung bekam.

Die einzige Tatsache, die Zirt noch etwas Sorgen bereitete, war, daß er noch keine Ahnung hatte, als was er sich bewerben sollte!

--- Ivory, Brücke

Martengh ergriff das Padd und blickte den Mann an, der vor ihm stand. Als er noch in der Warteschlange gestanden war, hatte die automatische Kamera ein paar Bilder von ihm wie von allen Bewerbern geschossen, und diese dann mit allen möglichen Datenbanken verglichen, die Martengh auf legale und illegale Weise anzuzapfen pflegte.

Eine inoffizielle Sternenflottendatenbank hatte diesem Bild einen Namen zuordnen können: Gene Foster. Insofern war der Caldonier schon einmal zufrieden, daß ihm seine Datenbanksammlung wieder einmal einen kleinen Wissensvorsprung hatte liefern können.

Laut Eintrag in seiner Kartei war dieser Mensch, dem man seinen romulanischen Einschlag kaum ansehen konnte, aus der Sternenflotte unehrenhaft entlassen worden, weil er einen Vorgesetzten tätlich angegriffen hatte. Offenbar ein aggressiver und wohl auch leicht cholerischer Charakter...

In diese Gedanken platzte Charly, der bisher schmollend und ungewöhnlich ruhig in einer Ecke gestanden hatte: "Mr. Martengh, es tut mir ja sehr leid, aber der Captain hatte mir befohlen, diese Woche noch den Lagerraum B-2 zu säubern. Nachdem ich weiß, wie es dort aussieht, habe ich berechnet, daß ich ohne weitere Störungen 83 Stunden daran arbeiten werde, was bedeutet, daß ich genau jetzt damit anfangen muß.

Deshalb bin ich leider in den nächsten drei Tagen nicht mehr dazu in der Lage, irgendwelche neuen Leute zu begleiten - eine Aufgabe, für die ich sowieso nie programmiert worden bin. Nein, Sie brauchen nichts weiter zu sagen, ich habe Ihnen gerne geholfen, aber jetzt habe ich einfach keine Zeit mehr. Sie werden also ohne mich auskommen müssen, ich weiß, das ist eine schwere Sache, aber ich kann Ihnen da nicht helfen. Sie werden das schon schaffen."

Immer noch vor sich hinplappernd, verließ Charly die Brücke, und alle Anwesenden blickten ihm mehr oder weniger amüsiert nach. Shania meinte trocken: "Ich dachte schon, das mit dem Lagerraum würde ihm gar nicht mehr einfallen. Ich frage mich sowieso, wie du es geschafft hast, ihn so lange für dich arbeiten zu lassen."

Die doppelte Bedeutung ignorierend - schließlich konnte Charly ziemlich nervig sein - warf Martengh beiläufig einen Blick auf das Padd, das Foster ihm in die Hand gedrückt hatte. Zweifellos sprach es Bände von der beispiellosen Kühnheit seines Gegenübers, sonst hätte Foster es ihm sicher nicht übergeben. Überhaupt zweifelte er nicht an dessen Fähigkeiten, wichtig war ihm in erster Linie Loyalität. und die konnte man nur auf eine Weise testen:

"Willkommen an Bord, Mr. Foster", erklang seine Stimme. "Mein Name ist Martengh No'Orba, ich bin der Sicherheitschef hier an Bord. Ihrer Sternenflottenakte nach sind Sie durchaus qualifiziert, hier an Bord unter meiner Leitung zu arbeiten. Ich hoffe, Sie haben in der Zeit nach Ihrem Ausscheiden aus der Flotte nicht allzu viel verlernt. Aber das glaube ich eigentlich nicht, sonst hätten Sie auf dieser Station sicher nicht allzu lange überlebt."

Nach einem kurzem Seitenblick auf Shania, die ihm bittend zunickte, fügte er hinzu: "Ich stelle Sie auf Probe ein. Sie können sofort anfangen. Und damit Sie gleich sehen, welche Art Arbeit Sie hier verrichten werden, übertrage ich Ihnen hiermit eine sehr verantwortungsvolle Aufgabe:

Sie werden die neuen Bewerber auf die Brücke und gegebenenfalls wieder nach draußen geleiten, und dabei darauf achten, daß diese unterwegs keinen Unfug anstellen. Aus Sicherheitsgründen darf sich zu einem Zeitpunkt immer nur eine noch nicht angestellte Person an Bord befinden.

Haben Sie noch Fragen?"

"Nein, Sir!", platzte das neue Crewmitglied erleichtert hervor. Dieser Martengh war weder ein Mann von vielen Worten noch der freundlichste Zeitgenosse, aber Crewman Foster sah vom ersten Moment an zu ihm auf - und zwar nicht nur physisch.

Zufrieden ließ Gene noch einmal seinen Blick über die Konsolen der Brücke schweifen. Es schien als würde ein Lächeln über seinen Mund huschen. Aber die ernsten und harten Gesichtszüge stellten diese positive Gemütsäußerung sofort wieder in Frage.

Er nahm seine Tasche wieder an sich, nickte Shania und Martengh stumm zu und verschwand im Turbolift.

Martengh schaute dem Mann nach und blickte dann auf Shania, die etwas wie "Bitte, es geht doch" von sich gab.

Die Augen verdrehend, antwortete er: "Er ist noch mitten im Einstellungstest, auch wenn er das nicht weiß. Ich habe ihn unter ständiger Beobachtung, wobei ich annehme, daß er in der ersten Zeit versuchen wird, sich in mein Vertrauen einzuschleichen. Wenn er dann annehmen kann, daß meine Beobachtungen lascher werden, also spätestens nach dem Ablegen des Schiffes, werde ich sie noch verstärken.

Ich freue mich schon auf den Moment, in dem ich ihn verhören kann. Und ich hoffe inständig, daß er nicht schon jetzt seine Maske fallen läßt, weil ich ihn dann der Stationssicherheit übergeben müßte."

Shania, die fast schon geglaubt hatte, daß Martengh wegen ihr den halben Romulaner aufgenommen hatte, schüttelte resignierend den Kopf. "Und wer ist der Nächste?", fragte sie.

"Ein behinderter Andorianer. Ziemlich heruntergekommenes Subjekt", sagte Martengh laut, während er die Schleusenkamera auf den Hauptschirm schaltete. Für sich dachte er: 'Möchte einmal wissen, als was der hier arbeiten will? Für meinen Geschmack paßt er eigentlich gut auf diese Station, offenbar ein typischer Kleinkrimineller.'

Dieser Einschätzung widersprachen allerdings die Resultate, die Martenghs Datenbanken von dem Andorianer lieferten. Der Caldonier runzelte leicht die Stirn, als sein Suchprogramm meldete: "Keine Übereinstimmung mit gespeicherten Daten gefunden!"

Ein Fehlen jeglicher Identitätsnachweise wies im Allgemeinen klar auf eine Tatsache hin: Da es furchtbar schwer war, nicht irgendwo ein Lebenszeichen von sich zu hinterlassen - Himmel, auf einigen Raumstationen mußte man schon DNS-Proben abgeben, wenn man sie nur betreten wollte - mußte diese Person sehr geschickt im Bereich Tarnen und Täuschen sein. Also ein Dieb, Spion oder Meuchelmörder.

Die Frage war nun: Wen wollte er bestehlen, ausspionieren oder meucheln?

Und die Antwort war einfach: Entweder gehörte er zu einem der hiesigen Syndikate und wollte die Ivory von Innen heraus 'knacken', oder er war von Brengh, Martenghs Bruder engagiert worden.

Im Endeffekt blieb es sich gleich, er war eindeutig ein Feind. Sollte er ihn überhaupt empfangen?

Hm, warum eigentlich nicht. Wie ein Selbstmordattentäter sah er nicht aus, und Martengh lauerte darauf, zu erfahren, von wem er geschickt worden war...

--- Turbolift

Der Lift setzte sich wieder rumpelnd in Bewegung. Zum ersten Mal an diesem Tag konnte Gene aufatmen. Glücksgefühle vermischten sich mit dem Gedanken an Abenteuer und bildeten sich zu wohlschmeckender Nahrung für die Seele. Jetzt galt es nur noch die befohlene Feuertaufe zu bestehen.

--- Sternbasis G-6, Schleuse der Ivory

Die Schlange vor der Schleuse des Schiffs verhieß nichts Gutes. Scheinbar waren die Jobs selbst auf diesem Schiff noch recht begehrt. Mit dem letzten Fünkchen Hoffnung, das Pino noch verblieben war, reihte sich der Techniker direkt hinter einem Andorianer mittleren Alters ein, dem kurioserweise eine seiner Antennen fehlte.

Ein dumpfes Grollen war zu hören als sich die gewaltige Luke öffnete. Der abgestandene Geruch von Verbrechen und schlecht gefilterter Luft schlug Gene entgegen, als sie sich ganz geöffnet hatte. Er trat vor die wartende Schlange und sah in das Gesicht eines Andorianers, der sonderbarerweise nur mehr einen Fühler hatte.

Dieser blauhäutige Zeitgenosse löste in ihm unangenehme Gefühle aus. Er glaubte sich daran erinnern zu können, einmal von einem Andorianer angerempelt worden zu sein und daß ihm später zwei Streifen goldgepreßtes Latinum fehlten. Gene löcherte den nervösen Andorianer mit seinen Blicken und erkundigte sich nach seinem Namen.

Eine kaum hörbare Antwort kam aus dem Mund des Fremden. Foster ging als erster durch die Schleuse und winkte ihn ungeduldig herein. Er schloß sie sorgfältig und ging vor Zirt in Richtung Turbolift.

--- Ivory, Gänge, Deck 4

Zirt folgte dem mürrischen Menschen, dessen Vorfahren sich offenbar irgendwann mit einem Romulaner eingelassen hatten.

'Vielleicht ist er ja deswegen so sauer, weil ich ihm einmal seine Barschaft abgenommen habe. Sowas aber auch von nachtragend!', schmunzelte der Andorianer innerlich. Er versuchte aber, sich äußerlich nichts anmerken zu lassen. 'Wenn der hier den Unnahbaren spielt, kann ich das auch!'

Erstaunt sah er sich in der vergrößerten Schleuse des Schiffes um.

Da der verblüffte Dieb für andorianische Verhältnisse ohnehin nicht besonders groß war, beeindruckte ihn die Höhe der Anlagen erst recht. 'Was haben denn die hier für Riesen?' Interessiert sah er sich nach allen Seiten um, während er seinem Führer zum Turbolift folgte. Dabei entgingen ihm natürlich die feinen Fugen der verdeckten Zugänge zum interne Wartungssystem nicht.

--- Gang vor dem Turbolift

Während sich der Andorianer und der Halbromulaner gegenseitig anschwiegen und auf den Turbolift warteten, stellte Ersterer immer noch fieberhaft Überlegungen an, als was er sich denn beim Captain dieses Schiffes bewerben sollte.

Er wußte nicht, inwieweit man hier über seine Vergangenheit aufgeklärt war und welche technischen Möglichkeiten der hier beschäftigten Sicherheit zur Verfügung standen. Da Birril nicht wirklich Ahnung von diesen Dingen hatte und er sogar dazu neigte den meisten Computersystemen nahezu magische Fähigkeiten zuzutrauen, wollte er nicht das Risiko eingehen, bei einem "Mißverständnis" ertappt zu werden - nicht diesmal! Deshalb beschloß er, bei seiner Bewerbung so nahe wie möglich an der Wahrheit zu bleiben.

Plötzlich konnte sich Zirt ein Grinsen nicht mehr verkneifen! Er hatte sich gerade an seinen Hintermann in der Reihe erinnert. Dieser hatte sich einfach an allen anderen vorbeigedrängt und hinter dem behinderten Andorianer angestellt. Offensichtlich hatte der Mensch gesehen, daß die anderen Bewerber ihn vorgelassen hatten, ohne die Hintergründe näher zu kennen. 'Na, in dem seiner Haut möchte ich jetzt nicht stecken!'

Endlich kam der Turbolift und die beiden stiegen ein, jeder mit seinen Gedanken beschäftigt.

--- Turbolift

Langsam wurde Gene das Schweigen unangenehm und er räusperte sich laut. Zirt erschrak, zuckte ein wenig zusammen und vergrößerte den Abstand zu seinem Gegenüber um einen weiteren kleinen Schritt.

Interessiert betrachtete Foster den verbleibenden Fühler auf Zirts Kopf, der sich neugierig umzusehen schien. Er merkte wie das Wahrnehmungsorgan des Andorianers seinen Kopfbewegungen folgte. Es war ein ziemlich amüsantes Schauspiel.

Plötzlich fiel es dem Halbromulaner wie Schuppen von den Augen. Er konnte sich an den Diebstahl erinnern, und an einen blauen Fühler, der aus der Menge herausgeragt war und sich schnell von ihm entfernt hatte. 'Das muß der Andorianer sein, der mich damals um zwei Streifen Latinum erleichtert hat!', dachte er.

Seine Gesichtszüge verhärteten sich und er starrte den vermeintlichen Dieb an, als wollte er ihn dazu veranlassen sein Eigentum freiwillig herauszugeben. Gene packte Zirts Oberarm und hielt ihm drohend den Zeigefinger vor das Gesicht. Er wollte schon zum Sprechen ansetzen, doch da ging bereits die Tür des Turbolifts auf.

Zögernd ließ Foster von dem Andorianer ab und scheuchte ihn vor sich auf die Brücke. Martengh und Shania warteten bereits ungeduldig um den neuen Anwerber zu vernehmen.

--- Brücke

Zirt sah sich entrüstet zu dem Grobling um, während er stolpernd darum kämpfte, keine Bruchlandung auf der Brücke zu bauen.

Seine Rachegedanken auf später verschiebend, sah er sich auf der Brücke um - das war jetzt nicht der richtige Zeitpunkt für einen Streit!

Langsam dämmerte es dem Andorianer, warum die Ganghöhe dieses Schiffes nachträglich erhöht worden war. Die roten Augen glitten an einer imposanten Gestalt entlang, immer höher bis fast zur Decke. 'Das ist der Captain?!'

Dann endlich kam auch die Menschenfrau, die ihn auf dieses Schiff aufmerksam gemacht hatte in das eingeschränkte Blickfeld des blauen Diebs. Höflich nickte er ihr zu um sich sofort wieder auf den Giganten zu konzentrieren.

Er hatte in den orionischen Mienen schon viele Riesen gesehen, aber keiner strahlte das Selbstbewußtsein dieses Mannes aus! "Captain, mein Name ist Zirt Birril. Ich melde mich bei Ihnen, weil ich auf der Suche nach Arbeit bin", sprach Birril den Riesen trotzdem mit fester Stimme an. 'Allmächtiger Schwarm! Ist der groß!'

Der Caldonier schaute den einfühlerigen Andorianer abschätzend an und gab den Namen in eine Konsole ein. Wenn seine Datenbankdurchforster schon bei seinem Bild keine Einträge fanden, dann vielleicht bei seinem Namen.

Schnell kam die Meldung: "Keine Einträge gefunden."

Hm. Offenbar versuchte dieser Birril seine zweifellos vorhandene Geschicklichkeit - wer schaffte es sonst schon, wirklich keine Daten zu hinterlassen - hinter einer Maske aus Ungeschicklichkeit zu verbergen, um alle Anwesenden in Sicherheit zu wiegen. Noch ehe er seine Stimme erhob, hatte der Sicherheitschef eine Entscheidung gefällt:

Diesen Mann mußte er unter allen Umständen aufnehmen. Egal, was er vorhatte, Birril würde auf jeden Fall seinen Plan durchführen. Und je mißtrauischer Martengh sich jetzt gab, desto vorsichtiger würde der Andorianer vorgehen.

Auch Martengh verstand sich auf das Spiel, das Zirt spielte...

Er entgegnete: "Mein Name ist Martengh No'Orba, ich bin der Sicherheitschef hier an Bord. Der Captain ist zur Zeit leider unpäßlich. Als was möchten Sie denn arbeiten, was können Sie?"

Zirt überlegte eine Weile, dann erwiderte er: "Ich habe auf einigen Schiffen gearbeitet, die ich Ihnen auf Wunsch gerne aufzählen werde. Nie offiziell! Die Betreiber wollten sich anscheinend einiges an Kosten sparen.

Dort war ich in verschiedenen Bereichen tätig: Lagerarbeiter, Putztrupp, Koch, einmal sogar als Steward.

Das ganze letzte Jahr habe ich allerdings auf dieser Station als, äh ... Selbständiger gearbeitet. Unter anderem mit den meisten Personen dort draußen", dabei warf der Andorianer einen bezeichnenden Blick auf einen der Monitore, der die Schlange an Bewerbern zeigte, die noch draußen vor den Schleusen der Ivory stand.

"Wenn Sie mich einstellen und wollen, kann ich Ihnen ja die Personen nennen, mit denen ich gearbeitet habe", der Dieb grinste bei diesen Worten leicht. "Wenn Sie wollen, würde ich als eine Art - wie sagen sie auf der Erde dazu? - Mann für alles arbeiten." Bei diesen Worten sah er Martengh hoffnungsvoll an.

--- Sternbasis G-6, Schleuse der Ivory, inzwischen

Der Schlag kam von hinten und traf ihn wie aus heiterem Himmel. Taumelnd ging Pino zu Boden. Für einen Augenblick war ihm schwarz vor Augen und in wilder Manier kreisten um ihn alle Sterne, zu denen er jemals hatte reisen wollen. Er fühlte sich, als würde er von einem Gewittersturm herumgewirbelt und sein Puls, der ihm in den Ohren dröhnte lieferte die adäquate Geräuschkulisse dazu.

Nur langsam kam er wieder zu sich, doch als er aufblickte, mußte er feststellen, daß die nun einkehrende Ruhe nicht bedeutete, daß sich das Unwetter verzogen hatte. Vielmehr befand er sich stillen Auge des Orkans, der ihn in Form von drei übelgelaunten Typen umgab, welche ihn bedrohlich anfunkelten.

"Ww...Was.....los??", brachte er stammelnd hervor.

"Ich werd dir sagen, was los ist", fauchte der offensichtliche Anführer der drei, ein riesiger Klingone, der nun einen Schritt nach vorne trat. Aus dem Augenwinkel sah Pino seine immer noch geballte Faust, die sich kurz zuvor einem Photonentorpedo gleich in seinen Nacken gebohrt hatte.

Der Besitzer der Faust fuhr fort: "Du wirst dich jetzt ganz schnell nach hinten in die Schlange begeben, sonst ist dein unehrenhaftes Ende schneller gekommen, als dir lieb ist, ptakh!"

'Das darf doch nicht wahr sein!', dachte Pino. 'Die scheinen zu glauben, ich hätte mich vorgedrängt!'

"Hören Sie", begann Carrà, "Ich wollte wirklich nicht..."

"Spar dir das!", brüllte der Klingone. "Deine Worte sind überflüssig! Wenn du nicht sofort ans Ende der Schlange kriechst, wird irgend jemand deine kläglichen Überreste beseitigen müssen! Haben wir uns verstanden?"

Der Techniker hatte nur zu gut verstanden. Wieder mußte er an all die vergeblichen Versuche denken, eine Anstellung zu finden. Dieses Schiff war das letzte auf der Liste und wenn er sich jetzt wieder hinten anstellte, konnte das bedeuten, daß er seine allerletzte Chance aufgab.

Sich mit einem wütenden Klingonen anzulegen konnte sehr schlimm enden, aber wenn er diesen Job nicht bekam, konnte er sich gleich begraben lassen. Er war beileibe keine Kämpfernatur, aber was nun in ihm aufkochte war der Mut der Verzweiflung. Mit einem erstickten Schrei raffte er sich auf und rannte gegen den übermächtigen Gegner an.

Er konnte sich etwa zwei, vielleicht drei Sekunden auf den Beinen halten, bevor ihn der Krieger wie eine lästige Fliege mit Wucht zu Boden schleuderte. Während er fiel, erhaschte Pino noch einen flüchtigen Blick auf die Schleuse der Ivory, und das daran befindliche Kameraauge, das ihn anstierte. Das letzte, was er dachte war: 'Toll gelaufen, du Idiot! Wenn die da drinnen meinen dummen Auftritt hier verfolgt haben, möchte ich nicht wissen, wie es jetzt um meine verbliebenen Chancen bestellt ist. Verdammt...'

Pino konnte den Gedanken nicht mehr zu Ende führen, da umfing ihn bereits finstere Nacht.

--- Ivory, Brücke

Nachdem Shania dem Andorianer zugelächelt hatte, sie konnte sich wegen seines ungewöhnlichen Aussehens noch gut an ihn erinnern, war sie neben Martengh getreten und beobachte seither seinen Überwachungsmonitor der mit dem Kameraauge vor dem Schleuseneingang verbunden war.

Im Gegensatz zu ihrem Freund Monserat legte der caldonische Sicherheitschef keinerlei Wert auf ihre Meinung bei Einstellungsgesprächen und so gab es für sie hier eigentlich nichts zu tun, als neue Bewerber dumm anzulächeln und Martengh zu nerven, wenn er jemand aus paranoiden Gründen nicht einstellte. Da brachte es schon etwas mehr Abwechslung die zwielichtigen Leute vor der Schleuse bei ihrem Treiben zu beobachten und sich zu fragen, wer wohl Martenghs Sicherheitscheck bestehen würde.

Dabei bemerkte sie wie ein ziemlich grimmig dreinblickender Klingone einen schwarzhaarigen Terraner niederstreckte, der wie ein Stein auf den schmutzigen Boden der Station fiel und dort liegen blieb. Wie nicht anders anzunehmen, interessierte sich niemand der Wartenden für den Vorfall und schon gar nicht für den Verlierer. Trotzdem ließ man den Klingonen gewähren, daß er sich sofort an die Spitze der Bewerber vorreihte.

Ohne abzuwarten lief Shania zum Turbolift, wobei sie Gene unabsichtlich anrempelte und Martengh kurz anwies, die Schleuse für sie zu passierbar zu machen, wenn sie unten war. Denn ohne seinen Codeschlüssel konnte niemand die Schleusentür weder von innen noch von außen öffnen.

--- Turbolift

"Deck 4", befahl Shania dem Computer, worauf der Lift auch tatsächlich anfuhr.

Die ungewöhnlich große Frau vermißte schon fast die Stimme des Computers, als sie sich schließlich doch zu Wort meldete. Warm und einschmeichelnd, aber in Gegenwart von Frauen immer ziemlich frostig und unterkühlt. "Deck 4, wohin auch sonst. Da kommen wohl auch diese ganzen Prachtkerle her, die ich jetzt ständig zur Brücke bringen darf."

Wie hatte sie diese Stimme nur je vermissen können? Sie wünschte sich langsam endlich wieder auf eine Außenmission gehen zu dürfen, wo technische Geräte einfach nur Geräte waren.

Mit einem Seufzer entgegnete sie: "Vielleicht beschweren sich deine Prachtkerle über dich beim Captain und dann wirst du gegen ein männliches Sprachmodul ausgewechselt. Gegen Averly Scott Gamma 2 um genau zu sein."

"Davon träumst du doch nur meine Süße. Ich hab mich ihnen noch nicht vorgestellt, aber sie werden mich lieben..."

Danach schwiegen beide. Die künstliche Weiblichkeit und die echte.

Kurz darauf öffneten sich die Turbolifttüren und Shania war am richtigen Deck angekommen.

--- Weg zur Schleuse

Das Gespräch mit dem eigenartigen Schiffscomputer hatte die Amerikanerin längst vergessen, als sie schnellen Schrittes zur Schleuse lief. Dabei fragte sie sich voller Neugier, was dieser Mensch wohl verbrochen hatte, daß der Klingone kurzen Prozeß mit ihm gemacht hatte. Denn er sah nicht gerade wie ein Lebensmüder aus.

Aber brauchten Klingonen eigentlich einen Grund um einen Streit anzuzetteln? Vielleicht hatte dieser auch einfach nur Langweile oder schlecht gefrühstückt.

Während Shania sich noch freute, daß ihre eigene Langweile nun doch endlich ein Ende gefunden hatte, erreichte sie die Schleusentür. An einem leisen ihren Ohren sehr vertrauten Geräusch erkannte sie, daß Martengh die Schleuse für sie freigegeben hatte und sie ließ sich auch problemlos öffnen.

--- Brücke

Martengh aktivierte Shanias Passiercode - sobald sie sich auf drei Meter der Schleusentür näherte, würde die Sperre, die bisher erfolgreich verhindert hatte, daß die Ivory von diesem Abschaum da draußen überschwemmt wurde, kurzfristig außer Kraft gesetzt.

Dann schaute er wieder den Andorianer an und entgegnete: "Ich weiß nicht, wie man auf der Erde sagt, diesen Planeten habe ich nie gesehen. Als Mann für alles können Sie sicher nicht anfangen, da Ihnen bei neunzig Prozent aller hier anfallenden Arbeiten offenbar die Qualifikation fehlt."

In Gedanken ging er die Bereiche durch, in denen Birril Erfahrung hatte. Für einen Putztrupp würde der Captain sicher niemals sein Geld aus dem Fenster werfen, solange diese Funktion Charly übernahm. Und die Funktion des Koches übernahm an Bord der Replikator. Martengh dachte an den Ferengi, den sie vor einiger Zeit aufgenommen hatten. Dieser hatte zwar kochen können, aber nachdem er gleich die gesamte Bar sehr ... eigenwillig renoviert hatte, reagierte Monserat etwas allergisch auf Köche.

Stewart konnte der Andorianer auch gleich vergessen, weil sie bei dem nächsten Flug keine Gäste befördern würden, die er dann bedienen könnte. Und die Angestellten hier an Bord sollten gefälligst arbeiten, und sich nicht bedienen lassen.

Bliebe noch Lagerarbeiter.

Deshalb setzte er hinzu: "Sie werden offiziell als Lagerarbeiter anfangen." - Martengh betonte das Wort 'offiziell', denn er hatte es sich zum Ziel gesetzt, daß die Ivory der erste Ort sein würde, an dem dieser Mann offiziell registriert sein würde.

"Inoffiziell können Sie für alle Arbeiten herangezogen werden, für die Ihre Qualifikationen ausreichen - Sachen putzen, vor denen Charly sich ekelt und dergleichen. Charly regt sich immer ganz schrecklich über halbzerflossene Leichen auf. Sind Sie dabei?" Fragend schaute der Caldonier seinen Gegenüber an.

--- bei der Schleuse

Der Klingone, den Shania vorhin bei dem ungleichen Kampf beobachten konnte, stand direkt vor ihr und grinste sie zufrieden an. Anscheinend glaubte er nicht nur schon zum Captain gebracht zu werden, sondern auch noch eine Sonderbehandlung zu genießen, weil gerade ihn eine schöne Frau abholte.

Während sie sein Lächeln erwiderte - es war immer gut einen Klingonen nicht sofort wütend zu machen - und sich mit einem raschen Seitenblick versichert hatte, daß ihr Zielobjekt noch immer dort lag wohin es gefallen war, sagte sie zum Klingonen:

"Tut mir leid, du bist leider noch nicht an der Reihe, aber ein großer Krieger wie du wird mir doch sicher ein wenig zur Hand gehen können. Schaff diesen Mann ins Schiff und dann stell dich wieder an und warte brav bis du dran bist." Die große Frau sagte das so ruhig und selbstsicher wie wenn man einem Hund einen Befehl erteilte.

Aber der Klingone machte keinen Anstalten ihrem Wunsch nachzukommen. Statt dessen entblößte er seine häßlichen gelben Zähne und fletschte sie, was wohl den Versuch eines überheblichen Grinsen darstellen sollte. "Warum bei Kahless sollte ich das wohl tun? Ich hab ihn nicht niedergeschlagen, damit ich ihn jetzt auch noch hineintragen muß."

"Hmmm... warum du das tun solltest..." Shania schien zu überlegen, aber in Wirklichkeit änderte sie ihre Taktik und ging ohne Umschweife direkt aufs Ziel zu. "Entweder weil ich eine enge Freundin des Captains bin auf dessen Schiff du einen Posten erhalten möchtest oder weil es unehrenhaft ist einen schwächeren Gegner niederzuschlagen und einer Frau eine Bitte abzuschlagen..."

Für einen Moment sah es so aus, als wollte sich der Klingone auf die große Frau stürzen, aber als er ihre Hand auf ihrem Phaser ruhen sah - seit sie auf dieser Station angekommen waren, trug sie immer einen bei sich - schritt er zu dem immer noch bewußtlosen Mann hin und packte ihn unter den Armen.

Während er ihn Richtung Schleuse schleifte, zischte er durch seine Zähne hindurch: "Es WAR ein ehrenhafter Kampf."

"Wenn du meinst, wird es schon stimmen", meinte Shania beiläufig, während der Klingone seine Last an ihr vorbei ins Innere der Ivory schleifte und beobachtete jeder seine Bewegungen genau, bis er wieder vor der Schleuse stand und sie diese von innen geschlossen hatte.

--- Sternbasis G-6, Raumdock

Elaine hatte sich die wichtigen Stellen auf dieser Sternbasis angesehen, als sie plötzlich wieder an jener Stelle eintraf, an der damals das Handelsschiff angedockt hatte, und von der sie sich auf diese Station flüchten konnte.

Sie blickte sich nervös um, da sie Angreifer befürchtete, die sie wieder einfangen wollten, doch es war ruhig. Zwei einzelne Männer, einer etwas größer, dafür nicht so dick wie der andere, standen herum und schienen auf etwas zu warten.

Wild entschlossen stapfte sie auf diese zu, stellte sich vor ihnen auf und fragte: "Können Sie mir sagen, wann hier das nächste Schiff andockt, oder ob in naher Zukunft eines erwartet wird, das Leute sucht?"

Die beiden Männer sahen sich belustigt an und mit einem beißenden Unterton antwortete der kleinere von ihnen: "Worauf glauben Sie, warten wir gerade? Wir stehen nicht nur so zum Zeitvertreib hier. Dort drüben liegt nämlich ein Schiff namens Ivory, das einige neue Leute aufnehmen möchte. Wir wollen uns bewerben, und ich kann dir jetzt schon verraten, mein Mäuschen, daß wir aufgenommen werden."

Der Mann näherte sich bedrohlich Elaine. Sie berührten sich bereits.

Sie konnte seinen Atem auf ihrem Gesicht spüren.

"Wenn du artig bist, lege ich ein gutes Wort für dich ein", hauchte er.

--- Ivory, Brücke, inzwischen

In seinem Inneren war Gene wieder einmal am Kochen. Offenbar hat man ihn vollends vergessen. Niemand schenkte ihm mehr Beachtung. Er kam sich wie ein wertloser Teil des Schiff-Inventars vor. Dazu kam noch, daß er nicht wußte was er tun sollte, als ihn diese Shania angerempelt hatte. So wurde er noch nie von einer Frau "berührt".

Um sich ein wenig nützlich zu machen und weiteren Peinlichkeiten aus dem Weg zu gehen, näherte er sich dem Monitor, der die Bilder der Überwachungskamera bei der Schleuse übertrug. Dabei wurde er von Martengh mit einem strengen und zugleich mißtrauischen Blick bedacht, bevor sich dieser wieder Zirt zuwandte.

Der aufmerksame Halbromulaner setzte sich vor den Bildschirm und ließ niemanden darauf aus den Augen. Er prägte sich jedes Gesicht ein und versuchte sie mit ehemaligen Widersachern in Verbindung zu bringen. In der, zum Großteil aus Männern bestehenden, Schlange vor der Schleuse erblickte er überraschenderweise eine auffallend hübsche weibliche Terranerin.

Ohne einen weiteren Gedanken auf Martengh und Zirt zu verschwenden, fokussierte Foster die rothaarige Frau mit der Kamera und hoffte, sie als Nächstes auf die Ivory bringen zu dürfen. Plötzlich schob sich ein breiter männlicher Rücken in das Feld zwischen Kamera und Frau.

In seinem Körper spannten sich alle Muskeln schmerzhaft an und Gene erhob sich langsam von seinem Stuhl. Die Augen blieben am Monitor haften und fixierten den Aggressor. Als dieser die eingeschüchterte Frau berührte, riß Genes Geduld und er stürzte zum Turbolift.

Gene richtete zur Sicherheit noch einen fragenden Blick an Martengh, der ebenfalls alles mitverfolgt hatte, was vor der Schleuse vor sich ging. Ein kurz angebundenes Kopfnicken war die Antwort und Foster hechtete in den Lift.

--- Turbolift

"Deck vier", sagte Gene laut. "Schnell!", fügte er hinzu und ballte ungeduldig seine Fäuste.

"Kein Problem", meinte die erotische Stimme des Computers. "Kann ich sonst noch etwas für dich tun?", hauchte sie. Gene gab keine Antwort, da er viel zu sehr in Gedanken versunken war.

--- Sternbasis G-6, Raumdock

Elaine sah den Mann, der seinen Mund zu einem bösartigen Grinser verzogen hatte, immer näher auf sich zukommen. Er war zwar klein, aber trotzdem noch größer als sie, und vor allem stärker.

Nur noch einen Schritt, und sie würde ihn berühren können.

Sie verspürte langsam die Angst in ihr aufkeimen. Ihr ganzer Körper verspannte sich zunehmend, während ihre Augen starr auf den Mann haften blieben.

Ihre Brust bewegte sich immer schneller auf und ab, so daß ihr Herz zu schmerzen begann. Ihr Mund fühlte sich ausgetrocknet an und das Gefühl in der Magengegend, verursachte einen Schweißausbruch und sie begann zu zittern .

Sie konnte sich nicht bewegen, als dieser Mann mit seinem Körper an sie stieß, sein stinkender Atem ihr das Luftholen erschwerte und seine Hand durch ihr langes Haar strich.

Elaine kannte dieses Gefühl der Hilflosigkeit. Es war ihr seit Beginn ihrer Kindheit vertraut und bereits zu einem Teil ihres Lebens geworden.

--- Ivory, unweit der Schleuse

Dieses kleine Abenteuer hatte der Amerikanerin wirklich Spaß gemacht, auch wenn sie keinen Moment wirklich in Gefahr gewesen war, da Martenghs Augen überall waren und er sicher alle Hebel in Bewegung gesetzt hätte um sie zu beschützen. Sie war sich sicher, daß er sogar für diesen Fall Vorsorge getroffen hatte.

Ohne weiter über den Vorfall nachzudenken, kniete sich Shania besorgt neben den Bewußtlosen, den der Klingone im Schiffsinneren abgelegt hatte und der immer noch kein Lebenszeichen von sich gab. Lediglich sein Brustkorb hob und senkte sich in regelmäßigen Abständen.

Eigentlich sah er so gar nicht nach einem der Kriminellen auf der Station aus. Auch wenn er unrasiert war, so schien ihm das sogar gut zu stehen und er wirkte dadurch nicht weniger gepflegt, sondern eher attraktiv. Die große Frau konnte nur mühsam der Versuchung widerstehen ihm eine seiner widerspenstigen schwarzen Locken aus der Stirn zu streichen.

So schüttelte sie ihn nur leicht aber bestimmt an der Schulter und rief: "Wachen Sie auf! Sie sind in Sicherheit!"

Langsam wich die Dunkelheit und Pinos Wahrnehmung kehrte Stück für Stück wieder zurück. Die Finsternis verwandelte sich in einen grauer Schleier, aus dem sich zögernd immer mehr Einzelheiten herauslösten. Sein Blickfeld füllte sich mit den wogenden Wellen eines seltsam goldenen Meeres und wie aus weiter Ferne hallte eine zu ihm Stimme herüber, deren Worte er nicht genau verstand, die ihn aber zu rufen schien.

'Wie surreal', dachte Pino. 'Das muß ein Traum sein. Aber es ist ein schöner Traum und wer träumt kann schwerlich tot sein. Ich hab wohl nochmal Glück gehabt'

--- auf dem Weg zur Schleuse

"Gern geschehen", rief Gene die weibliche Stimme des Computers nach, doch dieser war bereits im nächsten Gang verschwunden.

Vor der Schleuse sah Foster, wie Shania über einem bewußtlosen Menschen kniete und versuchte ihn aufzuwecken. "Vor der Schleuse gibt es Ärger", sagte Gene und merkte, daß Martengh von der Brücke aus die Schleusentore öffnete.

--- Sternbasis G-6, Raumdock

Der Halbromulaner trat durch die Schleuse hinaus und kämpfte sich durch die Massen zu den beiden Störenfrieden durch. Der eine war der fremden Frau schon viel zu nahe gekommen und wurde allmählich zudringlich. Gene packte seine Schulter und wirbelte ihn herum. Er holte aus und schlug ihm geräuschvoll mitten ins Gesicht. Der Streitsuchende sank bewußtlos zu Boden und das Blut, das aus seiner Nase quoll, färbte den Boden dunkelrot.

Sein Freund kam ihm zu Hilfe und schlug Foster in den Bauch, so daß dieser nach Luft schnappend auf die Knie sank. Gegen zwei Gegner war Gene nicht vorbereitet gewesen und der zweite zückte ein Kampfmesser, nachdem er Gene mehr oder weniger kampfunfähig gemacht hatte.

Plötzlich zerriß ein Schuß die angespannte Stille und ein gleißender Energiestrahl wurde aus der geöffneten Schleusentüre heraus auf Genes Angreifer abgefeuert.

--- Ivory, im Schleusendurchgang

Shania senkte den Phaser wieder nachdem sie gerade noch das Schlimmste hatte verhindern können. Zwar ließ sie den noch immer Bewußtlosen nicht gerne alleine, aber sie konnte nicht zulassen, daß ein Mann sich allein, noch dazu unbewaffnet, den vorwiegend kriminellen Elementen der Station stellte, die durch die lange Warterei so harmlos wie eine gereizte Raubkatze waren.

Ihre wachen Augen versuchten die Situation in seiner Gesamtheit zu erfassen, um auf jede Andeutung einer Bewegung reagieren zu können. Zum Glück waren die meisten nur schaulustig und hatten offensichtlich keine große Lust auf einen Kampf. Trotzdem schienen alle zu warten, als sei der Kampf noch nicht zu Ende.

--- Brücke

Zirt lächelte den Riesen an und meinte zu dessen Angebot: "Abgemacht! Dann bitte ich Sie um Ihren ersten Auftrag."

Plötzlich, nach einer kurzen Nachdenkpause, fügte der Andorianer folgende Frage hinzu: "Verzeihung, aber wo soll ich überhaupt wohnen?"

Normalerweise hätte sich Zirt auf eine stundenlange Verhandlung über Konditionen, Gehalt, Zulagen und ähnlichem mit Martengh eingelassen, aber der zukünftige Lagerwart brauchte diese Anstellung, um die Station so schnell wie möglich hinter sich zu lassen. Zum Glück, so dachte der Andorianer, hatte der Sicherheitschef keine Ahnung von seiner momentanen Zwickmühle!

"Diese Frage wird Ihnen Shania beantworten", entgegnete der Caldonier, der auf dem Bildschirm mit Interesse beobachtete, wie zwei Männer eine Frau belästigten. Seiner Erfahrung nach würde sich daraus mittelfristig eine Massenschlägerei entwickeln. "Sie finden Sie dort, wo Sie das Schiff betreten haben. Sagen Sie ihr, daß der nächste Bewerber kommen kann, und fragen Sie sie nach weiteren Anweisungen. Sie können jetzt gehen."

Mit diesen Worten wandte sich Martengh wieder seinen zahlreichen Bildschirmen zu und fragte sich, was passieren würde, wenn zwei Leute, die sich draußen die Köpfe einschlagen würden, später in einer Abteilung zusammenarbeiteten. Vorsichtshalber entschärfte er schon einmal Rauchbomben und Wasserwerfer...

Auch Zirt hatte mit einem halben Auge die Vorgänge auf dem Monitor verfolgt. Mit gemischten Gefühlen nickte er dem Chef der Sicherheit zu, rief den Turbolift und fuhr damit hinunter zum Schleusendeck.

--- Sternbasis G-6, Raumdock

Durch die Menge ging ein Raunen und Flüstern. Nahezu geschlossen, drängten sich die Wartenden auf die Seite um nur ja nicht in der Nähe des Geschehens zu sein, um vielleicht von so einem Strahl getroffen zu werden.

Die Rothaarige war durch diesen Vorfall genauso erschrocken, wie der Freund von seinem Angreifer, doch dieser hatte sich schneller wieder gefaßt. Unbemerkt holte der einen Phaser aus seinem rechten Stiefel hervor und zielte auf den Mann, der ihr zu Hilfe gekommen war.

Niemand schien zu bemerken, wie der Phaser bedrohlich auf den Mann gerichtet wurde, der gerade versuchte sich wieder aufzurappeln, außer der Frau, die mit Entsetzen die Situation begriffen hatte.

Schwerfällig richtete sich in diesem Moment Gene auf und versuchte gerade zu stehen. Er hielt noch immer seinen schmerzenden Unterleib und fluchte vor sich hin. Nach wenigen Augenblicken richtete er sich ganz auf und war wieder ganz der alte.

Da bemerkte er, daß der Freund seines Angreifers zornig einen Phaser auf ihn gerichtet hatte. Foster hob bereitwillig die Hände und ging langsam auf den grinsenden Verbrecher zu.

Elaine nahm ihren ganzen Mut zusammen und schrie. Es war ein lauter Schrei. Ihre ganze Wut, Angst, Zorn und Verzweiflung brachten sich damit zum Ausdruck.

--- Ivory, unweit der Schleuse

Scheinbar aus dem Nichts fuhr ein gewaltiger Donnerschlag auf den benommenen Techniker nieder und Pinos Traum schien zu zerplatzen. Das Meer und die Stimme verschwanden und er starrte ins Leere. Mit Mühe streckte er seinen immer noch benommenen Körper und versuchte sich aufzusetzen, was ihm schließlich auch gelang.

Vor ihm brach auf einmal ein gewaltiger Tumult los und als Carrà seinen dröhnenden Schädel in die entsprechende Richtung hob, erblickte er die Handgreiflichkeiten einiger Personen, die sich offensichtlich gar nicht wohlgesonnen waren. In einem der Kämpfenden erkannte er den Klingonen, dessen Bekanntschaft er bereits zur Genüge gemacht hatte.

'Oh nein, nicht schon wieder!', schoß es ihm durch den Kopf. 'Hoffentlich werde ich da nicht nochmal hineingezogen. Für heute hatte ich wahrlich genug von sowas!'

Bemüht, sich möglichst unauffällig zu verhalten, begann er rückwärts zu robben, um sich nur schnellstmöglich von der Schleuse zu entfernen.

"Die Schleuse!", entfuhr es ihm. "Natürlich! Das ist die Schleuse der Ivory - aber ich bin auf der anderen Seite!" Er sah sich um. Tatsächlich, er war im Innern des Schiffes! Wie er hier hereingekommen sein mochte, war ihm zwar völlig schleierhaft, aber das spielte im Augenblick keine Rolle.

Von Neuem keimte ein Funken Zuversicht in ihm auf und er beschleunigte seine Rückwärtsbewegung, nun nicht mehr nur um sich von den Kampfhandlungen zu entfernen, sondern vor allem auch, um noch weiter in das Schiff vorzudringen, in das hineinzugelangen er schon kaum noch zu hoffen gewagt hatte.

Nach einigen Metern langsamen Kriechens kam Pino an eine Biegung des Ganges. Er warf noch einmal einen letzten Blick in Richtung der Schleuse. Was er nun erkannte, ließ ihn stocken. Er sah eine Frau, die sich mit bewundernswertem Mut dem gereizten Klingonen entgegenstellte. Ihr Kopf war in eine dunkelblonde Mähne gehüllt und es durchzuckte Pino: ' Das goldene Meer! Es war doch kein Traum!'

Mit einem Lächeln auf seinen aufgeplatzten Lippen krabbelte er um die Biegung des Gangs und wähnte sich fürs Erste in Sicherheit.

--- im Schleusendurchgang

Die große Amerikanerin hörte den Schrei und riß gleichzeitig ihren Phaser hoch. Das heißt, sie versuchte ihren Phaser wieder anzulegen, da traf sie ein sehr harter Schlag in die Magengrube. Der Klingone, der als nächster an der Reihe war, schien des Wartens überdrüssig zu werden und sich dafür entschädigen zu wollten.

Etwas benebelt taumelte Shania zurück, doch sie fing sich schnell wieder und trat ihrem Angreifer zwischen die Beine. Als er einen schmerzvollen Laut von sich gab und nicht sofort kampfbereit war, stemmte sie sich am Schleusenrahmen ab und trat ihn mit beiden Beinen und viel Schwung in den Bauch.

Noch während er nach hinten taumelte, riß er einige andere Wartende um, und als nächstes bemerkte Shania nur mehr, daß bereits eine Massenschlägerei im Gange war. Die ganze aufgestaute Stimmung entlud sich in einem Gewitter der Gewalt.

--- Sternbasis G-6, Raumdock

Als man den Schrei hören konnte, wandten alle ihren Kopf der Quelle des Geräusches zu und Gene nutzte die Gelegenheit und schlug dem Bewaffneten mit dem Fuß den Phaser aus der Hand. Dann drückte er ihn zu Boden und begann den schmutzigen Nacken mit seinem Knie zu quetschen, bevor er ihn bewußtlos schlug.

Die weiteren Personen nicht weiter beachtend, ging er zu der geschockten Frau und streckte ihr die Hand hin. Er merkte wie sie vorerst nicht reagierte, sondern erschrocken die Massenschlägerei mitverfolgte. Gene wurde ungeduldig und er begann ihre Brust zu betrachteten um das Namensschild auf ihrem Overall zu entziffern.

"Elaine?", fragte er laut, aber mit zitternder Stimme.

"Ja?!" war die geistesabwesende Antwort und dann merkte Gene wie sie sich zu ihm drehte und ihm direkt in die Augen sah. Er merkte wie seine Augen ihrem Blick auswichen und dann wieder zu den ihren zurückkehrten.

'Einem Klingonen kann ich in die Augen sehen, bis er sich ergibt und bei ihr muß ich wegsehen', dachte er sich und sah wieder zu Boden.

Nur langsam begriff Elaine, was sich gerade vor ihren Augen ereignet hatte, denn eben noch hielt der eine Aufdringling einen Phaser in seiner Hand, in der anderen Sekunde lag er bewußtlos vor ihr am Boden.

Sie war so verstört und vor allem verspürte sie noch immer diese Angst und Anspannung in ihr, daß sie erst nach geraumer Weile bemerkte, daß jemand sie ansprach.

Etwas zögerlich drehte sich die Rothaarige in die Richtung, von wo sie die Person vermutete und erschrak.

Es war ihr Helfer gewesen, der direkt neben ihr stand, sie schüchtern, aber mit einem freundlichen Lächeln anblickte und auf eine Reaktion ihrerseits wartete.

Als sie sich diesen Mann ansah, verspürte sie ein leichtes Kribbeln in ihrer Magengegend, das sich immer mehr zu einem Orkan der Begierde entfaltete. Sie wußte es nicht anders zu beschreiben, doch es fühlte sich an, als ob die Frau in ihr erwachte.

Sie hatte schon viele Männer gesehen, einige waren auch gutaussehend gewesen und hatten auch eine gewisse Ausstrahlung gehabt, aber dieses Mal war es anders.

Dieser muskulöse Körper, der vor ihr stand, sprach sie auf eine Art an, die ihre Knie zum Erweichen brachten. Seine Beine waren stark und männlich und an seinen kräftigen Armen, erkannte man, daß er es wußte eine Frau zu beschützen und zu umsorgen.

'Elaine, was soll das? Benimm dich, du bist ja nicht im Kindergarten. Du hast andere Sorgen, außerdem was würde Colin davon halten', schalt sie sich in Gedanken selbst.

Nervös ging sie einen Schritt näher auf die Person zu, so daß sie nun nur noch einen halben Schritt von ihm entfernt stand, streckte ihm die Hand entgegen und blickte lächelnd zu ihm auf, wobei sie sich beherrschen mußte, nicht in seinen wunderschönen blauen Augen zu versinken.

"Danke, daß Sie mir geholfen haben. Ich denke, daß ich ohne Sie, nicht so glimpflich davon gekommen wäre. Übrigens woher kennen Sie denn meinen Namen?".

Gene konnte im ersten Moment gar nicht antworten. Endlich brachte er ein zaghaftes "Gern geschehen" heraus und deutete auf ihre Uniform. "Hier steht Ihr Name", meinte er und kratzte sich verlegen am Kopf.

'Ein sehr schöner Name', fügte er in Gedanken hinzu.

--- Ivory, eine Gangbiegung vor der Schleuse, inzwischen

Der Andorianer verfiel nach Verlassen des Turbolifts in einen langsamen Trab in Richtung Schleuse. Der Dieb war nicht unbedingt scharf darauf, in eine Massenschlägerei verwickelt zu werden, wenn er keine wirksame Waffe bei sich hatte.

Kurz vor der Schleuse bremste der frischeingestellte Lagerwart und blieb vor einem Terraner stehen, der gerade um die Ecke gerobbt war. Dieser schien offensichtlich darum bemüht, sich in Sicherheit zu bringen.

Da Birril auf dem ersten Blick keine Verletzungen an ihm feststellen konnte, stieg er an dem Liegenden vorbei und spähte vorsichtig um die Ecke.

Er sah dort eine besorgt nach draußen schauende Shania, die sich gerade entwickelnde Massenschlägerei beobachtete.

Da Zirt nicht vorhatte sich am Kampf zu beteiligen, sah er wieder zu dem Terraner und bückte sich, ihm die Hand zur Hilfe reichend hinunter: "Brauchen Sie Hilfe?"

"Jede, die ich kriegen kann", antwortete Pino, der froh war, endlich die Bekanntschaft von jemandem zu machen, der ihm allem Anschein nach nicht feindselig gesinnt war. Dankend ergriff er die hellblaue Hand, die sich ihm auffordernd entgegenstreckte.

Als er wieder auf den Beinen war, erkannte er sein Gegenüber als den Andorianer, der vor ihm in der Reihe gestanden hatte. Offenbar hatte dieser es tatsächlich geschafft, eine Anstellung auf diesem Schiff zu ergattern.

"Vielen Dank", hüstelte Pino. "Junge, hab ich 'nen Brummschädel! Sie sind nicht zufällig als Schiffsarzt eingestellt worden?"

An der amüsierten Reaktion seines Helfers konnte Pino erkennen, daß dem wohl leider nicht so war. "Na ja, man kann nicht alles haben", meinte der Terraner. "Wenigstens bin ich nochmal mit einem blauen Auge aus diesem Schlamassel herausgekommen. Wenn Sie nichts Besseres vorhaben, wäre ich froh, wenn Sie mich zu Ihrem Captain bringen könnten, denn eigentlich wollte ich auf diesem Schiff als Techniker anheuern.

Ach ja, mein Name ist übrigens Carrà - Pino Carrà." Mit diesen Worten reichte er dem Andorianer erneut die Hand, diesmal zum Gruß.

Zirt sah auf die ausgestreckte Hand und ergriff sie zögernd. Er war es eindeutig nicht gewöhnt, daß man so offen auf ihn zuging. 'Erstaunlich, daß er solange auf dieser Station überlebt hat!'

Der Andorianer blickte dem Terraner in die Augen und antwortete: "Tut mir leid, aber da mußt du noch etwas warten. Auf Befehl des Sicherheitschefs muß ich mir erst meine Anweisungen von Shania holen." Er wies mit den Augen zur Schleuse, wo die blonde Menschenfrau stand.

Birril nickte Pino noch einmal zu und ging dann zum Schleusendurchgang.

--- im Schleusendurchgang

Als Zirt bei der offenen Schleuse zu stehen kam, wandte er sich an die besorgt dreinblickende Frau: "Miss Shania?"

Shania drehte sich herum, daß ihre Mähne wild herumwirbelte. "Waaas..? Ja", murmelte sie dann verwirrt, als hätte sie sich gerade erst der eigentlichen Frage besonnen. "Ich bin Shania." Da sie Zirt bereits kannte, wandte sie ihm wieder den Rücken zu und warf einen Blick aus der Schleuse.

Zu ihrem Erstaunen schien sich Gene gut seiner Haut zu wehren. Außerdem würde jeden Moment die Sicherheit der Sternbasis eintreffen und für Frieden sorgen. Und Martenghs Finger lagen sicher schon auf seiner Konsole bereit einzugreifen, wenn die Situation es forderte.

Auch wenn es nicht so aussah, wurde sie hier wohl nicht mehr gebraucht, Sie sah gerade den Klingonen, der den ganzen Tumult verursacht hatte. Als sie bemerkte, daß er deutlich im Vorteil war, half sie mit einem kleinen Schuß nach das zu ändern... dann drehte sie sich mit einem verschmitzten Lächeln auf den Lippen um.

"Was kann ich für dich tun, Zirt?", fragte sie und sah sich dann suchend nach ihrem Schützling um, doch von ihm war keine Spur zu entdecken. "Hast du einen großen gutaus... schwarzhaarigen Mann gesehen?" Ihre Wangen nahmen eine zarte Röte an.

"Martengh schickt mich zu dir! Du sollst mir Anweisungen geben und den Nächsten zu ihm schicken," dann begann der Blauhäutige zu grinsen, "und wenn der Mann, den du meinst, mindestens ein großes, blaues Auge hat, dann steht er hinter der Gangbiegung und wartet darauf, daß man ihn zu Martengh führt!"

Vergnügt lächelte der Lagerwart der Terranerin zu, während er versuchte, von außerhalb der Ivory nicht gesehen zu werden.

"Ich soll dir Anweisungen geben?", fragte Shania ungläubig den ungewöhnlichen Andorianer. Sie nahm an, daß nicht viele nur einen Fühler besaßen oder nannten sie es doch Tentakel? Nachdenklich fragte sich die Amerikanerin, ob ihr Martengh damit eine Freude machen wollte, daß sie jetzt jemand hatte, dem sie Arbeiten zuteilen durfte und womöglich darauf vergessen sollte, daß sie hier festsaßen.

Dann dachte sie daran, was Zirt von dem Mann mit dem blauen Auge gesagt hatte, der hinter der nächsten Ecke auf sie zu warten schien und irgendwie wollte sie ihn gern selbst zu Martengh bringen. Und zwar möglichst rasch.

"Also wenn Martengh wirklich gesagt hat, daß du dir die Anweisungen bei mir holen sollst, dann hätte ich da sogar die eine oder andere Idee..."

Nach dem knappen Umreißen seiner Arbeiten, meinte sie abschließend: "Und falls sich gerade mal nichts zu tun findet, dann wäre es toll auch endlich wieder jemand in der Mannschaftsmesse zu haben. Wenn in der Mannschaftsmesse reger Betrieb herrscht ist es oft nicht angenehm sich erst lange um ein Glas Saft anstellen zu müssen... oder erst einen Streit zu schlichten, wer zuerst dran kommt."

Ihr Blick wanderte erneut zur Ecke und dann folgten ihm automatisch auch ihre langen Beine.

Benommen und verwirrt mußte der Andorianer erst einmal die vielen Anweisungen in seinem Kopf sortieren, die Shania ihm gegeben hatte.

'Na, langweilig wird mir hier nicht!", stöhnte der neu ernannte Schiffshausmeister.

Trübsinnig starrte er auf die Gangbiegung, hinter der seine blonde Vorgesetzte gerade verschwunden war und begab sich seinerseits zum Turbolift.

--- eine Gangbiegung vor der Schleuse

Als Shania den schwarzhaarigen Mann wiedersah, lächelte sie ihm aufmunternd zu und meinte gespielt vorwurfsvoll: "Da haben wir ja unseren kleinen Ausreißer. Wer wird mich den gleich verlassen, wenn ich ihm einmal notgedrungen den Rücken zuwende..."

Dabei sah sie ihm tief in seine großen braunen Augen und beschloß ein "Nein" bei Martengh nicht gelten zu lassen.

"Weglaufen? .....Oh achso ja ... also ... das tut mir leid, aber ich war da wohl etwas weggetreten. Ach ... das wissen sie ja sicherlich schon...", druckste Pino herum. Noch während er sprach, begannen seine Gedanken zu rasen: ' Junge, was ist bloß los mit dir? Was stammelst du nur für einen Unsinn! Macht sie dich etwa nervös? Komm mal wieder zu dir!'

Peinlich berührt wegen seiner unartikulierten Äußerungen, sammelte er sich nochmals und unternahm einen neuen Anlauf. "Wenn ich mich erst mal vorstellen darf, mein Name ist Pino Carrà und ich möchte auf diesem Schiff als Techniker anheuern."

Wie um seine ungewohnte Verlegenheit zu überspielen, begann er immer mehr und immer schneller zu reden. "Sie müssen wissen, ich bin schon seit geraumer Zeit auf der Suche nach einer Anstellung und mir liegt wirklich sehr viel an dem Job. Auf dieser Station festzusitzen ist wahrlich kein Zuckerschlecken. An jeder zweiten Ecke muß man um sein Leben fürchten ..."

Sein unbeholfener Redeschwall schien kein Ende nehmen zu wollen, bis sein Unterbewußtsein leise begann, ihm von innen gegen die Schädeldecke zu pochen. 'Pino', flüsterte es ihm zu, 'findest du es nicht etwas unhöflich, hier so einen Monolog zu halten, und die nette Frau überhaupt nicht zu Wort kommen zu lassen?'

Schlagartig verstummte der Terraner. 'Also heute mache ich einfach alles falsch', schalt er sich.

Er brachte nur noch einen letzten kurzen Satz zu Stande: "Wie dem auch sei - könnten Sie mich bitte zu Ihrem Captain bringen?" Als er seinen Blick über eine blank polierte, fast spiegelnde Metallplatte an der Wand streifen ließ, sah er, daß sein Gesicht sich unterdessen arg ins Rötliche verfärbt hatte.

Die große Amerikanerin errötete selbst, als sie sich dabei ertappte Pino zu intensiv anzusehen. Seine großen dunklen Augen ließen ihr Herz schneller klopfen und seine Schüchternheit verstärkte nur noch ihren ersten Eindruck von ihm.

Es fiel ihr schwer sich nicht sofort besorgt um sein blaues Auge und seine aufgeplatzte Lippe zu geben. Aber es war ihm sicher peinlich, daß er bei dem Zwischenfall mit dem Klingonen den Kürzeren gezogen hatte und so wollte sie ihn nicht noch darauf hinweisen.

"Ja, das könnte ich", antwortete sie statt dessen und spielte etwas abwesend mit ihren Locken, "aber Captain Monserat würde nicht sehr erbaut über die Störung sein. Er ist nämlich krank und niemand darf zu ihm." Shania bemerkte die Enttäuschung in Pinos Gesicht und setzte deshalb nach. "Die Einstellungsgespräche führt deshalb Martengh No'Orba der Sicherheitschef. Ich bring dich einfach zu ihm."

Damit setzte sie sich auch schon Richtung Turbolift in Bewegung. Sie hatte noch nicht mal bemerkt, daß sie unwillkürlich auf das traute Du gewechselt hatte, während ihr Geist noch damit beschäftigt war sich eine Strategie auszudenken, die einem Caldonier einredete unbedingt einen schwarzlockigen Techniker mit einem blauen Auge in seiner Crew zu brauchen.

Abrupt blieb Shania nach einigen Schritten stehen und wandte sich ihrem 'Schützling' zu. "Apropos... mein Name ist Shania. Ich bin sehr erfreut.. dich kennenzulernen... Pino.."

Mit hochroten Wangen reichte sie ihm die Hand und schaffte es nicht ihm dabei direkt ins Gesicht zu sehen.

Pino ergriff Shanias Hand, wollte noch etwas erwidern, entschied sich aber dann, besser einfach nichts mehr zu sagen. Er hatte schließlich schon genug geplappert und so lächelte er sie nur für einige Sekunden an. Manchmal konnte man schweigend mehr sagen, als mit tausend Worten.

Gerade rechtzeitig bevor sich die Stille in das verwandelte, was man gemeinhin als unangenehmes, peinlich beklemmendes Schweigen empfand, wandten sich beide nahezu gleichzeitig wieder zum Gehen.

Mit deutlich verbesserter Laune folgte Carrà der Frau, die in ihm gerade auf wundersame Weise die Hoffnung auf einen doch noch versöhnlichen Abschluß dieses für ihn bis dahin so miserabel gelaufenen Tages geweckt hatte, in Richtung des Turboliftes.

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