Ivory Cronik 1

Ein Haufen zwielichtiger Gestalten

--- SB 185, Ivory, Martenghs Kabine

Martengh hatte sich auf seinem Bett ausgestreckt und entspannte sich, während er seine Katze kraulte. Die Leute der ehemaligen Besatzung hatten vor ein paar Stunden die Ivory verlassen, und Anjol hatte die Fähigsten gleich auf ein Transportshuttle quer durch den Quadranten eingeladen und ihnen die Überfahrt gezahlt. Der Caldonier wollte gar nicht nachrechnen, wie lange die Reise zur cardassianischen Grenze dauern würde.

Die gerade vollendete Reise der Ivory war sowohl ertragreich als auch ereignisarm gewesen. Monserat hatte seinen Augen kaum getraut, als der offizielle Föderationsvertreter ihn auf DS4 kontaktiert um ihm einen offiziell föderativen Transportauftrag offeriert hatte. Natürlich war Monserat darüber überrascht gewesen, aber da die kürzeste Strecke teilweise durch Niemandsland führte, wollte niemand anderer diesen Auftrag übernehmen.

Sicher gab es noch andere Wege ins Jouret-System, aber da jede Route durch Föderationsgebiet mindestens doppelt so lang wie der direkte Weg war, bestanden die Föderationsoffiziere auf schnellstmögliche Lieferung, sprich: Auf den Weg durch das bisher unerforschte Gebiet.

Nachdem der eigentlich für diese Mission vorgesehene Frachter USS Portland Probleme mit seinem Warpantrieb hatte, waren die Verantwortlichen gezwungen gewesen zu improvisieren. Monserat, der über phänomenale Informationswege verfügte, hatte sein Wissen schamlos ausgenutzt und eine horrende Summe für den Transport des Generators für die neu errichtete Bodenstation auf Jouret IV verlangt.

Immerhin wußte jeder, daß die Borg vor einigen Jahren diesen Planeten angegriffen hatten, und die Angst vor den Maschinenmenschen steckte immer noch in den Köpfen der Leute. Aber es gab immer Händler, die sich ihre Angst abkaufen ließen. Und da niemand wußte, daß Monserat sowieso in diese Richtung fliegen wollte...

Der Türsummer unterbrach Martenghs Überlegungen und ersetzte sie durch andere, unerfreulichere.

Er erinnerte sich an die letzte Situation dieser Art. Auch auf DS4 hatte er sich darüber gefreut, fast alleine auf dem Schiff zu sein, nur absolut vertrauenswürdige Personen waren an Bord geblieben. Endlich keine Verschwörer-, Saboteur- oder Meuchelmördergefahr!
Nur ehe er es sich's versah, hatte Monserat mit Shanias Hilfe eine komplett neue Mannschaft an Bord gebracht, und die Unsicherheit hatte wieder angefangen.

Genau das vermutete der Paranoiker jetzt wieder. Shania würde vor der Tür stehen und ihm erklären, daß das Schiff gleich ablegen würde, weil eine Rotte potentieller Mörder und Attentäter bereits an Bord war, und er wieder einmal für die Sicherheit verantwortlich war.

Oder noch schlimmer: Ein Attentäter hätte eine Selbstschußanlage vor seiner Tür installiert, und sobald sie eine Bewegung registrierte, würde er vaporisiert werden. Schließlich hatten nicht alle ehemaligen Besatzungsmitglieder seine Bedenken zerstreuen können. Dieser Anjol zum Beispiel... Martengh war froh, daß dieser undurchsichtige Bursche endlich von Bord war.

Ein Blick auf sein Terminal, das mit einer fast unsichtbaren Außenkamera gekoppelt war, belehrte ihn eines Besseren: Charly stand regungslos vor der Tür. Interessiert betätigte Martengh einen Schalter, die Tür öffnete sich und der Roboter glitt schwatzend in seine Kabine.

Als er mit Charly das erste Mal in Kontakt gekommen war, hatte es etwa sieben Minuten gedauert, bis er die akustische Stummschaltung gefunden hatte. Das Problem an der Sache war, daß anschließend die gleichen Texte, die sonst seinen 'Mund' verlassen hätten, über einen sofort aufklappenden Bildschirm liefen, so daß man fürchterlich aufpassen mußte, um nichts zu verpassen.

Charly pflegte in solchen Fällen, offenbar als Test, ob man noch aufpaßte, wichtige Informationen in Nebensätze zu verpacken. Damals war es die Tatsache gewesen, daß sich das Polizeischiff schon in Rufweite befand, was Monserat zu sehr intensiven und kostspieligen Verhandlungen veranlaßt hatte.

"...hat Ihre Katze das Katzenklo ja endlich angenommen. Das war ja schlimm in der ersten Zeit - jeden Morgen mußte ich Ihre Kabine nach Katzenkot absuchen. Erinnern Sie sich, wie sie einmal durch die Lüftung entkommen ist und der Gestank durchs ganze Schiff getragen wurde? Einen halben Tag habe ich gebraucht, bis alles wieder sauber war. Und damals, als..."

Ja, inzwischen hatte die Katze sich an Martengh als Herrchen gewöhnt. Der Caldonier hatte zu Anfang keinerlei Informationen gehabt, was eigentlich eine Katze ist, aber die Schiffsdatenbank hatte ihn schnell mit allem Nötigen versorgt. Und mittlerweile war er froh darüber, sie als Haustier zu haben.

Diese Katze war ein Wesen mit Charakter. Unbestechlich. Wenn sie jemanden mochte, war sie flauschig, kuschelig und anschmiegsam. Aber genausogut zeigte sie unübersehbar, wenn sie jemanden gar nicht leiden konnte. Fauchen, entblößte Reißzähne und gesträubtes Fell waren eindeutige Anzeichen. Zu Anfang sah Martengh öfter so aus, als ob er ein klingonisches Trainingsprogramm auf dem Holodeck absolviert hatte.

Während Charly Martenghs Kommode abstaubte, hatte er inzwischen offenbar das Thema gewechselt: "...hätte ich eben doch beinahe Monserats Lieblingsstatuette, die Caprice von Aravonlu fallen gelassen. Können Sie sich vorstellen, was der aus mir gemacht hätte? Wahrscheinlich wären mittlerweile einige Teile von mir in der Müllverwertung arbeiten, während sie die restlichen Teile verarbeiten.

Und damit muß doch gleich alles sauber sein, wo heute nachmittag ja die neue Besatzung eintrifft. Die Kabinen habe ich schon sauber, die Gänge ebenfalls. Sind Sie auch schon so gespannt auf die Neuen, Sir?"

Martengh schreckte auf. Heute nachmittag? Oh nein, nicht schon wieder!

Schweren Herzens machte er sich auf den Weg zur Brücke, wo Monserat sich laut Martenghs Anzeigen zufolge zur Zeit aufhielt.

--- Brücke, inzwischen

Der Captain hatte es sich mit Shanias Aufzeichnungen auf seinem Schoß in seinem Captainschair gemütlich gemacht, nachdem er sich die überspielten Daten im Computer zum wiederholten Male angesehen hatte. Er versuchte das Chaos zu durchblicken und auch hier eine gewisse Logik in den Sätzen und Zeichen zu erkennen. Doch das war alles andere als einfach.

"Müssen Wissenschaftler eigentlich immer so eine schreckliche Klaue haben, daß man so gut wie nichts lesen kann?", murrte Monserat und es hatte schon eine ganze Weile gedauert, bis er ein wenig Sinn in die Zeichen gebracht hatte. Trotzdem hatte er das Gefühl eines Bluthundes, der eine frische Spur gewittert hatte.

Aufregt nahm er einen Schluck seines "Captains Morning". Einer speziellen Teemischung mit Früchten, die er selbst zusammengestellt hatte und zischte ein leises "Merde" zwischen den Zähnen hervor, da die Temperatur viel zu heiß war. Wieder einmal hatte er vergessen seine Wünsche genau zu äußern.

Doch schon einen Augenblick später hatte er auf die Verbrennung auf seiner Zunge vergessen.

Das Jagdfieber ließ ihn nicht los und er verspürte ein leichtes, erwartungsvolles Zittern in den Händen, das ihm meist ankündigte, daß er eine Menge Latinum von einer Sache zu erwarten hatte und sein Reichtum sich bald erheblich vergrößern würde.

Was war diesmal der Preis für das Entschlüsseln des Rätsels?

Was war so wertvoll um dafür zu sterben...?

--- SB 185, Bar, Theke

Gelangweilt stand Shania bei der Theke und musterte das muntere Treiben in der Bar bei einem Glas Orangensaft. Irgendwie waren ihr solche Menschenansammlungen immer noch nicht vertraut. Sie war es gewöhnt alleine zu arbeiten und nur sich selbst Rechenschaft zu abzuliefern.

Dennoch zogen solche Menschenmassen sie immer wieder in ihren Bann und sie fragte sich nach den Einzelschicksalen der Menschen. Nach dem des Ferengis, der in Begleitung einer hübschen humanoiden Dame war oder der des Klingonen, der mit zwei anderen dunkle Geschäfte und Machenschaften bei Blutwein zu planen schien.

Die große Frau nahm einen Schluck von ihrem Saft und hatte ein ungutes Gefühl, Monserat mit dem Buch alleine gelassen zu haben. Wenn er sich in eine Sache verrannte, dann ließ er sich durch nichts davon abbringen. Diesmal würde es vielleicht ganz ähnlich sein und sie war schuld daran. Aber immerhin wäre sie ohne seine Rettung nicht mehr hier und ohne ihre Kooperation mit dem Cardassianern - die sie nie eingegangen wäre - wohl auch nicht mehr am Leben.

Kurz schweiften ihre Gedanken zu Enehy. Sie hoffte, daß es ihr auf der Venture gut gehen würde. Immerhin war sie dort nicht alleine und würde schnell eine neue Freundin finden. Einmal mehr hatte Shania festgestellt, daß Einzelgänger keine guten Freunde waren und es auch nicht sein wollten.

Nun hatte sie zwar keine Freundin mehr, aber sie fand es sehr entspannend sich mit niemand zu streiten und tun und lassen zu können was immer sie wollte ohne Rechenschaft darüber abzulegen.

Für einen Moment kreisten ihre Gedanken um Namono, dann schüttelte sie sie ab und überlegte sich was sie hier auf SB185 noch erledigen wollte. Ihre eigentliche Arbeit, den Barkeeper auf die freien Stellen an Bord der Ivory aufmerksam zu machen hatte sie schon vor Stunden erledigt.

Jetzt hieß es darauf warten, wie lange es dauern würde, bis die Mannschaft komplett war und die Ivory wieder auslaufen würden.

Shania hatte das dumpfe Gefühl bereits zu wissen, wohin die Reise führen würde..

--- Gang zur Andockschleuse

Zielstrebig schritt Natty den langen Gang hinab. Ihre Erwartungen waren bei weitem übertroffen worden. Nach ihren letzten erfolglosen Bewerbungen hatte sie schon beinahe die Hoffnung verloren, überhaupt jemals eine Arbeit zu finden.

Zugegeben, ihre bisherigen Bewerbungen auf diversen Starfleetschiffen waren sowieso recht halbherzig gewesen. Nach der eher frustrierenden Ausbildung auf der Akademie hatte sie die Lust verloren, diesen Weg weiter zu verfolgen. Die teils unpersönliche Atmosphäre durch die große Crew und auch ihr persönliches Gefühl, der Willkür einiger höherer Offiziere ausgeliefert zu sein, hatten ihr nicht gefallen.

So war Natty im letzten Jahr viel herumgereist auf der Suche nach einem Job, der ihren Fähigkeiten und Kenntnissen entsprach, doch bislang erfolglos.

Diverse Angebote hatte sie natürlich erhalten, aber es war nichts darunter gewesen, daß ihr zugesagt hätte. Lächelnd dachte sie an einen recht seltsamen Ferengi, der ihr jeden denkbaren Job versprochen hatte unter der Bedingung, daß er sie zur Frau nehmen könnte. Ihre Antwort war recht schlagfertig gewesen - im wahrsten Sinne des Wortes.

Doch diesmal schien ihr das Schicksal gutgesonnen zu sein. Als sie vor ein paar Tagen auf der Starbase angekommen war, hatte sie sich wieder ein wenig umgehört. Nein, auf der Starbase selbst war keine Verwendung für sie. Doch dann hörte sie zufällig einige Leute unter vorgehaltener Hand erzählen, daß anscheinend die kürzlich angelegte Ivory unter dem Kommando eines gewissen Monserats noch Leute sucht. Ein Barmann soll dies in Umlauf gebracht haben.

Sogleich hatte Natty die Bar aufgesucht und sich mit dem Mann darüber unterhalten. Als er die Gerüchte bestätigte, machte sie sich sofort auf den Weg. Beim Hinausgehen sah sie noch, wie der Barmann auf eine junge Frau deutete, die in der Nähe saß, und noch etwas sagte, aber sie hörte ihn schon nicht mehr. Sie warf nur noch einen kurzen und irritierten Blick auf die blonde Frau und war dann auch schon durch die Tür.

Natty wußte selbst nicht, warum sie es eigentlich plötzlich so eilig gehabt hatte. Vielleicht hatten die Mißerfolge in letzter Zeit sie einfach nur frustriert und sie wollte sich diesmal auf keinen Fall eine gute Chance entgehen lassen.

Möglicherweise hatte ihr der Barmann noch sagen wollen, daß sich auch diese Frau für denselben Job interessierte. Oder hatte sie selbst noch weitere Informationen? Hatte ihr das der Barmann sagen wollen?

--- Promenadendeck

Kuno stand an einem Scheideweg, zum wiederholtem Male in seinem Leben und diesmal war es sogar wörtlich zu nehmen! Wie ein Felsen in einem Fluß, stand er nun inmitten des Stromes aus Leibern, die gleich einer Wasserwelle um ihn herum glitten, ihn manchmal anrempelten und sich vor ihm wieder vereinigten.

Geradeaus befand sich der Weg zur Stationssicherheit. Kuno hatte die Möglichkeit dort ein relativ sicheres Leben zu führen, zumindest was die finanzielle Seite betraf und in seinem Alter sollte man langsam anfangen sich über die weitere Zukunft Gedanken zu machen.

Links von ihm befand sich ein fast leerer Gang, welcher zu den Andockstellen der Station führte. Hier fand er zwar mit Sicherheit keine geborgene und ruhige Zukunft, aber die Möglichkeit wieder auf einem Schiff zu dienen und die Möglichkeit eventuell doch noch die ersehnten Reichtümer und Abenteuer zu finden, von welchen er immer noch träumte.

Beide Möglichkeiten hatten etwas verlockendes, jede auf seine Art. Von dem personellen Engpaß bei der Stationssicherheit hatte Kuno, genau wie von einer ähnlichen Situation auf der "Ivory" bei dem zwielichtigem Barmann erfahren, welcher sich sehr interessiert an den letzten Ersparnissen von Kuno gezeigt hatte.

Erstaunlich war nur, daß dieser Barmann ihn zunächst unbedingt zur Stationssicherheit vermitteln wollte. Jedenfalls solange wie Kuno den abgehalfterten Glücksjäger spielte, der von der Arbeit eines Sicherheitsmannes wenig, oder besser gesagt keine Ahnung zu haben schien. Erst im Verlauf des weiteren Abends, in dem Kuno mit einem in der Bar anwesendem Sicherheitsmann über seine bisherigen Erfahrungen und seine Ausbildung sprach, welche vom Barmann mit Interesse verfolgt wurde, erwähnte dieses zwielichtige getränkeausschenkende Subjekt eine für Kuno ebenso verlockende weitere Möglichkeit: Die "Ivory"

Warum nur, fragte sich Kuno im weiterem Verlauf der Nacht und etlichen Freigetränken, lobte der Bartender dieses Schiff nur so in den höchsten Tönen?

Wollte dieser Ferengi keinen weiteren erfahrenen Sicherheitsmann auf der Station haben?

Im weiterem Verlauf dieser recht feuchten Nacht, eröffnete der Barmann immer verlockendere Möglichkeiten dieses Schiffes, dort würde ein Techniker gesucht, wollte er wissen und diese Arbeit sei doch lange nicht so gefährlich wie die eines Sicherheitsmannes auf dieser Station am "Rande der Zivilisation", wie sich der Barmann ausdrückte.

Nun, einige Stunden später und leicht verkatert, stand Kuno also hier inmitten der Leiber, welche immer noch, teils mit unfreundlichen Worten oder Gesten, um ihn herumströmten, und mußte eine Entscheidung fällen.

Sicherheit (in zweierlei Hinsicht), oder Abenteuer. Vor einigen Jahren wäre dies keine Frage gewesen. Nicht zuletzt aufgrund des unbezahlten Zimmers der letzten, ziemlich kurzen Nacht und der weiteren offenstehenden Rechnung für die Dienste eines Dago Mädchens, entschloß Kuno sich die Station schnellstmöglich zu verlassen. Sein Weg führte nach links!

Der Barmann würde mit Freuden die offenen Rechnungen bezahlen, dessen war Kuno sich sicher, ansonsten, daran hatte er mit Andeutungen nicht gespart, würde Kuno zur Sicherheit gehen, um eine Anstellung und einen Vorschuß bitten und diese Bar mal genauer im Auge behalten.

Kuno grinste breit bei diesem Gedanken, während er die Schritte beschleunigte und dem Andockring der "Ivory" entgegeneilte. Einen Ferengi auf diese Art zu erpressen und ihn offene Rechnungen bezahlen zu lassen, daß mußte ihm nur mal jemand nachmachen!

--- Weg zur Andockschleuse

Nathalie verwarf die lästigen Gedanken, als sie sich der Andockstelle der Ivory näherte. Die Schleuse war geschlossen. Doch sie sah jemanden davor stehen. War das ein Crewmitglied der Ivory? Oder - noch schlimmer - wollte der Mann sich etwa auch für einen Job bewerben?

Natty beschleunigte ihre Schritte. Sie mußte diesem Kerl unbedingt zuvorkommen.

--- Andockschleuse

Endlich stand Kuno vor der verschlossenen Luftschleuse und betätigte die Gegensprechanlage, nun würde es kein Zurück mehr geben, einen einmal gefaßten Entschluß hatte Kuno Isweda fast nie wieder rückgängig gemacht, auch wenn es manchmal besser für ihn gewesen währe!

Jemand war Kuno den Gang zur Schleuse hinunter gefolgt. Insgeheim hatte er gehofft, daß es nicht dieser Ferengi aus der Bar war oder jemand der von ihm beauftragt worden war.

Zwar war Kuno sicher, daß die "Vereinbarung" mit diesem Barmann hielt, aber ganz sicher konnte man bei einem Ferengi nie sein.

Verdammt, auch bei dieser Abzweigung, eigentlich einer Sackgasse die zur Schleuse führte, hatte er immer noch das Gefühl, daß sich jemand schnell näherte, hoffentlich würde er schnell eingelassen werden, auf einen Kontakt mit einer Person vor diesem Schiff hatte er keine Lust!

Kuno hatte Pech, just in dem Moment, als er die Kontrolltafel der Schleuse bediente und um Einlaß bat, wurde er eingeholt.

Pech?

Nein, bei diesem Anblick konnte es sich nicht um Pech handeln, selbst wenn Kuno von dieser bezaubernden Person nun verhaftet und für den Rest seines eh' schon ziemlich verkrachten Lebens in einer Zelle vor sich hin schimmeln würde. Dieser Anblick war wirklich überraschend. Braune Augen, passend zum Haar und erst diese Haut, nein, das war keine künstliche Bräune, diese war völlig natürlich und nur durch regelmäßigen Aufenthalt an der Sonne zu erklären!

--- Ivory, Brücke

Als Martengh die Brücke betreten hatte, sah er mit einem Blick, daß sein Schleusenüberwachungsprogramm potentiellen Eindringlingsalarm gemeldet hatte, als auch, daß diese Eindringlinge ganz offiziell an der Tür geklingelt hatten.

Resignierend ließ er sich in seinen Kontrollsessel fallen und schaute anklagend Monserat an, ehe er die Kommunikation aktivierte. Ein Monitor leuchtete auf und zeigte zwei Menschen, offenbar einen Mann und eine Frau.

"Sicherheitschef No'Orba hier. Womit kann ich Ihnen helfen?", erklang seine Stimme vor der Schleuse.

Gleichzeitig befahl er Charly auch dort hin, um die Neuankömmlinge abzuholen. Mit Grausen dachte er an die letzte Reise zurück - er hatte aufgrund einer Laune des Putzroboters buchstäblich jedes einzelne Besatzungsmitglied persönlich von der Schleuse abholen dürfen.

Aber diese Zeiten waren vorbei! Und wenn es sich hier nur um Vertreter handelte, die Monserat nicht zu sehen wünschte, würde er den Roboter einfach wieder auf halbem Wege zurückpfeifen.

Insgeheim hoffte der Sicherheitschef, daß es wirklich um zwei Versicherungsvertreter handelte...

--- SB 185, vor der Schleuse der Ivory

Kuno wendete sich wieder dem Display zu und antwortete der Stimme: "Kuno Isweda, ich habe gehört, Sie suchen noch ein paar Besatzungsmitglieder. Ich habe eine Ausbildung als Techniker und auch Erfahrung in der Sicherheit sammeln können. Ich würde gern mit dem Captain, oder seinem Stellvertreter sprechen!"

Er wandte sich wieder der Frau zu. Wenn sie von der Stationssicherheit, oder dem Ferengi kommen sollte, dann würde sie nun, da Kuno deutlich seine Absicht hinausposaunt hat, die Station zu verlassen, Handeln.

Natty musterte den Mann, der vor dem Monitor stand. Er war ihr tatsächlich zuvorgekommen. Dabei hatte sie sich so beeilt und war den Gang beinahe schon hinab gerannt, als sie ihn dort von weitem gesehen hatte.

Sie konnte ihren Ärger kaum unterdrücken und rote Zornesflecken zeigten sich auf ihrem Gesicht. Das war doch ihre Chance, endlich nach langer Zeit mal einen angemessenen Job zu bekommen. Nein, dieser unverschämte Kerl würde ihn ihr sicher nicht fortschnappen.

Als er gerade seine Bitte ausgesprochen hatte und sich zu ihr umdrehte, wand sie sich wortlos und ohne ihn eines Blickes zu würdigen an ihm vorbei und stellte sich vor den Monitor. Der Kanal war geöffnet und bevor noch der andere Gesprächsteilnehmer antworten konnte, formulierte sie schnell und übereifrig auch ihre Anfrage.

"Hier spricht Nathalie Connor! Auch ich möchte mich auf Ihrem Schiff für einen Posten bewerben! Ich habe eine fundierte Ausbildung bei der Sternenflotte abgeschlossen und mir in der letzten Zeit viele andere Kenntnisse angeeignet. Ich bin bereit, jeden erdenklichen Job anzunehmen, doch am Besten wäre ich wohl in der Sicherheitsabteilung aufgehoben - falls Sie dort noch einen Posten frei haben."

Naja, ein wenig übertrieben war Nattys Beschreibung ihrer Kenntnisse schon. Fundierte Ausbildung? - Ja, die war im Angebot der Sternenflotte durchaus enthalten gewesen, aber ihre Ausbildung hatte sie ja nicht gerade mit Bestnoten abgeschlossen. Und die danach angeeigneten Kenntnisse beschränkten sich nur auf wenige Dinge, die sie auf ihren Reisen gesehen oder gelernt hatte. Und diese Dinge zählten weniger zu den nötigen Kenntnissen für einen Job auf einem Schiff als eher zur Allgemeinbildung.

Mit einem kleinen triumphierenden Blick schaute sie den Mann an, der nun hinter ihr stand. Er schien ein wenig irritiert zu sein über ihr Verhalten. Aber nun wußte er auch, was sie wollte und sie hoffte, er würde ihr bei dem Job nicht in die Quere kommen.

Sie wandte sich wieder dem Display zu und wartete auf die Antwort.

--- Ivory, Brücke

Martengh seufzte. Er hatte es befürchtet. Keine Ruhe, kein Frieden. Statt dessen wieder Unsicherheit und Mißtrauen. Und wieder hatte er den Eindruck, daß Shania dahintersteckte. Wollte sie ihn auf diese Weise fertigmachen? Warten, bis er in seiner Aufmerksamkeit nachließ und dann das Startsignal für seinen Bruder geben, auf das er wahrscheinlich nur wartete?

Nun, man würde ja sehen, wer den längeren Atem besaß.

Eine Textmitteilung auf einem anderen Display besagte, daß Charly die Schleuse erreicht hatte und um die Öffnung derselben bat. Bevor er allerdings den Freischaltcode eingab, antwortete er dem Menschen:

"Man wird Sie zum Captain geleiten. Bitte folgen Sie dem Roboter und unternehmen Sie keine feindseligen Handlungen. In Ihrem eigenen Interesse..."

Dann öffnete sich die Schleuse und gab den Weg ins Schiffsinnere frei.

--- SB 185, Bar, Bühne, inzwischen

KWinh verbeugte sich ein letztes Mal vor dem applaudierenden Publikum. Er hatte in dieser Show noch einmal sein Bestes gegeben. Schließlich sollte es sein letzter Auftritt als Zauberer für den Wanderzirkus Kremm sein, mit dem er die letzten zwei Jahre durch die näheren Systeme gezogen war. Seine Nummer war die Schlußnummer und beendete sie gesamte Vorstellung.

Erinnerungen schossen ihm durch den Kopf, jetzt wo ein neuer Abschnitt seines Lebens beginnen sollte. Zuerst seine Kindheit und seine Ausbildung auf Grilmak, das Lernen und Studieren im Höchsten Haus und das folgende Amt als fahrender Gesetzesmann. Danach der Krieg, der sein Volk fast komplett vernichtete und die Romulaner triumphieren ließ. Danach war alles eine Flucht und Suche nach der ursprünglichen Heimat seiner Rasse, von denen außer ihm vielleicht nur noch eine Handvoll lebten.

Die Arbeit im Zirkus hatte KWinh zu vielen Welten geführt, auf denen er nach Spuren seines Volkes suchen konnte. Aber es war nun Zeit, das zu ändern und weiter hinaus in weniger besuchte Systeme zu gehen. Die Tatsache, daß er eine technische Ausbildung hatte und diese durch seine Zaubertricks und nicht zuletzt die Wartung des alten terranischen Frachters noch verfeinerte, sollte es eigentlich möglich machen, auf diesem Schiff anzuheuern, daß der Barmann ihm genannt hatte.

Während seines Auftritts hatte er das Zeichen des Barmanns gesehen, der auf die Blondine an der Theke auf der anderen Seite der Bar, gedeutet hatte. Das mußte die Kontaktperson der Ivory sein. Er glaubte sogar ein schadenfrohes Lächeln bei ihr erkannt zu haben, als er den betrunkenen Klingonen vor den Augen seiner Kumpane verschwinden ließ.

Er beeilte sich, als er von der Bühne ging, um in dem ihm zur Verfügung gestellten Raum seine Verkleidung abzulegen. Er würde zum letzten Mal der Bajoraner Worn gewesen sein, hoffte er zumindest. KWinh legte seine normale Kleidung an, die schwarze Robe darüber. Er zog die Kapuze hoch, nahm seinen Stab und begab sich auf den Rückweg um die Blondine aufzusuchen.

--- Bar, Eingang

Einen Augenblick blieb Ysara im Eingang der Bar stehen, um sich umzusehen. Seit sie das letzte Mal vorbeischaute, hatte sich nicht viel geändert. Die drei Klingonen stritten noch immer feurig an einem Ecktisch, und eine Sekunde lang war sie versucht, sich zu ihnen zu begeben und gegen ein gewisses Entgeld ihre Hilfe anzubieten. Nur die Erinnerung an ihr letztes Zusammentreffen mit dieser Spezies hielt sie davon ab.

Unruhig trat sie ein und schlenderte zur Bar hinüber. Das Ferengi stand noch immer dort - wurde eigentlich jede Bar von einem Ferengi geführt - und trottete bereits eilfertig näher.

--- Bar, Theke

"Einen Orangensaft." wies sie ihn an. Er - es - verbeugte sich tief und verschwand wieder, um eine hübsche, aber auffällig große Humanoide am anderen Ende der Theke zu bedienen.

Erneut sah Ysara sich um. Ein Bajoraner hatte ihr Arbeit als Hilfskraft seines Schiffes angeboten. Dummerweise handelte es sich um ein Mitglied der Föderation und um seinen Privatfrachter, worauf sie gerne verzichtete.

Sie runzelte die Stirn. Ihre Credits gingen zur Neige, und so langsam sollte sie sich einen Job besorgen, der länger als zwei Tage dauerte.

"Na, so schlecht gelaunt?"

Überrascht drehte sie sich um. Es war der Barmann, mit ihrem Orangensaft und einem breiten Grinsen.

"Tatsächlich", erwiderte sie trocken, "liegst du da gar nicht falsch. Es scheint auf der gesamten Station keinen freien Job zu geben."

"Es ist gerade einer in der Sicherheit frei geworden. Kennen Sie sich in der Sicherheit aus?" Das Grinsen des Ferengi wuchs noch und entblößte eine Reihe überraschend weißer Zähne.

"Nein, leider nicht."

"Hervorragend!"

Sie warf ihm einen schrägen Blick zu, der ihm bereits vorweg sagen sollte, was sie von seinem Vorschlag hielt. "Sonst noch Ideen?"

Er lehnte sich vergnügt auf die Theke. "Nun, gegen eine gewisse Bezahlung läßt sich da sicherlich etwas machen."

"Vergiß es. Ich werde jemand anderen fragen. Vielleicht die Frau dort drüben." Sie wies mit einem Finger auf die großgewachsene Dame, die ihr vorhin bereits aufgefallen war.

Das Ferengi wirkte enttäuscht. "Schade", murmelte es und watschelte davon.

Erstaunt, ein leichtes Grinsen im Gesicht, sah sie ihm nach, dann nahm sie die Frau noch einmal in Augenschein. Der Reaktion des Barmanns zufolge, könnte ein Versuch sich vielleicht tatsächlich als lohnend herausstellen.

Gemütlich machte sie sich auf den Weg hinüber, das Glas in der Hand, und blieb neben der Frau stehen. Die bemerkte sie und warf ihr einen fragenden Blick zu.

"Hallo. Mein Name ist Ysara Jefferson. Irgend etwas sagt mir, daß Sie wissen, wo ich Arbeit finden kann."

Shania musterte für einen Moment die dunkle Frau mit den langen Rastazöpfen, dann verzog sich ihr Mund zu einem breiten Lächeln. "Dieses 'Irgend etwas' sollten Sie sich vielleicht patentieren lassen, ich weiß tatsächlich wo dringend eine Crew gesucht wird." Dann deutete sie auf den freien Platz neben sich an der Theke.

Während sich die dunkelhäutige Schönheit auf dem Stuhl niederließ, sprach die Amerikanerin weiter: "Mein Name ist übrigens Shania Twillan. Ich bin Gast auf dem Frachter Ivory, der vor kurzem hier angelegt hat. Eigentlich eher Mädchen für alles, aber Gast hat einen einfach besseren Klang."

Bevor sie weitersprach nahm sie einen großen Schluck Orangensaft und dachte für einen Moment an den bajoranischen Zauberer, der hier vorhin aufgetreten war. Er hatte sie auf andere Gedanken gebracht. Nun war es schwer sich darauf zu besinnen, daß die Ivory bald wieder auslaufen würde und sie wieder eine weitere Reise mitmachte ohne zu wissen, wann sie ihren persönlichen Hafen anlief.

"Tut mir leid, ich war in Gedanken versunken", entschuldigte sie sich hastig bei Ysara und bekam leicht gerötete Wangen. "Eine meiner Unarten ist, daß meine Gedankensprünge mich ziemlich schnell vom eigentlichen Thema ablenken, aber nun zu Ihnen: Ich weiß zwar nicht was Ihren Arbeitsbereich betrifft, aber Captain Monserat sucht immer eine komplette Mannschaft und wie mir scheint... stellt er keine unmöglichen Ansprüche." Shania dachte an die letzten Crews und sie fragte sich wieso die Ivory noch immer heil war.

--- Bar, Nebeneingang, inzwischen

KWinh erkannte die Blondine sofort wieder, als er die Bar wieder betreten hatte. Diesmal durch einen Nebeneingang um nicht bemerkt zu werden. Ohne zu zögern, ging er zu ihr und setzte sich neben sie.

--- Bar, Theke

"Haben die Damen noch irgendwelche Wünsche?", fragte der eifrige Ferengi plötzlich hinter Shania und Ysara. Die große Frau erschrak und bedachte ihn eines Blickes, der ihn zusammenfahren ließ, dann bestellte sie sich ein Glas angulanischen Sabanektars und erwartete, daß der Ferengi zu der Frau neben ihr ging, doch er bediente lieber den Mann, der sich inzwischen neben sie gesetzt haben mußte und nahm seine Bestellung eines vulkanischen Kräutertees entgegen.

Daraufhin entstand ein Disput zwischen der Dunkelhäutigen und den Großohrigen. Shania hatte den Eindruck, als würden sich die beiden besser kennen.

Der Grilmak sagte zu Shania, ohne sie zu auffällig anzusehen: "Guten Tag, ich habe gehört, Sie kämen von einem Schiff namens Ivory und Sie suchten nach Besatzungsmitgliedern. Entspricht das den Tatsachen?"

Fast erschrocken wirbelte Shania herum und warf dabei mit dem Ellbogen ihr Glas um in dem sich noch etwas Orangensaft befand. Sofort schoß ihr wieder die Röte ins Gesicht und sie haßte sich augenblicklich dafür, doch der sonderbare Mann an ihrer Seite, lenkte wieder ihr Augenmerk auf andere Dinge.

Der Mann, der sie eben angesprochen hatte, sah aus wie ein finsterer Magier einer Phantasiewelt. Ein dunkler Zeitgenosse, der schwarzen Magie zugewandt. Des Nachts tanzend in einem unheimlichen Zeremoniell, daß dem Teufel Huldigung bieten sollte und die satanische Kraft herausbeschwören sollte, während eine Jungfrau darauf wartete geopfert zu werden...

Baff starrte Shania den Mann an, dessen Gesicht nichts weiter, als ein fast unsichtiger Schemen unter dem großen Schatten seiner Kapuze war. Der Stock in seiner Hand verstärkte diesen Eindruck zusätzlich. Sie konnte den Blick ihrer großen erstaunten Augen nicht von seiner seltsamen Erscheinung abwenden.

"Ja....", hauchte die Amerikanerin fast tonlos.

"Nun, dann wäre ich daran interessiert, anzuheuern." KWinh schaute kurz zur Seite, wo die Nachbarin Shanias immer noch mit dem Ferengi stritt. "Ich bin Techniker und auf der Suche nach einem Schiff, das mich möglichst weit von hier wegbringt. Sie konnten ein paar Kostproben meines Könnens vorhin sehen. Ich war für die Tricks des bajoranischen Zauberers zuständig."

Der Grilmak war noch nicht bereit, seine wahre Identität aufs Geratewohl zu verraten. 'Das werde ich preisgeben, wenn ich mir einigermaßen sicher sein kann, woran ich mit dieser Frau und einer neuen Umgebung bin.'

"Wir können uns aber gerne zu einem anderen Zeitpunkt unterhalten, wenn ich Sie und Ihre Begleiterin stören sollte. Des weiteren würde ich Ihnen gerne das Getränk ersetzen, das Sie meinetwegen verschüttet haben", meinte er laut.

Ysara hatte am Rande wahrgenommen, daß sich das Gespräch um sie drehte. Entschieden wandte sie dem Ferengi, das noch immer auf einem Preis für den Saft beharrte, der nicht auf der Preisliste stand, den Rücken zu.

"Mich stören Sie nicht", erwiderte sie und warf dem Neuankömmling, ihrem Lexika zufolge wohl ein Grilmak, einen amüsierten Blick zu.

Das Gesicht unter einer tiefen Kapuze versteckt, hatte er Miss Twillan bei seinen ersten Worten nicht einmal angesehen.

'Vielleicht eine Manie oder dergleichen', spekulierte sie wage und konnte ein Grinsen nicht unterdrücken.

"Ich möchte eigentlich nur noch wissen, wo ich jenen Captain Monserat antreffen kann." Kurz überlegte sie, ob sie sich noch weiter nach der Ivory erkundigen sollte, entschied sich dann aber dagegen. Da der Frachter ganz offensichtlich nicht der Sternenflotte angehörte, würde sie so oder so anheuern.

"Jetzt hören Sie mir gut zu!"

Sie wandte sich wieder um und sah hinab. Das Ferengi stand immer noch vor ihr. "Ja, das werde ich tun", seufzte sie entnervt. "Dann entscheide ich mich vielleicht dagegen, die Sicherheit zu rufen."

Der Barmann zögerte, warf einen vorsichtigen Blick zur Seite, als erwarte er den Sicherheitschef persönlich. Ysara nutzte den Zeitpunkt und wandte sich wieder Miss Twillan und dem Neuankömmling zu. "Also?"

Irritiert wandte sich Shania wieder Ysara zu, auf die sie peinlicherweise beim Auftauchen des "Magiers" vergessen hatte. Heute war echt kein guter Tag. Sie hätte nach der Bekanntgabe der Mannschaftssuche lieber wieder ihr Quartier aufsuchen sollen um eine Runde zu schlafen, anstatt sich hier zum Affen zu machen.

Doch nun war es schon zu spät und sie mußte das Beste daraus machen. Das Schlimmste daran war, daß sie einen denkbar schlechten Eindruck auf zwei Leute machte, die wohl in nächster Zeit um sie sein würden...

"Es tut mir leid, Miss Jefferson. Ich wollte Sie nicht übergehen. Captain Monserat finden Sie an Bord der Ivory. Ein bajoranischer Frachter, der an Andockschleuse 5 liegt. - Aber warten Sie mal einen Moment. Vielleicht könnten Sie gleich zusammen mit diesem Herrn zur Ivory gehen." Die Amerikanerin hoffte, daß man ihr nicht ansah, daß sie sich etwas unbehaglich in der Gesellschaft dieses seltsamen Mannes fühlte, als sie sich wieder ihm zuwandte.

"Danke für Ihr Angebot, aber meine Drinks kann ich noch allein zahlen. Die Tricks haben mir sehr gut gefallen und wenn Sie Techniker sind, dann werden Sie wohl den Posten mit ziemlicher Sicherheit auch bekommen. Gute Techniker sind schwer zu finden.

Miss Jefferson hier zu meiner Linken sucht auch eine Arbeit an Bord der Ivory und wird beim Captain vorsprechen. Gehen Sie doch gleich mit ihr zusammen, dann können Sie sich schon mal gegenseitig bekannt machen. Wie ich den Captain kenne, nimmt er sie wohl ohnehin beide."

Insgeheim hoffte die große Frau, daß sie bald wieder alleine in der Bar saß und sich nicht mit einem Schatten unterhielt, der kein Gesicht hatte.

KWinh bemerkte die Verwirrung der Blondine und führte sie auf sein Aussehen zurück. 'Naja besser so, als daß ich mich in einer Maske vorstelle und sie später jemand ganz anderes sieht. Aber das wird sich ändern, falls wir auf einem Schiff sein sollten.'

Mit einer kurzen, schnellen Bewegung ließ er in seiner Hand eine duftende, weiße Rose erscheinen. "Ich wollte Sie auf keinen Fall beleidigen mit meinem Angebot. Nehmen Sie bitte diese Blume als Zeichen meiner Entschuldigung und meines Dankes an." Überrascht nahm Shania die Rose an. "Mein Name ist übrigens KWinh."

Mit einer angedeuteten Verbeugung in Richtung der Amerikanerin ging KWinh nun zu Ysara hinüber und stellte sich ihr vor: "Guten Tag, mein Name ist KWinh. Wie mir Ihre Nachbarin mitteilte, möchten Sie genauso wie ich an Bord der Ivory anheuern. Falls es Ihnen nichts ausmacht, würde ich Sie gerne dorthin begleiten."

"KWinh? Nichts weiter? Na gut, dann gehen wir am Besten gleich."

Ysara sah den Grilmak forschend an; die Kapuze verbarg einen Großteil seines Gesichts. Seine Augen schienen irgendwie zu leuchten. Noch dazu war er sehr groß, überragte sie um fast einen Kopf. Sie verstand die Reaktion von Miss Twillan, obwohl diese auch sehr groß war und sie selbst eigentlich nicht dazu neigte, sich durch Spezialeffekte beeindrucken zu lassen.

Sie verabschiedete sich von Miss Twillan und äußerte ihre Hoffnung, sie an Bord wieder zu sehen. Viel interessanter fand sie jedoch den Grilmak. Sie hatte noch nie einen gesehen, tatsächlich nicht gewußt, daß es noch welche gab. Beinahe hoffte sie, ihn wegen irgend etwas behandeln zu dürfen. Fremde Spezies entwickelten oftmals eigenartige Krankheiten. Wie immer leicht grinsend erinnerte sie sich an ihre erste und einzige Begegnung mit einem Q.

--- Ivory, Deck 4, Gänge

Über die Schulter dieser hübschen, aber ziemlich auf ihren eigenen Vorteil bedachten Frau hinweg, konnte Kuno kurz einen etwas veralteten Roboter sehen, der ihnen recht Wortreich nochmals nahelegte sich an die Anweisungen von Martengh No'Orba zu halten, bevor dieses leicht zerbeulte Etwas, was vor einigen Jahren sicher mal stand der Dinge war, sich in Bewegung setzte.

Kuno folgte also der Frau und dem Roboter und hatte nun die Gelegenheit sie sich zumindest von hinten etwas näher anzusehen.

Diese zierliche und aufgrund ihrer Jugend sicher nicht sehr erfahrene Frau wollte zur Sicherheit dieses Schiffes? Wenn sie genommen würde, was Kuno bezweifelte - denn kein Captain konnte so in personellen Nöten sein, daß er jemanden wie sie für diesen Posten einstellte - dann brauchte Kuno sich auch keine Sorgen um eine Anstellung auf diesem Schiff zu machen. Dann würden sie ihn auch nehmen, ohne daß er einen genauen Nachweis über bisherige Stellen bringen mußte.

Dies kam ihm sehr gelegen, denn einen Nachweis über einige Jahre würde ihm schwerfallen. Immerhin gab es das eine oder andere Schiff auf dem er gedient hatte, das besser nicht erwähnt würde. Freibeuterschiffe wäre sicher nicht die richtige Bezeichnung, aber total falsch wäre sie sicher auch nicht.

Kuno wendete jetzt, da sie schon weit im Inneren des Schiffes waren, die Aufmerksamkeit auf die seltsam hohen Gänge, welche er in einem Bajoranischem Frachter eigentlich nicht erwartet hätte. Diese Gänge waren eindeutig nicht von Anfang an so hoch gewesen, denn er kannte den Typ dieses Schiffes recht gut. Entweder hier litt jemand an einer seltenen Form der Klaustrophobie, oder der Besitzer mußte ein wahrer Riese sein.

Nach kurzer Fahrt mit dem Turbolift, während der der Roboter sie ständig an die Mahnung von Martengh erinnerte hatte, öffneten sich seine Türen und die beiden traten auf die Brücke der Ivory.

--- Brücke der Ivory

Wieder kam Kuno diese Frau zuvor, indem sie das Wort ergriff und den Anwesenden, anscheinend den Captain des Frachters, denn er saß auf dem Captainsstuhl, ansprach.

"Mein... Name ist Nathalie Connor", begann sie leicht stotternd.

Von Nattys anfänglichem Übereifer und ihrer Selbstsicherheit war nun nicht mehr allzu viel übrig geblieben, als sie und dieser Mann die Brücke erreicht hatten. Sie fühlte sich nun eher etwas eingeschüchtert und sie hatte ein komisches Gefühl in der Magengrube.

Und dieser Captain, er musterte sie beide so durchdringlich mit Argusaugen, daß sie im ersten Moment erschrocken ihren Blick auf ihre Füße senken mußte, die nervös über den sauberen Boden scharrten. Sie wußte selbst nicht, was sie eigentlich erwartet hatte - sicherlich keinen herzlichen Empfang mit rotem Teppich. Aber die Umstände waren bisher nicht gerade ansprechend gewesen. Erst dieser hoch gebaute Gang, in dem sie sich ganz klein vorkam, und dann dieser argwöhnisch schauende Captain.

Er zog auch schon eine Augenbraue hoch und sie wünschte sich, sie hätte ihrem Konkurrenten doch lieber den Vortritt gelassen. Vielleicht hätte er dann das Schlimmste abbekommen, sozusagen als ihr persönliches Schutzschild. Auch wenn sie ihm das nicht unbedingt wünschte - er schien zumindest so galant zu sein, ihr undamenhaftes Vordrängeln stillschweigend hinzunehmen.

Ach, warum mußte sie sich auch immer so daneben benehmen? Nathalie hatte zwar vom Temperament ihrer Mutter nicht allzu viel abbekommen - nur ein bißchen - , doch manchmal benahm sie sich recht unwirsch, wenn es um bestimmte Dinge ging. Wenn sie zum Beispiel etwas haben wollte.

Und sie wollte diesen Job. Unbedingt. Andererseits wußte sie aber auch nicht, wie viele neue Posten vergeben werden sollen. Sollten mehrere angeboten werden (sie ärgerte sich nun, daß sie dem Barmann nicht länger zugehört hatte), so wünschte sie sich schon, daß dieser vermeintliche Gentleman ebenfalls auf der Ivory anfing - solange er nur nicht den Job wollte, auf den sie spekulierte. Sollte sich dieser Captain tatsächlich als so schrecklich herausstellen wie er im ersten Moment auf sie wirkte, so wäre sie doch sehr froh, wenigstens einen netten Mann hier an Bord vorzufinden.

Doch erst einmal mußte Natty ja selbst einen Job bekommen. Sie sammelte sich, sog scharf die Luft ein, hob energisch den Kopf und sah dem Captain direkt und fast schon trotzig in die Augen.

"Wie ich hörte, suchen Sie neue Crewmitglieder. Ich bin hier, um mich für einen Posten zu bewerben!", sagte sie mit fester Stimme und war erstaunt, daß ihre Stimme tatsächlich ihrem Willen gehorchte.

"Was können Sie denn?", brummte der Captain zurück.

"Ich absolvierte die Ausbildung an der Starfleet-Academy. Wobei ich mich auf die Sicherheit spezialisierte", antwortete Natty und sah ihn erwartungsvoll an.

--- SB 185, Weg zur Andockschleuse

Aufgrund des schnellen Aufbruchs kam KWinh erst jetzt, als er neben Ysara her in Richtung der Ivory ging zu einer Antwort auf ihre Frage. "Ja, mein Name ist einfach KWinh. Zusätze sind bei uns nicht üblich. Ich will als Techniker anheuern und die Aussage dieser Miss... hmm, sie hat sich gar nicht vorgestellt... hat mich in meinem Vorhaben bestärkt. Sie wurden mir als "Miss Jefferson" vorgestellt, gehört denn bei Ihnen noch ein Vorname dazu?"

Der Grilmak bedauerte kurz, daß man sein verschmitztes Lächeln unter seiner Kapuze wohl nicht erkennen konnte. Das würde sich, wenn er die Stelle erhielt, erledigen. Dann würde es nicht mehr nötig sein, sie immer hochzuziehen. Erwartungsvoll blickte er die Afroamerikanerin an, die sich jedoch mit einer Antwort etwas schwer zu tun schien.

Einen Augenblick lang antwortete Ysara nicht. Ihre Augen suchten bereits die Ivory, obwohl sie diese nicht erkennen würde. Dann drangen die Worte ihres Begleiters zu ihr vor.

"Aber natürlich. Ich heiße Ysara." Sie deutete ein Nicken an. "Verraten Sie mir, welcher Posten Sie interessiert", sprach sie weiter. Es war keine Frage. "Ich selbst bin Psychologin. Nur hoffe ich, daß auf einem Schiff wie der Ivory auch ein Psychologe gebraucht wird. So, wie ich sie einschätze, wahrscheinlich nicht."

'Oder eben gerade deshalb', fügte sie in Gedanken hinzu. 'Wahrscheinlich ein Haufen amoklaufender Psychotiker. Hoffentlich keine Paranoia! Nicht schon wieder!'

Sie mochte mehr Theoretikerin als Praktikerin sein auf ihrem Gebiet; doch obwohl schwierige Fälle sie faszinierten, wußte sie im Grunde genommen, daß sie sich rein charakterlich nicht für diesen Job eignete.

'Ich bin zu arrogant', diagnostizierte sie zum hundertsten Mal. 'Und zu intolerant. Soll ich wirklich wieder auf einem Schiff anheuern? Womöglich endet das in einer Katastrophe.'

Dann erinnerte sie sich an den Betrag ihres Ersparten und beschloß, ihren Entschluß nicht mehr zu ändern. Also wandte sie sich wieder zu dem Mann an ihrer Seite um.

--- Bar, Theke

Als Shania wieder allein an der Bar saß und die beiden anderen die Bar verlassen hatten, atmete sie erleichtert auf. Irgendwie seltsam war ihr dieser Mann schon. Sie mochte es nicht, wenn sie ihrem Gegenüber nicht in die Augen sehen konnte. Aber aus den Augen konnte man sehr viel auf den Menschen selbst schließen. Das mußte er gewußt haben.

Die große Frau schüttelte leicht ihre Mähne und damit auch den Gedanken an die beiden Leute weg. 'Entweder ich sehe sie später oder nie mehr. Das Universum ist groß."

Ein Mann tippte sie an der Schulter an. "Darf ich dir einen Drink spendieren, meine Süße? Ich habe gehört, du weißt, wo man einen Job bekommt."

Langsam drehte Shania sich zu dem Mann um. Er war groß, blond, hatte blaue Augen und war sonnengebräunt. Sein Lächeln strahlte die Gewißheit aus, daß er ein Geschenk an die Frauenwelt war und sie ihm dankbar zu Füßen liegen mußte, wenn er sie mit seiner Anwesenheit beehrte.

Sie wählte ihre Worte mit Bedacht und sprach sie ganz langsam. "Wir bräuchten noch Eunuchen für den Transport von nubischen Jungfrauen. Ich könnte Ihnen gerne zu dem Job verhelfen." Ihre Augen funkelten wütend wie die einer Katze. Demonstrativ erhob sie sich mal von ihrem Barhocker, wo ihre Größe nicht sonderlich aufgefallen war.

Seine Augen wurden groß und ein "Entschuldigung, falsche Frau" murmelnd verschwand er so schnell wie er gekommen war. Seufzend setzte sie sich wieder nieder und ließ ihre Gedanken wieder in die Ferne schweifen.

--- Ivory, Brücke

"Naja", meinte der Captain und hörte nicht auf sie mit seinem gesunden Auge kritisch zu beobachten, "auch wenn Sie eine Ausbildung an der Starfleet Academy genossen haben, sollte ich mir nicht vorschnell ein schlechtes Urteil über Sie bilden."

Die Frau mit der olivbraunen Haut, die sich selbst Nathalie Connor nannte, verlor den Anflug von Trotz und wirkte ungläubig und leicht erschrocken. Erst als der Captain lächelte, verstand sie, daß es nur ein Scherz von ihm war und entspannte sich wieder. Fast meinte Monserat den Anflug eines Lächelns bei ihr zu sehen.

"Ich brauche gute Leute für mein Schiff. Hier ist zwar nicht Starfleet, sondern die harte Wirklichkeit, aber wer etwas kann, dem kann ich nach unserer Reise durch meine Beziehungen Zugang zu sehr guten Schiffen zusichern. Also ist gute Arbeit schon mal keine Fehlinvestition." Monserat blickte kurz zu ihrem Begleiter und dann wieder zu ihr.

Martenghs stechenden Blick mit dem er diese Bewerber taxierte, war fast zu spüren. Jedes Mal, wenn sich jemand für seine Sicherheit vorstellte, war er übervorsichtig, seit dieser Grieche ihn bei der vorletzten Reise mit seinen Sicherheitslücken blamiert hatte.

"Martengh wird Ihre Akte überprüfen, falls es also etwas gibt, was ich wissen sollte, sagen Sie es mir, wir finden es ohnehin heraus. Wenn Sie Befehlen gehorchen, loyal sind und Ihre Arbeit korrekt erledigen, dann werden die nächsten Wochen an Bord der Ivory kein Problem sein. Auch wenn Sie eine zarte Frau sind, so sage ich doch immer: Der fähige Geist schlägt den massigsten Körper.

Falls Sie noch Fragen haben, dann stellen Sie sie. Sie können gerne schon an Bord der Ivory bleiben oder auch erst Ihr Gepäck an Bord holen. Charly wird Ihnen ein Quartier zuweisen. - Willkommen an Bord, Miss Connor." Der Captain lehnte sich zurück und fragte sich wie lange es dauern würde, bis sie diesmal die Mannschaft zusammen hatten.

"Sir", Kuno sprach den Captain an, in der Hoffnung, daß dieser wirklich noch einen Techniker benötigte, wie er es von dem Ferengi in der Bar erzählt bekommen hatte, "wenn Sie noch einen Techniker benötigen, ich habe eine Ausbildung bei Starfleet und, da Sie anscheinend nicht allzu viel von der Flotte halten, noch einige Erfahrungen auf kleineren Schiffen als Techniker im 'Grenzhandel' sammeln können."

Der Captain, ein eher kleiner Mann mit einem Glasauge (Kuno fragte sich, warum er sich noch kein funktionstüchtiges Implantat besorgt hatte, immerhin könnte der Captain selbst mit einem recht einfachen Modell wenigstens die Anzeigen auf dem Display lesen können), hielt anscheinend nicht allzu viel von der Sternenflotte. Was für Kuno bedeutete, daß dem Captain der Begriff 'Grenzhandel' genug Andeutungen für die Art der Schiffe geben würde um ihn davon zu überzeugen, daß Kuno mehr wie die Flottenvorschriften im Kopf hatte und durchaus in der Lage war zu improvisieren.

Kuno fuhr fort und entdeckte gewisse Parallelen zwischen sich und dem ständig plapperndem Roboter, der hier die wohl eher ungewöhnliche Bezeichnung "Charly" trug. "Ich kann Ihnen allerdings keine vollständigen Unterlagen über meine letzten Jahre geben, Sir, einige Schiffe auf denen ich gedient habe, pflegten so etwas wie ein Logbuch, oder eine Mannschaftsliste nicht zu führen. Und an Gepäck habe ich nur das, was hier in meiner Tasche ist."

Bevor der Captain das Wort ergreifen konnte, setzte Kuno den Satz fort. "Mir wäre es im übrigen sehr recht, Sir, sollten Sie mich nehmen, wenn ich das Schiff nicht mehr verlassen bräuchte. Ich habe eine kleine Vereinbarung mit einem Ferengi getroffen, bin mir aber nicht sicher, ob dieses Großohr sich immer noch daran gebunden fühlt."

Kuno wurde aus dem Minenspiel des Captains nicht recht schlau und auch die anscheinende Erleichterung, die Kuno auf dem Gesicht von Nathalie Conner zu erkennen glaubte, paßte nicht so recht zu ihrem bisherigem Auftreten.

Mit Erleichterung hatte Nathalie zur Kenntnis genommen, daß der Captain doch nicht so übel war, wie sie zunächst geglaubt hatte. 'So, so, dann gibt es wohl schon mindestens zwei nette Kerle hier!', dachte sie lächelnd und warf dem Mann hinter ihr einen verstohlenen Blick zu. Falls er überhaupt einen Job hier bekommen sollte. Was ihr im übrigen aber ganz recht wäre.

Da sie keine weiteren Fragen im Moment hatte - das einzige, worum ihre Gedanken nun ständig kreisten, war die Tatsache, daß sie es nun endlich geschafft hatte einen guten Job zu bekommen - könnte sie sich eigentlich von Charly zu ihrem Quartier bringen lassen.

Auch wenn sie aus lauter Neugier doch lieber geblieben wäre - sie mußte sich ja noch um ihr Gepäck kümmern, das ja noch immer in ihrem kleinen Quartier innerhalb der Starbase lag. Sollte der Mann ebenfalls genommen werden, so hatte er wenigstens seine Sachen bereits dabei.

Natty hatte es im Gegensatz zu ihm nicht für nötig gehalten, alles direkt mitzunehmen (und zugegebenermaßen hatte sie es ja auch recht eilig gehabt und es dadurch auch völlig vergessen). Angesichts der ständigen Absagen in der Vergangenheit wäre es nur eine unnötige Schlepperei gewesen. Viel besaß sie jedoch auch nicht, es reiste sich wesentlich leichter mit weniger Gepäck. Und sie hatte es sich abgewöhnt, jedesmal alles auszupacken, da sie meist sowieso nicht allzu lange an einem Ort blieb. So lag ihr Koffer offen, aber dennoch nicht ausgepackt in ihrem Quartier.

Ihr Blick fiel auf den seltsamen Roboter - so ein Modell hatte sie noch nie gesehen - und ihr kam der Gedanke, daß sie ihn vielleicht dazu bringen könnte, ihre Sachen an Bord zu holen. Irgendwie mißfiel ihr nämlich der Gedanke, die Ivory wieder zu verlassen und sei es auch nur kurz, da sie ja nun ein Crewmitglied war.

Ihr war es fast so, als ob sie an der Schleuse ihre Vergangenheit hinter sich gelassen hatte und ihr erster Schritt an Bord der Ivory gleichzeitig auch ihr erster Schritt in ein neues und besseres Leben gewesen war. Sie fürchtete, daß ihre Rückkehr auf die Basis gleichzeitig auch die Rückkehr zu ihrem bisherigen Leben sein könnte, so als ob ein böses und mächtiges Wesen mit einem Schnipp alles wieder zunichte machen könnte.

Sie hätte beinahe über sich selbst gelacht, als diese Gedanken in ihr aufkamen. Aber sie erkannte auch, daß ihr die Tatsache, daß sie angeheuert war, immer noch wie ein Traum vorkam, aus dem sie jederzeit aufwachen könnte.

Schließlich sagte sie laut: "Captain, meine Starfleet-Akte können Sie natürlich anfordern! Und falls Sie keine weiteren Fragen an mich haben, so würde ich gerne erst mal mein Quartier aufsuchen!"

Der Captain wandte sich wieder Nathalie zu und antwortete verschmitzt: "Das hatte ich sowieso vor! Sollte ich noch zusätzliche Fragen haben, so werde ich Sie darauf ansprechen. Sie können nun gehen, Charly wird Ihnen den Weg zeigen." Daraufhin wandte er sich wieder dem anderen Bewerber zu.

Der seltsame Roboter war sogleich zur Stelle und führte Natty von der Brücke. Sie folgte ihm jedoch nur langsam zum Turbolift in der Hoffnung, noch vor dem Hinausgehen Monserats Antwort auf die Anfrage des zweiten Bewerbers zu hören.

"Mister... ", begann Monserat bis ihm auffiel, daß ihm noch immer keiner den Namen dieses Mannes gesagt hatte. Eine Unhöflichkeit, die er sich im Geiste notierte und darauf achten würde, ob dieser Mann ihn auch wirklich ernst nahm.

"Isweda. Kuno Isweda", warf Kuno hastig ein und warf dabei Martengh einen seltsamen Blick zu, den wohl nur dieser verstand.

Innerlich mit den Schultern zuckend, wandte Monserat sich wieder dem Bewerber zu. "Nun, Mister Isweda, eine Starfleet Ausbildung mag nicht schlecht sein, aber ich halte nun mal nicht viel davon, weil es niemand auf den wirklichen Ernstfall vorbereitet. Das Leben auf einem gewöhnlichen Frachter, erfordert oft schnelle Entscheidungen und keine Rücksicht auf irgendwelche Direktiven."

Noch einmal musterte der Captain den Bewerber eingehend, bevor er sich seine Meinung bildete. "Nun mein Sicherheitschef wird nicht davon begeistert sein, wenn er sich nicht davon überzeugen kann, daß Sie in den letzten Jahren nicht Kontakt mit kriminellen Elementen aufgenommen", speziell schoß Monserat das Wort Brengh No'Orba durch den Kopf, "oder sogar für sie gearbeitet haben.

Aber ich denke, es wird auch gut für Martengh sein, wenn er wieder mal seine Sicherheitsvorkehrungen prüfen kann." Monserat grinste in sich hinein, während er nach außen hin einen ziemlich sachlichen Eindruck machte. "Einen guten Techniker kann ich immer an Bord gebrauchen. Natürlich können Sie gleich an Bord bleiben.

Sie können gerne mit Miss Connor gehen. Sie scheint ziemlich interessiert zu sein, ob Sie auch hier an Bord bleiben."

Nathalie, die erst jetzt den Turbolift erreicht hatte, zögerte beim Einsteigen etwas. Der Captain meinte schon ihrem Rücken ansehen zu können, daß der olivbraune Teint ihres Gesichts jetzt eine Spur rötlicher war.

--- SB 185, Weg zur Andockschleuse

KWinh war etwas verwundert über die anfänglich ruppige Antwort Ysaras, ließ dem aber keine besondere Achtung zukommen. "Nun, ich will mich als Techniker bewerben. Ich hörte, die Ivory sei nicht mehr ganz neu. Da werden bestimmt Techniker gebraucht."

'Nun zumindest hoffe ich das doch sehr, sonst muß ich mir was Anderes suchen, nachdem ich den Job beim Zirkus schon gekündigt habe', dachte der Grilmak im Stillen weiter.

"Und wenn meine Informationen stimmen, wird die Mannschaft ein zusammengewürfelter Haufen werden. Dort wird meiner Meinung nach der Bedarf an einer Psychologin vorhanden sein. Davon abgesehen ist der Beruf einer Heilerin ein sehr angesehener und Sie sollten keinerlei Schwierigkeiten haben, eine Stelle zu finden."

KWinh betrachtete im Gehen die Wegweiser und stellte fest, daß es nicht mehr sehr weit sein konnte. "Meine Mutter war übrigens auch eine Heilerin, allerdings auf einem anderen Gebiet, sie war Chirurgin." Er hoffte, nicht zu viel zu reden, denn seine Begleiterin schien ihm in Gedanken versunken zu sein.

"Heilerin?" Ysara warf dem Grilmak einen amüsierten Blick zu. "Ich bin nicht sicher, ob ich mich als Heilerin bezeichnen würde. Eher als eine Person, die ...", ihr Grinsen wuchs in die Breite, "andere Personen noch mehr in den Wahnsinn treibt."

Sie dachte an den jungen Mann, wegen dem sie ihren letzten Job auf einem Föderationsschiff verlor. Ok, sie hatte ja nicht ahnen können, daß er das Doxipin nicht vertragen würde, das sie ihm verschrieb. Normalerweise löste es keine Wahnvorstellungen aus.

"Das muß wohl die Ivory sein."

Sie wies auf den Frachter, der noch ein kurzes Stück entfernt vor ihnen lag. Im Grunde genommen war sie ganz froh darüber, das Gespräch beenden zu können. Ysara hatte nicht weiter nachgehakt, da ihr Wissen auf diesem Gebiet sich auf den Ausdruck "Warpkernbruch" beschränkte. Ohnehin konnte sie es nicht leiden, wenn jemand sie ausfragte; nur ihr Wissen um das Funktionieren einer Gruppe disziplinierte ihren Unwillen.

Sie erreichten die Schleuse; sie blieb, wie nicht anders zu erwarten, geschlossen. Einladend wies sie auf das Kontrollpaneel vor ihnen.

"Bitte schön", forderte sie ihn trocken auf. "Sie sind der Techniker."

--- Ivory, Brücke

"Sir, Captain", Kuno unterbrach den anscheinend in Gedanken versunkenen Captain der Ivory, "ich würde gerne mein Quartier beziehen und mir den Maschinenraum ansehen, außerdem bräuchte ich noch eine Einweisung in die sonstigen Systeme und speziell in die vorgenommenen Änderungen, welche von den Standards abweichen, immerhin sollte ich als Ihr Techniker vor Abflug zumindest die wichtigsten Systeme checken und Ihnen einen Statusbericht vorlegen!"

Die Turbolifttür schloß sich und Kuno war alleine mit Monserat und Martengh auf der Brücke.

Martengh No'Orba wurde bei den Worten von Isweda sichtlich nervös.

"Und da Ihr Roboter mit Miss Connor ja schon einen anderweitigen Auftrag hat, erlaube ich mir Sie um eine Führung und Einweisung durch Ihren Ersten Offizier zu erbitten!"

Martengh legte ein Minenspiel an den Tag, daß Isweda sich fragte, ob er gleich von diesem riesigem Kerl, dessen Rasse ihm bisher nicht bekannt war, zerquetscht würde.

Der Captain ließ ein breites Lächeln erkennen, anscheinend lag Kuno mit seiner Vermutung, was die Absicht von Martengh betraf nicht allzu sehr daneben und er verfluchte innerlich seine allzu sehr vernachlässigte Nahkampfausbildung.

--- Brücke, Turbolift, inzwischen

Nathalie war hinter Charly in den Turbolift eingestiegen und hatte sich auf die Zunge gebissen. War es wirklich so offensichtlich gewesen, daß sie absichtlich etwas gezögert hatte? Sie hatte noch einen letzten Blick auf die Brücke geworfen, bevor sich die Tür des Turbolifts geschlossen hatte, und hatte noch gesehen, wie der Mann, dessen Namen sie nun auch endlich erfahren hatte, mit einem verstohlenen amüsierten Lächeln in ihre Richtung schielte.

Dann hatte sich die Tür zischend geschlossen und der Turbolift sich sanft in Bewegung gesetzt. Nathalie überlegte gerade, wie sie den Roboter dazu bringen konnte, ihr Gepäck zu holen, als dieser sie auch schon ansprach: "Tja, dann will ich Sie auch ganz herzlich hier an Bord begrüßen! Ich bin Charly! Ich bin hier sozusagen für alles zuständig, ich sorge dafür, daß alles seine Ordnung hat und an seinem Platz ist..."

"Ääh, danke...", unterbrach Natty ihn irritiert. Sie konnte sich nur schwer vorstellen, daß dieser kleine Roboter so viele Aufgabenbereiche innehielt. Wahrscheinlicher war jedoch, wenn man zwischen den Zeilen las, daß sein Arbeitsbereich etwas anders aussah und der kleine Kerl maßlos übertrieb. "Du meinst wohl, du hältst hier alles sauber, oder?", fügte sie lächelnd hinzu.

"So könnte man es auch ausdrücken...", druckste er herum, um sich dann etwas aufzurichten. "Aber so einfach ist es auch wieder nicht. Oft erledige ich einige Sachen, die immer wieder anfallen - ich trage wirklich viel Verantwortung!"

"Natürlich!", sagte Nathalie schnell und nickte bestätigend. 'Ein wirklich seltsamer Roboter!', dachte sie verwundert, als der Turbolift Deck 3 erreichte und die Tür sich zischend öffnete, 'Jetzt habe ich auch noch seinen Stolz verletzt. In wie viele Fettnäpfchen willst du heute eigentlich noch treten?'

--- Deck 3, Gang zu den Quartieren

Charly verließ den Turbolift und Nathalie folgte ihm. Sie prägte sich den Gangverlauf ein, um sich später alleine hier zurechtfinden zu können. Die Türen zu den verschiedenen Bereichen waren zum Glück gekennzeichnet, stellte sie zufrieden fest.

Charly plapperte währenddessen munter weiter: "Bislang waren meine Dienste jedenfalls hochgeschätzt - von den meisten der Crewmitglieder! Die letzte Crew..."

Nathalie hörte nur noch mit halbem Ohr hin. Sie bezweifelte mittlerweile, daß sie ihre Bitte überhaupt würde mal äußern können, sollte er nicht bald aufhören. Sie begnügte sich damit, in der Zwischenzeit beim Vorbeigehen die Aufschriften an den Türen zu lesen und fiel unbemerkt ein wenig zurück. Sie bemerkte nur mit gewisser Wohltat, daß eine ununterbrochene blecherne Stimme immer leiser wurde.

Natty blieb stehen, als sie eine Aufschrift entdeckte, welche die Mannschaftsmesse kennzeichnete. 'Hmmm, da werd' ich dann mal bald vorbeischauen, wenn ich erst mal alles andere erledigt habe...', dachte sie mit einiger Vorfreude, wurde dann aber von Charly unterbrochen, der inzwischen bemerkt hatte, daß sie weit zurückgefallen war.

Wortlos lugte er um die Ecke und blickte sie mit seinen rotblinkenden Augen an. Wäre er ein Mensch gewesen, hätte sie sicher einen Vorwurf in seinen Augen entdecken können.

"Ich komme schon!", rief sie und eilte den Gang hinab. "Entschuldige, Charly, ich hatte bloß was Interessantes entdeckt. Aber erzähl ruhig weiter! Ich glaube, du wolltest mir gerade etwas über den Captain erzählen..."

Im letzten Satz ließ sie noch einen fragender Unterton erklingen - Natty wollte ihn sanft in diese Richtung des Gesprächs schubsen - aber scheinbar hatte Charly dies nicht gehört oder er war nicht dazu in der Lage, solche Andeutungen herauszuhören.

"Nein, eigentlich war ich ja noch bei der alten Crew! Also das mit dem seltsamen Vorfall damals, das war so...", plapperte er weiter.

Nathalie rollte mit den Augen und brummte etwas Unverständliches, während sie ihm weiter folgte.

Charly hielt unvermittelt vor einer Tür an und Nathalie wäre in ihren Gedanken versunken fast gegen ihn gelaufen.

"So, da wären wir. Quartier Nummer 9. Das beste eigentlich und das gemütlichste. Sie werden sich da sicher sehr wohlfühlen. Der vorherige Bewohner war jedenfalls sehr zufrieden. Ich pflege die Quartiere zumindest sehr sorgfältig und...", plapperte er und öffnete währenddessen die Tür.

--- Quartier 9

Nathalie betrat das kleine Quartier und sah sich um. Es war ein wenig karg, aber dafür zweckgerecht eingerichtet. Zumindest enthielt es alles, was man so zum Leben brauchte und sogar ein kleines Bad. Durch ein kleines Aussichtsfenster konnte sie die Sterne sehen und auch einen Teil der Basis, an der die Ivory angedockt lag. Das einzige, was noch fehlte, waren persönliche Dinge, die dem Raum eine gemütlichere Atmosphäre verleihen sollten.

"Ach, äh, Charly?", wandte sie sich dem noch immer schwätzenden Roboter zu.

"Ja? Ist alles zu Ihrer Zufriedenheit? Ich habe mich persönlich um die Quartiere gekümmert, nachdem die alte Crew die Ivory verlassen hatte. Ich habe mir besonders viel Mühe gegeben, doch sollte etwas nicht...", fing Charly wieder an.

Mit einer Handbewegung brach Nathalie seinen Redefluß ab, bevor er wieder kein Ende fand. "Doch, doch! Ich muß sagen, ich bin sehr zufrieden!", sagte sie schmunzelnd und fuhr mit dem Finger über eine Oberfläche. "Wirklich! Du hast dir ja sehr große Mühe gegeben. Ich habe auch nichts anderes erwartet..."

Als Charly scheinbar verdutzt schwieg, fuhr sie einschmeichelnd fort: "Nun, ich habe schon von der Roboterserie gehört, der du abstammst, der ...äh....äh..."

"Charly Alpha Eins?", warf er ein. "Ja, die beste aller Serien! Ich bin überaus stolz darauf ihr anzugehören, es gibt auch eine Menge Roboter, die ebenfalls von ihr abstammen, wir sind eine große Familie. Sie arbeiten alle äußerst gewissenhaft, nur der Prototyp, der ist..."

"Äh, ja genau diese Serie meinte ich!", rief Nathalie erleichtert und unterbrach ihn wieder. Bemüht, vollkommen ernst zu klingen, fuhr sie fort, bevor er wieder ansetzen konnte: "Die sind geschätzt für ihre Leistungen und auch ihre Hilfsbereitschaft. Und vor allem so ein netter und gewissenhafter Roboter wie du..."

"Ja...?", fragte Charly und schien etwas größer zu sein, als noch vor einigen Minuten.

"...nun, ich dachte, ein solcher Roboter wäre so freundlich, mir mein Gepäck von der Raumbasis zu holen?"

"Aber das mache ich doch gerne!", rief Charly scheinbar erfreut. "Ich gehe Monserat auch oft zur Hand, er schätzt meine Dienste wirklich sehr. Schließlich kann ich auch mehr als nur putzen. Wie zum Beispiel letztens, als er doch tatsächlich von mir verlangte..."

Sie hörte gar nicht mehr richtig hin, sondern drückte ihm nur noch ein Padd in die Hand mit Angaben, wo sich ihr Quartier auf der Sternenbasis befand und ihrer Autorisation, damit er beim Abholen keine Schwierigkeiten mit dem Inhaber ihrer Unterkunft bekam. Er ließ es sich aber nicht nehmen, ihr die Story noch zu Ende zu erzählen und machte sich dann auf den Weg. Nathalie blieb erst mal eine Minute schmunzelnd und kopfschüttelnd stehen.

'Was für ein komisches Kerlchen!', lachte sie in Gedanken und verließ dann das Quartier.

--- Gang vor den Quartieren

Nathalie hatte keine Lust solange zu warten, bis Charly mit ihrem Gepäck wiederkam. Sie erinnerte sich an die Mannschaftsmesse, an der sie vorhin schon vorbeigegangen war und nahm den Weg dahin auf.

Ursprünglich hatte sie vorgehabt, etwas mehr über das Schiff und die Crew von dem so redseligen Roboter in Erfahrung zu bringen, aber dies hatte sie schnell wieder verworfen, es sei denn, sie wolle genügend Zeit für Charlys erschöpfende Ausführungen mitbringen.

Andererseits würde sie auch gerne einige Crewmitglieder kennenlernen und auch die könnten ihr sicher was erzählen. Seufzend dachte sie daran, daß sie sich ja auch noch mit dem Sicherheitschef in Verbindung setzten sollte für ihre genaueren Dienstanweisungen. Doch zuerst wollte sie mehr über das Schiff erfahren. Und die Crew kennenlernen. Und was bot sich da besser an, als die Mannschaftsmesse?

--- Brücke

Der Caldonier erhob sich langsam von seinem Platz, was seine Körpergröße eindrucksvoll zur Geltung brachte. Er kannte Monserat lange genug um zu wissen, warum der Captain ihn mit einem Lächeln anwies, den Neuankömmling durch das Schiff zu schleusen.

Monserat mußte einen Verdacht haben, den Martengh nun überprüfen sollte. Anschließend würden die beiden ihre Eindrücke vergleichen, wie damals, vor einigen Jahren. Dieser Bajoraner - wie war noch mal sein Name gewesen? - hatte sich doch tatsächlich eingebildet, Monserats Münzsammlung stehlen zu können.

Damals war es noch recht einfach gewesen, Leute in Sicherheit zu wiegen: Man ließ sie einfach in Ruhe und beobachtete sie intensiv.

Aber Martengh gab sich keinen Illusionen hin - sein Ruf als Paranoiker mußte bereits in den meisten Weltraumkneipen bekannt sein. Und wo er das nicht war, sorgte sicher die jeweils letzte Besatzung für dessen Verbreitung.

Wenn er jemanden nicht beobachtete, wurde dieser sicher sehr schnell sehr mißtrauisch.

Deshalb hatte sich der Sicherheitschef vorgenommen, zwar wachsam zu wirken, nebenbei aber ganz subtil auf Schwächen in seinem Sicherheitskonzept hinzuweisen. Schwachstellen, die zwar wirklich vorhanden waren, wie ihm bei der vorletzten Reise eindrucksvoll demonstriert worden war, die er allerdings längst doppelt und dreifach abgesichert hatte.

Er ging an dem Menschen vorbei zum Turbolift, dessen Türen sich zischend öffneten.

--- Turbolift

"Deck 3", befahl Martengh, und die Kabine setzte sich in Bewegung.

Anschließend betätigte er seinen Communicator und sagte: "Martengh an Shania. Ist es in Ordnung, daß Mister Isweda das Quartier Nummer 5 bekommt?"

Die leicht erstaunte Stimme der jungen Frau antwortete: "Ja, das Quartier ist noch frei."

Als sie Luft holte, um möglicherweise peinliche Fragen zu stellen, bellte der Caldonier ein "Danke. Martengh Ende" in seinen Communicator und beendete damit die Verbindung, gerade als die Türen des Liftes sich wieder öffneten.

--- Quartier 5

Martengh öffnete die Tür und zeigte dem Menschen sein zukünftiges Zuhause. Als dieser seine Tasche abgesetzt hatte und das Bad inspizierte, aktivierte der Sicherheitschef mit einem Tastendruck auf einer kleinen Fernbedienung eine der alten überholten Überwachungskameras.

Es handelte sich hierbei um ein vollkommen veraltetes Modell, das man mit einem handelsüblichen Tricorder problemlos orten konnte.

Nachdem Isweda diese Kamera geortet haben würde, müßte er eine klare und vollkommen falsche Vorstellung von dem hier üblichen Technologielevel haben.

"Nun, Sie müßten also der Grund für diese Umbauten an Bord des Schiffes sein nehme ich an." Kuno kam wieder aus dem Bad und beschloß die etwas bedrückende Stimmung, die ihn beschlich durch einige Fragen aufzulockern um Martenghs mißmutige Laune nicht noch mehr zu verstärken.

Immerhin war dieser.... (tja, die genaue Rasse dieses Wesens kannte Isweda immer noch nicht, beschloß aber es bei nächster Gelegenheit in Erfahrung zu bringen) Mann gut und gerne 2,50 Meter groß und sicher um einiges stärker. Da wäre es nicht ratsam jemand zu reizen mit dem man die nächsten Wochen, oder Monate auf engstem Raum zusammenleben würde.

"Wenn Sie nichts dagegen haben, ich würde mir jetzt gerne den Maschinenraum ansehen!" Bei diesen Worten rollte Martengh wieder mit den Augen. Isweda hielt dies für eine Eigenart seiner Rasse. "Entschuldigen Sie, mal sehen, ob ich den Weg selber finde!?"

Kuno stellte eine diesbezügliche Frage an ein Display in der Nähe der Tür und erhielt die gewünschte Auskunft.

"Deck 01, das haben Sie wenigstens so belassen. Sie sollten wissen, ich habe mal einige Zeit auf einem Schiff diesen Typs gearbeitet, ein überaus intelligenter Bajoraner war dort Captain, vielleicht kennen Sie ihn? Er hatte das Kommando noch nicht allzu lange, erwähnte aber, daß er auf genau so einem Schiff einmal arbeitete, was ihm anscheinend gut gefallen hat."

Kuno wollte das Quartier verlassen, drehte sich abrupt um und lächelte Martengh ins Gesicht (wobei er sich fast den Hals verrenkte). Dann begab er sich weitererzählend auf das Bett zu, wo noch immer seine Tasche stand. "Ich sollte mir vielleicht das eine oder andere notieren, und der eine oder andere Scann kann sicher auch nicht schaden, Sir!" Bei diesen Worten griff sich Kuno einen Scanner und ein Padd aus der Tasche und verließ mit einem ziemlich grimmigen Martengh im Schlepptau sein Quartier.

--- Gang vor den Quartieren

"Zum Turbolift sollte es hier lang gehen, denke ich." Für einen 'Viertel-Japaner' war Kuno sicher viel zu laut und überdreht, aber dieser schweigsame Riese hinter seinem Rücken machte ihn zusehends nervöser, während sie durch den Gang und auf den Turbolift zuschritten. Er beschloß nunmehr etwas ruhiger zu sein und sich auf schiffrelevante Fragen zu beschränken, als die Turbolifttür sich öffnete und beide eintraten.

--- Turbolift

Das leichte Ruckeln des Lifts beim Anfahren kommentierte Kuno mit einem Scann und der Bemerkung "Das sollte kein Problem sein, ist nur eine Vektorausgleichkupplung. Sie haben doch welche an Bord?"

Martengh knurrte zur Antwort bestätigend, während er zu der Überzeugung kam, daß dieser Isweda gefährlich war. Die Rolle des aufgeregten neuen Besatzungsmitgliedes spielte er recht gut, aber der Sicherheitschef durchschaute dessen Absichten mühelos. Sie waren jetzt gerade mal fünf Minuten unterwegs, und schon wollte er die Ivory umbauen, zerlegen.

Das würde bedeuten, daß man sich daran gewöhnen sollte, ihn ständig an irgendwelchen Dingen herumbasteln zu sehen, so daß es kaum auffallen würde, wenn er dann das einbaute, worauf es ihm ankam.

Was das genau war, war schwer vorauszusehen. Es könnte ein Replikator sein, der nur noch vergiftetes Essen ausspuckte, eine Warpgondel, die bei bestimmter Belastung einfach explodierte und das Schiff mitriß, oder ganz simpel eine Überbrückung der Alarmanlagen, damit man Monserats Schätze in aller Ruhe ausräumen könnte.

Ein äußerst gefährlicher Bursche...

Die Lifttür öffnete sich.

--- Gänge, Deck 1

Auf dem Weg zum Maschinenraum beschäftigten sich Martenghs Gedanken mit den Möglichkeiten, die er hatte, diesen Menschen, der immer noch ständig auf ihn einredete, auf frischer Tat zu ertappen. Sollte er ihn in Sicherheit wiegen, wie er es anfangs geplant hatte, oder sollte er ihm demonstrieren, daß er keine Chance hatte, weil die Sicherheitssysteme einfach zu gut waren?

--- Maschinenraum

Martengh blieb in der Tür stehen und beobachtete den Menschen, wie er die Anlagen inspizierte.

Nein. Zuerst würde er mit Monserat reden. Deshalb verabschiedete er sich mit den Worten: "Ich denke, Sie kommen nun alleine zurecht. Wenn Sie noch Fragen haben, wenden Sie sich bitte an den Computer."

Dann wandte er sich zum Gehen.

Kuno fuhr beim Zischen der Tür herum. Wie konnte sich dieser Kollos von Mann nur derartig leise bewegen, das Isweda erst durch das Schließen der Tür auf das Gehen von Martengh wirklich aufmerksam wurde?

Nun gut, jetzt hatte er sicher die Möglichkeit sich ungestört im Maschinenraum umzusehen und würde keine Fehler begehen, die er sicher gemacht hätte, würde ihm dieser Riese über die Schultern schauen.

Der erste Überblick war nicht allzu erfreulich, überall nur notdürftig zusammengeflickte Systeme, teilweise sehr ungewöhnliche Änderungen der Schaltungen und ein erheblicher Schmutzanteil auf dem Boden. Kuno nahm sich vor diesen Roboter, der ja wohl für die Sauberkeit an Bord zuständig war, mal etwas mehr an seine ursprüngliche Programmierung zu erinnern!

Jedenfalls stand dies sehr weit oben auf der "to do" Liste, welche Kuno in sein Padd eingab.

In einer Nische des Maschinenraums stand ein Industriereplikator, der nahezu unbenutzt die letzten Jahre hier vor sich hin oxidierte, jedenfalls hatte er eine erstaunliche Schicht aus Staub angesammelt, welche über einer Vielzahl von veralteten Instrumenten und einer Flasche Romulanischem Ale lag. Kuno fegte die Sachen herunter und checkte die Funktion des Gerätes.

'Gut', dachte er, 'das Ding scheint zu funktionieren, dann mal los!'

Isweda replizierte sich eine Reihe von Werkzeugen, teilweise hatte er vor Jahren selber welche entwickelt und gab aus dem Padd die Spezifikationen ein, dann begab er sich zum Warpkern und stellte sicher, das wenigstens die Eindämmung und die Sockel des Kerns in Ordnung waren.

Dann nahm sich Isweda die Plasmaverteilung vor und stutzte, da war doch etwas! Wieso hatte die Zuleitung zu den Warpgondeln denn diese Fluktuation? Er würde der Sache auf den Grund gehen und verließ den Maschinenraum mit Ziel Warpgondeln.

--- Mannschaftsmesse

Nathalie betrat den Raum und sah sich erstmal um. Er war ganz nett und gemütlich eingerichtet, sogar mit einer kleinen Theke und großen Fenstern. Die Beleuchtung war eher dezent gehalten. Und zu ihrem Verdruß mußte sie feststellen, daß leider niemand anwesend war.

'Na wunderbar!', dachte sie frustriert. 'Tja, dann kann ich ebensogut direkt zum Sicherheitschef!'

Verdrießlich suchte Nathalie den Raum nach einer Konsole ab und entdeckte dann tatsächlich eine neben dem Replikator. Beim Anblick des Replikators begann ihr Magen sich mit wütendem Brummen zu melden und nach einem kurzen Zögern, entschied sie dann doch, sich erstmal was zu bestellen. Sie wählte eine große Eisschokolade.

Während Nathalie genüßlich von der Eisschokolade nippte, aktivierte sie die Konsole und das Display leuchtete auf. Daraufhin gab sie eine Anfrage nach dem momentanen Aufenthaltsort des Sicherheitschefs ein. Es verstrichen ein oder zwei lange Sekunden, bis das Ergebnis auf dem Display erschien: "Zugriff verweigert". Gleichzeitig erklang auch eine weibliche Computerstimme, die das gleiche verkündete.

Nathalie stutzte und genehmigte sich erstmal noch einen Schluck, bevor sie nach dem Grund fragte. Die Computerstimme antwortete ihr, daß sie keine Zugangsberechtigung für solche Anfragen hätte.

'Seltsam, es ist doch nur eine Standortbestimmung', dachte sie verwundert. 'Sollten hier wirklich so hohe Sicherheitsbestimmungen gelten?'

Nathalie probierte noch einige andere Anfragen dieser Art und kam zum gleichen Ergebnis. Der Computer verweigerte ihr jede Auskunft sowohl zum Sicherheitschef wie auch zum Captain und den meisten Schiffsdaten.

'Das kann ja noch lange dauern!', dachte sie ernüchtert und bestellte sich noch eine Eisschokolade. So schnell würde sie sich schließlich nicht geschlagen geben. Allerdings wußte Nathalie jetzt schon, daß sie diese Computerstimme absolut nicht leiden konnte!

Angestrengt versuchte Nathalie eine Zeit lang, ob sie dem Computer nicht vielleicht doch über andere Wege das gewünschte Ergebnis entlocken konnte und probierte schließlich auch aus, zu welchen Bereichen sie überhaupt Zutritt hatte.

Schließlich gab Nathalie es dann doch auf, besonders nachdem sie merkte, daß ein erneutes "Zugriff verweigert" sie mit hoher Sicherheit dazu bringen würde, ihren Fuß - den rechten - recht unsanft inmitten des Schriftzuges auf dem Display zu plazieren.

Sie überlegte, wie sie sonst rausfinden konnte, wo sich der Sicherheitschef gerade befand. Sie konnte ja schlecht wahllos durch das Schiff laufen. Der Captain war mit hoher Wahrscheinlichkeit auf der Brücke, Martengh No'Orba vielleicht auch. Doch wenn nicht, müßte sie schon eine gute Ausrede haben, warum sie die Brücke betrat.

Doch dann fiel Nathalie der Mann ein, der ebenfalls heute neu angefangen hatte - er war doch Techniker und vielleicht konnte er ihr ja mit dem Computer weiterhelfen. Oder er wußte vielleicht sogar, wo Martengh sich gerade befand.

Mit einem großen Schluck leerte sie ihr Glas, stellte es zurück in den Replikator. "Computer!", sagte sie laut und blickte aus Gewohnheit zur Decke. "Wo ist Kuno Isweda?"

Eigentlich hätte sie wissen müssen, wie die Antwort lautete. Sie verdrehte die Augen - natürlich, es war wieder dieselbe.

Nathalie beschloß, ihn selbst zu suchen. Schließlich gab es nicht viele Orte, wo sich Techniker üblicherweise aufhalten. Quartier, Brücke und Maschinenraum fielen in den engeren Kreis. Das erste konnte sie ja nicht rausfinden und auf die Brücke wollte sie nicht so ohne weiteres gehen - blieb also nur der Maschinenraum.

"Computer, kannst du mir wenigstens sagen, wie ich zum Maschinenraum komme?", fragte sie spitz.

Erstaunlich, er konnte! Die Wegbeschreibung erschien auf dem Display. Nathalie merkte sich den Weg und verließ die Mannschaftsmesse.

--- Warpgondel Steuerbord (für nicht Seeleute, das ist Rechts! ;-) )

Hier wurde Kuno fündig, direkt vor der Energieverteilung zu den einzelnen Spulen hatte jemand etwas eingebaut, sehr gut versteckt und sicher nicht bei einer normalen Überprüfung zu entdecken, aber Kuno war eben schon immer etwas gewissenhafter und hatte auch schon aus dem alten Erzsammler seines Vaters 0,002 Warp mehr herausgeholt und das im zarten Alter von 17 Jahren!

'Ein Unterbrecher!' Kuno wurde nicht schlau daraus. Wer würde denn einen Unterbrecher einbauen? Dies machte eigentlich nur Sinn, wenn man den Antrieb sabotieren wollte um das Schiff zu plündern.

Kuno überprüfte noch mal auf versteckte Sicherungen, fand keine und deaktivierte den Funkempfang. Ausbauen würde er das Teil später, immerhin war zu vermuten, daß so ein Teil auch an Backbord zu finden war!

--- vor dem Maschinenraum

Kurze Zeit nach dem Verlassen der Mannschaftsmesse erreichte Nathalie den Maschinenraum. Sie blieb erst an der Türe unauffällig stehen und spähte in den großen Raum. Er war leer. Sie konnte Kuno nirgends entdecken.

--- Deck 1, Gänge

Den Maschinenraum hinter sich zurücklassend, begann Nathalie über das Deck zu schlendern und sich dabei weiterhin nach Kuno umzuschauen. Nach einiger Zeit führte sie ihr Weg in Richtung Warpgondeln. Sie folgte einem der zahlreichen Gänge zu einem unübersichtlichen Abschnitt.

--- Warpgondel Backbord

Kuno wurde auch hier fündig, deaktivierte den Empfänger und begab sich zum nächsten Display, er sollte sich dringend um einen Communicator bemühen!

Auf dem Weg zum Computerterminal machte Isweda weitere, sehr intensive Scanns und fand weitere Merkwürdigkeiten, die aber auch nur aufgrund des Umbaues des Schiffes als solche erscheinen konnten, darum würde er sich später kümmern.

"Isweda an Captain Monserat, wir haben ein Problem, hier an Bord hat jemand ein paar Dinge eingebaut, die eigentlich nur dazu geeignet sind das Schiff lahm zu legen, Sir!"

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