Ivory Cronik 1

Nussiger Geschmack mit Nebenwirkung (Ausschnitt)

--- Mannschaftsmesse, Replikator

Er begann zu bestellen:

"Ein Glas Milch!" - *brioong*

"Einen Orangensaft mit Eis!" - *brioong*

"Einen großen Braunen!"

"Einen was? Wozu brauchst Du das denn? Bist doch selber ein großer Brauner..." Die Computerstimme war wieder viel zu verführerisch.

'Geht das schon wieder los', dachte sich der Massai. Dann grinste er.

"Gib mir einen Kaffee, der soviel Milch enthält, daß seine Farbe meiner Hautfarbe entspricht! Dazu etwas Zucker zum selbständig nachfüllen."

"Whauh...", hauchte der Computer, während es *brioong* machte und der Kaffee repliziert wurde.

'Wunderbar. Und jetzt weiß ich immer noch nicht, was ich nehmen soll. Das, was ich gerne trinken würde, versteht dieser Blechkasten nicht, und dasselbe wie jemand anderer am Tisch möchte ich auch nicht haben.

Alkohol natürlich nicht - wenn man den hier überhaupt bekommt.

Aber wie wäre es, wenn ich die kreativen Fähigkeiten des Computers schon einmal austeste? Schließlich soll er ja die Welt für das Picknick selbständig erstellen. Ja, gute Idee!'

"Computer, gib mir das nicht-alkoholische Getränk, das mir deiner Meinung nach am Besten schmeckt. Aber gib dir Mühe, sonst sind wir geschiedene Leute!" Mit einem etwas lauernden Blick wartete der Massai auf seinen Drink.

*brioong*

Das Glas, das materialisierte, war gefüllt mit einer durchsichtigen blaugrünen Flüssigkeit. Kein Schirmchen, keine Olive oder sonstiger Schnickschnack. In der Hinsicht hatte der Computer ihn schon einmal gut eingeschätzt. Unten im Glas schien die Flüssigkeit dichter zu werden, denn dort konnte man nicht mehr hindurchsehen.

Mit den Getränken auf einem Tablett balancierte Namono zurück zum Tisch.

--- Mannschaftsmesse, Tisch 2

James bekam gar nicht mehr richtig mit, was um ihn herum eigentlich passierte, zu sehr war er mit seinen Gedanken beschäftigt. Was bedeutete das, die U.S.S. Hope gäbe es nicht mehr?

Im Prinzip war es ihm ja egal. Noch egaler war ihm eigentlich, daß dieser Föderationsbürokrat sauer auf ihn war. Nicht egal war ihm aber, daß er wieder bei der Föderation arbeiten mußte.

Die Erinnerung an die Erzählungen seiner Schwester waren ihm im Gedächtnis sehr haften geblieben. Nun hieß es erst einmal Abschied nehmen, was ihm nicht besonders schwer fiel, schließlich hatte sich die Stimmung in Bezug auf ihn aus irgendeinem Grunde arg verschlechtert.

'Also auf zu neuen Leuten', mit diesen Gedanken rüttelte er sich selbst wach. Und sah gerade wie Namono mit einem Tablett vollgestellt mit Getränken zurückkam.

"Nun...", langsam stand der Brite auf, "wie Sie auch mitbekommen haben, ist meine Zeit auf diesem Schiff leider zuende. Sicher hätten wir noch viel Spaß miteinander gehabt, aber es hat leider nicht sollen sein."

Mit natürlich britischer Eleganz richtete er sich voll auf und verabschiedete, selbstverständlich die Damen zuerst, mit einem Handkuß. Auch wenn Enehy sie ihm nur sehr widerwillig reichte.

Danach verabschiedete von den Herren mit einem klassischen Händedruck, wobei der bei Anjol, welchem ein leichtes Lächeln auf dem Lippen lag, ziemlich stark ausfiel.

Trotzdem weiter lächelnd schenkte er der Runde noch eine leichte Verbeugung und war dann aus der Mannschaftsmesse verschwunden.

Für einen Moment sah Shania Croft nach, dann mußte sie sich wieder wohl oder übel wieder Namono zuwenden, der gerade die Getränke an die restlichen Anwesenden verteilte. Ihre Wangen waren noch immer zart gerötet, weil er ihre Einladung wirklich aufgegriffen hatte und sich scheinbar sogar sehr darauf freute.

Sie hoffte nur, daß niemand am Tisch ihre Befangenheit bemerkte, vor allem, weil sie noch zuvor um Enehy ein wenig zu ärgern so große Töne gespuckt hatte. Aber da hatte sie nicht im Entferntesten daran gedacht, daß er auch wirklich darauf eingehen würde.

"Croft ist jetzt ja wohl weg. Schade, da ist er wohl um seine tolle Beach-Party für eine Person gekommen." Die Amerikanerin konnte sich ein verschmitztes, etwas schadenfrohes Grinsen nicht verkneifen. "Hoffen wir, daß sein Captain ihm wenigstens einen heißen Empfang bereiten wird, wenn er wieder zurück ist."

Dankend nahm sie die von Namono gereichte Tasse heißen Kaffees entgegen. Ihre Hände berührten sich dabei einen kurzen Augenblick und sie sahen sich tief in die Augen. Sein Lächeln ließ sie dabei sofort wieder die Augen nach unten schlagen.

Damit niemand merkte, daß sie in der Nähe von Namono etwas beklommen war, sah sie offensichtlich gespannt in ihre Tasse hinein und meinte mit einem Lächeln. "Ja, DIE Farbe liebe ich."

Als sie dann zu Namono hochblickte und merkte, daß er genau die gleiche hatte, lief sie puterrot an.

Zu Shanias Glück schien die Xenexianerin aber nur Augen für Anjol zu haben und so hatte sie Shanias kleinen Ausrutscher gar nicht bemerkt, sondern sich weiter angestrengt mit dem Bajoraner unterhalten.

"Ja, Gartenarbeit ist toll. Ich hatte ein Rosenbeet auf unserem Bauernhof. Aber was ich noch viel lieber mochte war die Ernte. Am Liebsten sind Iseth und ich auf den Bäumen herumgeturnt und haben den Arbeitern das Obst heruntergeworfen. Iseth ist mein Zwillingsbruder." Begeistert erzählte Enehy von ihrer Zeit zuhause und nippte zwischendurch an ihrem Orangensaft. Dabei konzentrierte sie sich so auf den Bajoraner, daß ihr alles andere egal wurde

'Mir war gar nicht bewußt, wie sehr mir das alles fehlt. Vielleicht sollte ich doch versuchen wieder mit meiner Familie zu reden. Nein, besser nicht. Das ist vorbei. Aber das Anjol auch gern draußen arbeitet ist schon toll. Er ist mir jetzt schon viel zu symphatisch. Ich muß aufpassen, sonst werfe ich noch meine Vorsätze über Bord.'

"Weißt du was auch toll ist? In der Scheune im Heu herumzuturnen, oder sich einfach ein Pferd schnappen und ausreiten. Ich glaube fast, wir beide sind uns ähnlicher als man auf den ersten Blick meint und ich hab dich jetzt schon unheimlich lieb. Genauso wie Shania." Enehy lächelte ihn an.

Während Namono die Getränke austeilte, hoffte er, daß sich die Besatzung der Ivory nicht noch mehr verkleinerte. Anjol, das einzige Mannschaftsmitglied über das er sich noch keine Meinung gebildet hatte, schien sehr sympathisch zu sein - gar nicht überheblich oder eingebildet.

Nein, das schien eine sehr angenehme Reise zu werden. Die beiden Damen waren sowohl hübsch als auch nett, und wenn sie alle in einer Schicht eingeteilt werden würden, bedeutete das, daß man auch zusammen die Freizeit verbringen könnte.

Der Massai nahm sich vor, das Holodeck sorgfältig zu programmieren, damit diese erste Freizeitaktivität kein Reinfall werden würde.

Als er sich auf seinen Platz setzte - diesmal ohne den Briten im Blickfeld - widmete er sich seinem Drink. Shanias Bemerkung die Farbe ihres Kaffees betreffend hatte er zwar gehört, aber er überging sie. Schließlich wollte er diese Frau nicht in Verlegenheit bringen.

Statt dessen erzählte er von seinem Experiment mit seinem Drink, prostete allen zu ... und roch zunächst einmal mißtrauisch an dem Inhalt.

...

Dann roch er noch einmal.

"Hmmm ... Riecht ... hm ... blau!"

Todesmutig nahm er einen Schluck, und schnalzte mit der Zunge. Die Flüssigkeit schmeckte leicht nussig, und der Bitter/Süß-Kontrast gefiel ihm. Der Geschmack war nicht zu aufdringlich, eher angenehm.

Da seine Tischgenossen ihn erwartungsvoll ansahen, begann er den Geschmack zu beschreiben:

"...", war alles, was er herausbrachte.

Das Getränk explodierte in seinem Magen, und die Stichflamme, die aus seinem Mund schoß, war zwar nicht sicht-, aber für Namono deutlich fühlbar.

So schnell wie diese Empfindung gekommen war, verging sie auch wieder, und im Magen blieb ein angenehm warmes Gefühl zurück.

"Wow...!", flüsterte er, immer noch leicht heiser. "Ist zwar nicht jedermanns Geschmack, aber ich könnte mich daran gewöhnen. Möchte jemand probieren? Aber Vorsicht - It's hot, man!"

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