Atlantis - Chronik 31 / Venture - Chronik 55

Crossover Chronik 26

Die Beichte

--- Venture, Krankenstation, fünf Tage später

"...vorerst dürfte Cheyennes Zustand also stabil sein", beendete Jordan Kincaid ihren Bericht, während dem sie immer wieder auf die regungslos in dem Biobett liegende Piloten gedeutet hatte.

Der Captain nickte unmerklich.

Er konnte sich noch an den grellen Blitz der Explosion erinnern, als Miss Morgans Konsole sich überladen hatte. Das gebrochene Fußgelenk war unproblematisch gewesen, doch hatte die Frau schwere Verbrennungen im Gesicht erlitten und war daher in ein künstliches Koma versetzt worden.

Aber immerhin hatte sie eine gute Chance, wieder vollkommen gesund zu werden. Dieses Glück war leider nicht allen Personen an Bord vergönnt gewesen.

Trotz der dicken Panzerung des Schiffs und der Evakuierung ins Schiffsinnere hatte die aggressive Strahlung des Nebels einige Menschen so stark geschwächt, dass sie sich nicht wieder erholt hatten.

Von der Besatzung hatte es niemanden getroffen, aber viele Flüchtlinge waren schon in einem schlechten Zustand an Bord gekommen gewesen...

Die Überlebenden würden, sobald die Venture wieder vollfunktionsfähig war, auf eine neue Welt abseits der romulanisch besetzten Zone gebracht werden.

'Was ein weiteres Opfer bedeutete', musste sich Charles eingestehen. Cailin hatte ihm vor wenigen Stunden mitgeteilt, dass sie mit den Flüchtlingen auf deren neuer Welt siedeln würde.

Das Leben auf einem Raumschiff bedrückte sie in letzter Zeit wohl immer mehr. Sie vermisste die Weite eines Planeten und vor allem den endlosen Himmel.

McCarthy verstand dies und hatte es akzeptiert, auch wenn er die Ärztin nur ungern ziehen ließ. Gerade die letzten Tage hatten gezeigt, wie wichtig ein guter Mediziner für ein Schiff wie die Venture war.

"Danke, Miss Kincaid. Das wäre vorerst alles!", entließ er die Ärztin und ging in Richtung Ausgang.

Mit Jordan würde er bald sprechen müssen: Bisher hatte er trotz ihrer unehrenhaften Entlassung aus der Sternenflotte nur Gutes von ihr gehört.

Aber um befördert zu werden, würde sie ihn auch im Gespräch überzeugen müssen. Als Captain musste sich McCarthy auf seine Führungsoffiziere blind verlassen können.

Einen Moment schaute er sich noch auf der Krankenstation um: Fast nichts erinnerte noch an das Chaos, das diese Terroristen ausgelöst hatten. Die letzten Reparaturen würden morgen beendet werden und eine neue Mission auf sie alle warten.

Mit leichter Vorfreude verließ McCarthy den Raum.

Einen Augenblick lang sah Jordan dem Captain nachdenklich nach. Dann stieß Norgaard sie an. Sie schüttelte den Kopf, um ihn zu klären, händigte dem MTA das PADD aus, nachdem er gefragt hatte, und setzte sich einen Moment lang auf den Stuhl neben Cheyennes von einem Kraftfeld umschlossenen Biobett. Sie sah die Pilotin betont nicht an - sie weigerte sich stets, die Hoffnung aufzugeben, solange noch eine vernünftige Chance bestand, dass ein Patient überlebte. Stattdessen übersah sie die Krankenstation.

Ihre Krankenstation.

Vorübergehend ihre Krankenstation, schränkte sie ein. Noch hatte Cailin das Schiff nicht verlassen, obwohl sie den Dienst quittiert und sich wieder in einen dieser Kokons eingepuppt hatte, um ihre sensible Physiologie auf den fremden Planeten vorzubereiten. Und noch hatte der Captain ihr den Posten überhaupt nicht übergeben. Er kannte schließlich ihre Sternenflottenakte, und es war nicht so, als wäre irgendein Captain so verrückt, seine Krankenstation einer Ärztin anzuvertrauen, die praktisch an einem Genozid teilgenommen hatte...

'Wem soll er die Krankenstation denn sonst übergeben?', schalt sie sich einen Moment später, während Norgaard und Dallas herumwuselten und Morgans Biobett für permanente Stasis vorbereiteten. 'Es ist ja nicht so, als ob die Kandidaten Schlange stehen. Außerdem weiß er, dass Cailin und ich die Krankenstation im Prinzip immer gemeinsam gehandhabt haben - sie hat es ihm selbst gesagt, als sie gekündigt hat... hoffe ich.'

Aber sie wusste, dass ihre Unsicherheit hauptsächlich aus Selbstzweifeln geboren wurde. Cailin händigte Komplimente warm und freizügig aus. Sie war eine gute Ärztin, und McCarthy wusste es - oder würde es wissen, wenn er erlaubt hätte, dass sie ihn nach seinem Herzanfall auch nur ein einziges Mal anrührte. Sie hatte geholfen, die Venture und ihre Crewmen durch alle möglichen Gefahren hindurch am Leben zu halten. Sie nahm Cailin seit Monaten sämtliche Außenmissionen ab. Sie war von Romulanern entführt und gefoltert worden...

'Denk nicht dran.'

Jordan schüttelte wieder den Kopf. Sie sollte darüber mit einem Psychologen reden. Der könnte ihr vielleicht sogar sagen, warum sie sich nach all den Monaten auf der Venture noch immer fühlte, als gehöre sie nicht richtig dazu - und das war ja, was ihr Angst vor Cailins Abschied machte, nicht der Stress und die Arbeit... sie *freute* sich auf den Stress und die Arbeit, wenn sie ehrlich war. Eine weitere Möglichkeit, einen Privatleben aus dem Weg zu gehen - einem Privatleben und der Tatsache, dass sie auf die vierzig zuging, ohne je in ihrem Leben ein Doppelquartier beantragt zu haben.

'Klar, geh zu einem Psychologen und lass dir was gegen die Midlife-Crisis geben, oder verschreib es dir am besten gleich selbst, das wirst du in Zukunft sowieso öfter mal tun.'

Sie hatte immer noch keine Gelegenheit gehabt, mit Jeffrey über sein Geständnis auf der Atlantis zu sprechen - zu viel zu tun mit Cheyenne, den Flüchtlingen und Cailin...

Sie seufzte und stand auf. Wenigstens eine frohe Botschaft, die sie jemand anderem überbringen konnte. Sie tippte auf ihren Kommunikator.

"Kincaid an Jeffrey. Gehen Sie doch mal an eine Konsole und rufen Sie Ihre persönlichen Daten ab. Sie werden eine Nachricht finden, die Ihnen gefallen wird. Herzlichen Glückwunsch."

Auf ihre - Cailins - Empfehlung hin hatte der Captain nach Jeffreys beeindruckender Leistung auf der Atlantis keine Sekunde lang gezögert, ihm den gewünschten Counselorposten zu überlassen, inklusive eigenem Büro. Und egal, wie frustriert Jordan in ihren eigenen Ohren klang, der Mann hatte es sich wirklich verdient... passte hervorragend in diesen Chaotenhaufen.

"Kincaid Ende."

Einen Moment lang hatte sie mit dem Gedanken gespielt, Jeffrey auf einen Drink einzuladen und noch einmal auf dieses Gespräch zurückzukommen, aber sie ließ ihn wieder fallen. Kein Grund, ihm ausgerechnet heute den Tag zu verderben.

--- Maschinenraum

Müde und abgekämpft lehnte sich Alex in dem Drehstuhl zurück, in dem er die letzten Stunden beinahe ununterbrochen verbracht hatte und unterdrückte ein Gähnen, während er sich die Augen rieb. Endlich hatten sie es geschafft. Die letzten Reparaturen waren abgeschlossen, die Transporter und der Computerkern liefen wieder ohne irgendwelche Fehlermeldungen und auch die Schildgeneratoren funktionierten wie geplant. Und das nach 5 Tagen Dauerarbeit.

Alex konnte sich gar nicht mehr vorstellen, wann er das letzte Mal so lange ohne irgendwelche größeren Pausen geschuftet hatte; vom gelegentlichen Schlafen mal abgesehen. Und dabei hatte es ihn mehr oder weniger noch besser erwischt als die anderen Techniker. Denn als er nach dem Vorfall im Transporterraum von S'Tom in die Krankenstation gebeamt worden war, da hatte ihn Cailin doch glatt für einen ganzen Tag zur Beobachtung da behalten, obwohl er bis auf ein paar Kratzer nicht wirklich etwas abbekommen hatte. Aber bei der Vogelfrau biss man da sprichwörtlich auf Granit, wenn man versuchte, sich vor der offiziellen Entlassung von ihrer Station zu verkrümeln. Und so war er dann erst mit eintägiger Verspätung zu den Reparaturarbeiten gestoßen, mit denen Yhea direkt nach Verlassen des Nebels und der Beendigung der Krise begonnen hatte.

Er drehte sich zu dem Romulaner um, der gerade mit einer neuen Tasse Kaffee vom Replikator zurück kam. Ihm sah man die Strapazen ziemlich deutlich an; blutunterlaufene Augen, aschfahles Gesicht und Alex konnte nicht umhin zu glauben, dass die spitzen Ohren des Romulaners ein wenig mehr herunter hingen als sonst. Wahrscheinlich hielten nur noch die unmenschlichen Mengen an Koffein den Chefingenieur auf den Beinen.

"Yhea, du solltest endlich ins Bett verschwinden", rief er seinem Chef zu und erhob sich aus dem Stuhl. "Wir sind hier mit allem fertig und ich bezweifle, dass die nächsten Stunden irgendetwas Wichtiges passieren wird, was deine Anwesenheit hier rechtfertigt. Ich werde hier aufpassen und sollte doch etwas sein, dann wecke ich dich direkt."

Er bekam vom Romulaner einen skeptischen Blick zugeworfen, doch schließlich erhob dieser sich schnaufend aus dem Stuhl und drückte Alex die Kaffeetasse in die Hand.

"Du hast recht. Ich glaube, wenn Cailin mich jetzt so sehen würde, dann würden ihr wahrscheinlich auf den Schlag sämtliche Federn ausfallen." Er kommentierte den lahmen Witz mit einem müden Lächeln und schritt dann winkend Richtung Ausgang. "Gute Nacht und bis in ein paar Tagen."

Alex blickte dem Romulaner kopfschüttelnd hinterher, während er gedankenverloren aus der Tasse trank, die er in der Hand hielt. Angeekelt spuckte er die Flüssigkeit schnell wieder zurück in die Tasse.

"Verdammt, ist das eine fürchterliche Brühe", entfuhr es ihm, während er das Ganze schnell zurück zum Replikator brachte, um keine weiteren Unfälle damit zu erleben. "Kein Wunder, dass Cailin ihm dieses Zeug untersagt hat."

Summend verschwand die Tasse im Replikator, während Alex sich im Maschinenraum umblickte und nach verräterischen Geräuschen lauschte, doch alles war ganz normal und nichts forderte seine Aufmerksamkeit.

"Computer", rief er in die Stille hinein, "Überwachungsprogramm Poulsen 1c ausführen."

"Befehl bestätigt, Überwachung gestartet", antwortete der Computer prompt und so verließ Alex den Maschinenraum mit Ziel Mannschaftsmesse, um das aufkommende Knurren seines Magens zu bekämpfen. Der Computer würde ihn direkt informieren, sollte etwas Außerplanmäßiges bei der Technik passieren.

--- Jeffreys Quartier

David saß in seinem Sessel und blickte auf das Sternenmeer hinaus. Das Licht in seinem Quartier war komplett abgeschaltet, so dass er die fernen Lichter viel intensiver wahrnahm. Er genoss den Ausblick bei einer klingonischen Oper. Zum ersten Mal seit vielen Monaten fühlte er sich wohl und zufrieden. Die Nachricht, die eben von Jordan gekommen war, hatte ihn unglaublich überrascht. Gerade nach seinem Gefühlsausbruch vor der Ärztin dachte er nicht daran, dass sie ihn noch immer für den Job vorschlagen würde.

Er stand auf, streckte sich und aktivierte das Licht wieder. Bevor er sich seinen alten Wollpulli überzog suchte er noch einen Notizzettel. Gutgelaunt kritzelte er einen kleinen Smiley und ein "Danke!" darauf.

--- Korridore

David nahm den Zettel und schob ihn unter Jordan Kincaids Quartiertür hindurch, welche sich direkt gegenüber seiner befand.

--- Büro des Schiffscounselors

Das Büro war geräumig. An den Wänden befanden sich viele abstrakte Bilder. Bilder, die man sich sehr lange anschauen und jedesmal etwas anderes sehen konnte. In einer Ecke war ein Arbeitsplatz eingerichtet. Unter dem Panoramafenster stand die obligatorische Couch und zwei Sessel davor. Viele Pflanzen vermittelten eine angenehme Atmosphäre. Eine Standard Sternenflotteneinrichtung. Zufrieden setzte er sich an den Computer und beauftragte zuallererst einen der praktischen Putzroboter mit der Reinigung des Büros. Dann kam ihm eine Idee.

"Jeffrey an Xen. Haben Sie heute Nachmittag schon was vor?"

--- Atlantis, Quartier des Captains, ebenfalls fünf Tage später

Mit konzentriertem Blick und nachdenklicher Stirn betrachtete der Captain verschiedenste Statusberichte der einzelnen Abteilungen an Bord der Atlantis auf dem Bildschirm seines Schreibtischterminals. Leichte Dampfschwaden stiegen von einer Teetasse, die daneben stand, auf und trieben kurz vor seinen Augen vorbei, bevor sie sich unsichtbar in der Luft verteilten. Unbewusst rührte er mit einem kleinen Löffel in der Tasse herum und ließ ein gelegentliches Klingen durch den Raum erschallen, wenn er das Keramikmaterial berührte. Die Beleuchtung war auf ein beruhigendes Maß herunter gedreht, so dass die Schatten in seinem Quartier die hellen Flecken um ein vielfaches überwogen und doch fühlte er sich richtig wohl. Das Schiff funktionierte wieder zu 100 Prozent, die Besatzung war inzwischen auch wieder soweit erholt und er hatte es geschafft, selbst als Captain wieder etwas Zeit für sich zu finden. Für sich und seine Berichte.

Ein Lächeln huschte über sein Gesicht, als er genauer darüber nachdachte. Vermutlich war er der einzige Captain in diesem Quadranten, der es mochte, Berichte zu lesen. Meistens sogar lieber, als ein normales Buch, denn wann war man mal selber eine Figur in gerade diesem.

Gerade wollte er zum nächsten Bericht übergehen; es wäre der vom Technikpersonal gewesen, da läutete es an seiner Quartierstür. Kurz darüber grübelnd, wer es denn sein könnte, gab er dem Besuch die Erlaubnis, einzutreten. Mit einem Zischen glitten die beiden Türhälften auseinander und gaben den Blick frei auf Sternenlicht, der langsamen Schrittes in das Quartier kam.

"Guten Abend, Captain", begrüßte das Katzenwesen den Kommandierenden der Atlantis. "Ich kann Ihnen melden, dass wir in der Wissenschaft jetzt wieder mit voller Effizienz arbeiten. Die Details haben Sie in dem Bericht, den ich Ihnen heute Nachmittag zukommen ließ.

Zwei Dinge würde ich gerne noch persönlich ergänzen: Zum einen würde ich gerne die Arbeit des Labor-Teams, insbesondere von Zooth A'hdai hervorheben. Ohne sie hätten wir das Bakterium bei weitem nicht so schnell isolieren können.

Weiterhin würde ich die Daten des Bakteriums gerne an einen Bekannten in der Wissenschaftlichen Abteilung der Sternenflotte weiterleiten. Ich halte ihn für vertrauenswürdig und er sollte uns sagen können, ob in Datenbanken der Flotte weitere Daten über den Kampfstoff zu finden sind. Ich würde diese dann gerne mit Llewella durchgehen, vielleicht gibt es noch einige Langzeiteffekte, die man behandeln müsste."

Gespannt wartete der sivaoanische Wissenschaftler auf die Reaktion des Chefs. Das Lob an A'hdai hatte er persönlich erwähnen wollen, vielleicht verhalf es der Laborantin zu einer kleinen Gehaltserhöhung. Diese hatte sie sich redlich verdient.

"Das sind gute Neuigkeiten und Sie haben die Erlaubnis, in diesen Punkten zu handeln, wie Sie es vorgeschlagen haben", antwortete Julian gelassen, während er den Löffel nun endgültig aus der Tasse nahm und sich einen Schluck Tee genehmigte. "Ich denke, wir alle haben uns zusammenfassend gesehen bei der ganzen Geschichte relativ gut geschlagen und natürlich werden besondere Verdienste auch besonders belohnt."

Er versuchte, bei seinem letzten Satz ein wenig aus der Mimik des Katzenwesens heraus zu lesen, jedoch ging sein sivaoanisches Verständnis nicht soweit, um wirklich zu wissen, was Sternenlicht nun dachte. Okay, das konnte natürlich auch daran liegen, dass er keine Gedanken lesen konnte, jedoch fragte er sich schon manchmal, ob der Schweif nicht vielleicht eigene Gedanken hatte oder zumindest ein eigenes Bewusstsein. Bei der Menge an Bewegungen war das durchaus möglich.

"Aber wo wir gerade bei besonderen Verdiensten sind ...", kam O'Connor wieder auf das Thema zurück. "Sie waren auch nicht gerade wenig am positiven Ende der Geschichte beteiligt."

Irritiert blickte Sternenlicht den Menschen an. Wusste er nicht, dass das alles so grandios hätte schief gehen können? "Übertreiben Sie bitte nicht, Captain, ich habe nur getan, was getan werden musste. Es hätte ebenso gut auch völlig daneben gehen können.

Mal davon abgesehen, ich habe drei Menschen getötet", bei diesen Worten fand Sternenlichts Schweif scheinbar unbewusst den Weg in seine Pfoten. "Man kann dies wohl kaum als positiv bezeichnen, auch wenn es sich um Verbrecher handelte."

"Von Übertreibung kann hier ja gar nicht die Rede sein", antwortete der Captain und lehnte sich in seinem Stuhl zurück. "Sie haben verdammt gute Arbeit geleistet, Punkt. Ich behaupte, ohne Sie wären noch viel mehr Leute gestorben und zwar auf unserer Seite. Es ist schon so schlimm genug, dass wir Miss Jefferson und Miss Connor verloren haben, doch dass die Attentäter bei dem Versuch, noch weiteren Schaden anzurichten, gestorben sind ... nun ja, ehrlich gesagt weine ich denen keine Träne hinterher. Und das sollten Sie auch nicht, Sternenlicht. Belasten Sie ihr Gewissen nicht mit solch unnötigen Gedankengängen."

"Würde ich mein Gewissen nicht damit belasten, würde ich mich mit ihnen auf eine Stufe stellen. Wissen Sie, in meiner Gesellschaft gilt das Leben als das allerhöchste Gut. Wir haben auf unserer Welt bis heute nur sehr wenige Arten ausgerottet, und die Folgen daraus sind eines der dunkleren Kapitel unserer Vergangenheit. Verstehen Sie mich recht, Captain. Ich weine den Terroristen sicher nicht hinterher, aber ich muss mich schon gegenüber mir selbst der Verantwortung stellen und meine Tat akzeptieren."

Sternenlicht stand auf und ging zum Fenster, er hielt es nicht mehr auf dem Stuhl aus: "Sie müssen verstehen, dass wir Sivaoaner im Grunde unserer Instinkte nach wie vor Raubtiere sind. Nur Dank unserer Sitten und Gebräuche, die für uns unumstößlich sind, haben wir es geschafft, eine Zivilisation aufzubauen und nicht im Abgrund der Anarchie zu verschwinden. Würde ich den Tod der beiden Terroristen ohne Bedenken akzeptieren, wäre dies der erste Schritt in den Abgrund. Sie haben gesehen, was ich anrichten kann, wenn ich in die Ecke gedrängt werde. Stellen Sie sich vor, das würde langsam zum Normalzustand werden."

Das Katzenwesen drehte sich um und blickte O'Connor wieder in die Augen: "Das darf nie passieren, Captain. Hätte Llewella in Quartier 42 eine falsche Bewegung gemacht, hätte ich sie wahrscheinlich angegriffen. Genauso kompromisslos, wie die Terroristen..."

"Okay, ich verstehe Ihr Dilemma", sagte O'Connor in einem verständnisvollen Ton. "Aber ich denke, jedes Volk hat so seine dunklen Zeiten und seine Probleme damit. Solange wir das und uns aber unter Kontrolle haben und wissen, wie wir unsere positiven Schlüsse daraus ziehen können, dann besteht noch Hoffnung."

Ein Lächeln umspielte seine Mundwinkel, als er sich aus dem Stuhl erhob und neben Sternenlicht stellte, den Blick hinaus auf die Sterne gerichtet.

"Ich glaube, eigentlich sind wir gar nicht so verschieden", bemerkte er, wobei er sich das Lachen verkniff, als er Sternenlichts Schweif kurz zur Seite zucken sah. "Zumindest teilen wir ähnliche Ansichten und laufen quasi auf einer Wellenlänge, wie man bei uns so schön sagt."

Kurz räusperte er sich, bevor er zu dem Punkt kam, der ihm schon seit Beendigung der Krise auf dem Herzen lag.

"Sternenlicht!", kam er direkt zum Kern der Sache, "Was würden Sie davon halten, wenn ich Ihnen den Posten des ersten Offiziers anbieten würde?"

Verblüfft zuckten Sternenlichts Ohren nach hinten, als er das unerwartete Angebot vernahm. Er? Erster Offizier? Er blickte wieder aus dem Fenster, dachte nach. Auch über das Angebot, aber insbesondere über das, was der Terraner davor gesagt hatte. Er hatte gar nicht so unrecht, ging es ihm durch den Kopf.

Er wandte sich wieder an den Kommandierenden: "Ich muss ehrlich zugeben, dass mich Ihr Angebot ein wenig überrascht. Wenn ich Ihnen jetzt sagen würde, dass ich mich dafür nicht für qualifiziert hielte", O'Connor zog bei diesen Worten seine Augenbrauen nach oben, "würden Sie es vermutlich abtun. Ich habe Ihrem Urteil immer vertraut, und ich werde es auch heute tun. Ich nehme Ihr Angebot an, in der Hoffnung, Sie nicht zu enttäuschen."

Mit einem zufriedenen Nicken streckte der Captain Sternenlicht die Hand hin, um ihn zu beglückwünschen. "Ich weiß ja nicht, wie Sie das bei ihrem Volk handhaben, aber ich gratuliere ihnen dann mal ganz herzlich, Commander Sternenlicht. Auf gute Zusammenarbeit und erfolgreiches Arbeiten."

Damit verabschiedete er das Katzenwesen; seinen neuen ersten Offizier und schritt dann zurück zu seinem Schreibtisch. Es gab noch eine Mannschaft zu informieren...

--- Llewellas Quartier

Llewella hatte es sich, altmodisch, wie sie nun einmal war, mit einem guten Buch bewaffnet auf ihrer Couch gemütlich gemacht. Sie hatte die langen Beine ausgestreckt, das Buch lag auf ihrem Schoß, während ruhige, schottische Instrumentalmusik im Hintergrund plätscherte. Harfen waren es diesmal, keine Dudelsäcke. Harfen entsprachen heute eher ihrer Stimmung.

Vor ein paar Minuten hatte die Schottin das Buch sinken lassen. Sie war zu abgelenkt, um sich auf die Zeilen zu konzentrieren. Die Buchstaben waren vor ihren Augen förmlich zu seltsamen Gebilden zerflossen.

Stattdessen hatte sie ihren Gedanken nachgehangen und die liebliche Musik auf sich wirken lassen.

Ein fröhlicheres Musikstück, das folgte, beschwor die Erinnerung an die Heimat herauf. Die Erinnerung an zahlreiche Ceilidhs, auf denen sie mit Seumas die Nächte durchtanzt hatte. Fröhliche und unbeschwerte Zeiten waren das gewesen - und sie kamen ihr vor, als seien sie Jahrhunderte entfernt.

Seltsam. Dies war das erste Mal, dass sie zwar mit nostalgischer Verklärtheit an jene Studententage zurückdachte, aber ohne den leisen Stich, den sie sonst empfunden hatte, wenn sie an Seumas dachte.

Seumas, von dem jedermann - Llewella eingeschlossen - gedacht hatte, er würde aus Llewella Campbell eines Tages Llewella MacAulay machen...

Seumas, der nach dem Examen plötzlich seine wahre Liebe entdeckt hatte - das All...

Seumas, der eigentlich daran schuld war, dass Llewella jetzt hier auf einem Raumschiff arbeitete, statt in den Highlands, wie sie es sich immer vorgestellt hatte. Weil sie hatte verstehen wollen, welche Faszination das Weltall auf ihn ausübte...

Und an dessen Gesicht sich die Ärztin plötzlich nur noch verschwommen zu erinnern vermochte.

Vor Seumas' rotblonde Haare und grüne Augen schob  sich immer wieder das markante Gesicht des Sicherheitschefs der Atlantis.

Llewella verdrängte das Bild und schalt sich selbst einen Dummkopf.

Sie hatte diesen Mann einfach die letzten Tage zu viel um sich gehabt. Ein gemeinsames Abenteuer erlebt. Sich um ihn gesorgt, wie sie sich um jeden Patienten sorgte, den sie mit viel Mühe von der Schwelle des Todes ins Leben zurückgeholt hatte.

'Mach dir doch nichts vor!', raunte ihr eine innere Stimme zu, als bestünde sie plötzlich aus zwei Personen.

'Du empfindest etwas für ihn!'

Ein lautes "Nay!" entfuhr der Schottin bei diesem Gedanken. Entschlossen klappte sie das Buch zu und stand auf. Sie wies den Computer an, die Lautstärke der Musik zu erhöhen, als könne sie die Stimme damit zum Schweigen bringen.

Llewella schob jeden Gedanken, dass die Stimme Recht haben könnte, energisch weit von sich weg. Pormas zog Schwierigkeiten an wie ein Magnet, er hatte eine dunkle Vergangenheit und war ein notorischer Frauenheld, der mit allem flirtete, was weiblichen Geschlechts war.

Genau die Sorte Mann, von der sich die Schottin schon immer ferngehalten hatte. Sie weigerte sich, daran zu denken, dass sie für Pormas mehr empfinden könnte als Freundschaft...

Der Blick der Ärztin streifte ihre Whiskysammlung im Wandregal. Bauchige, schön geformte Flasche, jede einzelne. Talisker, Bowmore, Ardbeg... und etliche andere.

Am liebsten hätte sie sich jetzt einen guten Drink genehmigt - aber sie wusste, dass sie ihren klaren Kopf heute noch benötigen würde. Also entschied sie sich für eine Tasse Tee, mit der sie dann zu ihrer Couch zurückkehrte.

Die Rothaarige fragte sich zum wiederholten Male, was Pormas wirklich gemeint hatte mit seiner Bemerkung über das "Richten". Sie hatte ein verdammt ungutes Gefühl dabei...

Der Südländer hatte dieses Thema nicht mehr angeschnitten, war Llewella die nächsten Tage aber seltsam ruhig und nachdenklich vorgekommen. Als sie ihn dann hatte aus der Krankenstation entlassen können, hatte er sie mit einem merkwürdig eindringlichen Blick gebeten, heute bei ihm vorbeizukommen.

Die Schottin nahm einen weiteren Schluck Tee. Nach einem Blick auf die Uhr stellte sie ihre Tasse ab, erhob sich und ging ins Badezimmer.

Ihr Spiegel zeigte Llewella wieder ihr gewohntes Aussehen. Die dunklen Augenringe, die sie die beiden Tage nach ihrem Zusammenbruch begleitet hatten, waren verschwunden, und um die Winkel ihres breiten Mundes lag wieder der gewohnte Hauch eines Lächelns.

Wieder einmal entschied sich die hochgewachsene Frau für ihre Hochlandtracht, bestehend aus einem weißen Hemd und der Campbell-Hose sowie dem unvermeidlichen Sporran.

Derart 'ausgerüstet' verließ sie nach einem letzten Schluck Tee ihr Quartier, um sich den Dingen zu stellen, die Pormas ihr erzählen mochte...

--- Gänge, vor einem Panoramafenster

Die hochgewachsene Kriegerin ließ geistesabwesend ihren Blick durch die Weite des Alls schweifen und hing ihren düsteren Gedanken nach.

Nachdem Campbell sie etwas widerwillig aus der Krankenstation entlassen hatte,, war sie zuerst in ihr Quartier gegangen um sich nach den Anstrengungen des letzten Kampfes eine ausführliche Schalldusche zu genehmigen.

Zwar hatte sie keine großen körperlichen Verletzungen davon getragen, aber der Schlag auf den Kopf hatte doch eine ziemlich heftige Gehirnerschütterung zu Folge gehabt, mit deren Auswirkungen sie nun noch ein wenig zu kämpfen hatte. Obwohl sich April durchaus vorstellen konnte, dass ihre empathische Seite auch etwas damit zu tun haben könnte.

Und nun stand sie hier - so nahe an der unendlichen Weite und fühlte sich irgendwie leer. Eine Leere die sie so eigentlich noch nie wirklich gespürt hatte und bei der sie noch nicht sicher war, wie sie damit umgehen sollte.

Seufzend ließ sie ihre Atemluft entweichen und schüttelte resigniert den Kopf. Sie, die sie sonst so stolz darauf war, dass ihr niemand zu nahe kam fühlte sich nun - nachdem der Stress der letzten Tage vorüber war - so unvollständig.

--- Venture, Gänge

Durch den Computer hatte sie Alex‘ Standort in Erfahrung gebracht und wanderte nun durch die Gänge der Venture - in der Hoffung, den Terraner abfangen zu können.

April bog um die nächste Ecke und wurde abrupt aus ihren Gedanken gerissen, als ihr Schritt plötzlich gestoppt wurde und sie dem Gesuchten praktisch in die Arme lief.

Ihr Adrenalinspiegel schoss wie bei dem eines kleinen Mädchens in die Höhe und die sonst so resolute Frau war sich mit einem Mal nicht mehr so sicher, ob nicht auch ihre Wangen ein wenig rot anliefen.

"Hi - ich hab dich gesucht!"

--- Venture, Krankenstation, Büro

Einen Augenblick lang saß Jordan unschlüssig vor ihrer Schreibtischkonsole und tippte mit den Fingern auf die Schreibfläche. Sie hatte gerade die Krankenstation der Atlantis kontaktiert, in der Hoffnung, Dr. Campbell dort anzutreffen, aber die Schottin war nicht im Dienst. Es handelte sich nicht um einen Notfall, also würde sie die einzige Ärztin eines Schiffs nicht in ihrer Freizeit belästigen. Sie hatte der diensthabenden Krankenschwester gesagt, sie wolle Campbell um Hilfe bei einer Untersuchung bitten, und die Kollegin solle sich melden, wann auch immer ihr Zeitplan es zuließ.

Vermutlich war es sowieso eine ganz blöde Idee...

'Nein, es ist eine großartige Idee', widersprach ihr der vernünftigere Teil ihrer selbst, der vierundzwanzig Stunden pro Tag im Dienst war. 'Cailin ist nicht mehr verfügbar, und in ein paar Tagen bist du die einzige Ärztin an Bord. Ein Routine-Check-up bei einer anderen Ärztin ist sehr vernünftig. Selbstscans aus Langeweile, um die Scannerreichweite zu verbessern, zählen nicht.'

Herrje, sie brauchte ein Hobby.

Kopfschüttelnd stand Jordan schließlich auf. Auf der Krankenstation wurde sie gerade nicht gebraucht. Herumsitzen und in Selbstmitleid versinken würde sie nicht weiterbringen. Also gab es eigentlich nur eins, was sie tun konnte, um sich abzulenken:

Die Arbeit suchen, wenn die Arbeit nicht zu ihr kam.

Sie tippte für das nächste Gespräch auf ihren Kommunikator. "Kincaid an Wagenvoort. Haben Sie einen Moment Zeit für mich? Ich würde mit Ihnen gerne über das... medizinische Problem reden, das Sie vor einigen Monaten für mich lösen wollten. Bei mir treffen immer noch infizierte Crewmen ein, unter ihnen", fügte sie spitz hinzu, "mindestens zweimal pro Woche Chi-Lo."

Jordan hasste die Vorstellung, dass auf ihrem Schiff seit Monaten eine Geschlechtskrankheit grassierte wie eine Rattenplage im Mittelalter. Und Chi-Los Versicherungen, dass er sie sich als Konsequenz seiner "Ermittlungen" zugezogen hatte, fand sie überhaupt nicht beruhigend...

--- Atlantis, Quartier 457

Pormas schaute mit leerem Blick aus seinem abgedunkelten Quartier in das Sternenmeer. Nachdem ihn Llewella aus der Krankenstation entlassen hatte, hatte er festgestellt, dass sein Quartier wieder in einem Stück und gereinigt war.

Er hatte sich während seiner Zeit auf dem Biobett lange überlegt, was er, und vor allem, wie er es zu tun hatte. Als er Hand in Hand mit Llewella aufgewacht war, dachte er für einen kurzen Augenblick, alles wäre ein böser Traum gewesen. Für einen Sekundenbruchteil hatte er sich der Fantasie hergegeben, dass die Ärztin und er ein Paar wären, was einfach nur morgens zusammen und vertraut aufwachte.

Das wahre Aufwachen ließ nicht lang auf sich warten.

Der Sicherheitschef hoffte, dass sie es ihm nicht angemerkt hatte, wie verträumt er sie angeschaut hatte, als auch sie aus ihrem Schlaf erwachte. Er hatte sich ihr danach gegenüber reserviert gegeben und hoffte, dass sie ihn nicht durchschaute.

Er kannte das Begehren in ihm nach menschlicher Nähe. Er hatte es schon einmal gespürt... bei Helen.

Und Pormas wusste, was das unweigerliche Ende war, wenn er sich auf eine Beziehung einlassen würde. Llewella war jetzt schon nur knapp ihrem vorzeitigen Ende entkommen.

Er war nicht gut für sie.

Der Südländer hoffte, dass diese Erkenntnis auch sein Herz irgendwann erreichen würde.

Nachdenklich wandte er sich vom Fenster und der dahinter liegenden Weite des Alls ab und lenkte seine Schritte in Richtung Couch. Er setzte sich und nahm zum unzähligsten Mal das PADD in die Hand, welches auf dem daneben stehenden Tisch lag.

'Ich, Pormas Theocrates, verfüge hiermit, im Vollbesitz meiner geistigen Kräfte, meinen letzten Willen...', stumm las er sich den Inhalt des PADDs zum wiederholten Male durch, auf der Suche nach etwas, was er vergessen haben konnte.

Der Südländer seufzte. Eigentlich war dieser Text nur eine Aufzählung, was mit seinen irdischen Gütern passieren sollte.

Seine Waffen wollte er im Innern einer Sonne wissen, damit sie nicht noch mehr Leid verursachten. Sein beträchtliches, unangerührtes Vermögen sollte zugunsten einer bajoranischen Hilfsorganisation gestiftet werden. Er war selbst überrascht gewesen, dass er sich mit dem Geld tatsächlich sein eigenes Raumschiff hätte kaufen können. Und sogar ein Großes.

Pormas schüttelte den Kopf.

Mord war ein einträgliches Geschäft.

Aber es war eben Mord.

Gerne hätte er sich eingeredet, dass er sich geändert hätte und von jetzt an Gutes tun könnte. Aber über dieses Stadium war er längst hinaus. Wenn er sich das jetzt sagte, meinte er das wirklich ehrlich, oder hatte er nur Angst vor der daraus folgenden Konsequenz, wenn er sich nicht geändert hatte? Log er sich selber in die Tasche, weil er Angst vor seinem eigenen Spiegelbild hatte?

Deswegen hatte er sich die einzigen beiden Personen im Universum zu sich bestellt, die er als Freunde bezeichnen konnte. Zumindest bis jetzt.

Sternenlicht und Llewella.

Er würde ihnen vertrauen. So etwas fiel Niemandem leicht. Insbesondere nicht Jemandem, dessen Beruf als Killer es zur ersten Pflicht machte, Niemandem zu vertrauen und zweitens jedes Vertrauen, was einem entgegengebracht wurde, auszunutzen.

Pormas Testament endete noch mit drei kurzen, persönlichen Nachrichten. Je eine für seine Freunde, damit sie keine falschen Schuldgefühle bekamen, und eine an Helens Kinder.

Zu Lebzeiten, da war sich der Südländer sicher, hätte er nie den Mut dazu.

Er wusste, dass die Schottin und das Katzenwesen jeden Augenblick kommen mussten. Ruhig glitt sein Blick durch das frisch renovierte Quartier. Es war leer. Er hatte gepackt. Seine Taschen standen neben der Tür, beschriftet und die mit den Waffen gesichert.

Ein Lächeln stahl sich in das ernste Gesicht des Südländers. Er stellte sich vor, wie der Ferengi versuchen würde, seine Waffenkoffer zu öffnen. Wie er siegessicher alle 32 Sicherheitsvorkehrungen umgehen würde... Naja, Hände wurden sicherlich überbewertet...

Das einzige größere Gerät, welches er nicht eingepackt hatte, war der Abhörschutz, welchen er in der Mitte des Raumes aufstellt hatte. Er wollte nicht, dass die Beiden in Gefahr kämen, nur weil jemand Drittes von dem Gesagten in diesem Quartier erfahren würde.

Ungeduldig tippte er mit dem PADD auf sein Knie. Pormas war selten nervös, aber er wollte es hinter sich bringen. Er wollte endlich beichten. Er wollte Rechenschaft für sein Leben ablegen. Und er wollte endlich ein gerechtes Urteil, egal wie es ausfiel.

Endlich ertönte der erlösende Summer der Tür. Der Sicherheitschef atmete noch einmal tief durch, bevor er aufstand. Sie waren da. Er würde ihnen Alles erzählen. Und dann würden sie ihm sagen, was sie von ihm hielten.

Dieses Urteil würde er annehmen.

Pormas legte das PADD aus der Hand wieder auf den Tisch. Sein letzter Wille leuchtete immer noch in den gelben Buchstaben auf dem Display, als der Südländer zur Tür ging.

Daneben lag sein Blaster.

--- Deck 5, vor Quartier 457

Es ließ dem Ferengi einfach keine Ruhe.

Seit Tagen schwirrte diese eine Frage in seinem Kopf herum. Eine von vielen Fragen, die unbeantwortet geblieben waren. Aber die einzige, auf die Narbo eine Antwort benötigte. Für sich selbst.

Das ganze Chaos war so abrupt zu Ende gegangen...

...nachdem er selbst endlich eingegriffen hatte. Sicher, zunächst hatte er sich zurückgehalten, aber als alle anderen versagt hatten, hatte er sich doch dazu herabgelassen.

'Ich habe einfach ein zu großes Herz!', befand der Barbesitzer in aller Bescheidenheit und grinste leicht vor sich hin. Gut, er hatte diesen Möchtegernterroristen auch zeigen wollen, dass ein gutes altes Messer manchmal besser war als irgendwelche Kampfstoffe...

Beruhigt spürte er den leichten Druck des Schaftes an seiner Wade.

Dann öffnete sich die Tür.

Verblüfft schaute Pormas geradeaus aus der Tür. Er setzte schon zur Begrüßung an, als im Gewahr wurde, dass niemand da war. Ein Räuspern ließ seinen Blick nach unten wandern.

Er korrigierte sich. Es war zumindest niemand mit der erwarteten Größe gekommen.

"Narbo, was machst du denn hier? Wir haben doch erst Morgen unseren Schachabend..."

"Hab ich wohl vergessen, in meinem Terminkalender einzutragen", erwiderte der Ferengi, ohne zu wissen, was dieses Schach wohl war.

Routiniert ließ er seinen Blick durch das Quartier hinter Pormas wandern, schaute an dem riesigen Körper des Menschen vorbei und tastete schnell alles mit seinen Augen ab.

Unweigerlich fielen ihm die gepackten Taschen neben der Tür auf.

"Reise geplant? Oder bekommen wir bald wöchentlich Besuch von den Resten deiner Vergangenheit und dein Arsch geht Dir auf Grundeis? Mach Dir keine Sorgen, solange ich hier bin, passe ich auf dich auf"

Jedenfalls, wenn Pormas halbwegs pflegeleicht blieb. Außerdem waren Versprechungen umsonst und falls er sich doch nicht daran hielt und der Halbgrieche starb, nun, dann würde er trotzdem keinen Ärger bekommen.

Als Barbesitzer sollte man zur Sicherheit des Schiffes immer einen guten Draht haben. Gut, meistens konnte man das dumme Pack nicht ausstehen, aber kleine, dezente Geldgeschenke ersetzten den persönlichen Kontakt.

Leider war Pormas nicht bestechlich.

Oder aber sein Preis war zu hoch...

"Weswegen ich hier bin: Hat dein löchriges Hirn endlich herausgefunden, was du neulich auf deinen Teppich gekritzelt hattest?"

Narbo war erleichtert, als er die Frage gestellt hatte, die ihn die letzten Tage beschäftigt hatte. Er hasste sich fast dafür. Es war eine dämliche Frage, unwichtig, aber seit der Sicherheitschef ihn auf dem Holodeck einfach mit den möglichen Übersetzungen stehen gelassen hatte...

...verdammt, es brannte einfach auf seiner Seele!

Wenn Pormas eben schon verblüfft geschaut hatte, blickte er nun den Ferengi regelrecht ungläubig an. Dann brach er in schallendes Gelächter aus. Es war zu absurd. Er beschäftigte sich seit Tagen mit seiner Lebensbeichte und dann kam Narbo vorbei und fragte ihn so was Bescheuertes...

Das Leben hatte wirklich einen Sinn für Humor.

Schnell beruhigte sich der Südländer wieder, "Tut mir leid Narbo...", immer noch grinsend schaute er dem Kleineren in die Augen, "Du wirfst mir doch seit Jahr und Tag Eindimensionalität und noch weiteres, nicht sehr Schmeichelhaftes, vor... denkst du, ich hab dir in all der Zeit meine lyrische Ader vorenthalten?"

Kopfschüttelnd lehnte sich der Sicherheitschef gegen den Türrahmen. "Wenn du auf Haikus stehst, bist du bei mir an der falschen Adresse. Und was meine Koffer angeht...", lächelnd blickte er den Ferengi an, "Falls noch ein Stück meiner Vergangenheit vorbeikommen sollte und ich bin nicht da, hab ich eine Nachricht hinterlassen, dass du meine Interessen vertreten wirst."

Mit einem Ruck stellte sich der Südländer wieder aufrecht hin, als er meinte, Stimmen auf dem Gang zu vernehmen, "War es das? Ich erwarte nämlich noch Besuch."

"Hab ich es mir doch gedacht!", stieß der Ferengi triumphierend aus, auch wenn es nicht stimmte, und ignorierte den Rest, den der Halbgrieche gesagt hatte. Mit ein paar Terroristen wurde er schon fertig. 

Vor allem, wenn es wieder solche Anfänger wie zuletzt sein würden.

Siegessicher zeigte Narbo sein hinterhältigstes Grinsen.

"Und nur, weil ich dich für eindimensional, triebgesteuert und wahnsinnig halte, heißt das ja noch lange nicht, dass du nicht noch zusätzlich schlechte Gedichte schreibst.

Wäre ja auch okay. Ich will ja nicht über Dich richten. Das sollen mal schön andere übernehmen, die mehr Zeit haben als ich..."

Für einen Moment glaubte Narbo Unsicherheit im Gesicht seines Gegenübers erkennen zu können, aber Pormas Mimik wirkte fast augenblicklich wieder normal.

"Wie auch immer. Ich muss in meine Bar, den heutigen Profit errechnen: Diese Zahlen auf dem Papier, das ist wahre Lyrik, Mensch!"

Damit ließ er Pormas stehen und verschwand.

--- Sternenlichts Quartier

Sternenlicht hatte die halbe Nacht kein Auge zugetan. Mit sich selbst war er mittlerweile weitestgehend im Reinen. Die einzige Frage, die für ihn blieb, war, ob er sie hatte wirklich töten müssen. Er war geneigt, die Frage mit Ja zu beantworten. Vermutlich wäre er jetzt tot, hätte er gezögert. Instinktiv fuhr sein Schweif über das fehlende Stück Fell, welches der Phaser seines ersten Opfers weg gebrannt hatte.

Wieso er allerdings den zweiten Kampf ohne einen Kratzer überstanden hatte, das überstieg noch immer seinen Horizont. Trotz seines Erinnerungsvermögens. Nicht, das er sich an diese Szene zu sehr im Detail erinnern wollte.

Zu diesem Schluss war er aber schon vor einigen Tagen gekommen.

Eine ganz andere Frage beschäftigte ihn, und diese hatte mit dem Treffen zu tun, das auf ihn wartete.

Entschlossen verließ er sein Quartier.

--- Llewellas Quartier

Mitten in der Tür hielt Llewella ruckartig an. Sternenlicht stand im Weg, gerade im Begriff, auf den Türsummer zu drücken.

"Llewella, kann ich Dich noch einen Moment sprechen, bevor wir weitergehen?" Die Schottin nickte und ging einen Schritt beiseite. Sternenlicht trat ein.

"Was gibt es denn?", fragte sie den Sivaoaner.

"Nun...", Sternenlicht zögerte einen Moment, seinen Schweif in den Händen. "Pormas möchte sich bei uns aussprechen", stellte er überflüssigerweise fest. Etwas unschlüssig hielt er wieder inne.

"Llewella, du weißt, dass ich nach wie vor nach den Sitten meines Volkes lebe. Nur nach diesen kann ich über Pormas urteilen. Wenn er uns das erzählt, von dem ich annehme, das er es tut..." Er ließ den Rest des Satzes in der Luft hängen.

"Vielleicht ist es besser, wenn du ihn vorwarnst, ob er mich wirklich dabeihaben möchte..."

Nachdenklich blickte die Schottin das Katzenwesen an. An diesen Aspekt der Dinge hatte sie noch gar nicht gedacht. Die Kultur der Sivaoaner war da doch sehr anders als die der Menschen, auf der einen Seite kompromissloser, aber irgendwo vielleicht auch einfacher...

"Aye, das wäre vielleicht wirklich sinnvoll", nickte sie Sternenlicht zu.

Nach einer kurzen Pause fügte sie dann noch hinzu: "Und wenn er dich wirklich dabei haben will - ich möchte dich bitten, zumindest nicht vorschnell zu reagieren..."

Die Schnurrhaare des Sivaoaners neigten sich nach vorne. Sie kannte dies seit langem als Zeichen der Zustimmung. "Llewella, ich gebe dir mein Wort als Barde, dass ich das nicht tun werde. Ich warte in meinem Quartier, ruft mich, wenn ihr soweit seid."

Mit diesen Worten verließ Sternenlicht Llewellas Quartier und begann zu warten.

Seufzend blickte die Schottin dem Sivaoaner hinterher. Das verkomplizierte einiges.

Llewella trat nun zum zweiten Mal aus ihrem Quartier und schritt langsam und tief in Gedanken versunken den Gang hinunter.

--- vor Pormas Quartier

Irritiert blickte die Ärztin dem davoneilenden Ferengi hinterher. Was hatte der denn hier gemacht? Immerhin war es auf dem gesamten Schiff bekannt, dass der Sicherheitschef und Narbo nicht gerade Freunde waren.

Pormas stand noch in der Türe seines Quartiers und blickte ebenfalls hinter Narbo her. Sein Gesichtsausdruck war unergründlich.

Als der Südländer Llewella kommen sah, trat er einen Schritt aus der Türöffnung auf sie zu und forderte sie mit einer leichten Geste auf, einzutreten.

Beinahe lautlos schloss sich die Türe hinter den beiden wieder.

--- Pormas Quartier

Voller Verblüffung blickte sich die Schottin in dem Raum um. Sie wusste nicht, was sie eigentlich erwartet hatte - aber sicher nicht einen unpersönlichen Raum und etliche Taschen, die an der Türe standen.

Misstrauisch  sah sie den Südländer an. Was bedeutete dieser Ausdruck in seinen Augen? Was zum Teufel hatte er vor?

Kopfschüttelnd ließ sie ihren Blick wieder durch das Quartier schweifen. Sie entdeckte ein aktiviertes PADD - und daneben einen Blaster.

Bevor sie zu einer Frage ansetzen konnte, ging Pormas schnell durch den Raum und deaktivierte das PADD. Llewella hatte von ihrem Standpunkt aus nicht erkennen können, was darauf geschrieben war.

Sie atmete tief durch und wandte sich endlich an den Sicherheitler: "Sternenlicht kommt später." Sie blickte zu Boden, fasste sich dann ein Herz und trat einen Schritt auf Pormas zu. "Wir haben da ein kleines Problem...", nur mühsam fand sie die richtigen Worte.

"Sternenlicht kommt aus einer Kultur, die extrem hoch angesetzte Werte in Bezug auf das Leben hat.... Wenn ich dran denke... was du mir schon erzählt hast... kann ich mir vorstellen, was da noch kommt...", wieder hielt die Schottin kurz inne. "Und bei dem, was du über das 'Richten' gemeint hattest... solltest du dir vielleicht gut überlegen, ob du ihn wirklich dabei haben willst..."

Pormas seufzte und blickte Llewella in die Augen, "Ich will ihn dabei haben.", ungewollt lächelte er, "Glaubst du, ich weiß nicht, wen ich mir ausgesucht habe? Ich bin mir über die sivaoanische Kultur bewusst. Aber ich habe lange genug in den Schatten gelebt...

Wenn meine Seele nicht vor der Sonne von hehren Idealen bestehen kann... dann nicht. Der Konsequenzen bin ich mir bewusst.", betrübt ging der Sicherheitschef wieder zum Fenster, "Ich bilde mir ein, Sternenlicht als Freund zu betrachten. Er sieht es zumindest so. Er hat das Recht darauf, zu erfahren, WEN er als Freund bezeichnet."

Mit leerem Blick schaute er in das Gemälde namens Universum, "Llewella... das hier fällt mir sehr schwer... ich würde gerne warten... bis er da ist..."

--- Sternenlichts Quartier

"Llewella an Sternenlicht, Du kannst kommen."

Der Sivaoaner war gerade vor das Fenster seines Quartiers getreten. Er hatte Sivao gesucht, aber von seiner Position aus war seine Heimat nicht zu sehen. Oder, besser gesagt, die Konstellation, in der Sivao stand. Die Stimme seiner alten Gefährtin riss ihn aus seinen Gedanken.

Er antwortete ihr mit einem simplen "Okay" und machte sich auf den Weg.

--- Pormas Quartier

Sternenlicht betrat das Quartier des Sicherheitschefs der Atlantis. Den Kistenstapeln warf er nur kurz einen Seitenblick zu; er hatte mit etwas Ähnlichem gerechnet.

Ohne ein Wort trat er vor ein Fenster in der Ecke des Raumes. "Pormas, ich empfehle dir, auf der anderen Seite des Raumes zu bleiben. Dort kann ich dich nicht direkt erreichen. Sollte ich nervös werden, geht besser. Ich möchte hier niemanden verletzen."

--- Computerkern

Jean blickte von ihrer Konsole auf und musste mit einem Mal breit grinsen, als sie die Stimme des Terraners hörte. Nachdem sich die Lage entspannt hatte, hatte die Trill begonnen, den Speicher wieder in den Kern einzubauen und war seither - mit ein paar Stunden Schlaf zwischendurch - damit beschäftigt, beschädigte Daten wieder zu rekonstruieren.

Es war ein langweiliger und ermüdender Job und so freute sie sich sichtlich über ein bisschen Abwechslung.

"Bis jetzt sieht es noch so aus, dass ich wohl meinen Kommunikator bewachen werde, damit die Crew einen Kummerkasten hat, wenn sie feststellt, dass ein paar ihrer Daten gelöscht wurden ...", antwortete sie nach kurzem überlegen.

Obwohl der Bergriff Kummerkasten noch bei weitem eine untertriebene Beschreibung war. Viele ihrer Kollegen war absolut nicht erfreut über den plötzlichen Datenverlust und so hatte sich die junge Frau innerhalb der letzten Stunden auch die eine oder andere wilde Beschimpfung anhören müssen. In den meisten Fällen hatten solche Wutanfälle, die ihr entgegen schwappten, jedoch eine mysteriöse Störung in der Kom-Leitung zur Folge. [*G*]

"Aber sie werden mir sicher gleich einen Vorschlag machen, wie ich meine Zeit sinnvoller nutzen könnte!", setzte Jean noch amüsiert nach.

--- Venture, Quartier 12

Vor Schreck fiel Ruben der Fischfutterstreuer aus der Hand und direkt in das Aquarium. Langsam sank die Dose auf den Boden. Aus der Öffnung sah man das pulverige Futter wie eine Staubwolke aufsteigen, auf die sich die Bewohner des Beckens sofort gierig stürzten.

Rasch griff Wagenvoort in das Wasser und fischte nach dem Streuer. Die kalte, schuppige Haut seiner Zierfische rieb sich an seinem Handrücken und der Niederländer musste seine ganze Beherrschung aufbringen, um die Hand nicht panisch zurückzuziehen.

Ein paar quälende Sekunden später hatte er die kleine Dose gefunden und entfernte sie rasch aus dem Wasser. Etwa ein Drittel der Futtermenge war schon ausgeschwemmt worden.

Hoffentlich überfraßen sich seine Lieblinge nicht!

Er würde in der medizinischen Datenbank der Venture nachschauen!

In dem Moment fiel ihm wieder ein, wieso er sich so erschrocken hatte: 'DIE Krankheit!'

Erfolgreich hatte er das Thema in den letzten Monaten verdrängt und gehofft, dass es sich von selbst erledigte. Anscheinend war das aber nicht der Fall, sonst hätte die Ärztin sich nicht gemeldet.

"Ähh, gerne, wo denn?", erwiderte er, auch wenn er sich nicht auf die Sache freute, aber die Arbeit musste wohl getan werden, "Ach, und kennen Sie sich vielleicht auch mit Tieren aus?"

--- Krankenstation

'Tiere?', wiederholte Jordan innerlich. 'Tiere??'

Sie traute sich fast nicht zu fragen, um welche Tiere es ging. K'nagh-Würmer. Klingonische Targh. Vulkanischer Aal. Katzen.

Jordan hasste Katzen.

Sie erinnerten sie an alte Jungfern mit zwölf süßen, miauenden, verschmusten Katzen, zu denen sie *nicht* in naher Zukunft zählen würde.

Davon abgesehen bedeuteten Tiere auf der Venture nie etwas Gutes.

"Das kommt vollkommen auf die Spezies an", erwiderte sie vorsichtig. "Ich bin sicher, mithilfe der Datenbank wird sich da etwas machen lassen." Außer bei Katzen. "Ich wusste nicht, dass Sie ein Haustier haben?"

'Sag, dass es ein Haustier ist', betete sie. 'Sag, dass die Venture nicht von genetisch aufgewerteten romulanischen Katzen überrannt wird.'

Denn das war etwas, das man nur einmal im Leben durchmachen durfte, wenn man nicht den Verstand verlieren wollte, und das eine Mal hatte gereicht.

--- Gänge

"Wow", entfuhr es Alex, als er schwungvoll zum Stehen kam, um April nicht über den Haufen zu rennen. Unbewusst hatte er auf dem Weg zum tanzenden Liebesdiener einen ziemlich flotten Gang an den Tag gelegt, der ihm hier nun beinahe zum Verhängnis wurde. Doch was konnte man schon tun, wenn der Magen immer lauter knurrte und sich die Leute schon nach ihm umdrehten.

"Hallo April", begrüßte er die Bajoranerin und setzte ein Lächeln auf. "Ich würde sagen, du hast mich gefunden."

Er überlegte kurz, ob er der Begrüßung noch einen Kuss hinzufügen sollte, hielt sich dann aber zurück, als er ihr gerötetes Gesicht sah und nicht wusste, ob sie nun peinlich berührt war oder einfach nur nervös über sein plötzliches Auftauchen.

"Möchtest du mich zum tanzenden Liebesdiener begleiten oder wie kann ich dir sonst behilflich sein? Vielleicht eine kurzfristige Turbolift-Inspektion?"

Angestrengt unterdrückte er ein breites Grinsen, als er an die zurückliegende Annäherung zwischen ihnen dachte.

Aprils Gemüt entspannte sich ein wenig, als sie sah, wie entspannt der Techniker ihr gegenüber trat. Eigentlich hatte sie erwartet, dass er nach ihrer letzten Begegnung, bei der sie einfach davongelaufen war, ihr noch böse war - doch wie es schien, war dies wohl eher nicht der Fall.

Und so ließ sich die junge Frau von dem schelmischen Grinsen ihres Liebhabers anstecken und lächelte erleichtert nun selbst von einem Ohr bis zum Anderen.

Mit einer geschickten Bewegung packte sie Alex am Kragen und zog sein Gesicht zu ihrem heran. Noch bevor er Einspruch erheben konnte legten sich ihre von Vorfreude prickelnden, feuchten Lippen auf die Seinen.

"Ich habe dich vermisst ...!", nuschelte sie dabei sehnsüchtig.

"Und was glaubst du wie ich erst", nuschelte Alex zurück und genoss dabei Aprils wohlig warme Lippen und die entdeckungsfreudige Zunge, während er seine Arme um sie legte und langsam zu sich heran zog. Wahrscheinlich hätte er noch ewig hier stehen und weitermachen können, jedoch bekamen sie von den vorbeikommenden Leuten sehr seltsame Blicke zugeworfen und so begann er, April langsam in Richtung Turbolift zu schieben.

"Ich kenne da einen Ort, an dem wir ziemlich ungestört sind", hauchte er zwischen zwei Küssen und tippte auf die Ruftaste des Liftes. Es dauerte nicht lange, bis das vertraute Geräusch des ankommenden Liftes und des Öffnens der Türen erklang und sie Beide schnell den kleinen Raum betraten.

--- Turbolift

"Computer, den Turbolift deaktivieren und die Türen verriegeln", rief er dem Computer mit geschlossenen Augen zu, während seine Hände schon an Aprils Oberteil zerrten. "Genehmigung Poulsen, 3875 Alpha Blau."

Die Bestätigung des Computers bekam er schon gar nicht mehr mit, jedoch brachte ihn das gekünstelte Hüsteln einer fremden Stimme etwas aus dem Konzept. Schnell riss er deswegen überrascht die Augen auf und blickte in das ernst dreinschauende Gesicht eines Vulkaniers.

"Ähm ... ja, also ...", mehr brachte er nicht mehr heraus, als ihm sämtliches Blut aus seinem Körper in den Kopf schoss.

--- Büro des Counselors

David drehte sich auf seinem Drehstuhl und grinste. Er konnte sich die Problematik der Technikerin sehr gut vorstellen. War sie doch diejenige, die das ganze Chaos verursacht hatte...

"Was halten Sie davon, wenn wir gleich gemeinsam die Küche einweihen die ich mir in meinem Quartier eingerichtet habe? Ich für meinen Teil hab nämlich einen Bärenhunger."

David liebte das Kochen. Ihm war egal, dass es auf der Venture keine frischen Zutaten gab. Auch mit replizierten Tomaten schmeckte ein selbst zubereitetes Chili con carne noch um Längen besser als ein repliziertes...

"Danach könnten wir ein kleines Abenteuer auf dem Holodeck erleben gehen....", fuhr er fort. "...vorausgesetzt, Sie können sich heute Nachmittag von ihren Pflichten losreißen."

--- Atlantis, Computerkern

"Ach, dazu sage ich doch mal nicht nein!", antwortete Xen gut gelaunt auf den Vorschlag des Terraners und ließ sich nun endgültig von ihrer Arbeit ablenken. Innerhalb der letzten Tage waren es doch fast 900EB gewesen, die sie wieder hergestellt hatte und so beschloss sie nun - auch wenn es mit Sicherheit noch mal genauso viel Daten gab, die auf ihre Rekonstruktion warteten - sich eine Auszeit zu nehmen.

"Wann soll ich da sein?"

Während Jean noch auf eine Antwort wartete fuhr sie ihre Konsole in den Stand-by Modus und wandte sich zum Gehen. Der Computerkern summte hinter ihr leise und beruhigend vor sich hin und für einen Moment erinnerte sich Xen schemenhaft daran, wie hier vor ein paar Tagen die Lichter ausgegangen waren.

--- Venture, Büro des Counselors

"Von mir aus können Sie loslaufen...", sagte antwortete David. "Ach - und bringen Sie ein Rezept Ihrer Wahl mit."

Ohne eine Antwort abzuwarten machte der Psychologe sich auf den Weg zurück in sein Quartier.

--- Turbolift

Von einem Gemütszustand eines absoluten Hochs welches innerhalb von Sekunden in ein grausames Tief übergegangen war, verharrte die Rothaarige mitten in ihrer Bewegung und drehte sich dann langsam um.

Doch im Gegensatz zu Alex verschlug es ihr nicht die Sprache - nur ein Wutanfall kämpfte langsam um seine Existenzberechtigung. Scharf zog sie die Luft zwischen ihren Zähnen ein, was sich fast wie das Zischen eines wilden Tieres anhörte, und zwang ein herausforderndes Lächeln auf ihr Gesicht.

"Computer! Tür noch mal öffnen!" Wenn sie es nicht besser gewusst hätte, hätte sie beinahe geglaubt einen amüsierten Ausdruck im Gesicht des Vulkaniers zu erkennen.

"Sie wollen doch sicher einen anderen Lift nehmen, nicht wahr?"

--- Carters Quartier

Chris hatte es sich mit einem PADD in den Händen auf einem Sessel gemütlich gemacht. Seit er auf der Venture arbeitete, war es sein erster freier Tag und er wollte ihn so richtig genießen, dazu gehörte für ihn auch, an einem seiner vielen Holodeckszenarien weiter zu schreiben.

Dieses hier war beinahe fertig, er hatte nur einfach in der vergangenen Zeit keine Gelegenheit gefunden, es zu vollenden, aber jetzt dauerte es nicht mehr lange. Chris freute sich wie ein Kind an Weihnachten auf diesen ersten, magischen Moment, wenn das Szenario wirklich Gestalt annahm und nicht mehr nur vor seinem inneren Auge zu sehen war.

Eine Piratengeschichte war es dieses Mal geworden, nicht dass Carter eine besondere Beziehung zu diesem Zeitalter gehabt hätte, sein letztes Szenario hatte im 21. Jahrhundert gespielt; aber hier konnte man viele verschiedene Dinge vereinen. Eine Seeschlacht kam darin vor, auch da brauchte es taktisches Geschick.

Chris überflog sein Werk, sofort tauchte das Segelschiff auf, konnte der Sicherheitler den mineralischen, salzigen Geruch der See wahrnehmen, ihren grünlich Grauton, den sie annahm, kurz bevor es einen Sturm oder zumindest schlechtes Wetter geben würde, hörte das leise Schlagen der Wellen an die Bordwand.

Er lächelte zufrieden, steckte dann das PADD in die Tasche und griff nach seinen Becher. Im Aufstehen trank er den letzten Schluck und ließ ihn dann im Replikator verschwinden. Obwohl das Quartier kaum persönliche Gegenstände enthielt, war es sehr ordentlich und sauber. Chris hatte wenige persönliche Gegenstände, es war eine Angewohnheit von ihm, nur so viel wie nötig mit sich zu nehmen.

Man konnte schließlich nie wissen, wie lange man bleiben würde. Dann verließ er sein Quartier, um sein Szenario auf dem Holodeck auszuprobieren.

--- Atlantis, Xens Quartier

Auf dem Weg zurück in ihr Quartier hatte sich die junge Frau einige Rezepte ihrer Lieblingsgerichte durch den Kopf gehen lassen und hin und her überlegt, was sie denn nun genau essen wollte.

Jetzt, nachdem sie aus der Dusche gestiegen war, hatte sie endlich eine Entscheidung getroffen. Voller Vorfreude sprang sie in einen Satz frische Klamotten - eine schwarze Hose und einen dunkelblauen Overall - und wandte sich dann zur Tür.

Doch noch bevor sich diese öffnen konnte drehte sie zähneknirschend noch mal um, schnappte sich das PADD, das achtlos auf ihrem zerwühlten Bett gelegen hatte und stürmte dann erneut in Richtung Ausgang.

--- Venture, vor Jeffreys Quartier

Das Piepen des Türmelders lies Jean genervt die Augen verdrehen. Der Ton hörte sich hier noch nerviger an als auf der Atlantis und die junge Frau machte sich eine geistige Notiz darüber. Sie würde bei Gelegenheit den Technikern der Venture einen neuen Ton unterschieben.

--- Jeffreys Quartier

David war gerade dabei, seine drei Pflanzen von einem Platz zum anderen zu tragen um dem, wie für einen allein wohnenden jungen Mann typisch, ungemütlich und spärlich eingerichtetem Quartier doch noch ein bisschen warme Atmosphäre zu entlocken als er vom Piepen des Türmelders unterbrochen wurde. Er stellte seinen kleinen Gummibaum auf der nächstbesten Ablage ab und öffnete die Tür von Hand. Es wirkte seiner Meinung nach persönlicher wenn man sich bei der Begrüßung direkt gegenüberstand.

"Hallo!", sagte der Terraner leicht angespannt. Es war eine halbe Ewigkeit her, dass er einen Versuch unternommen hatte, persönlichen Kontakt zu einer Frau außerhalb der Dienstzeit, aufzubauen. Und so wirklich hatte er auch nicht daran geglaubt, dass sich Jean Zeit nehmen konnte ... und wollte.

Er machte eine einladende Geste und bat die Technikerin damit in sein Quartier. Die Tür schloss sich leise hinter ihr. "Möchtest du was trinken?", fragte David sie, während er ihr mit einem Auge hinterher blickte. Da die beiden im gleichen Alter waren hielt er das Du für angebracht.

--- Quartier 12

"Sogar mehrere!", sprudelte es aus stolz aus Ruben heraus, "Da sind zwei Melanotaenia praecox, drei Pterophyllum scalare, sechs Poecilia reticulata und viele viele Paracheirodon innesi. Ach, und dann ist da noch eine Caridina cantonensis - sie heißt Hektor!"

Einen Moment schwelgte er in Gedanken und schaute in das mittlerweise riesige Aquarium.

"Das sind Zierfische, wissen Sie?! Also außer Hektor, der ist natürlich eine Garnele!"

--- Atlantis, Pormas Quartier

Der Südländer nickte Sternenlicht zu und ging zum Fenster auf der gegenüberliegenden Seite. Er wusste um die Traditionen seines Volkes und über die Raubtierinstinkte des Wissenschaftlers.

"Ich danke euch für euer Kommen...", nervös strich Pormas sich durch die Haare. Verärgert stellte er fest, dass seine Selbstbeherrschung schon nach wenigen Augenblicken zu bröckeln schien.

"Ich weiß, dass das, was ich euch nun erzählen werde, nicht leicht zu verdauen ist. In der langen Liste von Personen, denen ich wehgetan habe tut es mir leid, dass ich euch das jetzt antun werde. Ich habe viel Schuld auf mich geladen...

Ich will...", ja was wollte er denn? Ärgerlich schüttelte der Südländer die lästige Stimme weg, die einfach nur Absolution wollte, "Ich möchte euch bitten... mir zu sagen, was für ein Mensch ich bin. Ich will wissen, ob man mich... ob ich für das Universum tragbar bin..."

'Herzlichen Glückwunsch du Torfkopf!', fuhr es ihm durch den Kopf. 'Tausendundeins Anmachsprüche parat, aber wenn es ums Seelenheil geht, kommt so eine Ansage...'

Pormas spürte, wie er anfing zu Schwitzen. Nervös fuhr er sich mit beiden Händen durchs Gesicht und verschränkte die Arme hinter dem Kopf, während er einen x-beliebigen Stern fixierte.

Sternenlicht und Llewella schienen zu spüren, wie es ihm ging und verzichteten darauf ihn zu unterbrechen. Er war ihnen dankbar dafür.

"Ich weiß um die sivaoanische Kultur...", richtete er sein Wort an das Katzenwesen, "und ich weiß, dass du das Recht besitzt zu richten. Aber ich bitte dich, hier und jetzt kein Urteil zu vollstrecken. Ich will nicht, dass du dir deine Hände... Pfoten.. du weißt schon... schmutzig machst.

Ich will von euch nur wissen wer ich bin.

Du kannst danach auch ein Urteil sprechen, oder mir einfach deine Meinung über mich sagen... aber die Konsequenz daraus werde ich selber...", der Sicherheitschef brach ab. Es war ihm bewusst, dass hier jeder wusste, was er meinte.

Pormas richtete seinen Blick zu dem Angesprochenen, der stumm aus dem Fenster schaute. Der Südländer fasste das als Zustimmung auf. Llewellas Gesichtsausdruck war hingegen undeutbar. Fahrig ging der Südländer sich noch mal durch die Haare und stützte sich dann an dem Fensterrahmen ab.

Sein Blick suchte wieder einen Stern, als er fortfuhr, "Ihr wart so nett, mich nicht zu unterbrechen und ich fände es super, wenn ihr es so belassen würdet, bis ich fertig bin...", er spürte, dass er anfangen musste. Alle 'Formalitäten' waren geklärt. Es musste aus ihm raus.

"Dann fang ich jetzt mal an..."

Erst stockend, dann immer flüssiger werdend, fing er an zu erzählen. Er erzählte kurz von seiner unbeschwerten Kindheit, bis hin zu seiner Aufnahme in die Sternenflotte.

Er beschönigte, oder entschuldigte nichts. Er bemühte sich um Objektivität, um wenigstens ansatzweise begreiflich zu machen, wie er wurde, was er wurde. Er hatte optimale Startchancen ins Leben gehabt. Selbst als er zu dem dunklen Kapitel seines Lebens kam, in dem seine Eltern starben.

"... ich... ich hatte es einfach nicht verkraftet... ich hatte Alles gehabt, was man sich wünschen konnte... aber so verwöhnt und selbstverliebt wie ich war, habe ich alle Hilfe von mir abgewiesen... im Gegenteil habe ich die, die mir helfen wollten verletzt... wie auch mein Verlobte..."

Unter anderen Umständen wäre es die Enthüllung gewesen, dass Pormas Theocrates verlobt gewesen war. Aber so war es nur eine Nebensächlichkeit, "Ich war schwach und habe in meiner Trauer um mich geschlagen..."

Zum ersten Mal kamen ihm ein paar stumme Tränen, während er den Beiden erzählte, wie er seine Verlobte verletzte. Er versuchte die Tränen zu verdrängen. Das war mit ein Grund, warum er die Beleuchtung gedämmt hatte. Sie sollten nicht direkt mit seinem Elend im vollen Licht konfrontiert werden.

Gedämpft sprach er weiter. Er berichtete von dem Zwischenfall auf Bajor und der Gerichtsverhandlung. Er ließ auch nicht aus, wie selbstgerecht er sich dort verhalten hatte.

"Ich war so verblendet von meinem Hass... das war der perfekte Nährboden für Gul Dorak...", der Sicherheitschef stockte. Er kam jetzt zu dem Bereich, von dem er sich geschworen hatte, ihn Niemandem zu erzählen.

Im Stillen fragte sich der Südländer, ob Sternenlicht sich soweit zusammenreißen könnte, dass er ihn ausreden ließe.

"Gul Dorak rettete mich aus einer Kneipenschlägerei, welche von einem Bajoraner zu einer Messerstecherei gemacht wurde.", unbewusst strich er sich mit der linken über seinen rechten Oberarm, "So betrunken wie ich war erzählte ich ihm ausschweifend von meinem Hass auf die Bajoraner, wie auch... wie gerne ich sie mit den richtigen Mitteln alle töten wollte..."

Pormas zitterte am ganzen Körper. Er ekelte sich vor sich selber und ging in die Knie.

"Ich... ich weiß nicht mehr, wie genau alles ablief, aber er bildete mich zu einer Mordmaschine aus. Als Nicht-Cardassianer war ich perfekt für Attentate auf Bajor und Umgebung geeignet.

Nachdem Dorak feststellte, dass ich nur im Suff den Rest meines gesunden Menschenverstandes aufgab, führt er mich langsam ran, an das Geschäft des professionellen Mordens.

Ich muss mir zugute halten, dass die Ziele, die ich beseitigte, alle selber Dreck am Stecken hatten. Menschenhändler, Drogenbosse, Zuhälter, Tyrannen, Wahnsinnige oder gar selber Killer. Ich weigerte mich, Personen zu liquidieren, nur weil der obsidianische Orden das wollte.

Es ist für mich nach wie vor ein Wunder, warum _ich_ nicht deshalb direkt auf diese Liste gekommen bin.", bei der Erzählung einer seiner halbwegs 'guten' Taten, schaffte er es wieder aufzustehen.

"Aber sie schienen mein Potenzial zu erkennen und mir wurde eine besondere Schulung zuteil... ich wurde als politischer Attentäter ausgebildet. Als Beispiel wäre da Galnok, ein machtvoller Ränkeschmieder im romulanischen Senat zu nennen, welcher das Dominion unterstützen wollte und fast Erfolg hatte... oder aber..."

Pormas erzählte. Er ließ niemanden aus. Er erzählte wann, wo und wen. Er brauchte dafür nicht einmal die Hilfe seines Koffers, in dem er alle Daten gespeichert hatte.

Er würde nie eines seiner Opfer vergessen.

Der Südländer kam ins Stocken, er fühlte wie seine Augen feucht wurden, "Dann kam ich wieder nach Bajor. Wie ich euch schon erzählt habe, wurde ich auch manchmal von anderen Organisationen angeheuert... So auch diese verdammte Geschichte mit diesem Dorbei Szun..."

Mit heißen Augen sank er wieder in die Knie, als er von diesem verhängnisvollen Tag erzählte. Wie er sich so sicher war, alles bedacht zu haben. Wie toll er doch war, dass alles so glatt ging... wie unwissend er trotz all seiner Vorbereitung doch war...

"... ich hörte nur noch diese riesige Explosion... die fliegenden Körper... große, kleine...", Pormas fing an zu Schluchzen. Langsam sackte er mit dem Rücken zur Wand. "Ich habe sie alle umgebracht... und das Einzige was ich damals gedacht habe war, 'Da hab ich wohl einen Fehler gemacht'"

Verzweifelt stützte der Sicherheitschef seinen Kopf auf seine angezogenen Knie und weinte. Als er sich nach geraumer Zeit wieder ein bisschen gefasst hatte, traute er sich nicht, den Kopf zu heben. Stattdessen sprach er so zusammengekauert weiter.

Langsam erzählte er weiter, immer noch mit seiner Stimme ringend. Unter dem neuen Licht seiner Schuld und seines Gewissen fühlte er sich wie in der Hölle. Er durchlebte jeden Augenblick seines Lebens noch einmal.

Sein Erzählstil änderte sich. Von der objektiven Betrachtung rückte er immer weiter ab und erzählte die Geschehnisse so, als ob sie gerade erst passieren. Der Unterschied von der Vergangenheit zu jetzt war nur der andere Blickwinkel.

Pormas schämte sich immer mehr für sich. Er erzählte, wie er log und betrog, Gefühle von Menschen, Bajoranern und allen Anderen ausnutzte, nur um an sein Ziel zu kommen.

Wie er sogar soweit ging, für einen Auftrag seine ehemalige Verlobte einzuspannen...

Dies war eine der vielen verschütteten Erinnerungen, die wie aus dem Nichts aus der Versenkung auftauchte.

Er erzählte auch davon, wie er ihr Hoffnung gemacht und sie benutzt hatte. Wie er ihr absichtlich wehgetan hatte, nachdem sie seinem Werben nachgab und ihm verziehen hatte.

Pormas sprach mittlerweile mehr zu sich selbst als zu Llewella und Sternenlicht. Er nahm sie gar nicht mehr wahr. Der Südländer lag auf dem Rücken, den Blick stur zur Decke gewandt, während er erzählte.

"Und deshalb... kam ich zu der Ivory... nicht weil ich mich ändern wollte. Es waren einfach nur die Äußeren Umstände die mich dazu trieben...", ein Blatt Papier hätte ihn jetzt aufschlitzen können, so offen breitete er sein Herz aus. Es sprudelten alle Gedanken und Gefühle aus dem Sicherheitschef raus.

"Aber dann... kam Helen.", ein zaghaftes Lächeln kam kurz auf dem verheulten und tränennassen Gesicht zu Tage, "Sie war wie ein Wirbelwind und weckte längst vergessene... Gefühle... in mir..."

Wie in Trance erzählte er, wie er sich der kleinen Spanierin damals angenähert hatte. Von dem ungewohnten Verlangen nach emotionaler Nähe, wie er versuchte, eine Beziehung aufzubauen. Aber auch, wie immer noch diese Mauern, die erst jetzt, nach all der Zeit, aufgebrochen waren, ihm damals Schwierigkeiten machten.

Von all dem in Gold gepressten Latinum, mit dem er Helen und sich eine schöne Villa und ein sorgenfreies Leben auf Risa hätte ermöglichen können. Aber es nicht tat. Aus Angst. Aus Angst vor sich selber.

Und somit Helens Tod auf seine Schultern lud.

Bei dem Gedanken an die schöne Spanierin, wie sie einen sinnlosen Tod in der Liftkabine starb, brach Pormas wieder zusammen. Unter Tränen wälzte er sich wie ein kleines Kind, als er von seiner Affäre mit Nathalie berichtete, kaum dass Helen bestattet worden war.

Wie er sich bewusst wurde, dass es Helen gegeben hatte und trotzdem mit Natty ins Bett ging.

Pormas hatte jedes Zeitgefühl verloren, als er sich wieder bewusst wurde, dass er noch nicht fertig war. Er erzählte weiter. Wie schlecht er Natty behandelte, als er sich seiner Schuld gegenüber Helen bewusst wurde. Wie er wieder jemand anderes für seine Vergehen verantwortlich machte.

Und dass sie schließlich auch wegen seinem langen, schwarzen Schatten sterben musste. Er ließ auch von den jüngsten Ereignissen keine Einzelheiten aus. Er erzählte sogar von seinen Träumen, oder Visionen, welche er gehabt hatte.

Von seiner Entscheidungsmöglichkeit, sich dem Vergessen hinzugeben, oder aber Buße zu tun. Wie er sich gefühlt hatte, als er sich in Sheldas Katanahieb warf.

"... ich wusste, was ich zu tun hatte... sie war meinetwegen in dieser Situation...", Pormas war sich immer noch nicht wieder bewusst, zu wem er sprach. Er redete einfach wie hypnotisiert von seinen Gefühlen weiter.

"... sie durfte nicht sterben... sie war das Beste was ich in meinem Leben kennen gelernt hab... was ich lieben gelernt hab...", die letzten Worte hingen im Raum, ohne das sich der Südländer der Bedeutung bewusst wurde. Diese Worte kamen aus seinem tiefsten Inneren, was, einmal aufgebrochen, kein Halten mehr fand.

"Nur deswegen bin ich noch hier... ich will ein Leben haben... ich weiß ich bin schon wieder selbstsüchtig...", emotional ausgebrannt redete der Südländer einfach weiter. Er hatte längst keine Tränen mehr und lag ausgestreckt auf dem nackten Boden.

"Ich weiß ich hab es nicht verdient. Das ich überhaupt die Chance zu dieser Aussprache habe, ist für mich schon das größte Geschenk. Ihr wisst jetzt alles über mich. Ihr wisst wie ich damals gefühlt habe und wie ich jetzt darüber fühle. Wie ich damals dachte und wie ich jetzt darüber denke.

Sternenlicht, ich weiß, dass man dich nicht anlügen kann. Und das ist mit einer der vielen Gründe, außer unserer Freundschaft, weswegen ich dich hier haben wollte. Ich will wissen, ob ich all das ehrlich meine, was ich sage.

Ich will wissen, ob ich es ehrlich meine mit meinem Willen, meine Schuld abzutragen, oder ob ich mich nur vor meiner eigenen Courage fürchte, das zu tun was ich tun muss... wenn ich der bin von dem ich denke, dass ich es bin."

Pormas fühlte sich leer. Sein Hals war trocken vom vielen Reden und Weinen, er zitterte am ganzen Körper. Er hatte gerade sein ganzes Leben gebeichtet. Es fühlte sich an, als ob er nur noch eine leere Hülle und alles was in ihm war mit seiner Beichte herausgeschwemmt worden wäre.

Er konnte es nicht fassen. Er hatte es tatsächlich geschafft. Ein trügerisches Gefühl des Friedens machte sich breit.

Erzürnt schüttelte er es von sich. Es war noch nicht zu Ende. Was jetzt kommen würde, konnte und würde sicherlich noch schlimmer werden, als seine Beichte selber.

Mühsam, wie ein Kind, das gerade laufen lernte, zwang Pormas seinen mächtigen Körper auf die Beine. Er kam schwankend zum Stehen und lehnte sich an die Wand an, bevor er seinen Blick nach ewigen Zeiten wieder auf seine Besucher richtete.

"Llewella... du hast bis jetzt immer an mich geglaubt, selbst als du dir denken konntest, was kommen könnte. Du sagtest, ich wäre kein Monster...", mit einem traurigen Blick seines durch Gram und Pein verzerrten Gesicht versuchte er ihr in die Augen zu schauen.

"Bist du immer noch dieser Meinung?"

Ein langes, angespanntes Schweigen breitete sich im Raum aus, legte sich gleich einer alles erstickenden Decke über die drei Anwesenden.

Llewella hielt den Blick des Südländers fest, eine kleine Ewigkeit, wie es ihr schien. Sie versuchte, in seinen Augen, seinem Gesicht, seiner Körpersprache zu lesen. Versuchte, ihre Gedanken zu sammeln, um Pormas eine Antwort geben zu können.

Aus den Augenwinkeln sah sie Sternenlichts angespannten Körper. Er stand vollkommen reglos am Fenster, lediglich die Spitze seines Schweifes zuckte gelegentlich.

Gleich zu Anfang war Ärger in der Schottin aufgestiegen, Ärger auf sich selber, weil sie ihre Zustimmung zu ... diesem hier gegeben hatte. Ärger auf Pormas, der zu Beginn eine mögliche "Lösung" des Problems angedeutet hatte.

Wusste er eigentlich, in was für ein Dilemma er sie mit dieser Andeutung stürzte? War ihm klar, dass sie dazu bestimmt war, Leben zu bewahren, nicht zu beenden? Oder auch nur darüber zu wissen? Oder was es  für sie bedeutete, den hippokratischen Eid abgelegt zu haben?

Während Pormas' langem Bericht war der Schottin abwechselnd heiß und kalt geworden. Schauder waren ihr in den Magen gefahren, als sie hörte, was der Grieche alles angerichtet hatte.

Heftige Emotionen hatten in ihr gekämpft.

Abscheu.

Abscheu und Entsetzen bei der Erwähnung all dessen, was Pormas einmal als seine 'Arbeit' bezeichnet hatte.

Abscheu gegenüber einem Mann, der eine nahezu perfekte Mordmaschine war. Der nicht einmal davor zurückgeschreckt hatte, jemanden für seine Zwecke einzusetzen, der ihm einmal sehr nahe gestanden hatte.

Und dann - diese Worte über sie selbst...

'Lieben gelernt?'

Llewella schüttelte sich innerlich bei der Vorstellung. Konnte sie jemals, tatsächlich, auch nur einen Gedanken daran verschwendet haben, sich auf einen Menschen mit solch einer Vergangenheit einzulassen?

Wut.

Wut auf ein Umfeld, Wut auf Freunde, die es doch sicherlich gegeben haben musste, die es nicht geschafft - nicht versucht? - hatten, den abrutschenden Mann aufzuhalten.

Wut auf eine Verlobte, die nicht hatte sehen können, was in dem Mann, den sie zu lieben behauptete, vorging und auf was er in seiner Verzweiflung zusteuerte.

Hätte sie die Zukunft aufhalten können, wenn sie ihm trotz seiner verletzenden Worte Halt gegeben hätte? Wäre sie überhaupt stark genug dazu gewesen?

Hass.

Hass auf den Mann, der die Verletztheit und Schwäche des Griechen kalt und mitleidslos für seine eigenen Zwecke ausgenutzt hatte und diesen den letzten Schritt in Richtung Abgrund gehen ließ...

Immer noch dauerte das unbehagliche Schweigen an, immer noch fixierte die Schottin forschend das Gesicht des Hünen. Seine Augen, deren Ausdruck immer verwirrter und ... hoffnungsloser zu werden schien, je länger die Ärztin nichts sagte. Sie sah seine zusammengepressten Kiefer, die leicht zitternden Lippen...

Und erinnerte sich an die vergangenen Jahre. Jahre, in denen eben dieser Mann immer wieder mehr oder minder schwer verletzt Gast auf ihrer Krankenstation gewesen war. Verletzungen, die er sich in der Regel zugezogen hatte, weil er die Aufgabe ernst nahm, für die Sicherheit des Schiffes und der Besatzung zu sorgen. Oder weil er sein ganzes Können und seine Gesundheit bei dem Versuch, jemanden zu retten, kompromisslos eingesetzt hatte.

So wie damals, auf der Ivory, Shania Twillan.

Oder wie vor wenigen Tagen sie selbst.

Llewellas Abscheu verschwand. Zurück blieben das gewisse Entsetzen beim Gedanken an Pormas' Vergangenheit, sowie... Verständnis und Mitgefühl.

Verständnis für einen jungen Mann, der schlagartig alles verlor, was ihm je etwas bedeutet hatte... Dessen Leben so plötzlich in seinen Grundfesten erschüttert worden war. Der von bösartigen Leuten in eine Maschinerie gesteckt worden war, der kaum zu entkommen war.

Aber er hatte es geschafft. Llewella war sich dessen plötzlich wieder sicher. Zuneigung zu diesem zerrissenen Mann stieg in ihr empor. Die Andeutung eines Lächelns belebte ihr blasses Gesicht, erreichte beinahe ihre Augen.

Der an der gegenüberliegenden Wand lehnende Hüne schien förmlich in sich zusammengesunken zu sein. Die Schottin trat einen Schritt auf den Südländer zu. Beinahe wünschte sie sich nun, nicht nur ihre Augen und Ohren und ihren gesunden Menschenverstand zur Verfügung zu haben - und ihr Herz. So wie Sternenlicht, dessen Sinne ihm sicher noch bessere Möglichkeiten gaben, die Gefühle und Worte des Griechen einzuschätzen.

So aber verließ sie sich auf ihre Intuition und ihre Menschenkenntnis. Die ihr schon einmal gesagt hatten, dass Pormas tatsächlich Reue empfand und sich geändert hatte.

Allein die Tatsache, dass er nun hier stand und seine Geschichte erzählte, war ein Beweis dafür. Der Pormas von früher hätte das sicherlich niemals getan...

Endlich gab sie dem Südländer ihre Antwort: "Aye, ich bin immer noch dieser Meinung."

Unglauben schien in seinen Augen aufzusteigen - und etwas anderes, undefinierbares. "Wahrscheinlich", fuhr die Schottin ruhig, aber bestimmt fort, "warst Du eines. Aber Dein Tun in den Jahren, seitdem wir uns kennen und die Tatsache, dass wir hier stehen und ... darüber sprechen... Ich weiß, dass Du dich geändert hast."

--- Venture, Krankenstation

Jordan hatte bei Wagenvoorts Aufzählung automatisch angefangen innerlich zu übersetzen, um hinter die genaue Spezies der Tiere zu kommen - kein leichtes Unterfangen in einem Universum mit einer fast unendlichen Anzahl klassifizierter Tierarten - zumal man bei Wagenvoort auch erwarten musste, dass er sich einen von Gorms K'Nagh gefangen hatte (und was war eigentlich aus den gebeamten K'Nagh geworden?).

Jetzt hielt sie inne und lachte unwillkürlich auf. Mehrere ihrer Kollegen auf der Krankenstation drehten sich verblüfft zu ihr um. Jordan Kincaids Lachen war nicht gerade ein Geräusch, mit dem sie vertraut waren.

"Ich verstehe", gab sie zurück - eine Mischung aus mühsamer Ernsthaftigkeit, einem unterdrückten Grinsen und einem abrupten Anflug echter Wärme. Der Sicherheitschef klang einfach herrlich verliebt. "Vielleicht kann einer unserer Wissenschaftler Ihnen eher helfen als ich, aber wenn Sie wollen, kann ich mein Glück ja mal versuchen. Ihr Quartier, nehme ich an?" Sie wartete auf Wagenvoorts Bestätigung. "Ich bin in fünf Minuten da."

Bevor sie die Krankenstation verließ, strich sie wie immer unbewusst über Phaser und Tricorder an ihrem Gürtel, aber diesmal fiel es ihr gar nicht auf.

--- vor Quartier 12

Die versprochenen fünf Minuten später stand die Ärztin wie versprochen vor dem Quartier des Sicherheitschefs - ein Quartier, von dem sie nie erwartet hätte, dass sie es einmal betreten würde.

Außer vielleicht wegen eines hypochondrischen Notrufs.

Stirnrunzelnd hielt sie einen Moment inne, weil ihr war, als höre sie im Quartier dumpfe Geräusche. Merkwürdig.

Mit einem innerlichen Schulterzucken betätigte sie den Türsummer.

--- Quartier 12

Rasch richtete Ruben den Blumenkübel wieder auf, in dem ein prächtig entwickelter Goldkugelkaktus wuchs. Der Durchmesser betrug sicherlich 75 Zentimeter, die Stacheln glänzten in einem blassen Gelb erhaben vor sich hin.

Das fast kugelförmige Gewächs hatte eine beruhigende Wirkung auf den Niederländer, auch wenn die frühere Verwendung dieser Art ihm einen unangenehmen Schauer über den Rücken trieb.

In Mexiko waren Menschenopfer auf den Kakteen fixiert worden...

Gerade hatte er aber keine Zeit, sich darüber Gedanken zu machen. Nachdem die Ärztin ihr baldiges Kommen angekündigt hatte, hatte er sofort mit dem Aufräumen begonnen.

Ruben mochte Ordnung. Alles musste an dem rechten Ort sein.

Vor allem, wenn er Besuch bekam!

Bei den hektischen Versuchen alle herumliegenden PADDs aufzusammeln und wieder alphabetisch im Regal einzusortieren war er am Blumenkübel hängengeblieben und nun war ein nicht geringer Teil des Pflanzgranulates auf dem Teppich verteilt...

Aber wenigstens stand der Topf wieder aufrecht!

"Kommen Sie herein!", rief er zu der Tür, während er mit den Handflächen mühsam die Granulatkörner zusammenfegte.

Jordan musste zugeben, dass sie auf das Quartier des Mannes neugierig war. Immerhin hatte sie einen Großteil ihres Lebens auf Raumschiffen der Sternenflotte verbracht, in denen das Quartier der einzige Ort war, an dem man sich persönlich ausdrücken konnte.

Sie kam allerdings nicht dazu, sich umzusehen, denn ihr Blick fiel zuerst auf Wagenvoort, den Kaktus und unzählige kleine blaue Speicherkörner auf dem Boden. Das Gesamtbild ergab sich von selbst.

"Ach herrje", stieß sie aus, strich ihre Uniform glatt, bückte sich und begann ihm zu helfen. Ihr fiel jedenfalls spontan auch keine bessere Möglichkeit ein, als die Körner einfach händisch aufzusammeln. "Lassen Sie mich helfen. Auf meinem alten Posten ist mir das jedes Mal passiert, wenn das Schiff angegriffen wurde. Irgendwann wurden wir allerdings mit einem Giftgas ausgeräuchert, und die Pflanzen sind eingegangen", fügte sie als Nachgedanken hinzu. "Die Crew glücklicherweise nicht."

--- Holodeck 1

Schwer atmend stützte Veronica sich auf die Ellenbogen und versuchte, wieder zu Atem zu kommen. Einen Moment lang verschwamm ihre Sicht, als sich ihr Körper nach der Anstrengung zu einem abrupten Blutsturz entschloss, und Sterne tanzten vor ihren Augen.

Aber Junge, das war es wert.

Ein triumphierendes Grinsen legte sich auf ihre Lippen, als sie sich nach hinten umsah. Sie lag im Gras über dem Kliff einer bajoranischen Steppe, über das sie sich gerade gewuchtet hatte. Hinter ihr erstreckte sich ein Abgrund, dahinter Meilen um Meilen einer malerischen Landschaft und eines strahlend blauen Himmels. Sie hatte keine Gelegenheit mehr gehabt, die Simulation zu benutzen, seit sie mit Anjol hier gewesen war, und sie hatte gerade einen persönlichen Rekord gebrochen.

Freilich hatte sie damals auch mit Anjol einen Rekord gebrochen – definitiv der hochrangigste Offizier, mit dem sie je geschlafen hatte. Ihr Grinsen wurde unwillkürlich etwas selbstzufriedener, auch wenn es kurz ins Schwanken geriet, als sie daran dachte, dass der erste Offizier nur wenige Tage später gestorben war.

Aber das war jetzt auch schon ziemlich lange her. Mittlerweile beschränkte sie sich wieder auf die unteren Decks. Genau genommen gab Jan, ihr Bekannter aus dem wissenschaftlichen Labor, heute Abend wieder "eine ihrer kleinen Partys". Gut, sie hatte Lisa Dallas versprochen, diesmal wirklich zu warten, bis die Ansteckungsgefahr vorbei war, aber herrje...

Unbewusst begann sie an dem dünnen Tank Top herumzuspielen, das sie für den anstrengenden Aufstieg angezogen hatte.

Sie wurde in ihren Überlegungen unterbrochen, als sie hörte, dass sich die Tür des Holodecks geöffnet hatte. Sie verriegelte sie nie - sie freute sich immer über Kontakt zu anderen Leuten. Neugierig drehte sie sich herum und lehnte sich über die Klippe. Unten im Canon hatte sich die Tür materialisiert und jemand war eingetreten, den sie aus ihrer Position nicht erkennen konnte.

"He!", rief sie hinab. "Hier oben!" Sie winkte, um auf sich aufmerksam zu machen. "Brauchen Sie das Holodeck? Ich bin gerade fertig!"

--- Jeffreys Quartier

Die junge Frau blickte sich neugierig in dem spartanisch eingerichteten Quartier des Terraners um. Mit Ausnahme der Pflanzen fand sie reichlich wenig, das dem Raum einen persönlichen Toch gab - der Gummibaum, der schon fast ein bisschen grotesk auf einer Ablage stand wirkte sogar ein wenig fehl am Platze.

Für einen Moment dachte Jean darüber nach, inwieweit man anhand des Aussehens eines Quartiers auf den Charakter seines Bewohners schließen konnte, verwarf den Gedanken aber sofort wieder, als ihr das Chaos in ihrem eigenen Quartiers einfiel. Sie beschloss sofort, dass es mit Sicherheit keine gute Idee war, zu tief darüber nachzudenken.

Jean wandte sich flink zu dem noch immer hinter ihr wartenden David.

"Ja, Wasser wäre nicht schlecht."

--- Quartier 71

"... Estuhn wi ri estuhn; k'wuhli wi ri k'wuhli. Nam-tor etek wuhkuh." S'Tom legte den Stift nieder und las die Nachricht nochmals durch. Es bestand zwar eine telepathische Verbindung zwischen T'And und ihm, aber diese hatte - speziell bei galaktischen Entfernungen - einen eher empathischen Charakter. Es ging ihr gut, das spürte er. Rationale Gedankengänge musste aber er auf konventionellem Weg mitteilen.

Er hatte mit T'And zuletzt vor 2 Monaten, 23 Tagen, 5 Stunden und 48 Minuten kommuniziert, als er noch auf der Erde stationiert war. Seither war viel geschehen, auch wenn er ihr von den meisten Geschehnissen nicht mitteilen durfte...

Der Vulkanier verschlüsselte die Botschaft und markierte die Datei zum Versand im nächsten Datenpaket an den Geheimdienst, der die Nachricht dann weiterleiten würde. Den Informationen aus ihrer letzten Unterhaltung zu Folge befand T'And sich derzeit noch immer auf einer Forschungsmission im Antede-System.

Ein Teil von S'Tom bedauerte kurz, keine Subraum-Unterhaltung mit seiner ko-telsu führen zu können, diese hatte er immer als sehr anregend empfunden. Doch er musste akzeptieren, dass ein Auftrag dies nicht zuließ. Immerhin hatte sich im letzten Monat auf der Venture sein Kommunikationsprotokoll mit dem Geheimdienst hinreichend bewährt, sodass auch die Übertragung von nicht direkt missionsrelevanten Daten inzwischen als sehr geringes Zusatzrisiko eingestuft werden konnte, wodurch diese schriftliche Nachricht ermöglicht wurde.

Der Agent öffnete eine andere Datei auf seinem PADD, den Ereignisbericht der letzten Tage. Er hatte bisher nicht allzu viel Zeit gehabt, daran zu arbeiten...

Die ersten sechs Stunden nach Verlassen des Nebels hatte ihn Cailin auf der Krankenstation behalten, auch er hatte auf der Brücke eine beträchtliche Strahlendosis abbekommen. Danach hatte er sich sofort in den Hauptmaschinenraum begeben und sich den sehr umfangreichen Reparaturarbeiten angeschlossen. Vor 15 Stunden 18 Minuten, als 95% der Reparaturen abgeschlossen waren, hatte er sich dann zum ersten Mal seit dem Attentat zum Schlafen in sein Quartier begeben.

Nach 12 Stunden Schlaf und Meditation hatte der ehemalige Borg begonnen, Logs zu durchforsten, und auch einige sehr interessante Einträge gefunden, darunter einen über die Ergebnisse des Phaser-Suchmusters im Nebel. Dieser würde seine Vorgesetzten in einige Aufregung versetzen. Während der Arbeit im Maschinenraum hatte er auch durch Gespräche ein paar Informationen über die nicht geloggten Hintergründe erhalten. Für einen zusammenhängenden Bericht fehlten aber noch immer viele Informationen. Speziell die Logs der Atlantis interessierten ihn noch, doch anscheinend war dort eine Technikerin noch immer mit der Wiederherstellung von Daten beschäftigt.

Nachdem S'Tom einige Absätze ergänzt und andere neu hinzugefügt hatte, verschlüsselte er auch diesen Text, und legte dann dieses spezielle PADD bei Seite. Stattdessen griff er zu einem anderem, auf dem einige Absätze um Zeile 632 von "snagel fi' yon-eiktra" sichtbar waren - er hatte noch 4 Stunden 40 Minuten bis zu seinem Schichtbeginn.

Sein Geist verlor sich in dem Drama. Der Klassiker war wirklich bemerkenswert geschrieben. Jeder der 23 Charaktere sprach in einem anderen Versmaß, manche in hochgradig komplexen, nicht wirklich klassifizierbaren, einige in sehr trivialen wie Trochaios oder Iambos, jeweils Harmonie oder auch Kontrapunkte mit den Charakteren selbst bildend, sich sogar mit diesen weiterentwickelnd... [*SCNR*]

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