Venture Cronik 28

Viel Lärm um Nichts

--- Brücke, 10 Minuten später

Vielsagend schaute McCarthy auf seinen Chronometer: Die Missionsbesprechung konnte beginnen und damit startete auch ihr Plan. Zwar bezweifelte er im Gegensatz zu Wagenvoort, dass die Föderation Monate nach dem Zwischenfall noch im Asteroidenfeld auf sie lauerte, aber man könnte nie sicher sein, was für unerwartete Gefahren geschehen mochten.

Einsilbig übergab er Kuzhumo das Kommando, zumal der Japaner alle Details des Vorhabens schon kannte. Seine Anwesenheit bei dem Briefing war also nicht erforderlich.

--- Besprechungsraum

Nicht minder erstaunt musterte McCarthy die Gesichter einiger Offiziere, die entgegen sonstiger Gewohnheiten sogar zu früh gekommen waren. Scheinbar war die Mannschaft unterfordert, wenn sie kaffeetrinkend auf ihn warten konnte.

Clint, Gorm und Dr. Kincaid waren noch nicht zugegen, was nach seiner Einschätzung auf ein unbestechliches Pünktlichkeitsstreben zurückzuführen war. Mit einem Nicken begrüßte er vorerst seinen Führungsstab und stellte sich wartend hinter seinen Sessel.

Mit einem Zischen öffnete sich plötzlich die Tür zum Besprechungsraum und Clint und Gorm kamen herein. Nach einer kurzen Begrüßung ließen sich die Beiden am Tisch nieder und warteten wie alle anderen auf den Beginn. Wohlwollend darauf wartend, dass die Ärztin erschien.

--- Gänge

Seufzend warf Jordan einen Blick aufs Chronometer und nahm auf dem Weg vom Turbolift noch einmal die Beine in die Hand. Sie konnte sich wirklich nicht vorstellen, wie Cailin je alleine und ohne die Hilfe einer zweiten Ärztin zurecht gekommen sein sollte. Stets sammelte sich Arbeit an und wollte getan werden. So kompetent ein großer Teil des medizinischen Personals sein mochte, so unmöglich war es doch auch, eine Diagnose in die Hand eines Pflegers zu legen; selbst wenn es nur um Kleinigkeiten ging.

Die Engländerin hatte darauf verzichtet, Cailin um Vertretung zu bitten, als kurz bevor sie sich auf den Weg machen und ausnahmsweise einmal bequem genug Zeit dafür einplanen wollte, ein Hilfstechniker mit einer kleinen Plasmaverbrennung auf der Krankenstation eintraf. Immerhin war es ja keine große Sache und der Captain brachte im Zweifelsfall sicher Verständnis auf. Es wäre ja nicht das erste Mal, dass die Ausübung der Pflicht die Ärztin im Dienst ein paar Minuten von einer Besprechung fernhielt.

Als sie die letzte Gangbiegung passierte, sah sie allerdings gerade Mr. Clint und Gorm, der ihm hinterher trottete, den Besprechungsraum betreten. Scheinbar war sie doch nicht zu spät.

--- Besprechungsraum

Dennoch kurz entschuldigend in McCarthys Richtung nickend ließ sie sich etwas außer Atem auf einem der freien Plätze neben den beiden Wissenschaftlern nieder. Nachdem sie sicher gestellt hatte, dass ihre gemurmelte Begrüßung alle erreichte, begann sie ihre Uniform glattzuziehen und auf den Beginn der Besprechung zu warten.

Es wunderte Yhea nicht im geringsten, dass Jordan zu spät kam. Anscheinend hatte die Krankenstation immer viel zu tun und gab so den Ärzten selten die Möglichkeit, pünktlich irgendwo zu erscheinen. Yhea wollte gerade auf die Uhr schauen, um festzustellen, wie spät es diesmal werden würde, da betrat Jordan auch schon den Besprechungsraum. Man merkte ihr an, dass sie nicht gerne zu spät irgendwo erschien. Doch wie gesagt, es ließ sich nicht immer vermeiden. Mit Schwung ließ sie sich in den Stuhl neben den beiden Wissenschaftlern gleiten, um dann genau wie die Anderen den Captain anzuschauen, damit dieser, jetzt wo alle da waren, mit der Besprechung anfing.

Chi-Lo saß deprimiert auf seinem Stuhl. Ihm Selbstmordabsichten zu unterstellen! Dieser Holländer sollte besser mal selbst einen Councelor aufsuchen. Der hatte ja wohl nicht mehr alle Tassen im Schrank!

Und das Gemeine an der Situation war, dass es auch nichts brachte, dem Holländer jetzt zu widersprechen. Dem Chinesen würde ja eh niemand glauben.

Aber jetzt war er sich zumindest sicher, dass Wagenvoort ihn nicht wegen seiner Fähigkeiten bei sich haben, sondern dass er ihn unter Beobachtung wissen wollte. Vielleicht hatte er ihm deshalb ja auch diesen Sexauftrag gegeben. Möglicherweise hielt er ihn ja für sexuell frustriert. Sollte er jemals herausfinden, dass Gorm oder Chedu etwas von dem Vorfall mit Shania ausgeplaudert hatten, dann würden sie das nicht überleben, schwor sich der Chinese.

Nun, aber zumindest konnte er bei dem neuen Auftrag beweisen, dass sich Wagenvoort irrte. Das Ganze hatte also auch sein Gutes.

Wenn es bloß nicht in dieses vermaledeite Asteroidenfeld gehen würde...

Langsam drehte Charles den Sessel und setzte sich, nachdem alle anwesend waren. Alnak, Wagenvoort und Clint hatten je ein Mitglied ihrer Abteilung mitgenommen, welches bei dem Zwischenfall im Asteroidenfeld an Bord gewesen war.

Das konnte vielleicht eine Hilfe sein.

"Wie einige von ihnen bereits wissen, werden wir in Kürze das Asteroidenfeld ansteuern, welches die Shuttlebesatzung nach Evakuierung des Maquis durchflogen hatte. Die reichhaltigen Dilithiumvorkommen sind Grund genug ein Wagnis einzugehen und zurückzukehren", begann der Captain das Gespräch und musterte reihum seine Offiziere, "Wir werden nach Sondierung des Sektors ein Außenteam schicken, um mit dem Abbau zu beginnen. Da die meisten von ihnen bereits Erfahrungen gesammelt haben, werden sie diese Mission durchführen"

Schlagartig bohrte sich ein Stich durch Rubens Brust: Bergbau im Weltraum! Das bedeutete Raumanzüge und Schwerelosigkeit!! Schon jetzt fühlte der Niederländer eine leichte Übelkeit in sich hochsteigen, gegen die er aber so tapfer wie möglich ankämpfte. Trotzdem brach es aus ihm heraus:

"Wieso muss der Sicherheitschef bei solch einem Auftrag dabei sein?"

Ohne mit der Wimper zu zucken presste McCarthy seine Hände auf die glänzende Tischplatte und atmete tief durch, bevor er auf die Frage antwortete: "An Bord des Shuttle muss sich jemand befinden, der im Raumkampf erfahren ist und ein Shuttle notfalls auch ohne Sensoren perfekt beherrschen kann, falls das Dilithium ihre Sondierungen stört"

Die Worte lösten Erleichterung in Ruben aus. Immerhin sollte er im Fall des Falles als lebendiger Navigationscomputer dienen. Eine angemessen Aufgabe, wie der Niederländer fand.

"Hat sonst noch jemand eine Frage", fügte der Captain hinzu, nachdem der Sicherheitschef beruhigt aussah und nicht nachhakte.

Yhea räusperte sich kurz, bevor er loslegte.

"Ja Sir, eine Frage hätte ich da noch", begann er, während sich alle Augenpaare auf ihn hefteten. Etwas nervös trank er einen Schluck Kaffee, bevor er weiter machte.

"Auf Ihren Befehl hin habe ich zwei Raider startklar machen lassen. Vielleicht habe ich da auch was falsch verstanden. Aber bisher wurde nur von einem Außenteam gesprochen. Hat sich dahingehend etwas geändert? Gibt es nun zwei Teams? Und wer steuert dann die beiden Raider?"

Yhea war etwas durcheinander. Wofür zwei Raider anfordern, wenn nur einer gebraucht wurde. Das war doch nur Verschwendung von Ressourcen. Und von Personal. Er konnte sich jetzt schon Poulsens Gesicht vorstellen, wenn er ihm sagte, dass er umsonst gearbeitet hatte. Oder beinahe umsonst. Egal, vielleicht würde die Antwort des Captains das Rätsel auflösen.

"Das Asteroidenfeld hat eine hohe Dichte, weshalb es selbst der Venture unmöglich ist in es einzudringen. Sollte sich ein Notfall, ob kriegerisch oder nicht, einstellen, wird ein Raider bereitstehen, um sofort aufzubrechen", antwortete der Captain dem sichtlich verwunderten Romulaner, konnte es dem Ingenieur aber nicht verdenken.

Wenn man so lange von Gefecht zu Gefecht zog, vergaß man langsam die einfachsten Sicherheitsvorkehrungen. Bei der Menge Kaffee würde es Charles aber nicht im Geringsten wundern, wenn Yhea auch ein Adrenalinjunkie geworden wäre...

Yhea nickte zufrieden. Ja, das war doch mal eine Antwort. Kurz, knackig und verständlich. So etwas hörte man selten von einem Captain. Vor allem, wenn der Captain mal in der Sternenflotte war. Nun gut, soweit waren dann seine Fragen beantwortet. Er würde dann Poulsen darum bitten, sich um den zweiten Raider zu kümmern. Falls was passieren sollte und das Außenteam auf das zweite Schiff angewiesen war, dann würde Poulsen so schnell wie es ging zur Hilfe eilen. Mit so einer Sicherung im Rücken lebte es sich schon gleich viel leichter.

Yhea betrachtete die anderen Anwesenden und wartete darauf, dass sich auch von denen jemand zu Wort melden würde. Doch anscheinend hingen alle ihren Gedanken nach oder hatten keine Fragen. Was den Romulaner ein wenig verwunderte. Denn eigentlich wusste doch keiner, was sie machen sollten. Ins Asteroidenfeld fliegen und dann?

"Sir", unterbrach Alnak wieder einmal die Stille. "Ich denke, ich spreche für alle, wenn ich noch um genauere Informationen erbitte. Wie genau soll das Ganze ablaufen und vor allem, wie bergen wir das Dilithium?"

Nun musterte der Captain den Romulaner doch besorgt. Seit wann benötigten Offiziere der Venture einen detaillierten Plan, der ihnen jede Verantwortung abnahm?! So kannte er den Ingenieur nicht, aber vielleicht hatte das knappe Entkommen vor dem Feind ihn vorsichtig gemacht.

"Sie sind alle auf ihrem Gebiet Spezialisten! Außerdem kennen Sie das Asteroidenfeld besser als jeder andere an Bord und Mister Gorm ist Experte für Mineralogie. Bei ihrem Auftrag haben Sie also freie Hand, solange das Ziel erreicht wird", fasste er die Situation zusammen, nicht ohne den letzten Teil zu betonen,

"Oder hat jemand Bedenken, dass Sie dazu fähig sind?"

Chi-Lo war sich sicher. Bei den letzten Worten hatte ihn McCarthy direkt angeschaut.

Jäh schoss die Wut in ihm auf. Es reichte ihm, und zwar gründlich. Wollten ihn denn alle hier wegen dieses verdammten Missgeschickes damals im Asteroidenfeld zu einem unfähigen Vollidioten abstempeln? Oder, was Wagenvoort anging, die damalige Aktion nachträglich in einen Selbstmordversuch umdeuten? Er hatte endgültig genug. Mit vor Zorn hochrotem Kopf sprang er aus seinem Sitz und beugte sich, die Arme auf der Tischplatte stützend, so weit wie möglich zu McCarthy vor.

"Sir!", platzte es aus ihm heraus, und er merkte nicht, dass er schrie, "Schluss damit!" Es klang, als würde ein kommandierender Offizier einen grünen Fähnrich maßregeln.

"Der Vorfall damals war ein gottverdammter Unfall, ausgelöst durch eine versehentlich verabreichte Überdosis Medikamente. Weder bin ich generell unfähig, noch ein gemeingefährlicher Amokläufer, noch ein Selbstmordkandidat. Verdammt! Fragen sie Chedu und Gorm, ich habe den beiden mehr als ein Mal den Arsch gerettet!"

Vor Wut kochend ließ er sich in den Sitz zurückfallen und schaute Chedu und Gorm auffordernd an. Sie mussten ihm helfen!

Einmal mehr fragte sich die Klingonin, ob dieser Mensch nun völlig durchgedreht war. Ein verächtliches Schnauben war von ihr zu hören.

"Mir fällt die ein oder andere Gelegenheit ein, bei der dieser Mr. Hu-Wang aus lebensgefährlichen Situationen gerettet werden musste. Und noch mehr Situationen in denen er nicht nur sich sondern auch andere in Gefahr gebracht hatte. Aber ganz sicher hat dieser jämmerliche P'tagh mein Leben niemals gerettet.

Wenn diese Mission von Erfolg gekrönt sein sollte, rate ich Ihnen dringend ab, diesen Mann auch nur in die Nähe der Shuttles zu lassen, Captain."

Wütend funkelte Chedu den Chinesen an.

In dem Moment, als Sam die Venture betreten hatte, war Charles bewusst geworden, dass ihr aller Ende kommen würde, aber bei Gott, dass es so bald sein würde...

Ein Schalter in McCarthy Gehirn wurde umgelegt.

Um seine Mundwinkel begann es leicht zu zucken und seine Finger krallten sich leicht in die Oberfläche des Besprechungstisches. Seines Tisches.

"RUHE, SONST KÖNNEN SIE SICH IM VAKUUM GEDANKEN DARÜBER MACHEN, WER HIER EINE GEFAHR IST!", brach es aus dem Captain heraus, nachdem er wütend aufgesprungen war und Yheas Kaffeetasse mit der Hand vom Tisch gefegt hatte,

"Es ist mir egal, wer es machen wird. Es ist mir egal, wie es gemacht wird. Aber wenn die Venture in drei Tagen nicht genug Dilithium geborgen hat, um ein kleines Vermögen anzuhäufen, wird jeder von Ihnen den Tag verfluchen, an dem er sich auf _mein_ Schiff begeben hat!"

Grollend verließ McCarthy den Raum.

--- Gänge, Deck 1

Schnaufend packte Charles sich an seinen Brustkorb und begann hektisch zu atmen. Tiefe Stiche bohrten sich in sein Herz, während keine Luft mehr in die Lunge zu gelangen schien. Strauchelnd kämpfte er noch mit dem Gleichgewicht, bevor er sich neben der Tür niedersinken lassen musste.

--- Besprechungsraum

Mit offenem Mund saß Chi-Lo auf seinem Stuhl. Er konnte nicht glauben, was er da eben gehört hatte!

Ohne ihn wäre Chedu von Killer-Charly/Viktor kalt gemacht worden, weil er den Blutrausch des umprogrammierten Roboters entdeckt hatte! Wäre der Chinese nicht gewesen, hätte der Killerbot heimlich weitergemeuchelt, anstatt von dem Asiaten in einen lauten Kampf verwickelt zu werden, durch den Chedu überhaupt erst gewarnt worden war!

Ohne ihn wäre ihr ach so geliebter Gorm auf Sternenbasis 12 als Terrorist verhaftet worden!

Ohne ihn hätte die vulkanische Superagentin die Daten des Computerkernes auf der Maquisbasis übermitteln können, und die Venture wäre erledigt gewesen! Und mit ihr Chedu!

Ohne ihn wäre die Venture niemals auf die Dilithiumvorkommen gestoßen!

Wie konnte man nur so undankbar sein!

"Schon klar!", schrie er, "Wie kann man von einer Klingonin auch nur erwarten, dass sie zugibt, Hilfe benötigt zu haben!" Er blickte kurz zu Gorm, der... 'Nein", entschied er resigniert, 'Von dem ist auch keine Unterstützung zu erwarten. Der steht ja vollkommen unter der Fuchtel dieser schrecklichen Xanthippe!'

Zudem würde ein Ferengi vermutlich befürchten, jemand könne aus der Tatsache, dass ihn jemand gerettet hat, finanzielle Forderungen ableiten wollen. Folglich würde auch er alles abstreiten!

"Macht doch, was ihr wollt!", rief er und stürzte aus dem Raum.

--- Gänge, Deck 1

Er stolperte und schlug der Länge nach hin. Fluchend rappelte er sich auf und sah sich um. Wer zum Teufel hatte hier etwas liegende...

Er erstarrte. Dort lag ein sehr bleicher Captain McCarthy, offensichtlich bewusstlos. Der Chinese stürzte auf McCarthy zu. Sämtliches Leben schien aus dem ehemaligen Sternenflottenoffizier gewichen zu sein.

"Dr. Jordan, so helfen Sie doch!", rief er der Ärztin zu.

"Verdammt, seht ihr, was ihr angerichtet habt? Eure lächerlichen Verdächtigungen bringen wirklich jeden zum Zusammenbruch!", sagte er vorwurfsvoll an die Adresse der anderen.

--- Besprechungsraum

Besorgt sah der Wissenschaftler zu der Klingonin. Er hätte den Captain nicht so eingeschätzt, dass er wegen so einer Lappalie einen Herzinfarkt bekam.

Allerdings konnte der Chinesen wirklich jeden an den Rand eines Nervenzusammenbruchs bringen! Mittlerweilen glaubte der Ferengi, dass dieser nicht einmal so sehr selbst ungeschickt, sondern nur ein unglaublicher Pechvogel wahr, bei dem einfach immer alles was schief gehen konnte in Katastrophen endete, in die er seine ganze Umgebung mit hineinzog.

Als Gorm die Technikerin so ansah erinnerte er sich an den Vorfall vor kurzem in seinem Quartier und bekam rote Ohren. Erst war ihm die Nacktheit Chedus gar nicht aufgefallen, immerhin war er als Ferengi ja einiges gewohnt. Als ihm aber dann die Zusammenhänge klar geworden waren, war er unter dem, wenn auch gutmütigem Gelächter der Frau in sein Badezimmer geflohen. Langsam würde er sich mit dem Gedanken anfreunden müssen, dass ihre Quartiere durchaus berechtigterweise miteinander verbunden waren.

Kopfschüttelnd betrachtete Yhea das ganze Chaos, welches um ihn herum ausgebrochen war. Wie konnten sich erwachsene Menschen so aufführen. Das war ja wie im Kindergarten. Nein, falsch. Noch schlimmer.

Er trank resigniert seinen Kaffee. Sollten sich doch alle die Köpfe einschlagen. Er würde sich daran nicht beteiligen. Nein, mit Sicherheit nicht. Auf das Niveau ließ er sich nicht hinunter. Nie im Leben. Während er aufstand, um sich einen neuen Kaffee zu holen, war die Ärztin aufgesprungen und war zum Captain und Chi-Lo gelaufen. Zischend schloss sich hinter ihr die Tür und versperrte den Blick auf den Flur.

Mit der neuen Tasse bewaffnet, drehte sich Yhea zu den Verbliebenen um und schaute sie kurz an.

"Na, sind nun alle zufrieden?", bemerkte er trocken und blickte vor allem Chedu ernst an. "Zwar sollen wir alle zusammen arbeiten und an einem Strang ziehen, doch das Ergebnis soll nicht sein, den Captain in den Wahnsinn zu treiben"

Etwas enttäuscht schüttelte er wieder den Kopf und ließ sich wieder auf seinem Stuhl nieder. Während er seinen Kaffee trank, versuchte er zu ergründen, warum es immer wieder jemand schaffte, jemanden auf die Palme zu bekommen. War es so schwer, gemeinsam zu arbeiten, ohne die Leute zu ärgern? Wahrscheinlich ja.

Ruben war verblüfft.

Von dem Zusammenstoss der Crew.

Vom Zusammenbruch des Captains.

Von der Kaltschnäuzigkeit des Romulaners.

Seine Nackenhaare stellten sich leicht auf, als er daran dachte im Notfall einmal auf den Ingenieur vertrauen zu müssen, während dieser wahrscheinlich seine eigene Gemütlichkeit gegen die Nöte anderer abwog.

Deshalb realisierte er erst jetzt, dass es höchste Zeit wurde, eine Meldung abzusetzen. Aus Nervosität schlug der Niederländer sich beinahe gegen die falsche Brustseite, erinnerte sich dann aber doch, während er krampfhaft versuchte entspannt durchzuatmen.

"Wagenvoort an Hisaki, Sir, der Captain hatte ähh einen Zusammenbruch nach äääähhhhh einer kleinen Meinungsverschiedenheit. Dr. Jordan leistet Lebensrettende Sofortmaßnahmen", ließ er den Redeschwall schließlich durchrauschen wie einen reißenden Fluss, bevor sich ein Kloß in seinem Hals bilden konnte.

Eine kurze Pause bildete sich, als der Japaner in seiner unerschütterlichen Ruhe die Lage analysierte. Aus seiner Starre erwacht, spurtete Ruben zur Tür, die sich zischend öffnete und den Blick gerade noch so auf einen entmaterialisierenden McCarthy und eine entnervt aussehende Ärztin fallen ließ.

"Ähh, Hisaki, der Captain sollte auf der Krankenstation eingetroffen sein, irgendwelche Befehle, oder so?!?", fügte er in genau jenem Moment erleichtert hinzu, als der Erste Offizier zu einer Antwort ansetzen wollte, sich aber nach der neuen unsicheren Frage des Sicherheitschefs auf ein leichtes Räuspern verlegte.

Nach einer weiteren kleinen Pause ließ sich der Japaner dann doch noch vernehmen, auch wenn man aus der Stimme keine Emotion herauslesen konnte: "Bleiben sie alle im Besprechungsraum und klären sie die Situation im Sinne des Captains, Brücke Ende"

Genau in diesem Moment kam Chedu wieder in den Raum.

'Na toll, wer wird wohl das nächste Opfer sein?', fragte Ruben sich fingernagelkauend und strebte auf das entfernteste Ende des Tisches zu.

Mürrisch kam der Chinese wieder in den Besprechungsraum und ließ sich in seinen Sitz fallen:

"Also gut, die Anweisungen des Captains waren eindeutig. Wenn wir das Zeug nicht rausholen, werden wir alle zum Schrubben der Plasmaleitungen abkommandiert, oder so. Ich weiß nicht wie sie das sehen, aber ich habe dazu nun wirklich keine Lust. ich schlage daher vor, endlich zusammenzuarbeiten, ohne dass wir uns gegenseitig ständig haltlose Vorwürfe machen. Aufgabe: Schürfen des Dilithiums auf diesem Asteroiden. Hat jemand konstruktive Vorschläge?"

Vielsagend blickte er dabei Gorm an.

Sofort war der Wissenschaftler in seinem Element. Kurz räusperte er sich und zückte sein unvermeidliches PADD. Dann stellte er sich in seiner gewohnten Redner- und Dozentenstellung auf blickte kurz auf sein PADD und blickte den Chinesen dankbar an: "In der Tat hab ich mir zu der Sache schon ein paar Gedanken gemacht.

Wenn Sie mögen kann ich Ihnen meine Aufzeichnungen gerne auf andere PADDs kopieren, ich glaube aber, es müsste auch so gehen.

Das Problem ist folgendes: bei unserem Ziel handelt es sich um einen mittelgroßen Felsbrocken, dessen innerer Hohlraum mit Dilithium gefüllt ist. Der Fachbegriff hierfür ist Geode .... hat irgendwer dazu bis jetzt Fragen?"

Zaghaft räusperte der Niederländer sich, nachdem er sein gesamtes Wissen über Bergbau abgerufen, was zugegebenermaßen nicht gerade viel war, hatte. Andererseits war so ein Kristall nicht mehr als eine auf mathematischen Prinzipien gewachsene dreidimensionale Struktur!

Was sie in Rubens Verstand als berechenbares Objekt schon sehr viel angenehmer machte! Seine Bronchien kribbelten leicht, bevor er seine Frage stellte.

"Sind derartige Konzentrationen nicht ähh äußerst ungewöhnlich?", warf er ein, nachdem der Ferengi ihn auffordernd ansah, "Soweit ich weiß, ist der normale Abbau doch sehr beschwerlich und langwierig und derlei Vorkommen beinahe ein Wunder, oder nicht?"

Fragend starrte er den Wissenschaftler an, der sich über den Einwand sehr zu freuen schien. Jedenfalls befeuchtete er sich kurz die Lippen und atmete groß durch.

Ziemlich desinteressiert lauschte Yhea dem Vortrag des Ferengi. Es interessierte ihn eigentlich überhaupt nicht, wie man dort unten auf diesem Felsbrocken irgend etwas abbaute. Er hatte nicht vor, selbst nach einer Hacke oder so zu greifen. Schließlich war er Techniker. Er war dafür zuständig, dass das Shuttle funktionierte, oder wenn technische Geräte zum Einsatz kamen, die zu warten. Deswegen hörte er nur mit einem Ohr zu und trank dabei seinen Kaffee weiter.

Doch leider war dieser wieder viel zu schnell leer. Unglücklich starrte er in die Tasse, begutachtete den Kaffeesatz und stellte fest, dass er zwar noch Lust auf einen neuen Kaffe hatte, doch er im Moment zu faul war, wieder zum Replikator zu laufen. Mal davon abgesehen, dass es unhöflich gegenüber Gorm war, ihn durch so was banales wie zum Replikator gehen zu stören. Also lehnte er sich im Stuhl zurück und wartete darauf, dass der Vortrag bald zu Ende war.

Chi-Lo wusste, dass er dazu neigte, manchmal etwas unglückliche Entscheidungen zu treffen. Aber die Entscheidung, Gorm zu einer Stellungnahme zu bewegen, war geradezu fatal gewesen.

Der Redeschwall, der von diesem kleinen Gnom ausging, wollte und wollte kein Ende nehmen. Er bildete sich ein, dass ihn die anderen Teilnehmer heimlich böse anfunkelten, weil sie ihm mal wieder die Schuld gaben. Alnak untersuchte derweil mit großem Interesse eine leere Kaffeetasse. Einzig und allein Chedu schien dem Ferengi interessiert zuzuhören. Wenn es für eine Klingonin nicht dermaßen absolut unpassend gewesen wäre, so hätte Chi-Lo gesagt, sie würde selig lächelnd mit ihren Augen an den Lippen von Gorm hängen.

"Die kristalline Hypertularstruktur des Dilithiums weißt es als Mitglied der Familie der Koronar-Erze aus, allerdings unterscheidet die Kohäsion der fraktalen Interdifferenzialbeine dieses Mineral von meisten anderen der...", dozierte der Zwerg. Bisher war schon über eine halbe Stunde vergangen, und zur Mission hatte Gorm noch nichts wesentliches beigetragen. Er schien all seinen Ehrgeiz darauf zu konzentrieren, sie alle hier innerhalb kürzester Zeit auf den Wissensstand von Mineralogie-Doktoranden zu bringen.

Das war vermutlich das Geheimnis des Geschäftserfolges der Ferengi, mutmaßte der Chinese - Sie redeten so lange, bis die Geschäftspartner alles unterschrieben - egal, welche Nachteile dies für sie mit sich brachte. Hauptsache, der Redefluss hörte auf...

Der Chinese konnte den Ausführungen des Ferengi beim besten Willen nicht länger folgen. Wie aus weiter Ferne hörte er nur noch einige zusammenhanglose Fetzen aus dem nicht enden wollenden Beitrag: "Gefahren eines thermalen Abbaus... Professor Sri Lan Khau vom Daystrom-Institut... Substitutionsanalye... Transphasendetektion...".

Dann schlief er ein.

Plötzlich runzelte die Klingonin die Stirn.

Eben noch hatte sie Gedanken versunken Gorms Vortrag gelauscht. Genauer gesagt hatte sie nur noch den Klang seiner Stimme wahrgenommen. Hatte sich über die Begeisterung in der Stimme des kleinen Ferengi gefreut und den Inhalt seiner Worte, der sie langsam zu langweilen begann, einfach ausgeblendet.

Doch nun drang neben Chedu ein leises Schnarchen an ihr Ohr. Ohne ihren Blick von dem unbeirrt weiter dozierenden niedlichen Wissenschaftler zu wenden, stieß sie kräftig einen Ellbogen in die Seite des Chinesen, der nun nicht mehr nur seinen Mund leicht, sondern auch seine Augen weit offen stehen hatte.

Interessiert hatte Ruben dem Ferengi gelauscht. Zwar verstand er ohne umfangreiches Vorwissen die Zusammenhänge nicht, aber anhand einiger Bruchstücke hatte der Niederländer mit der vergnüglichen Kniffelei begonnen, mehrdimensionale Gebilde in seinem Kopf Gestalt annehmen zu lassen.

Einen 86eckigen Kristall im Geiste umzustülpen war faszinierend!

Scheinbar teilten die restlichen Offiziere seine Freude kaum, jener Chinese schien sogar eingeschlafen zu sein, während Chedu mehr an Gorm selbst interessiert zu sein schien.

"Ähm, Mister Gorm...", räusperte sich Ruben leise, drang aber nicht zu dem Wissenschaftler durch. Der zwei Köpfe kleinere Ferengi war zu sehr mit seinem Fachgebiet beschäftigt, was Wagenvoort ihm nicht verdenken konnte. Auch er selbst konnte sich für seine Arbeit sehr begeistern.

Schließlich nahm er aber doch etwas mehr Mut zusammen und wandte sich lauter an den Mineralogen: "Mister Gorm! Könnte ich Sie für einen Moment unterbrechen?!"

Fragend brach der Ferengi seinen Vortrag ab und schaute Ruben verdutzt an. Scheinbar hatte er gerade erst richtig begonnen und erwartete so früh noch keine Fragen...

"Ähhh, da der Captain uns ein Zeitlimit gesetzt hat und wir schon bei dem Asteroidenfeld sind, sollten wir vielleicht mit der Mission beginnen und im Raider mit der Erörterung fortfahren. Falls niemand einen anderen Vorschlag hat, natürlich", brachte er sein Anliegen vor und errötete leicht, nachdem selbst der Chinese ihn verschlafen anschaute. So viel Aufmerksamkeit war er einfach nicht gewohnt, so dass er sofort begann sich etwas an der Nase zu kratzen.

Der Wissenschaftler räusperte sich. Er hasste es unterbrochen zu werden.

Laut sagte der Ferengi: "Sie haben natürlich recht. Aber wie ich vorher schon sagte: So eine große Geode ist relativ selten. Durch ihre Form wirkt sie wie ein großer Spiegel, allerdings mit einer Ausnahme: Mit jeder Reflexion erhöht sich die Energie eines Strahles um den Faktor 900. Raten sie was aus dem Asteroidenfeld und einem Teil dieses Badland-Sektors wird, wenn sie einen 1200 Gigajoule Minenlaser dort einsetzen.

Deswegen schlage ich Bergbauroboter vor.

Theoretisch würden je zwei Stück auf die Raider passen. Wenn alle anderen mit anpacken, sollte es in ungefähr einem Monat möglich sein, ein geschätztes 10tel des Schatzes abzutragen.

Wie sie selber zugeben müssen, dauert das ganze etwas zu lange.

Eine Möglichkeit wäre noch, an der Geode Impulstriebwerke anzubringen. Wenn man noch genügend Schildprojektoren aufstellt um die strukturelle Integrität der Geode zu gewährleisten, dann könnte man den ganzen Brocken auf einmal durchs All steuern."

Abwartend musterte Gorm die Mienen der Anwesenden.

Chi-Lo schaute den Ferengi bewundernd an. Das war in der Tat ein außergewöhnlicher Plan!

"Frage an die Techniker", sagte er in die Runde, "Wäre es möglich, die Impulsgrenze von 1/4 c zu überschreiten? Ich meine, wenn wir den Asteroiden unbemannt lassen, dann würden keine Mannschaftsglieder den relativistischen Effekten ausgesetzt werden. Angenommen, wir könnten 3/4 c erreichen, wäre der Asteroid um einiges schneller zu transportieren."

Entsetzt klappte dem Romulaner die Kinnlade herunter und er musste schnell die Tasse abstellen, damit sie ihm nicht herunter viel. Was hatte er da gerade gehört? Nein, das war unmöglich. Er musste sich verhört haben. Doch alle blicke lagen auf ihm und anscheinend war es kein Scherz gewesen. Die meinten das tatsächlich ernst. Es dauerte ein paar Sekunden, bis Yhea es geschafft hatte, sich einigermaßen zu beruhigen. Zwischendurch hatte er gedacht, er würde gleich einen Lachkrampf bekommen. Doch jetzt setzte er ein ernstes Gesicht auf.

"Ok, dann will ich mal anfangen zu erklären", sagte er und stand auf. "Also, das Objekt, um das es geht, ist ein mehrere hundert Meter großer Felsbrocken. Im Durchmesser!! Problem Nummer eins: Der Asteroid ist kein stabiles Gebilde. Er ist durchzogen von Höhlen, Spalten und was sonst noch. Es würde uns zu allererst viel Arbeit und Material kosten, dieses Ding da draußen am Auseinanderbrechen zu hindern.

Problem Nummer zwei: Die Größe. Um ein Objekt dieser Ausmaße zu bewegen, bräuchte man die gleichen Impuls- und Schildsysteme wie ein ausgewachsener Erzfrachter. Und den haben wir nicht. Und genau so wenig was ähnliches an Bord. Und ich denke nicht, das der Captain es zulassen würde, wenn wir die Venture zerlegen würden, nur um diesen Steinbrocken zu bergen."

Er unterbrach seinen Monolog kurz, um sich schnell einen neuen Kaffee zu holen. Ein Schluck später und er konnte weiter machen.

"Und jetzt hätten wir noch Problem drei; und wenn ich hinzufügen darf, dass ist das Größte." Er merkte, wie sich die Gesichter der anderen verdüsterten. Doch egal. Sie hatten sich diese Suppe selber eingebrockt. Und jetzt mussten sie sie auch auslöffeln.

"Ein kurze Frage. Wo wollt ihr mit dem Asteroiden eigentlich hin? Also wenn ihr ihn hier weg bekommt? Wir sind Lichtjahre von allen bewohnten Planeten Siedlungen oder Piratennestern entfernt. Und habt ihr schon mal versucht, nur mit Impulsgeschwindigkeit mehrere Lichtjahre zurückzulegen? Ich glaube, wir würden alle an Altersschwäche sterben, bevor wir auch nur irgendetwas Bewohnbares erreicht hätten. Und erzählt mir jetzt bitte nicht, ihr wollt den Asteroiden auf Warp-Geschwindigkeit beschleunigen?"

Widerstrebend musste Chi-Lo dem Techniker Recht geben. Nee, das Ding war nicht in nächste Sonnensystem zu transportieren.

Er runzelte die Stirn und sagte: "Wenn es so einfach ist, den Asteroiden mit Hilfe von Impulstriebwerken in Trümmer zu legen, warum nutzen wir das nicht für unsere Zwecke? Könnten wir das Ding nicht einfach zerbröseln und in großen 10-Meter-Brocken einzeln per Traktorstrahl in die Laderäume der Venture befördern, um uns dann einfach an Bord in aller Ruhe um die Erzgewinnung zu kümmern? Sollte doch recht schnell gehen: Impultriebwerke dranschrauben, Asteroid zerbrechen, Impulstriebwerke bergen, ein paar nette Dilithiumbrocken bergen, und ab dafür. Schürfen können wir das Dilithium auf der Rückreise..."

Erwartungsvoll schaute er in die Runde.

--- Krankenstation

Jordan schüttelte den Kopf, während sie eine Handvoll leerer Hyposprays wegräumte. Als Lisa danach greifen wollte, winkte sie ab. "Lassen Sie nur", murmelte sie und fuhr fort, wo sie aufgehört hatte. "Jedenfalls ging es ihm Minuten zuvor noch gut. Eigentlich kein Wunder, bei all dem Stress."

Aus dem Augenwinkel beobachtete sie, wie Cailin die Hände vor der Brust verschränkte, eine Geste, die sie wiederum von Jordan übernommen zu haben schien. Ihr Federkamm plusterte sich leicht vor Empörung auf und fiel wieder in sich zusammen. "Ich habe ihm schon immer gesagt, dass er sich zu sehr beansprucht. Tag und Nacht Dienst ist für niemanden gut, erst recht nicht für den Captain" Ihr Blick schweifte hinüber zu dem bewusstlosen McCarthy, der sich einige Meter entfernt auf seiner Liege zu regen begann, und wurde sanfter. "Ich werde dafür sorgen, dass er sich erholt und auf der Krankenstation bleibt, während Sie alle weg sind."

Die Engländerin nickte. "Ich gehe gleich zurück in die Besprechung", erwiderte sie nur und ging bereits zur Tür, als sie im Gehen bemerkte, dass der Captain die Augen aufschlug. Sie trat näher an sein Bett. "Sie befinden sich auf der Krankenstation", sagte sie lapidar den Standardspruch auf und fügte hinzu: "Sie hatten einen leichten Herzinfarkt. Es wird Ihnen bald besser gehen. Cailin kümmert sich um Sie."

Die Purna näherte sich bereits mit einem Tricorder und nickte ihr zu. Jordan nickte zurück. "Bis später", verabschiedete sie sich und machte sich auf den Weg in den Besprechungsraum. Erneut schüttelte sie den Kopf, als sie sich unweigerlich fragte, wie sich der Zustand McCarthys auf ihre Situation auswirken würde.

--- Konferenzraum

Überhaupt nicht erwartungsvoll schaute Yhea zurück. Hatte es der Chinese immer noch nicht verstanden?

"Ich will ja hier jetzt nicht den Miesmacher spielen", bemerkte der Romulaner trocken, "doch das geht auch nicht. Wie vorhin gesagt, wir besitzen keine Impulstriebwerke. Zumindest keine in der erforderliche Größe. Wir haben glaube ich ein paar Ersatztriebwerke für unsere Shuttles auf Lager. Aber Impulstriebwerke für Raumschiffe? Dafür hat kein Schiff das ich kenne den Platz. Und wo wir gerade von Platz reden ...

Wo sollen wir Ihrer Meinung nach die ganzen Brocken unterbringen von denen Sie reden? Also wenn ich rechne, dass der Asteroid da draußen in etwa die doppelte bis dreifache Größe der Venture besitzt, glaube ich nicht, dass wir ihn ins Schiff bekommen. Oder wollen Sie sämtliche Quartiere, Gänge und wer weiß noch was mit dem Geröll voll packen?"

Dieser schnöselige Techniker mit seinem chronischem Pessimismus ging dem Chinesen auf den Sack. Aber gewaltig!

"Nun gut, Alnak!", sagte er, und er versuchte dabei, demonstrativ gelangweilt auszusehen.

„Wie Gorm bereits ausgeführt hat, ist ein konventioneller Hightec-Abbau nicht möglich, weil der Asteroid sich dadurch ein kleine Nova verwandeln würde.

Das ganze Ding mitnehmen geht wohl leider nicht.

Wir könnten natürlich auch, wie in grauer Vorzeit, Hammer und Meißel zum Abbau verwenden, aber dann erklären Sie bitte McCarthy, warum wir nur eine kleine Tüte Dilithiumstaub mit auf das Schiff zurückbringen. Oder wir nehmen eben so viel wir können von diesem verdammten Asteroiden mit und schmeißen dann so schnell wie möglich den Abraum wieder über Bord. Impulstriebwerke kriegen wir aus den Shuttles.

Mehr fällt mir nicht ein.

Wenn niemand einen besseren Vorschlag hat, alle bisherigen aber nicht durchführbar sind, dann bin ich dafür, dass wir zumindest einen Sprecher wählen, der das Versagen dieser Gruppe vor dem Captain rechtfertigt!"

Wütend lehnte er sich zurück.

Hilfesuchend sah der Ferengi zur Klingonin. Das war ja wieder einmal typisch! Der Chinese musste mal wieder einen Streit vom Zaun brechen!

Um die drohende Katastrophe abzuwenden, schlug der Wissenschaftler vor: "Es ist natürlich richtig, dass es unmöglich ist, mit einem hohlen Asteroiden quer durch die Badlands ins nächste Sonnensystem zu schippern. Ich hätte da aber eine andere Idee: wenn wir den Brocken nicht bewegen können, weil er zu instabil und zu schwer ist, warum werfen wir ihn dann nicht ein?"

Entschuldigend blickte Gorm den Chefingenieur an, der gerade versuchte, seine Tasse nicht fallen zu lassen: "Verzeihen Sie diesen Ausdruck. Was ich meinte war folgendes:

Warum beschleunigen wir nicht kleinere Brocken in Richtung des Hohlkörpers und versuchen ihn auf diese Weise zu zerkleinern? Also mit einer Art improvisiertem Massebeschleuniger?

Natürlich müsste man die Brocken so wählen, dass nicht soviel Energie freigesetzt wird, dass wir dann am Ende wieder nur auf einem großen Loch im Weltraum sitzen bleiben.

Das wäre also ein Kompromiss zu Chi-Los Vorschlag."

Plötzlich lag es alles so klar vor Ruben.

Als wenn die Karten auf dem Tisch umgedreht worden wären, sah er in eine teuflisches Fratze der Konsequenzen, falls sie wirklich Kristalle der in den Berichten erwähnten Größe abbauen würden.

"Es ist sogar die einzige Möglichkeit, wenn wir uns nicht an ähhh, wie soll ich es sagen, der Konstruktion der ultimativen, effektivsten Massenvernichtungswaffe beteiligen wollen, die je erdacht wurde!", hatte er dem Ferengi zugestimmt, nachdem er in einem Moment des Heldenmutes aus seinem Stuhl hochgesprungen war.

Doch bereits Millisekunden später merkte er, wie alle Augen ihn wie ein undefinierbares Etwas, das man in einem französischen Restaurant serviert bekam, anstarrten. Die Blicke fingen an auf seiner Haut zu kribbeln und sein Herz rutschte bis tief in die Socken.

Doch am Meisten traf es den Niederländer, dass er in einigen Gesichtern nicht etwa Abscheu sondern Interesse lesen konnte.

Vielleicht war es besser, wenn die Idee mit seinem genetisch aufgewerteten Gehirn sterben würde...

Jordan betrat derweil den Besprechungsraum wortlos und ließ sich auf einem Stuhl nieder, ohne Anstalten zu machen, die Besprechung ihres Berichts wegen zu unterbrechen. Warum starrten eigentlich alle gerade den Niederländer an?

Clint verfolgte die Diskussion interessiert aber schweigsam. Wie üblich wartete der zurückhaltende Halbbreen vorerst ab, wie sich die Dinge entwickelten bevor er eine Meinung abgab. Er hatte gründlich nachgedacht und eine ganz eigene Theorie entwickelt, wie man das Dilithium abbauen könnte. Gerade als er zum Reden ansetzte kam der unerwartete Ausbruch des hypernervösen Terraners. Nach einer langen Weile in der nichts geschah, außer das der Niederländer heftig schwitzte, beschloss Clint die Stille zu durchbrechen.

"Tatsächlich?", fragte er in jener vulkanischen Tonlage, die alle, angeblich nicht vorhandenen, Gefühle dieses Volkes zum kulturlosen Rest des Universums zum Ausdruck brachte.

Die Nachfrage des Halbbreen ließ Ruben das Blut wieder ins Gesicht schießen, nachdem er sich ziemlich blass gefühlt hatte und die Worte begannen aus ihm herauszusprudeln: "Gott sei Dank konnte mangels Kristallen dieser Größe noch keine praktische Anwendung dieser Möglichkeit zu Stande kommen. Aber ein lupenreiner Dilithiumprisma mit einer Kantenlänge ab zehn Metern fokussiert bestimmte Energieformen in kaum vorstellbarer Stärke , die sich nicht kontrollieren lässt. Die einzige Anwendungsmöglichkeit wäre also eine Waffe. Es muss unbedingt ausgeschlossen werden, dass jemand anders in den Besitz dieser Macht bekommt. Die Kristalle müssen zertrümmert werden!"

Erstaunt über seine eigene Courage, bemerkte Wagenvoort nicht einmal, dass es wohl der erste Vortrag dieser Länge gewesen war, denn er je ohne Stottern und Stammeln gehalten hatte.

Der Chinese schaute erstaunt auf. Massenvernichtungswaffen hatte er noch nie im Sinn gehabt.

Sicherlich, er war in seiner Vergangenheit nie sonderlich zimperlich gewesen, aber Völkermord... Das ging nun wirklich etwas zu weit.

Aber wenn Wagenvoort die Befürchtung hatte, hieß das dann...?

"Was soll das heißen, Mr. Wagenvoort? Heißt das, sie haben Hinweise, dass der Maquis die Entwicklung einer solchen Waffe plant? Und das es... Kräfte auf diesem Schiff gibt, die diese Pläne unterstützen?"

Er hatte den Begriff "Captain McCarthy" absichtlich vermieden.

"Nein", stockte der Niederländer wieder, nachdem jetzt der Moment gekommen war, in dem er den anderen seine geistige Überlegenheit präsentieren musste, was ihn noch mehr zu einem Ausgestoßenen machte, "Es ist nur...Vielleicht bin ich der erste, der überhaupt auf diese Möglichkeit gekommen ist. Es ist sehr, sehr unwahrscheinlich, dass jemand anders, der nicht sechsdimensional denken kann, in der Lage ist, sie durchzuführen. Trotzdem sollten wir ähh besser kein Risiko eingehen"

'Sechsdimensional denken?', dachte Clint skeptisch. Dieser ehemalige Maquis war dem Wissenschaftler von Anfang an sehr seltsam vorgekommen, er sollte sich vielleicht von Dr. Jordan untersuchen lassen. Erwähnte sie nicht einmal eine Studie über die schädlichen Auswirkungen der starken Hintergrundstrahlung der Badlands auf das menschliche Gehirn?

"Das müssen sie uns jetzt aber näher erläutern", forderte er den Niederländer mit einer weiteren Abstufung jener typisch vulkanischen Art auf, die dem Angesprochenen automatisch das Gefühl gab, dass ihn jedes weitere Wort bis auf die Knochen blamierte.

"Genau!", rief Yhea und schlug mit der Faust auf den Tisch, dass seine Kaffeetasse einen Satz machte, "Ganz meine Meinung. Da muss ich unserem Pseudo-Spitzohr ja mal voll und ganz zustimmen."

Er lehnte sich zu Clint rüber und sagte etwas leiser zu ihm: "Nicht böse gemeint."

Wieder etwas lauter, damit ihn alle verstanden fuhr er fort.

"Mister Wagenvoort, wenn Sie schon über Dinge reden, die nur Sie verstehen, dann sollten Sie im Interesse des Verständnisses, also dass man Sie versteht, alles so erklären, dass jeder normale Mensch es kapieren kann. Oder sagen wir, aufgrund der hohen Anzahl anwesender nichtmenschlicher Spezies, dass zumindest alle humanoiden Lebewesen irgendwie irgendetwas verstehen."

Jahre hatte Ruben auf Vulkan verbracht, aber sich dennoch nie an diese verspottende, arrogante Ader gewöhnt, die jedem Vulkanier und allen, die sich zu lange auf deren Welt aufgehalten hatten zu eigen war. Mit aller Kraft zwang der Sicherheitler sich, die Worte des Halbbreen zu ignorieren und nicht kochend zu hyperventilieren.

Der herablassende Blick des Wissenschaftlers hatte einen riesigen Kloß in Rubens Hals entstehen lassen, während er die Worte des Romulaners kaum wahrgenommen hatte. Mit gesenktem Kopf und Schamesröte über die Anormalität seiner Existenz antwortete er:

"Als ich noch ein Kind war, wurde mein genetischer Status durch eine DNA-Neuordnung aufgewertet. In Folge dessen verfüge ich in mehreren Disziplinen über geistige Möglichkeiten, die Ihnen nicht offen stehen"

Zittern sank er in seinem Stuhl zusammen.

Jordan horchte alarmiert auf. Genetische Aufwertung?

Intuitiv wanderte ihr Blick forschend an dem jungen, vor sich hin kränkelnden Mann hinab. Das erklärte eine ganze Menge. Zumindest, was seine chronischen Krankheiten anging.

Aber... Genetisch aufgewertet!

Die Ärztin sank langsam in eine entspanntere Position zurück. Koste es, was wolle, sie würde Wagenvoort bei nächster Gelegenheit in die Finger kriegen und auf die Krankenstation zerren...

Vollkommen in Gedanken versunken hatte der Ferengi den Teil mit der genetischen Aufwertung nur sehr am Rande mitbekommen.

Überhaupt dürfte er einer der wenigen in diesem Raum sein, die Wagenvoort verstanden hatten.

Schnell stellte Gorm in seinem Kopf einige überschlagsmäßige Berechnungen an und griff dann doch wieder zu seinem PADD.

Obwohl um den Wissenschaftler herum gleich ein Tumult auszubrechen drohte sinnierte er etwas über den Ergebnissen um dann leise, fast wie zu sich selbst zu sagen: "Das wäre aber eine sehr teure Bombe, verglichen mit dem Nutzen."

Er sah zu dem verspannt wirkendem Terraner: "Nach meinen Berechnungen besteht nur eine etwa 60% Chance, dass der Aggressor nach Zündung der Bombe rechtzeitig wegkommt.

Die Chance verringert sich auf etwa 40%, wenn ich die durch die Explosion entstehenden Zeitanomalien dazurechne.

Die Berechnungen beruhen aber auf der Annahme, dass es sich dabei um einen 100% reinen Dilithiumkristall handelt, ohne den kleinsten Fehler in der Struktur.

Wenn ich jetzt noch die Forschungskosten dazu rechne, die notwendig sind, um die Waffe so herzustellen, dass sie sich wenigstens annähernd wie vorgesehen verhält, würde ich sagen: Eine Flotte von Raumschiffen, die den selben Effekt erzielt wäre billiger."

Abwartend beobachtete der Wissenschaftler Wagenvoort.

"Wenn es doch nur so wäre", murmelte der Terraner vor sich hin, während er versuchte nicht die Fassung zu verlieren. Sein Geist hatte die ultimative Waffe ersonnen, welche die Vorstellungen des Ferengi um das Millionenfache übertreffen konnte.

"Ein Dilithiumkristall von 15 Zentimeter Durchmesser, wie er in einem Schiffsantrieb benutzt wird, kann genug Energie fokussieren, um den Subraum aufzubrechen und Warpflug zu ermöglichen. Da die nutzbare Energie aber exponentiell zur Kristallgröße steigt, würde ein Prisma von 10 Metern Kantenlänge im Umkreis von 200 Lichtjahren den Subraum mit dem Einstein'schen Normalraum verschmelzen lassen. Der Kernbereich einer galaktische Großmacht, wie das Dreieck Erde-Vulkan-Andor würde in dieser Fusion in Sekunden vernichtet werden", dozierte er immer verzweifelter werdend, angesichts der unfassbaren Zerstörungskraft, "Egal wie unwahrscheinlich es ist, dass jemals jemand diese Möglichkeit verwirklichen kann, muss verhindert werden, dass Kristalle dieser Größe das Asteroidenfeld verlassen!"

Unwillkürlich pfiff der Chinese laut durch die Zähne. Das war in der Tat eine veritable Waffe.

"In diesem Falle sollten wir das Asteroidenfeld vielleicht tatsächlich zerstören", überlegte er laut.

"Ist der Captain wieder ansprechbar?", wandte er sich an die Ärztin. "Wir sollten ihn über die neue Lage informieren und ihm vorschlagen, die Bergung des Dilithiums in den Wind zu schießen, um statt dessen das Asteroidenfeld zu zerstören."

Und noch ein Gedanke machte ihm zu schaffen.

Wagenvoort!

Er hatte diese Waffe ersonnen, und er hatte - zumindest seinen eigenen Angaben nach - auch die Intelligenz, um sie zu erschaffen. Noch war er loyal, aber konnte man sich wirklich darauf verlassen? Jeder sah, dass der Holländer ein nervliches Wrack war, vollkommen instabil.

Was war, wenn er sich es anders überlegte? Oder wenn er von den Borg assimiliert wurde? Was, wenn er von den Romulanern gefangen genommen und mit einem Wahrheitsserum "behandelt" wurde? Ein vergleichbares Asteroidenfeld wäre mit absoluter Gewissheit in der unendlichen Galaxis ein zweites Mal aufzutreiben, und dann...

Sicherer wäre es in jedem Falle, den Sicherheitschef und mit ihm das die Galaxis bedrohende Wissen auszulöschen, das er beherbergte.

Bei Licht betrachtet blieb überhaupt keine Alternative.

Einmal mit Daten gefüttert, begann Clints vulkanisch trainierter Geist fieberhaft zu arbeiten. Zahlen und Formeln huschten durch sein Gehirn, und was sich da abzeichnete missfiel ihm bei weitem. Es schien als habe Wagenvoort recht gehabt. Und das er nicht selbst auf diese Implikation gekommen war gefiel ihm noch weniger. Aber es war nicht die Zeit für alberne Eitelkeit, auch wenn das Ego die größte Schwachstelle eines jeden Vulkaniers war.

Der Halbbreen stellte mit seinem PADD eine Verbindung zum Bordcomputer her. Ein großer Dilithiumkristall könnte tatsächlich derartige weitreichende Veränderungen der Raumzeit bewirken, allerdings bräuchte man entsprechend riesige Energien dafür. Ein Stern vom Format eines blauen Riesen wäre eine Möglichkeit. Zumindest bestand keine unmittelbare Gefahr, selbst wenn die Kristalle sofort in die falschen Hände fielen. Die Entwicklung und Handhabung der für derartige Vorhaben notwendigen Technologie würde Jahre brauchen.

"Ich stimme dem ebenfalls zu. Wir können die Kristalle nicht verkaufen ohne Aufmerksamkeit zu erregen. Einige von ihnen für Forschungszwecke an Bord zu behalten klingt zwar verführerisch, stellt aber ein ständiges Sicherheitsproblem dar. Was passiert wenn die Venture eines Tages doch noch von den Romulanern geentert wird, oder wenn jemand aus der Mannschaft Profitsucht über die Ziele dieses Schiffes stellt und sie stielt?", fragte Clint in die Runde und versuchte dabei niemanden im besonderem anzusehen.

Yhea glaubte, seinen Ohren nicht zu trauen. Über was redeten die da? Die ultimative Waffe? Asteroidenfeld zerstören? Irgendwie war diese Diskussionsrunde in Sphären abgerutscht, die Yheas Gehirn nicht mehr verstehen konnte. Doch eins war klar. Das Asteroidenfeld zu sprengen und kein Dilithium zu bergen, dass kam für ihn nicht in Frage. Und wenn er selbst mit einen Shuttle losfliegen musste, um das wertvolle Erz zu holen.

Er würde schon genug Mannschaftsmitglieder finden, die sich daran beteiligen würden. Ja, auf jeden Fall. Sollten die hier doch weiter über theoretische Dinge diskutieren, die in der Realität unmöglich durchzuführen waren. Außerdem waren sie hier, um Geld zu verdienen, nicht um das Universum zu retten. Sollte das doch jemand anderes machen. Zum Beispiel die Sternenflotte.

"Um hier mal eingreifend tätig zu werden", begann Yhea, "stimme ich diesem ganzen Unfug nicht zu. Wir sind hier um Dilithium zu holen und nicht, um mögliche Waffentheorien zu bestätigen. Außerdem haben Sie alle gesagt, es wäre beinahe unmöglich, dass jemand sonst auf die Idee mit der Waffe kommt. Also halten wir uns damit nicht länger auf und legen endlich los mit der Beschaffung."

"Das sehe ich auch so", mischte sich nun Jordan ein, die schon dreimal angehoben hatte, dem Chinesen seine Frage über den Zustand des Captains zu beantworten, wobei ihr jedoch erst Clint, dann Yhea zuvor kamen. "Wie ich es verstanden habe, besteht eine so verschwindend geringe Gefahr, dass sie im Grunde nicht existiert"

Sie vermied es zu erwähnen, dass sie den Vermutungen der drei Männer so lange skeptisch gegenüber stehen würde, bis jemand die nötigen Daten in den Computer eingegeben und überprüft hatte. Zwar hatte sie die Fähigkeiten der beiden Wissenschaftler in den vergangenen Wochen kennen und schätzen gelernt - und Wagenvoort: genetisch aufgewertet, Himmel! -, doch unbestätigte Thesen blieben auch aus ihrem Mund unbestätigte Thesen.

Bevor jemand anderes sich einmischen konnte, wandte sie sich endlich an Chi-Lo. "Dem Captain geht es so weit gut, aber er wird noch einige Zeit auf der Krankenstation bleiben, und was Sie alle angeht, wird er in dieser Zeit quasi nicht da sein. Ich fürchte, falls jemand versuchen sollte, ihn mit Kommandoangelegenheiten zu belästigen, wird Miss Fakaii denjenigen nicht vorlassen. Mr. Kuzhumo wurde bereits informiert, dass er bis auf weiteres das Kommando auf dem Schiff hat. Soweit ich weiß, bedeutet das", bezog sie die anderen ein und wandte sich besonders an den Niederländer. "Dass Mr. Wagenvoort nun als Erster Offizier in der Position ist, über unser Vorgehen zu entscheiden."

Im Stillen musste Chi-Lo Alnak und Jordan recht geben.

Er hatte ja schon selbst angedacht, dass ein solches Asteroidenfeld mit Sicherheit noch einmal aufzutreiben war. Und da er nur ungern sein restliches Leben damit verbringen wollte, verdächtige Asteroidenfelder in die Luft zu jagen, konnte dieses hier genau so gut bestehen bleiben.

Nur musste für diesen Unsicherheitsfaktor Wagenvoort eine Lösung gefunden werden.

"Nun gut", sagte der Chinese. "Von mir aus können wir das Dilithium abbauen. Ich bin nach wie vor für zertrümmern und einsammeln."

Rubens Nase begann unangenehm zu jucken. Auch wenn dieser Alnak offensichtlich nicht genetisch aufgewertet war, sollte man doch zumindestens eine Grundintelligenz und vor allem rudimentäre Höflichkeit erwarten können.

"Ähhh, bitte legen Sie mir keine falschen Worte in den Mund", wandte er sich eher entschuldigend als belehrend an den Romulaner, "Ich habe nie vorgeschlagen eine Waffe zu entwickeln noch will ich das Asteroidenfeld zerstören. Wir sollten lediglich vermeiden, dass jemand anders in den Besitz größerer Kristalle kommen kann, da dies eine Gefahr für jedes Lebenswesen in dieser Galaxie wäre"

"Ok", antwortete Yhea, "das verstehe ich ja. Aber Sie können doch nicht durch die ganze Galaxie fliegen und jeden Dilithiumkristall, der größer als 15 Zentimeter ist zerstören. Mal davon abgesehen wissen wir doch nicht, was wir für Kristalle finden werden. Vielleicht können wir gar nicht so große Kristallformationen abbauen."

Der Romulaner schwieg kurz, nur um festzustellen, dass seine Kaffeetasse immer noch leer war. Grummelnd erhob er sich und schritt zum Replikator, um dieses Problem zu lösen. Mit einer frischen Tassenfüllung bewaffnet, drehte er sich wieder zu der Gruppe um.

"Wie schon vorhin gesagt, ich denke, wir sollten diese ganze Waffenthematik einfach vergessen. Es bringt einfach nichts, uns weiter darüber den Kopf zu zerbrechen. Stattdessen sollten wir endlich festlegen, wie wir das Erz abbauen können, ohne hier alles dem Erdboden gleich zu machen."

Auch Gorm juckte es bereits in den Händen.

Am liebsten wäre er sofort mit einer Bergbauausrüstung in Richtung der Asteroiden gestartet. Der Ferengi hatte nämlich Angst, dass der unwahrscheinliche Fall eintraf, dass jemand anderer das Feld fand und Anspruch darauf erhob.

Laut sagte er daher: "Ich muss Mr. Alnak recht geben: Darf ich Sie daran erinnern, dass damals außer uns auch noch ein paar Föderationsschiffe in dem Asteroidenfeld anwesend waren? Wenn die auch über diese Dilithiumvorkommen gestolpert sind, dann dauert es bestimmt nicht mehr lange und es wimmelt dort nur noch so von Militärs.

Bei den jüngsten Rückschlägen der Föderation lassen die sich so einen Schatz bestimmt nicht entgehen!"

Der Niederländer war endgültig mit den Nerven herunter, nachdem er die Beiträge der beiden Offiziere gehört hatte. 'Alles dem Boden gleichmachen', äffte er den Romulaner innerlich nach.

Als wenn es jemals darum gegangen wäre.

"Fein, machen Sie was Sie wollen. Ist ja auch egal, ob jemand Billionen Lebewesen tötet", warf er in einem plötzlichen Anfall von Sarkasmus ein, der jedoch sogleich in ein Gefühl der Ohnmacht umschwang.

Mit sausenden Ohren fragte Ruben sich, ob es wohl an ihm lag. Vielleicht war er ja der Idiot. Höchstwahrscheinlich sogar, wenn er es sich recht überlegte. Grübelnd und frustriert versank er tief in seinem Sessel, während das Vorgehen für die anderen wohl beschlossene Sache war.

Wie in Trance hörte er Alnaks Stimme:

"Dann lasst uns mal alles vorbereiten!"

Chi-Lo konnte es nicht fassen. Hier machte sich ein gesamte Crew zum Affen!

"WAS sollen wir vorbereiten?", fragte er.

"Konventioneller Abbau geht nicht, wegen Explosionsgefahr. Wir können das Ding angeblich nicht in handliche Brocken zertrümmern. Also, WAS soll ich vorbereiten? Soll ich ein paar Hammer und Meißel replizieren, oder was?"

"Das wäre doch schon mal was", bemerkte Yhea sarkastisch. Eigentlich stimmte er ja dem Chinesen zu. Das ganze hier war eine reine Farce. Jetzt diskutierten sie hier schon über eine Stunde herum und waren zu absolut keinem Ergebnis gekommen. Und im Moment sah es so aus, als würde es auch so weiter gehen. Doch da kam ihm ganz plötzlich eine Idee.

"Moment, mir fällt da gerade etwas ein", sagte er laut und zauberte ein PADD hervor. Nach ein kurzen Berechnungen und Überlegungen, setzte er wieder an.

"Wir haben im technischen Labor ein Gerät, mit welchem wir vor längerem mal versucht haben, metallischen Sprengstoff zu zerteilen. Normalerweise hat man diesen Sprengstoff in einzelnen Blöcken zu 10 Kilogramm. Doch da man manchmal mit weniger arbeiten muss, haben wir was entwickelt, mit dem man diese Blöcke zerkleinern kann. Denn das Problem war, dass der Sprengstoff sofort mit Energie reagiert hatte. Ich denke, bei Dilithium ist es das Gleiche. Vor allem, da das Gerät mechanisch funktioniert, also ohne Laserstrahlen oder sonstigen Energiepartikeln.

Wie sieht es aus? Versuchen wir es?"

Blitzschnell begriff der Chinese die Gelegenheit, die sich da bot. Dieser Gruppe mangelte es an einem: an Führung! Ganz eindeutig. Keiner wagte es, die Koordination an sich zu reißen. Nun denn, dann würde er es halt tun. Damit könnte er sich für eine Führungsposition empfehlen, für die ja eigentlich geboren war!

Das war der Vorteil eines Machtvakuums! Da boten sich Aufstiegsmöglichkeiten. Á propos Vakuum...

"Entweder das, oder wir trainieren lieber schon einmal, Vakuum zu atmen.", beantwortete Chi-Lo die Frage von Alnak. "Denn genau das werden wir können müssen, wenn McCarthy wieder aufwacht, und wir immer noch kein Dilithium vorweisen können! Alnak, kommen Sie bitte mit, wir beide werden dieses Gerät holen! Gorm, scannen Sie den Brocken, ich will wissen, wo wir am besten Landen und abbauen können! Chedu, überwachen Sie bitte den Weltraum. Ich will keine Überraschungsgäste aus der Föderation! Einen Raider kann ich steuern. Clint, Wagenvoort, es wäre gut, wenn bei Rückkehr von Alnak und mir beide Raider startklar sind. Jordan, da wir leider auf antike Bergbautechnik zurückgreifen müssen, sind Unfälle nicht ausgeschlossen. Bereiten Sie bitte alles vor. Abflug T minus 15 Minuten."

Während seines Vortrages war er bereits aufgestanden und mit den letzten Worten eilte er durch die Tür.

--- Korridor

Am liebsten hätte er sich umgeschaut, ob Alnak ihm folgte, aber das konnte er sich nicht leisten. Wenn er wirklich Glück gehabt und die Crew überrumpelt haben sollte, dann würde Alnak ihm sowieso folgen. Ein Umdrehen würde dann nur Unsicherheiten offenbaren und seine eigene neue Position gefährden. Sollte sich dieser Haufen nicht überrumpelt haben lassen, dann wäre es eh egal. Alnak würde ihm dann nicht folgen, ganz gleich, ob er sich umdrehte, oder nicht.

Also ging er möglichst selbstbewusst erscheinend wollend in die Richtung des technischen Labors.

Er versuchte, zu hören, ob hinter ihm die Schritte Alnaks zu vernehmen waren.

--- Besprechungsraum

Etwas überrascht über den schnellen Aufbruch von Chi-Lo stieß sich Yhea von der Wand ab, an die er sich vorhin gelehnt hatte und wandte sich an den Rest der Gruppe.

"Ihr habt ihn gehört", sagte er kurz und nickte allen zu. "Chedu, nachdem Sie der Brücke Bescheid gesagt haben, dass sie den Weltraum im Augen behalten sollen, kommen Sie bitte sofort zur Shuttlerampe. Ich brauche sie nämlich bei der Mission. Genau so Mister Gorm. Bitte versuchen Sie, alles über unseren möglichen Zielbrocken heraus zu bekommen, bevor Sie zum Raider kommen.

Mister Clint und Wagenvoort, die beiden Raider sind bereit. Sie werden meine Männer im Shuttlehangar vorfinden. Klären Sie mit ihnen ab, welchen Raider wir nehmen. Miss Jordan, Sie wissen was zu tun ist. Packen Sie aber bitte ein Sonderpaket für unseren lieben Chinesen. Er wird sich bestimmt wieder in Schwierigkeiten bringen."

Er steckte sein PADD weg, welches er immer noch in der Hand gehalten hatte und schritt dann zur nächsten Computerkonsole. Während er ein paar Befehle eingab, sagte er noch: "Wir treffen uns dann in der Shuttlerampe."

Ein Tastentipp später und Yhea aktievierte eine Transporterroutine, welche er sich schon vor längerem für Notfälle eingerichtet hatte. Mit einem Flimmern dematerialisierte er ...

--- Technisches Labor

... und tauchte kurze Zeit später immer noch mit der Kaffeetasse in der Hand im Labor wieder auf.

"Ok, dann warten wir mal auf Chi-Lo", sagte er zu sich und trank von seinem Kaffee.

--- Besprechungsraum

Ziemlich verwirrt hatte der Niederländer das Treiben beobachtet, bis er plötzlich mit den beiden Frauen und dem Halbbreen allein war. Zwar hatte er Chi-Lo zu Eigeninitiative ermutigen wollen, aber das...

"Wagenvoort an Chi-Lo, ähh, ich würde es vorziehen, wenn sie die Raider vorbereiten und Mister Clint dieses sicherlich äußerst fragile, teure und gefährliche Gerät als Leiter der Wissenschaft transportiert, während ich einen Abbauplan entwerfe", kontaktierte er den Chinesen und merkte schwitzend, wie die herabwürdigenden Blicke aller auf ihm lagen.

Irritiert hatte Clint den Verlauf der Besprechung verfolgt. Hatte er und Wagenvoort sich etwa nicht deutlich genug ausgedrückt? Es musste so gewesen sein, wie sonst konnte man erklären, dass alle die Gefahren die mit diesen Kristallen verbunden waren als derartig belanglos abtaten. Er warf dem Niederländer einen bedeutungsvollen Blick zu, um zu signalisieren, dass er ihm in dieser Sache beistehen würde, doch Wagenvoort senkte nur beschämt den Kopf.

Dies irritierte ihn um so mehr. Es war ihm klar, dass er selbst als Wissenschaftler die Gefahr, die von einer abstrakten Idee ausging, eher als bedrohlich ansah als die anderen. Es war ihm auch klar, warum Gorm es in diesem Fall nicht tat: Es waren wohl zutiefst ferengische Motive. Aber warum setzte sich Wagenvoort nicht durch, wenn er von seiner Idee überzeugt war?

Beweise. Natürlich.

Clint lies den Bordrechner des Niederländers Theorie überprüfen, erst wenn dabei etwas Konkretes rauskam konnten sie weiter in dieser Sache vorgehen. Gerade als er nach den Fortschritten der Berechnungen sehen wollte, erschien das 'Vorgang beendet' Symbol. Obwohl nicht mehr alle Mitglieder des Teams anwesend waren, spielte der Halbbreen die vom Computer erstellten Diagramme und Formeln auf den Hauptschirm des Besprechungsraums. Er stand auf und machte sich für einen längeren Vortrag bereit um die noch Anwesenden von der drohenden Gefahr zu überzeugen.

Als er jedoch die ungeduldigen Blicke bemerkte, entschied er sich die Prozedur ab zu kürzen: "Computer teile uns die Ergebnisse der Untersuchung betreffend große Dilithiumkristalle, Superwaffenpotential mit"

Mit dem üblichen Bestätigungsgeräusch meldete die Computerstimme: "Ergebnis: Negativ. Die Verwendung übergroßer Dilithiumkristalle zu genanntem Zweck ist undurchführbar"

Clint räusperte sich. Wie konnte das sein? Seine eigenen Überlegungen und Berechnungen, die er im Kopf durchgeführt hatte, hatten Wagenvoort bestätigt. Nun, er musste wohl etwas übersehen haben. Mit einer über allen Dingen stehenden Dozentenstimme sagte er: "Die Wissenschaft ist voller lehrreicher Irrtümer. Wir alle können froh sein, dass IHRE Theorie sich als falsch erwies Mr. Wagenvoort. Ich denke wir können uns jetzt alle unbekümmert unseren Aufgaben zuwenden"

So schnell es eine würdevolle Haltung zuließ, verlies er den Raum.

Verdutzt, ja das war das richtige Wort, schaute der Niederländer von seinem Padd auf, nachdem der Halbbreen seinen Vortrag beendet hatte.

"Ein negatives Ergebnis???", murmelte er in seinen nicht vorhandenen Bart, um keine Sekunde später die Computerdaten zu überprüfen. Zu seinem maßlosen Erstaunen stellte der Sicherheitschef keinerlei Eingabefehler fest, was nur eine schreckliche Conclusio zuließ.

Ruben Wagenvoort hatte sich geirrt.

Sein Blutdruck sank noch eine Spur mehr, als er sich der Peinlichkeit bewusst wurde, der er sich eben ausgesetzt hatte. Wie ein Anfänger hatte er unnötige Panik verbreitet, wo kein Grund war. Wenigstens hatte außer der Klingonin niemand seine Schmach mitbekommen und selbst diese schien vor ein paar Minuten eingedöst zu sein.

Jedenfalls schien es ihm sehr verdächtig, dass sie sich nicht dagegen gewehrt hatte von einem Romulaner Befehle anzunehmen, geschweige denn diese zu bestätigen.

Vorsichtig erhob Ruben sich aus seinem Sessel und schlich leise zu der Tür, um Chedu ja nicht aus ihrer Trance zu wecken. Ihr Gesichtsausdruck war jetzt merkwürdig verzehrt, als wenn sie sich etwas sehr Angenehmes vorstellen würde. Ihr Puls schien gestiegen zu sein und in ihren Augen hatte sich eine leidenschaftliche Glut gebildet.

Fasst hatte er die Tür erreicht, als er vor Aufregung über seine eigenen Füße stolperte und beinahe gegen das Duraniumschott geschlagen wäre. Erschreckt verschwand er schnellen Schrittes aus dem Raum...

--- Büro des Sicherheitschefs

Erleichtert ließ Ruben sich in seinen Sessel fallen und atmete pfeifend aus. Zu seinem Glück war selbst Trustman nicht da und so konnte er beinahe entspannt mit dem Abbauplan beginnen.

Alnak würde sich schon melden, wenn die Raider bereit waren.

--- Besprechungsraum

Skeptischen Blickes hatte Jordan dem Niederländer nachgesehen, bevor sie sich selbst erhob und den Raum verließ; über die Qualifikationen des Mannes war sie noch immer zwiegespalten. Der Nachsatz Alnaks, zusätzliche medizinische Vorräte für Chi-Lo einzupacken, hatte sie hingegen amüsiert. Als sie sich zur Krankenstation aufmachte, hatte sie ein leichtes Lächeln im Gesicht.

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