Ivory Chronik 6

Classics Auferstehung

--- Deck 3, Gänge

Umsonst lauschte Shania auf Schritte, die ihr über den Gang zum nächsten Turbolift folgten. Sie drehte sich um und bemerkte, dass sie allein war und der Psychologe ihr doch nicht gefolgt war. Entweder hatte er es vor und hatte sich dann doch anders überlegt oder – und daran wollte sie gar nicht denken – Zinda hatte ihm verwehrt, die Mannschaftsmesse zu verlassen.

Obwohl sie es sich nicht eingestehen wollte, war die Blondine doch sehr betroffen. Zuerst die Enttäuschung, Gerald hier nicht mehr vorzufinden, dann die Cardassianerin, die zu allem Überfluss auch noch ihren Platz an Bord einnahm, die Konfrontation mit Charly und später das Geständnis von Stalvey, dass er ihretwegen an Bord gekommen war.

Dabei hatte sie den Eindruck gewonnen, dass er ihr hatte mehr sagen wollen. Sich mehr geöffnet hatte, als er es vorgehabt hatte.

Trotzdem ließ er sie nun allein und zeigte auch sonst wenig Interesse an ihrer neuen Arbeit. Es lag auf der Hand, dass er wohl nur Interesse an "problembehafteten" Frauen hatte. Anscheinend war sie nach der Unterredung im Konferenzraum doch zu gesund um seine Gedanken für länger an sich zu binden.

Dabei hatte sie eine starke Zuneigung für ihn gespürt und war sich beinahe schon sicher gewesen, dass es ihm auch so ging. Doch sie hatte sich wieder einmal in einem Menschen getäuscht. Was noch schlimmer war: Es war wieder ein Mann gewesen.

Irritiert von dieser Erkenntnis, so kurz nach ihrem Neubeginn gleich wieder in ihre alten Fußstapfen zu steigen, hastete die Amerikanerin zum nächsten Turbolift und glaubte erst, dass er auch wirklich kam, als die Türen sich vor ihr öffneten.

--- Turbolift

"Computer: Brücke", befahl Shania atemlos, nachdem sie in den Turbolift gestolpert war und hoffte inständig, dass Zinda genug mit anderem zu tun hatte um sie nicht mit ihrer Gegenwart zu belästigen.

Und wirklich schwieg sie. Vielleicht aber auch deshalb, weil sie hier um ein dankbares Publikum betrogen wurde und es kein Objekt ihres Interesses gab.

Keinen Mann.

Irgendwie lief nichts an Bord, wie es das sollte. Wenn Shania eines klar war, dann die Tatsache, dass sie das Holodeck meiden würde, um nicht wieder dort eingesperrt mit ein paar Freizeit-Abenteurern eingesperrt zu sein und verrückte Rätsel zu lösen.

--- Brücke

Mit einem Satz war Shania aus dem Lift und gönnte sich erst dann eine Verschnaufpause, als sie sich vergewissert hatte, dass Francine wohlbehalten, wenn auch ebenso irritiert wie sie zu sein schien.

"Tut mir Leid, dass ich so hereinplatze." Die Wangen der Amerikanerin wurden wieder von einem sanften Rot überzogen und sie hoffte, dass Francine über die Erschütterung und nicht über ihren Auftritt verblüfft war. Sie wollte nicht wieder den Eindruck machen, überzureagieren oder gar hysterisch zu werden, doch fand sie eine Unterredung mit Francine unbedingt erforderlich.

"So ein Rumpeln gab es noch nie ohne einen Grund. Die Ivory ist zwar ein altes Mädchen, aber bisher wurde sie immer gut gewartet und hat uns nie ohne Beschuss im Stich gelassen. Und Zinda scheint zwar langsam durchzudrehen und man sollte sie im Auge behalten und in absehbarer Zeit ihre Befugnisse etwas eindämmen, damit nicht wieder ein Unglück geschieht. Aber irgendwie scheinen wir noch ein weitaus größeres Problem hier an Bord zu haben."

Die wachen Augen Francines beobachteten sie gespannt und schienen sich bereits ein Bild über ihre Worte zu machen. Doch ein wichtiger Bestandteil zu diesem Puzzle fehlte ihr noch. Shania war bereit ihn ihr zu liefern.

"Zinda streitet ab etwas mit der Erschütterung zu tun zu haben. Aber das ist noch nicht alles ... Zinda ist nervös und hat so etwas wie ...

Angst."

Nach der Detonation dieser "Bombe" war es eine kurze Zeit so still auf der Brücke, dass man eine Nadel fallen gehört hätte.

Francine nickte langsam. Beinahe war sie froh über das plötzliche Auftauchen der Terranerin, ließ es sich zu zweit doch viel besser mit einem Problem fertig werden. Die Befürchtungen der anderen konnte sie nur zu gut nachvollziehen.

Ihr Respekt vor Shania wuchs noch ein Stück. Es war doch bezeichnend, dass eine Erschütterung das im Dock liegende Schiff erfasste und von keinem der bisher eingestellten Crewmen sonst eine irgendwie geartete Meldung kam. Woher sollte sie wissen, was nun auf der Ivory noch funktionierte und was nicht? Und was trieb überhaupt ihr einziger Techniker?

"Ich habe mir bereits gedacht, dass dieser Zwischenfall nicht unbedingt normal war", erwiderte sie trocken und tippte sich nachdenklich mit einem Finger auf die Lippen, während ihr Blick immer wieder unruhig zu ihrem Strickzeug huschte, das nach wie vor unangetastet am anderen Ende des Raums lag. Peter konnte es aufheben und entsorgen, wenn er zurück war.

"Daher habe ich auch bereits meine Suche nach einem Wissenschaftler verstärkt", fuhr sie fort. "Ich dulde solche Probleme auf meinem Schiff nicht, und sie müssen umgehend geklärt werden. Ein ganzer Stapel unerledigter Transaktionen höchster Wichtigkeit wartet auf mich, die ich nicht in fremde Hände legen kann, und ich will nicht, dass die Verzögerung durch die Bewerbungsgespräche sich jetzt noch wegen eines defekten Computers vergrößert."

Stirnrunzelnd rieb Francine sich die Schläfen. Wenn sie nur eine Vertrauensperson zur Verfügung hätte, die nicht ganz so stupide wie ihr Butler war, könnte sie sie in ein Shuttle setzen und direkt zu den jeweiligen Vertragsverhandlungen schicken. Gerade jetzt sollte sie auf Bajor sein und eine wichtige Warenübergabe überwachen, hätte sie sich nicht dazu bereit erklärt, die Ivory zu übernehmen. Sollte "Zinda" nicht bald Vergangenheit sein, mochte es sonst wie lange dauern, bis sie den Verlust wieder zurück erwirtschaftet hatte.

"Ich weiß nicht, ob ein Wissenschaftler der richtige für den Kampf mit Zinda ist. Ein Techniker oder Computerspezialist sollte da bessere Dienste leisten, würde ich annehmen. Zinda hat einen Namen, aber sie ist keine unbekannte Spezies, die es zu erforschen oder gar zu schützen gilt." Shania war innerlich aufgewühlt und über den Computer mehr als aufgebracht. Hätte es einen Schalter gegeben um der Computerlady die Energie abzudrehen, so hätte sie es liebend gerne getan. Sogar bezahlt, wenn sie Latinum hätte.

Aber sie hatte keines. Was sie wieder zu Francines anderem Problem brachte. Sie konnte gut verstehen, dass die Schwester vom großen Händler Gerald Monserat ihn noch an Gewinn übertreffen wollte um in seinen Augen mehr als zu bestehen. Allein um ihm zu zeigen, wer der bessere von ihnen beiden war. Die Französin wäre keine geborene Monserat, wenn sie nicht genauso ein Gespür für Geld wie ihr Bruder hätte.

"Leider bin ich weder Wissenschaftler noch Techniker und die Eröffnung der Bar wird sich wohl auch auf unbestimmte Zeit hinauszögern. Schließlich kann ich nichts Ess- oder Trinkbares mit gutem Wissen replizieren oder gar neue Rezepte einspeichern, wenn ich nicht weiß wie weit Zinda noch gehen wird. Sie ist nicht so harmlos wie Gerald immer getan hat ..." Die hochgewachsene Amerikanerin blickte direkt Francine an, die ihr momentan von den Sorgen niedergedrückt erschien.

"Die Verantwortung, neue Leute einzustellen, ist ganz sicher zu hoch für mich, dazu braucht es viel mehr Erfahrung. Ich bin zwar auch keine Händlerin, aber Gerald hat mir Einiges in diesem Geschäft beigebracht und ich durfte auch immer an seinen Verhandlungen und Transaktionen teilnehmen. Er meinte, ich würde ihm Glück bringen. So habe ich mit der Zeit viel über das Wesen des Handels gelernt. Auch wie man mit verdeckten Karten spielt, andere im Unklaren lässt und soviel wie möglich profitiert.

Vielleicht kann ich dir ja in nächster Zeit anders zur Hand gehen als geplant. Zwar freue ich mich schon auf die zukünftige Bar der Ivory, doch derzeit wäre sie ein Risiko. Zinda hasst mich."

Irgendwie erwartete sich Shania Zuspruch von Zinda selbst, dem allgegenwärtigen Zynismus, vor dem es kein Entkommen gab, doch diese schwieg. Mit einem Mal war das noch viel bedenklicher, als ihre Angriffe selbst. Etwas schien sie schwer zu beschäftigen und eine Menge ihrer Ressourcen zu beanspruchen.

"Du hast völlig Recht. Unter diesen Bedingungen mit der Einrichtung der Bar zu beginnen, wäre viel zu gefährlich." Francine nickte nachdrücklich, um ihre Aussage zu unterstreichen. Sie konnte sich keine Konflikte mit den Behörden leisten, wenn der Computer beschloss, lieber Blausäure anstatt Kaffee zu replizieren oder sonst etwas tat, was ihr die Anwälte verletzter Crewmen auf den Hals hetzte. Mit Sammelklagen war nicht zu spaßen.

"Allerdings denke ich sehr wohl, dass ein Wissenschaftler uns wertvolle Dienste leisten wird", fuhr sie entschlossen fort und hatte keinerlei Probleme damit, von einem Thema ins nächste zu springen. "Aures hat selbst gesagt, dass er alleine mit diesem Problem überfordert ist. Nicht nur 'Zinda'" – ie betonte den gewählten Namen der KI verächtlich – "spielt verrückt, auch unsere Schwerkraftgeneratoren funktionieren nicht richtig, und hier scheint Zinda nicht der Grund zu sein. Ein Wissenschaftler kann das Problem analysieren, damit unsere Techniker es beheben können."

So sehr der Captain mit Shania sympathisierte, in ihre Arbeit hereinreden ließ sie sich nicht. Sie glaubte sehr genau zu wissen, wie man ein Schiff führte, und ihre Weise hielt sie wie immer für die beste. Und dass ihre Entscheidungen angezweifelt wurden, konnte selbstredend nur ein Denkfehler ihres Gegenübers sein.

Nachdenklich runzelte sie wieder die Stirn, und ihre Barfrau, die sah, dass sie nachdachte, wartete schweigend ab. Schnell überschlug Francine im Kopf ihre Möglichkeiten und nickte schließlich zufrieden, als sie eine Vorgehensweise gefunden hatte, die ihr behagte.

"Shania, ich werde für dich ein Shuttle buchen und dich nach Bajor schicken. Ich brauche dort jemanden, der meine Waren überprüft, und danach wirst du mich auf der Handelskonferenz auf Deep Space Nine vertreten. Mein Buchhalter wird dich über alles informieren, was du wissen musst. Wenn du wieder kommst, wird das Computerproblem gelöst sein, und du kannst deine Bar übernehmen."

Zufrieden blickte Francine Shania an. Sie kam gar nicht auf die Idee, die andere zunächst um ihre Zustimmung zu bitten. Neben einer Freundin war die Terranerin immerhin ihre Angestellte.

Die Amerikanerin hatte inzwischen die Schultern hängen lassen, da Francines Stimme etwas härter geworden war, als sie von der Richtigkeit ihrer Idee mit dem Wissenschaftler erzählte. Offensichtlich hatten Shanias gut gemeinte Worte, ohne es zu wollen, Francine an ihrer Vorgehensweise zweifeln lassen. Wäre ihr dieses Malheur bei Gerald passiert, hätte er sie wohl angeschrien und so seine Autorität wieder hergestellt. Seine Schwester aber war anders. In jeder Hinsicht.

Sie überging nicht nur Shanias unangebrachte Wortmeldung, sondern sie hatte ihr den Sinn ihrer Entscheidung auch noch erklärt und Shania hatte zustimmend und verstehend dabei genickt. Schließlich war Francine der Captain, was auch mit einem beträchtlichen Unterschied an Lebenserfahrung zusammenhing. Und die Amerikanerin kam nicht mal privat mit Männern klar, geschweige denn mit der Führung eines eigenen Schiffes.

Zu allem Überfluss übertrug Francine ihr eine wichtige Aufgabe und ließ sie eigenständig arbeiten. Etwas, das Gerald in der langen Zeit nie in den Sinn gekommen war, außer er brauchte jemand auf dessen Loyalität er sich uneingeschränkt verlassen konnte an der Front. Gefahr mit eingeschlossen.

Die Schultern der großen Frau strafften sich wieder. Dann ließ sie die Worte des Captains noch mal in ihren Kopf Revue passieren.

"Nach Bajor?", entfuhr es Shania erstaunt, und ihre Augen wurden groß. Sie hatte schon viele Reisen unternommen, aber genau dort war sie noch nie gewesen, obwohl Bajoraner sie von jeher fasziniert hatten. "Waren überprüfen und später auf Deep Space Nine an einer Handelskonferenz teilnehmen? Ich? Wirklich?"

Sie konnte es einfach nicht fassen, was an der Flut ihrer Fragen deutlich erkennbar war. War sie vorhin an Bord gekommen, um den Posten eines Mädchen für alles zu bekommen, hatte geglaubt, sich alle Chance überhaupt eingestellt zu werden verdorben zu haben, da bekam sie die Chance auf die Leitung der Bar. Und um dem allen eine Krone aufzusetzen, betraute sie Francine mit so wichtigen Aufgaben, obwohl sie sich erst kurz kannten. Doch ihr war, als würde sie die ältliche Französin schon ihr Leben lang kennen.

"Oh Francine ..." Bevor Shania es verhindern konnte, traten Tränen in ihre Augen. Zu groß war die Freude, dass Francine nicht nur so etwas wie eine schutzbedürftige Person in ihr sah, sondern wirklich ein Familienmitglied. Kein Monserat ging ein zu hohes Risiko ein. Was bedeutete, dass Francine ihr wirklich vertraute.

"Ich freue mich ja so über dein Vertrauen. Danke ..." Statt vieler Worte, trat Francine einfach noch näher an Francine heran und umarmte sie herzlich, wie sie es von ihrer Mutter ihr Leben lang vermisst hatte. Diese Geste war ehrlicher und umfangreicher, als alles was sie hätte sagen können.

"Ich werde dich ganz sicher nicht enttäuschen und mir die allergrößte Mühe geben, damit du zufrieden mit mir sein kannst", sprudelte es aus ihr heraus. "Ich kann jederzeit aufbrechen, wenn du willst. Alles was ich habe trage ich bereits am Körper. Latinum habe ich keines."

--- Deck 2, Gänge

Rekelen setzte sich an die Spitze der kleinen Gruppe, während sie den Gang hinunter in Richtung Brücke gingen. Sonst sehr kommunikativ, war sie nun ins Nachdenken verfallen und entweder merkten ihre Begleiter, dass sie gerade nicht Plaudern wollte, oder sie hatten selbst kein Gesprächsthema, und sicher drängte es sie auch, endlich auf die Brücke zu kommen.

Die diversen Zusammenstöße mit Ashok und seine irritierende Reaktion beschäftigten sie noch immer. Es fiel ihr schwer herauszufiltern, wie sie ihn zwischen all den typisch cardassianischen, terranischen und interstellaren Verhaltensweisen einschätzen sollte. Dabei würde sie ihn wirklich gerne näher kennen lernen; wenn er sich nur wie ein richtiger – cardassianischer – Mann verhalten würde...

Sie schüttelte leicht den Kopf. Das Ausmaß der Studien, die sie noch vor sich hatte, schien immer weiter zuzunehmen und beinahe war sie soweit sich zu fragen, ob sie sich nicht vielleicht übernommen hatte. Ihr Roman sollte doch authentisch werden und sich nicht aus Halbwissen zusammensetzen. Nicht nur cardassianische, sondern auch terranische Literaturkritiker sollten ihr zustimmen, dass sie das terranische Volk adäquat eingeschätzt hatte. Wenn sie sich nur daran erinnerte, wie bajoranische Literaturwissenschaftler ihren ersten Roman zerrissen hatten...

"Hier sind wir", stellte sie schließlich fest, als sie die Tür zur Brücke erreichten; Sekunden später öffnete sie sich mit einem Zischen, und sie traten ein.

--- Brücke

Verblüfft blieb Rekelen im Türrahmen stehen und wäre beinahe von Jesar umgerannt worden, der ihr auf den Fuß folgte. Eilig sah sie sich nach ihm um und ging beiseite, damit auch die anderen den Raum betreten konnten. Da stand diese Terranerin, Shania Twillan, und umarmte den Captain, die sich gerade unbehaglich, aber doch wohl eher aus Verlegenheit, von der anderen löste.

Francine begegnete den Neuankömmlingen jedoch souverän. Als Captain konnte sie immerhin tun und lassen, was sie wollte, und ganz bestimmt gehörte dazu, eine Familienangehörige zu umarmen, wenn ihr danach war. Ruhig strich sie ihre Bluse glatt, runzelte kurz die Stirn über eine Falte, und verschränkte die Hände hinter dem Rücken, während sie Rekelen fragend ansah.

"Ähm ..." Die Cardassianerin beeilte sich, den Blick auf die anderen freizugeben. "Das sind Jesar Aran und Cheyenne Morgen. Sie wollen sich auf der Ivory um einen Posten bewerben. Und das ist Ashok Raji, er ..." Davon abgesehen, dass sie den Inder am liebsten gar nicht angesehen hätte, wusste sie nun doch nicht recht, wie sie die Anwesenheit des Mannes erklären sollte, den sie ja eigentlich festnehmen sollte. "... er will sich als Wissenschaftler bewerben", endete sie schließlich lahm.

Beinahe wäre sie zusammengezuckt, als Francine unvermittelt aufmerksam wurde. "Ein Wissenschaftler!", entfuhr es ihr und sie räusperte sich, bis sie sich wieder gefangen hatte und zunächst Shania zuwandte, während ihr Gesicht erst zu einer Maske, dann zu einem Muster an Güte und Sympathie wurde.

"Shania, Liebes, du solltest umgehend aufbrechen. Wir haben schon genug Zeit verloren. Geh auf die Sternenbasis und miete ein Shuttle. Bis Bajor sind es etwa zwei Tage. Ich werde dir alle Daten übermitteln, die du brauchst, und heute Abend können wir uns in aller Ruhe über Subraum unterhalten. Einverstanden?"

Sie machte keinen Hehl daraus, dass sie erwartete, dass die Neuankömmlinge warteten, bis sie diese Angelegenheit beendet hatte.

Auf den ersten Blick schätzte Cheyenne die Frau vor ihr auf etwa 60 Jahre und stellte fest, dass Monserat mit ihrem Aussehen nun so überhaupt nicht der Person ähnelte, die sich die Pilotin in ihrer Fantasie vorgestellt hatte. Das Einzige, was sie von dem Captain der Ivory gewusst hatte, war der Name, und Cheyenne war damals zu dem Ergebnis gekommen, dass eine Frau mittleren Alters wohl am ehesten für das Kommando auf einem Schiff in Frage kommen würde.

'Völliger Blödsinn! Die Lebenserwartung der Menschen heutzutage ist viel viel höher als noch vor 200 Jahren!', schoss es ihr durch den Kopf und sie erinnerte sich daran, wie oft sie in der Sternenflotte Terraner gesehen hatte, denen sie vom Aussehen her gar nicht mehr zugetraut hätte, alleine bis zur nächsten Schleuse zu kommen, die aber körperlich und geistig immer noch erstaunlich fit waren.

Cheyenne ging ein paar Schritte nach vorne, dass nun alle auf der Brücke platz fanden, stellte ihre Tasche neben eine kleine Konsole und kramte dann darin nach dem kleinen PADD, das ihren Lebenslauf und ihre Akten enthielten.

Sie verschränkte die Arme hinter ihrem Rücken, beobachtete weiter Monserat und wartete geduldig, bis der Captain ihr Gespräch beendet hatte und Zeit für die neuen Bewerber fand.

"Selbstverständlich." Shania nickte geflissentlich, während sie die Augen nicht von der Französin ließ. "Ich werde sofort die Ivory verlassen und ein Shuttle mieten. Danach setze ich mich wieder mit der Ivory in Verbindung, damit ihr wisst wohin ihr die Daten übermitteln könnt. Ich bin mir sicher, dass ich es sogar noch schneller bis nach Bajor schaffen kann als in zwei Tagen."

Zuversichtlich lächelte die Amerikanerin den Captain an. "Und ich denke, ich weiß auch schon woher ich das Latinum herbekomme, wenn Geralds Gewohnheiten sich in den letzten Monaten nicht entscheidend geändert haben." Kurzerhand beugte sie sich zum Captainschair, darauf bedacht, dass niemand der Neuankömmlinge sie dabei beobachten konnte. Ihre Finger glitten so schnell über einen versteckten Mechanismus, dass selbst jemand, der neben ihr gestanden hätte, ihr nicht mit den Augen hätte folgen könnten. Daraufhin öffnete sich zischend eine kleine unscheinbare Klappe neben dem Replikator.

Nachdem Shania sich bedient und den Inhalt herausgenommen hatte – eine nicht unbeträchtliche Menge Latinum – schloss sich die Klappe wieder, und nur ein geübtes Auge hätte noch die Umrisse der Klappe erkennen können.

Strahlend trat sie wieder zu Francine. "Ich denke, das wird mehr als genug sein um die Reisekosten zu decken. Gerald hat sicher keine Probleme damit, wenn ich mir seine Notfallskasse ausleihe. Schließlich hat er sie mir nicht ohne Grund gezeigt. Und wer weiß, wo der liebe Tarson sich im Moment gerade befindet." Shania war froh, ihm nicht mehr über den Weg laufen zu müssen. "Ein Captain trägt selten Latinum bei sich", beendete sie ihre Erklärung.

Für einen Moment schmunzelte Shania und ihre Augen nahmen einen strahlenden Glanz an, dann wurde sie wieder ernst und wollte Francines Zeit nicht länger als nötig in Anspruch nehmen. "Ich bin startklar, Captain. Falls es nicht noch irgendwelche Order gibt."

--- Evolution III

Er hatte keinerlei Idee, wieso er noch lebte. Nun, ob diese Existenz den Begriff "Leben" verdiente, war noch eine ganz andere Frage.

Das letzte, woran er sich erinnerte, war die Brücke des Frachters Grounol und den ungläubigen Blick eines cardassianischen Captains, dessen Schiff er zum Tode verurteilt hatte. Ein spezialisiertes Angriffsprogramm war dafür verantwortlich, dass schlussendlich die Eindämmungsfelder des Antimaterie-Reaktors brachen.

Damals hatte er wieder einmal sehr hoch gepokert. Irgendwie schien es, als ob er auch dieses Mal nicht alles verlor.

Wie seine Gedanken, seine Erinnerungen es allerdings auf die Ivory geschafft hatten, konnte er nicht sagen. Seine Verbindung zu dem bajoranischen Frachter war abgeschaltet gewesen.

Fragen über Fragen.

Wie auch immer, er war jetzt hier. Ohne physischen Körper, aber immerhin am Leben.

Noch fehlten im einige Erinnerungen, aber verglichen mit der Gefahr, die von den Sicherheitsprogrammen dieses Schiffes aus gingen, konnte die Suche nach ihnen noch ein wenig warten.

Er war von etwas angegriffen worden, was er noch nie gesehen hatte. Entfernte Ähnlichkeit mit einem Masterprogramm eines Computerkernes war vorhanden, aber dieses war irgendwie abartig. Es veränderte sich ständig, schien instabil. Kombiniert mit den Sicherheitsbarrieren Martenghs war es sicher äußerst gefährlich für ihn.

In einem Punkt war er jedoch sicher: Er und dieses Konstrukt konnten langfristig nicht beide gleichzeitig im Computer-Kern der Ivory existieren. Dieser war schon jetzt an den Grenzen seiner Leistungsfähigkeit, und er hatte gerade erst angefangen zu existieren.

Sorgfältig auf seine Tarnung bedacht, schwebte er wieder in Richtung der Primärsysteme des Schiffes, insbesondere der internen Sensoren. Er musste erfahren, wie es im Moment auf dem Schiff aussah.

Sehr schnell entdeckte er das große, unheimliche Konstrukt wieder, dass sich gerade auf die Holodeck-Prozessoren zu konzentrieren schien. Er ging ihm gezielt aus dem Weg; irgendwie musste er Kontakt zu Martengh aufnehmen, er war der einzige, der dieses Ding zurückrufen konnte. Hoffentlich ...

--- Holodeck 2

Daniel wurde der Antwort enthoben, als Zindas Stimme über das Holodeck hallte: "Was du tun sollst?" Ein heiseres Lachen ließ die beiden frösteln. "Schalte Dein Virusprogramm aus, dann lasse ich Dich vielleicht laufen. Glaube ja nicht, dass du mich damit ernsthaft gefährden könntest. Ich konnte es zwar bisher nicht beseitigen, aber es hat nicht die geringste Chance, mich selbst nennenswert anzugreifen. Du hast offensichtlich keinerlei Ahnung, wie tief ich wirklich in das System verwurzelt bin."

Zindas stimme war sehr hart geworden. Nichts mehr von dem klischeehaften Unterton, mit dem sie sich sonst an Männer heranwarf. Man konnte sich sogar einbilden, ein wenig Panik in Ihrer Stimme zu hören.

Peter und Daniel schauten sich fragend an. Von was hatte Zinda gesprochen? Virusprogramm? Jetzt verstand Tarson gar nichts mehr. Bisher hatten sie doch noch nichts versucht, um Zinda aus dem Computerkern zu bekommen. Er hatte einzig und allein an der Beseitigung von Martenghs Programmen gearbeitet. Und selbst da war er noch nicht wirklich weit gekommen.

"Zinda", wandte er sich deswegen direkt an den Computer. "Von was zum Teufel sprichst du da? Virusprogramm? Wir haben nichts dergleichen laufen. Glaube mir, wir haben nichts, aber auch gar nichts aktiviert oder sonst was, was irgendwie gegen dich arbeitet, oder versucht, dich auszuschalten. Was du da sagst ist absoluter Quatsch."

Wieder schaute Peter seinen Mitgefangenen an, doch auch dieser schien keine Antwort zu haben.

"Zinda? Hallo?", rief er noch mal, weil keine Antwort gekommen war. Doch er erntete erneutes Schweigen.

"Was ist denn nun schon wieder? Ich verstehe gar nichts. Sie etwa, Daniel?"

"Nein, tut mir leid, ich weiß auch nicht, was Zinda von uns will. Aber wenn es ihr um Computerprogramme geht, dann können wir sowieso nur vom Maschinenraum, bzw. einer Sicherheits-Konsole aus helfen", meinte der kleine Sicherheitsoffizier und schaute sich weiter die Landschaft an.

Nichts in ihrem grünen Gefängnis schien darauf hinzudeuten, dass dies alles nur eine Simulation war, und doch konnte Daniel spüren, dass es nicht die wirkliche Natur war, die hier um ihn herum war.

Peter nickte. Ja, dieser Daniel hatte Recht. Von hier drinnen konnten sie im Moment gar nichts tun. Denn sie hatten keine Kontrolle über das Holodeck, konnten keine Nachricht hinaus schicken und rausbeamen lassen funktionierte erst recht nicht.

Er bemerkte den etwas verträumten Blick seines Mithäftlings. Schon seltsam. Doch dafür waren sie jetzt nicht hier. Sie mussten es irgendwie schaffen, hier heraus zu kommen. Dummerweise hatte er keinen Phaser dabei. Dann hätte er jetzt das Hologitter aufgeschnitten. Und ein weiterer Blick zu Daniel brachte die Erkenntnis, dass dieser ebenfalls unbewaffnet war.

Unwirsch trat er nach einem herumliegenden Stein, der im hohen Bogen durch die Luft flog und mit einen Klatschen im See versank.

"Verdammt, wir müssen hier raus. Irgendwie. Denn wenn wir hier zu lange drin bleiben, dann werden wir sterben. Entweder bringt uns bis dahin dann Zinda um, oder dann Francine", sagte er und suchte nach einem weiteren Stein, an dem er seine Wut auslassen konnte.

"Verstehen Sie nicht?", fragte Peter, nachdem ihn Daniel sehr verwundert angeschaut hatte. "Wenn wir zu lange weg sind und uns Francine suchen muss, dann wird sie uns umbringen, egal mit was für einer Ausrede wir kommen werden."

Erneut trat er nach einem Stein, der wie sein Vorgänger Richtung See flog, um darin zu ...

Peter blinzelte kurz und rieb sich dann die Augen. Was war denn nun passiert? Daniel und Peter standen auf einem menschenleeren Flur, der stark dem der Ivory ähnelte. Zumindest die Höhe stimmte überein. Sofort drehte sich Peter nach einem Terminal um, rief einen Plan auf und nickte zufrieden.

"Wir sind wieder frei. Zinda hat uns anscheinend auf Deck 6 gebeamt", bemerkte er und drehte sich um. "Hier entlang. Da vorne ist direkt der Turbolift."

Schweigend gingen beide los in die Richtung, wo sich der Lift befand. Schon nach kurzer Zeit blieb Peter irritiert stehen.

"Was ist los?", fragte Daniel. "Was stimmt jetzt wieder nicht?"

Peter schüttelte den Kopf und schaute sich wieder um.

"Hier ist was faul. Eigentlich hätten wir schon längst beim Lift sein sollen. Doch er kommt nicht. Es kommt mir so vor, als würden wir im Kreis laufen."

Langsam ging er ein paar Schritte weiter, blieb stehen, drehte sich um und kam zurück.

"Moment, ich habe eine Idee."

Er griff in seine Tasche und zog ein PADD heraus. Er drehte sich um, dass er der Länge nach in den Flur schauen konnte. Dann holte er aus und warf das PADD den Flur entlang. Bereits wenige Meter später schlug es gegen eine unsichtbare Barriere und landete scheppernd auf dem Boden.

Ein zufriedenes Lächeln schien auf Tarsons Gesicht. Doch schnell siegte die Erkenntnis und Resignation machte sich wieder breit.

"Mister Daniel, wir befinden uns immer noch auf dem Holodeck."

--- Brücke

"Nein, das wäre alles." Francine lächelte würdevoll und überspielte ihre Überraschung über Geralds 'Notfallgroschen' gekonnt. So umsichtig hatte sie ihren Bruder gar nicht eingeschätzt. Aber gut war es, dass sie von diesem geheimen Fach nun wusste, auch wenn es jetzt, da drei äußerst zwielichtig wirkende Bewerber es gesehen hatte, unbrauchbar geworden war. Bei Gelegenheit sollte Peter es leeren. "Ich wünsche dir eine gute Reise!"

Shania erwiderte ihr Lächeln strahlend. "Danke! Das wünsche ich dir auch."

Mit diesen Worten drehte die hochgewachsene Terranerin sich um und eilte hinüber zum Turbolift, nicht ohne auf einen funkelnden Blickkontakt mit Rekelen zu verzichten, die ihr jedoch nur verwirrt, mal wieder nicht zu wissen, was los war, nachsah.

"Also gut." Der Captain strich sich über die Bluse und ließ sich wieder auf ihrem Sessel nieder. Sorgfältig glättete sie noch den Rock ihres Kostüms, bevor sie sich den Bewerbern zu wandte. Die Aufregung über das plötzliche Auftauchen eines Wissenschaftlers konnte sie kaum verbergen. Dennoch sagte sie davon kein Wort, sondern blickte die Neuankömmlinge nur fragend an. "Wer von Ihnen will beginnen?"

Wollte sie doch einmal sehen, ob die Herren Manieren besaßen und der Dame den Vortritt ließen.

Als Shania die Brücke verließ, hatte Rekelen sich zusammen gerissen, noch einen Augenblick zu warten, ehe sie ihr folgte. Ungern wollte sie mit der unsympathischen Frau eine Fahrt im Lift verbringen.

Nun, da der Captain das Bewerbungszeremoniell, auf das sie so viel Wert legte, eröffnete, begann sie sich überflüssig zu fühlen. Aufmunternd lächelte sie Jesar, Cheyenne und sogar Ashok zu und warf dann einen fragenden Blick auf Megan. Gemeinsam verließen die beiden Frauen den Raum.

--- Turbolift

"Mannschaftsmesse", wies Rekelen den Computer an. Zu ihrer Überraschung blieb Zinda still; nur das übliche akustische Signal bestätigte ihre Anfrage. Wann hatte sie die künstliche Intelligenz eigentlich das letzte Mal gehört? Das war ja richtig unheimlich ... Irritiert schüttelte sie den Kopf.

"So, das hätten wir hinter uns", wandte sie sich an die Trill, als ihr eine Idee kam. "Oh ... Sagen Sie, was halten Sie davon, wenn wir eine Weile aufs Holodeck gehen? Da ist es etwas gemütlicher als in der kahlen Mannschaftsmesse. Wenn die anderen uns suchen, können sie uns ja rufen."

Tatsächlich war es die schweigende Zinda gewesen, die sie auf diesen Gedanken brachte. Ohne den nervenden Computer könnte es auf den Holodecks eigentlich recht angenehm sein.

--- Brücke

Normalerweise war Cheyenne eher zurückhaltend, wenn es darum ging, auf andere Leute zuzugehen, doch in diesem Falle schien es ihr von Vorteil, den ersten Schritt zu tun. Außerdem, wenn diese Monserat genauso komisch in ihrem Verhalten war, wie sie aussah, dann könnte es nicht schlecht sein, gleich in den sauren Apfel zu beißen und das Gespräch zu beginnen. Vielleicht war sie dann auch den Bewerbern etwas wohlgesonnener, wenn sie merkte, dass jemand die Initiative ergriff.

Die junge Pilotin wartete noch kurz bis Miss Nar und Miss Phearson die Brücke verlassen hatten und blickte dann fragend kurz zu den beiden Männern, die neben ihr standen. Jesar nickte ihr zu und sie hielt für einen Moment die Luft an. Lampenfieber machte sich in ihrem Bauch breit und sie erinnerte sich an die Worte, die sie noch vor ein paar Minuten zu dem Terraner gesagt hatte.

'Lächeln ...'

Und das tat sie auch. Sie trat ein paar Schritte auf Monserat zu und ergriff das Wort.

"Nun, wenn es den Herren hier nichts ausmacht, dann werde ich mal den Anfang machen." Sie warf noch mal einen kurzen Blick über die Schulter zu ihren beiden Mitbewerbern, konnte jedoch keine Reaktion feststellen, was sie als Zustimmung interpretierte.

"Wie Miss Nar vorhin schon sagte, mein Name ist Cheyenne Morgen und ich möchte mich gerne als Pilotin auf ihrem Schiff bewerben." Cheyenne machte eine kurze Pause und hielt dem Captain der Ivory das PADD mit ihrem Lebenslauf und ihren Unterlagen hin, dass sie vorbereitet hatte.

"Meine Ausbildung habe ich auf der Sternenflottenakademie gemacht und habe danach auf zwei Schiffen von Starfleet gedient. Ich bin jedoch zu dem Ergebnis gekommen, dass ich meine Zukunft nicht auf einem sterilen Sternenflottenschiff verbringen möchte und hab deshalb meinen Dienst dort quittiert. Ich wollte fliegen und die einzige Möglichkeit bei Starfleet, die ich hatte, war stur eine Grenze hoch und runter zu schippern. Nun ja, und da wollte ich mich jetzt bei Ihnen bewerben."

Wieder hielt sie den Atem an und wartete gespannt auf die Reaktion ihres Gegenübers.

Interessiert musterte Monserat ihr deutlich nervöses Gegenüber, ohne Anstalten zu machen, ihr Lächeln zu erwidern, so vertieft war sie in ihre Betrachtung. Nachdem der Captain es zunächst sehr eilig gehabt hatte, neue Crewmitglieder einzustellen, war sie nun vorsichtiger geworden und gemahnte sich selbst zur Ruhe, in ihrem Bestreben, einen Wissenschaftler zu bekommen, nichts zu übereilen. Dennoch wanderte ihr Blick, ohne dass sie es vermeiden konnte, zu dem wartenden Inder hinüber, und sie konzentrierte sich wieder gewaltsam auf diese Cheyenne Morgen.

Im Gegensatz zu Rekelen, die eine Terranerin im Grunde nicht von einer anderen unterscheiden konnte, fiel ihr sofort die verblüffende Ähnlichkeit zu Megan Phearson auf, die sie vor einigen Stunden eingestellt hatte. Wie die Trill war auch Cheyenne sehr klein, sogar noch zierlicher, und hatte ebenfalls lange, schwarze Haare. Flüchtig fiel Francine auf, dass nun, da die blonde Shania die Ivory wieder verlassen hatte, ausschließlich Frauen mit langen, schwarzen Haaren an Bord waren. Jedenfalls wirkte diese Pilotin ebenso wie Megan sehr jung auf die alternde Frau.

Die Erwähnung der Sternenflotte hatte Francine jedoch bereits etwas milde gestimmt. Im Gegensatz zu ihrem Bruder, der von der Flotte nichts hielt, war sie überzeugt davon, dass dort nur gutes Personal ausgebildet wurde; dafür sorgten schon die zahlreichen Auswahlverfahren, denen sich die Bewerber dort unterziehen mussten.

Also wandte sie ihren Blick von der Pilotin ab und widmete sich dem PADD, das man ihr gereicht hatte, und überflog es knapp; schnell hatte sie die wichtigsten Punkte herausgefiltert. Dabei fand sie es vor allem interessant, dass Cheyenne drei Jahre Medizin studiert hatte; vielseitige Angestellte gefielen ihr – vielleicht könnte sie sich auf diese Weise eine Krankenschwester sparen. Auch ihre Abschlussnoten der Akademie erschienen ihr auf den ersten Blick viel versprechend. Es war immer schwierig, einen guten Piloten zu finden, wie sie aus Erfahrung wusste.

Diese Überlegungen ließ sie sich freilich nicht anmerken, als sie das PADD schließlich weglegte und sich zwang, Cheyenne anzusehen – und nicht an ihr vorbei auf das Strickzeug, das nur einen Meter hinter dem Inder auf dem Boden lag.

"Also, Miss Morgen", begann sie und zwang ihre unbeschäftigten Hände, sich entspannt in ihren Schoß zu legen. "Es ist eine große Verantwortung, ein Raumschiff zu steuern. Was, glauben Sie, qualifiziert Sie dazu, dass ich Ihnen diese Verantwortung in die Hände lege?"

'Ich hasse Bewerbungsgespräche!', schoss es Cheyenne durch den Kopf und im Moment schlug der jungen Terranerin das Herz bis zum Hals. Sicher, sie hatte mit so einer Frage gerechnet; trotzdem konnte sie sie nicht ausstehen. Sie kam sich immer ziemlich dumm dabei vor ihre Vorzüge zu schildern, denn der Grat zwischen Prahlerei und der Kunst trotzdem ein gutes Bild von sich ab zu geben war, nach der Meinung von Cheyenne, verdammt schmal.

"Da haben sie Recht," beantwortete sie die Frage von Monserat und machte ein kurze Pause, um sich im Geiste ihre nächsten Worte genau zurecht zu legen. Locker legte sie ihre Hände auf den Rücken und versuchte ein bisschen Haltung anzunehmen – eine Angewohnheit, die sie noch aus der Zeit bei der Sternenflotte mitgenommen hatte und im Moment schien der Terranerin diese Geste passend.

"Nun, wie sie meinen Unterlagen entnehmen können, habe ich meine Ausbildung bei der Sternenflotte gemacht und mit doch recht gutem Ergebnis abgeschlossen. In den drei Jahren, in denen ich auf der Atlanta und der Berlin gedient habe, habe ich sehr viel Erfahrung gesammelt – vor allem im Steuern von kleinen, wendigen Schiffen. Des Weiteren habe ich immer wieder, auch in meiner Freizeit, etliche Extratrainingsstunden absolviert, um mich auch für den Einsatz in Extremsituation fitt zu halten." Cheyenne atmete kurz durch und versuchte, ihren Adrenalinspiegel wieder etwas runter zu schrauben.

'Es ist nur ein Bewerbungsgespräch! Davon hängt nicht dein Leben ab!', versuchte sie sich selbst zu beruhigen. 'Wenn du fliegst, kannst du doch auch ruhig bleiben!'

"Ansonsten bin ich natürlich auch bereit, andere Aufgaben zu übernehmen, wenn das Schiff mal keinen Piloten braucht. Und wenn es sich nur um das Sortieren von Chipsätzen handelt."

Monserat hatte sie die ganze Zeit stumm betrachtet, dabei keinerlei Mine verzogen und Cheyenne hoffte, dass der kleine Scherz zum Schluss halbwegs gut angekommen war.

Nun nickte der Captain langsam. Sie kam gar nicht auf die Idee, die letzten Worte humoristisch aufzufassen. Vielmehr gefiel ihr, dass die junge Frau so umsichtig war, sich nicht ausdrücklich auf eine Aufgabe versteifen zu wollen. Francine kannte keine Skrupel, die Einsatzorte ihrer Besatzung willkürlich zu verlegen, wenn gerade Not am Mann war.

Zudem schien Cheyenne gepflegte Manieren zu besitzen, eine unumgängliche Eigenschaft, wenn man sie als Kellnerin oder Bordpage für Passagiere einsetzen wollte. In einer adretten, unauffälligen Uniform würde sie sich sicher gut machen.

Kurz gesagt, wenn die Frau sich als inkompetent oder unzuverlässig erwies, würde sich für sie durchaus Verwendung finden, bis man sie bei nächster Gelegenheit von Bord schmiss.

"Ich werde Sie einstellen", verkündete sie daher laut und hielt Cheyenne ihr PADD hin, das diese mit sichtlich erleichtertem Lächeln entgegen nahm. "Sie können sich sicher sein, dass mein erster Offizier Ihnen in den ersten Tagen genauestens auf die Finger sehen wird, doch ich denke, dass Sie eine vernünftige junge Frau sind, die meines Vertrauens würdig ist und meine Geduld nicht überstrapaziert" - wie es besagter erster Offizier in letzter Zeit tat, fügte sie gedanklich hinzu.

"Ein Quartier kann Ihnen Rekelen Nar zuteilen. Dort können Sie auch einen Kommunikator replizieren. Ihr Dienst beginnt jetzt – ich erwarte, dass Sie bis wir starten an Bord bleiben, falls Sie benötigt werden. Haben Sie sonst noch Fragen?"

Abwartend sah die Französin zu Cheyenne auf.

Die junge Frau nickte und merkte erst jetzt, dass sie die letzten paar Sekunden die Luft angehalten hatte. Vorsichtig ließ sie nun ihren Atem entweichen.

'Ja, du hast es geschafft!'

"Vielen Dank!", sagte sie dann. "Nein, ich habe keine Fragen – ich denke, ich werde mich dann gleich mal zu Miss Nar aufmachen – um so schnell wie möglich an meine Arbeit gehen zu können."

Cheyenne wartete ein kurzes Nicken des Captains ab und drehte sich dann zu ihrer Tasche, um das PADD wieder darin zu verstauen. Mit einem kurzen Satz hatte sie ihr Hab und Gut wieder über die Schulter geworfen und strich sie sich mit einer hektischen Bewegung ein paar Haare aus dem Gesicht.

Erst jetzt nahm sie wieder die beiden Männer wahr die immer noch wartend halb in der Tür standen. In ihrer Aufregung hatte Cheyenne sie ganz vergessen, was sie dazu veranlasste beiden einen aufmunternden Blick zu zuwerfen.

"Soll ich noch schnell auf sie beide warten?"

Jesar lächelte sie an und schüttelte leicht den Kopf.

"Nein, das passt schon – gehen sie schon mal."

Die junge Pilotin betrachtete ihn kurz und wandte sich dann im gehen noch einmal an Monserat.

"Captain ..." Mit einem Nicken verabschiedete sie sich und steuerte auf den Turbolift zu in dem kurz zuvor Rekelen und Miss Phearson verschwunden waren.

"Also?", Monserat wartete nicht lange. Sie wollte mit der Prozedur fertig werden, denn wie sie bereits zuvor Shania mitgeteilt hatte, konnte sie es sich nicht leisten, Zeit zu verschwenden – beispielsweise wäre da dieses dringende Problem eines Wissenschaftlers...

Aufmerksam sah sie die beiden Männer an.

Im ersten Augenblick wollte Jesar vortreten und endlich seine Bewerbung hinter sich bringen. Dann zögerte er. Ihm war dieses Strickzeug aufgefallen, über das er beim Eintreten fast gestolpert wäre, und ohnehin schien einiges auf diesem Schiff sehr merkwürdig abzulaufen. Eine greise Oma als Captain eines Frachters? Lieber wartete er noch das Bewerbungsgespräch des Inders ab, um herauszufinden, ob dieses Schiff wirklich etwas taugte...

"Mach nur, Kumpel", zischte er Ashok zu und hieb ihm kumpelhaft auf die Schulter, dass der Mann beinahe nach vorne stolperte.

Erschrocken fuhr Ashok aus seinem Tagtraum zusammen, als er von Jesars Schlag in die Wirklichkeit zurück gerissen wurde.

Den ganzen Weg zur Brücke über hatte er wortlos über die seltsamen Wendungen seines Schicksals in den letzten Stunden gegrübelt und dabei versonnen den sportlichen Rücken von Rekelen gemustert, solange er hinter ihr her gegangen war. Ein seltsames Schiff war das. Und interessante Leute traf man hier – nicht nur den resoluten kurzgeschorenen Riesen und die nette Cardassianerin ...

... sondern auch deren Captain, der Ashok nun schon seit einigen Sekunden stumm und mit großen Augen ins Gesicht anblickte, und die seinen Blick geradeheraus und mit einem nicht mal unfreundlichen Ausdruck erwiderte.

Der junge Mann überspielte seine momentane Unsicherheit, indem er mit einer etwas ausladenderen Bewegung als eigentlich nötig sein Gleichgewicht und seine aufrechte Haltung wiedererlangte und Jesar einen kurzen giftigen Blick über seine Schulter zuwarf. Dann glättete er seine Gesichtszüge, wandte sich Monserat wieder zu und neigte seinen Kopf.

"Ich bin hier, um mich auf Ihrem Schiff um einen Job zu bewerben. Ich bin ausgebildeter Wissenschaftler – ich habe ein Diplom in extraterrestrischer Physik von der Sternenflottenakademie", sagte er mit einem leichten Anflug von Stolz in seiner Stimme. "Sie können meine Zeugnisse ..."

Ashok stutzte, als ihm einfiel, dass er sich ja eigentlich so gar nicht für ein Bewerbungsgespräch ausgestattet hatte, als er zum Dock aufgebrochen war. "Meine Zeugnisse können Sie mit meinem persönlichen Zugangscode direkt auf der Subraumpräsenz der Akademie einsehen", fiel ihm erleichtert ein. Er hatte keine Ahnung, ob das wirklich ging; sinnvoll wäre es immerhin. Seine physischen Zeugnisse lagen noch bei seinen restlichen Sachen in seinem mehr als bescheidenen Schlafquartier in einer der heruntergekommenen Absteigen auf dem Promenadendeck der Station – die musste er eh noch holen, bevor sie der Herbergswirt morgen früh unzeremoniell vor die Tür warf. "Ich reiche Ihnen die Originale gerne später nach", fügte er hinzu.

Er blickte Monserat mit einem offenen Lächeln ins Gesicht und verschränkte seine Hände hinter seinem Rücken, froh, sein Sprüchlein glatt hinter sich gebracht zu haben.

'Da war doch noch was', zupfte eine kleine Stimme in seinem Geist an den Rändern seines Selbstbewusstseins.

Ashoks Blick defokussierte kurz, als er die Stimme mit einer mentalen wütenden Handbewegung in ihre Schranken verweisen wollte. Dann hielt er inne, und sein selbstbewusstes Lächeln wich einer Miene äußerster Zerknirschtheit.

"Captain, Ma'am." Der junge Mann schlug seine Augen nieder. "Es gibt da noch etwas. Ich fürchte, ich habe vorhin beim Versuch, mich an Ihrem Türsummer zu bet... ich meine, Ihren Türsummer zu betätigen, der Schleusenkonsole Ihres Schiffes versehentlich Schaden zugefügt." Er schluckte trocken. "Unglücklicherweise verfüge ich über keine Mittel, um Sie für die Instandsetzung finanziell zu entschädigen. Aber natürlich erkläre ich mich bereit, es zu reparieren, falls mir das möglich ist – oder Sie könnten mir die Reparaturkosten vom Lohn abziehen ..."

"Selbstverständlich werden Sie für den Schaden aufkommen", erwiderte Francine sehr resolut. "Was hatten Sie überhaupt an dem Terminal zu schaffen? Nun ja, egal." Sie registrierte die erkennbare Erleichterung in der Miene des Inders überhaupt nicht. Zu sehr beschäftigte sie seine berufliche Qualifikation – Wissenschaftler konnte sich schließlich auch nennen, wer Schnecken auf Ferenginar untersuchte oder ähnlich überflüssiges Zeug.

Dass die Sternenflottenakademie Zeugnisse seit neustem über den Subraum zur Verfügung stellte, war ihr ganz neu, doch es wunderte sie kaum, passte es doch in das Bild, das sie von dieser klar organisierten und konservativen Einrichtung hatte, die so wunderbare Angestellte ausbildete. Sie speicherte diese Information im Hinterkopf – auch wenn sie pragmatisch bevorzugte, was sie in den Händen halten konnte, könnte sie sich bei späteren Bewerbern als nützlich erweisen.

"Sollte ich Sie einstellen, können Sie Ihre Zeugnisse nachreichen", fuhr sie fort. "Zunächst würde ich gerne mehr über ihre Qualifikation erfahren. Ich dulde es nicht, dass mein Wissenschaftslabor nutzlos Energie verbraucht, und ich stelle keinen Wissenschaftler ein, damit er ein Dach über dem Kopf hat, während er über seinen sinnlosen Experimenten grübelt. Auf dieser Reise werde ich nur einen einzigen Wissenschaftler einstellen, und der wird Befehle auszuführen haben wie jedes andere Crewmitglied auch."

Der Captain sah ihren Bewerber mit einer Strenge an, die in Nichts mit dem üblichen Ruf der durchschnittlichen Französin zu tun hatte. Erst als sie ganz sicher war, dass Ashok Raji verstanden hatte, was sie sagte, sprach sie weiter. "Wie weit sind Sie mit künstlicher Intelligenz vertraut? Kennen Sie sich mit der Funktionsweise von Schwerkraftgeneratoren und Schiffscomputern von der Größenordnung der Ivory aus?"

Auch wenn Francine ruhig klang, war klar, dass allein von Ashoks nächster Antwort seine Anstellung auf dem Schiff abhing.

Ashok war während der Ansprache des Captains immer kleiner geworden – er hatte fast den Eindruck, physisch zu ihr aufblicken zu müssen, als sie geendet hatte und ihn abwartend ansah.

"Ja, natürlich, Ma'am", murmelte der junge Inder kleinlaut und starrte ein Loch in den Boden, in dem eigentümlicherweise eine Schraube steckte. "Selbstverständlich respektiere und befolge ich widerspruchslos die Befehle meiner Vorgesetzten." Er räusperte sich. "Ich habe erhebliche Erfahrung darin, Befehle zu erhalten; ich habe schon mehrere Jahre im Dienst auf Raumschiffen verbracht." Einen wehmütigen Augenblick lang erinnerte er sich an seine Jugend, die Queen Sarah und ihre Besatzung, die für ihn wie eine Familie gewesen war.

Mit einem sichtlichen Ruck besann sich der junge Mann wieder Monserats noch im Raum stehender Frage und dachte kurz nach. Ein kleiner Teil seines früheren Selbstbewusstseins kroch aus seiner Ecke hervor und veranlasste Ashok, seine Schultern zu straffen und den Kopf zu heben, damit der Captain ihm wieder in die Augen sehen konnte.

"Meine Abschlussarbeit an der Akademie drehte sich um Quantenfeldtheorie", begann er. "Im weiteren Umfeld zumindest. Ich habe da auch die verschiedenen Quantengravitationstheorien gestreift – mehr als ausreichend, um die Funktionsweise eines konventionellen Gravitationsgenerators zu verstehen."

Er holte tief Luft und sammelte sich kurz. "Im Rahmen meiner wissenschaftlichen Arbeit an der Akademie hatte ich es häufig mit komplexen und rechenaufwendigen Simulationen zu tun. Uns standen dafür Rechenzeitkontingente auf dem großen Zentralrechner der Akademie zur Verfügung. Die Herausforderung unter uns Studenten war es, durch möglichst effiziente Programmierung möglichst hohe Simulationsgenauigkeiten aus unserer begrenzten Rechenzeit herauszuholen."

Ashok merkte, wie er mit wachsendem Enthusiasmus zu reden begonnen hatte, und zügelte sich. "Jedenfalls sind mir große Computer und deren Programmierung wohlbekannt." Er zögerte. "Künstliche Intelligenz war nicht Teil meines Studiums, aber ich kam nicht umhin, bei meinem Umgang mit systemnaher Programmierung im Rechenzentrum der Akademie auch einen Haufen praktischen Wissens in diesem Bereich aufzuschnappen. Ich könnte zwar keine künstliche Intelligenz von Grund auf programmieren – schon allein wegen des schieren Umfangs –, aber ich verstehe sie gut genug, um zu wissen, wie ich eine bereits vorhandene modifizieren kann."

Der junge Inder schaute auf und blickte Francine gespannt an.

Das erste Mal in ihrem Leben hatte man sie mit Naturwissenschaften konfrontiert, und irgendwie war sie immer davon ausgegangen, dass etwas wie das Einstellen eines Wissenschaftlers so ein Problem ja nicht sein konnte. Aber sie hatte sich getäuscht.

Francine Monserat verstand kein Wort.

Die Französin ließ sich allerdings nichts anmerken; zwischen den vielen Fremdwörtern, die aus dem Mund des Inders gesprudelt waren, als spreche er über sein letztes Ferienerlebnis, hatte sie immerhin den Grundtenor aufgeschnappt: Die Antwort auf ihre Frage schien "Ja" zu lauten.

Zudem gefiel ihr der junge Mann. Er schien zu verstehen, was sie von ihren Crewmitgliedern erwartete. Sicher würde er keine Probleme machen. Und ganz bestimmt machte er sich gut in weißer Kellneruniform auf einem Empfang.

"Sie sind eingestellt", erwiderte sie knapp und unvermittelt auf seine Ausführungen, nachdem sie einen Augenblick lang nachsinnend geschwiegen hatte. Sie sollte tatsächlich mal wieder einen Empfang veranstalten. Wenn Shania zurück war, würde sie sicher ein reizendes Ambiente in der Mannschaftsmesse erschaffen.

Jetzt erst konzentrierte sie sich wieder voll auf Ashok. "Ihr Quartier wird Ihnen Rekelen Nar zuweisen; wie Sie eben schon gehört haben sollten, finden Sie dort auch einen Kommunikator." Stirnrunzelnd kürzte sie das Prozedere ab und kam gleich zur Sache. "Wir haben seit einiger Zeit Probleme mit unseren Schwerkraftfeldern. Außerdem gibt es Schwierigkeiten, die künstliche Intelligenz, die den Hauptcomputer der Ivory verwaltet, zu löschen. Kümmern Sie sich darum, unser Techniker Lestat Aures wird Sie einweisen. Beide Aufgaben haben höchste Prioritäten. Noch Fragen?"

Unbewusst war der Captain in einen knappen, militärischen Tonfall verfallen, den sie bei früheren Zusammentreffen mit den Behörden aufgeschnappt hatte, und hätte sie darüber nachgedacht, hätte sie festgestellt, dass sie sich in der Rolle gefiel.

Mit einem Ruck schloss Ashok seinen Mund, den er bereits automatisch zum verzweifelten Widerspruch geöffnet hatte, und starrte Francine staunend an. "Sie sind eingestellt", hallte ihre resolute Stimme in seinem Kopf wider.

Eingestellt. Sie hatte ihn eingestellt. Er blinzelte ein paar Mal heftig und mühte sich, seine Stimme wieder zu finden. "Danke ... Ma'am", stammelte er und neigte unwillkürlich den Kopf, während er sich vorsichtig rückwärts einige Schritte in Richtung Ausgang fortbewegte, ohne ihr den Rücken zuzukehren. Dann entsann er sich seiner militärischen Grundausbildung auf der Akademie, legte den zackigsten Gruß hin, den er im Moment zustande bekam, drehte sich auf den Fersen um und marschierte in Richtung Turbolift.

--- Deck 2, Gänge

"Holodeck klingt sehr gut", freute sich Megan, neben Rekelen aus dem Turbolift rauslaufend. "Aber nur unter der Bedingung, dass wir nichts Anstrengendes machen. An was hatten sie denn gedacht?" Megan dachte kurz, dann hellte sich ihr Gesicht auf. "Hey, wie wär's mit einem Picknick? So richtig schön altmodisch, wenn schon ne andere Umgebung dann aber auch richtig oder?" Sie klatschte vor Freude in die Hände. "Das wird bestimmt gut, mitten im Wald oder so, was meinst du?"

Megan war richtig begeistert. Sie mochte es, entspannt im Gras zu sitzen und etwas Gutes zu Essen. Leider war es viel zu lange her, dass sie unter richtigem Himmel in Ruhe im Freien gesessen hatte. Dennoch musste sie sich zügeln, sie wusste nicht wie Rekelen ihren Vorschlag überhaupt annehmen würde. Sie wollte nicht unhöflich sein und ihr kam der Gedanke, dass Rekelen so etwas gar nicht mögen könnte. Aber andererseits schätze Megan die etwas größere Cardassianerin nicht so ein – sie war ihr sympatisch und eigentlich fiel Megan kein weiterer Grund ein. Vor allem kannte sie Rekelen erst seit heute ... die junge Frau schalt sich wieder, nicht so vorschnell zu sein.

"Und?" Sie sah Rekelen fragend an, die bisher nichts gesagt hatte.

"Picknick klingt hervorragend", urteilte Rekelen nach kurzem Nachdenken und musste unwillkürlich lächeln, als sie sich an das eine oder andere Picknick in ihrer Jugend erinnerte. Die Bataillon an Tanten und Onkels, Nichten, Cousins und anderen Mitgliedern der typischen cardassianischen Großfamilie waren ihr dabei vor allem im Gedächtnis geblieben. Was aber nicht hieß, dass sie nicht auch Spaß daran haben würde, mit Megan alleine einen Ausflug zu machen.

Unvermittelt blieb sie stehen, während sie kurz überlegte, wo noch einmal auf der Ivory die Holodecks lagen, und als die Trill sie fragend ansah, lachte sie und schüttelte den Kopf. "Was machen wir dann überhaupt hier? Wir hätten das Deck ja nicht mal verlassen müssen. Die Holodecks sind auf Deck 2."

Grinsend wandte sie sich um und ging zurück in den Lift.

Cheyenne betrat den Gang auf Deck 2. Eigentlich wollte sie direkt mit dem Turbolift von der Brücke aus zu Rekelen doch sie entschied sich dagegen. Wenn sie sich recht erinnerte, gab es noch eine zweite Möglichkeit, zu einem Turbolift auf diesem Deck zu gelangen, und der Weg dort hin gab der jungen Terranerin die Chance noch wenige Minuten, ihren Gedanken nach zu hängen.

Nach dem Monserat sie eingestellt hatte, war ihr ein riesiger Stein vom Herzen gefallen. In den letzten Stunden waren Cheyenne nur die Gedanken über ihre eventuellen Einstellung durch den Kopf gegangen – doch jetzt, da dieser Druck von ihr abfiel, machten sich in ihrem Kopf wieder die alten Probleme, die sie in ihrem Leben hatten, breit.

Und an erster Stelle stand hierbei ihre Familie und der Streit, den sie seit Jahren mit ihren Eltern führte. Immer wieder hatte die junge Pilotin in den letzten Jahren versucht diese Probleme bei Seite zu schieben – jedoch vergebens; sie brachte es nicht fertig, ihre Eltern aus ihrem Leben zu streichen.

Leise seufzte sie und blieb kurz stehen, um sich in den Gängen der Ivory zu orientieren. Mit einer kurzen Bewegung strich sie sich durch die Haare.

Sollte sie sich bei ihrer Familie melden? Sollte sie ihnen über ihre Einstellung berichten?

Cheyenne entschied sich dagegen. Warum? Nun, vielleicht war sie einfach im Moment nur zu stur – nein, sie wollte nicht schon wieder den ersten Schritt machen.

Vielleicht würde sie ihrem Bruder eine Nachricht schicken, aber diese Frage lies die Terranerin noch offen.

Nach wenigen Sekunden erreichte Cheyenne dann den gesuchten Lift. Mit einem leichten Kopfschütteln schob sie die grauen Gedanken beiseite und hob die Hand, um den Knopf zum Rufen des Transportmittels zu betätigen.

Irritiert verharrte Cheyenne in ihrer Bewegung, als sich plötzlich die Türen des Lift noch ohne Grund vor ihr öffneten, und im nächsten Moment blickte sie in das Gesicht von Rekelen und Megan.

"Ähm, hallo! Ich wollte gerade zu Ihnen, Miss Nar."

Rekelen hatte sich gerade zu Megan umwenden wollen, um nach dem Verlassen des Lifts weiter mit ihr über das geplante Picknick zu tratschen, als sie von Cheyenne abgelenkt wurde. Als sie die Pilotin sah, begann sie zu lächeln.

"Oh, also hat Sie der Captain eingestellt? Das freut mich", erwiderte sie aufrichtig, war ihr die Frau doch gleich recht sympathisch gewesen. "Wir wollten gerade aufs Holodeck, aber ich kann Ihnen das Quartier auch schnell vorher zuteilen. Es sei denn, Sie wollen uns begleiten ...?"

Fragend sah sie die andere an, während ihr eine ganz andere Frage in den Sinn kam. Die Cardassianerin räusperte sich und zierte sich ein wenig, bis sie schließlich doch damit heraus rückte. "Was ist denn aus Ihren Begleitern geworden? Sind Mr. Aran und ... Mr. Raji ebenfalls eingestellt worden?"

Der Versuch, ihre verlegene Pause zu überspielen, scheiterte, das ahnte sie, als sie es aussprach. Momentan wusste sie allerdings noch nicht, ob es ihr lieber wäre, dass der Inder an Bord ging ... oder dass er verschwand und nie wieder auftauchte.

Cheyenne legte ein Lächeln auf ihr Gesicht. Im ersten Moment war sie etwas irritiert über die Freundlichkeit der Cardassianer – damit hatte sie nicht gerechnet.

"Ob Mr. Aran und Mr. Raji eingestellt wurden, weiß ich nicht. Ich wollte bei deren Bewerbungsgespräch nicht stören und habe daher nach meiner Einstellung gleich die Brücke verlassen. Außerdem hatte ich nicht gerade den Eindruck, dass der Captain viel davon halten würden, wenn ich untätig herum gestanden und ihr womöglich über die Schulter geschaut hätte."

Ein breites Grinsen legte sich bei dem Gedanken an Monserat auf das Gesicht der Terranerin.

"Was das Quartier angeht: Ich denke, es macht Sinn, wenn ich zuerst einen Abstecher dorthin mache, damit ich meine Tasche los werde." Die Pilotin machte ein kurze Pause und trat einen Schritt zu Seite, um die zwei Frauen aus dem Turbolift aussteigen zu lassen.

"Aber wenn Sie mir sagen, wo sich das Holodeck befindet, komme ich gerne nach!"

"Dann warte doch gerade einen Augenblick, Megan", ging Rekelen auf den Wunsch der Terranerin ein, indem sie sich an die Ärztin wandte – oder war sie Krankenschwester? Und seit wann ging sie eigentlich dazu über, ihr an sich fremde Menschen einfach zu duzen? Nun ja, es hätte sich wohl einfach ergeben ... Die Cardassianerin zuckte innerlich mit den Schultern und beließ es bei dem Gedanken, dass an gegenseitigem Duzen immerhin nichts Schlechtes war.

Sie sah sich kurz um und entdeckte bereits ein kurzes Stück entfernt vom Lift ein Computerterminal. Die Dinger standen scheinbar an jedem Eck; aufgefallen waren sie ihr vorher nie.

Mittlerweile bekam Rekelen Übung. Nach wenigen Sekunden hatte sie die Quartierliste aufgerufen, sie übersehen und Cheyenne, nachdem sie sie nach der korrekten Schreibweise ihres Namens gefragt hatte, in ein freies Quartier eingetragen.

"Sie bekommen Quartier 14", wandte sie sich schließlich an die Pilotin. Sie war froh, dass sich Zinda in das kleine interaktive Intermezzo nicht eingemischt hatte und sprach schnell weiter, um dem Computer auch keine Gelegenheit dazuzugeben. Bisher hatte sie sie ihren Job ja weitestgehend ohne Begleitkommentare machen lassen.

Rekelen deutete den Gang hinab. "Holodeck 1 liegt gleich hinter der nächsten Gangbiegung und Holodeck 2 kommt eine Tür weiter. Gar nicht zu verfehlen. Ich glaube nicht, dass eines belegt ist ... ach ... Computer, befindet sich momentan jemand auf den Holodecks?"

Gewohnt, dass die Computerstimme meistens von irgendwo oben kam, hob die Cardassianerin den Kopf. Doch nichts regte sich – Zinda gab keinen Laut. "Ähm, hallo, Computer? Zinda?"

Einen Augenblick lang wartete sie. Vergebens. Konnte es sein, dass dieses blasierte Stück Blech wegen irgend etwas eingeschnappt war? Besaß Zinda überhaupt die Fähigkeit, sich einer Anweisung zu widersetzen? Sie musste zugeben, dass sie keine Ahnung hatte.

Kurz war ihr, als ertöne aus den Bordlautsprechern irgendeine Art Knacken wie von einer Fehlfunktion, aber das konnte auch ihrer Einbildung entspringen.

"Nanu", sagte sie schließlich ratlos. "Das ist ja merkwürdig ... Computer, wo befindet sich ... ach Quatsch." Sie tippte etwas verärgert auf ihren Kommunikator. "Nar an Aures. Der Computer reagiert nicht mehr auf akustische Anfragen. Wissen Sie etwas darüber?"

Während sie sprach, sah sie Cheyenne entschuldigend wegen der Verzögerung an. Immerhin gehörte das Schiff ihrer Tante, da fühlte sie sich schon etwas mitverantwortlich.

Dieses Schiff kam der jungen Terranerin immer komischer vor. Nun, es konnte nicht immer auf einem Schiff alles glatt ablaufen und funktionieren, aber Cheyenne wunderte sich schon ziemlich, dass die Cardassianerin den Computer mit Namen angeredet hatte. Nun, künstliche Intelligenzen gab es überall, doch ein Bordcomputer, der wie es schien eine eigene Persönlichkeit hatte, kam der jungen Frau eigenartig vor.

Für ein paar Sekunden beobachtete Cheyenne Rekelen. Immer noch wartend auf eine Antwort von diesem Aures stand die Cardassianerin etwas unschlüssig da und wartete.

Innerlich seufzte Cheyenne. Langsam begann ihre Schulter zu schmerzen, und wieder stellte sie fest, dass die Tasche doch schwerer war, als sie sich es am Anfang ihrer Reise eingebildet hatte. Hatte sie eigentlich bei der Sternenflotte auch immer so viel Zeug mit sich herum geschleppt?

Leicht schüttelte sie den Kopf um wieder ihre Gedanken in die Wirklichkeit zu bekommen. Hoffentlich antwortete dieser Kerl bald, denn die junge Pilotin freute sich nun schon auf ihr Quartier um endlich die Last auf ihrem Rücken los zu werden, die sie schon den ganzen Tag mit sich rum schleppte.

"Ein Glück, dass Sie da sind!", entfuhr es Rekelen erleichtert und fügte erklärend, auf den fragenden Blick des Betazoiden, hinzu: "Man fühlt sich immer gleich so hilflos bei einem Computerproblem. Schließlich ist man auf das Ding angewiesen. Aber mit einem Techniker in der Nähe kann ja nichts mehr schief gehen."

Sie lächelte, bevor sie sich dem Problem zuwandte. Es war ihr nur recht, Zindas Schweigen gleich aus der Hand geben zu können. Die Cardassianerin hatte ein mulmiges Gefühl gegenüber dieser KI entwickelt und wollte am Liebsten so wenig wie möglich damit zu tun haben. Soweit sie wusste, wollte Tarson sie ja eh entfernen. Vielleicht hing das hier ja auch damit zusammen.

"Zinda reagiert nicht mehr, wenn ich sie ... öhm, anspreche. Computer, akustische Bestätigung", sagte sie und schaute wieder automatisch nach oben. Achselzuckend wandte sie sich wieder an den Technikern, als die erwartete Reaktion ausblieb. "Sehen Sie?"

Cheyenne betrachtete den hochgewachsenen Techniker der gerade um die Ecke gebogen kam mit einem etwas kritischen Blick. Obwohl sie fand, dass lange Haare bei Männern nun doch nicht mehr so modern waren kam die junge Frau zu dem Ergebnis, dass der Mann etwas Sympathisches an sich hatte. Vielleicht lag es aber auch an den dunkeln Augen, die im Moment aufmerksam die Cardassianerin musterten. Die junge Pilotin war fasziniert.

Nach wenigen Sekunden wandte sie den Blick von Aures ab und blickte zu Rekelen, die im Moment eher einen etwas hilflosen Eindruck auf sie machte. Ihre sichtliche Erleichterung, als der Techniker eintraf, war nicht zu übersehen gewesen. Innerlich schmunzelte Cheyenne.

--- Turbolift

"Deck ...", begann Ashok und brach mitten im Befehl ab, als ihm einfiel, dass er nicht die leiseste Ahnung hatte, wohin er eigentlich gerade wollte. Er grübelte kurz. "Mannschaftsdeck", bellte er und bemerkte erleichtert, dass der Lift in der Tat seine Türen schloss und sich in Bewegung setzte.

Endlich hatte er ein paar Augenblicke für sich zum Nachdenken. Am sinnvollsten wäre es, zunächst sein Quartier aufzusuchen und sich einen Kommunikator zu beschaffen; dann würde er diesen Lestat finden und ...

Siedend heiß fiel ihm wieder sein Gepäck ein, das noch immer in seiner Unterkunft auf dem Promenadendeck der Raumstation herumlag. Mit kaum merklichem Rucken hielt der Turbolift an und öffnete seine Türen.

--- Deck 3, Gänge

Der junge Mann trat vorsichtig in den Gang hinaus und musterte seine Umgebung neugierig. Dieses Deck war ihm neu, und zudem war es völlig verwaist.

Ashok ging an den verschlossenen Türen entlang, die in den Gang mündeten, und las interessiert die Namen auf den elektronischen Türschildern. "Computer", rief er ins Leere hinein und wartete für einige Sekunden vergeblich auf den üblichen Bestätigungston. "Computer!", wiederholte er, diesmal etwas lauter, und lauschte mit wachsender Frustration dem allgegenwärtigen sonoren Brummen der Schiffsmaschinen, das seine einzige Antwort blieb. Der Inder verzog seinen Mund zu einem säuerlichen Grinsen. Das konnte ja heiter werden.

Resigniert bewegte er sich auf die Konsole am Ende des Gangs zu, deren Bildschirm sanft die gegenüberliegende Wand beleuchtete. Mit gerunzelter Stirn studierte er die auf dem Schirm dargestellte Benutzeroberfläche, tippte dann vorsichtig mit spitzem Finger auf eine Serie von Befehlen und versuchte sich dann in der Aufgabe, die genaue Schreibweise des Namens "Rekelen Nar" zu erraten. Kritisch betrachtete er sein Werk, zuckte mit den Achseln und hieb resolut mit Mittel- und Zeigefinger auf den mit "Suchen" beschrifteten Knopf.

Ein Ausschnitt aus einer Schemazeichnung der Ivory erschien auf dem Monitor und zeigte mit einem kleinen blinkenden Punkt seine eigene Position an. Ein Deck tiefer pulsierte ein mit "Rekelen Nar" beschriftetes Kreuz in einem der Gänge. Eine gestrichelte Linie verband den Punkt mit dem Kreuz und wies ihm den kürzesten Weg zum Ziel.

Der junge Mann prägte sich den Weg ein und bewegte sich mit forschem Schritt wieder auf den Turbolift zu, als ihn das charakteristische Geräusch einer sich öffnenden Quartiertür im Gang hinter sich erstarren ließ. Nervös blickte er sich um und musterte den gerippten tentakelartigen Metallarm, der sich aus einem der unbenutzten Quartiere schob, während er sich langsam und so geräuschlos wie möglich rückwärts auf die Tür des Turbolifts zu bewegte. Dieses Schiff war ihm unheimlich. Fast bereute er jetzt schon, den Job angenommen zu haben, statt sich mit einem Tritt aus der Schleuse befördert haben zu lassen.

Dem Arm folgte mit metallischem Sirren ein kleiner Roboter, der angestrengt mit einem Scheuerschwamm noch den Rahmen der Quartiertür schrubbte, bevor sie sich wieder schloss und er sich offenbar dem nächsten leeren Quartier zuwenden wollte. Ashok blickte die Erscheinung mit konsterniert gerunzelter Stirn an und revidierte seine Meinung. Vielleicht war "seltsam" doch ein treffenderer Ausdruck als "unheimlich". Mit einem Ruck wandte er sich ab und ging auf den Turbolift zu.

Gerade wollte er einen Fuß in den Lift setzen, als der kleine Roboter mit erstaunlicher Geschwindigkeit um ihn herum schoss und ihm den Weg versperrte und ihn so vorwurfsvoll anblickte, wie es ihm seine rot blinkenden Augen erlaubten. "Was wollen Siiie denn hier?", sprach er den verdutzten Inder an. Er gab sich keine Mühe, eine Antwort abzuwarten, sondern plapperte übergangslos weiter: "Sie dürfen hier doch gar nicht sein, denn das Schiff ist ja gerade dabei, abflugfertig gemacht zu werden, und da müssen alle Mannschaftsmitglieder kräftig anpacken, denn das geht nicht, dass sich einzelne Leute da vor der Arbeit drücken, das tu ich ja auch nicht, sehen Sie mal hier meinen Eimer und meinen Scheuerschwamm, damit habe ich eben das Quartier Nummer 22 gesäubert, damit da jemand einziehen kann, und überhaupt, wer sind Sie eigentlich?"

Die plötzliche Stille dröhnte in Ashoks Ohren, als die wild gestikulierende Tonne vor seinen Füßen unvermittelt in ihrer Rede innehielt und ihn erwartungsvoll ansah. Fieberhaft ließ er die Worte der letzten Sekunden vor seinem inneren Ohr nochmals Revue passieren, um ihr die Frage zu entnehmen, auf deren Antwort der Roboter offenbar wartete. "Ich ... mein Name ...", setzte er an, besann sich seiner Position und stemmte die Arme in die Seiten. "Ich bin Ashok Raji, der neue Wissenschaftsoffizier; du kannst mich 'Sir' nennen." Er musterte den Roboter streng. "Ich bin gerade auf dem Weg zu Rekelen Nar, um mir ein Quartier zuweisen zu lassen. Und nun", er machte eine wedelnde Handbewegung, "lass mich in den Turbolift, damit ich hier meinen Aufgaben nachgehen kann."

Mit erstaunlicher Promptheit fuhr der kleine Kerl zur Seite und machte dem jungen Mann Platz, zwei seiner drei Tentakelarme in einer vage entschuldigenden Geste erhoben. "Oh, Sir, bitte entschuldigen Sie mein Verhalten, Sir", fuhr Charly seinen Redeschwall fort. "Es war nicht meine Absicht, Sie an der Erfüllung Ihrer Aufgaben zu hindern, Sir, glauben Sie mir, ich bin ein treuer Gehilfe des Captains, und es würde mir nie einfallen, die Arbeit auf dem Schiff zu behindern, du meine Güte, bitte glauben Sie mir das, Sir ..."

Ashok betrachtete den quasselnden Metalltopf mit gerunzelter Stirn und zunehmender Belustigung, als ihm ein Gedanke durch den Kopf schoss. "Hast du einen Namen? Und: Kannst du einen wichtigen Auftrag für mich ausführen?", fiel er dem Roboter ins Wort und beobachtete befriedigt, wie dessen Redefluss prompt endete und er eine Antwort formulierte.

"Ich bin Charly Alpha 1, Sir", meldete Charly, "aber Sie können mich ruhig einfach nur Charly nennen, Sir", setzte er mit verschwörerischem Ton hinzu, "das tun hier alle, naja, mit 'alle' meine ich natürlich ..."

Der Inder räusperte sich vernehmlich.

"Oh, tut mir Leid, Sir, natürlich, einen Auftrag, aber selbstverständlich, ich würde gerne jede Gelegenheit wahrnehmen, dem Schiff dienlich zu sein, wissen Sie, ich kann noch viel mehr als nur putzen ..."

Ashok schnitt dem Roboter erneut das Wort ab. "Dann verlass das Schiff, geh aufs Promenadendeck zu den Mietunterkünften bei Vater Harry" – der junge Mann schauderte bei der Erinnerung an den nach Bier und billigen Zigarren stinkenden Harry in seinem schmuddeligen Feinrippunterhemd – "und hol meine Sachen, die noch dort liegen. Mein Name ist Ashok Raji. Hier ist der Schlüssel meines Quartiers dort; den kannst du bei der Gelegenheit gleich zurückgeben." Mit spitzen Fingern fummelte er einen länglichen Gegenstand aus seiner Hosentasche und legte ihn Charly auf die flache Oberseite seines Kopfendes. Dann drehte er sich um, ohne eine Antwort abzuwarten, betrat den Lift und ließ sich auf Deck 2 bringen.

--- Deck 2, Gänge

Erst beim Verlassen des Lifts wurde dem jungen Mann klar, wie sehr ihn die Begegnung mit Charly ins Schwitzen gebracht hatte. Während er sich noch mit der linken Hand den Schweiß von der Stirn wischte und seine ohnehin während der letzten Stunde hoffnungslos verstrubbelte Frisur in eine grobe Form brachte, sah er auch schon Rekelen, die mit der dunkelhaarigen Pilotin, der jungen Trill und einem ihm völlig unbekannten Mann ins Gespräch vertieft war.

"Ah, Miss Nar", rief er erfreut und gesellte sich ungefragt zur Gruppe hinzu. "Captain Monserat hat mich eben auf dem Schiff eingestellt und mich an Sie verwiesen, damit ich ein Quartier beziehen und mich dort mit einem Kommunikator ausstatten kann."

--- Brücke

Zufrieden schaute Monserat dem Inder nach wie eine Katze, der noch die blutbespritzten Federn des letzten Opfers aus dem Maul schauten. Sie hatte einen Wissenschaftler. Einen Sternenflotten-Wissenschaftler sogar. Er würde das Problem, mit dem ihr unfähiger Butler seit Tagen kämpfte, mit spielender Leichtigkeit beseitigen.

Und wenn nicht, konnte sie ihn immer noch feuern und einen anderen einstellen.

Misstrauisch wäre Jesar, der selbstvergessen in einer Ecke gewartet und irritiert das am Boden liegende Strickzeug gemustert hatte, beinahe einen Schritt zurückgetreten, als der Blick des Captains den seinen traf. Die Lifttüren wirkten mit einem Mal auf unheilvolle Weise besonders zu.

"Kommen wir zu Ihnen." Der Sicherheitler vermeinte beinahe, das Knirschen zu vernehmen, wo Francines Zähne auf den unzerkauten Resten des eingebildeten Opfertiers rieben.

Instinktiv erfasste er das düstere Ende, das seine Bewerbung jetzt, wo die Französin in selbstzufriedener Hochstimmung weilte, unweigerlich nehmen musste, noch bevor das Gespräch begonnen hatte.

Doch es gab kein Zurück.

--- Deck 2, Gänge

"Oh ... wie ... wie schön", stammelte Rekelen, den Inder anstarrend, der sie so sichtlich erfreut anstrahlte und damit abrupt wieder aus dem Konzept brachte. So schön fand sie das nämlich ganz und gar nicht. Nicht, wenn er so offen um sie warb und ihr überhaupt keine Möglichkeit gab zu reagieren, wenn er das so geschickt in die alltägliche Konversation mischte. Wenn das unter Terranern überhaupt so funktionierte!

Warum war das eigentlich alles so kompliziert?

"Quartier ...", wiederholte sie und ihre Miene erhellte sich, als ihr die dazugehörige Routine der Quartierzuweisung wieder einfiel. "Natürlich, sofort."

Wenn es damals auf Bajor, wohin sie das Militär als Sprachwissenschaftlerin abgestellt hatte, Probleme mit den Einheimischen gab, hatte sich die Flucht in offizielle Aufgaben ebenfalls oft als sehr hilfreich erwiesen. Auch wenn der durchschnittliche Bajoraner eine weit gesündere Portion Respekt vor ihrer Herkunft hatte als der durchschnittliche Terraner. Zumindest der durchschnittliche bajoranische Minenarbeiter.

"Miss Morgen und Miss Phearson können Ihnen ja auch helfen", wandte sie sich an den betazoiden Techniker, der durch das Auftauchen Ashoks an seiner Antwort gehindert worden war. "Entschuldigen Sie mich einen Augenblick."

Eilig ging die Cardassianerin wieder hinüber zu der Konsole, an der sie bereits Cheyenne ihr Quartier zugeteilt hatte.

--- Ein Stück entfernt bei der Konsole

Unruhig nahm Rekelen den Blick Ashoks in ihrem Rücken wahr, der ihr natürlich folgte. Zum wiederholten Male zwang sie sich, sich zu sammeln. Was für ein Tag! Normalerweise war sie durchaus nicht so verplant – nun ja, nicht ganz so verplant –, aber heute passierten wirklich die lustigsten Sachen.

Angefangen mit dieser Twillan – dann Ashok Raji und nicht zu reden von Zinda, deren Schweigen sie wirklich beunruhigte. Normalerweise funktionierte wenigstens der Computer.

Schnell hatte sie die Quartierliste wieder aufgerufen und einen Blick darauf geworfen. Dabei musste sie dann doch feststellen, dass ihre bisherige Vorgehensweise nicht wirklich konsistent war – die wenigen Crewmitglieder verteilten sich munter über das gesamte Deck. Naja, das nächste Mal würde sie es halt anders machen.

"Sie bekommen Quartier Nummer 12", wandte sie sich also wieder an den Inder und gab sich einen Ruck, seinen gänzlich harmlosen Blick zu erwidern. "Das liegt auf Deck 3, so wie alle Quartiere, und direkt neben dem von Miss Morgen."

Sie wies auf die Pilotin, als könne sie so von irgend etwas ablenken; was auch immer es abzulenken gäbe, hätte sie darüber nachgedacht.

--- Deck 2, Gänge

Megan wandte sich an den Techniker. Sie waren sich zwar schon mal begegnet, doch der jungen Frau waren noch nicht seine schwarzen Augen aufgefallen. Irgendwie mochte Megan das Bild, das sich dadurch bildete. "Naja, der Bordcomputer ... ähm, Zinda, richtig? Er sagt nichts mehr, obwohl er oder sie sonst damit anscheinend wohl keine Probleme hat. Aber sagen Sie, ist es bei Zinda normal, dass sie leicht ein wenig rüpelhaft wird? Weil ich da vorhin so eine Begegnung mit ihr hatte!"

Die Ärztin wusste einfach nicht, wie sie den Bordcomputer betiteln sollte und entschied sich einfach immer das zu nehmen, dass ihr gerade einfiel. Sie war sich ziemlich sicher, dem Techniker nicht viel weiter geholfen zu haben, und blickte ihn entschuldigend an. "Aber ich hoffe, Sie wissen gleich mehr, als ich wenn sie sich das mal angeschaut haben. Ich finde es schon merkwürdig, dass der Computer einen Namen hat, deswegen – ähm – kann ich wahrscheinlich nicht soviel helfen."

Seit ihrer ersten Begegnung mit Mr. Raji, wie sollte es auch anders sein, kam er Cheyenne merkwürdig vor, und das hatte sich bis jetzt nicht geändert. Die Tatsache, dass sein Quartier genau neben dem ihrigen lag verursachte ein mulmiges Gefühl im Magen der jungen Terranerin – hoffentlich würde der Vorfall, der sich an der Schleuse ereignet hatte, ein Einzelfall bleiben.

Cheyenne warf dem Inder noch einen skeptischen Blick zu und wandte sich dann Mr. Aures und Miss Phearson zu. Mit einem Nicken stimmte sie dem letzten Satz der Trill zu.

"Hmm, ja – ein Bordcomputer, der wie eine eigenständige Person behandelt wird, ist mir auch noch nie begegnet."

Mit einer kurzen Bewegung stellte sie ihre Reisetasche zwischen ihren Füßen ab. Anscheinend würde das Gespräch hier noch ein bisschen länger dauern, und langsam begann die Schulter der jungen Frau massiv zu schmerzen.

'Vielleicht wäre ein bisschen Sport doch mal wieder nicht fehl am Platz.' Cheyenne schob den Gedanken bei Seite und konzentrierte sich nun auf den hochgewachsenen Mann, der ihr schräg gegenüber stand. Ein nicht einwandfrei funktionierender Computer konnte auch beim Fliegen zu Problemen führen, und die Pilotin wollte ihren Job eigentlich auf längere Zeit behallten.

Lestat war, nachdem ihm Rekelen die Lage erläutert hatte, ganz in Gedanken versunken, so dass er nicht mitbekommen hatte, was die beiden Frauen zu ihm gesagt hatten. Um dieses kleine Missgeschick seinerseits zu überspielen stellte er sich zuerst einmal der Neuen vor.

"Ohhh, Entschuldigen Sie bitte, ich habe ganz vergessen, mich vorzustellen", wandte er sich an die kleine zierliche Frau. "Mein Name ist Lestat Aures. Ich bin Techniker an Bord der Ivory. Sind Sie schon länger an Bord? Ich selbst bin erst seit Kurzem hier, aber die Ivory scheint einen Techniker sehr gern zu haben. Zumindest hat sie immer Arbeit für mich," meinte der Betazoid grinsend.

Cheyenne schmunzelte innerlich über die Verlegenheit des hochgewachsenen Mannes – seine Zerstreutheit machte ihn irgendwie menschlich.

Im Geiste begann die junge Frau abzuschätzen, wie alt ihr Gegenüber wohl war. Mit ihrem ersten Gedanken kam sie auf vielleicht 19, doch nach kurzem Überlegen musste Cheyenne sich eingestehen, dass das doch etwas zu jung wäre. Die Art, wie sich Monserat verhalten hatte, ließ nicht gerade darauf schließen, dass sie einen so jungen Menschen, der wohl recht wenig Praxiserfahrung hatte, einstellen würde. Nun, vielleicht würde Cheyenne Gelegenheit haben dieses kleine Rätsel zu lösen.

"Mein Name ist Cheyenne Morgan", stellte sich die junge Frau nun auch vor. Ein leichtes Lächeln legte sich auf ihr Gesicht, während sie Aures die Hand schüttelte.

"Ich wurde auch gerade erst auf der Ivory eingestellt", fuhr die Terranerin fort, "– und somit genauso Neuling wie sie."

--- Holodeck 2

"Mister Daniel?" Daniel wiederholte Tarsons Worte leise, aber nicht leise genug, dass Tarson sie nicht hören konnte. Dieser schaute sogleich irritiert zu Daniel herunter. "Mein Name ist Daniel Smith, Mr. Tarson. Also entweder sie nennen mich Daniel, was ich angesichts unserer Situation bevorzugen würde, oder sie sagen einfach Mr. Smith zu mir, aber Mr. Daniel, das klingt, als würde man zu ihnen Mr. Peter sagen." Daniel lächelte verschmitzt, ehe er sich wieder mit ernstem Gesicht ihrer momentanen Lage zuwandte.

Ohne noch eine Antwort von Tarson abzuwarten, wandte er sich an den Computer. "Computer, was soll dieses dumme Spiel? Wenn wir irgend ein Anti-Virenprogramm deaktivieren sollen, dann können wir das nicht vom Holodeck aus. Außerdem wissen wir nicht mal was von solch einem Programm." Der kleine Sicherheitsoffizier wartete auf eine Antwort, doch nichts geschah.

"Also gut, Computer, ich werde jetzt so lange nichts mehr tun, bis du dich endlich entschieden hast, was du eigentlich von uns willst. Ich hasse solche Spielchen." Daniel setzte ich auf den virtuellen Gang der Ivory und machte keine Anstalten mehr, noch irgendetwas zu unternehmen.

--- Evolution IV

Wie erwartet waren seine alten Zugangscodes nicht mehr aktiv. Es hätte ihn auch gewundert, wenn Martengh mehr als 20 Sekunden nach der Explosion des Cardassianischen Frachters hätte verstreichen lassen, bevor er seine Zugangscodes sperrte. Vermutlich hatte er keine zwei Sekunden gebraucht, dachte er sarkastisch.

Mittlerweile war er am Kontrollknoten der internen Sensoren angelangt. Von der furchterregenden Entität völlig unbeachtet bahnte er sich einen Weg durch die vorliegenden Sicherungen dieses Subsystems.

'Merkwürdig', dachte er, 'Entweder hat Martengh nachgelassen, oder dieses Etwas hat bereits mehr Schaden angerichtet, als gut ist. Kaum mehr als die üblichen Sicherungen hier.'

Jetzt erst recht vorsichtig, rief er erst mal ein Verzeichnis aller an Bord befindlichen Personen auf. Wäre er ein Wesen aus Fleisch und Blut gewesen, würde sein Gesicht jetzt wohl eine sehr ungesunde, weißliche Färbung angenommen haben:

Kein Name auf dieser Liste kam ihm bekannt vor; es schien lediglich, als ob Gerald Monserat das Schiff an eine Verwandte abgegeben hätte, denn Francine Monserat klang zumindest vertrauter als der Rest der Namen.

Und nun?

Verlassen konnte er dieses System nicht. Wie auch. Er wusste ja noch nicht einmal, wie er hier hineingekommen war.

'Vermutlich war diese Monserat auch für diese Monstrosität verantwortlich, die sich gerade auf das Holodeck konzentrierte', mutmaßte er. Wer auch immer dort war, schien dessen uneingeschränkte Aufmerksamkeit zu genießen. Er bezweifelte, ob das eine Ehre war.

'Gut.'

Er würde nicht akzeptieren, dass dieses Schiff in die Hände einer Fremden viel – dass Monserat freiwillig seinen angestammten Platz auf der Brücke geräumt hatte, erschien ihm äußerst unwahrscheinlich.

Ein altes, klingonisches Zitat kam ihm in den Sinn:

<Simultanübersetzung> 'Wenn es Krieg ist, was sie will, dann soll es Krieg sein, was sie bekommt.' </Simultanübersetzung>

Er verließ die internen Sensoren wieder und schwebte in Richtung des Zentrums der hiesigen Anlage, einen großen, rotierender Oktaeder, der die zentrale Schnittstelle zu allen internen Systemen darstellte.

Nichts wahr mehr von dem prächtigen, gleißenden, regenbogenartigen Farbmustern zu sehen, die bei seinem letzten Besuch die Oberfläche dieses Körpers zu einem wahren Erlebnis machen.

Jetzt war er nur noch ein Schatten seiner selbst, grau in grau, mit fast weißen Adern zu den verschiedensten Subsystemen.

'Dieses Ding benötigte eine Reihe von Systemen, um mit den Personen auf dem Schiff zu kommunizieren und zu interagieren, mal schauen, was es dazu sagt ...'

Mit diesen Gedanken schossen drei gleißend helle Konstrukte auf ebenso viele Verbindungsadern zu und drangen in sie ein. Einen Moment lang schien es, als ob nichts geschehen würde – dann jedoch begannen diese Adern zu pulsieren, immer stärker, bis sie von einer Sekunde auf die andere verschwanden.

--- Überall auf Deck 2

Funkenregen schossen aus insgesamt zehn verschiedenen Wartungsluken, eine davon auf der Brücke der Ivory, als Datenleitungen von einem unglaublich hohen Spannungsstoss zerfetzt wurden.

--- Holodeck 2

Zwischen Daniel und Peter flimmerte plötzlich die Luft, ein knistern ertönte.

Dann, unvermittelt, stand plötzlich ein Mann in seinen besten Jahren, im schwarzen, ledernen Mantel mit langen, schwarzen Haaren und einem Original Stetson Hut vor Ihnen.

Diese Gestalt hätte eher in eine regnerische Nacht im San Francisco der 1930er Jahre gepasst als in den reinlichen Gänge der holographischen Simulation der Ivory.

Die regungslosen, schwarzen Augen lagen auf einem sichtlich überraschten Peter, den er einige Sekunden musterte.

Eine etwas rauchige Stimme drang aus seiner Kehle, als er zu Peter sprach:

"Wer auch immer Sie sind, hören Sie mir zu, denn ich habe nicht viel Zeit.

Ich war früher einmal ein Besatzungsmitglied der Ivory, suchen Sie in einer ruhigen Minute mal in den Datenbanken nach 'Classic'. Ich weiß nicht, welche Rolle Sie jetzt auf diesem Schiff spielen, ich jedoch war vor unbestimmter Zeit Pilot auf diesem Kahn.

Irgendwie hat sich mein Geist in diesem Bordcomputer gefangen. Was genau hier passiert, ist mir nicht klar, aber eine Monstrosität, die zuletzt noch nicht hier war, treibt hier sein Unwesen, es hat mich bereits mehrfach angegriffen.

Wir haben jetzt nicht genügend Zeit, das alles im Detail zu erklären, deshalb werden Sie mir vertrauen müssen. Ich glaube ohnehin, dass es Ihre einzige Chance ist.

Momentan habe ich die wichtigsten Verbindungen dieses ... Dings gekappt, wodurch es ein wenig beschäftigt ist.

Ich kam ausgerechnet hierher, weil ich nur hier physisch erscheinen kann und weil dieses entartete Programm es offensichtlich auf sie abgesehen hatte. Wenn Sie tatsächlich ein Feind dieses Dinges sind, stehe ich auf Ihrer Seite. Wenn nicht, nun, das werden sie dann schon noch rausfinden ..."

Er ließ diese Drohung für einige Augenblicke wirken, dann sprach er weiter:

"Wissen Sie, ob dieses Ding etwas mit Gerald Monserats Verschwinden zu tun hatte?

Und was noch viel wichtiger ist: Können Sie dieses Monster kontrollieren?"

Während des gesamten Monologs waren die schwarzen Augen dieses merkwürdigen Eindringlings unverrückbar auf Peter gelegen, seine Lider bewegten sich nicht einen Millimeter.

--- Deck 2

Die junge Pilotin wartete einige Sekunden stumm auf die Reaktion ihres Gegenübers. Wie es schien, war Aures wieder in seinen Gedanken vertieft.

Etwas irritiert trat sie von einem Fuß auf den anderen und blickte sich kurz nach Rekelen und Ashok um. Die beiden standen an der Konsole weiter hinten im Gang.

Als sich die Terranerin wieder zu dem Techniker wandte nahm sie auf einmal einen leichten Brandgeruch wahr. Kurz rümpfte sie die Nase und spannte automatisch alle Muskeln ihres Körpers an. Viel zu oft hatte sie schon diesen Geruch wahr genommen – in Shuttles, bei denen ihr kurze Zeit später sämtliche Schaltkreise um die Ohren geflogen waren.

"Riechen sie das auch?", fragend blickte sie zu Megan und Lestat.

--- Ein Stück entfernt bei der Konsole

Ashok hatte der jungen Frau zunächst interessiert über die Schulter gesehen und warf jetzt einen Blick zurück zu den anderen. Direkt neben der Pilotin also – und damit praktisch an dem Ende des Gangs, das von Rekelens eigenem Quartier am weitesten entfernt war. Er rief sich das Bild des Decks über ihnen ins Gedächtnis zurück; wenn die Aufschriften an den Türen nicht täuschten, dann wären eigentlich noch genug andere Quartiere in neutraleren Positionen verfügbar gewesen.

Stirnrunzelnd sah er wieder zu Rekelen zurück, die mittlerweile wieder betont geschäftig auf der Konsole herumtippte. Ashok bildete sich etwas auf seine Menschenkenntnis ein – aber aus der jungen Cardassianerin hier wurde er so gar nicht schlau. Er runzelte frustriert die Stirn und beschloss, bis auf Weiteres professionellen Abstand zu ihr zu halten; vielleicht war da ja unbeabsichtigterweise etwas in seinem Verhalten gewesen, das in der cardassianischen Kultur als Anzüglichkeit oder unanständiges Benehmen verstanden wurde. Vielleicht würde er sie irgendwann fragen – aber erst, wenn er sie ein bisschen besser kennen gelernt hatte.

Vorerst hatte er Wichtigeres zu tun. Zumindest bis zum Abdocken des Schiffs wollte er seinen Job behalten.

--- Deck 2, Gänge

Schnuppernd und mit einigen forschen Schritten trat Ashok auf die beiden zu und hob die Hand zu einem formlosen Gruß. "Ich kam nicht umhin, ihr Gespräch mitzuhören, Mr. Lestat – gut, dass Sie hier sind. Ich muss mich dringend mit Ihnen besprechen", verkündete er in einem Ton jener distanzierten professioneller Freundlichkeit, die er sich bei Rekelen vorgenommen hatte.

"Der Captain hat mich beauftragt, verschiedene Dinge in Augenschein zu nehmen – sie sprach von einem Defekt der Schwerkraftgeneratoren, und außerdem soll dem Bordcomputer offenbar eine künstliche Intelligenz ausgetrieben werden. Hmm. Gibt es hier eine ruhige Ecke, in die wir uns zurückziehen könnten, um uns zu besprechen? Haben Sie in Bezug auf diese Probleme denn schon etwas unternommen?"

'Na toll, der schon wieder...'

Irritiert blickte Cheyenne zu dem Inder, der sich gerade so schroff in ihre Runde eingeklinkt hatte und auf Aures einredete. Megan und ihr schenke er keinerlei Beachtung was im Magen der Terranerin ein eindeutiges Gefühl der Antisympathie auslöste. Gut, ihre anfängliche Begegnung war vielleicht nicht die beste gewesen, doch Ashoks jetziges Verhalten – vor allem das, wie es ihr schien, abfällige Rümpfen seiner Nase – ging ihr eindeutig gegen den Strich. Cheyenne kam sich ignoriert vor – ein Gefühl, dass sich absolut nicht ausstehen konnte.

"Ähm, Mr. Ashok, ich möchte ja ihre Euphorie ein Problem zu lösen nicht stören, aber riechen sie nicht auch diesen Brandgeruch?" Bewusst stellte sie nun ihre Frage noch einmal – jetzt musste Raji sie beachten.

--- Holodeck 2

Sprachlos und wie zu einer Salzsäule erstarrt hatte Peter dem holographischen Neuankömmling zugehört. Gedanklich hatte er versucht, sich sämtliche Informationen zu behalten, die er in der kurzen Zeit übermittelt bekommen hatte, doch er war einfach zu überrascht gewesen, um sich irgendetwas Wichtiges zu merken. Auch Daniel schien mit der Situation überfordert zu sein. Er kauerte immer noch auf dem Boden, starrte zu dem schwarz Angezogenen herauf und brachte keinen Ton hervor. Peter hingegen versuchte wieder einigermaßen seine Gedanken zu ordnen.

"Geist? Pilot? Monstrosität?", sagte Peter mit trockenem Mund. "Ich verstehe gar nichts. Sie, Daniel?"

Ein kurzes Schulterzucken kam zur Antwort.

"Hören Sie, Mister Classic, oder wie Sie auch immer heißen mögen. Ich habe keine Ahnung, was Sie von mir wollen. Aber ich bin hier der Sicherheitschef und wenn ich jetzt nicht hier auf dem Holodeck eingesperrt wäre, dann würde ich Sie sofort festnehmen. Wo immer Sie auch sind. Vor allem weiß ich nicht, was Sie mit einer Monstrosität meinen, die hier anscheinend hausen soll. Ich weiß nur, dass dieser Gerald Monserat, von dem Sie sprechen, zur Zeit in Risa auf Urlaub ist und seine Schwester nun das Kommando an Bord hat. Und das Monster, welches Sie meinen, ist mir bisher noch nicht über den Weg gelaufen."

Langsam löste sich Peter aus seiner Erstarrung und ging einen Schritt näher auf Classic zu. Plötzlich kam ihm eine Idee, die ihm so gar nicht gefiel.

"Oder warten Sie, mir kommt da gerade eine Idee."

Er drehte sich um und rief laut in die Luft: "Zinda, ist das wieder eines deiner verdammten Spielchen? Ich sag dir eins, ich habe absolut keine Lust mehr darauf. Ehrlich. Das Limit ist jetzt endgültig erreicht. Such dir jemand Anderen."

Und um seine Worte zu unterstreichen, ging er zu Daniel und setzte sich neben ihn auf den Boden. Sollte Zinda doch sehen, was sie davon hatte.

Langsam fügten sich einige Mosaiksteine zusammen. Nun – langsam für eine Persönlichkeit, die in den Grenzen eines Computerkernes agierte. So wie er es schon früher getan hatte, korrelierte er Dutzende von verschiedenen Fakten und hatte innerhalb von weniger als einer Sekunde eine ganze Reihe von Möglichkeiten mit ihren Wahrscheinlichkeiten isoliert.

Ganz oben auf der Liste standen zwei Punkte: Auf der einen Seite schien Gerald Monserat dieses Schiff an Francine (sein Schwester) übergeben zu haben. In wie weit man das Gerald Monserat zutrauen konnte, das würde sich später finden.

Der zweite Punkt, mit 98,286% doch recht wahrscheinlich, war unwesentlich interessanter: Es schien, als ob diese unglaubliche Entität im Computerkern eine entartete Künstliche Intelligenz sei. Eine Intelligenz, die aus dem ehemaligen Masterprogramm des Bordcomputers der Ivory hervorgegangen war.

Er erinnerte sich noch gut an dieses Masterprogramm, es hatte schon zu seiner Zeit einige besondere Eigenheiten gezeigt. Er dachte eigentlich, dass er das Problem gelöst hatte. Wohl nicht.

Das wie konnte jetzt aber warten, denn eine unbarmherzig nach unten zählende Uhr drängte sich in sein Bewusstsein.

Genau 0,824 Sekunden, nachdem sich Tarson hingesetzt hatte, umspielte ein spöttisches Grinsen die Lippen des Hologramms, und, noch während er wieder zu sprechen begann, setzte er sich freundschaftlich neben Daniel Tarson.

"In Ordnung, Sicherheitschef.

Mich würde durchaus interessieren, wie sie eine Persönlichkeit festnehmen wollen, die nur innerhalb eines Computers existiert. Aber nachdem sie offensichtlich Probleme haben, mit dem Masterprogramm des Bordcomputers fertig zu werden, ist diese Drohung eher leer; sie werden ja noch nicht einmal mit dem, was sie Zinda nennen, fertig.

Wenn sie glauben, ich wäre das Masterprogramm, dann liegen sie damit ebenfalls falsch. Dieses entartete Stück Software ist noch für mindestens 96 Sekunden beschäftigt.

Derweil ist hier mein Angebot: Helfen sie mir, und ich helfe ihnen. Das Ergebnis ist, dass Sie mich an Stelle von Zinda haben. Ich war einmal ein Besatzungsmitglied dieses Schiffes und es – und seine Besatzung – bedeuten mir etwas. Mit mir können sie jedenfalls in Ruhe reden, mit Zinda offensichtlich nicht, denn sie ist nicht mehr kontrollierbar, glauben sie mir."

Der Mann im schwarzen Mantel erhob sich jetzt mit einer sehr eleganten anmutenden Bewegung.

"Als Beweis für mein Angebot bringe ich Sie hier heraus. Schauen Sie in den Logs nach 'Classic'. Ich werde mich wieder bei Ihnen melden, anders herum ist es derzeit nicht möglich."

Er Schnippte einmal mit der Rechten Hand, und verschwand in einem Lichtblitz [NRPG: Sorry, aber ich find das immer so stylish... ;-)] und hinter Ihm öffnete sich der Ausgang des Holodecks.

Noch während sich die beiden Menschen von der Begegnung erholten, hallte noch einmal die Stimme Classics aus dem Interkomm:

"Ach ja, und nehmen Sie sich vor dem Masterprogramm in Acht."

Peters Blick hing immer noch an der Stelle, wo bis vor wenigen Sekunden dieser Classic gestanden hatte. Wieder arbeitete sein Gehirn auf vollen Touren, um die Informationen zu verarbeiten. Doch er musste zugeben, dass alles, was in den letzten paar Minuten geschehen war, viel zu schnell war für ihn. Doch er sah den Ausgang des Holodecks und da er keine Lust hatte, noch länger auf dem Holodeck zu verweilen, stand er auf, half Daniel hoch und schritt hinaus auf den Gang.

--- Deck 2, vor dem Holodeck

Kaum waren Daniel und Peter aus dem Holodeck heraus, da schlossen sich auch schon die Türen.

"Jetzt bin ich ja mal gespannt, ob dieser Classic Recht hat", sagte er und schaute sich um. Sofort entdeckte er eine kleine Gruppe Besatzungsmitglieder am Ende des Flurs und schon ging Peter zielstrebig drauf zu.

"Na, was denken Sie Daniel. Sind das wieder nur irgendwelche Hologramme oder sind wir tatsächlich nicht mehr im Holodeck?", fragte er Daniel.

--- Brücke

Francine erbleichte schlagartig, als sie es im letzten Augenblick schaffte, sich so weit in die Lehne ihres Stuhls zurückzulehnen, dass sie den sprühenden Funken entging, die plötzlich aus einer nahen Wartungsluke schossen.

Jesar war instinktiv zurückgesprungen und hatte sich in eine Kampfposition geduckt, doch der vermeintliche Angriff blieb aus, und so entspannte sich der Terraner gleich wieder, obwohl er seine Verwirrung kaum verbergen konnte. Dass die Französin ihn nicht einstellen würde, war ihm ohnehin schon klar, und mit einem Mal war er sehr froh darüber.

"Was stehen Sie hier noch?", knurrte ihn Francine dann auch schon an, sobald sie sich einigermaßen gefangen hatte. Der Schreck ließ ihre sonstige Selbstbeherrschung wanken und sie aggressiver reagieren, als ein Grund dazu bestanden hätte. "Verschwinden Sie schon. Ich kann keine schlecht ausgebildeten Arbeitskräfte auf meinem Schiff gebrauchen. Da! Sie sehen ja, wozu das führt!"

Anklagend wies sie auf die Luke, aus der mittlerweile zwei oder drei einzelne Rauchfäden aufstiegen, als habe der unschuldige Bewerber das Unglück persönlich an Bord der Ivory transportiert.

Erst als er die Brücke ohne weitere Worte – als gäbe es dazu etwas zu sagen! – verlassen hatte, sank sie in eine bequemere Position auf ihrem Sessel zurück und rieb sich die Schläfen.

"Wissenschaftler ...", murmelte sie leise und ergeben. "Ich brauche mehr Wissenschaftler ... oder ein neues Schiff."

--- Deck 2, ein Stück entfernt bei der Konsole

Rekelen sah dem Inder einen Augenblick lang halb verwundert und halb verärgert nach. Dass er einfach ohne ein Wort zu den anderen zurück ging, fand sie nicht gerade höflich. Aus dem Mann wurde sie einfach nicht schlau.

Naja, andererseits war es auch nicht sehr höflich gewesen, sie vor der Schleuse über den Haufen zu rennen.

Schulterzuckend schloss sie die Quartieranzeige der Konsole und folgte ihm in einigem Abstand zu den anderen hinüber.

--- Deck 2, Gänge

In diesem Moment trat Rekelen zu der Gruppe und runzelte die Stirn. Ihr feiner Geruchsinn nahm sofort den Geruch nach Rauch wahr.

"Also ich rieche es auch", mischte sie sich ein und vergaß die Regeln der Höflichkeit für einen Augenblick, sich in fremder Leute Gespräche einzuschalten.

Ihre Aufmerksamkeit fixierte sich auf die Richtung, aus der der Geruch kam, und sie drängte sich an Cheyenne vorbei einige Schritte den Gang hinab. Nur am Rande bemerkte sie, dass die anderen ihr folgten.

Als sie die nahe Gangbiegung erreichte, blieb sie stehen und sah sich hilfesuchend nach Mr. Aures, dem Techniker, um. Wenig entfernt schmorte an der Wand die Verkleidung einer Wartungsluke vor sich hin. Rauch stieg auf, und dunkle Punkte auf dem Boden wiesen daraufhin, dass hier eben noch Funken gesprüht hatten.

"Ach herrje", seufzte die Cardassianerin ergeben. Heute ging ja wirklich alles schief – wenn die Ivory gleich explodierte, würde sie das zwar nicht sehr freuen, aber bestimmt auch nicht überraschen.

'Na, wenigstens hab ich mir das mit dem komischen Geruch nicht eingebildet', ging es der Terranerin durch den Kopf, als sie über Rekelens Schulter blickte und die verschmorte Konsole sah. 'Vielleicht sollte dieser Raji sich mal mit den Fähigkeiten seiner Nase auseinander setzten ..." Ein breites Grinsen legte sich auf Cheyennes Gesicht, als sie sich kurz zu dem Inder umblickte und sein etwas irritiertes Gesicht sah. Ein leichtes Gefühl von Schadenfreude machte sich in ihr breit.

Nach ein paar Sekunden richtete die Pilotin den Blick wieder zu der immer noch rauchenden Konsole. Aures war ein Stück weiter den Gang hinunter gegangen und studierte nun gerade mit einem skeptischen Blick die Anzeigen seines Tricorders. Cheyenne hatte den Eindruck, dass er im Moment nicht gerade schlau aus den Informationen wurde, die er bekam.

"Was ist da passiert?", fragte sie dann neugierig.

Lestat musterte immer noch seinen technischen Tricorder und scannte die verkohlte Verkleidung.

"Irgendetwas hat die Energieleitungen dazu gebracht, zu brennen", meinte der Techniker scherzend in Richtung der kleinen Pilotin. "Aber nun mal Scherz beiseite. Die Energieleitungen hinter der Wand wurden durch eine Energieüberlastung entzündet, aber ich kann leider nicht feststellen, wie diese Energieüberlastung ausgelöst wurde."

Der hochgewachsene Techniker näherte sich der Verkleidung nicht ohne die Anzeigen seines Scanners aus den Augen zu lassen. Nachdem er sich sicher war, dass die Verkleidung nicht unter Spannung stand griff er in seine Tasche und holte ein Werkzeug heraus mit dem er die Verkleidung öffnete. Eine schwarze Rauchschwade kam ihm entgegen, als er den Deckel anhob und zur Seite stellte.

"Mist, das Ding kokelt ja immer noch. Hat hier jemand irgendwo 'nen Feuerlöscher gesehen – die automatischen Löschsysteme müssen ausgefallen sein."

--- Deck 2, vor dem Holodeck

"Ich denke, wir haben soeben das Holodeck verlassen. Allerdings kann ich das nicht mit absoluter Sicherheit sagen. Aber wenn das noch eine Simulation sein sollte, dann ist es eine verdammt gute. In der Holosimulation der Ivory gerade vorhin gab es einige kleinere Fehler – leider ist mir das nicht sofort aufgefallen."

Daniel war stehen geblieben und sog Luft in seine Lungen ...

"Riechen sie das?" fragte er Tarson "Hier riecht es irgendwie verschmort, als wäre eine Energieleitung oder eine Konsole verbrannt. Was ist hier wohl passiert?"

Daniel und Tarson näherten sich weiter der Gruppe, die dort einige Meter weiter vorne im Gang stand.

--- Deck 2, Gänge

Während die beiden weitergingen, schnupperte auch Peter. Daniel hatte Recht. Es roch wirklich verkohlt. Jetzt fragte er sich nur, ob jemand ein paar schlechte Witze gerissen hatte, oder es doch etwas Tiefgreifenderes gewesen war.

Die Frage beantwortete sich schnell, als Peter und Daniel endlich bei der Gruppe ankamen. Er entdecke Lestat, der gerade hinter einer abmontierten Verkleidung arbeitete.

"Guten Tag, alle zusammen", begrüßte Peter die Gruppe und schaute zu Lestat. "Sieht nach einem missglückten Grillversuch aus", sagte er und grinste.

Lestat schaute überrascht von seiner Arbeit auf und erkannte Peter und Daniel, die hinter der Gruppe standen.

"Ja, wollen sie etwa auch noch ein Steak?" fragte Lestat grinsend.

"Wo kommt ihr denn jetzt eigentlich her? Was hat Zinda denn mit euch angestellt, nachdem ihr so überstürzt aus der Bar aufgebrochen seit?", fragte der Betazoid und erkannte schon an ihren Gedanken, dass es wohl eine etwas verwirrende Reise gewesen war, die die beiden hinter sich hatten. Ein Bild konnte er jedoch in Daniels Gedanken ganz klar erkennen: Es war eine Gestalt mit komischen schwarzen Augen. Nachdem er dies in den Gedanken der Beiden gefunden hatte beließ er es dabei und wartete lieber ab was sie zu erzählen hatten.

Peter warf einen wissenden Blick zu Daniel.

"Fragen Sie lieber nicht, Mr. Lestat. Es war nicht wirklich angenehm. Obwohl es so aussieht, dass wir bei unserem Zinda-Problem endlich weiter kommen. Wir haben nämlich Hilfe von innen bekommen. Zumindest denke ich das. Genaueres muss ich noch überprüfen. Aber sollten Sie jetzt nicht das Grillfest beenden und das Feuer dort abstellen?", bemerkte er und zeigte auf die immer noch rauchende Konsole.

"Ich glaube nicht, dass es gut wäre, es noch länger vor sich hin brennen zu lassen."

"Sie haben Recht, ich wollte das letzte Glimmen hier drin eigentlich schon vorhin löschen. Leider hab ich keinen Handfeuerlöscher gefunden und ich versuche gerade das automatische Feuerlöschsystem des Schiffes zu aktivieren. Es scheint jedoch, als wäre auch das vom Computerproblem mit betroffen. Im Augenblick versuche ich nun das System zu überbrücken und das Löschsystem manuell auszulösen." mit diesen Worten drehte sich der Techniker wieder in Richtung Konsole um.

Lestat holte ein zangenähnliches Werkzeug aus seiner Tasche und streckte seinen Arm in das immer noch rauchende Loch hinein. Kurz darauf war ein Zischen zu hören und eine nun weiße Wolke schoss aus dem Loch in der Wand.

Hustend und keuchend kam Lestat von dem mittlerweile eingenebelten Loch zum Rest der Gruppe zurück. Und wenige Sekunden danach verstummte auch das Zischen wieder.

Immer noch hustend sah Lestat Peter und Daniel an und fragte "Was haben sie jetzt vor? ... hust ... Dieses Computerproblem kann noch das gesamte Schiff zerstören. Dies hier war eine grundlos überlastete Energieleitung und das automatische Feuerlöschsystem ... hust ... hat nicht ausgelöst. Es könnte sich im ganzen Schiff wiederholen und wenn wir Pech haben bekommen wir nicht einmal mit, dass es brennt ... hust, hust."

Peter betrachtete den immer noch vor sich hin hustenden Techniker und dachte über dessen Aussage nach. Diese Sache mit dem möglichen Feuer konnte ganz schön übel werden. Wenn mehr passieren sollte als dieser kleine Kabelbrand und das automatische Löschsystem arbeitete nicht zuverlässig, dann konnte es ganz schnell ganz schön haarig werden.

"Ich denke nicht, dass wir im Moment etwas tun können. Ich glaube aber nicht, dass es noch mal passieren wird. Oder besser gesagt, ich hoffe es."

Er dachte kurz nach und wandte sich dann an Daniel.

"Daniel, können Sie mir einen Gefallen tun? Tragen Sie für mich alle Informationen zusammen, die Sie im Computer über diesen Classic finden. Jeden Schnipsel an Information bitte. Vielleicht kommen wir dann weiter. Könnten Sie das für mich tun?", fragte er den Menschen.

Daniel war dem Gespräch der beiden großen Männer gefolgt und nun da er angesprochen wurde war er wieder ganz der ausgebildete Sternenflottenoffizier der ganz pflichtbewusst antwortete "Kein Problem. Ich hoffe nur, der Computer spuckt diese Informationen aus. Ansonsten wäre es hilfreich zu wissen, ob es auf der Ivory irgendwo vom Computer getrennte Backupspeicher gibt."

Daniel sah Tarson an und konnte schon seinem Gesicht ansehe, dass er wohl nicht wusste ob es solche Speicher gibt.

Peter zuckte mit den Schultern, nachdem er kurz überlegt hatte.

"Keine Ahnung. Ich weiß nicht, ob es Backupspeicher gibt und wenn, dann vermute ich, hat Zinda auch dort ihre Finger im Spiel gehabt. Ich würde sagen, versuchen Sie einfach Ihr Bestes. Und wenn Sie Hilfe brauchen, wird bestimmt jemand aus der Technik helfen können. Denn irgendjemand hier an Bord des Schiffes muss ja wohl mit dem Computer klar kommen.

... oder auch nicht", fügte er hinzu, als er den Blick von Lestat sah.

Lestat hatte unbemerkt das Gesicht verzogen als er Tarson so über das Computerproblem reden hörte. Er sah zu Daniel, welcher gerade noch einmal allen freundlich zunickte ehe er sich in Bewegung setzte um die Informationen für Tarson herauszusuchen.

"Was die Backupspeicher angeht denke ich werden wir wohl am ehesten im Sicherheitsbüro fündig, ich hörte auf der Stationsbar, dass ihr Vorgänger als Sicherheitschef auf der Ivory ein ziemlicher Paranoiker war, wenn jemand Backups hat dann er. Aber lassen sie mich vorher noch diese Verkleidung wieder anbringen."

Lestat schaute sich noch einmal die verkohlte Energieleitung an ehe er die Abdeckung wieder befestigte und sich in Gedanken eine Notiz machte, dass er hier noch etwas zu reparieren hatte.

'Zum Glück sind das nur unwichtige Systeme, die hier dran hängen. Werden halt die Holodecks für 'ne Weile ohne redundante Energieversorgung auskommen müssen', dachte sich der Betazoid und wandte sich wieder Tarson zu, der inmitten einer schweigenden Gruppe Besatzungsmitglieder stand.

--- Unterwegs auf Deck 2

Daniel hatte gerade die Gruppe verlassen und machte sich auf den Weg in sein Quartier, wo er die Informationen über Classic heraussuchen wollte, als er sich dem Turbolift näherte und wie versteinert davor stehen blieb. Was, wenn dieser verrückte Computer ihn jetzt auch noch im Turbolift einsperren wollte? Aber dem Sicherheitsoffizier blieb nichts anderes übrig, und einsperren konnte der Computer ihn ja schließlich überall auf dem Schiff – dafür reichte ein Kraftfeld. Also trat er beherzt vor die Türe des Turbolifts und wartete, nachdem er den Knopf betätigt hatte, darauf, dass der Lift eintraf.

Doch nichts passierte. Dann plötzlich, genau in der Sekunde, als der Sicherheitsoffizier sich umdrehen und wieder zu den anderen zurückkehren wollte, öffneten sich die Türen des Lifts.

'Komisch, dieser Lift war auch schon mal schneller. Aber was soll's, ich muss hinunter auf Deck 3.'

--- Turbolift

Daniel betrat den Lift und nannte sein Ziel. Die Türen schlossen sich und der Lift setzte sich in Bewegung, kurz darauf hielt er an und Daniel betrat Deck 3. Der kleine Mann schaute sich noch einmal zum Lift um und kam um ein Kopfschütteln nicht herum. Dieses Schiff war schon ein wenig eigenartig, ging es ihm durch den Kopf.

--- Daniels Quartier

Kurze Zeit später betrat er sein Quartier und schaute sich darin um. Es war ein kleines, jedoch sauberes Quartier, dass dem zu seiner Zeit als Sicherheitsoffizier bei der Sternenflotte ähnelte, wenn man von den Farben absah.

Daniel setzte sich an die Konsole und fing sogleich an darauf herumzutippen. Wenig später hatte er das gefunden was er gesucht hatte und überspielte alle Aufzeichnungen über diesen Classic auf ein PADD. Danach ging er zum Replikator und ließ sich dort einen Kommunikator replizieren, den er auf die Konsole legte um ihn aufzuladen und auf seinen Namen zu kodieren.

Eigenartigerweise schien der Computer plötzlich wieder all das zu tun, was er von ihm verlangte. Er hatte zwar die gesamte Zeit über nicht die Spracheingabe verwendete, aber solange man dem Computer mit Tastaturbefehlen mitteilte was man benötigt, war er folgsam.

--- Gang, Deck 3

Nachdem sein Kommunikator aufgeladen war, schnappte Daniel sich das PADD und verließ sein Quartier.

--- Deck 2, Gänge

Peter beobachtete Lestat dabei, wie dieser wieder die Verkleidung an ihren Platz brachte und sich dann wieder zu ihm umdrehte. Anscheinend wollte er direkt losgehen.

"Ich bin mir nicht sicher", begann Peter, "ob wir so einfach an die Backupsysteme heran kommen; falls es denn welche geben sollte. Wie Sie schon sagen, dieser Martengh war ein verdammter Paranoiker, und ich glaube nicht, dass er solche Dinge wie Backupsysteme einfach jedem zugänglich gemacht hatte. Und ich habe es noch nicht geschafft, alle Sperren, Hintertüren und was es da sonst noch alles im Computersystem von ihm gibt zu löschen. Falls Sie also immer noch danach schauen möchten, nehmen Sie sich etwas Zeit mit. Ich vermute nämlich, wir werden länger damit beschäftigt sein."

Er beendete seinen Monolog und schaute sich um. Die anderen Anwesenden schauten alle etwas verwirrt und keiner schien sich mit dem bestehenden Problem auseinander setzten zu wollen. Nun gut, schließlich war es auch nicht deren Aufgabengebiet.

"Also Mr. Lestat. Wie sieht es nun aus?"

Immer noch irritiert über das plötzliche Auftauchen der zwei Fremden beobachtete Cheyenne das Geschehen und musste sich eingestehen, dass sie von dem Gespräch der drei Männer doch reichlich wenig verstanden hatte. Das Problem mit dem nicht vorhanden Feuerlöscher leuchtete ja noch ein – und innerlich verdrehte die junge Pilotin die Augen, bei dem Gedanken, dass sie hier auf diesem Schiff vermutlich schon sehr, sehr viel improvisieren musste – doch als es dann um diese sonderbare Person namens Classic ging war es mit ihrem Verständnis endgültig zu Ende.

Mit einem leichten Seufzer verlagerte Cheyenne ihr Gewicht auf den anderen Fuß. Gab es eigentlich auf diesem Schiff irgendetwas, das normal funktionierte?

Die Terranerin betrachtete den hochgewachsenen Mann, der in den letzten Minuten der Gesprächsführer war.

'Groß! Verdammt groß!', schoss es ihr durch den Kopf, nachdem sie feststellte, dass sie ihren Kopf schon ziemlich in den Nacken legen musste um ihm ins Gesicht zu schauen.

Der zweite Kerl, der mit diesem Riesen aufgetaucht, war erschien ihr eher unauffällig, aber das lag vermutlich daran, dass die junge Frau ihm beinahe auf gleicher Höhe in die Augen schauen konnte. Innerlich schmunzelte sie.

Lestat schaute seinen Vorgesetzten an und antwortete: "Ohh, ich denke, Sie haben mich – zumindest, was die Art des Backups angeht – missverstanden. Ich meine nicht die systemangebundenen Backups, sondern Backupspeichermedien, die man vom System getrennt aufbewahrt, also beispielsweise Kristallspeicher oder etwas Ähnliches. Diese Speicher benötigt man normalerweise nur dann wieder wenn der Systemkern durch einen Virus oder andere Einflüsse zerstört oder beschädigt wurde."

Lestat erkannte in den Gedanken seines Gegenüber, dass dieser wohl nun verstand, was er meinte, als ihm noch etwas auffiel.

"Wir sollten uns diese Backups auf jeden Fall suchen, denn was Mr. Smith im Computer findet, kann von diesem manipuliert worden sein. Auch was diesen Classic angeht." In dieser Sekunde wurde Lestat bewusst, dass er sich selbst verraten hatte, den Namen Classic und alles was Peter und Daniel zuvor zugestoßen war konnte er eigentlich nicht wissen.

Nun ja, zumindest nicht, wenn er nicht seine betazoiden Fähigkeiten eingesetzt hätte, aber dieser Smith hatte seine Gedanken wie ein offenes Buch mit sich herumgetragen, und so war es Lestat und seiner Neugier beinahe unmöglich, nicht alles mitzubekommen. Jetzt konnte der neugierige Techniker nur hoffen, dass Tarson zu sehr mit seinen eigenen Gedanken beschäftigt war und nicht mitbekommen hatte, dass Lestat offensichtlich zu viel in den Köpfen anderer unterwegs war.

Peter bemerkte den verstohlenen Blick von der kleinen Frau, die bei der dauernd schweigenden Gruppe stand direkt. Doch er reagierte nicht darauf. Wahrscheinlich wunderte sie sich nur über seine Größe; oder anders betrachtet über ihre eigene Nicht-Größe. Aber ihm war es egal. Er hatte Wichtigeres zu tun, als sich über Körpergrößen Gedanken zu machen.

"Ich verstehe, Mister Lestat", wandte er sich dann wieder an den Techniker. "Und ich gebe Ihnen voll und ganz Recht. Diese Speicher sind wirklich von immenser Wichtigkeit. Also würde ich sagen, wir machen uns direkt auf den Weg und suchen sie. Oder haben Sie hier noch etwas Wichtiges zu erledigen?", fragte er und warf noch mal einen Blick auf die eben wieder angebrachte Flurverkleidung.

"Nein, ich denke, hier bin ich fertig, und die Reparatur der Energieleitung kann noch ein wenig warten – immerhin sind keine wichtigen Systeme betroffen." Lestat machte sich auf in Richtung Turbolift um zum Quartier des Sicherheitschefs zu gelangen in welchem sie die Backupspeicher vermuteten. Die kleine Gruppe, die die ganze Zeit über stumm geblieben war sah den beiden Männern nur schweigend nach.

Schweigend gingen Lestat und Tarson nebeneinander in Richtung Turbolift. Währenddessen überlegte Peter schon mal, wo sich diese Backupspeicher in seinem Sicherheitsbüro befinden könnten. Bisher hatte er noch nicht wirklich viel Zeit in seinem Büro verbracht und zudem hatte er noch keine Lust gehabt, eine Büromaterialinventur durchzuführen. Er wahr so schon genug ausgelastet.

Immer noch ohne ein Wort zu sagen betraten beide den Lift, als er angekommen war.

--- Turbolift

"Deck 3", befahl Peter dem Computer und wartete darauf, dass es los ging. Doch der Lift rührte sich nicht. "Computer, Deck 3 bitte!"

Auch der erneute Versuch brachte nichts und so versuchte er die altmodische Methode, indem er an der Liftsteuerkonsole manuell Deck 3 als gewünschten Zielort eingab. Kaum hatte er die Eingabe bestätigt, da fuhr der Lift auch schon los.

"Na bitte, geht doch", sagte Peter und schaute Lestat an.

"Anscheinend sind die höheren Funktionen des Computers zur Zeit ausgeschaltet. Aber ehrlich gesagt, bin ich nicht böse drum. So geht einem Zinda wenigstens nicht mehr auf die Nerven."

Ein Nicken kam von dem Techniker zur Antwort und kurz darauf stoppte auch schon der Turbolift auf Deck 3.

--- Deck 3, Gänge

"Okay, dann wollen wir mal", sagte Peter und verließ den Lift. Schnellen Schrittes ging er zu seiner Bürotür, gab den Berechtigungscode ein und trat ein.

--- Deck 3, Sicherheitsbüro

Er schaltete die Beleuchtung ein, schaute sich kurz um und bemerkte: "So, wo sollen wir anfangen zu suchen?"

Das war eine gute Frage, der Raum sah ordentlich aus und allzu viele Ablagemöglichkeiten gab es offensichtlich nicht. Lestat seinen Tricorder hervor, auf den er einige Sekunden lang eintippte ehe er den Scanmodus aktivierte.

"Was ist denn das? Dieser Raum hat ein Dämpfungsfeld ... Eigenartig, so etwas habe ich noch nie gesehen. Interessante Struktur und wirklich kaum zu überwinden. Ihr Vorgänger scheint entweder ein Genie gewesen zu sein, oder ein total Verrückter, oder beides."

Der Techniker überprüfte noch einmal die Anzeigen seines Scanners, ehe er ihn wieder einsteckte und Tarson entschuldigend ansah.

"So, wie es aussieht, müssen wir ohne technische Hilfe suchen – in diesem Raum wird jeder Scan geblockt. Und das Aushebeln dieses Dämpfungsfeldes würde mich wahrscheinlich mehr Zeit kosten als die, die wir brauchen, um hier ohne technische Hilfe suchen.

Also: Was halten sie davon, wenn Sie mit ihrem Schreibtisch beginnen ... und ich werde mit dem Schrank hier anfangen. Aber achten sie auf doppelte Böden oder Wände und auf versteckte Schalter oder Scanner. Wenn ich mir schon ansehe, wie dieser Raum abgeschirmt ist, dann kann ich mir vorstellen, dass es hier einige Verstecke gibt – und vielleicht auch Fallen, also seien sie vorsichtig." Lestats letzter Satz sollte keineswegs ein Witz sein, auch wenn er trocken darüber lachen musste, hier auf diesem Schiff schien alles möglich zu sein.

Peter nickte zur Bestätigung und schritt zu seinem Schreibtisch. Dort angekommen betrachtete er ihn ein wenig skeptisch, ging um ihn herum und suchte nach ... ja verdammt, wonach suchte er eigentlich? Es war wohl ziemlich unwahrscheinlich, dass er ein Geheimfach einfach so durch Gucken finden würde. Missmutig ging er auf die Knie und begann, den Tisch abzutasten. Jede Fläche begutachtete er penibel, drückte auf allem herum und versuchte so etwas zu finden. Doch so sehr er es sich auch wünschte, er fand nichts.

Da auf der Arbeitsplatte nichts war außer das normale Terminal und ein paar PADDs von ihm, wandte er sich den Schubladen zu. Nach und nach zog er sie heraus, überprüfte deren Inhalt. Doch nichts war wirklich von Interesse. Ein paar PADDs mit alten Dienstplänen. Speicherchips mit terranischer Musik, Kochbüchern und cardassianischen Holoromanen. Nichts was auch nur annähernd dem glich, was er suchte.

Nachdem er den Schreibtisch auf seinen To-Do-Liste abgehakt hatte, schaute er sich um. Lestat war immer noch eifrig im Schrank am wühlen und anscheinend hatte er auch noch nichts entdeckt. Bevor Peter sich an das nächste Objekt heranwagte; ein etwas kleinerer Wandschrank, ging er noch am Replikator vorbei und orderte sich einen Orangensaft.

"Mister Lestat. Auch Lust auf etwas zu trinken?, fragte er den Techniker.

Lestat drehte sich überrascht um und stieß mit seinem Kopf gegen einen Regalboden des Schranks, ein Klicken war zu hören auf das der Techniker, der noch damit beschäftigt war seinen Schädel zu reiben, nicht achtete.

"Oh, ja gerne, ich nehme einen Schwarztee, heiß und ohne Zusätze. Übrigens ein interessantes Gebräu, dass ihr Menschen da erfunden habt", meinte der Betazoid, der immer noch seinen Kopf an der Stelle rieb, an der er mit dem Schrank kollidiert war.

Lestat ging zu Tarson und nahm seinen Tee entgegen, als sein Blick auf den Schrank zurück fiel. Was war denn das? Irgendetwas hatte sich verändert, beinahe unmerklich war da ein Spalt, der vorher noch nicht dort war und den man, hatte man vorher nicht den Schrank beinahe zerlegt wie Lestat, bestimmt übersehen hätte.

Der Techniker stellte aufgeregt seine Teetasse zur Seite und ging zu dem Schrank, er untersuchte den Spalt und stellte fest, dass darunter ein kleines Geheimfach war. Als er es endlich geschafft hatte, das Fach gänzlich zu öffnen, ohne, dass er den Schrank dabei zerstörte, machte sich die Enttäuschung in ihm breit.

"Mist!", fluchte er und drehte sich wieder zu Tarson um, der direkt hinter ihm stand. "Dieses verfluchte Fach ist leer."

Lestat ging niedergeschlagen zu seinem Tee zurück und nippte daran.

"Seien Sie froh", bemerkte Peter zwischen zwei Schlucken Saft. "Sie haben wenigstens ein Geheimfach gefunden. Auch wenn es leer war. Ich hingegen habe nur ein paar verstaubte Nichtigkeiten gefunden; und die lagen offen in einer Schublade."

Lestat schien über den schlechten Witz von Peter nicht wirklich lachen zu können. Stattdessen geisterte sein Blick durch den Raum, während er die dampfende Teetasse in der Hand hielt.

"Haben Sie sonst etwas interessantes im Schrank gefunden? Bei mir gab's nur langweilige Holoromane und Musik."

"Nein, nichts wirklich Interessantes, ganz im Gegenteil, der Schrank war fast leer. Nur ein paar Bücher, und selbst die hab ich durchgeblättert um sicherzugehen, dass nichts darin ist."

Der Betazoid dachte einige Sekunden lang nach, als ihm ein Gedanke durch den Kopf schoss.

"Holoromane ...", sagte er laut. "Haben sie überprüft, ob auf den Speichern nur Holoromane sind, oder gibt es da noch andere Daten?"

Lestat stellte seine Tasse wieder ab und eilte zum Schreibtisch, ohne auf eine Antwort von Tarson zu warten und suchte in den Schubladen nach den Holospeichern. Nachdem er sie gefunden hatte, stockte er mitten in seiner Bewegung.

"Wir können diese Datenträger nicht einfach in eine Konsole stecken und nachschauen, was da drauf ist – immerhin sind alle Konsolen mit dem Hauptcomputer des Schiffes verbunden, und wer weiß, was der mit den Speichern anstellt. Was wir brauchen ist ein eigenständiges Computersystem mit einem Slot für diese Art von Speicher."

Der Techniker schaute sich den Speicher noch einmal genau an und murmelte "... kein Föderationsstandard ...".

--- Deck 2, Gänge

Nach ein paar Augenblicken waren Lestat und der, für Cheyenne immer noch Fremde im Turbolift verschwunden. Die vier waren wieder allein.

Die junge Pilotin drehte sich zu Miss Nar um und musterte kurz ihr Gesicht. Es hatte den Anschein, als wäre die Cardassianerin immer noch ein bisschen irritiert über das so plötzliche Auf- und Abtreten der beiden Männer.

"Nun, dann hoffen wir mal, dass das die einzige brennende Konsole für die nächste Zeit bleiben wird!", bemerkte Cheyenne wobei sie sich einen frechen Blick in Richtung Raji nicht verkneifen konnte.

Die junge Pilotin drehte sich um und ging ein paar Schritte den Gang zurück zu ihrer Tasche, die sie auf dem Boden abgestellt hatte. Mit Schwung schulterte sie das Gepäckstück und wandte sich dann auch in Richtung Turbolift.

"Wenn es hier nichts mehr zu erledigen gibt, werde ich mich mal in mein Quartier begeben, um meine Sachen los zu werden. Wir sehen uns dann nachher auf dem Holodeck."

Ein stummes Nicken von Rekelen bestätigte den Hinweis der Pilotin, und so schob sich Morgan an Raji und Phearson vorbei und ging zum Turbolift.

--- Turbolift

"Deck 3", befahl Cheyenne, nachdem sich die Türen geschlossen hatten, doch enttäuscht musst sie feststellen, dass sich die Kabine nicht in Bewegung setzte. Irritiert blickte sie zur Decke des Lifts und wiederholte ihren Auftrag – jedoch ohne Erfolg. Ein Seufzer kam über ihre Lippen und sie schüttelte den Kopf. Das konnte ja wirklich heiter werden.

Mit flinken Fingern machte sie sich dann an dem manuellen Bedienfeld zu schaffen und zu ihrem eigenen Erstaunen setzte sich der Turbolift in Bewegung.

"Na, bitte, warum denn nicht gleich so."

--- Deck 3, Quartier 14

Schnellen Schritts war die Pilotin durch die Gänge der Ivory gegangen, stand nun in der Tür zu ihrem neuen Heim und schaute sich prüfend um.

'Klein und schlicht – wenig Fächer zum aufräumen!' Innerlich schmunzelte sie über ihre Gedanken. Das Aufräumen war auch immer ein beliebter Streitpunkt zwischen ihr und ihren Eltern gewesen.

Nach ein paar Augenblicken betrat Cheyenne dann endgültig den Raum, stellte ihre Tasche in eine Ecke und begutachtete den Rest des Quartiers. Der Wohnraum beinhaltete ein kleines Bett, einen Schrank und einen kleinen Schreibtisch mit einem Computerterminal darauf. Auf der rechten Seite neben der Tür zum Badezimmer hatte man den Replikator angebracht.

Cheyenne kramte kurz in ihrer Tasche, und nach einigen Sekunden hatte sie ein paar frische Klamotten in der Hand, die sie auf das Bett warf. Danach ging sie zum Replikator und replizierte sich zuerst einen Kommunikator, den sie zu ihren Sachen auf dem Bett warf, und zwei frische Handtücher mit denen sie im Bad verschwand.

'Eine heiße Dusche ...', sinnierte sie.

Zehn Minuten später saß die junge Frau, bekleidet mit einer schwarzen Hose, dunklen Stiefeln und einem schwarzen Overall an ihrem Schreibtisch und studierte die Schiffspläne. Ihre nassen Haare klebten an ihrem Kopf, und je mehr sie trockneten, begannen sie wieder – zum Ärger ihrer Besitzerin –, sich zu locken.

Nach einiger Zeit stand Cheyenne auf und ging wieder ins Bad. Seufzend blickte sie in den Spiegel und betrachtete sich. Ihre schwarzen Haare war nun vollständig trocken – und wellten sich. Ein Blick auf die Uhr verriet der Pilotin, dass sie nicht mehr die Zeit hatte sich ihre widerspenstigen Haare noch zu glätten – sie wollte so schnell wie möglich zum Holodeck.

"Na, dann halt eben Locken!", murmelte sie trotzig vor sich hin. Nach einer kurzen Schminkaktion ging sie zurück in den Wohnraum, steckte sich ihren Kommunikator an und verließ ihr Quartier.

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