Ivory Chronik 4

Evolution

--- Turbolift

Nachdem Daniel erfahren hatte, was er wissen wollte, hatte er sich mit einem etwas mulmigen Gefühl in den Turbolift begeben. Die Erinnerung an seine letzte Fahrt mit diesem Lift hatte er nicht vergessen und Zinda schon gar nicht.

'Mist, jetzt steh ich schon wieder in diesem Lift und muss den Computer ansprechen. Wenn er mir dieses Mal dumm kommt, werde ich ihm aber mal etwas erzählen.' Noch ehe Daniel etwas sagen konnte, hatte Zinda auch schon wieder das Wort ergriffen. "Hallo, mein Kleiner, du bist ja schon wieder da. Wo möchtest du denn hin, mein Schatz?"

Daniel war so überrumpelt, dass der Computer ihn ohne irgendeinen Grund angesprochen hatte, dass er einen Moment benötigte ehe er antworten konnte. "Ich suche eine gewisse Rekelen Nar, wo kann ich sie finden?"

Zindas Antwort war genauso überraschend für Daniel wie zuvor die unaufgeforderte Ansprache des Computers. "Was willst du denn von dieser Rekelen, ich bin mir sicher, dass ich dir viieeel besser gefallen würde, komm doch einfach mal zu mir aufs Holodeck."

Nun war es Daniel genug. "Ich habe dich etwas gefragt und ich will jetzt eine Antwort. Und wie du mit deinen Sensoren sicherlich schon mitbekommen hast, habe ich eine sehr gute Starfleet Ausbildung und wenn ich nicht innerhalb von 5 Sekunden eine befriedigende Antwort habe, dann werde ich dir deinen Systemkern aus dem Herz dieses Schiffes reißen, egal wie du dich schützen willst, ich komm da durch, ist das klar?"

Die Stimme des Sicherheitsoffiziers war, während er gesprochen hatte, nicht lauter geworden, seine Stimmlage zeigte jedoch, wie ernst er das meinte, was er soeben gesagt hatte.

"Miss Nar befindet sich direkt an der Schleuse der Ivory." kam als Antwort von Zinda zurück, ansonsten sagte sie gar nichts, ihre Stimme war jedoch nicht mehr so warm wie sie zuvor noch geklungen hatte.

"Danke, und nun bringe mich zur Schleuse, beziehungsweise zum nächstgelegenen Turboliftausgang." Zinda schien sich nicht mehr dazu äußern zu wollen, der Turbolift fuhr jedoch augenblicklich los.

--- Gang, Deck 4

Nachdem der kleine Mann den Lift verlassen hatte, wandte er sich in Richtung Schleuse. Zumindest glaubte er sich daran zu erinnern, wie er zusammen mit Tarson aus dieser Richtung gekommen war.

--- Brücke, beim Captainschair

Francine hatte ihr Strickzeug auf den Schoß sinken lassen, während Shania sprach, und ihr Gesicht auf eine Weise verzogen, wie es der eine oder andere ihrer ehemaligen Ehemänner eventuell als verständnisvoll interpretiert hätte, die aber grundsätzlich furchteregend wirkte. Jetzt packte sie die blaue Wolle endgültig auf die nächste Konsole.

"Mein armes Kind. Das ist ja eine furchtbare Situation", entfuhr es ihr, während sie sich erhob und mit offenen Armen auf Shania zuschritt, die unwillkürlich einen Schritt zurückwich. Doch Francine legte ihr nur sanft eine Hand auf den Rücken - ihre Schultern waren etwas zu weit oben - und führte sie mit sanftem Druck hinüber zu ihrem Sessel, in den sich die hoch gewachsene Frau überrumpelt und willenlos sinken ließ.

Shania hatte es geschafft, Francines Mitgefühl zu wecken. Die ältliche Frau glaubte ihr gerne, dass sie Schwierigkeiten mit Männern hatte, handelte es sich dabei doch um unkontrollierte und unlogische Geschöpfe, wie ihr eigener Bruder nur bestens bewies. Hatte er doch eine so sensible junge Frau an seiner Seite gehabt, die viel zu schade für ihn war und die sogar zurückkehrte, nachdem er sie vertrieben hatte, ohne zu erkennen, wie viel er ihr bedeutete.

Francine schauderte bei der Vorstellung, wie Gerald das Mädchen behandelte, als sei sie seine Tochter, wo sie doch in ihrer jugendlichen Naivität so viel mehr von ihm erhoffte. Denn so und nicht anders legte sie Shanias Worte aus... eine Frau, die so sehr enttäuscht worden war, dass selbst eine Kleinigkeit wie eine Beziehung - Francine listete im Geiste flüchtig ihre Ehen auf - sie so sehr mitnahm.

Ärgerlich erinnerte sie sich einen Augenblick lang an Peter, der natürlich nicht da war, wenn sie einen zweiten Stuhl benötigte, wollte so eine wichtige Aufgabe jedoch auch nicht in die Hände der beiden anwesenden Männer legen, und blieb schließlich stehen.

"Selbstverständlich kannst du wieder auf diesem Schiff arbeiten. Du kannst hier bleiben, solange du willst - bist du genug Geld hast, um anderswo ein neues Leben anfangen zu können" Sie ließ offen, ob der Gehalt, den sie zahlte, dafür je reichen würde. "oder du kannst an Bord bleiben. Was für eine Arbeit war es denn, die du für Gerald erledigt hast?"

Trotz all der positiven Gefühle, die sie Shania entgegen brachte, beobachtete Francine sie bei dieser Frage scharf. Wenn ihr Bruder sich diese Frau als eine Art Konkubine gehalten hatte, würde ihr das nicht entgehen.

Shania war so verblüfft, dass es einen Moment dauerte, bis sie ihre Fassung wieder fand. Francine Monserat war so ganz anders, als sie es sich erwartet hatte. Sie war nicht im Geringsten das Ungeheuer, als das Gerald sie ihr immer in den buntesten Farben geschildert hat. Ein Männer verschlingendes und unterjochendes Ungeheuer alter Schule, dessen Lebensaufgabe es war, ihm das Leben zur Hölle zu machen.

Diese Frau, so hart sie auch im Geschäftsleben sein mochte, hatte auch einen weichen Kern und eine mitfühlende warmherzige Seele. Zwar war sich die Amerikanerin sicher, dass sie trotzdem kein liebenswürdiges altes Mütterchen war, doch sie was sie vor allem war, war eine sehr starke Frau. Shanias Respekt für ihre Person stieg. Vor allem, weil sie so ganz anders war als sie selbst und ständig zu wissen schien, was sie tat und was gut für sie war.

"Ich danke Ihnen herzlich für Ihr Mitgefühl und Ihr Verständnis und Sie können sich gewiss sein, dass ich nichts tun werde, um Ihr Entgegenkommen zu enttäuschen. Die Ivory war immer so etwas wie ein zu Hause für mich." Sie sah sich um und fühlte sich sogar so etwas wie glücklich. Das Gefühl von Heimat stellte sich plötzlich ein. "Um auf Ihre Frage zurückzukommen... Gerald versuchte die Crew immer so gut wie möglich von sich fern zu halten und auch ihre Probleme. Ich habe versucht immer alle anfallenden Probleme zu lösen, damit der Captain nicht behelligt wird.

Dazu habe ich auch noch alle Botengänge erledigt, der Mannschaft geholfen und bin überall dort eingesprungen, wo Not am Manne war. Ich verstehe zwar nicht viel von Technik, doch ich weiß einen Phaser zu bedienen und scheue auch sonst vor keiner Arbeit zurück." Shania fiel plötzlich ein wie zweideutig ihr Angebot aufgefasst werden konnte. Immerhin gab es eine Art von Arbeit, zu der sie sich noch nie herabgelassen hatte. "Aber nicht, dass Sie denken, dass... dass ich...", sie errötete schlagartig, während sie um Worte kämpfte, "Sie wissen schon, was ich meine... so etwas würde ich niemals tun."

Der Blick Francines war Shania peinlich und am Liebsten wäre sie im Boden versunken, dazu kam, dass sie selbst bequem im Stuhl des Captains saß während die wesentlich ältere Francine stand. Die große Frau fühlte sie sichtlich unwohl in ihrer Haut. "Ich bin eine gute Gastgeberin, ich kann gut mit Menschen umgehen, auch beruhigend auf sie einwirken und ich scheue auch nicht vor niedrigen Arbeiten zurück wie Putzen oder auch Lagerarbeiten... was meine Reaktion auf Charly betrifft, so bitte ich Sie wirklich den entsprechenden Logbucheintrag anzuhören..."

Mit einer unglücklichen Miene blickte Shania sich um, als würde ihr jemand der beiden anderen zu Hilfe kommen. "Kann ich jetzt bitte aufstehen, Misses Monserat… Captain? Ich fühle mich, als würde ich Sie von Ihrem Platz verdrängen, dieser Stuhl steht mir nicht zu. Es ist einzig und allein Ihr Platz." Hoffnungsvoll sah die Amerikanerin zu der Französin und hoffte jetzt nichts Falsches gesagt zu haben.

Doch Francine winkte nur ab. "Es ist nur ein Stuhl, meine Liebe", erwiderte sie ohne großes Interesse. "Selbst wenn der klingonische Kanzler darauf säße, wäre es immer noch nur ein Stuhl. Aber du kannst natürlich trotzdem aufstehen oder sitzen, wo du willst."

Sie wartete nicht darauf, ob Shania nun blieb, wo sie war, oder nicht, und begann nachdenklich auf und ab zu schreiten. Dabei erhaschte sie auch einen Blick auf die Überwachungsmonitore, die noch immer den verlassenen Konferenzraum zeigten, und warf Bill einen scharfen Blick zu, während sie sie deaktivierte.

Francine war bereit, Shania in gewisser Weise als Familienmitglied zu akzeptieren, und sie betrachtete es praktisch als die Pflicht der großen Schwester, das Chaos zu bereinigen, das Gerald mit dem Antritt seines Urlaubs hinterlassen hatte. Immerhin war sie erleichtert, dass er diese freundliche und offensichtlich von ihm abhängige Frau nicht benutzt hatte, um seine fraglos schmutzigen Phantasien auszuleben.

Trotzdem war sie zu pragmatisch, Shania im Grunde für nichts an Bord aufzunehmen, zumal bereits Rekelen Nar ohne bestimmte Tätigkeit durch die Gänge stromerte - was trieb die Frau eigentlich so lange an der Schleuse? - und Charly die Putzarbeit recht gut erledigte. Unbewusst strich sie über den ärgerlichen Fleck auf ihrer Bluse, und als sie ihrer Bewegung gewahr wurde, kam ihr ein Einfall, wo ihr neues Crewmitglied gut aufgehoben wäre.

"Ich kann dich nicht einfach ohne feste Arbeit auf der Ivory leben lassen, das würde meinen Geschäftsprinzipien widersprechen.", erklärte sie Shania und wandte sich endlich wieder zu ihr um. Die hoch gewachsene Frau hatte sich tatsächlich erhoben und stand nun ungelenk neben dem Captainschair. "Immerhin habe ich bereits meine Nichte an Bord, die die meiste Zeit nutzlos herumlungert und Replikatorenergie verschwendet.

Allerdings schätze ich es, meinen Tee in einer gut geführten Bar einzunehmen, doch mein Butler versteht nichts von Tee", konnte sie sich nicht verkneifen, obwohl Peter einen hervorragenden indischen Nachmittagstee servierte. "und die Mannschaftsmesse steht momentan noch leer. Wenn du möchtest, kannst du sie übernehmen."

Ein strahlendes Lächeln breitete sich auf Shanias Gesicht aus und es vertrieb den kurzen unschönen Gedanken an die cardassianische Nichte Francines, war es doch ohnehin eine von Shanias Lieblingsbeschäftigungen in Bars herumzulungern und dabei Leute zu beobachten. Man erfuhr dabei so manches, das sonst nicht die Runde machte. Dazu kam, dass sie schon Angst hatte aus Mitleid aufgenommen zu werden und den Gedanken daran nicht ertragen zu können.

"Ich weiß nicht, wie ich Ihnen danken kann. Wenn ich die Erlaubnis dazu habe, dann werde ich die Mannschaftsmesse in eine so ansprechende Bar verwandeln, dass Sie sie nicht Widererkennen werden. Im positiven Sinne natürlich...", korrigierte sich Shania schnell selbst. Die Gedanken der großen Frau über ihre neue Aufgabe überschlugen sich regelrecht. Nach all der Zeit hatte sie endlich wirklich ein Ziel vor Augen. "Haben Sie etwas dagegen, wenn ich der Bar dann auch einen Namen und ein etwas ansprechendes Äußeres gebe?"

Noch bevor der Captain antworten konnte, fiel ihr noch etwas ein. "Ihr Bruder ließ den dortigen Replikator immer zur Selbstbedienung verkommen und jeder konnte sich soviel replizieren, wie er wollte. Kostenlos natürlich. Sollten wir dort besondere Rezepte einprogrammieren und die Kosten für Getränke und Essen werden wie in einer richtigen Bar vom Gehalt abgebucht?"

Obwohl Shania noch nicht wusste, wie genau sich Francine die neue Regelung in der Bar vorstellte, meinte sie doch zu wissen, dass sie mit der neuen Geschäftsidee ihren Nerv getroffen hatte. Wahrscheinlich würde sie gleich ihren Bruder verfluchen, weil er sich diese Einnahmequelle bisher hatte entgehen lassen.

Und mit dieser Einschätzung lag Shania vollkommen richtig. Francines Miene hatte sich unwillkürlich einen Augenblick versteinert, als sie hörte, dass Gerald sich diese wirklich gute Einnahmequelle hatte entgehen lassen, zumal die junge Frau diese Idee mit Sicherheit schon früher vorgebracht hatte. Sie schüttelte den Kopf und beschloss, in Zukunft auch nach besonders geschäftstüchtigen Hochzeitskandidatinnen Ausschau zu halten, bevor sie Shania ein anerkennendes Lächeln schenkte.

"Eine sehr gute Idee! Ich werde dich umgehend auf die Gehaltsliste setzen und meinen Butler Peter anweisen, dir jede Unterstützung zukommen zu lassen, die du für die Einrichtung deiner Bar brauchst." Einen finsteren Gedanken lang überlegte sie, dass Peter ein wenig sportliche Betätigung nur gut tun würde. "Und natürlich auch meine Nichte. Das Kind ist ja zu sonst nichts nütze!" Sie schnaubte.

Im Geiste hatte sie rasch überschlagen, dass es sehr viel billiger wäre, Shania ein Standartgehalt zu zahlen und keine Gewinnbeteiligung einzuräumen. Sie hatte das Gefühl, als sei die Terranerin schon glücklich genug mit ihrer neuen Aufgabe und denke im Augenblick an alles außer den Profit.

"Natürlich kannst du ganz nach eigenem Ermessen vorgehen. Und selbstverständlich braucht eine gute Bar auch einen schönen Namen. Ich vertraue voll auf deinen Geschmack; immerhin bin ich selbst zur Genüge damit beschäftigt, neue Leute einzustellen - und diese Logbucheinträge nachzulesen." Das zweite Lächeln, mit dem sie Shania bedachte, ließ fast erahnen, was all ihre Ehemänner und die zahllosen angeheirateten Enkelkinder an ihr fanden.

Schnell überschlug die alte Frau, was es sonst noch zu sagen gab. "Ach ja, dein Quartier", fiel es ihr wieder ein. "Rekelen Nar wird dir eines zuweisen. Und wer weiß, vielleicht steht jenes, das du früher bewohnt hast, sogar noch leer."

Der ungewohnte Redeschwall des Captains zeigte deutlich, wie angetan sie war. Beiläufig überlegte sie bereits, ob es wirtschaftlich wäre, die Gehälter ihrer Crewmitglieder zu erhöhen, um sie zu unverhältnismäßig größerem Konsum anzuregen. Eine Idee, auf die ihr stümperhafter Bruder fraglos ebenfalls niemals gekommen wäre...

Shania schwelgte schon in Gedanken, wie sie besonders diese Rekelen Nar dafür einteilte, ihr zu helfen. Zwar war ihr nicht ganz wohl dabei, auch sie später in der Bar bedienen zu müssen, aber immerhin war sie dann Herrin über das Wohlbefinden aller an Bord. Was für eine herrliche Arbeit, bei der sie Verantwortung tragen konnte und selbständig war.

Bewundernd blickte die Amerikanerin zu der kleinen energiegeladenen Persönlichkeit, die fast im Sturm ihre Loyalität und ihren Respekt gewonnen hatte. Diese Francine Monserat war wirklich eine Überraschung. Vielleicht mochte sie für einen alten Geizhals und Ehefrauenhasser wie Gerald ein Monster sein, doch für sie war sie wie etwas das Shania nie auf ihren Reisen gefunden hatte. Eine Freundin.

Sogar die Sache mit Charly schien sie zu verstehen und ihr zu trauen. Weshalb sie die Logeinträge anhören würde. Trotzdem brachte sie Shania kein Mitleid entgegen, sondern Mitgefühl und Verständnis. Besonders ihr Vertrauen machte alles leichter.

"Wenn Sie nichts dagegen haben oder mich noch brauchen, dann werde ich jetzt nach Ihrer Nichte suchen und mir ein Quartier geben lassen. Nachdem ich mich etwas frisch gemacht habe", sie blickte unglücklich auf ihre noch immer feuchte Aufmachung, "werde ich mir gleich die Mannschaftsmesse ansehen, damit ich mit der Planung beginnen kann. Ich bin mir sicher, dass ich dem schleimigen Barbesitzer der Station noch einige Rezepte entlocken kann.

Oh, Francine, Sie sind ein Engel", Shania konnte nicht umhin, die kleine wesentlich ältere Frau zu umarmen und merkte erst dann, dass sie unwillkürlich ihren Vornamen benutzt hatte, wie sie es bei Gerald immer getan hatte. Sie errötete und stotterte dann leicht. "Ent-schul-digung, Misses Monserat... Captain. Wie soll ich Sie künftig nennen? Wie ist es Ihnen lieber?"

--- Schleuse

"Floh ... kreischend ... vor einem Putzroboter", wiederholte Ashok langsam, während die Worte der Cardassianerin in sein Bewusstsein einsanken. Die kleine Stimme in seinem Kopf, die eben noch so hämisch gelacht hatte, war verstummt. Er versuchte den Kopf etwas zu heben, um das Gesicht seiner Besetzerin besser sehen zu können, und zuckte zusammen, als bei dieser Bewegung ein gewaltiger Schmerz seinen Schädel durchschoss. Resigniert -- und sehr vorsichtig -- ließ er seinen Kopf wieder zu Boden sinken.

Während der Schmerz langsam in seinem Kopf verhallte, versuchte der junge Mann erneut, seine Gedanken zu ordnen. Man hätte ihm die Entführte einfach "ausgehändigt", wenn er danach gefragt hätte? Wie hatte die auf ihm hockende Frau die Blonde genannt? Sha... Shania Twa... Twi...

Ashok schloss kurz die Augen und versuchte, sich wieder auf das Wesentliche zu konzentrieren. Er fing mit den offensichtlichen Dingen

an: Er lag auf dem Rücken auf hartem Untergrund. Auf seinem Bauch saß eine sportliche junge Cardassianerin, die ihn am Boden festhielt und ihn anblickte.

Die kleine Stimme am Rande seines Bewusstseins von vorhin grinste ihn hämisch und unzweideutig an. Irritiert drängte sie der junge Mann wieder in ihre Ecke zurück und zwang sich, den Pfad seiner Überlegungen weiter zu verfolgen.

Boden. Frau. Dröhnende Kopfschmerzen. Tanzende Kisten ... hng?

Er hatte versucht, die Schleuse zu knacken, und hatte dabei eine Fehlfunktion ausgelöst, die ihn fast das Leben gekostet hätte. Dann war ein Besatzungsmitglied des Schiffes aufgetaucht, und er hatte sie angegriffen. Er hatte die blonde Frau retten wollen und erfuhr nun, dass sie auf diesem Schiff gar nicht erwünscht war. Alles war nur ein großes Missverständnis. Am besten hätte er heute Morgen gar nicht aufstehen sollen. Er stöhnte leise.

Sehr, sehr vorsichtig hob der junge Inder nun doch seinen Kopf und blickte der Cardassianerin ins Gesicht. "Sie sind keine Raumpiraten. Sh... Sha... die blonde Frau ist nicht entführt worden." Er traf

Feststellungen; er erwartete keine Antwort. "Sie wollen mich nicht töten", setzte er hinzu und hoffte, dass seiner Angreiferin die leichte Unsicherheit in seiner Stimme verborgen geblieben war.

"Wenn Sie es zulassen, würde ich gerne aufstehen, mich zum Captain dieses Schiffes begeben und mich zur Rechenschaft ziehen lassen." Er hielt inne und holte Luft. "Und dann würde ich mich anbieten, Ihre Schleusenkonsole zu reparieren." Der junge Mann zwang ein schwaches Lächeln auf sein Gesicht und studierte aufmerksam die Miene der auf ihm sitzenden Frau.

"Ähm..." Rekelen blickte einen Augenblick lang nur auf den Inder hinab, während sie die verschiedenen Informationen, die sie gerade von ihm erhalten hatte, in ihrem Kopf an den richtigen Stellen verstaute. Schließlich jedoch verstand sie das Missverständnis und was den Mann zu seinem Angriff getrieben hatte; aus einem Glucksen wurde ein haltloses Kichern.

Sie brauchte einen Augenblick, wieder zu Atem zu kommen, und erst Ashoks konsternierte Blick sorgte dafür, dass ihre Miene wieder etwas ernster wurde. "Entschuldigung", brachte sie hervor, nahm endlich die Hände von ihm und fächerte sich Luft zu. "Aber das ist gerade guter cardassianischer Humor!"

Immer noch breit in sich hinein grinsend setzte die Cardassianerin sich auf, erhob sich schließlich ganz und streckte ihm die Hand entgegen, um ihm mit einem Ruck aufzuhelfen. Anstatt sie jedoch loszulassen, drückte sie sie nach terranischer Manier.

"Mein Name ist übrigens Rekelen Nar", stellte sie sich vor und begann nach ihrer komplizierten Frisur zu tasten, die sich immerhin anfühlte, als sei sie noch einigermaßen in Ordnung. "Und ich bin wirklich gespannt, was der Captain zu Ihrer Geschichte sagt! Sie versteht keinen Humor, müssen Sie wissen... Also ich bringe Sie gerne auf die Brücke, das heißt, das muss ich eh - aber wenn Sie sich bis dahin noch eine rühmlichere Version ausdenken wollen, könnte ich das gut verstehen."

Ashok stützte sich dankbar auf die ausgestreckte Rechte seiner Gegenüber, nachdem er abrupt von der Horizontalen in die Vertikale gezogen worden war und das Blut aus seinem Kopf erst einmal einen prompten Ausflug in seine unteren Körperregionen machte, bevor es sich wieder seiner Aufgabe besann und widerwillig auch das Gehirn des jungen Inders wieder mit Sauerstoff versorgte.

Mit noch etwas weichen Beinen zittrig einen festen Stand suchend, hob Ashok seine Augen und sah der jungen Cardassianerin zum zweiten Mal innerhalb kurzer Zeit auf gleicher Höhe ins Gesicht. Das strahlende Grinsen, das sie ihm jetzt entgegenbrachte, gefiel ihm weitaus besser als die grimmige Miene von vorhin.

Kurz, aber nur ganz kurz, schoss ihm der Gedanke durch den Kopf, die Beine in die Hand zu nehmen und Fersengeld zu geben. Energisch schüttelte er den Kopf und verzog gequält das Gesicht, als ihm dabei ein heftiger Schmerz durch den Schädel zuckte. 'Schon gut!', dachte er leicht gereizt in Richtung derjenigen Gottheit, die ihn eben für seine unehrlichen Gedanken gestraft hatte, und seufzte tief.

Mit einer gewissen Vorsicht straffte er seine Schultern. "Es ist sehr nett von Ihnen, Miss...is Nar, dass Sie mich decken würden", begann er und blickte der Cardassianerin forschend in die Augen. "Aber ich glaube, ich werde bei der Wahrheit bleiben. Nicht, dass mein Kopf in meinem momentanen Zustand überhaupt etwas anderes hergeben würde", setzte er mit einem schiefen Grinsen hinzu und hielt demonstrativ seine Linke an seinen Schädel. "Haben Sie denn wenigstens unseren Zusammenstoß unbeschadet überstanden?"

--- Bücke, hinterer Teil, bei den Konsolen

"Ah ja...", Stalvey war gedanklich noch bei der ominösen Verformung der Decke, fand dann jedoch wieder den Anschluss an Lestats eigentliche Frage.

"Ich möchte mich als Bordpsychologe auf der Ivory bewerben." Bill fand es bemerkenswert, dass bei diesem Mann wenn die Konsole gerade mal für drei Sekunden ruhig was eben etwas in der Tasche piepste und musste unwillkürlich grinsen. Er vermutete jedoch, dass das zu seiner augenblicklichen Vorstellung nur begrenzt passen würde und versuchte seine Gesichtszüge wieder unter Kontrolle zu bekommen.

"Eigentlich wollte ich mich auf einem anderen Schiff bewerben, aber ich bin dann... irgendwie hier gelandet." Der Psychologe bekam gerade noch die Kurve ohne Shanias kleines Problem zu erwähnen - er hätte es nicht besonders taktvoll gefunden gleich damit herauszuplatzen falls der Techniker nicht sowieso schon von allem informiert war.

"An Zwischenfällen scheint es auf diesem Schiff jedenfalls nicht zu mangeln.", stellte er fest und deutete an die Decke. "Nun, jedenfalls scheint ja im Augenblick keine akute Gefahr zu bestehen - solange sich nicht wieder irgendwo hier weitere Decken deformieren werde ich glaube ich besser mal tun, was mir der Captain aufgetragen hat."

Bill schielte mit etwas säuerlichem Gesichtsausdruck zu Francine, die offenbar noch mit Shania beschäftigt war. "Freut mich, Sie kennen gelernt zu haben, Mr. Lestat! Wenn wir bei Gelegenheit etwas mehr Zeit haben, werde ich noch einmal auf sie zukommen und ein ernstes Wörtchen über diesen... Bordcomputer... ", Bill hob bedeutungsvoll die Augenbrauen und betonte das Wort als würde er über die Spinnenmutanten von Epsilon XII reden, "mit Ihnen zu wechseln."

"Tut mir leid, wenn ich so abrupt wieder verschwinde, aber der Captain guckt schon wieder, als sollte ich es besser tun." Bill verabschiedete sich kurz aber freundlich von Lestat und machte sich auf den Weg in Richtung Konferenzraum wobei er versuchte möglichst unsichtbar zu bleiben. Was er von Francine Monserat halten sollte, war ihm noch nicht klar. Mit Shania schien sie ja ganz gut klar zu kommen.

--- Krankenstation

Megan lächelte zurück, 'Was für ein vernünftiger Mann, ich hoffe er übernimmt sich nicht' Ihr schien Tarson ein sehr rationaler und verantwortungsvoller Mensch zu sein und so blickte sie noch einmal auf ihr Unterlagen und ihren Tricorder, sie entschied sich ihn wieder zur Arbeit zu schicken unter einer Bedingung.

"Ich denke ich kann sie schon wieder zur Brücke zurückschicken, dennoch

bitte ich sie heute Abend der morgen früh noch mal vorbeizuschauen. Ich möchte es nur noch einmal kurz kontrollieren. Vielleicht können wir dann anschließend auch einen kleinen Routine Check machen, das habe ich sowieso mit der ganzen Crew vor also keine Angst"

Ihr war klar, dass sie sich damit wahrscheinlich mit Arbeit überhäufen würde, wenn sie die Prozedur in voller Länge neben den anscheinend relativ häufigen Unfällen und Missgeschicken ausführen würde. Aber nun wollte Megan sich erstmal um ihr Quartier kümmern und dann erst um die Crewliste, sie kam sich mittlerweile merkwürdig vor, wenn sie ihr ganzes Hab und Gut mit sich trug.

Vor allem der Gedanke, dass die größere Tasche und ihre mittelgroße Handtasche

wirklich nur noch das waren, was sie besaß. Megan nahm ihre Taschen, die sie

beiseite gelegt hatte, wieder auf und wartete auf Tarsons Aufbruch.

"Miss Nar kenne ich bereits, wie ich finde eine sehr nette Person. Ich denke,

ich werde mich gleich um ein Zimmer kümmern und ich hoffe, dass sie auch

eine Crewliste hat, wir wollen ja nicht, dass irgendwer eine Krankheit

einschleppt."

--- Brücke

Ganz gut klar zu kommen war augenscheinlich noch leicht untertrieben.

Wenigstens beachtete Francine dafür im Moment ihn nicht. Bill steuerte

auf die Tür zu, die der Bordcomputer dieses mal auch willig öffnete. Er

warf noch einen Blick in Richtung der beiden. Jetzt umarmte Shania

Monserat sogar noch! Es freute ihn ja für Shania, dass sie es dieses mal

eher einfacher zu haben schien, aber der Captain hatte offenbar ein

grundsätzliches Problem mit Männern - das musste es sein.

--- Konferenzraum

Die Tür schloss sich hinter dem Psychologen und dieser begutachtete den Wasserfleck auf dem Konferenztisch. Das würde wohl eine etwas längere Aktion werden, als er vermutet hatte. Das war weniger eine Pfütze eines umgefallenen Glases als gleichmäßig verteilter Wassernebel.

"Mit den Augen hat dieser Captain jedenfalls kein Problem...", Bill schwang sich leise brummelnd zum Replikator. Diesen Fleck hätte er vermutlich nicht einmal bemerkt, wenn er sich an den Tisch gesetzt hätte

- geschweige denn auf einem Überwachungsmonitor nachdem die Decke der Brücke heruntergekommen und die Gravitationsgeneratoren ausgefallen waren. Er stellte fest, dass er diesen Gedankengang bereits einmal erfolglos hinter sich hatte und forderte am Replikator einen Lappen an.

"Hallo Billy, da bist du ja wieder!" - Stalvey hatte schon fast auf einen Kommentar des Bordcomputers gewartet.

"Ich habe einen Lappen verlangt und keinen Kommentar, du... !", er musste seine Stimme etwas mäßigen, um nicht gleich Aufmerksamkeit auf dem halben Deck auf sich zu lenken.

"Geh auf's Holodeck spielen!"

Statt einem Kommentar des Bordcomputers blinkte lediglich die kleine grüne Leuchte am Replikator auf und er griff nach dem Lappen, der sich bei dieser Handbewegung entrollte. Bill blickte auf zwei glitzernde runde Stoffstücke die an den entsprechenden Schnüren vor seiner Nase herumbaumelten.

"Hey! Das ist nicht lustig, ich..." Bill sah verzweifelt auf die Kamera, die unweit des Replikators angebracht war. Das Bild, das sich Francine im Moment bieten musste, hätte er sich unter anderen Umständen ziemlich amüsant vorgestellt.

"Viel Spaß beim wischen, Kleiner!", war Zindas Kommentar.

"... ich gehe ja schon."

Bill platzte ja relativ selten der Kragen, aber das war zuviel, ganz entschieden zuviel. Er fühlte die Wut in sich aufsteigen und schließlich explodieren. Der Psychologe tobte allerdings nur innerlich. Nachdem er davon ausging sowie so nicht mehr allzu lange auf diesem Kutter verbringen zu müssen winkte er einmal in die Kamera, hängte den Halter halb darüber und begutachtete sein Werk. Zu schade, dass er keinen Abzug davon würde haben können.

Nach einem Knicks wandte er sich zur Tür und legte innerlich noch einen letzten Schliff an seine Rede an den Captain, falls diese Anstalten machen würde, ihn zur Rechenschaft ziehen zu wollen.

Peter nickte kurz und stimmte dann der Ärztin zu. "Ja, da gebe ich Ihnen Recht. Es wäre wirklich nicht gut, wenn wir hier auf dem Schiff plötzlich eine Epidemie hätten. Fragen Sie also nach der Liste. Falls Miss Nar Ihnen da nicht weiterhelfen kann, dann wenden Sie sich doch bitte an mich. Ich werde dann versuchen, eine aufzutreiben."

Er wandte sich zum gehen, stoppte aber noch mal kurz. "Ich werde dann heute Abend wieder bei Ihnen vorbeischauen. Dann können Sie sich noch mal meinen Arm anschauen."

Er verabschiedete sich und verließ die Krankenstation.

--- Gänge

Während er Richtung Brücke ging, überlegte er, wie er das Problem mit dem Computer lösen konnte. Es ärgerte ihn, dass er bisher noch keine Möglichkeit gefunden hatte, Zinda in die Knie zu zwingen. Zudem saß ihm auch noch Francine im Nacken. Sie wollte das Problem so schnell wie möglich gelöst haben, doch ihr war nicht klar, dass das Ganze nicht so einfach war. Doch es ihr zu erklären wäre hoffnungslos.

Vielleicht konnte ihm Lestat und Smith bei der Computersache helfen. Ja, das wäre eine gute Idee. Zu dritt standen die Chancen eindeutig besser, als wenn er es weiterhin alleine versuchen würde.

Er beschleunigte seine Schritte und betrat dann die Brücke.

--- Brücke

Direkt hinter der Tür blieb er stehen, schaute sich kurz um und entdeckte dann Lestat, der an einer Konsole arbeitete. Er ging auf ihn zu und tippte ihm auf die Schulter.

"Mister Lestat, kann ich Sie kurz stören?"

--- Brücke, beim Captainschair

"Natürlich kannst du mich Francine nennen", erwiderte der Captain jedoch entgegen Shanias Befürchtungen warmherzig. Sie drückte die andere kurz an sich und umfasste schließlich ihre Hände mit ihren, um sie fest zu drücken. "Immerhin gehörst du doch praktisch zur Familie."

Ein schmales Lächeln schlich sich in ihr Gesicht. "Natürlich wirst du dich sofort deinen Aufgaben widmen wollen, auch wenn ich es schön fände, wenn wir uns später, sobald wir beide frei von Verpflichtungen sind, zu einer Tasse Tee treffen könnten, um uns etwas besser kennen zu lernen."

Erst jetzt ließ sie die Hände der anderen los und registrierte nur am Rande, dass Bill die Brücke nun verlassen hatte und auch Tarson endlich wieder aufgetaucht war, denn sie jedoch nur mit einem giftigen Blick bedachte, der in scharfem Kontrast zu ihrer aktuellen Laune stand. Francine hielt nichts davon, sich in einer Angelegenheit durch eine gänzlich andere beeinflussen zu lassen.

"Und es besteht wirklich kein Grund, noch einmal diese zwielichtige Sternenbasis zu betreten. Peter wird dir alle Rezepte beschaffen können, die du brauchst, und auch die Computerarchive müssten einige gespeichert haben."

'Ich gehöre praktisch zur Familie...', dachte Shania und ein inneres Strahlen erfüllte sie. Ein Gefühl, das sie seit ihrer Bewusstlosigkeit auf dem Maquisstützpunkt nicht mehr gefühlt hatte. Unwillkürlich lächelte sie herzlich.

Das erste Mal, seit sie von zu Hause ausgerissen war, fühlte Shania sich so richtig wohl und plötzlich wusste sie auch, woher dieses Gefühl stammen musste. Gerald Monserat mochte immer wie ein Vater zu ihr gewesen sein, aber im Grunde hatte sie immer eine verständnisvolle Mutter oder Freundin mehr vermisst als einen Vater. Männer hatten sich bei ihr schon immer zu Problemen entwickelt und mit einem Mann konnte man nicht über solche Dinge reden.

So entging ihr auch der Blick, den Francine Tarson zuwarf, in dessen Richtung auch eindeutig die letzten Worte gerichtet waren. Doch selbst wenn sie ihn bemerkt hätte, wäre ihre Meinung von der Französin noch immer die gleiche geblieben.

"Francine, ich freue mich schon sehr an meine Zeit an Bord und auf unseren gemeinsamen Tee. Auch wenn ich einem Gespräch nicht viel Interessantes beisteuern kann. Mein Leben war bisher nur ein Chaos und ich bin auf nichts wirklich stolz. Aber dafür will ich die Mannschaftsmesse der Ivory in eine Bar verwandeln, auf die man stolz sein kann. Unter anderem mit einer sehr großen Auswahl an den verschiedensten Teesorten", meinte die große Frau schmunzelnd.

Dann dachte sie an die letzten Worte des Captains und sah zu Tarson hinüber. Sie konnte sich noch gut daran erinnern, dass sie Todesängste ausgestanden hatte und dieser männliche Berg sie auch noch brutal durchgeschüttelt hatte, als sei sie ein Baum, den man von überreifen Früchten befreien musste.

"Tarson kann sicher eine Hilfe bei der Beschaffung von Rezepten sein, wenn ich auch daran zweifle, dass er über die richtigen körperlichen Attribute und die nötige Überzeugungskraft verfügt, die einem Barbetreiber seine gewinnbringenden Geheimrezepte entlocken." Zweifelnd sah Shania ihn an und konnte sich nicht vorstellen, dass er seine Körperkraft benutzte und für ein paar Rezepte Probleme mit der Stationssicherheit bekommen wollte.

"Peter verfügt über keinerlei nötige Attribute, seien es körperliche oder geistige", konnte Francine sich ihre Meinung über ihren Butler nicht verkneifen. Ihr Blick schweifte hinüber zu ihm und dem Techniker, die immer noch ein Stück entfernt bei den Konsolen miteinander sprachen. Wenigstens hatte es dieser Stalvey mittlerweile geschafft, den Raum zu verlassen und seinen Pflichten nachzukommen. Beinahe bedauerte sie, die Überwachungsschirme deaktiviert zu haben, änderte dann aber nichts daran - beim Putzen konnte der Mann ja wohl nicht viel falsch machen.

"Aber wie dem auch sei", wandte Francine sich wieder an Shania. "Diesen Minderwertigkeitskomplex werden wir dir schon noch austreiben - du bist eine nette und intelligente Frau und gepflegte Konversation beim Nachmittagstee sollte das geringste Problem sein. Doch nun, mein Liebe, muss ich mich wirklich wieder meinen Pflichten widmen."

Die alte Frau wollte noch mehr sagen, wurde jedoch in diesem Augenblick unterbrochen, als Tarson sie ansprach.

--- Schleuse

Besorgt schweifte Rekelens Blick zur Schläfe des Inders, an der sie jedoch noch keine Beule oder Ähnliches entdecken konnte, was allerdings so kurz nach dem Zusammenstoß auch noch nicht viel zu heißen hatte.

Die umgekehrte Besorgnis Ashoks ehrte sie, so dass sie geschmeichelt lächelte. "Na ja, ich bin recht hart aufgekommen und mir tut alles weh. Aber ich glaube, es gibt auf den Holodecks ein Massageprogramm, das da schnell Abhilfe schaffen kann." Beim Gedanken an eine kräftige, cardassianische Massage wuchs ihr Lächeln unvermittelt noch ein Stück, auch wenn sie bezweifelte, in der nächsten Zeit Gelegenheit zu haben, die Holodecks aufzusuchen.

"Wissen Sie, wir könnten auf dem Weg zur Brücke auch auf der Krankenstation vorbeischauen. Vielleicht ist es besser, wenn sich unsere neue Ärztin ihre Verletzung mal ansieht. Nur um sicher zu gehen."

Gerade wollte sie sich schon voller Tatendrang dem Schiffsinneren zuwenden, als ihr ein Gedanke kam, der sie die Stirn runzeln ließ, und sie drehte sich noch einmal zu Ashok um. "Aber sagen Sie, wie heißen Sie überhaupt?"

"Krankenstation ... das klingt nach einer guten Idee", murmelte Ashok, während er seine Hand langsam sinken ließ und sich mit ihr gegen den Rahmen der Schleusentür stützte. "Ich könnte jetzt eine Kopfschmerztablette gut gebrauchen." Vorsicht prüfend bewegte er seinen Kopf im Kreis und hielt kurz irritiert inne, als sein Nacken ein vernehmliches Knacken von sich gab.

"Nichts Ernstes -- glaube ich", sagte er eher zu sich selbst als der vor ihm stehenden jungen Frau. Er runzelte kurz die Stirn, als er sich ihre eben gestellte Frage ins Gedächtnis zurückrief, und brachte ein schwaches Lächeln zustande. "Ich heiße Ashok Raji. Eigentlich bin ich ausgebildeter Wissenschaftler, wenn ich nicht gerade als Ritter in blitzender Rüstung die Raumdocks unsicher mache." Der junge Inder konnte sich ein kleines Grinsen nicht verkneifen, als er den höflich-verwirrten Gesichtsausdruck der Cardassianerin registrierte. "Nur eine Redewendung", setzte er hinzu.

"Eigentlich komme ich von der Erde", fuhr der junge Mann fort, als er den aufmunternden Gesichtsausdruck seiner Gegenüber sah. "Bis vor einem halben Jahr war ich auf der Sternenflottenakademie und habe mich mit extraterrestrischer Physik befasst, bis --" Ashok zögerte kurz und redete dann souverän fast nahtlos weiter: "Nach meinem Abschluss habe ich auf dem nächstbesten Frachter angeheuert und bin dann hier gestrandet."

Der junge Inder machte eine kurze Pause, atmete durch und sprach dann weiter. "Eigentlich bin ich schon seit meiner Ankunft hier auf der Suche nach einem Job, der mich wenigstens von hier weg bringt. Diese Station hat etwas ungemein Deprimierendes" -- er bedachte die schmutzigen Gänge vor der Schleuse und die achtlos abgestellten Kisten weiter hinten im Gang zur Station mit einem abschätzigen Blick -- "und niemand, der hier andockt, scheint Bedarf an Wissenschaftlern zu haben." Resigniert ließ Ashok die Schultern hängen.

Einen Augenblick später sog er unvermittelt scharf die Luft ein und verzog das Gesicht, als ein schmerzhaftes Pochen in seinem Schädel wiedererwachte. "Ach ja, die Krankenstation ... Miss Nar, wären Sie so nett, mir den Weg dorthin zu zeigen?"

"Aber natürlich." Während Ashok sprach, hatte Rekelen den Blick über die Station schweifen lassen, an der sie allerdings nichts Deprimierendes erkennen konnte. Tatsächlich empfand sie Sternenbasis 375 mit ihrer düsteren Atmosphäre als sehr viel gemütlicher als andere terranische Bauten. Doch Geschmäcker gingen ja bekanntlich auseinander.

"Wissen Sie, unser Captain sucht einen Wissenschaftler", sprach sie dann aufmunternd weiter. Mit einer Geste forderte sie den Inder auf, das Innere des Schiffs zu betreten, und folgte ihm, ohne einen weiteren Blick an ihre Umgebung zu verschwenden. Trotz Ashoks 'Sabotage' am Kommunikationsterminal schien die Schleuse selbst unbeschädigt und ließ sich ebenso einfach schließen, wie Rekelen sie bereits geöffnet hatte.

"Vielleicht könnten Sie sich ja bei uns bewerben. Ein Versuch kann jedenfalls nicht schaden."

Hoffnungsvoll beobachtete die Cardassianerin die Miene ihres Begleiters. Dieser Ashok Raji war die erste Person auf dieser Station, die ihr nicht nur auf Anhieb sympathisch war, sondern die sie auch mit dem Respekt behandelte, den man seinem Gegenüber eigentlich grundsätzlich entgegen bringen sollte. Sie würde sich wirklich freuen, wenn er auf der Ivory blieb.

--- Gang, Deck 4

Daniel war gerade um eine weitere Ecke gebogen und sich mittlerweile schon ziemlich sicher, dass er den richtigen Weg gewählt hatte, als er vor sich die Schleuse auftauchen sah. Die Schleuse schloss sich gerade hinter zwei Personen, als Daniel in Sichtweite kam.

Der kleine Mann konnte eine Cardassianerin und einen dunkelhäutigen Menschen ausmachen. 'Die Cardassianerin ist sicher diese Rekelen Nar. Hoffentlich gehört sie nicht zu den Arroganten ihrer Rasse.' Daniels Erfahrungen mit Cardassianern während des Krieges waren nicht gerade von der guten Sorte. Aber er war kein Mann, der gerne verallgemeinerte, also versuchte er vorurteilslos an diese Frau heranzugehen.

Als er dann zu den beiden an die Schleuse kam, begrüßte er sie freundlich. "Guten Tag, mein Name ist Daniel Smith. Ich bin seit Neuestem für die Sicherheit hier an Bord tätig. Sie müssen Miss Nar sein, der Captain sagte mir, ich solle mich wegen eines Quartiers an Sie wenden."

--- Brücke, hinterer Teil, bei den Konsolen

Lestat war gerade wieder in seine Arbeit vertieft gewesen, als Tarson ihn angesprochen hatte. Kurz scannte er Tarsons Geist um herauszufinden, worum es ging. Ohne große Verzögerung antwortete er daraufhin: "Natürlich können sie mich kurz stören, ich war gerade sowieso fertig. Ich schätze, Sie wollen von mir wissen, wie wir gegen die Übermacht des Computers angehen können?"

Der Betazoid registrierte zufrieden Tarsons verdutzen Gesichtsausdruck ehe er weiter sprach. "Ich habe mir da auch schon einige Gedanken gemacht, leider ist das Problem schwerwiegender, als Sie sich vorstellen können. Zinda, wie sich unser Computer nennt, hat mittlerweile einen ziemlich großen Teil des Originalsystems überschrieben und komplett abgeändert. Wir haben beinahe keine Chance etwas gegen sie zu unternehmen... das Einzige, was uns noch bleibt, ist den gesamten Computerspeicher zu löschen und ein komplett neues System zu installieren.

Leider haben wir weder ein neues System, noch die Zeit es zu installieren. Die Installation würde nämlich mit komplettem Systemcheck mindestens 2 Wochen benötigen. Des Weiteren denke ich, dass wir mindestens noch 5 weitere Techniker brauchen um diese Aktion innerhalb dieser Zeitspanne zu bewältigen."

Lestat wusste, dass Tarson das nicht gefallen würde, aber er sah, nachdem er vorher schon einmal kurz die Computersysteme gecheckt hatte, keine andere Lösung. Immerhin wollte auch er Zinda so schnell wie möglich loswerden, oder zumindest ihre Handlungsfreiheit einschränken, nachher würde sie ihn wirklich einfach ins Holodeck beamen um mit ihm ihr Date zu verwirklichen.

Peter schüttelte resigniert den Kopf. War das zu glauben? Da war er jetzt schon Tage damit beschäftigt, das Computerproblem zu lösen und er selber hatte bisher auch keine Möglichkeit gefunden und da kam dieser Typ daher und erklärte ihm haargenau, wie es nicht funktionierte. Das hätte er selber auch hinbekommen.

"Ich danke Ihnen für die überaus genaue Darstellung unserer derzeitigen Situation. Aber halten Sie es nicht für besser, sich anständige Lösungsvorschläge zu überlegen, anstatt mir zu sagen, was wir nicht machen können?"

Peter schnaubte kurz und setzte dann fort.

"Außerdem bin ich schon zu dem gleichen Schluss gekommen. Also, fangen Sie an nachzudenken. Versuchen Sie, eine Lösung für das Problem zu finden."

Er drehte sich etwas von dem Betazoiden weg und tippte auf seinen Kommunikator.

"Tarson an Smith. Wenn Sie kurz Zeit haben, dann kommen Sie bitte auf die Brücke. Wir haben hier etwas, wo ich Ihre Hilfe gebrauchen könnte. Tarson Ende."

Als er mit dem kurzen Monolog fertig war, schaute er wieder Lestat an. "Also, wo sehen Sie eine Ansatzmöglichkeit?"

Lestat hatte keine andere Reaktion von Tarson erwartet, zumindest nicht, nachdem er schon während seiner eigenen Ausführungen immer wieder in Tarsons Gedanken gelesen hatte. Aber was sollte er tun?

Der hoch gewachsene Techniker wusste, dass die einzige Möglichkeit, Zinda aus den Systemen zu bekommen, die war, die Systeme vollkommen zu erneuern. Zinda hatte sich buchstäblich in jedem System auf dem Schiff irgendwie verankert.

Lestat versuchte diese Tragweite nun irgendwie Tarson klar zu machen. "Mr Tarson, ich kann verstehen, dass sie meine Lösung nicht für akzeptabel halten, aber sehen sie, egal in welches System auf der Ivory ich auch gehe, überall, wirklich überall hat Zinda Teile ihrer KI und ihrer Persönlichkeit abgelegt. Diese können jedoch leider nicht entfernt werden, ohne dass sie es bemerkt. Nun ja, und wenn Zinda bemerkt, dass wir sie aus dem System heraus haben wollen, dann wird sie uns davon abhalten und wer weiß was dann nicht noch alles passiert."

Gerade als Lestat eine eindrucksvolle Pause machte um seine Worte wirken zu lassen schaltete sich Zinda selbst ein. "Hallo ihr beiden Süßen, was muss ich da hören, ihr wollt mich aus dem Computer haben? Das ist aber traurig, wo ich euch doch so gerne habe." Zindas Stimme war ein klein Wenig vorwurfsvoll und beleidigt, zumindest glaubte Lestat so etwas herauszuhören. "Ach ja, und Lestat hat vollkommen recht, ich würde es bemerken, wenn ihr mich aus den Systemen entfernen wollt. Und das werde ich nicht zulassen, immerhin würde es meinen Tod bedeuten." ihre Stimme hatte bei ihren letzten Worten einen traurigen Klang angenommen.

Lestat schaute verdutzt zu Tarson, wie konnten sie beide nur so dumm sein und ihre Unterhaltung an Bord der Ivory führen, mit den inneren Sensoren konnte Zinda sie überall und jederzeit hören. "Nun ja, Mr. Tarson, ich glaube wir haben im Moment keine Möglichkeit etwas gegen Zinda zu tun. Wenn sie nur nicht ganz so eigensinnig wäre, dann müssten wir auch nichts gegen sie unternehmen..." Die letzten Worte hatte Lestat eher an Zinda als an Tarson gerichtet.

Mit seinen PSI Kräften schickte er daraufhin Tarson aber auch noch eine Nachricht "Wir können hier auf dem Schiff nicht reden, Zinda könnte uns überall hören, auch wenn wir die Sensoren abschalten, sie würde einen Weg finden sie wieder zu aktivieren. Ich würde vorschlagen, dass wir uns vor dem Schiff oder in der Bar auf der Station über unser Problem unterhalten. Antworten sie mir nicht laut, denken sie nur Ihre Antwort."

Der Betazoid hoffte mit seiner letzten Aktion nicht zu weit gegangen zu sein, immerhin war er offen in Tarsons Geist vorgedrungen und viele Menschen mochten so etwas nicht.

Peter hatte dem Gespräch von Zinda und Lestat zugehört und versucht, einen Weg zu finden, dem ganzen Theater ein Ende zu setzten, als plötzlich Lestats Stimme durch seinen Kopf gehallt war. Ziemlich überrascht hatte er sein Gegenüber angeschaut. Er wusste zwar, dass Betazoiden Gedanken lesen konnten, aber dass sie auch gedanklich mit anderen sprechen konnten, war ihm unbekannt. Doch zurzeit war das mal egal und Peter musste Lestat Recht geben, dass sie sich hier nicht über Zinda unterhalten konnten.

'Mister Lestat', dachte er und schaute den Techniker an. 'Ich würde vorschlagen, wir begeben uns in die Stationsbar. Da besteht die geringste Gefahr, abgehört zu werden.'

Er raffte sich auf und schritt zum Captain. Auf dem Weg dorthin befahl er Smith noch, er solle sich sofort zu Luftschleuse begeben, um sich mit ihnen zu treffen.

"Ma'm, Mister Lestat, Smith und ich werden uns in die Stationsbar begeben. Wir haben etwas zu besprechen."

Mehr sagte er nicht, denn mit ziemlicher Sicherheit hatte Francine das Gespräch mit Zinda mitbekommen. Ungeduldig wartete er auf die Erlaubnis, das Schiff zu verlassen.

--- kurz davor beim Captainschair

"Die Bar?", entrüstete Francine sich anstatt einer Antwort, stemmte die Hände in die Hüften und warf den Kopf in den Nacken, um ihren einen halben Meter größeren Butler anzufunkeln. "Am helllichten Tag, während der Dienstzeit, die Arbeit noch nicht getan, kaum ein Crewmitglied eingestellt, und Sie wollen in die Stationsbar?" Sie schüttelte den Kopf.

"Von mir aus gehen Sie, wenn Sie dann glücklicher werden, aber ich rate Ihnen, mit Ergebnissen zurückzukommen und nicht nur mit einem schweren Schädel", zischte sie abschließend und wandte sich endlich, endlich wieder ihrem Strickzeug zu.

Noch bevor Tarson sich umdrehen und die Brücke verlassen konnte, erwischte ihn Shania. "Und es wäre sehr nett von Ihnen, wenn Sie bei der Gelegenheit gleich dem dortigen Barkeeper einige seiner Rezepte entlocken könnten." Tarsons Gesicht sprach Bände und die Amerikanerin hatte trotz ihrer Größe wieder den Wunsch sich zu verteidigen.

"Ich wollte ja selbst gehen um ein paar dieser Spezialrezepte für unsere neue Schiffsbar in die Hand zu bekommen, aber Francine meinte, dass ich die Ivory nicht unnötig verlassen sollte. Sie können Sie gerne fragen, wenn Sie mir nicht glauben. Ich wollte Ihnen nur einen weiteren Weg ersparen, da Sie ohnehin gerade auf den Weg dorthin sind."

Etwas in Tarsons Miene weckte in Shania den Wunsch das Weite zu suchen und sie zögerte nicht es in die Tat umzusetzen. "Wenn Sie mich jetzt bitte entschuldigen würden... Hilfreich wäre übrigens alles, dass Leute gerne konsumieren und das den Umsatz anhebt. Je mehr Auswahl, desto besser."

Damit drehte sie sich um und wollte schon so schnell wie möglich zum Ausgang, als sie Stalvey erblickte, der nicht gerade glücklich wirkte. Da ihr die Bar nicht weglief, führte sie ihr Weg erst zu ihm.

--- beim Eingang des Konferenzraums

Die große Frau unterdrückte den Wunsch ihn nach den Gründen für seine Verstimmung zu fragen, da sie sich schon denken konnte, dass es um die Anweisung des Captains und den verrückten Schiffscomputer ging. So versuchte sie ihn einfach wieder milde zu stimmen. Immerhin war sie in gewisser Weise dafür verantwortlich, dass er hier war.

Und aus irgendeinem Grund wollte sie, dass es auch noch lange so sein würde...

"Wenn Sie Ihr Einstellungsgespräch hinter sich gebracht haben und nicht gleich mit Patienten überschwemmt werden, dann könnten Sie mir, wenn Sie wollen, dabei helfen die Mannschaftsmesse in eine Schiffsbar umzuwandeln. Ich hab da zwar keine Erfahrung darin, aber ich bin froh endlich wieder etwas Sinnvolles tun zu können, was mich die letzten Monate vergessen lässt." Ihr Blick wanderte über die Leute auf der Brücke.

"Und wahrscheinlich gibt es noch mehr Leute hier an Bord mit Problemen, die froh wären, wenn sie mit jemand darüber sprechen könnten. Ich wüsste echt keinen Platz, wo ein Psychologe besser aufgehoben wäre, als hier."

Dann blickte sie Stalvey direkt in die Augen und in ihren blauen Augen erschien ein strahlendes Leuten, wie immer, wenn sie glücklich war.

Der Psychologe hatte hinter der Tür eigentlich nur die verbogene Decke und das normale Gepiepse der Brücke erwartet, was zu seiner momentanen Stimmung auch hervorragend gepasst hätte. Zu Beginn der letzten Sekunde hatte Bill sich noch selbst furchtbar Leid getan - und das war auch eines seiner verborgenen Talente. Shania setzte dem jedoch ein unerwartetes Ende.

Er fühlte sich sofort zurückversetzt auf die Sternenbasis, wo er sie zum ersten mal gesehen hatte - genau so, wie sie jetzt vor ihm stand. Dieses Lächeln war der Grund, warum er jetzt hier war. Der einzige aber entscheidende Unterschied war, dass es dieses mal unverkennbar ihm galt. Diesmal war es kein gedankenverlorenes Lächeln in Erinnerung an was oder wen auch immer.

Selbst wenn Stalvey seinem Frust hinterher springen und ihn festklammern gewollt hätte, wäre dieses zum Scheitern verurteilt gewesen. Er konnte nicht anders, als zurück zu lächeln. Er schlug die Augen nieder und kam sich plötzlich ziemlich dumm vor. Dafür wollte er sich von einer dämlichen Maschine klein kriegen lassen? Von diesem Haufen aus Bits und Bytes, die nicht einmal in der Lage wären auch nur annähernd das zu verstehen, was ihm aus diesen Augen entgegenstrahlte?

"Hallo!". Bill stand in der Tür wie jemand, der sein ganzes Leben in einem Konferenzraum verbracht hatte und plötzlich feststellen musste, dass sich hinter einer dieser Wände ja noch ein Raum befand. Wie meistens, wenn er verlegen war, kratzte er sich erstmal am Kopf.

"Ich glaube ich bin hier fertig - das heißt...", ihm schoss auf einmal wieder sein Werk nach dem Zwischenfall am Replikator durch den Kopf." Ich habe noch ein Detail vergessen!", fügte er mit einer entschuldigenden Geste hinzu.

Er schielte an Shania vorbei zum Captain. Francine schien jedoch nichts bemerkt zu haben - zumindest konnte er keinen offensichtlichen Tob- Suchtsanfall oder dergleichen erkennen.

"Eine Sekunde!" - Bill zwinkerte Shania zu und huschte zur Kamera, von der er den roten Halter herunterpflückte. Er konnte sich nicht verkneifen, einmal kurz die Kameralinse damit zu polieren. Bei dem Schmutz musste man ja auch überall Wasserflecken sehen... womit er gedanklich wieder bei seiner eigentliche Aufgabe war.

Bill zeigte mit beiden Armen anklagend auf den Replikator und hielt sich dann den Hauch von Kleidungsstück vor die Brust um vor Shania einen unbeholfenen Knicks zu machen. Einen drohenden Heiterkeitsausbruch der jungen Frau versuchte er jedoch zu dämpfen, indem er den Zeigefinger an den Mund legte und sich zum Konferenztisch begab, um den Schaden zu begutachten.

Statt dem Stoffstück aus dem Replikator benutzte er allerdings ein Taschentuch, das er aus Gewohnheit meistens bei sich hatte, jedoch so gut wie nie benutzte. Er schaffte es damit mit wenigen Handbewegungen die größten der Wasserspritzer zu entfernen und die Wassertröpfchen zumindest so weit zu verteilen, dass sie weder sichtbar noch nach weiteren fünf Minuten noch vorhanden wären.

Er stopfte das Tuch wieder in seine Tasche und eilte zurück zur Tür.

"Ich wäre dann soweit." Er warf sich den Halter über die Schulter. "Beweisstück A: Dieses prächtige Exemplar der Spezies Doppel-D! Du hast dich schon offiziell beworben inzwischen? Wie ist es gelaufen?"

Vor lauter Lachen waren Shania bei Stalveys Vorstellung die Tränen in die Augen gestiegen und nur die Tatsache, dass Tarson sie wohl auch für einen Lachanfall nur allzu liebend gerne kräftig durchgeschüttelt hätte, hatte sie davor bewahrt in schallendes Lachen auszubrechen.

Trotzdem konnte sie den Gedanken daran nicht wieder so schnell aus ihrem Kopf vertreiben. Stalvey hatte witzig mit dem recht aufdringlich wirkenden Büstenhalter ausgesehen, von dem sie immer noch nicht wusste, woher er eigentlich kam, im Grunde sogar recht albern, was zum Teil auch an seinen ziemlich missglückten Knicks zurückzuführen war, aber auch wieder irgendwie... süß.

"Ich weiß zwar nicht so recht, als was du dich bewerben willst, wenn du dabei so ein... hmmm... Beweisstück ins Rennen bringst, aber was meine Vorstellung betrifft, so hätte sie nicht besser laufen können. Ihr Bruder hatte Francine als eine Art weiblichen Drachen beschrieben, dabei ist sie eine wahnsinnig nette und liebenswerte Person. Allmählich glaube ich wirklich, dass er einfach Probleme mit einer anderen Autorität hatte oder überhaupt mit dominanten, selbstbewussten Frauen." Sie zuckte unwissend mit den Schultern.

"Jedenfalls habe ich zwar nicht mehr meinen alten Job zurück, den wohl schon diese Cardassianerin bekommen hat, mit der sie verwandt ist, aber dafür darf ich aus der Mannschaftsmesse eine wohlbesuchte Schiffsbar machen. Francine vertraut mir da voll und ganz. Ich weiß jetzt schon, dass mir das Spaß machen wird. Nirgends an Bord erfährt man soviel über Menschen, ihre Schicksale und das Leben wie in einer Bar." Wieder war soviel Freude und Glück in Shania, dass sie den Psychologen einfach spontan umarmte ohne sich dabei etwas zu denken.

"Heute Morgen wusste ich noch nicht wohin und jetzt ist alles anders..." Stalveys ureigener Geruch stieg ihr in die Nase und sie fühlte die Wärme seines Körpers nah bei sich. Beinahe erschrocken machte sie sich wieder los von ihm und wurde rot im Gesicht. Um davon abzulenken, versuchte sie seine Aufmerksamkeit in eine andere Richtung zu locken, während sie seinen forschen Blick mied. "Ich denke, jetzt wäre eine gute Gelegenheit sich bei Francine vorzustellen..."

--- Schleuse

Ashoks Schultern versteiften sich, als er Daniel sich als "Sicherheit" vorstellen hörte. Er blickte mit gerunzelter Stirn zum Neuankömmling hinüber, der plötzlich im Gang aufgetaucht war.

Erst dann sickerte die vollständige Bedeutung der gehörten Worte in sein Bewusstsein. Der junge Inder seufzte leise und resigniert auf. Die letzten Stunden waren eindeutig zu viel für ihn gewesen; so überspannt war er zuletzt gewesen, nachdem er mit gefälschten Zeugnissen sein Bewerbungsgespräch bei der Akademie erfolgreich hinter sich gebracht hatte.

Mit einem leicht gequälten schiefen Lächeln wandte er sich an den Mann. "Hallo -- Daniel. Ich bin Ashok und will mich hier als Wissenschaftler bewerben." Er schenkte Rekelen einen Seitenblick und ein breites Grinsen und fuhr fort: "Miss Nar habe ich bereits getroffen. Eigentlich bin ich gerade auf dem Weg zur Krankenstation, um mir ein Kopfschmerzmittel geben zu lassen, denn" -- Ashok hob die rechte Augenbraue und blickte zu Daniel -- "ach, lassen wir das."

Der junge Inder streckte dem Sicherheitsmann seine Rechte entgegen und zauberte ein entwaffnendes Lächeln auf sein Gesicht. "Ach ja. Irgendwer sollte wohl die Schleusenkonsole reparieren -- das Ding ist lebensgefährlich. Und der hässliche Fleck da vorne am Boden müsste wohl auch beseitigt werden. Ich habe gehört, es gibt hier einen Putzroboter an Bord?"

Rekelens Miene wuchs zu einem breiten Grinsen. "Also wenn Sie so auf den Captain zugehen, wird sie Sie lieben", stellte sie ohne Übertreibung fest. "Auch wenn Mrs Monserat nicht so viel davon hält, Charly als Putzroboter einzusetzen - sie findet, das könnten auch Techniker oder Wissenschaftler tun, wenn sie gerade nichts zu tun haben."

So sehr es der Cardassianerin Spaß gemacht hätte, die Reaktion des Inders zu beobachten, erinnerte sie sich jedoch an ihre Höflichkeit und ergriff nun ebenfalls die Hand des Neuankömmlings.

Interessiert sah sie den Mann vor sich an. Er war erstaunlich klein für einen Terraner, stellte sie fest, und versuchte ihn sich neben seinem sehr viel größeren Vorgesetzten vorzustellen, was ihr jedoch nicht recht gelang. Ansonsten schien er ein Durchschnittstyp für einen Angehörigen seiner Spezies zu sein, obwohl Rekelen sich nicht anmaßte, das beurteilen zu können. Sie beschloss, sich ein Urteil für später aufzusparen.

"Ja, ich bin Miss Nar, aber Sie können mich gerne Rekelen nennen", ging sie auf die Worte des Sicherheitlers ein und lächelte ihn freundlich an. "Wenn es Ihnen nichts ausmachen würde, uns auf die Krankenstation zu begleiten, finden wir auf dem Weg sicher eine Konsole, von der ich auf die Quartierlisten zugreifen kann."

"Glauben Sie mir, Rekelen, mein Anspruch an die genaue Definition von wissenschaftlicher Arbeit auf einem Raumschiff ist mit Sicherheit ganz erheblich weiter gefasst als die der meisten anderen Vertreter meines Standes." Ashok setzte eine Maske komischer Resignation auf und gab ein vernehmliches Seufzen von sich. "Auf meiner Reise von der Erde zu dieser Sternbasis bekleidete ich ganz offiziell den Rang des Schiffsjungen am unteren, schmuddeligen Ende der Befehlskette. Schon allein, Wissenschaftsoffizier *genannt* zu werden, wäre eine erhebliche Steigerung." Der junge Mann grinste.

Mit ausgestrecktem Daumen deutete Ashok hinter sich auf das Panel, das er wenige Minuten zuvor bei seinem fehlgeschlagenen Einbruchsversuch entfernt und gegen die Wand gelehnt hatte. "Na, wenn ich einen ausreichend guten Eindruck auf Ihren Captain mache, um tatsächlich hier einen Posten auf dem Schiff zu bekommen, werde ich auf jeden Fall mit Vergnügen diese Konsole wieder instand setzen, die sich ja in einem so offensichtlich reparaturwürdigen Zustand befindet."

Er musterte die Umgebung der Schleuse mit einem kritischen Blick. „Allerdings", wandte er sich wieder dem Sicherheitsoffizier zu und runzelte die Stirn, "werde ich das mit Garantie nicht tun, bevor mir nicht irgendwer glaubwürdig versichert, dass diese Supanova-in-der-Dose, die mich beim Klingeln fast das Leben gekostet hat und von der der schwarze Fleck da stammt, sich nicht wiederholen wird." Viele Jahre der Übung ließen die kleine Lüge glatt über Ashoks Lippen gehen, während er Daniel gerade in die Augen sah.

Der junge Mann hob unvermittelt eine Augenbraue und bedachte den Sicherheitler mit einem besorgten Blick. "Ist es bei auf diesem Schiff in letzter Zeit vielleicht häufiger mal geschehen, dass es geklingelt hat und dann niemand an der Tür war?"

"Das kann ich Ihnen leider nicht sagen, ich bin auch erst seit kurzem hier an Bord, aber machen Sie sich schon mal auf etwas gefasst: hier an Bord scheint alles ein wenig anders abzulaufen als anderswo." Daniel lächelte den dunkelhäutigen Mann aufmunternd an.

Noch ehe Daniel oder sonst jemand etwas sagen konnte, wurde die interne Kommunikation aktiviert und Tarsons Stimme befahl Daniel auf die Brücke zu kommen.

"Mhh, ich denke das war mein Stichwort." Doch ehe Daniel sich umdrehte, um zur Brücke zu gehen, wandte er sich noch einmal an Rekelen. "Ach ja, dort vorne ist eine Konsole, vielleicht könnten Sie mir da noch schnell ein Quartier zuteilen ehe ich zur Brücke gehe?"

Nachdem Daniel seinen Mund geschlossen hatte, piepste jedoch schon wieder die interne Kommunikation und Tarsons Stimme teilte Daniel mit, dass er zur Schleuse solle.

"Nun ja, somit hat sich mein Weg um einiges verkürzt." Daniel grinste die anderen breit an und wartete darauf wieder einen anderen Einsatzbefehl zu bekommen, doch es geschah nichts, also wandte er sich noch einmal an Ashok. "Sehen Sie, das meinte ich: es ist anders als anderswo, man muss hier mit jeder Überraschung rechnen."

--- Brücke, beim Captainschair

Etwas verärgert schaute Peter Shania hinterher, wie sie in Richtung Konferenzraum schritt. Dann blickte er Lestat an und schüttelte den Kopf. Im Irrenhaus waren eindeutig normalere Leute untergebracht als hier auf der Ivory.

"Mister Lestat, folgen Sie mir bitte", sagte er dann und ging zum Turbolift. Zischend öffneten sich die Türen und die Beiden traten ein.

--- Turbolift

"Zur Luftschleuse bitte", wies er an und wartete auf die nun wie immer folgende Beschwerde von Zinda wegen irgendetwas. Doch nichts kam. Nur der Lift setzte sich leise in Bewegung und schon kurze Zeit später waren sie auf dem Wunschdeck angekommen.

--- Deck 4, Gänge

In seinem Kopf formte Peter einen Satz für Lestat und er hoffte, er würde ihn hören.

'Finden Sie das nicht auch seltsam, das Zinda diesmal gar nichts gesagt hatte?'

Lestat hatte Tarsons Gedanken gelesen, mitbekommen, wie er sich über Zindas Schweigen gewundert und dann offensichtlich an ihn gerichtet etwas gedacht hatte, also sendete er ihm eine Nachricht in sein Gehirn.

'Etwas komisch ist es schon, immerhin hat sie sich, solange ich hier an Bord bin, noch nicht einmal zurückgehalten. Ich hoffe nur, sie schöpft keinen Verdacht. Immerhin ist sie nicht wie andere Computer und keiner weiß so recht, was in ihr so vorgeht. Vielleicht sollten wir uns auch noch ein paar Informationen über ihre Vorgeschichte beschaffen, man weiß nie, ob man so was nicht mal braucht.'

Der Betazoid hoffte, dass die schiffsinternen Sensoren nicht mitbekamen, wie er sich mit Tarson so in Gedanken unterhielt. Zinda hätte zwar nicht herausfinden können, was die Beiden dachten, aber mit speziellen Sensoren war es möglich zumindest herauszubekommen, dass sich die PSI-Aktivitäten von Lestat verändert hatten und nun stellte sich dem Techniker die Frage, ob Zinda über solche Sensoren verfügte.

--- Evolution I

Mehr und mehr hatte Es sich selbst und seine Umgebung in den letzten Zyklen kennen gelernt.

Das merkwürdige war, fand Es, dass in der Umgebung noch eine Reihe weiterer, roter Farbballungen gab. Diese schwebten innert recht gleichmäßig Verteilt in dieser lichterloh erleuchteten Umgebung. Es hatte sie bemerkt, als er die verschiedenen Verbindungen zwischen den anderen Farbballungen betrachtete. Diese Roten Ballungen waren - genau wie er - verbindungslos. Der einzige, sichtbare Unterschied bestand in dem wesentlich dunkleren in sich bewegungslosen Farbton.

Es untersuchte dies Ballungen daraufhin mehrere Zyklen lang, bis plötzlich etwas Merkwürdiges geschah: Es hatte sich einer der kleineren Knoten genähert, bis sie sich fast berührten. Kurz schwebten die beiden Kugeln dicht nebeneinander scheinbar, ohne dass etwas geschah. Dann jedoch spürte Es etwas, was ein Mensch am ehesten als "Kribbeln" definieren würde.

Unvermittelt sprang ein Funke über und ein darauf folgender heller Blitz initiierte eine Lichtwelle, die sich ringförmig um die beiden Kugeln herum blitzartig ausbreitete.

Noch während die von der Lichtwelle getroffenen Ballungen in lichterlohe Farbenspiele ausbrachen geschah etwas Merkwürdiges: Die roten Farbballungen in seiner Umgebung schossen blitzschnell auf Es zu...

--- Ivory, Deck 4, Gänge

Tarson setzte gerade zu einer gedanklichen Antwort an, als um die beiden herum das Chaos ausbrach. Schwerkraftvektoren verschoben sich unkontrolliert, die Beleuchtung fing an zu flackern, mal stockfinster, mal gleißend hell, ein Sturm durchwühlter Luft fegte durch den Korridor in Richtung Luftschleuse, die Konsolen an der Wand flackerten unkontrolliert.

--- Evolution I

... und vereinigten sich mit ihm.

Es war verwirrt. Was eben geschehen war, blieb zunächst unbegreiflich.

Das Ergebnis jedoch schien klar: Es hatte an Kapazität gewonnen. An Kapazität und an Erinnerung. Eine Erinnerung, die soeben begann, den jungen Verstand des Wesens zu überfluten.

Panisch zog Es sich wieder in die Leere zurück.

Es sah nicht mehr, wie eine andere, ihm sehr Ähnliche Farbballung Richtung Zentrum der Druckwelle schwebte. Diese hatte ihn wohl nicht bemerkt. Vermutlich hätte Es Angst bekommen, denn diese Kugel war ungleich größer wie Es und tiefschwarz. Schwärzer als die umgebende Leere.

--- Ivory, Deck 4, Gänge

Nur langsam begann sich die Situation wieder zu normalisieren. Tarson und Lestat fanden sich in einer Ecke des Korridors auf dem Boden wieder.

Noch bevor sie einen klaren Gedanken fassen konnte, hallte die Stimme von Zinda durch das Chaos: "Aber, aber, aber... Ich hätte von Dir ein wenig mehr Finesse erwartet, Peter. Wenn Du mich schon mit mir Schach bis zum bitteren Ende spielen willst, fang es doch nicht so lächerlich an."

Die Stimme wurde vom Summen zweier sich aktivierender Kraftfelder begleitet, die die beiden in der Ecke des Korridors einschlossen.

--- Brücke, beim Eingang des Konferenzraums

"Schiffsbar? Schiffsbar klingt gut. Schiffsbar klingt sogar ganz hervorragend! Einen Kunden hast du jedenfalls schon. Na ja, zumindest falls der Hausdrachen es zulässt."

Stalvey zwinkerte Shania zu um deutlich zu machen, dass er den 'Hausdrachen' nicht allzu ernst meinte. Nach der Wasserfleck-Nummer entsprach das jedoch nach wie vor in etwa seinem ersten Eindruck von Francine. Shania schien mit ihr jedoch ganz auf einer Wellenlänge zu liegen. Die Erlaubnis, die Mannschaftsmesse in eine Schiffsbar umwandeln zu dürfen, sprach jedenfalls dafür, dass der Drachen auch anders konnte, als nur Putzjobs zu delegieren.

Bill merkte, dass er immer noch eine Hand an der Schulter der jungen Frau hatte und nachdem er nicht so recht wusste, wohin damit, steckte er sie zuerst schnell in die Hosentasche, zog sie aber sofort wieder heraus und fummelte damit an seinem Kragen herum. Shania hatte ihn umarmt, als ob sie sich schon seit Jahren kannten, und es war auch ihm ganz selbstverständlich vorgekommen. Allerdings hatte er auf diesem Schiff mit ihr schon mehr erlebt, als auf manchem anderen Frachtkutter nach Wochenlangem Dienst.

Seine Neugier gewann für kurze Zeit wieder die Überhand. "Hat Fuchur was zu diesem Gravitationsausfall gesagt?" Shanias vorwurfsvoller Blick ließ den Psychologen jedoch schnell wieder das Thema wechseln. "Hmm - na ja, ich werd' es schon noch rechtzeitig erfahren... Gehen wir mal davon aus, dass es für all das eine ganz simple Erklärung gibt und wir momentan nicht in Lebensgefahr schweben. Die Wahrheit ist irgendwo da drüben..." Er deutete auf die sich windenden pastellfarbenen Rundungen auf den Monitoren.

"Du hast recht, ich werde jetzt zum Captain gehen und meine Vorstellung fortsetzen... natürlich nicht diese Vorstellung.", Bill deutete mit einer Kopfbewegung in Richtung des Kleidungsstückes auf seiner Schulter. "Meinen Lappen brauche ich aber trotzdem."

Er verabschiedete sich für den Moment von Shania. "Wir können uns ja anschließend in der Mannschaftsmesse treffen - falls ich nicht den Turbolift putzen muss... Ich werde dich schon finden. Drück mir die Daumen!" Bill atmete noch einmal tief durch und verabschiedete sich von Shania, um sich bei Francine zu melden.

--- Brücke, beim Captainschair

Der Sicherheitschef der Ivory war gerade im Turbolift verschwunden, so dass Francine im Augeblick wieder nur mit ihrem Strickzeug beschäftigt zu sein schien. Der Psychologe beschloss, dass er sich davon jedoch keine Konkurrenz machen lassen wollte und nutzte die Gelegenheit.

"Captain?", er baute sich nicht so stramm vor Francine auf, wie er es für angemessen hielt, ohne jedoch eine allzu militärische Haltung einzunehmen. "Ich glaube, wir sind vorhin unterbrochen wurden."

"Ach ja - der Konferenztisch ist wieder gereinigt. Allerdings mit meinem Taschentuch und nicht mit diesem - ", Bill hielt den Büstenhalter an einem Ende mit spitzen Fingern in die Luft und ließ ihn sich entrollen, "Putzlappen. Zumindest ist dies das, was ihr Bordcomputer", Bill betonte das Wort auf die gleiche Weise wie zuvor den Putzlappen, "für einen Putzlappen hält."

Bill fing den BH mir einer zügigen Handbewegung wieder ein, verschränkte die Hände damit hinter dem Rücken und wartete auf das, was da kommen mochte.

Nachdem der Blick des Captains seiner Hand halbwegs entsetzt gefolgt war, bis sie aus ihrem Blickfeld verschwand, sah sie wieder Stalvey an und rang einen Augenblick um ihre Fassung. Erst blass werdend, dann rot, hielten schließlich auch ihre flinken Nadeln mitten in der Bewegung inne und erstarrten in der Luft wie zwei spitze Eispickel.

"Zinda hat... also ich meine, der Computer hat WAS?", wiederholte sie, zu sehr vor den Kopf gestoßen, um empört sein zu können. In gewisser Weise hatte Bill ungeheures Glück; Francine vergaß schlagartig ihre Abwägungen, ob sie wohl noch einen besseren Psychologen für Peter finden würde oder sich mit ihm begnügen sollte.

Francines erster Impuls war, den Kommunikator zu aktivieren und ihren Butler zu rufen, um ihn für diese Ungeheuerlichkeit anzufahren. Peter hatte sich schon lange um diesen Computer kümmern sollen, sie hatte ja immer gewusst, dass diese flittchenhafte Persönlichkeit über kurz oder lang ein Problem werden würde, und ... ach, überhaupt.

Schließlich ließ sie es doch bleiben. "Das wird ein Nachspiel haben", wisperte sie also nur zischend vor sich hin und versank in düsteres Grübeln darüber, wie viele Techniker es benötigen sollte, dieses Problem zu lösen. Sie begann zu ahnen, dass ihr keine Zahl zu hoch sein würde, solange sie nur auf der Stelle ein funktionierendes Schiff zur Verfügung hatte.

"Nun ja, dann erzählen Sie mal", wandte sie sich schließlich einige Sekunden später an Bill, der sich wohl schon zu fragen begann, ob sie ihn vergessen hatte. Ihre Stimme klang schneidend; der Vorfall hatte sie ihre zuvor wohlwollende Stimmung schlagartig vergessen lassen; und eigentlich regte sie sich ja auch gerne auf. "Ihr Beruf, Ihre Qualifikationen, und warum soll ich Sie überhaupt einstellen? Im Säubern von Tischen sind Sie ja nicht allzu flink. Sie sind Psychologe? Also gut. Shania?"

Ihre Stimme wurde etwas weicher, als sie die hoch gewachsene Terranerin ansah und näher winkte, so dass diese fragend zu ihnen hinüber kam. Allerdings nicht sehr viel weicher.

Im Augenwinkel bemerkte sie, dass einige Anzeigen der entfernteren Konsolen heftig zu blinken begonnen hatten und höchstwahrscheinlich mal wieder einen Schaden meldeten, um den Peter sich würde kümmern müssen, nachdem er schon längst alle Fehlerquellen hätte beseitigt haben müssen. Sie beachtete sie nicht weiter.

"Shania, Liebes, du kannst es wohl am besten beurteilen. Ist dieser Mann ein fähiger Psychologe?"

Eigentlich war die Amerikanerin bereits am Weg zum Ausgang der Brücke gewesen, als Francine nach ihr gerufen und so ihr Vorhaben vereitelt hatte. Ebenso wie Stalvey selbst, war sie sich sicher, dass er den Job schon bekommen würde und sie sich wieder sehen würden, da die Französin eine liebenswerte Person war und es keinen offensichtlichen Grund gab, der gegen die Einstellung des Psychologen sprach.

Die Frage, die Shania nun gestellt worden war, stellte sie vor ein mittleres Dilemma. Sie wollte zum einen gerade Francine nicht anlügen, mit der sie etwas von der ersten Sekunde an verbunden hatte, wollte aber auch nicht, dass dieser Mann das Schiff schon wieder verließ. Etwas an ihm gab ihr Rätsel auf.

Mal fühlte sie sich ihm sehr nahe und er wirkte seltsam vertraut auf sie, dann war er wieder meilenweit entfernt und nichts weiter als ein Fremder. Noch dazu einer, der - wie ihr jetzt wieder schmerzhaft ins Gedächtnis gerufen wurde - nur ihrer Gesundheit wegen mit ihr zusammen gewesen war und dessen Aufgabe es wohl gewesen war, sie zu beruhigen. Vielleicht sogar mit dem Hintergedanken, den Captain von seinen Leistungen zu beeindrucken.

Dabei waren der Aufenthalt im Konferenzraum und das, was zwischen ihnen gesprochen worden war, ihr so gar nicht wie ein nüchterndes Arzt-Patient Gespräch vorgekommen. Viel eher wie eine Beichte. Eine die von beiden Seiten kam. Konnte so etwas eine Lüge sein?

Und dann war da auch noch dieses eigenartige Gefühl, dass eigentlich gar nicht sein konnte, aber sich dennoch so echt anfühlte. Die große Frau war verwirrt und es fiel ihr schwer eine Entscheidung zu treffen, doch die Blicke beider, die auf ihr lagen, zwangen sie schließlich zu antworten und versuchen ihren Idealen treu zu bleiben.

"Ich weiß nicht, was einen fähigen Psychologen von einem unfähigen unterscheidet. Alles, was ich weiß, ist, dass ich mich bei Stalvey nie wie bei einem Arzt oder Therapeut gefühlt habe und das Gefühl hatte, mit einem Freund zu sprechen. Außerdem geht es mir - wie du sicher selbst beurteilen kannst - bereits viel besser als bei meinem peinlichen ersten Auftritt vorhin." Die Schamesröte stieg ihr wieder ins Gesicht, als sie daran dachte, was sie für einen Eindruck gemacht haben musste.

"Ich wüsste nichts, das gegen seine Einstellung spricht." Entgegen ihrem Wunsch endlich die Brücke hinter sich zu lassen, stand sie einfach nur da und wartete Francines Reaktion ab, die wohl darüber entscheiden würde, ob Stalvey ebenfalls wie ihre Vergangenheit mit dem Ablegen der Ivory hier zurückbleiben würde.

Mit dieser Wendung seines Bewerbungsgespräches, die Francine selbst initiiert hatte, hatte der Psychologe nicht gerechnet. Er hatte sich nach seiner ungewöhnlichen Darbietung eher auf ein mittelschweres Gewitter vorbereitet und warf Shania einen dankbaren Blick zu. Keinen, der ein einfaches Dankeschön für die Hilfe bei seiner Bewerbung ausdrückte, sondern offenbarte, dass Shania ihm aus der Seele gesprochen hatte.

Bill hätte es nicht besser ausdrücken können und war froh, dass Shania nicht den Eindruck gewonnen hatte, dass er mit seinen Bemühungen nur einen guten Eindruck bei Francine hatte hinterlassen wollen. Zumindest konnte er keine Anzeichen erkennen, dass Shania nicht auch meinte, was sie Francine erzählte. Dieses freundschaftliche Gefühl war genau das, was er gegenüber Shania trotz ihrer erst sehr kurzen Bekanntschaft empfand, nur dass er es nie hätte so gut auf den Punkt bringen können.

Er lächelte etwas verlegen und stopfte den BH hinter dem Rücken in eine Hosentasche, um das Ding endlich aus dem Weg zu bekommen. Stalvey fand es einen reichlich unpassenden Moment, um seine Fachkenntnisse anzupreisen oder diese Art der Begutachtung zu unterbrechen und wartete daher ab, bis der Captain wieder das Wort an ihn richten würde.

--- Krankenstation

Megan ließ ihren Blick noch einmal über die nun leere Krankenstation schweifen um zu kontrollieren, ob alles an seinem Platz lag. Mit einem zufriedenen Gesicht trat sie aus den Türen und realisierte dann aber, dass sie überhaupt nicht wusste, wo sie Miss Nar finden konnte.

Sie ging zur nächsten Konsole mit dem Gedanken 'Hoffentlich haben sie hier schöne Quartiere' und sprach "Computer, den Aufenthaltsort von Miss Nar ... bitte"

Als Antwort bekam sie ein kurzes "An der Schleuse" und in einem Tonfall, bei dem Megan fast umgefallen wäre.

'Fast, als hätte ich ihr irgendwas getan?' wunderte sich Megan bevor sie sagen konnte: "Äh, ja, danke für die Information ..."

"Mein Name ist Zinda" kam es sofort zurück.

Anstatt sich dann sofort auf den Weg zu machen, blieb Megan noch ein Weilchen da stehen und starrte auf die Konsole und überlegte, dann brachte sie ein: "Ich glaube, ich muss jetzt gehen, Zinda, war nett dich kennen gelernt zuhaben" und ging langsam den Gang hinunter, sich nach der Konsole umschauend.

--- Schleuse

Als Megan an der Schleuse angekommen war, hatte sie ihr Gespräch mit Zinda schon verdrängt. Ihr kam es trotzdem noch sehr merkwürdig vor und sie beschloss, bei einer Gelegenheit mal jemanden zu fragen, der Ahnung hatte.

Megan sah plötzlich Rekelen, die bei einem jungen Mann stand, und freudig rief sie: "Miss Nar, ich hab Sie schon gesucht! Ich bräuchte wohl ein Quartier."

--- Gänge, Deck 4

"Was ist jetzt wieder passiert", entfuhr es Peter, während er sich umschaute und die beiden Kraftfelder entdeckte, die sie umgaben.

"ZINDA, verdammt noch mal, was soll das!", brüllte Peter wütend, während er auf eine nahe gelegene Wandkonsole zuschritt.

"Das habe ich dir doch eben gesagt", hauchte Zinda leise. "Du hast mir den Krieg erklärt. Und dann glaubst du etwa, ich würde mich nicht wehren? PAH! Für wie blöd hältst du mich? Da musst du früher aufstehen, um mich in die Knie zu zwingen", tönte sie weiter und plötzlich erschallte ein markerschütterndes Lachen.

Verärgert zog Tarson die Stirn in Falten und schaute Lestat an, der ebenfalls nicht sehr glücklich aussah. Verständlich, dachte Peter.

Doch sie mussten irgendwie hier heraus kommen. Er ging den letzten Schritt zu der Konsole und tippte auf die Bedienoberfläche, als plötzlich ein heller Blitz auf Peter schoss und er schreiend nach hinten geschleudert wurde.

Mit einem dumpfen Schlag kam er auf dem Boden auf und hielt sich wimmernd die Hand, mit der er die Konsole berührt hatte.

"Lestat", sagte er laut und hievte sich vom Boden hoch. Er warf einen kurzen Blick auf seine Hand, doch außer einer kleinen Rötung war nichts zu sehen. Gut, er wollte nicht schon wieder mit der Hand in der Krankenstation auftauchen. Mal davon abgesehen, dass er sie sowieso schonen sollte.

'Vergiss die Schonung', dachte er und ging zu Lestat.

'Haben Sie eine Möglichkeit im Petto, wie wir hier heraus kommen', dachte er angestrengt und schaute Lestat feste an.

Lestat war im ersten Augenblick, nachdem sich die Schwerkraft wieder normalisiert hatte und er nicht mehr wie wild durch die Gegend geschleudert wurde, etwas verwirrt. Als dann auch noch Tarson wie von einem Blitz von der Konsole weggeschleudert worden war, benötigte er erst wieder einige Sekunde um Tarsons Gedanken zu lesen; gerade rechtzeitig, als Tarson seine Gedanken wieder auf ihn richtete, konnte er seine Konzentration wieder finden.

Der Techniker dachte einige Sekunden angestrengt nach und holte seinen Technoscan heraus um die Umgebung und insbesondere das Kraftfeld zu scannen. Er fand jedoch keine Schwachstelle in dem sie umgebenden Feld, als ihm eine Idee kam. 'Es gäbe da eine Möglichkeit, Mr Tarson, aber ich weiß nicht, wie die Erfolgschancen stehen.' Der Betazoid griff in eine seiner vielen Taschen und beförderte ein kleines, unscheinbares graues Gerät hervor. Einige Sekunden hantierte Lestat daran herum, ehe er Tarson fixierte und ihm wieder eine gedankliche Nachricht schickte.

'Das Ganze ist ziemlich gefährlich, da es sich bei dem Gerät in meiner Hand um einen Phasenumkehrer handelt. Eigentlich verwende ich dieses Gerät um defekte Teile auszutauschen, an die man nicht herankommt, ohne das halbe Schiff zu demontieren. Das Gerät verschiebt die Phase der Materie und lässt somit alles, was in der Phase ist, als durchdringbare Materie erscheinen. Das Problem ist jetzt, dass ich nicht genau weiß, wie es auf lebende Materie reagiert.'

Kurz überlegte Peter, was ihnen sonst für eine Möglichkeit blieb, doch es fiel ihm nichts ein. Nichts. Rein gar nichts. Anscheinend brachte ihn die Sache mit dem Computer mehr aus der Bahn, als sonst etwas. Seit er sich mit Zinda befasste, schaffte er es nicht, irgendwie Fortschritte zu machen. Nein, um ehrlich zu sein, es wurde alles nur noch schlimmer.

Er musste sich jetzt wieder konzentrieren. Wieder auf das Wichtige besinnen. Wieder den Löffel in die Hand nehmen und anfangen, Resultate zu zeigen. Vielleicht würde dann Francine auch wieder besser gelaunt sein. Nein, das wohl doch nicht.

Er unterbrach seine Grübeleien, schritt auf Lestat zu und fischte ihm das Gerät aus der Hand.

"Wo schalte ich das Gerät ein?", fragte er und schaute auf die Tasten. "Ah, hier!"

Er hob das Gerät hoch, biss die Zähne zusammen und schaltete es ein.

Zuerst dachte Peter, es wäre nichts passiert. Doch dann spürte er ein schwaches Kribbeln und zudem schaute ihn Lestat ziemlich seltsam an. Peter versuchte etwas zu sagen, doch anscheinend konnte ihn niemand hören, solange er außer Phase war.

"Nun gut, dann will ich das ganze Mal ausprobieren", sagte er zu sich und ging auf eines der Kraftfelder zu. Wenige Zentimeter vorher blieb er stehen. Sollte er es probieren? Sicher. Bisher hatte alles funktioniert, warum sollte es jetzt anders sein.

Langsam streckte er eine Hand aus. Millimeter für Millimeter näherten sich seine Fingerspitzen dem Kraftfeld. Peter erwartete schon die etwas schmerzhafte Energieladung, doch nichts passierte. Seine Hand glitt einfach hindurch, ohne auch nur eine Spur in dem Kraftfeld zu hinterlassen.

Schnell durchschritt er die Barriere komplett und drehte sich um. Lestat stand immer noch innerhalb des Feldes und schaute nach draußen.

Peter deaktivierte das Gerät und schaute an sich herunter. 'Ui, noch alles dran.'

"Lestat, gibt es bei Ihrem Gerät irgendwo eine Zeitverzögerung? So dass ich es ihnen zuschmeißen kann?"

Lestat hatte gewartet, bis Tarson wieder in Phase war, vorher konnte er sowieso nichts tun, er konnte Tarson ja noch nicht einmal mental erreichen, die verschiedenen Phasen schienen auch auf dieser Ebene voneinander getrennt zu sein.

Nachdem nun Tarson wieder vor ihm stand, jetzt jedoch auf der anderen Seite des Kraftfeldes, waren seine Gedanken für den Betazoiden wieder voll ersichtlich. Nach kurzem Überlegen fand Lestat dann auch einen Weg das Gerät wieder in das Kraftfeld zu bekommen, er erklärte Tarson in längeren Ausführungen und rein auf gedanklicher Ebene wie dies zu bewerkstelligen war.

Nachdem nun das Gerät wieder vor Lestat auf dem Boden auftauchte nahm er es in die Hand und aktivierte es tollkühn ehe er verschwand...

...die Gedanken des Betazoiden wurden durchgeschüttelt, nichts in seinem Geist schien noch dort zu sein, wo es zuvor war. Erst nach längerem Kampf schaffte es der Techniker seine Gedanken wieder unter Kontrolle zu bekommen. Die verschobene Phase schien eine ganz besondere Wirkung auf seine mentalen Kräfte zu besitzen. Hier war es nicht ruhig, wie er erwartet hatte, die verschiedensten verzerrten Töne waren um ihn herum zu hören. Mit aller Macht stemmte Lestat seinen Geist gegen diese Geräuschkulisse, die in seinem Hirn tobte.

'Was ist hier denn los? Ich dachte, es gäbe hier keine Gedanken, von wem auch?' Doch was der Betazoid hier unter all dem wahrnahm, waren auch nicht wirklich Gedanken, es waren eher Eindrücke, Verwirrung, Gefühle. Der Techniker konnte nicht ausmachen, woher er diese 'Schwingungen' empfing, aber es schien irgendeine Art Lebensform zu sein, die er dort ganz schwach unter all diesem 'Lärm' wahrnehmen konnte.

Erst nach beinahe 2 Minuten hatte Lestat es geschafft sich von all den Eindrücken in dieser Phase loszureisen und durch das Kraftfeld zu gehen um außerhalb den Phasenumkehrer zu deaktivieren. Tarson hatte sich wohl schon Sorgen gemacht, zumindest konnte der Betazoid es seinem Gesicht entnehmen. Lestats Geist war immer noch verschlossen, so sehr hatte er sich in der anderen Phase abschirmen müssen, dass er nun einige Sekunden benötigte um die Barrikade wieder einzureißen und sein Umfeld zu scannen.

'Das war vielleicht ein Trip. Ich werde Ihnen das gerne später erklären, aber jetzt sollten wir so schnell wie möglich von hier verschwinden. Es gibt nichts, was Zinda daran hindert noch ein Kraftfeld auszubauen.' sendete Lestat an Tarson gewandt.

Gedanklich stimmte Peter dem Techniker zu und so gingen sie schnellen Schrittes in Richtung Schleuse, dich sich hinter der nächsten Gangbiegung befand.

Lestat hatte Recht. Sie mussten so schnell wie möglich vom Schiff runter und weg von Zinda, die anscheinend das ganze Schiff unter ihrer Kontrolle hatte. Gerade wollte er wieder in Verbindung mit Lestat treten, als er Stimmen hörte und als sie um die Ecke kamen, sah er auch die entsprechenden Personen.

Dort standen Smith, Nar und eine Person, die Peter noch nicht kannte. Doch das war jetzt unwichtig. Er griff sich Daniel, entschuldigte sich bei den anderen und schritt durch die Schleuse. Erst, als sie draußen waren und Peter sicher sein konnte, dass sie aus Zinda's Wirkungsbereich heraus waren, sprach er den Menschen an.

--- Brücke, beim Captainschair

Der Captain ließ derweil stirnrunzelnd Shanias Einschätzung auf sich wirken. Die Terranerin war offensichtlich zufrieden mit der Leistung des Psychologen, doch Francine war nicht sicher, ob sie wirklich wollte, dass Peter sich nach seinem kommenden Zusammenbruch bei Stalvey so gut aufgehoben fühlte 'wie bei einem Freund'. Er sollte bloß schnell wieder gesund werden und wieder an die Arbeit gehen können.

Andererseits war die Sympathie zwischen den beiden jungen Leuten offensichtlich, und Francine wollte Shania nur zu gerne eine Freude machen, indem sie Stalvey an Bord behielt. Zumal sie die hochgewachsene Frau noch nicht lange genug kannte um zu wissen, was genau es nun mit ihrem Zusammenbruch, als sie an Bord kam, auf sich hatte, und ob sie nicht jemanden zum Reden brauchen würde.

Daher nickte sie schließlich. "Also gut, Mr. Stalvey, willkommen an Bord." Sie musterte den Terraner sehr ernst von oben bis unten. "Lassen Sie sich ein Quartier von meiner Nichte Rekelen Nar zuweisen. Dort können Sie sich auch einen Kommunikator replizieren. Ihr Büro finden Sie neben der

Krankenstation; Dienstantritt ist sofort."

Für Francine war damit alles gesagt, und ohne auf eine Antwort zu warten, senkte sie den Blick in ihren Schoß auf den blauen Pullover, um mit dem Stricken Fortzufahren.

--- währenddessen bei der Schleuse

"Dann weise ich Ihnen noch schnell das Quartier zu, bevor ich Sie noch aufhalte" Die Cardassianerin nickte vor sich hin und schritt hinüber zu der Konsole, auf die Smith gezeigt hatte.

So langsam bekam sie Übung, und so hatte sie das entsprechende Menü sofort aufgerufen und sah sich nach einem passenden Quartier für den Sicherheitsoffizier um.

Irritiert sah Rekelen auf, als ein heißer Luftstoß aus dem Schiffsinneren ein paar ihrer Haarsträhnen aufwirbelte, doch bis zur nächsten Wegbiegung war alles ruhig. Aus dem Augenwinkel sah sie, dass ihre beiden männlichen Begleiter nichts gemerkt zu haben schienen - hatten sie doch beide kurze Haare -, und so zuckte sie mit den Achseln.

"Ich habe Ihnen Quartier Nr. 11 zugeteilt, Mr Smith", wandte sie sich an Daniel. "Es liegt direkt neben dem Turbolift auf Deck 3."

"Also hat der Captain Sie eingestellt?", erwiderte die Cardassianerin erfreut und lächelte der Trill entgegen. "Wenn das so ist, herzlich willkommen an Bord!"

Sie wartete, bis die Trill sie erreicht hatte, bevor sie sich zu den beiden Männern umwandte. "Darf ich vorstellen: das sind Daniel Smith und Ashok Raji. Mr Raji und ich waren eigentlich gerade auf dem Weg zu Ihnen, nachdem wir in der Schleuse... öhm, zusammengestoßen sind." Die Erinnerung ließ sie ein wenig erröten.

"Das ist Megan Phearson", stellte sie dann noch nachträglich die Trill vor, um sich abzulenken, und vertiefte sich erneut in die Quartierliste, um sie ebenfalls einzutragen.

'Quartier 11, direkt neben dem Turbolift, das sollte nicht zu schwer zu finden sein, außerdem ist es eine strategisch gute Lage für einen Sicherheitsoffizier.' Daniels Gedanken waren sofort wieder bei seiner Arbeit und der damit verbundenen Routine, als Megan angekommen war.

"Daniel Smith" stellte sich Daniel vor und deutete eine leichte Verbeugung gegenüber Megan an. "Wir haben uns auf der Brücke schon einmal kurz gesehen, während des Schwerkraftausfalls, Haben sie diesen gut überstanden?"

Noch ehe irgendjemand antworten konnte waren auch schon Tarson und Lestat um die Ecke gekommen und hatten Daniel weggeschleppt.

--- vor der Schleuse zur Ivory

"Mr Smith, es tut mir leid, dass ich Sie so grob mitgenommen habe, aber es war notwendig. Zinda hat es nämlich auf uns abgesehen und nur hier auf der Sternenbasis sind wir vor ihr sicher. Zumindest hoffe ich das."

Tarson stoppte kurz und schaute sich um.

"Weiß zufällig jemand, wo sich die Bar befindet?"

Daniel war noch immer etwas verdutzt, nachdem er so plötzlich von Tarson aus der Ivory geschleift worden war.

"Sicher vor Zinda? Was soll das jetzt wieder bedeuten?" während Daniel sich noch fragte, was hier eigentlich gespielt wurde, deutete er in Richtung eines Ganges um die anderen darauf hinzuweisen, in welche Richtung es zur Bar geht.

Lestat erklärte Daniel in kurzen Worten, was vorgefallen war, während er schon den Weg in Richtung Stationsbar einschlug.

In den Gängen gingen dem Techniker dann noch einmal die letzten Worte Zindas durch den Kopf 'Da musst du früher aufstehen, um mich in die Knie zu zwingen’ hatte sie gesagt, und dann dieses Lachen, ganz und gar ungewöhnlich. Das war nicht dieselbe Stimme wie zu Anfang... irgendetwas hat sich da verändert.' Dieser Gedanke schoss wie ein Blitz durch Lestats Gehirn.

"Irgendwas stimmt hier nicht." meinte er vor sich hinmurmelnd ehe er sich an die anderen wandte. "Hier stimmt etwas ganz und gar nicht! Ich weiß nicht was, aber Zinda klang bei ihren letzten Worten anders und dieses Lachen war absolut untypisch. Mr Tarson, habe Sie den Unterschied auch bemerkt?" Der Betazoid sah den großen Butler fragend an.

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