Ivory Chronik 11

Auf der Flucht

--- Westflügel, Büro

Ein kärglich eingerichtetes Büro, irgendwo in den Tiefen des Komplexes...

Ein Betazoid, Lestat, am Boden liegend, blutüberströmt und sehr, sehr tot...

Ashok ohnmächtig, halb unter einem ebenfalls toten Mann in Uniform begraben, eine große Beule auf der Schläfe (sie entstammte einer kleinen Auseinandersetzung mit einer gewissen Cardassianerin früher in diesem Desaster, aber das wäre ein anderes Thema)...

Zwei weitere Männer, einer mit Laborkittel, ein weiterer mit Uniform, durchlöchert von einer antiken romulanischen Handfeuerwaffe (ja, mit Kugeln)...

Eine staubfreie Stelle an der Wand in Form dieser Waffe, wo sie eigentlich hätte hängen sollen...

Eine sehr schwer atmende cardassianische Linguistin, mit der leer geschossenen Waffe in der Hand, grimmig und entschlossen...

Was stimmte nicht mit diesem Bild?

Ein Detail. Natürlich war Rekelen nicht grimmig und entschlossen. Oh nein, sie war, was sie am besten konnte, sie war heillos verwirrt.

Im Geiste ging sie die Ereignisse noch mal durch. Okay, Lestat, Ashok und sie hatten sich auf die Suche nach einem Gegenmittel gemacht und irgendwann beschlossen, dass sie einen Arzt brauchten. Also auf Classic zurückgegriffen, ein bisschen im Gebäude herumgebeamt, die Krankenstation hier gefunden, einen Arzt gefunden, hinter ein Hochsicherheitskraftfeld auf die Ivory gebeamt, wollten ihm folgen... Ach ja, und dann war die Verbindung zu Classic abgebrochen.

Und irgendwie war genau das der Moment gewesen, in dem Rekelen plötzlich siedend heiß einfiel, was sie drogenumnachtet im anderen Büro getan hatte. Mit Ashok. Vorher hatte sie das ganze irgendwie verdrängt gehabt. Ohne großes Bedauern musterte sie die Beule auf seiner Schläfe.

Selbst Lestat hatte einen sehr, sehr lauten Streit nicht verhindern können. Sicherheitsleute, von denen sie geglaubt hatten, dass überhaupt keine existierten, waren aus dem Nichts aufgetaucht. Dann war es zum Kampf gekommen, als Lestat, möglicherweise noch ein wenig drogenumnebelt, sich auf den Wachmann stürzte. Großes Handgemenge. Alle Aufmerksamkeit hatte sich auf den Betazoiden gerichtet. Na ja, also hatte Rekelen, vergessen in einer Ecke, nach dieser Waffe gegriffen...

Hilflos kratzte sie sich am Kopf. Sie war überfordert. Wie sollte sie das ganze Chaos nur in einem *Roman* beschreiben...? Und da war noch die Frage, was sie jetzt tun sollte...

"Classic?", fragte sie vorsichtig ins Leere, doch natürlich kam keine Antwort. Die Verbindung war anscheinend ein für alle Mal tot. Seufzend warf sie die Waffe in eine Ecke, griff nach ihrer eigenen, die einer der Sicherheitsleute ihr abgenommen hatte, verstaute sie an ihrem Gürtel und begann, Ashok freizuräumen.

Gerade, als Rekelen den Inder ächzend über ihre Schulter schwang und unter dem Gewicht fast zusammenbrach, wurde der Zwischenfall im Gebäude bemerkt. Sie wusste es deshalb, weil gellend Alarmsirenen aufheulten. Panisch stieß sie mit der freien Hand die Tür zum Korridor auf und wankte los.

--- Ivory, Brücke

Die zurückgebliebene Besatzung der Ivory schlich auf Zehenspitzen durch die Gänge des Frachters.

Zu recht. Francine Monserat saß zurzeit auf der Brücke, die Stricknadeln so hart in den Händen, dass ihre Fingerknochen weiß anliefen, und tat, was sie am Zweitbesten konnte - stricken (am Besten konnte sie ihren Bruder herumkommandieren). Natürlich würde der Frieden nicht lange anhalten. Ein falscher Schritt konnte, wie jeder wusste, dazu führen, dass Monserat instantan die Geduld verlor und plötzlich beängstigend Gerald ähnelte.

Selbst Charly konnte nicht vorsichtig genug sein. Die Korridore der Ivory blitzten und glänzten wie nie.

Aber was sollte man auch anderes von einer armen, überforderten, älteren Dame erwarten, die nichts gewollt hatte, als einen besseren Menschen aus ihrem Bruder - und dabei ein wenig Profit - zu machen?

Erst wurde ihr Schiff entführt. Oder besser, ihr Schiff entführte sich selbst. Das einzig Gute daran war die anhaltende Abwesenheit dieses Computerflittchens namens Zinda, von dem Francine gleich von Anfang an ganz und gar nichts gehalten hatte. Dann wurde eine Handelsmission unterbrochen und Shania, das arme Mädchen, wer weiß wo wartend sitzen gelassen, während ein Teil ihrer Crew verschwand und sich nicht mehr meldete. Francine stellte sogar fest, dass sie Tarson zu vermissen begann, und das war nicht tolerierbar.

Aber es ging weiter. Leute begannen auf ihrer Krankenstation zu erscheinen. Ein Alien-Wissenschaftler, irgend so ein Arzt, ihre eigene Ärztin (tot!), und alle (außer Megan) begannen Fragen zu stellen, die sie nicht beantworten konnte. Gut, Francine befand sich im Vorteil, denn sie war auf der Außenseite der Hochsicherheitskraftfelder, aber nichts desto trotz hasste sie es, Schwäche zu zeigen.

Und sie hasste es, wenn einfach so Leute auftauchten und *ihre* Luft atmeten!

Schuld an allem war natürlich dieser Classic. Aber sie würde verdammt sein, wenn sie auch nur ein einziges Wort an ihn richtete, ohne es unbedingt zu müssen.

Mit einem "Klonk" legte Francine ihr Strickzeug auf die Lehne des Captainschairs und stürmte, die Lippen aufeinander gepresst, in Richtung Turbolift. Es gab nur eine Sorte Person, die ihr jetzt noch helfen konnte.

Ein Psychologe.

--- Labor

Mit einem Fluchen, das aber in dem lauten Sirenengeheul unter ging, hielt sich die Pilotin die Ohren zu. Irritiert blickte sie zu Tarson, der ebenso im ersten Moment nicht zu wissen schien, was das zu bedeuten hatte.

"Sie haben uns entdeckt!", schrie sie. Dieser Krach war einfach zu laut, um "friedlich" zu sein.

S'Tom teilte diese Meinung nicht: "Ich bezweifle, dass man uns entdeckt hat, da die internen Sensoren noch immer unter meiner Kontrolle stehen und uns mit hoher Wahrscheinlichkeit kein humanoides Individuum bemerkt hat. Ich vermute, dass das zweite Team entdeckt wurde. Ignorieren sie den Alarm vorerst und versuchen Sie, die Arme zu finden."

Währenddessen arbeitete der Vulkanier intensiv an dem Terminal weiter. Er versuchte gleichzeitig, die Systemkontrolle zu behalten und Hinweise auf den Aufenthaltsort der Arme zu finden. Zeit für den Versuch, dem zweiten Team eine Botschaft zukommen zu lassen, fand er nicht.

Nur kurz später erschien auf dem Bildschirm ein Bericht eines Forschers, dass die Arme zu experimentellen Zwecken ins Labor 2 geschafft worden waren. Nur hatte er immer mehr Probleme, das System unter Kontrolle zu halten.

"Bringen Sie an dem Androidenkörper einen Transporterverstärker an. Wir müssen hier weg." Der Techniker erstellte währenddessen ein Virus, das das komplette Computersystem löschen würde - oder so hoffte er zumindest. Es war der einzige Ausweg den er sah... "120 Sekunden ab.... jetzt. Beeilen Sie sich!" Die Luftschleuse - der einzige Ausweg - würde sich manuell nicht betätigen lassen...

Gehetzt kramte Peter in seinen Taschen nach einem Transportverstärker, doch natürlich versteckte sich das Gerät ständig in der Ecke der Tasche, in der er nicht am suchen war. Nach einer endlosen Zeitspanne, die ihm wie Minuten vorkam, fand er dann doch endlich das kleine Kästchen, befestigte es an dem Androidenkörper und aktivierte es. Kaum leuchteten zahlreiche Lämpchen, da löste sich der Körper auch schon im Transporterfeld auf.

Schnell warf er noch einen Blick auf die Zeit und erkannte schockiert, dass schon mehr Zeit vergangen war, als er gedacht hatte. Jetzt wurde es verdammt knapp. Er stürmte zu der Schleuse, Cheyenne im Schlepptau und drückte sie, als die dort angekommen waren, in die kleine Kammer. Ein paar Tastenbefehle später und die Tür schloss sich.

Unterdessen dröhnte die Alarmsirene munter weiter und erzeugte so langsam einen stechenden Schmerz in Tarsons Gehörgang. Doch den ignorierte er. Mit nervös tippelnden Füßen wartete er darauf, dass Cheyenne endlich auf der anderen Seite die Schleuse verließ, damit S'Tom als nächster hindurch gehen konnte.

Auf die Uhr schaute er schon gar nicht mehr. Wahrscheinlich würde sie nicht das anzeigen, was er sehen wollte. Stattdessen drehte er sich zu S'Tom um und sagte: "Ich glaube, wir schaffen es nicht!"

--- Westflügel, Korridor

Ein unglückseligerweise bereits vertrautes, rhythmisches Hämmern in seinem Kopf brachte Ashok dazu, die Augen aufzuschlagen. Vor seiner Nase sah er verschwommen eine Oberfläche, die sich im Takt der Nuklearschläge in seinem Schädel hin- und her bewegte. Sein Hirn schien doppelt so viel Raum in Anspruch nehmen zu wollen, als die Größe seines Kopfes es zuließ. Ihm war schlecht.

Irgendwer hatte ihn über die Schulter geworfen und trug ihn nun -- irgendwohin. Die Arme des Inders baumelten herunter und schlugen gelegentlich auf den Boden; das immerhin wies darauf hin, dass er sich in den Händen einer mehr oder weniger wohlgesinnten Entität befand und kein Gefangener war. Er kniff ein paar Mal die Augen zusammen und gab sich Mühe, zu fokussieren. Diese Hüften kannte er doch, wenn auch ... hmm ... von der anderen Seite ...

Die zuständige Drüse im Körper des jungen Mannes schüttete urplötzlich eine ungesunde Menge Adrenalin aus. Sein ganzer Körper verkrampfte sich, als ihn die Erinnerung überkam. Ganz plötzlich war sich Ashok seiner Einschätzung über die Wohlgesonnenheit der Person, die ihn über ihre Schulter geworfen hatte und nun den Gang entlang schleppte, gar nicht mehr so sicher.

Er gab einen gurgelnden Laut von sich und zappelte ein bisschen mit den Beinen. Erst mal musste er hier runter; seine Ehre gegenüber Rekelen wiederherzustellen würde er angehen, sobald er erst mal ihren Zorn überlebt hatte...

Als Rekelen merkte, dass ihr Gepäck zu zappeln begann, sah sie sich rasch um - irgendwo entfernt klangen ein Haufen Schritte, aber zu sehen war niemand - und ließ ihn wie einen Sack fallen. Als Ashok sich verwirrt umsah, zog sie ihn ruppig hoch und zwang ihn, ihr zu folgen, während sie ihn weiter durch die Gänge zerrte.

"Lestat ist tot. Wir haben die Verbindung zu Classic verloren und zur Ivory auch. Wir werden verfolgt, und ich habe keine Ahnung, was wir tun sollen", erklärte sie schwer atmend und sah sich immer wieder nach hinten um. Sie wusste nicht genau, wohin sie lief, aber "weg" klang grundsätzlich gut.

Jedenfalls hatte die Cardassianerin keine Zeit, auf Ashok wütend zu sein. Sie würde ihn einfach mit zerren, ertragen, und wenn er dann immer noch flirten wollte, oder einen rechten Haken kassieren, oder irgendwas dazwischen - fein, von ihr aus gerne.

"Vorschläge?", fügte sie noch hinzu, als Ashok nicht gleich antwortete.

Ashok realisierte erst mit Verspätung, dass Rekelen eine Frage an ihn gerichtet hatte. Den Blick starr auf den Boden gerichtet, war er krampfhaft damit beschäftigt, sich in Luft aufzulösen oder wenigstens in irgendein sehr kleines Getier zu verwandeln, einfach, um nicht genau jetzt unter genau diesen Umständen genau hier sein zu müssen.

Die Stimme des jungen Mannes war fast unhörbar, als er zuerst antwortete. Dann rappelte er sich, riss sich zusammen und sah Rekelen gerade in die Augen.

"Ich schlage vor, wir verziehen uns in den nächsten Luft- oder Wartungsschacht und bewegen uns auf diesem Wege weiter. Hier auf dem offenen Gang können wir nicht bleiben." Er überlegte kurz. "Außerdem haben wir über die Schächte vermutlich am ehesten die Chance, Zugang zu den inneren Bereichen des Komplexes zu erhalten und vielleicht doch noch unsere Mission zu Ende zu führen."

Er dachte einen Moment darüber nach, ob -- da Lestat jetzt tot war -- es wohl eine gute Idee wäre, Rekelen in den Spezialauftrag einzuweihen, den Captain Monserat ihm nach dem Missionsbriefing insgeheim gegeben hatte. Dann entschied er sich dagegen ... zumindest vorläufig. Erst mal mussten sie hier weg, und dann musste er zusehen, wie er mit Rekelen wenigstens wieder pragmatisch eine stabile professionelle Beziehung aufbauen konnte, bevor er womöglich noch mehr Schaden anrichtete.

Ashok sah sich um und ignorierte mannhaft das Dröhnen in seinem Kopf. In regelmäßigen Abständen befanden sich kurz unterhalb der Decke die Lamellengitter eines Belüftungssystems, nicht sehr groß, aber sicher geräumig genug für einen schlanken Inder und eine wohltrainierte Cardassianerin.

"Da", sagte er und zeigte mit dem Finger darauf. "Ich sehe keine Schrauben, also sind die Gitter wohl nur eingehängt. Das heißt, wir können sie leicht aushängen und eventuell wieder hinter uns einhängen -- dann kann keiner mehr sehen, wo wir in das System eingedrungen sind."

Er stellte sich unter das nächstliegende Gitter und streckte den rechten Arm aus. Ihm fehlten rund zehn Zentimeter Körpergröße, um es zu erreichen. Mit nachdenklich gerunzelter Stirn wandte er sich Rekelen zu, die ihm aus einigen Schritten Entfernung zusah.

"Ich komme nicht hoch. Machst du mir eine Räuberleiter?"

--- Ivory, psychologisches Büro

Iridium Claudius saß mit übereinander geschlagenen Beinen hinter seinem großen, aus antikem romulanischen Fruchtbaumholz gearbeiteten Schreibtisch, tippte ein paar Gesprächsnotizen in sein Terminal und setzte einen neutralen Gesichtsausdruck auf. Und den hatte er auch verdammt nötig. Denn nur mit viel Mühe schaffte er es, ruhig zu bleiben und nicht laut loszulachen.

Obwohl er jetzt schon etliche Jahre als Psychologe arbeitete; wenn er genauer darüber nachdachte, schon über 20 Jahre und davon mehr als die Hälfte bei der Sternenflotte, dann war das, was Francine ihm da erzählte, das Verrückteste, was er jemals gehört hatte. Nicht das er Herausforderungen nicht mochte, doch Francine Monserat schien eine verdammt harte Nuss zu werden.

Gerade war der Captain dabei, ihre Sorgen bezüglich Geralds darzulegen. Es ging um Geld, Frauen; genauer gesagt, dass es kein Geld gab und keine Frauen; doch war sich Iridium nicht sicher, was ihr größeres Problem war. Aber dahinter würde er noch kommen.

Wieder notierte er sich ein paar Dinge über Francine und komplettierte so ihr vorläufiges psychologisches Profil. Nachdem er es schnell noch einmal überflogen hatte, konzentrierte er sich wieder auf Monserat. Er wartete einen geeigneten Zeitpunkt ab, um eine Frage einzuwerfen und das Gespräch so in eine für ihn profitablere Richtung zu lenken.

"Miss Monserat", begann er ruhig, während Francine sich auf der Couch zu ihm rumdrehte, auf der sie lag. "Inwieweit verbinden Sie das Fehlen einer starken weiblichen Persönlichkeit an der Seite Ihres Bruders mit dem Verlust des kapitalistisch zu sehenden Unvermögens zur Steigerung des bestehenden Grundkapitals?"

--- Gänge

Ein frustriertes Fluchen kam über Cheyennes Lippen als sie sich zurück in die Schleusennische drückte um dort wenigstens ein bisschen Schutz vor den zischenden Phaserstrahlen zu finden, die ihr entgegen züngelten.

Kurz nachdem sich die Schleusentüre auf der anderen Seite wieder geöffnet hatte waren vier Personen um die Ecke des Ganges weiter vorne gekommen. Für einen kurzen Augenblick waren alle irritiert stehen geblieben, bis die Fremden ihre Waffen gezogen hatten und begannen, wild auf die Pilotin zu schießen. Wahrscheinlich waren es eine Art von Sicherheitspersonal und sie schossen verdammt gut.

Kurz lugte die Terranerin aus ihrer Deckung hervor und feuerte ein paar Schüsse aus ihrer eigenen Waffe ab - traf jedoch nicht.

"Verdammt!", murmelte sie und griff dann schnell nach draußen und tippte auf das Eingabefeld der Tür. Ein Phaserstrahl verfehlte um nur ein paar Millimeter ihren Arm und Cheyenne spürte wie die Hitze ihre schwarze Jacke ansengte.

--- Labor

Die Schleuse öffnete langsam - als die Tür zur Hälfte offen war trat die Pilotin schnell wieder heraus und blickte in die verwirrten Gesichter ihrer beiden Kollegen.

Tarson setzte gerade zu einer Frage an, doch Cheyenne ließ ihn gar nicht erst zu Wort kommen.

"Auf der anderen Seite bin ich ein paar ziemlich schießwütigen Typen in die Arme gelaufen - ich fürchte wir müssen uns einen anderen Weg hier raus suchen - gibt es noch ein Tür? Oder einen Lüftungsschacht?"

"Das bezweifle ich sehr stark. Bei einem Labor wie diesem hier, mit solch starken Schutzvorkehrungen, würde es mich wundern, wenn einfach so ein Schacht raus führen würde."

Er schaute sich nach einem anderen Weg um, während S'Tom wieder an der Konsole arbeitete, als er ein Geräusch von der Schleuse vernahm.

"Cheyenne schnell. Verriegeln Sie die Schleuse. Sonst kommen Ihre Freunde vom Gang hier rein", befahl er ihr, während er sämtliche Ecken nach einem Ausgang absuchte. Er war schon fast durch, als er an der Wand eine interessante Konsole entdeckte. Kurz überflog er die Kontrollen, tippte ein paar Befehle ein und aktivierte das System.

Sofort glitt ein im Boden versteckt eingelassenes Schott auf und eine Transporterplattform glitt heraus. Schnell versuchte er heraus zu finden, welche Reichweite dieses Ding hatte und rief dann S'Tom und Cheyenne zu sich.

"S'Tom", sagte er zu dem Vulkanier, der sich eindeutig besser mit Technik auskannte als er, "ich habe einen Weg hier raus gefunden. Jetzt müssen wir nur noch wissen, wie weit weg wir damit kommen. Kümmern Sie sich darum. Cheyenne, konnten Sie unsere Freunden aufhalten?"

--- Westflügel, Korridor

Rekelen sah den Inder einen Moment lang prüfend an. Er war größer als sie, aber er war dünner als sie. Bestimmt wog er nicht mehr.

Kurzerhand ergriff sie ihn um die Taille, bevor er sich wehren konnte, und hob ihn hoch. Rekelen schwankte; Ashok schwankte. Während sie versuchte, die Balance zu halten, hörte sie ihn mit halbem Ohr ein paar Flüche murmeln, während er gleichzeitig am Gitter herumfummelte, bis es in den Schacht hinein fiel.

Sekunden später hatte er genug Halt gefunden, um sich hochzuziehen (Rekelen war sich sicher, dass sie beide zurzeit keinen sehr eleganten Eindruck abgaben), und die Cardassianerin sah sich nervös um, bis sie endlich Gelegenheit bekam, ihm nach oben zu folgen.

Nachdem sie das Gitter wieder in seiner Halterung befestigt hatte, sah sie noch einmal in den Gang. Das Geräusch von Schritten war jetzt unangenehm nah, aber Rekelen fühlte sich instantan sicherer. Nachdenklich sah sie sich nach Ashok um, der sich bereits kriechend in Bewegung gesetzt hatte.

"Ich finde, wir sollten unsere Leute suchen", sagte sie plötzlich. "Das, oder ein Terminal finden, mit dem wir sie aufspüren können. Und dann suchen wir einen Weg, uns alle rauszubeamen, oder so."

Ihr Blick blieb auf Ashok fixiert. Ihr war noch nie vorher aufgefallen, was für einen wohlproportionierten Hintern er hatte...

--- Labor

Wieso liefen diese Konsolen noch? Wieso waren sie überhaupt durch die Luftschleuse gekommen? Der Virus hätte alles lahm legen müssen. Zugegeben, es war gewissermaßen vorteilhaft, denn sonst wäre das Team nie komplett lebend aus dem Labor gekommen und Mr. Tarson hätte jetzt keine Transporterplattform finden können... Trotzdem!

Der Vulkanier versuchte an der Konsole vor sich diese schwierige Frage zu klären. Es würde ihnen jetzt noch immer helfen - vielleicht mehr als zuvor - das System zumindest Großteils lahm zu legen. Hatte er einen Fehler gemacht? Etwas übersehen? Er musste diese Möglichkeit immer mehr in Betracht ziehen, je länger er im System - von dieser Konsole nur sehr eingeschränkt zu betrachten - nach Hinweisen suchte.

Doch dann wurde S'Tom von Mr. Tarson aus seinen Überlegungen geholt. Nun gut, der Transporter schien nun wirklich einen besseren Ausweg zu bieten als ein Systemausfall. Er wechselte auf die von Tarson entdeckte Konsole. Sie bot aber nur einfache Funktionen dar, die Verwendung der Transporterplattform war nur mit DNA-Identifizierung möglich.

Da der Techniker schnell erkannte, dass er hier nicht viel erreichen würde, nahm er seinen persönlichen Scanner heraus und schloss ihn - nach kurzem Suchen für einen Anschluss - direkt an die Plattform an. "Die Transporterreichweite ist derzeit auf das Innere des Komplexes beschränkt. Wenn Sie mir noch etwas Zeit geben können, kann ich vielleicht damit zuerst die Arme aus dem anderen Labor herausholen."

Der Transporter hatte eine viel höhere Auflösung, da er nur auf kurze Distanzen ausgelegt war. Wenn es jetzt noch schaffte, ihn auf die Zusammensetzung des Androidenkörpers zu programmieren...

"Ich glaube, Zeit ist das, was wir jetzt am wenigsten haben - Maximal eine Minute!", beantwortete Cheyenne die an Tarson gerichtete Frage. Der Schweiß rann der Pilotin über die Stirn und ein paar ihrer Haarsträhnen klebten schon an der nassen Haut.

Innerhalb der letzten Momente hatte Cheyenne mit ihrem Phaser die Schleuse versiegelt, doch die Terranerin bezweifelte, dass die geschweißte Naht sonderlich lange hielt. Das unangenehme Kreischen eines Stahlschneiders übertönte schon die lauten Sirenen.

"Ist das ein Transporter?", schrie sie nach ein paar Sekunden zu S'Tom.

Aus irgendeinem Grund war plötzlich der Komlink aus dem Labor wieder etabliert. Classic hatte damit eigentlich nicht mehr gerechnet, nichts desto trotz aber eine Überwachungsroutine gestartet. Die Bandbreite war minimal, gerade ausreichend um wieder einen Kontakt auf die entfernte Seite herzustellen.

Bevor auch nur irgendein Abwehrmechanismus wieder in Kraft treten konnte, erzeugte er eine Überladung in den Zugriffsknoten des Systems. Manchmal war der direkte Weg doch der einfachste.

Ein Funkenregen schoss aus einer Stelle der Wand, ganz in der Nähe von Cheyenne. Gleichzeitig wurden die Bildschirme an der Nordwand, durch dessen System S'Tom vor einiger Zeit den ursprünglichen Kanal zur Ivory aufgebaut hatte, plötzlich schwarz und zeigten einen Text, der dort definitiv nicht hingehörte.

"Classic an Außenteam. Audio-Übertragung nicht möglich, die Sicherheitsmaßnahmen des Systems wurden aber abgelenkt, wodurch diese Systeme wieder unter meiner Kontrolle sind. Ich kann sie derzeit mit den Transportern der Ivory nicht mehr direkt erfassen, ein Teil der Transporterschilde ist wieder aktiv. Wenn Sie aber irgendeine Form von Musterverstärkern in Position bringen können, ist ein Transport möglich. Versuche Audio-Kommunikation wieder herzustellen..."

Der blinkende Cursor wirkte wenig vertrauenserweckend.

Auch S'Tom nahm das Geräusch des Schneiders wahr, wahrscheinlich noch viel deutlicher als die Terranerin. Er arbeitete inzwischen gelassen, aber schnell am Transporter weiter. Er hatte bereits die Hälfte des zweiten Labors abgesucht, es konnte nicht mehr lange dauern bis...

Wie als Antwort auf Ms. Morgans Frage materialisierten sich zwei Arme auf der Plattform. Dann meldete sich Ms. Morgan noch mal zu Wort mit einer Botschaft von Classic. Wie hatte der wieder in das System eindringen können?

"Alle auf die Plattform! Ich schaffe es nicht, die Modifikationen für diesen Vorgang abzuschließen, bevor die erste Wache zu uns durchdringt. Es gibt aber identische Plattformen, zu denen ich uns beamen kann. Damit gewinnen wir Zeit."

Als Tarson als letztes Teammitglied die Plattform betrat, initiierte der Techniker den Transport. Er ließ den Vorgang extrem viel Energie verbrauchen, was die Plattform nach dem Transportvorgang nach seinen Berechnungen unbrauchbar machen sollte.

Die drei Teammitglieder (und die beiden Arme) materialisierten sich in einer fast gleich aussehenden Umgebung, nur am anderen Ende des Komplexes - direkt vor dem Labor 3.

Während S'Tom seinen Scanner an diese Plattform anschloss, nahm er ein leises Geräusch wahr, das von oben zu kommen schien und langsam etwas lauter wurde...

--- Labor 3

Zu dem Geräusch das von oben kam gesellte sich nur ein Zweites. Fluchend sackte die Pilotin - aus dem Gleichgewicht gebracht - in sich zusammen und schlug auf den harten, kalten Boden auf.

Kurz bevor der Transporterstrahl sie dematerialisiert hatte, hatte die Schweißnaht der Schleuse nachgegeben und das Metall bog sich ein paar Zentimeter nach innen. Ein fauchender Phaserstrahl züngelte hindurch und hatte Cheyenne am Oberschenkel getroffen.

Tarson blickte überrascht zu Cheyenne, die zu Boden gegangen war. Zuerst fragte er sich, was passiert war, doch dann sah er die Schusswunde in ihrem Oberschenkel. Sofort sprang er zu ihr, um ihr zu helfen, doch sie winkte nur ab und fing an, die Wunde zu versorgen. Auch wenn "versorgen" das falsche Wort war.

Sie riss sich von ihrer Jacke einen Stoffstreifen ab und versuchte damit, die Blutung abzubinden. Jeder Arzt hätte nun wahrscheinlich die Hände über dem Kopf zusammengeschlagen, doch zum Glück war keiner anwesend.

Stattdessen stand Peter auf und ging zu S'Tom, der schon an einer Konsole stand.

"Und?", fragte er ihn, "schaffen wir es hier raus?"

Mit einem unterdrückten Schrei stand Cheyenne auf. Die linke Hand presste sie auf den provisorischen Verband an ihrem Oberschenkel - mit der Anderen ruderte sie kurz in der Luft herum, hüpfte einmal hin und her und griff dann nach einer Konsolenabdeckung, um sich aus zu balancieren.

In ihrem Kopf drehte sich auf einmal alles und der Schmerz der Wunde bei Belastung des Beins ließ der Pilotin die Tränen in die Augen treiben.

"Reiß dich zusammen!", beschwor sich die Terranerin innerlich und biss sich so fest auf die Unterlippe, dass sie im ersten Moment glaubte, diese würde auch gleich platzen. Zu ihrem eigenen Erstaunen war die Haut hier wohl mittlerweile sehr robust geworden...

Skeptisch blickte Cheyenne an sich herunter. Die schwarze Hose hatte sich unterhalb des Einschusses dunkelrot gefärbt. Die Terranerin erschrak fast über sich selbst als sie sich dabei erwischte über die wärmende Wirkung ihres Blutes nach zu denken...

Energisch schüttelte sie den Kopf um diese verwirrenden Gedanken loszuwerden. Sie mussten ja hier noch irgendwie raus. Überrascht stellte sie fest, dass das Schwindelgefühl etwas nach ließ.

Ein leises Glucksen kam über ihre Lippen, als sie ein paar Schritte auf Tarson und S'Tom zu machte. Mit einer hektischen Handbewegung wischte sich die Pilotin ihre vom Schweiß nassen Haare aus dem Gesicht. Irgendwie war es hier gerade furchtbar warm geworden.

"Was passiert mit dem Shuttle, wenn wir hier raus beamen?"

Peter warf einen letzten Blick auf S'Tom, der ihm bisher noch keine Antwort auf seine Frage gegeben hatte und stattdessen wild auf der Konsole herum tippte; wohl um sie hier heraus zu bekommen. Deswegen ließ er ihn weiter arbeiten und wandte sich komplett zu Cheyenne.

"Das Shuttle werden wir mitnehmen. Es ist zudem unsere einzige Chance, von diesem Planeten einigermaßen unbemerkt zu entkommen. Denn der Transporterschild ist auch von hier aus ohne Musterverstärker nicht zu durchdringen. Leider habe ich die Einzigen vorhin bei dem Androidenkörper verbraucht. Das heißt, S'Tom muss uns und den Rest des Teams nah genug zum Shuttle beamen. Und dann heißt es, schnell weg hier."

Er schaute kurz auf Cheyennes Bein, welches wieder stärker am Bluten war und den notdürftigen Verband schon verdächtig rot färbte. Wenn sie nicht bald hier weg kamen, dann bestand die Gefahr, dass sie verblutete. Oder dass Peter sie tragen musste. War also nur noch die Frage, was schlimmer war.

Cheyenne nicke langsam. Das Bild vor ihren Augen begann leicht hin und her zu schwanken und hätte sie nicht definitiv gewusst, dass der Schmerz in ihrem Oberschenkel die Ursache dafür war, hätte sie bei dem Anblick eines torkelnden Tarsons vielleicht grinsen können.

Kurz atmete sie tief ein und blickte dann erwartungsvoll in S'Toms Richtung.

Und dann war das Geräusch von oben wieder da. Oder genauer gesagt ein ähnliches.

"Na endlich, verdammt!", erklang eine gedämpfte Frauenstimme. Tarson konnte gerade rechtzeitig ausweichen, als ein Deckenpaneel samt Cardassianerin auf ihn nieder krachte; Ashok folgte ihr viel eleganter.

Ächzend rappelte Rekelen sich auf. Sie war sehr, sehr froh, dass ihre Waffe nicht losgegangen war. Und dass sie noch lebte. Und dass sie Cheyenne, S'Tom und Tarson vor sich hatte. Und dass sie nicht mehr alleine mit dem Inder durch Gänge kriechen musste.

"Hi", sagte sie etwas verwirrt und sah zu Tarson hoch. "Wussten Sie schon, dass wir entdeckt wurden?"

"Ihre Witze können Sie sich sparen", sagte Peter gereizt und deutete auf die Verletzung von Cheyenne. "Oder glauben Sie, wir flüchten aus Spaß an der Freude?"

Er warf einen ungeduldigen Blick zu S'Tom. Wann wurde dieser Vulkanier endlich fertig?

"Haben Sie wenigstens Ihren Auftrag erfüllt", fragte er Rekelen, nachdem er sich wieder zu ihr herum gedreht hatte.

Der Vulkanier hatte sich kaum noch um seine Umgebung gekümmert, seit er die Verbindung zu dieser Transporterplattform hergestellt hatte. Nur vage bekam er mit, dass Ms. Morgan angeschossen war und die Gruppe schließlich wieder vereint war. Nun gut, das würde ihm einige Arbeit ersparen...

Mr. Tarson hatte recht, S'Tom würde alle zum Shuttle beamen müssen, um vom Planeten zu fliehen. Nur leider hatte dieser Transporter selbst mit aller "Hilfe", die der Techniker dabei geben konnte, einfach nicht die erforderliche Reichweite. "Zu Ihrer Frage, Ms. Nar, Ja, aber es gibt derzeit wichtigere Anliegen. Ich kann uns maximal in den Wald beamen, durch den wir hergekommen sind, wahrscheinlich nur bis an den Stadtrand.

"Mr. Tarson, Sie, die Arme und Ms. Morgan beame ich zuerst." Es waren die zwei Personen (und die Gegenstände), die für den erfolgreichen Abschluss der Mission unerlässlich waren - Eine gute Pilotin und jemand, der diese (und die Arme) im Notfall bis zum Shuttle bringen konnte. Auch wenn diese Mission für den Agenten keine hohe Priorität hatte, konnte er sein Training für solche Fälle nicht ignorieren.

Bevor noch irgendwer sich widersetzen konnte, initiierte S'Tom schon den Transportvorgang - die beiden befanden sich Vorteilhafterweise noch immer (im Falle von Mr. Tarson bereits wieder) auf der Plattform. Zeit für Diskussionen hatten sie nun wirklich nicht.

"Ms. Nar, Mr. Raji, wenn Sie sich bitte auch auf die Plattform begeben würden. Der zweite Transportvorgang startet in 15 Sekunden." Der Techniker löste die Verbindung seines Scanners mit der Plattform. "10 Sekunden. 5... 4... 3... 2... 1..." An dieser Stelle dematerialisierte sich die Gruppe vor den überraschten Augen mehrerer Sicherheitsleute, die soeben um die Ecke gekommen waren.

--- Stadtrand

Als sich wieder alle seine Moleküle an ihren angestammten Plätzen befanden, sah sich S'Tom um. Sie befanden sich nur etwa 48 Meter entfernt vom Waldrand. Nur - die erste Gruppe war nirgends zu sehen...

--- in einem Steinbruch

Langsam blickte sich die Pilotin um. Sie befanden sich in einer großen Absenkung und rund um sie herum konnte sie nur lauter Steine und Fels erkennen. Die dunkelrote Abendsonne, die gerade dabei war hinter dem Rand des "Kraters" zu verschwinden spendete noch ein bisschen Wärme, was die Terranerin eindeutig begrüßte, nachdem sie die letzten Stunden im kühlen Inneren des Laborgebäudes verbracht hatten.

Aber wo genau waren sie denn eigentlich? Cheyenne hatte immer noch den düsteren Wald und das Dorf in Erinnerung. Und vor allem hatte es gerade angefangen zu regnen als sie in dem Lüftungsschacht verschwunden waren .... es musste wohl einen massiven Wetterumschwung gegeben haben.

Cheyenne humpelte eine paar Schritte nach vorne um sich auf einen Felsbrocken zu setzten und begutachtete skeptisch ihren Oberschenkel.

"Wo sind wir hier? Und wo bleibt denn der Rest?", kam es gepresst über ihre Lippen.

Mit einem kurzen Ruck riss sie ein weiteres Stück Stoff von ihrer Jacke ab und presste es auf die Wunde. Aber es würde wohl nicht lange dauern, bis auch das vollkommen durchgeweicht war.

Peter zuckte mit den Schultern, während er Cheyenne dabei beobachtete, wie sie den notdürftigen Verband zu ersetzen versuchte. Eine Antwort auf die Frage konnte er nicht geben. Deswegen zückte er seinen Tricorder und scannte die nähere Umgebung. Doch viel erfuhr er dadurch nicht. Er konnte niemanden entdecken. In einem Umkreis von 500 Metern; weiter reichte der Tricorder aus diesem Steinbruch nicht hinaus, befand sich keiner außer ihnen. Und wenn er den Anzeigen trauen konnte, waren es fast 4 Kilometer bis zum Shuttle.

Resigniert schüttelte er den Kopf und ging zurück zu Cheyenne. Er legte die Arme neben sie auf einen Stein und aktivierte seinen Kommunikator.

"Tarson an S'Tom. Wo sind Sie? Melden Sie sich?"

--- Stadtrand

Natürlich war alles sehr schnell gegangen - dennoch hatte Rekelen ausnahmsweise schnell genug folgen können, um jetzt ein "Das ist *nicht* gut..." beisteuern zu können.

Unbehaglich sah sie hinüber in den Gebäudekomplex. "Wenn diese Sicherheitsleute auch nur ein wenig so sind wie cardassianisches Militär", bemerkte sie nervös. "haben wir eine Minute um zu verschwinden, bevor sie herausgefunden haben, wo wir gelandet sind. S'Tom, bitte sagen Sie mir, dass Sie unser Transportersignal auf irgendeine geniale Weise maskiert haben..."

"Natürlich", antwortete der Vulkanier gelassen. "Allerdings wird uns meine Arbeit nur einen geringen zeitlichen Vorteil verschaffen."

Die Drei warfen sich resignierte Blicke zu; dann zuckten sie mit den Schultern und setzten sich in Marsch. Rekelen vermutete, dass S'Tom die Richtung anstrebte, in der ihr Shuttle wartete.

"Nar an Tarson", probierte sie testweise mit ihrem Kommunikator. Erwartungsgemäß antworteten nur Störgeräusche.

Sekunden des schweigenden Marschs vergingen.

"Was ist?", fauchte sie Ashok an, als sie seinen Blick im Rücken spürte.

Der junge Mann zuckte erschrocken zusammen, als ihr plötzlicher Ausbruch ihn traf. Mit weit aufgerissenen Augen starrte er der wütenden Cardassianerin irritiert ins Gesicht.

Dann schlug er die Augen nieder. Sein Mund war zu einer harten Linie erstarrt, und die angespannte Muskulatur seines Unterkiefers zitterte leicht. In seinem Kopf ging alles drunter und drüber. Mit geschlossenen Augen machte er mühsam beherrscht einen Atemzug. Ein leichter Schauder lief über seinen ganzen Körper. Noch ein Atemzug. Sein Metabolismus begann endlich, das Adrenalin auszuschütten, das er in den letzten Stunden so gut hätte brauchen können.

Dann -- blickte er ruckartig hoch.

Sein Gesicht war verzerrt, und seine Augen flackerten in unendlichem, bitterem Zorn auf das spöttische Schicksal, das ihn in diese grauenhafte Lage gebracht hatte, und auf Rekelen, die zu glauben schien, dass er noch nicht genug darunter litt.

"Du!", spie er aus, lauter, als er es beabsichtigt hatte. Noch hingen seine Arme herunter, aber seine Fäuste waren geballt. "Was willst du eigentlich noch?", presste er hervor. "Bin ich etwa noch immer nicht tief genug unten für dich? Soll ich vielleicht vor dir kriechen?"

Der Atem des schmächtigen Mannes ging heftig. Einige Herzschläge vergingen in völliger Stille. Nur aus Richtung der Stadt hörte man gedämpft die Geräusche des abendlichen Verkehrs.

Dann, unvermittelt, hob Ashok die Fäuste. "Das willst du wirklich, oder? Du -- du --" Ihm fehlte eine passende Beleidigung, und der Umstand, dass er nicht schlagfertig war, machte ihn nur noch wütender. Die destruktive Energie, die aus seinen Augen blitzte, hätte eine kleine Stadt für eine Woche mit Licht und Wärme versorgt. "Na komm und mach mich fertig, wenn du das nicht nur bei ausgemergelten Bajoranern kannst", zischte er schließlich und winkte seine Gegnerin mit einer ruckhaften Bewegung der Finger seiner Rechten zu sich heran.

--- in einem Steinbruch

Das statische Rauschen aus Tarsons Kommunikator war für ein paar Minuten alles was die Stille durchbrach.

"Liegt es vielleicht an den Steinen, dass wir niemanden erreichen?"

"Hm, das würde mich stark wundern", antwortete Peter und ging ein paar Schritte herum, während er über die weiteren Möglichkeiten nachdachte. "Mein Tricorder hat keine besonderen Metalle, Energiequellen oder sonstige Dinge im Umkreis entdecken können, die die Kommunikation beeinträchtigen könnten, doch ich vermute einfach, nach unserer Flucht wurde ein Dämpfungsfeld eingeschaltet, um unser Entkommen zu erschweren."

Ganz sicher war sich Tarson nicht, doch es war die wahrscheinlichste aller Möglichkeiten. Ein letztes Mal versuchte er die Anderen zu erreichen, doch wieder mit dem gleichen Ergebnis. Etwas resigniert ergriff er wieder die beiden Arme und nickte Cheyenne zu.

"Ich denke, wir sollten zum Shuttle aufbrechen. Wir werden bestimmt verfolgt."

Cheyenne nickte und stemmte sich wieder auf die Beine.

Tarson wedelte mit einem von Classics Armen in Richtung des Punktes, an dem vor kurzen die wärmende Sonne verschwunden war.

Die Pilotin setzte sich in Bewegung und humpelte los.

"Ich hoffe, das ist die richtige Richtung!", murmelte sie mit schmerzverzerrtem Gesicht.

'Das hoffe ich auch', dachte Peter und setzte ein Lächeln auf, während er in die Richtung losging, in die er gezeigt hatte. Cheyenne humpelte langsam neben ihm her und verzog bei jedem zweiten Schritt das Gesicht, als sich das Bein gegen die Bewegung wehrte. Doch sie waren um einiges schneller, wenn sie lebst lief, als wenn Tarson sie stützen oder tragen würde; auch wenn dann die Schmerzen stärker waren.

Als sie nach ein paar Minuten endlich aus der Senke heraus gekommen waren, versuchte er wieder, das andere Team zu erreichen. Doch wie im Steinbruch bekam er nur statisches Rauschen als Antwort. Also gab er es auf und aktivierte seinen Tricorder. Zwar waren die Messergebnisse um einiges besser als eben im Steinbruch, doch die Anderen fand er trotzdem nicht. Deswegen beschränkte er sich darauf, den schnellsten Weg zum Shuttle zu finden.

"Wir müssten bald da sein", versuchte er Cheyenne aufzuheitern.

Die Pilotin warf Tarson ein dankbares Lächeln zu.

Es vergingen ein paar Augenblicke in denen Cheyenne über das Gebiet vor ihnen schweifen ließ. Wald.

--- Stadtrand

Im Augenwinkel bekam Rekelen mit, wie S'Tom sich umwandte und in bester Vulkaniermanier die Augenbraue hob. Allerdings schien er nichts beisteuern zu wollen.

Einen Augenblick lang sah sie Ashok verdutzt an. Sie mochte einige Minuten vorher noch gefolgt haben können, jetzt konnte sie es nicht mehr. Was genau hatte sie *jetzt* schon wieder getan?

Dann drang der letzte Satz des Inders zu ihr durch. Wie konnte er es wagen...! Ihre Miene verdüsterte sich. Menschen! Nicht-Cardassianer! Am Ende waren sie doch alle gleich und warfen ihr und ihrem Volk die... Verkettung ungünstiger Zufälle vor, zu der die bajoranische Besetzung geworden war. Die Bajoraner hatten nicht erkannt, dass sie ihnen eigentlich einen Gefallen taten, und jetzt fing auch noch Ashok an...

Mit einem unartikulierten Laut des Zorns kam Rekelen in Bewegung. Bevor S'Tom etwas dagegen tun konnte, hatte sie die zwei Meter zwischen sich und dem Inder mit großen Schritten zurückgelegt, und ihre Faust fuhr nach oben.

Was sie nicht einberechnet hatte, war der Schwung. Nicht an die Benutzung ihrer Hand in dieser Weise gewöhnt, stolperte die Cardassianerin, und Sekunden später fand sie sich quer über Ashok liegend am Boden. Grimmig stemmte sie sich auf die Ellenbogen, gerade rechtzeitig, bevor der Gegenangriff kam.

--- Wald

So hatte er sich das ganz und gar nicht vorgestellt. Der Techniker hatte erwartet (87.6%ige Wahrscheinlichkeit), das zweite Team auf dem Weg zum Shuttle wieder anzutreffen. Doch als sich das als falsch erwies, überkamen ihn Selbstzweifel Schon wieder ein möglicher Fehler seinerseits?! Eine schnelle Selbstdiagnose zeigte alle Systeme innerhalb normaler Parameter an, aber er konnte sich da nicht mehr sicher sein. Fehler waren nicht seine Art, schon gar nicht in dieser Häufigkeit. Er konnte sich natürlich bei keinem der beiden Vorkommnisse komplett sicher sein - eine schnelle Rechnung ergab etwa 38%ige Wahrscheinlichkeit, dass zumindest eines von beiden Vorkommnissen sein persönliches Verschulden war... Trotzdem...

Als seine beiden Weggefährten stehengeblieben waren, hatten sie es bereits bis in den Wald hinein geschafft. Zuerst hatte der Vulkanier die Konversation mit mäßigem Interesse verfolgt, da die beiden ein recht ungewöhnliches Verhalten an den Tag legten. Doch nun musste er einfach eingreifen.

S'Tom kam 1,46 Sekunden nach der Cardassianerin bei dem nun bereits am Boden ringenden Paar an. Bereits auf dem Weg versuchte er, diesen... Wahnsinn mit einem befehlenden "Sofort Auseinander!" zu stoppen, doch es wurde schlichtweg ignoriert. Er überlegte kurz, ob er nicht seinen Phaser einsetzen sollte, entschied sich aber vorerst aus Zeitgründen - immerhin waren sie noch immer auf der Flucht - dagegen.

Die ehemalige Drohne versuchte, den Wissenschaftler, der sich nun obenauf befand, von Rekelen wegzuzerren ("Aufhören!"), doch es gelang nicht und sie wurde ebenfalls zu Boden gerissen. Jedoch schaffte sie es, sich zur Seite zu rollen und so dem Kampf auszuweichen.

Während dieser Rolle entschied der Geheimdienstagent, dass das hier keinen Sinn hatte und es jetzt nur noch eine effiziente Lösung gab. In einer fließenden Bewegung zog er noch im Abrollen seine Phaser, stellte sie auf die niedrigste Stufe und drückte, nachdem er in einer günstigen Position zum Stillstand gekommen war, mit beiden auf ihre jeweiligen Ziele ab.

Nachdem er den beiden noch aus seinem persönlichen Inventar kleine Positionssender zugesteckt hatte, machte S'Tom sich auf dem schnellsten Weg auf zum Shuttle.

--- Shuttle

Nach einem kurzen, schnellen Marsch erreichte der Techniker des Shuttle, das sich noch immer in dem Zustand befand, in dem sie es zurückgelassen hatten. Er machte sich sofort daran, das zweite Team mit dem Transporter zu erfassen, was ihm aber nicht auf Anhieb gelang. Nun gut, das erste Team würde noch einige Zeit betäubt bleiben, und sie würden immer einfach zu erfassen sein. Also konzentrierte er vorerst alle Ressourcen auf das zweite Team.

--- Wald

Abrupt kam Rekelen wieder zu sich. So kurz, wie sie betäubt gewesen war, war die Erinnerung an die letzten Minuten sofort wieder da: Ashok - Gnade ihm! - und S'Toms Phaser - Gnade ihm auch! Fluchend rappelte sie sich auf. Neben begann sich Ashok zu regen.

Es brauchte keinen besonderen Grips um sich zu fragen, wohin der Vulkanier verschwunden war.

Als Ashok sich aufsetzte, war sie schon auf den Beinen und ergriff seine Hand, um ihm hochzuhelfen. "Versuch einfach, mich zu ignorieren!", fauchte die Cardassianerin ihn an, bevor sie sich umdrehte und in Richtung Shuttle in Bewegung setzte. Glücklicherweise besaß der Inder den Verstand, den Mund zu halten.

Irgendwie konnte Rekelen nicht einmal sauer auf den Vulkanier sein. Sie hatten es vermutlich nicht besser verdient, wenn sie sich wie Kinder verhielten. Oder wenn Ashok sich wie ein Kind verhielt. Terraner! Wie hatte sie je etwas anderes von einem Terraner erwarten können?

Grummelnd stapfend setzten sie ihren Weg fort, bis das Shuttle zwischen den Bäumen in Sicht kam.

--- Shuttle

Durch die geöffnete Shuttlerampe sah Rekelen S'Tom im Inneren des kleinen Schiffs, der mit seinem üblichen Ausdruck absoluter Konzentration im Gesicht über eine Konsole gebeugt war - hatte sie den Mann je *ohne* Konsole oder Tricorder gesehen?

Als sie sich näherten, nahm er ihre Anwesenheit mit einem kurzen Nicken zur Kenntnis. Rekelen entging nicht der prüfende Blick, mit dem er sie beide bedachte.

Sie wollte gerade stur den Kopf heben, als ein Geräusch sie herumfahren ließ.

Ein halbes Dutzend schwer bewaffneter Wachmänner materialisierte in einem Halbkreis um die Shuttlerampe und schloss Rekelen und Ashok zwischen sich und dem Shuttle ein.

Ein unzimperlicher, sorgfältig gezielter Phaserschuss ließ Rekelen aufschreien, als ihre Waffen aus der Halterung an ihrem Gürtel wirbelten und den Stoff ihres Hemds an der Stelle in Fetzen riss, auch wenn sie selbst nicht verletzt wurde.

Kühles und wortloses Winken brachte die beiden Männer dazu, ihre eigenen Waffen fallenzulassen.

"Keine Bewegung", knurrte ein hoch gewachsener Alien, der wahrscheinlich ihr Anführer war. "Geben Sie heraus, was Sie gestohlen haben, dann kommen Sie vielleicht mit einer milden Strafe davon!"

--- Wald

Die Pilotin wusste nicht mehr genau wie lange sie quer durchs Unterholz gelaufen waren. Mittlerweile war es fast komplett finster geworden was immer wieder dazu führte, dass die Terranerin über eine Wurzel oder einen Stein stolperte.

Tarson, der ein paar Schritte vor ihr joggte, hielt kurz an blickte sich mit einem fragende Blick um.

"Nein, keine Pause!", zischte die Pilotin. Die Schmerzen die ihr Oberschenkel verursachte, waren ihr ins Gesicht geschrieben doch wenn sie etwas im Moment nicht hatten, dann Zeit. Vor wenigen Minuten hatte der Tricorder eine Gruppe von Personen registriert, die ihnen rasch folgten. Und fest stand - diese Lebenszeichen waren nicht vulkanisch, menschlich oder cardassianisch.

--- am Waldrand (zu der Lichtung auf der das Shuttle steht)

Kleine wirre Lichter begannen plötzlich vor den Augen der Terranerin zu tanzen, als Tarson abrupt stehen blieb, sich blitzschnell um drehte und Cheyenne mit sich auf dem Boden zog. Nur mit Mühe konnte sie einen Schmerzensschrei unterdrücken.

Irritiert über die Reaktion des Sicherheitschefs blickte sie in die Richtung in die Tarson gebannt starrte.

"Scheiße!"

Tarson ließ sich sofort hinter einen dichten Busch fallen, um ja nicht von den Fremden gesehen zu werden und auch Cheyenne versteckte sich. Dann beobachtete er durch das dichte Blätterwerk und mit Hilfe seines Tricorders den Trubel beim Shuttle. So wie es aussah, hatte es das Team mit Rekelen und den Anderen zum Shuttle geschafft, zumindest zeigte der Tricorder an, dass sie komplett waren.

Doch auch die Fremden waren wohl komplett. Soweit Peter das erkennen konnte, waren es fast 20 Leute, die mehr oder weniger stark bewaffnet das Außenteam in Schach hielten. Und er und Cheyenne waren nur zu Zweit. Obwohl eigentlich war er alleine. Denn die Schussverletzung blutete jetzt wieder stärker und Morgans Gesichtsausdruck machte ihm klar, dass sie nicht mehr viel Zeit hatten.

Er versuchte, sich wieder auf ihr Problem zu konzentrieren. Irgendwie musste er ein Ablenkungsmanöver starten, um zumindest einen Teil der Gegner los zu werden. Doch nur wie? Eine Explosion? Womit bloß. Irgendwas Lautes? Er könnte höchstens Brüllen. Okay, schied das also auch aus. Sonst noch was?

Als er wieder zu dem Shuttle rüber schaute, da erkannte er an der Steuerbordseite einen leichten Austritt von Dampf oder so. Schnell zückte er den Tricorder und ließ ihn eine Diagnose erstellen. Fast sofort hatte er die Lösung. Die Manövriertriebwerke. Irgendjemand war wohl im Begriff gewesen, das Shuttle zu starten und wurde dann unterbrochen. Na wenn das mal kein Glück war.

Er beugte sich runter zu Cheyenne, die mit geschlossenen Augen und schweißnassem Gesicht lautlos vor sich hin zitterte. "Cheyenne, hören Sie mich?", fragte er leise, um sie nicht zu erschrecken. Langsam schlug sie die Augen auf und schaute ihn an.

"Haben Sie noch Kraft genug, um das Shuttle per Fernsteuerung zu fliegen? Weil ich das nicht wirklich kann und die Gefahr zu groß wäre, dass das Shuttle abstürzt?", fragte er mit Nachdruck. "Und wir brauchen ganz dringend eine Ablenkung."

Irritiert blickte Cheyenne in Peters Gesicht. Diese Idee war.... äußerst eigenwillig! Aber vielleicht konnte es klappten.

Mit einem leichten Grinsen deutete sie auf den Tricorder.

"Wenn der Computer des Shuttles mich "rein" lässt ..."

"Das dürfte kein Problem sein", sagte Peter und begann, die Verbindung zwischen Tricorder und Shuttle herzustellen. Zumindest versuchte er es. Denn bei den ersten beiden Versuchen schaffte er es nicht. Kurz lächelte er Cheyenne an, um seinen beinahe peinlichen Gesichtsausdruck zu überspielen und versuchte es dann ein weiteres Mal. Was würde er dafür geben, wenn S'Tom jetzt hier wäre.

Ein Piepsen riss ihn aus den Gedanken und als er auf den Tricorder schaute, blinkte ihm ein grünes Verbindungslämpchen entgegen. Zuerst wollte er es nicht glauben, doch dann hielt er triumphierend den Tricorder hoch.

"Geschafft", sagte Peter erleichtert und streckte Cheyenne das Gerät hinüber. "Jetzt müssen Sie nur noch ein wenig Verwirrung stiften, und ich versuche dann, die Anderen zu befreien, klar?"

Die Pilotin drückte sich nach oben um eine bessere Sicht auf das Shuttle zu haben und nahm dann den Tricorder an sich.

Ihre Finger zitterten als sie sie über den Tasten ihrer improvisierten Fernsteuerung schweben lies.

'Reiß dich zusammen ...' Für einen kurzen Augenblick schloss Cheyenne die Augen und atmete langsam ein und aus. Dann begann ihr Blick flink zwischen dem Shuttle und dem Tricorder hin und her zu wechseln.

Ein lautes Aufheulen der Steuerungsdüsen hallte plötzlich durch den Wald und mit einem Ruck hüpfte das Fluggerät etwa zwei Meter senkrecht in die Luft und klappte dann mit der dem Vorderteil um etwa 30° nach unten. Die noch offene Rampe wackelte bedenklich durch die Luft.

Einige Sekunden später begann Cheyenne das Shuttle um die eigene Achse drehen zu lassen was innerhalb von wenigen Augenblicken einen ziemlich heftigen Wind verursachte.

Tarson beobachtete gespannt das entstehende Chaos, als das Shuttle mit einem Satz vom Boden abhob und Staub und Sand auf alle Herumstehenden wirbelte. Sofort sank die Sichtweite auf wenige Meter und verhinderte, dass die fremden Sicherheitsleute Peter entdecken konnten, als er aus seinem Versteck im Gebüsch hervor kam.

Bevor er am Waldrand entlang rannte, hatte er Cheyenne noch ein paar Befehle gegeben. Jetzt lief er, mit seinem Phaser bewaffnet, von der Menge weg, immer den Blick auf das Shuttle gerichtet, welches noch immer seinen virtuosen Tanz über den Fremden aufführte und so deren Aufmerksamkeit auf sich zog.

Nachdem Peter sich fast 100 Meter von allem entfernt hatte, tippte er zweimal kurz auf seinen Kommunikator und sofort stoppte das Shuttle seine Aktion und flog auf ihn zu. Gerade, als es seine Position erreicht hatte und zur Landung ansetzte, da schossen Phaserstrahlen durch die Luft. Erschrocken ließ sich Peter zu Boden fallen, um nicht getroffen zu werden und schaute in die Richtung, aus der sie kamen.

Es waren die Sicherheitsleute. Kaum, da sich der Staub gelegt hatte, hatten sie ihn entdeckt und das Feuer eröffnet. Doch zum Glück setzte das Shuttle direkt neben ihm auf und bot ihm so einen undurchdringlichen Schutz vor den Waffen. Aber Zeit zum ausruhen hatte er trotzdem nicht. Sofort sprang er wieder auf und rannte über die immer noch geöffnete Laderampe ins Innere des Shuttles.

--- Shuttle

Kaum im Shuttle angekommen, schloss er die Laderampe und lief zum Co-Pilotensitz. Dumpf erklangen die Phaserstöße, die außen gegen das Shuttle schlugen. 'Hoffentlich hält die Hülle das aus', dachte er, während er sich in den Sitz gleiten ließ und die Hauptkonsole aktivierte. Es kam ihm wie eine halbe Ewigkeit vor, bis endlich alle Anzeigen online waren und er sich einen Überblick verschaffen konnte.

'Alles grün', schoss es ihm durch den Kopf, während er den Transporter hochfuhr. Mit den Sensoren erfasste er das Kommunikatorsignal von Cheyenne und beamte sie direkt ins Shuttle.

"Cheyenne, kommen Sie schnell nach vorne, ich brauche hier Ihre Hilfe", sagte Peter, während er versuchte, die anderen Mitglieder des Außenteams zu erfassen. Doch irgendwie verursachten die Phaser der Fremden ein so starkes Verzerrungsfeld, dass die Sensoren es nicht schafften, irgendetwas genau zu erfassen. Sie mussten also näher ran.

"Cheyenne, wo bleiben Sie denn?"

--- Lichtung beim Shuttle

Selbst S'Tom war für kurze Zeit überrascht, als sich das Shuttle plötzlich selbstständig machte, doch er reagierte trotzdem rascher als die meisten anderen. Er ließ sich auf den Boden fallen und zog Rekelen und Ashok, die noch immer sehr überrascht aussahen, mit hinunter.

Der Vulkanier drückte ihnen Waffen in die Hand und deutete ihnen, rasch in der Deckung des Staubes auf die vorher hinter dem Shuttle gelegene Seite der Lichtung zu rennen, aber in jeweils etwas verschiedene Richtungen. Auf dieser Seite sollten sich nach seinen Annahmen keine oder nur sehr wenige Sicherheitsleute befinden. Er selbst rannte, nachdem er sich seine eigenen Phaser wieder genommen hatte, in eine wiederum etwas andere Richtung los.

Schon nach wenigen Metern verlor der Techniker die beiden anderen aus den Augen, nahm aber dafür einen Schemen in seiner Fluchtbahn wahr, der sich ziemlich desorientiert bewegte. Zufälligerweise hatte dieser Sicherheitsmann ihm gerade den Rücken zugewandt, als S'Tom in klare Sicht- und Aktionsweite kam, und so war es ein leichtes, diesen mit einem gut platzierten vulkanischen Nackengriff außer Gefecht zu setzen.

Dieser Sicherheitler war - abgesehen von einer Wurzel, über die der Agent am Waldrand stolperte - das einzige Hindernis, dem er begegnete. Inzwischen legte sich der Staub schon wieder, und er erhielt eine klare Sicht aus seiner gefundenen Deckung auf die Lichtung.

--- Shuttle

Die Pilotin war im hinteren Teil des Schiffes materialisiert worden und für einen kurzen Augenblick blickte sie sich orientierungslos um. Zwar hatte sie gewusst, was Tarson vor gehabt hatte, doch sie hatte sich viel zu sehr darauf konzentriert, das Shuttle nicht abstürzen zu lassen ...

Unter enormer Anstrengung stemmte die Terranerin sich hoch, humpelte nach vorne und ließ sich schwer in den Pilotensessel fallen. Vor ihren Augen tanzten kleine, freche Punkte.

Einige Augenblicke vergingen noch, bis Cheyenne sämtliche Meldungen, die das kleine Display ausspuckte registriert hatte. Die Manövrierdüsen waren vollkommen überhitzt, aber die würden sie jetzt eh nicht mehr brauchen. Ein ironisches Lächeln huschte über ihr Gesicht, als sie die Impulstriebwerke aufheulen liess.

"Festhalten!" Die Beschleunigungskraft der Maschinen drückte die Pilotin in ihren Sessel. Etwa 100m über der Oberfläche bremste sie die Maschinen wieder ab und aus den Augenwinkeln konnte Cheyenne erkennen, dass es Tarsons Magen gar nicht gut ging.

"Können Sie sie hoch beamen?"

Tarson musste tief durchatmen und kurz schlucken, um nicht seinen ganzen Mageninhalt über die Steuerkonsole zu verteilen. Wahrscheinlich würde er mit seinem leicht grünen Gesicht jeden Romulaner übertrumpfen, doch schließlich waren sie hier nicht auf einem Schönheitswettbewerb um den Titel, wer ist der schönste Romulaner, sondern hier ging es um Leben und Tod.

Schnell scannte er noch einmal nach den Mustern des Außenteams, doch wieder bekam er nur seltsame Werte, mit denen der Transporter nichts anfangen konnte. "Nein Miss Morgan, ich kann sie nicht erfassen. Wir müssen was anderes versuchen."

Mit geübten Fingern aktivierte Peter die Schilde und lud die Waffen.

"Cheyenne, fliegen Sie wieder runter und halten Sie dass Shuttle zirka 15 Meter über den Fremden. Ich werde dann das Feuer eröffnen. Sobald ich Ihnen grünes Licht gebe, landen Sie und öffnen die Einstiegsrampe. Dann können unsere Leute einsteigen. Alles verstanden?"

Ein kurzes Nicken kam als Bestätigung.

"Na dann los", sagte Peter und startete die Rettungsaktion.

'Warum konnte nicht einfach mal etwas nur funktionieren?' Dieser Gedanke kam der Pilotin schon zum wiederholten Male an diesem Tag. Eigentlich sollte sie ja bei Monserat einen Gefahrenzuschlag beantragen ...

Einige Augenblick später begann Tarson die Phaser ab zu feuern und der Staubwolke die er aufgewirbelt hatte nach zu urteilen, war von dem Sicherheitsteam das sie belästigt hatte nicht viel übrig geblieben. Ein kurzes Aufblitzen von Verwirrung huschte über Cheyennes Gesicht doch die Terranerin hatte wahrlich nicht die Zeit, sich länger damit abzugeben.

Vorsichtig versuchte sie das Shuttle wieder zu landen, was ihr allerdings nicht so ganz gelang. Der Captain würde wohl mit ein paar Beulen leben müssen.

Tarson war aufgestanden und hatte sich am Eingang der Rampe postiert während diese sich mit einem vertrauten Summen langsam öffnete.

Langsam legte sich der Staub, den die Impulstriebwerke aufgewirbelt hatten und gab den Blick frei auf ein wüstes Bild des Chaos. Der Boden war verbrannt und rauchte dunkel, dort wo sich die Phaser ihren Weg durch die feindlichen Truppen gebahnt hatten. Ein Gebüsch loderte knisternd vor sich hin und überall lagen tote Sicherheitler herum.

Angestrengt suchte Peter den näheren Umkreis nach dem Außenteam ab, doch er konnte niemanden entdecken. Zumindest nicht bei den Leichen. Das beruhigte ihn ein bisschen, denn obwohl er mit den Shuttlephasern vorsichtig umgegangen war und wirklich nur eindeutige Ziele beschossen hatte, hätte es ja trotzdem sein können, dass er jemanden vom eigenen Team getroffen hatte.

Mit der rechten Hand tippte er auf seinen Kommunikator. "Tarson an Außenteam. Können Sie mich hören?"

Er wartete ein paar Sekunden, bevor er es noch einmal versuchte. Doch auch das zweite Mal ergab nichts. Etwas verwundert legte er die Hände an den Mund und schrie aus dem Shuttle heraus: "Rekelen, S'Tom, oder sonst wer. Wo sind Sie alle?"

--- im Wald

Die letzten Sekunden waren sehr, sehr schnell vergangen. Phaserfeuer, schreiende Sicherheitler, das Shuttle... definitiv zu schnell. Rekelen ächzte, als sie die Augen öffnete und sich Grimassen schneidend aufrichtete. Irgendetwas hatte sie getroffen... einen Moment lang hatte sich alles gedreht... ein explodierter ehemaliger Fels? *Sehr* weit daneben gegangener Querschläger? Welcher Idiot hatte die Idee gehabt, mit dem Shuttle zu feuern? Sie würde auf Raji tippen, wenn sie nicht genau wüsste, dass das nicht sein konnte.

"Rekelen... S'Tom... Ashok...", sagte eine Stimme.

Ansonsten war es verräterisch still.

Blinzelnd sah die Cardassianerin sich um. Moos. Wurzeln. Baumstämme. Definitiv Wald.

Ach ja. S'Tom hatte sie ja weggescheucht.

Irgendetwas in ihrer Schulter war kaputt, doch Rekelen war nicht bereit, es zuzugeben. Den Schmerz so gut wie möglich ignorierend, rappelte sie sich vollends auf.

"Tarson an S'Tom, Nar... melden, verdammt noch mal!"

Kopfschüttelnd versuchte sie ihren Kopf zu klären, während sie ihren Kommunikator antippte. "Rekelen hier. Ich bin auf dem Weg", brachte sie zustande, dann orientierte sie sich, ergriff den Phaser, der neben ihr im Moos gelandet war, und machte sich auf den Weg.

--- beim Shuttle

Ungläubig blieb Rekelen stehen, um die von Phaserfeuer verunstaltete Hülle des Shuttles, niemals wieder bepflanzbaren Boden und die vielen toten Sicherheitsoffiziere anzustarren, in deren Mitte Tarson stand und sich ungeduldig umwandte. Sie konnte nicht ganz glauben, dass sie wirklich erlebt hatte, was sie erlebt hatte.

Dann schoss ihr ein anderer Gedanke durch den Kopf, und sie grinste glücklich. Ihr Roman! Mit so einem Roman würde sie in die Geschichte eingehen! Definitiv, sie hatte genug über die Menschen gelernt.

Im selben Moment raschelte es ein Stück entfernt im Gebüsch, und ein in seinen Bart hinein murmelnder Raji bahnte sich seinen Weg. Sie warf ihm einen dunklen Blick zu, und als er sie bemerkte, starrte er finster zurück.

In der einen oder anderen Hinsicht hatte sie eindeutig mehr gelernt, als sie hatte wissen wollen.

Während Rekelen zu Tarson aufschloss, schwor sie sich, dass sie sich nie, nie wieder auf eine so aberwitzige Mission wie diese einlassen würde.

--- im Shuttle

Langsam kam S'Tom wieder zu sich. Er brauchte nur kurze Zeit, um seine Gedanken zu sammeln. Das Shuttle war plötzlich gelandet und Tarson hingerannt... Er hatte versucht, ihm mit ein paar gezielten Phaserschüssen Deckung zu geben, doch nach drei Schüssen waren die Energiezellen plötzlich leer gewesen - er hätte wohl die Integrität des Energiespeichers öfter prüfen sollen, wahrscheinlich war diese nach schnellen Kalkulationen schon im Labor verloren gegangen... Dann war das Shuttle abgehoben... Irgendeine Energieentladung traf ihn... Danach... keine Daten.

Der Vulkanier registrierte nach diesen kurzen Überlegungen seine Umgebung. Er lag anscheinend auf einer Liege im Shuttle. Gleich neben ihm befanden sich zwei Androidenarme. Irgendwer hatte ihm einen Verband über eine Wunde an der linken Schulter angelegt, die Stelle, wo ihn die Energieentladung getroffen hatte. Nach kurzer interner Schadensevaluierung befand er, dass er sich durchaus schon wieder gefahr- und ziemlich schmerzlos bewegen könnte.

Die ehemalige Drohne begab sich aus dem kleinen, abgetrennten Raum ins Cockpit, wo Rekelen und Tarson anscheinend etwas Mühe hatten, die plötzliche Umkehr ihrer Peristaltik zu verhindern. Verständlich, wenn man den von Cheyenne gewählten Flugvektor beachtete. Sie flog das Shuttle fast senkrecht von der Oberfläche nach oben, wohl um dem Sicherheitsnetz zu entgehen.

Die ehemalige Drohne setzte sich auf den noch freien Sessel. Mission erfolgreich abgeschlossen... Nun ja... 33% des Teams verloren, normalerweise nicht akzeptabel. Hätte er ihren Tod verhindern können? Was wohl jetzt Classics nächste Aktion sein würde? In Missionsanalysen vertieft - die anderen Mitglieder des Teams waren ausnahmsweise nicht gesprächig - beobachtete S'Tom gelassen den Austritt aus der Atmosphäre.

--- Ivory

Jegliche Versuche, die Kommunikation mit dem Shuttle wieder aufzunehmen waren fehlgeschlagen. Er hatte es nicht anders erwartet, nachdem die planetare Verteidigung von Omicron zum Leben erwachte. Störfelder verhinderten sämtliche Kommunikation mit der Oberfläche des Planeten, es sei denn man kannte Ihre Konfiguration. Und es brauchte schon die Rechenleistung eines etwas größeren Schiffes, um solche Lücken in wenigen Minuten auch nur annähend zu ermitteln.

Es blieb keine Zeit mehr, so oder so, jetzt musste etwas geschehen. Seine mentalen Impulse rasten durch das Schiff, das augenblicklich zum Leben erwachte.

Alarmsirenen begannen zu heulen, und ein rhythmisches, rotes Blinken erfüllte die Gänge. Dann durchschnitt die Stimme von Classic das sich entwickelnde Chaos: "Achtung an alle! Die planetare Verteidigung von Omicron wird in diesen Augenblicken aktiviert. Begeben sie sich auf Gefechtsstationen!"

Es war ein gewisses Risiko, das Schiff in Bereitschaft zu nehmen, machte er doch damit auf sich aufmerksam. Wenn das Shuttle auf dem Planeten doch nur endlich abheben würde.

Welcher Gott auch immer diesen Gedanken zugehört hatte (Classic selbst glaubte nun nicht unbedingt an Götter), schien Erbarmen zu haben, denn in diesem Augenblick registrierten die Sensoren selbst durch die bestehenden Interferenzen das senkrecht in die Höhe schießende Shuttle.

Noch konnte er keine Emission von den automatisierten Waffenplattformen erkennen, aber das war sicherlich nur noch eine Frage der Zeit. So zerstritten Omicron in sich war, bei einer Bedrohung von außen waren sich üblicherweise alle einig. Und hier ging es um die Ehre...

Er änderte den Kurs der Ivory, um das Shuttle aufzunehmen und öffnete einen Kommunikationskanal mit maximaler Sendestärke: "Ivory an Shuttle. Setzen Sie Kurs auf 205.31, wir kommen Euch entgegen. Passen Sie auf die planetare Verteidigung auf!"

Die Plattformen würden mindestens 30 Sekunden brauchen, um einsatzbereit zu werden. Wenn Sie noch ein wenig mehr Glück hatten... Vor Classics geistigem Auge zählte eine Uhr herab, sie stand bei 0:35, als er den Funkspruch absetzte. Es würde reichen, knapp, aber es würde reichen. Bei diesem Gedanken, und noch während die ersten Besatzungsmitglieder die Wachmannschaft auf der Brücke vervollständigten, ließ er die Warp-Triebwerke anlaufen.

--- Shuttle

Classics Worte hallten noch einige Augenblicke im Kopf der Pilotin nach, während sie den angegebenen Kurs ein tippte. Im Eifer des Gefechts hatte sie den Flaschengeist beinahe ganz vergessen.

Ein wild blinkendes Licht auf der Steuerungskonsole ließ der Terranerin ein Fluchen entkommen. Blitzschnell riss Cheyenne das Ruder zu Seite und versuchte einen Haken zu schlagen - keine Sekunde zu früh, denn fast im selben Moment sah sie noch die Explosion eines Torpedos, der etwa 200 Meter neben ihrer Position detoniert war.

Eiskalter Schweiß rann der jungen Frau über den Rücken - sie wollte sich gar nicht vorstellen, was das Ding mit dem Shuttle angerichtet hätte, hätten sie auch nur noch eine Sekunde weiter diesen Kurs verfolgt.

"Tarson an Ivory, können Sie uns Feuerschutz geben!!?" Die schreiende Stimme des Sicherheitlers war durch das schrille Kreischen der Triebwerke kaum zu verstehen und Cheyenne hoffte, dass er Erfolg hatte - dem nächsten Torpedo würde sie wohl nicht mehr ausweichen können.

--- Ivory

Noch während ein "Verstanden" über die knatternde Kommunikationsverbindung übertragen wurde, begann die Ivory das Feuer eröffnen. Die Zielerfassung war nur noch eine reine Formsache, er hatte den Kurs des Torpedos bereits zurückverfolgt.

Die einzige Phaserbank der Ivory eröffnete das Dauerfeuer auf den Angreifer. Innerhalb von Sekunden ging die Plattform in einem Feuerball auf. Die Sensoren des Frachters zeigten nun (endlich), welche der Abwehrsystem sich der Einsatzbereitschaft näherten.

Während sich das Shuttle mit beängstigender Geschwindigkeit der Hangarschleuse der Ivory näherte, zerstörte der gleißende Phaserstrahl der Ivory drei weitere Satelliten. Dann kehrte für einen Augenblick wieder beängstigende Stille ein.

Cheyenne begann jetzt mit dem vermutlich waghalsigsten Landemanöver ihrer Fluggeschichte, denn noch immer schoss das Shuttle viel zu schnell auf die trügerische Sicherheit des Frachters zu.

Die Präzision, mit der die folgenden Sekunden abliefen, würde für einen neutralen Beobachter vermutlich absolut faszinierend sein. So aber rief sie völlig gegensätzliche Reaktionen hervor.

Die Besatzung des Shuttles und der Ivory erlebten diese Sekunden mit einer Mischung aus Furcht gepaart mit einem viel zu hohen Adrenalinspiegel. Das Shuttle raste in die Sicherheitsnetze und kam dadurch so abrupt kaum einen Meter vor der Hangarwand zu stehen, dass die Besatzungsmitglieder und die Ausrüstung im Shuttle den Gesetzen der Masseträgheit folgen mussten. Von dem im gleichen Augenblick eingeleiteten Fluchtmanöver bekamen sie in diesem Chaos nichts mit.

Die Leitung der planetaren Verteidigung, in der zweifelhaften Gesellschaft Ansalis, sannen auf Rache. Sie sahen das Shuttle mit aberwitziger Geschwindigkeit das Frachtschiff im Orbit des Planeten anfliegen. Dieses hatte gerade vier Stationen des orbitalen Verteidigungsnetzes vernichtet. Dann, wie von Zauberhand koordiniert, aktivierten sich die Schilde des Frachters just in dem Moment, als dieser die imaginäre Linie überflog, und noch nicht einmal eine Sekunde später verschwand die Ivory im Blitz eines Warptransits.

---- Ivory, Brücke, mehrere Tage später

Stille auf dem Schiff. Alles ging seinen gewohnten Gang.

Seit ein paar Tagen wagten es die meisten Crewmitglieder sogar schon wieder, in normaler Lautstärke zu atmen.

Das einzige Geräusch, das zu hören war, war das vertraute Klappern von Stricknadeln, und es kam aus dem Captainschair. Noch hatte es seine übliche Stetigkeit nicht wiedererlangt, wirkte noch etwas labil, doch Francine Monserat arbeitete daran. Wirklich. Und ihr Psychologe bestätigte ihr großartige Fortschritte.

Die anderen Mitglieder der Brückencrew besaßen den Verstand, nicht zu sprechen. S'Tom ging schweigend seinen Berechnungen an einer der hinteren Konsolen nach; es stand zu hinterfragen, ob er überhaupt das Verlangen zu Konversation gehabt hätte. Cheyenne Morgan hatte vor ein paar Minuten ihren Kollegen abgelöst und steuerte die Ivory friedlich durch das All, ganz versunken in ihre Arbeit.

Peter Tarson stand an der Sicherheitskonsole. Er wirkte ausgeglichen und zufrieden. Wenn er Francine ansah, schlich sich ab und zu ein fieses Lächeln auf sein Gesicht.

"Wir erreichen in einigen Stunden das Epsilon-Cluster, Captain.", durchschnitt Cheyennes Stimme schließlich die Stille.

Tarson sah vorsichtig auf. Sogar S'Tom hielt einen Moment lang inne, um interessiert zum Captain hinüber zu sehen.

Es dauerte einen Moment, bis die Worte zu Francine durchdrangen. Sie fühlte sich zurzeit ein wenig merkwürdig... als ob viele Lagen aus Watte um ihren Kopf gewickelt worden seien, rosa Watte, und irgendwie war es ganz angenehm... aber der Psychologe sagte, sie solle sich keine Sorgen machen. Gar keine Sorgen. Alles würde gut werden.

Langsam ließ sie die Stricknadeln sinken.

"Gut", brachte sie hervor. Tarson entspannte sich sichtlich. S'Tom ging wieder an die Arbeit.

'Nur noch wenige Stunden', musste sie sich lediglich einreden, um sich sofort besser zu fühlen. Nur noch wenige Stunden bis zu ihrem Rendezvous mit dem Schiff ihres alten Geschäftspartners, O'Connor, und kurz darauf mit einem anderen Handelspartner, der Venture. Nur noch wenige Stunden, bis sie die Crew auf ein anderes Schiff abladen konnte. Nur noch wenige Stunden...

Nur noch wenige Stunden, bis sie diesen... diesen Classic irgendwo absetzen konnte. Dann war sie ihn los. Francine atmete tief und kontrolliert durch. Ihre Hände zitterten nur ein bisschen.

Nur noch wenige Stunden, bis sie endlich Kurs auf Risa setzen konnte.

Und Gerald sein Schiff zurückgeben.

Wenn es sein musste, würde sie ihn dafür bezahlen.

Und dann konnte sie wieder ihren eigenen Geschäften nachgehen. Ruhigen, entspannenden, gänzlich ungefährlichen Geschäften. Und stricken. Oh ja, sie sollte weiterstricken.

Klapper, klapper.

Vielleicht könnte sie mal wieder heiraten...? Francines Heiratseifer hatte sie in letzter Zeit ein wenig verlassen. Sie hatte nie wirklich realisiert, in welche Schwierigkeiten sie ihre Hochzeiten gebracht hatten. Nie wirklich verstanden, dass Leute wie Rekelen Nar zu ihrem Familienkreis gehörten.

Nar hatte das Schiff früher am Tag verlassen, als ein Frachter eine Passage nach Cardassia Prime anbot. Sie hatte diesem Wissenschaftler, diesem Raji, dabei wütende Blicke zugeworfen und ununterbrochen etwas von "großer Roman" und "nie wieder Cardassia verlassen. Nie wieder" gemurmelt. Francine hatte nicht recht zugehört. Wie gesagt, alles war ganz wattig und fluschig.

Nie wieder Raumfahrten.

Klapper, klapper.

Nie wieder Abenteuer. Nie wieder Schiffsentführungen.

Nie wieder.

Und die Ivory flog in die ewige Stille des Weltalls davon.

ENDE

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