Ivory Cronik 12

"Unsere Absichten waren friedlich"

--- unsichtbarer Planet, Baumraum

Der Duft nach frischgebackenem Brot, geräuchertem Schinken und einer Art gedunsener Pilze stieg Clint in die Nase. Mit einem Mal wußte er, was er vor sich hatte.

"Ein Service-Robot", meinte er mit sachlichem Tonfall. "Höchstwahrscheinlich ungefährlich", fügte er hinzu um die Terranerin zu beruhigen. Jedenfalls glaubte er, daß es beruhigend wirkte, wenn er der Psychologin die Ungefährlichkeit des Robot nochmal versicherte, auch wenn diese inzwischen wohl dieselbe Feststellung selbst machte.

Zumindest dachte er, daß Ysara beunruhigt war, denn ohne seinen Sehsinn, fiel es ihm noch schwerer als sonst, den Gemütszustand gefühlsbetonter Wesen zu erfassen. Schließlich hatte er selbst recht aggressiv auf das Auftauchen des Robot reagiert. Aber aggressives Handeln und aggressive Empfindungen standen nicht unbedingt in Zusammenhang.

Als Psychologin würde Ysara über solche Zusammenhänge wahrscheinlich gerade auch nachdenken. Clints wissenschaftliches Interesse erwachte. Womöglich fand er irgendwann die Gelegenheit mit ihr die terranische Trieblehre zu diskutieren.

Er wandte sich an Ysara. Langsam konnte er schemenhafte Konturen wahrnehmen, allerdings war sein Farbempfinden noch gestört. Die Situation war vielleicht etwas ungewöhnlich, aber im Augenblick drohte ihnen keine direkte Gefahr, also beschloß der Halb-Breen die Gelegenheit für eine Pause in ihrer Mission zu nutzen.

Vorsichtig näherte er sich dem Service-Robot und begutachtete, so weit es seine Augen erlaubten, die Speisen, die auf ihm ruhten. Ein kurzer Scan versicherte ihm, daß die Nahrung keine toxischen Bestandteile enthielt, der Scanner gab kein Warnsignal von sich.

Als er den Robot berührte, fuhren aus dessen Seite zwei niedrige Hocker heraus und wurden auf dem Boden abgestellt. Clint zuckte mit den Schultern und setzte sich. Er beschloß, das Gespräch erst auf die naheliegendsten Probleme zu lenken:

"Wir sollten die Gelegenheit nutzen und unsere Situation und unser weiteres Vorgehen...", er stockte unmerklich und fand schließlich eine geeignete Formulierung, "...in aller Ruhe überdenken. Die Automatik dieses Raumes ist erst eine Weile nach Iswedas Verschwinden angesprungen. Ich vermute, daß er womöglich die Energiezufuhr eingeschaltet hat."

Er nahm Ysaras Konturen nun immer deutlicher wahr. Mit einer Geste bot er ihr den anderen Hocker an. Ungeniert nahm er ein Gebäck von der Robotplatte und roch daran. Nach positivem Befund probierte er ein Stück.

"Essen Sie ruhig. Die Nahrung ist ungefährlich. Außerdem schonen wir dadurch unsere Konzentratvorräte. Unsere Aufenthaltsdauer auf diesem Planeten unterliegt momentan keiner Begrenzung und wir werden unsere Vorräte höchstwahrscheinlich noch brauchen", meinte er und versuchte seiner Stimme eine heitere Nuance zu verleihen.

Die Automatik des Zimmers schien erneut zu reagieren. Das Licht wurde dämmriger und die Musik aus den versteckten Lautsprechern wurde leiser und ruhiger.

--- ???, Konsolenraum

Nach endlosen Versuchen erschien schließlich so etwas wie eine Karte, oder ein Lageplan auf dem Schirm vor Isweda. Zwar konnte er die einzelnen Symbole noch immer nicht richtig deuten, erkannte aber inzwischen das eine oder andere der Zeichen wieder.

'Scheint so, als ob ich mit meiner Vermutung doch recht nahe bei der Wahrheit lag', dachte Isweda voller innerer Genugtuung. 'Diese Zeichen sind den Räumen zugeordnet. Scheint hier so etwas wie eine Überwachungsstation zu sein.... aber für was um Himmels Willen?'

Kuno kramte seinen Tricorder aus der Beuteltasche und bemühte sich mehrmals vergeblich die Daten einzuscannen, bis er auf eine recht einfache Lösung kam. Er scannte kurzerhand den Schirm und verwendete die so gewonnene "Karte" als Hintergrund für einen Dauerscan zur Ortsbestimmung. Nun mußte er nur noch herausfinden in welchem Raum er sich selber befand und Isweda hätte eine recht gute Möglichkeit sich in diesem Labyrinth zurecht zu finden.

Er ging zur halbgeöffneten Tür und schaute sich um. Tatsächlich, neben dem Eingang, fast nicht zu erkennen, befand sich ein Symbol, ähnlich denen, die Isweda eben in den Staub gezeichnet hat. Er ging zurück zum Terminal, suchte und aktivierte dieses Symbol und der Raum "Kuno Isweda auf einem Stuhl sitzend" erschien auf dem Schirm!

"Bingo!", rief er aus, "jetzt nur noch die anderen auf dem Terminal finden und ich brauche hier nicht mehr alleine rumzugeistern!"

Da Kuno nun einen Plan hatte, der die einzelnen Symbole enthielt und zudem als Karte sehr brauchbar war, befaßte er sich nicht weiter damit jedes dieser Symbole in den Staub zu zeichnen, sondern er suchte nun erheblich schneller nach der Gruppe.

Dort, in einem halbdunklem Raum, konnte Isweda eine Bewegung ausmachen!

Kuno notierte das passende Symbol im Geist, suchte es auf der "Karte" und gab diesen Punkt als Ziel ein. Dann verließ er eiligst den Raum, immer ein Auge auf seinen elektronischen Wegweiser gerichtet.

--- Säulenraum

Etwas überrascht, wie einfach das gewesen war, stand Nathalie erst eine Sekunde regungslos bei der getarnten Tür, bevor sie hinter einer der vielen hohen Säulen Deckung suchte. Wachsam spähte sie in die Richtung, aus der die Geräusche kamen. Doch die Ursache selbst sah sie nicht, einige Säulen verdeckten sie.

Nathalie faßte ihren Mut zusammen und sprintete zur nächsten Säule, von der aus sie sicher mehr sehen konnte.

Gerade, als sie die Säule erreichte, hörte sie die vertraute Stimme des Grilmaks. Ihre Laune hob sich schlagartig und ohne zu bremsen, schoß sie um die eben erreichte Säule herum und rannte mit ihrem gezückten, feuerbereiten Phaser auf die Gruppe zu.

"KWinh!", rief Nathalie erfreut und erleichtert zugleich.

Die Amerikanerin bemerkte nicht das Auftauchen des abgesprengten Besatzungsmitglieds und hörte auch nicht die Worte des Grilmaks, die sie dazu ermutigten das Gerät oder was auch immer es sein mochte zu betätigen. Ihre Augen waren gefangen von dem Licht der Pyramide, das sich in der Halbkugel brach und Lichtreflexe warf.

Wie in Trance erhob sie ihre Hand und hielt sie über die Einbuchtung und dann geschah etwas. Die Halbkugel löste sich aus ihrer Verankerung und strebte wie von selbst auf die Hand zu um eins mit ihr zu werden. Bei der Berührung des Kristalls liefen Bilder durch Shanias Kopf. Symbole. Reale Bilder. Wieder Symbole.

Sie liefen sehr schnell ab und schienen keinen Sinn zu ergeben, bis die große Frau sich völlig entspannte und gehen ließ. Da erkannte sie nicht nur ein System, sondern sie verstand die Symbole, die teilweise Geschichte und teilweise Bedienungselemente eines gigantischen Apparates waren. Ihr Gesicht klärte sich zu einem verzückten Lächeln, daß sie anderen wohl abhielt sie von dem Kontrollpult zu trennen.

Voller Aufregung schienen ihre Finger nur minimal mit der Unterlage zu spielen und trotzdem tat sich Gigantisches. Der ganze Raum begann zu zittern und zu vibrieren. Fast konnte man meinen sich im Inneren eines jeden Moment startenden Raumschiffs zu befinden, doch es war etwas anders, wie Shania mit leichter Enttäuschung feststellte, dennoch war es so aufregend wie auch gewöhnlich für diese Zivilisation.

"Achtung...", sagte sie fast tonlos und übertönte das lauter gewordene Surren des Raums, dann schienen sie den Boden unter den Füssen zu verlieren und sie verspürten das Gefühl nach unten gezogen zu werden. Sie hörte Stimmen und Geräusche hinter sich, doch sie konnte sie nicht verstehen. Ihr Geist war eins mit dem Kontrollsystem des Raums.

Kurz darauf veränderte sich die Richtung und sie glitten zur Seite. Doch kaum hatten sich alle an die Fahrt gewöhnt, strebten sie plötzlich nach oben.

Shania fühlte das Licht und sie sah die Sonne. Das Heiligtum der Söhne der Sonne. Sie war in ihrem Kopf und sie breitete sich dort aus. War ihr Denken und ihr Fühlen.

Der Raum bremste wie von selbst und seine Seiten breiteten sich nach außen hin aus.

Nun war es kein Raum mehr, sondern ein geradezu winziges Transportmittel zum Zentrum der Verehrung. Einer riesigen Halle, einem Tempel gleich. Sie waren am Ziel angekommen.

Für einen Moment sah die große Amerikanerin noch das betörende Licht des Sonnensymbols, das frei in der Luft zu schweben schien, dann brach sie erschöpft zusammen.

Drei Gestalten standen um die große Amerikanerin herum, die nach der Verschmelzung ihrer Hand mit der Halbkugel plötzlich geistesabwesend und weggetreten ausgesehen hatte, kurz bevor sie "Achtung" gemurmelt hatte und schließlich in sich zusammengesunken war. Der Grilmak hatte sie gerade noch im letzten Moment auffangen und auf den Boden legen können.

Shalley war sofort mit ihrem Medikit zur Hand um nach der Ursache für diese Ohnmacht zu suchen, aber noch bevor sie Shania näher untersuchen konnte oder sie endlich auf Nathalies Erscheinen bei der Gruppe eingehen konnten, fiel den Dreien etwas auf, das vorher nicht dagewesen war.

Für einen Moment erstarrten alle drei in ihren Bewegungen und starrten wie gebannt dorthin wo vorher noch eine metallische Wand gewesen war. Selbst Nathalie, die ihren Phaser in der Hand hatte, ließ ihn vor Verblüffung etwas sinken.

Ein Durchgang hatte sich geöffnet, der bisher im Verborgenen gewesen war und in diesem Durchgang standen zwei Wesen. Ihre Körper waren ins Dunkel gehüllt und kaum näher erkennbar, da hinter ihnen strahlendes Helligkeit im Gegensatz zum dunklen Säulenraum herrschte.

Es waren ein Humanoide und neben ihm zu seinen Füssen eine Spinne...

Überrascht schaute KWinh sich um. Erst tauchte völlig unerwartet Nathalie Connor auf, dann drückte Shania auf die Markierung und keine zwei Sekunden später mußte er sie auffangen, damit sie nicht auf dem Boden aufschlug, weil sie ohnmächtig wurde. Dann öffnete sich die vorher noch solide Wand und dieser kleine Humanoid kam aus dem sehr hell beleuchteten Raum dahinter. Die Spinne an seiner Seite ähnelte der, mit der die Gruppe im Wald Bekanntschaft gemacht hatte, war aber viel kleiner.

Nach dem Aussehen und dem Körperbau war der Humanoide weiblich. Die Stimme, mit der "sie" sprach, gab darüber jedoch keine Auskunft, sie war zwar hoch, aber das konnte auch an der Körpergröße liegen. Wild gestikulierend und redend, die Spinne immer an ihrer Seite ging die Bewohnerin auf Shania zu. Die Sprache, die sie benutzte war unbekannt, aber sie hatte wohl viel zu sagen, was dem nicht enden wollenden Wortschwall zu entnehmen war.

Vor der fast leblos daliegenden Shania blieb sie schließlich stehen, stemmte die Hände in die Hüfte und schüttelte den Kopf, eine zutiefst terranische Geste. Ein weiteres Umschauen zeigte dem Grilmak, daß auch die restlichen Mitglieder der Gruppe verwirrt waren, selbst Miss Connor, die ja für ihre Sicherheit garantieren sollte.

--- im Baumraum

Ysara verlagerte unruhig ihr Gewicht von einem Bein auf das andere und verschränkte die Arme energisch vor der Brust. Hatte sie da tatsächlich etwas wie Freundlichkeit aus der Stimme des Mannes herausgehört? Ein Seufzen unterdrückend hoffte sie, daß er nicht sein antrainiertes Pon Farr bekam oder etwas ähnliches. Die Erinnerung an die unangenehme Nähe zu ihm in der Nische, ließ sie darauf drängen, so schnell wie möglich zurück zur Gruppe zu kommen.

"Wie ich das sehe, haben wir zwei Möglichkeiten. Entweder kehren wir zu den anderen zurück und lassen Isweda dort zurück, wohin er verschwunden ist", begann sie resolut, "oder aber, und so wirkt es auf mich, probieren wir aus, ob der Transporter vielleicht wieder funktioniert, wenn wir Iswedas ... nun, Kunstwerk wieder einschalten."

Nun griff sie doch nach einer der Teigwaren, von denen Clint gerade aß. Rein vernunftmäßig sollten sie wohl die zweite Möglichkeit zuerst ausprobieren, doch da ihr die Vorstellung unangenehm war und sie auch nichts Unvernünftiges vorschlagen wollte, schwieg sie lieber.

Mit einer Grimasse schluckte sie den ersten Bissen des Gebäcks hinunter. Es schmeckte nach Essig - wie konnte der Breen es seelenruhig verspeisen?

"Also?" Auffordernd sah sie ihren Begleiter an. "Wir können auch im Gehen essen. Herumsitzen ist jedenfalls Zeitverschwendung."

"Ich bezweifle, daß wir noch eine Gelegenheit zum Essen haben werden, wenn wir uns zum Handeln entschließen. Weder im Wald noch am anderem Ende des Transporters", sagte Clint ruhig und fischte sich ein birnenförmiges Gemüse von der Robotplatte. "Allerdings haben Sie recht, wir müssen zu den anderen aufschließen."

Clint war sich bewußt, daß es besser für sie wäre, die Gruppe mit Shania schnell aufzusuchen, denn die Terranerin war die einzige, die für Captain Monserat eine persönliche Bedeutung hatte. Sollte sie sich bis zur Ivory durchschlagen, war die Wahrscheinlichkeit, daß der Frachtercaptain auf zurückgebliebene, versprengte Gruppen wartete recht gering.

Andererseits hatte Kuno, wenn er tatsächlich durch ein Transportersystem gebeamt wurde und die Energieversorgung dieses Raums per Fernschaltung aktiviert hatte, eine wichtige Zentrale gefunden. Der Halb-Breen hatte ausgerechnet, daß der nächste Tarnfeldgenerator einige Tagesmärsche entfernt war. Das Transportsystem führte womöglich genau dorthin, es galt das herauszufinden.

Das birnenförmige Obst hatte sich als eine Frucht erwiesen. Sie schmeckte honigsüß und hatte einen faustgroßen Kern. Nachdem er mit der Mahlzeit fertig war und den abgenagten Kern auf die Platte zurückgelegt hatte, öffnete sich eine Klappe und die Essensreste verschwanden darin. Aus vorher unsichtbaren Öffnungen kamen skurrile Eßwerkzeuge hervor.

In doppelter Ausführung kamen eine Art Kreissäge, ein spitzes Messer und ein zangenartiges Werkzeug zum Vorschein. Fast im selben Augenblick knisterte das Kraftfeld des Eingangs und ein Flugroboter sauste, offenbar auf einem Antigravfeld ruhend, in den Baumraum hinein. Hinter ihm schloß sich das Kraftfeld wieder.

Der Flugrobot trug mehrere Netzte in denen alle möglichen Bewohner des Walds zappelten, fauchten, miauten, wimmerten und sonstige Geräusche von sich gaben. Der Rhythmus der Musik im Raum wurde schneller und vermittelte einen Eindruck von Wildheit und Hektik.

"Das scheint die Hauptspeise zu sein. Wie es aussieht bevorzugten die ehemaligen Bewohner dieser Behausung lebende Nahrung", meinte der grüne Vulkanier interessiert. Es war ein Hinweis darauf, daß das Volk welches hier lebte, nicht von Pflanzenfressern abstammte. Tatsächlich hielten sich solche barbarischen Bräuche meist nur bei Spezies, die von Raubtieren abstammten.

Ein lautes Quietschen übertönte alle anderen Tiere. Clints Verdacht wurde sofort bestätigt. Ein fledermausartiges Tier wand sich in einem der Netze und versuchte sich mit wütenden Flügelschlägen zu befreien. Zwar wußte der Halb-Breen nicht, ob es sich um "seine" Fledermaus handelte, aber das war für seine Zwecke ohne Belang.

Er nahm eins der Eßwerkzeuge, einen Stab mit einer kleinen Kreissäge am Ende, und zerschnitt das Netz, während er mit der anderen Hand das Tier festhielt. Bevor es ihm entwischen konnte, packte er nun auch mit der zweiten Hand zu. Sein Sehvermögen war nun wieder ganz hergestellt, außer einigen Schatten, die immer noch durch sein Gesichtsfeld huschten.

Die Fledermaus versuchte verzweifelt sich zu befreien, aber Clints Griff war eisern. Mit einem kräftigen Schwung warf er das Flugtier in die Transporternische. Es verschwand sofort und ohne jegliche Transportereffekte wie zuvor Isweda. "Wie Sie sehen, ist der Transporter jetzt aktiv. Ich nehme an, er wurde zusammen mit den restlichen Einrichtungen des Raumes aktiviert. Iswedas Blitzvorrichtung muß wohl den Transportvorgang durch Zufall aktiviert haben."

Ysara trat an seine Seite. "Kommen Sie", forderte er sie auf und gemeinsam stiegen sie in das Transportfeld..

--- Gang vor dem Konsolenraum

Isweda hatte nur einige Meter zurückgelegt, als zweierlei geschah. Zum einen erloschen die blinkenden Anzeigen die Kuno als Ziel seiner Suche fixiert hatte, zum anderen machte sich ein Energieabfall in der Zusatzbeleuchtung der Gänge bemerkbar, der von einem Lichtschein aus dem Konsolenraum begleitet wurde.

Diesem Ereignis hätte Isweda an sich keinerlei Bedeutung beigemessen, es war seiner Meinung nach ein Vorkommnis, das in jeder alten, vernachlässigten Anlage eher die Regel, wie die Ausnahme darstellte, wenn die blinkenden Anzeichen auf seinem Tricorder nicht wieder erschienen und zusätzlich zwei weitere Punkte aufgetaucht wären.

Genau hinter ihm, genau in dem Raum, den Isweda vor wenigen Augenblicken verlassen hatte!

"Verdammt", murmelte Kuno, "wer ist das? Sollte doch jemand hier unten sein, oder..."

Daß es sich hierbei um weitere Mitglieder des Teams handeln könnte, daran glaubte er nicht. Wie sollten sie auch hierher gekommen sein? Isweda hatte nicht mal für seinen eigenen Transport eine hinreichende Erklärung!

Den Phaser ziehend und sich möglichst nahe einer Wand aufhaltend, huschte Kuno wieder Richtung Kontrollraum, spähte vorsichtig hinein und mußte herzhaft lachen.

"Clint, Sie kommen ohne Ihr Haustier anscheinend gar nicht mehr aus, oder?"

--- Säulenraum, inzwischen

Während des Redeschwalls hatte Nathalie alles um sie herum vergessen. Gebannt starrte sie auf das größere der beiden Wesen. Erst als das Spinnenwesen auf seinen acht Beinen etwas vortrat und leise knatterte, löste Nathalie sich aus der Starre und trat demonstrativ zwischen die beiden Wesen und der noch immer am Boden liegenden Shania.

Den Phaser hielt sie bewußt noch immer gesenkt, doch ihre Finger spielten nervös um den Abzug. Sie wollte bereit sein, falls sich die beiden Neuankömmlinge feindselig benahmen. Dennoch wollte sie nicht selbst als bedrohlich gelten, indem sie mit dem Phaser auf sie zielte.

Langsam hob sie ihre andere Hand und hielt sie in einer beschwichtigenden Geste empor. Der Translator war offensichtlich nicht in der Lage, die fremde Sprache zu übersetzen, also mußten sie auf andere Weise versuchen mit den Wesen zu kommunizieren.

Nathalie benutzte den Standardgruß der Föderation und wartete eine Reaktion ab. Das humanoide Wesen zog nur eine Grimasse, wobei seine dunklen, tief liegenden Augen ein wenig hervor traten. Es blieb jedoch still und schielte statt dessen um Nathalie herum zu Shania, die sich langsam wieder erholte.

Die Sicherheitlerin beschloß, den Wesen weiter entgegen zu kommen. Sie hob dazu zeigend den Phaser - wobei sie es vermied, mit dem Lauf auf die Gestalten zu zielen - und steckte ihn bedeutsam in ihren Halfter. Gleichzeitig trat sie einen Schritt zur Seite, so daß sie das Blickfeld auf Shania nicht mehr versperrte.

Daß sie dabei ein Risiko einging, die wehrlose Shania ihnen so auszuliefern, wußte sie. Aber die daraufhin folgende Reaktion des Wesens, das sich aufrichtete und seine Haltung entspannte, deutete sie als gutes Zeichen.

An Shania gewandt sagte sie: "Ich glaube, die sind sehr an dir interessiert. Und ich hoffe, du hast dich gut vorbereitet und kennst deinen Text!"

--- Konsolenraum

Spontan stimmte Ysara in Kunos Lachen ein. Zum einen war sie erleichtert, die unangenehme Zweisamkeit mit Clint hinter sich lassen zu können und Isweda endlich gefunden zu haben - zum anderen bot der Breen einen wirklich interessanten Anblick, denn die Fledermaus ließ sich gerade wieder auf seiner Schulter nieder, was er mit typisch vulkanischer Miene über sich ergehen ließ.

Der Mann hatte angefangen, ihr auf die Nerven zu gehen. Nicht nur, daß er sich genötigt fühlte, sie zu beruhigen und ihr Befehle zu erteilen, er hatte auch die nervende Angewohnheit, offensichtliche Tatbestände als geniale Ideen seinerseits hinzustellen. Höchstwahrscheinlich hatte er die Starfleet Akademie nie von innen gesehen; als Fähnrich wurde man zurückhaltender.

"Beruhigend, Sie zu sehen, Mr. Isweda", grüßte sie ihren Kameraden schließlich und sah sich neugierig in dem kleinen Raum um. Die Monitore, die irgendwelche Räume zeigten, erregten sofort ihre Aufmerksamkeit, und sie ging ein wenig näher, um sie genauer anzusehen.

Einen trockenen Kommentar konnte sie dennoch nicht verkneifen. "Es sieht aus, als hätten wir gefunden, was Shania gesucht hat. Haben Sie schon unsere Position lokalisiert? Wir sollten ihr so ein Gebäude nicht längere Zeit vorenthalten."

Clint nickte dem Terraner nur grüßend zu und ging nicht auf die Fledermaus, welche auf seiner Schulter hockte, ein. Das Tier hatte seine kurze Desorientierung aufgrund des plötzlichen Ortswechsels genutzt und hatte sich wieder an ihm festgekrallt. Nun gab es zufriedene, glucksende Geräusche von sich und nutzte Clints Schulter als Sitzgelegenheit.

Jetzt bereute der Halb-Breen, daß er ausgerechnet die Fledermaus als Versuchstier für das Transportersystem benutzt hatte, vielleicht wäre der 30 cm lange Skorpion des Nachbarnetzes eine bessere Wahl gewesen.

Der Raum in dem sie sich befanden war mit allerlei Apparaturen ausgestattet. Wenn man die allgemeinen Regeln von äußerer Erscheinung und Funktion auch auf diese Geräte anwenden konnte, war das hier die Kontrollzentrale für einen größeren Komplex.

Die Apparaturen waren große Konsolen mit Bildschirmen die leere Gänge und Räume abbildeten. Über die Konsolenflächen flirrten verschiedene Symbole, die Clint sehr an die Aufzeichnungen erinnerten, welche ihm Shania überreicht hatte. Erst jetzt fielen ihm die in den Staub gekritzelten Symbole in Föderations-Standard auf.

"Wie ich sehe haben Sie bereits versucht die Anlage zu bedienen", stellte er an Isweda gewandt fest und bemerkte im selben Augenblick, daß er begann, das Verhalten der Terraner bezüglich unnötiger Aussagen zu übernehmen. Kuno berichtete ihm von seinen bisherigen Erkenntnissen mit der Bedienung.

"Ich habe vorhin einen Scan durchgeführt. Das Energiepotential des Störfeldes ist hier besonders hoch, wir befinden uns also in unmittelbarer Nähe eines Tarnfeldgenerators. Nach meinen Berechnungen befindet sich der Emitterpunkt des Feldes in einer Entfernung zwischen 15 bis 20 Meter und zwar...", Clint schwenkte seinen Scanner und deutete etwas schräg nach oben, "... in dieser Richtung.

Dieser Komplex hier dient damit höchstwahrscheinlich der Erzeugung des Feldes. Wenn es uns gelingt die Anlage abzuschalten, können wir per Communicatoren mit den anderen Teammitgliedern Verbindung aufnehmen und der Weg zurück zur Ivory steht uns offen. Danach können wir mit der Untersuchung des Planeten fortfahren."

Es mußte vom Weltraum aus sehr seltsam aussehen, wenn plötzlich ein 200 km durchmessendes Areal Planetenoberfläche im Nichts auftauchte. Gemeinsam machten sie sich an die Übersetzung der Konsolenschrift. Mit den von Clint mitgeführten Aufzeichnungen machten sie schnell große Fortschritte.

--- Säulenraum

Sie sah Licht am Ende eines langen Tunnels. Es dauerte einen Moment bis sie sich wieder in der Welt der Lebenden zurechtfand und bereit war ihren angestammten Platz einzunehmen. Die große Frau erhob sich vom Boden und würdigte die Anwesenden keines Blickes, als sie sich orientierungssuchend umblickte.

Zwar befand sie sich nicht mehr im großen Tempelraum wie eben zuvor, doch auch diesen Raum kannte sie sehr gut. Es war der Raum der heiligen Einsicht, den sie schon so oft zuvor auf ihren Weg zum Großen Zentralwissen aufgesucht hatte um alles für ihre Bestimmung zu lernen. Sie entspannte sich merklich.

Da war auch Aesha zweite Hohepriesterin der Nahm in Begleitung ihrer Matox. Calfizia ignorierte die Frau in der seltsamen Kleidung, die sie in der uralten Sprache der Sklaven ansprach und ihren Blick, der sie unverwandt ansah. Diese wie auch die beiden anderen schienen von weit her zu kommen. Sie hatte sich noch nie damit beschäftigt woher die neuen Sklaven kamen und tat es auch jetzt nicht. Zu sehr freute sie sich auf das große Ereignis.

"Anaehna katuhla iatnas...", sagte Calfizia lächelnd zu Aesha, die ihrerseits auch die linke Hand hob um ihre Fingerspitzen zum Gruß der Priester von Nahm an einander zu fügen.

"Anaehna katuhla ianea...", erwiderte Aesha und begrüßte ihre Schwester. Dann wandte sie sich um und ging zum Ausgang, wo sie kurz stehenblieb und die große Frau auffordernd ansah. Calfizia lächelte und folgte Aesha zur Tür. Erst dort bemerkte sie, als sie sich an den Unterarmen kratzte, daß sie noch immer die schlichte Kleidung einer Dienerin trug.

Doch heute war der Tag an dem ER zu ihnen sprechen würde. Nach der langen Zeit der Suche, würde er ihnen sagen was zu tun war, um die drohende Gefahr von ihnen abzuwenden. Sie waren inzwischen so wenig geworden. So wenige, die bis jetzt überlebt hatten...

Calfizias Herz klopfte vor lauter Aufregung. Für diesen Moment hatte sie gelebt. Sie würde die erste in einer langen Reihe von Priesterinnen werden, die mit ihm Kontakt haben würde. Doch sie mußte sich vorher noch unbedingt würdig für seinen Empfang kleiden.

Verwundert beobachteten die anderen wie die Frau, die sie als Shania kannten, den Weg bestimmte und ihnen einfach voranschritt, als würde sie hier jeden Winkel kennen. Aesha und ihre Matox folgten ihr in angemessenen Abstand.

Völlig überrascht schaute KWinh Shania hinterher. Da stand sie einfach auf, redete in einer fremden Sprache mit dieser Frau und spazierte dann seelenruhig davon. Die Berührung dieser Vorrichtung schien also doch schlimmere Schäden hervorgerufen zu haben, als zuerst zu erkennen gewesen war.

Kurzentschlossen, mit der festen Absicht, der Amerikanerin zu helfen, stellte der Grilmak sich ihr in den Weg. "Stop! Shania, was soll das? Würdest du uns bitte aufklären, was da passiert ist?"

Der leere Blick aus ihren Augen versprach allerdings keinen Erfolg, Shania ging einfach weiter, bis sie mit KWinh zusammenstieß. Dieser bemerkte aus den Augenwinkeln, wie Shalley sich sofort kampfbereit zwischen sie und diese Frau mit ihrer Riesenspinne stellte. In einem anderen Fall wäre dieses Verhalten lustig gewesen, aber die Situation ließ das Verlangen nach Lachen gar nicht erst aufkommen. Der Grilmak schüttelte Shania an den Schultern, während er weiter auf sie einredete.

Einige Meter weiter erteilte die kleine Unbekannte ihrer Spinne einen Befehl und diese machte sich sofort auf den Weg in Richtung KWinh. Er hoffte, daß Miss Connor auf dem Posten war und er nicht wieder in einem Netz enden würde.

--- Konsolenraum

"Ich denke", merkte Isweda nach einiger Zeit an, "daß wir hier nicht mehr viel ausrichten können, anscheinend ist dies nicht die Hauptzentrale. Jedenfalls scheint dies alles hier den Eindruck zu erwecken, daß es nicht viel mehr wie eine kleine Überwachungseinrichtung ist, so etwas wie ein Pförtnerhäuschen!"

Und an Ysara gewand, die sich unterdessen den größeren Geräten an den Wänden gewidmet hatte, stellte er nur eine Frage, die fast wie eine Aufforderung wirkte: "Du scheinst fast derselben Meinung zu sein, jedenfalls schließe ich das aus deiner Schweigsamkeit, oder?"

Noch während Isweda zu Ysara sprach, piepste sein Scanner, der immer noch auf 'Kartenmodus' stand und so fügte Isweda ohne Ysara zu Wort kommen zu lassen, schnell hinzu: "Die anderen Lebenszeichen sind im Begriff den Scannbereich zu verlassen, wir sollten ihnen folgen und zwar umgehend, wer weiß ob wir so schnell wieder die Möglichkeit für einen Kontakt haben!"

Der Halb-Breen überlegte kurz und fiel schließlich eine Entscheidung: "Sie haben recht. Versuchen Sie Kontakt mit den unbekannten Lebenszeichen herzustellen. Ich werde inzwischen versuchen den Emitterpunkt des Feldes zu erreichen. Sollten sich die Bewohner dieses Komplex als feindselig herausstellen, funken Sie mich an. Falls es mir gelingt die Anlage zu sabotieren, haben wir immer noch gewisse Chancen zu entkommen."

Zwar mochte eine solche Handlung gerade Feindseligkeit hervorrufen, aber schließlich waren sie Eindringlinge. Bei dem Aufwand, den die Bewohner des Planeten betrieben hatten um nicht entdeckt zu werden, war es unwahrscheinlich, daß sie dem Außenteam freundlich gesonnen waren.

Vielleicht verfügten die Einwohner nicht mehr über die gleiche Macht wie einstmals, isoliert lebende Völker neigten zu Degeneration und man wäre schon früher gegen die Ivory Gruppe vorgegangen, wenn man die Möglichkeit gehabt hätte, aber sie stellten immer noch eine potentielle Gefahr dar.

Nachdem er sich, wie Isweda, die Karte auf seinen Scanner geholt hatte, verließ er den Raum.

"Nun...", Isweda sprach nicht direkt die Psychologin an, sondern wandte sich schon dem Ausgang des Raumes zu, "... ich hoffe, Sie haben nichts gegen ein wenig Sport einzuwenden!"

--- Gänge

Mit diesen Worten setzte sich Kuno, der inzwischen den Gang erreicht hatte auch schon in Bewegung und joggte den langen Gang hinunter, in die Richtung, die es ihm ermöglichen sollte, die Lebenszeichen wieder zu empfangen, die inzwischen vom Monitor des Scanners verschwunden waren.

Nach einigen Metern bog Isweda in einen weiteren Gang ab. Leider achtete er nicht auf die sich veränderte Beschaffenheit des Bodens, kam zu Fall und rutschte genau in einen Schacht, der wohl zur Belüftung dienen sollte. Jedenfalls zerbarst durch den Aufprall ein engmaschiges Gitter...

--- Säulenraum, inzwischen

Da Nathalie bereits auf der Hut war, schnellte sie fast im selben Moment vor, als auch das Spinnenwesen sich in Bewegung setzte. Mit einem Satz sprang sie ihm in den Weg und richtete ihren Phaser drohend auf das achtbeinige Wesen.

Es blähte kurz seinen behaarten Körper auf und rieb seine Hinterbeine aneinander, was ein lautes rasselndes Geräusch erzeugte. Dann senkte es seinen Kopf und ging weiter langsam auf Nathalie und Shalley zu.

"Hey! Bleib stehen!", rief die bewaffnete Frau überflüssigerweise. Etwas unwillig gab sie schließlich einen Warnschuß ab. Nur wenige Zentimeter vor den Vorderbeinen hinterließ der Schuß einen häßlichen dunklen Fleck auf dem Boden.

Doch auch davon ließ sich das Spinnenwesen nicht beirren und schritt weiter voran. Mittlerweile war es so nahe, daß Nathalie nur den Arm ausstrecken mußte, um es zu berühren. Das Wesen schien es genauso zu sehen, denn es senkte plötzlich den Körper, um genügend Kraft für einen Sprung zu holen.

Nathalie befürchtete, im nächsten Moment in einen handgreiflichen Konflikt mit dem Wesen verwickelt zu werden, der wahrscheinlich nicht zu ihren Gunsten ausgehen würde. Auch Shalley straffte ihren Körper und bereitete sich sichtlich auf den Angriff vor.

Das Wesen stieß einen schrillen Laut hervor und Nathalie riß erschrocken den Phaser hoch und duckte sich unwillkürlich. Doch das Wesen erstarrte ebenso plötzlich in seiner Bewegung...

Shalley und Nathalie tauschten einen verwunderten Blick aus. Erst als sie aufblickte, erkannte Nathalie, daß sie den Phaserlauf unbewußt genau auf das andere Wesen gerichtet hatte.

Die humanoide Gestalt begann wieder dem Spinnenwesen Befehle zuzurufen, doch Nathalie brachte sie mit einem lauten "Ruhe!" zum verstummen. Die beiden Wesen so in Schach haltend, rief sie über die Schulter: "KWinh, laß mal Shania in Ruhe! Sie ist vielleicht unsere einzige Möglichkeit, mit den Wesen zu kommunizieren. Offensichtlich ist sie körperlich in Ordnung - Shalley, überprüf das mal!

Ich passe inzwischen auf unsere Freunde hier auf. Und scanne auch ihre neuronalen Dingsbums. Vielleicht finden wir einen Weg, zu ihr vorzudringen, so daß sie auch uns wahrnimmt und versteht."

Nur widerwillig wandte sich Shalley von der Spinne ab. Seit Minuten erwartete sie, daß das Wesen sie anfallen würde, wie auch die andere Spinne sie angegriffen hatte, und die Gefahr schien ihr instinktiv wichtiger als die eventuelle Krankheit Shanias.

Die Klingonin eilte mit zwei großen Schritten hinüber zu ihr. Die Frau stand noch immer bewegungslos da, festgehalten von KWinh, der nicht so recht zu wissen schien, was er mit ihr tun sollte.

Es beruhigte sie nun doch ein wenig, das Medkit dabei zu haben. Shania sah sie mit so leeren Augen an, daß sie unwillkürlich einen unheimlichen Eindruck erweckte.

Nach einer kurzen Überprüfung von Shanias Biowerten wollte Shalley zunächst zugeben, daß sie nicht so recht etwas mit ihnen anfangen konnte, doch dann beschloß sie verbissen, besser zu schweigen. Ihre Unbeholfenheit machte sie ägerlich und entschlossen, und schließlich mußte niemand wissen, daß sie keine Ahnung hatte.

"Ich glaube, sie ist hypnotisiert, oder so", sagte sie aufs Geratewohl. Sorgfältig wählte sie ein Mittel aus, das Shania auf keinen Fall schaden würde, und injizierte es ihr. "Das dürfte ihr helfen." Sie sah, daß das Gesicht der Frau wieder etwas Farbe bekam, und fuhr erleichtert zu KWinh herum.

"Können Sie nicht irgendwie die Communicatoren neu einstellen?", fauchte sie ihn an. Er mußte doch irgend etwas tun können! Voll jugendlicher Zuversicht glaubte sie, daß Communicatoren immer funktionieren müßten.

Dann wandte sie sich zu Nathalie um, um zu sehen, ob die Situation sich geändert hatte.

Um Shania herum drehte sich alles. Ihre Unterarme juckten jetzt nicht nur mehr wie seit der Berührung des riesigen behaarten Spinnenkörpers, sondern sie brannten inzwischen wie die Hölle und in ihrem Kopf dröhnte es ganz schrecklich. Die große Amerikanerin fühlte sich, als ob sie Fieberträume hätte.

Leise wimmernd sank sie in die Knie. Sie war sich nicht sicher, was um sie herum vorging und wo sie war. Und sie hatte auch nicht die Kraft um es jetzt begreifen zu wollen.

Alles schien mit einem Schlag weggewischt zu sein. Jede Erinnerung an das Jetzt. Alles was sie umgab waren lediglich Schatten und bunte Farben, die wabberten und sich ständig verformten.

Aus einem dieser Schatten schälte sich jetzt auch ein Gesicht heraus. Es schien besorgt zu sein und sie unverwandt anzusehen. Rote Augen in einem blassen Nichts vor einem dunklen Hintergrund.

Sie mußte zweimal hinsehen um zu begreifen was sie da sah.

Ein Romulaner???

"Wer sind Sie und was mache ich hier?", fragte Shania an den Grilmak gewandt und sah nicht aus, als würde sie scherzen.

Eigentlich hatte KWinh zu Nathalie gehen wollen, als Shania zusammengesunken war, nun blieb er aber doch bei ihr. Ihre Frage trug auch nicht weiter zu seiner Beruhigung bei. Diese "Vision" oder was auch immer es gewesen war, hatte anscheinend eine Amnesie hervorgerufen.

"Ich bin KWinh. Erinnerst du dich nicht mehr?"

Als er weiterreden wollte, schloß die blonde Frau die Augen und machte keine Anstalten zu antworten. Ein kurzes Bedenken der Situation ließ nur einen Schluß zu: Nur diese kleine Frau mit ihrer Spinne würde wohl kurzfristig in der Lage sein, Shanias Situation zu bessern. KWinh stand also auf und hob Shania hoch. Da sie sich immer noch nicht regte, beschloß er, sie zu tragen und ging mit ihr in den Armen auf das Tor zu, aus dem die beiden "Neuankömmlinge" kurz vorher erschienen waren. Da Shalley bereits neben ihm war, wandte er sich an Nathalie.

"Miss Connor, kommen Sie bitte mit, aber lassen Sie diese beiden nicht zu nah kommen, aber schießen Sie nur im Notfall, wir werden die Frau wohl noch brauchen!"

--- langer Schacht

Isweda fiel zusammen mit dem Gitter zunächst einige Meter in die Tiefe, bevor der Fall des kleinen Halbjapaners durch den nun sich abschrägenden Verlauf dieses Schachtes relativ sanft abgefangen wurde.

Es folgte eine, so kam es Kuno jedenfalls vor, endlose Rutschpartie durch den Schacht, der nicht nur beständig in sich ändernden Winkeln nach unten führte, er änderte auch manches Mal ohne für Isweda erkennbaren Grund die Richtung. So daß er schon nach kurzer Zeit nicht mehr sagen konnte, in welcher genauen Richtung sich nun der "Eingang" befand. Dann wurde der Schacht immer flacher und die Geschwindigkeit, mit der Isweda bisher tutschte, nahm beständig ab.

Mit einem dennoch recht heftigem Aufprall kam Isweda in einer röhrenartigen Struktur zum vollständigem Stopp. Mit einem leichtem Stöhnen, gefolgt von einem recht derben Fluch, rappelte Isweda sich wieder auf und rief nach der Afroamerikanerin, die sein bedauerliches Mißgeschick etliche Etagen weiter oben sicher mitverfolgt hatte, jedenfalls hatte er ihre Laufgeräusche bis unmittelbar vor dem Abbiegen in den anderen Gang noch hinter sich vernommen.

"Ysara!" Keine antwort, nur ein durch die Röhre verändertes Echo. "Miss Jefferson!" Nichts, nur das hohle Echo. "Danke der Nachfrage, ich lebe noch!", murmelte Kuno und machte erst gar nicht den Versuch den engen, steilen Schacht wieder hoch zu klettern.

--- Gänge

Ysara sah gerade noch den Kopf des Technikers in einer Bodenöffnung verschwinden und vernahm das gewaltige Poltern, das seinem Abgang folgte, konnte jedoch nichts mehr tun.

Eine Grimasse schneidend lief sie näher und warf einen Blick in die Öffnung. Ein langer, enger Schacht tat sich vor ihr auf, nur spärlich mit Leuchtpilzen bewachsen, der zunächst gerade hinab in die Tiefe führte. Von Kuno keine Spur.

"Isweda!", rief sie recht besorgt hinab, obwohl sie beim besten Willen nicht glauben konnte, daß dem Mann etwas geschehen sein könnte. So oft, wie er sich in Schwierigkeiten machte, müßte er es eigentlich gewohnt sein, seine Haut zu retten.

Es kam keine Antwort. Zwar vernahm sie ein Geräusch, das aber ebenso gut ihrer Einbildung entspringen konnte und nicht notgedrungen von Kuno stammen mußte.

Ein Fluchen unterdrückend sah sie sich um und entdeckte schließlich eine Treppe, die unweit hinab führte.

--- Treppe

Während Ysara die Treppe hinunterstieg, fragte sie sich erneut, was sie hier eigentlich tat. Durch Wald und verlassene Gemäuer zu marschieren, hatte sie wirklich nicht vorgehabt, als sie sich bei Monserat bewarb.

Nicht zu reden von Clint, der noch immer munter Anweisungen erteilte und dann einfach verschwand, ohne auf eine Antwort zu warten. Arroganter Kerl. Sie war fast froh, ihn los zu sein, auch wenn Isweda mindestens ebenso viele Schwierigkeiten machte.

--- Gänge

In einem schnellen Trab lief der Halb-Breen die dunklen Gänge entlang. Das Design mit dem eine Kultur ihre Räumlichkeiten ausstattete verriet oft fiel über ihre psychische und physische Ausstattung. Gänge waren nicht ein mal in allen Kulturen der Galaxis verbreitet, viele bevorzugten direkt miteinander verbundene Räume.

Diese Kultur schien jedenfalls Weiträumigkeit zu bevorzugen. Die Gänge waren hoch und ihre Decke gerundet. Zusammen mit der sanften Beleuchtung wirkten sie damit noch höher.

Nachdem Clint mehrere Verzweigungen passiert hatte, kam er vor einer gewundenen Treppe zum Stehen. Sie führte in die nächste Etage des Komplexes. Laut seinen Sensorwerten befand sich der Emitterpunkt des Feldes direkt über ihm. Vorsichtig stieg er die Steintreppe hinauf.

--- Steintreppe

Die Treppe auf der sich Clint befand, schien aus Naturstein zu bestehen. Große, unregelmäßige Granitblöcke führten ohne jegliche Beleuchtung in Windungen in die Höhe. Die kleine Taschenlampe, die der Halb-Breen mitführte, durchschnitt mit einem schmalen Lichtstrahl die Finsternis.

Die Wände waren mit allerlei Hieroglyphen verziert. Es handelte sich zwar um die selben, denen er schon bei den Konsolen begegnet war, aber die Steintreppe stellte einen Bruch in der bisherigen Architektur dar.

Überhaupt hatte Clint schon viele Umbrüche des Baustils auf ihrer bisherigen Odyssee bemerkt. Normalerweise setzte sich bei jeder warpfähigen Kultur mit der Zeit ein übergreifender Stil durch. Clint kam der Verdacht, daß hier mehrere Kulturen mitgewirkt hatten.

Wer auch immer diese Anlage erbaut hatte, er legte Wert auf ein möglichst primitives Aussehen. Die Technik blieb im Hintergrund verborgen. Nach einigen Windungen erreichte er ein schweres Schott aus einem silbrigen Metall. Als er direkt davor stand öffnete es sich und Clint betrat den dahinter liegenden Raum.

--- Beobachtungsstation

Der Raum, in den der Grilmak nun eintrat war wesentlich weniger hell, als es von außen den Anschein gehabt hatte. Er war vollgestopft mit technischen Geräten, Monitoren und Bedienfeldern. Es gab eine Liege, die denjenigen auf Medizinischen Stationen ähnelte und auf ihr legte er Shania ab.

Nathalie winkte mit dem Phaser und die beiden Wesen traten ebenfalls in den Raum. Beinahe würdevoll und mit einem verächtlichen Blick auf ihre Gegner, stellten sie sich in die Mitte des Raumes, was Nathalie ganz recht war. Denn so konnte sie sich umschauen und gleichzeitig die beiden genau im Auge behalten.

Nicht alle der Geräte und Monitore waren in Betrieb. Doch Nathalie verstand die dargestellten Symbole und Diagramme nicht. Einer der Monitore zeigte ein stark verzweigtes Liniennetz. Anhand der Darstellung vermutete sie jedoch, daß es sich dabei um so etwas wie eine Energieversorgung handelte. Das Display zeigte nur einen Ausschnitt des gesamten Plans. Während sie sich dem Monitor widmete, sah sie für einen Augenblick nicht, was die beiden Fremden hinter ihrem Rücken taten...

Nathalie warf kurz einen Seitenblick zu KWinh, der sich zusammen mit Shalley um die kraftlose Shania bemühte. Das humanoide Wesen folgte ihrem Blick und wurde zusehends ungeduldig. Auf jeden Fall verlagerte es ständig sein Gewicht von einem Fuß auf den anderen.

"Hey, KWinh!", rief sie ihm zu, als ihr eine Idee kam. "Unsere Freundin hier scheint großes Interesse an Shania zu haben - laß sie mal ihr Glück versuchen!"

Shalley zog ein langes Gesicht und schaute skeptisch, folgte aber KWinhs Beispiel und trat ein wenig zur Seite.

"Du!", sagte Nathalie laut und übertrieben langsam zu der Fremden und gestikulierte dabei wild. "Ihr helfen!?" Sie kam sich dabei recht albern vor, aber offensichtlich verstand das Wesen, was sie von ihr wollte und trat an die Liege.

Die Fremde schloß die Augen und legte eine Hand über Shanias Stirn, ohne sie jedoch zu berühren. Etwas nervös kam Nathalie nun doch einige Schritte näher. Noch immer hatte sie ihren Phaser auf das Wesen gerichtet, das nun in beunruhigender Nähe zu ihren Freunden stand...

Völlig von dem Geschehen abgelenkt, erschrak Nathalie heftig, als mit einem Male ein durchdringender an- und abschwellender Ton erklang. Gleichzeitig mit den anderen fuhr sie herum und ihr wurde siedendheiß bewußt, daß die Humanoide sie nur von dem Spinnenwesen abgelenkt hatte, das nun über einer Konsole hockte und triumphierend seinen schwarzen Körper hin und her wippte.

"Verdammt!", fluchte Nathalie, was jedoch in dem ohrenbetäubenden Lärm völlig unterging. Geistesgegenwärtig griff sie jedoch nach der Fremden und zerrte sie von der Liege fort.

Shania begriff nicht wo sie war und die seltsamen Fremden machten ihr Angst. Mit großen Augen starrte sie die Frau an, die jetzt wieder von ihr weggezerrt wurde. Von einer Frau mit einer Waffe in der Hand. Warum waren alle hier so feindselig?

Der Romulaner mit den roten Augen, den sie vorhin erblickt hatte, war von ihrer liegenden Warte aus auch nicht mehr zu sehen. Sie wagte nicht, sich weiter nach ihm umzublicken aus Angst mehr Aufmerksamkeit zu erringen, als ihr lieb war.

Gerade als sie begann sich Fragen zu stellen und versuchte die Bruchstücke in ihrem Kopf zu etwas Ganzem zusammenzufügen, da nahm der Lärm überhand und sie preßte sich erschrocken beide Hände auf die Ohren. Die anderen bis auf die Humanoide, die vorhin fast ihre Stirn berührt hätten, taten es ihr gleich.

Plötzlich wurde alles in sanftes goldenes Licht getaucht und aus dem Lärm wurde Stille. Unangenehme Stille.

Aber das Licht kam nicht von außen oder wieder von einer sich öffnenden Geheimtür, sondern das Licht entstand im Raum selbst. Es ging von seiner Mitte aus und verlor sich an seinen Wänden.

Die Luft sie schien mit einem Mal zu funkeln. Wie feiner Goldregen, der sich ständig bewegte und in Aufruhr war, aber tatsächlich es war nur eine einzige Wolke, die mitten im Raum und scheinbar aus dem Nichts entstand. Und sie nahm langsam Form an.

Dann geschah es...

Eine Art goldenes Wesen tauchte vor ihren Augen auf, daß körperlos zu sein schien und nur aus diesen Partikeln Gold bestand, die nicht größer als Tropfen waren und ihre Form ständig veränderten. Trotzdem konnte man durch das Wesen sehen und seine Form war durchscheinend. Als wäre es durchsichtig und der Goldregen würde in seinem Inneren umherwirbeln.

Fasziniert schaute KWinh das Wesen an. Obwohl er wollte, konnte er seinen Blick nicht davon abwenden. Hätte er sich umschauen können, hätte er bemerkt, daß dies allen Mitgliedern der Gruppe so ging. Mit einer fließenden Bewegung des Wesens wurde es dunkel um den Grilmak und gleich darauf wieder hell.

--- Treppe

Die Psychologin war ein gutes Stück hinab gestiegen, und die Luft wurde zunehmend kühler. Nachdem sie eine angemessene Strecke zurückgelegt hatte, griff sie erneut nach ihrem Tricorder, der, so stand fest, einzige zuverlässige Gegenstand auf dieser Mission.

Überraschend stellte sie fest, daß höchstens zwanzig Meter entfernt sehr vitale Lebenszeichen eines Humanoiden angezeigt wurden. Sie folgte der Treppe ein weiteres Stück und bog schließlich in einen Gang ein, bis sie vor einer Wand zum Stehen kam, hinter der Isweda sich befinden mußte.

Sie fühlte sich wie ein Babysitter.

Seufzend tippte sie auf ihren Communicator. Wenn sie sich so nah bei ihm befand, würde das Gerät sicher nicht von irgendwelchen Störfeldern beeinträchtigt.

"Jefferson an Isweda. Das haben Sie ja ausgezeichnet hingekriegt. Geht es Ihnen gut?" Doch sie sollte vergeblich auf Antwort warten.

---- Emitterraum

Gespannt sah der Halb-Breen sich um. Der Raum war rund und lief nach oben kegelförmig in einen runden Schacht aus. Aus dem Schacht kam Tageslicht, es wurde aber fast vollkommen von dem goldenen Licht überblendet, welches die Konstruktion in der Mitte des Raumes aussandte.

Es erinnerte Clint entfernt an einen Warpkern. Gigantische Energien machten sich durch ein tiefes Vibrieren und ein Auf- und Abschwellen des goldenen Lichtes bemerkbar. Es schien sich hier nur um die Spitze einer gigantischen Maschinerie zu handeln, welche unter dem Boden weiterverlief.

Der Scanner ließ keinen Zweifel daran bestehen, daß diese Anlage der Ursprung des Tarn- und Störfeldes war. Die von Generatoren erzeugte und von verschiedenen Anlagen transformierte Energie wurde hier in eine den Subraum verändernde Struktur umgewandelt.

Die äußere Form der meisten Geräte war für eine technisch hochstehende Kultur fast beliebig frei wählbar, einige Dinge waren jedoch, wegen dem Zweck dem sie dienten, leicht zu erkennen. Nach und nach glaubte Clint einige der Grundzüge der Maschinerie verstanden zu haben.

Er bedauerte, daß weder Isweda noch KWinh gerade bei ihm waren, die Techniker wären ihm bei seiner Aufgabe sicher sehr hilfreich gewesen. Aber man brauchte weit weniger Technikverständnis um ein Gerät zu beschädigen als es zu reparieren, und Clint hatte ersteres vor.

Der Breen-Mischling machte seine Ferengipeitsche bereit. Der Natur des Feldes entsprechend war die Störwirkung an der Quelle bei weitem nicht so stark wie an seinem Rand. Der Plasmafaden der Peitsche baute sich ohne größere Störungen auf und zerschnitt sausend die Luft.

Nachdem Clint seine Ziele noch mal kurz fixiert hatte, veränderte er die Stellung der Regler am Handgriff und der Plasmafaden veränderte Form und Bewegung. Clint ließ die Waffe mehrmals niedersausen. Die von ihm anvisierten Leitungen und Röhren wurden durchtrennt, Steuermodule sprühten Funken als der Plasmafaden durch sie hindurchschoß.

Nachdem Clint sein Werk vollendet hatte, scannte er die Anlage noch mal. Das goldene Licht war erloschen, das rhythmische Vibrieren war nach einem unharmonischen Ton verstummt. Die Sensorenwerte bestätigten, daß er die Maschine wahrscheinlich irreparabel außer Funktion gesetzt hatte, seine Scannreichweite betrug jetzt an die 200 km, der Strecke bis zum nächsten Störfeldausläufer.

Plötzlich wurde die Stille von einem lauten an- und abschwellendem Ton durchbrochen, um kurz darauf wieder abzubrechen. Der Raum wurde in das selbe goldene Licht getaucht, welches vorher von der Maschine ausgegangen war. Aber auch das Licht verschwand, es zog wie eine Wolke davon, in eine Richtung die leicht schräg nach unten verlief.

Clint richtete seinen Scanner in diese Richtung und las sehr ungewöhnliche Energiewerte ab. Etwas verdichtete sich nur wenige Dutzend Meter entfernt im Subraum. Noch ungewöhnlicher waren die Lebenssignale die er nun orten konnte. Zwei Terranerinnen, eine Klingonin, ein Lebenssignal einer vulcanoiden Spezies und schließlich noch ein unbekannter Humanoide und eine spinnenartige Lebensform.

Unweit von dieser Stelle befanden sich zwei weitere Terraner, das mußten Ysara und Isweda sein. Die anderen Lebenszeichen schienen dem Rest des Teams zu gehören, schließlich war es unwahrscheinlich, daß es auf dem Planeten ein zweites Team mit dieser Konstellation gab. Sorgen bereiteten ihm nur die zwei Unbekannten.

Der Vulkanier klappte seinen Communicator hervor und sprach: "Clint alle Außenteammitglieder. Es ist mir gelungen das Störfeld außer Betrieb zu setzen. Ich kann das Transportersignal der Ivory empfangen. Wie ist hre Lage?"

Noch bevor der Wissenschaftler die Worte zu Ende gesprochen hatte, begann an einigen Stellen des Raumes die Luft eigenartig zu flirren und bevor der Wahlvulkanier sich umsah und noch eine Antwort auf seinen Funkspruch erhielt, fand er sich umringt von fünf ihm unbekannten Humanoiden. Es handelte sich dabei um einige Männer mit den gleichen Overalls, welche KWinh gefunden hatte, deren Gesichter sehr verschlossen wirkten und keine Regung zeigten.

Sie hielten eine Art Zepter oder langen Kampfstab in der Hand an dessen Ende Funken bedrohlich zu knistern schienen und veranschaulichten, daß es sich dabei um eine Waffe handelte, dessen Funktionsweise man lieber nicht am eigenen Leib ausprobieren wollte. Immer wieder löste sich ein Energiestrahl um sich nach einigen Zentimetern wieder mit der Spitze zu vereinen.

Die Waffen waren drohend auf den Eindringling gerichtet. Anscheinend war der rohe und sinnlose Akt der Gewalt gegen diesen Energieknoten des Planeten von den Bewohnern nicht unbemerkt geblieben.

Da trat ein weibliches Wesen aus dem Schatten des Raumes. Ihre Anwesenheit war bisher unbemerkt geblieben. Es schien eine zeremonielle Robe zu tragen und sehr viel Einfluß zu besitzen, da die fünf Männer sofort etwas zur Seite wichen und ihr den Weg freigaben. Ihr und dem Spinnenwesen an ihrer Seite, das bedrohliche Laute von sich gab.

Sie trug einen goldenen Halsreif und einen dazu passenden Armreif, doch als sie den Arm hob, hätte der Breen bemerken können, daß es sich dabei um keinen reinen Schmuck handelte, hätte er den Scanner noch einsatzbereit in der Hand gehalten. Sofort unterband ein Störfeld jegliche Kommunikation im Raum.

Die Frau schüttelte traurig den Kopf, als sie das Werk der Vernichtung sah. Ihre Augen waren groß und klar. Unverwandt blickte sie dem Breen-Mischling ins Gesicht. Eine deutliche Anklage lag darin zu lesen.

Einige waren schon vor ihm gekommen, doch niemals hatten sie zerstört was schon Jahrtausende vor ihnen existiert hatte. Dafür würde er büßen müssen...

--- Warteraum, zur gleichen Zeit

Alle vier Mitglieder der Gruppe materialisierten in einem hell ausgeleuchteten Raum, in dem sich außer ihnen nur noch ein paar niedrige Sitzgelegenheiten befanden. Gleich darauf erschienen in zwei über Eck liegenden Stellen in den Wänden Öffnungen.

Durch eine war Ysara Jefferson zu erkennen, die gerade ziemlich unwillig auf eine vor ihr liegende Wand schaute, hinter der anderen waren nur Poltergeräusche zu vernehmen. Ohne zu wissen warum, drängte sich ein Name in KWinhs Gedanken... "Isweda!"

Das erste was Nathalie feststellte, war, daß nach der Materialisierung offensichtlich ihr Phaser nicht mehr in ihrer Hand lag. Sie zielte noch immer wahllos auf einen unbestimmten Punkt, doch ihre Finger griffen ins Leere.

Hastig tastete sie nach den anderen Gegenständen beziehungsweise Waffen, die sie eingesteckt hatte, doch außer dem Tricorder waren alle verschwunden. Selbst ihr Dolch, den sie im Stiefel versteckt hatte, war nicht mehr da.

Ohne die Waffen würde sie sich zwar beinahe genauso gut verteidigen können, doch sie war sich nicht sicher, ob sie auch die anderen auf diese Weise gut schützen könnte. Zumindest nicht, wenn sie mehrere Gegner abzuwehren hatte...

"Shalley!", wandte Nathalie sich an die Klingonin. "Ich fürchte, ich brauch' deine..."

Ein überraschter Ruf unterbrach sie. Nathalie hatte Ysara zwar bemerkt - auch wenn sie zunächst vom Verlust ihrer Waffen ziemlich abgelenkt worden war - doch umgekehrt schien es nicht so gewesen zu sein und nun sah Nathalie die Psychologin erschrocken herumfahren.

"Oh, äh, hallo Ysara!", grüßte die Sicherheitlerin und winkte ihr amüsiert. "Na, hast du dich auch verlaufen?" Sie zwinkerte Ysara zu und wollte sich gerade wieder an die Klingonin wenden, um sie um Hilfe bei einem möglichen Zwischenfall zu bitten, doch wieder wurde sie unterbrochen. Diesmal von ihrem Communicator:

"Clint an alle Außenteammitglieder. Es ist mir gelungen das Störfeld außer Betrieb zu setzen. Ich kann das Transportersignal der Ivory empfangen. Wie ist Ihre Lage?"

"Ort unbekannt, irgendwo im unterirdischen Komplex. Wir sind entdeckt worden! Irgendwas ist vorhin mit Shania geschehen, alle anderen sind unversehrt. Und wir haben gerade Ysara getroffen", berichtete Nathalie kurz.

Die Unterbrechung war ihr nicht ganz recht und so nahm ihre Stimme einen leicht genervten Unterton an. Die momentane Lage des Teams war eher unsicher und die sich überschlagenden Ereignisse der letzten Minuten verbesserten nicht gerade die Situation. Besonders das Poltern, das sie gerade gehört hatten, beunruhigte Nathalie. Dem wollte sie zuerst nachgehen.

"Clint, ich melde mich später noch einmal. Versuch zu uns aufzuschließen!"

--- Emitterraum

Clints Communicator gab wieder Störgeräusche von sich, doch schien das jetzige Störfeld anders beschaffen zu sein. Der Halb-Breen hatte sich schon gewundert, warum ihm seine Sabotage so leicht gefallen war. Der Emitterraum war unbewacht gewesen und es gab keine Sicherheitsvorkehrungen, die ihm den Zutritt verweigert hätten.

Bisher hatte er angenommen, daß die Jasper-Zivilisation, er ging inzwischen davon aus, daß sie es hier mit ihr zu tun hatten, untergegangen war und man zu ihrer Blütezeit nicht mit Eindringlingen gerechnet hatte. Schließlich mußte es früher schon sehr schwer gewesen sein, überhaupt auf den Planeten zu gelangen.

Allerdings hatten die Fremden, die ihn nun umringten, relativ schnell reagiert was bedeutete, daß sie ihn wahrscheinlich beobachtet hatten. Trotzdem glaubte er weiterhin daß diese Humanoiden längst nicht über alle ihre früheren Möglichkeiten verfügten. Jedenfalls war es genug um sie sehr gefährlich zu machen.

Bedächtig musterte er die Humanoiden. Die Frau schien einer anderen Spezies anzugehören als die fünf Waffenträger. Sie war hochgewachsen und sehr schlank, fast dürr, was jedoch aufgrund ihrer weiten Robe nicht all zu sehr auffiel. Mit energischen, aber sehr eleganten Schritten und tiefster Verachtung in den Augen, kam sie auf Clint zu.

Sie berührte mit ihren dürren Händen Clints Gesicht und positionierte ihre Finger auf die zentralen Nervenenden, wie es Vulkanier bei telepathischen Kontakten taten. Mit geschlossenen Augen konzentrierte sie sich eine Weile. Anstrengung erschien in ihrem Gesicht und schließlich riß sie die Augen auf und starrte Clint ungläubig an.

Wütend drehte sie sich schwungvoll um und winkte einem der Stabträger herrisch zu. Dieser löste sich flott aus seiner bedrohlichen, starren Haltung und holte ein dreiecksförmiges Gerät vom Gürtel. Mit zackig, militärischem Schritt näherte er sich Clint und hielt ihm das Gerät vors Gesicht, wobei er respektvolle Distanz zu der Weiblichen wahrte.

Er blickte Clint an wie ein Sergeant einen Kadetten und schrie ihm mit befehlsgewohnter Stimme zu: "Koharee!" Clint wußte, daß es sich bei dem Gerät um einen Translator handelte. Um schneller voranzukommen deute er auf seinen Communicator, wenn er den Fremden dazu bringen konnte die Datenbanken zu verlinken ...

In diesem Augenblick bekam er den Ellbogen des Soldaten in die Bauchgegend gedonnert.

"KOHAREE!", fuhr ihn der Fremde an.

Clint richtete sich wieder auf begann zu sprechen: "Mein Name ist Ahm-tor Clint. Ich bin derzeitiger Wissenschaftsoffizier des Raumschiffs Ivory" Er beschloß nicht zu erwähnen, daß die Ivory ein freies Handelsschiff war und keiner übergreifenden Organisation unterstellt war. "Wir kamen in einer friedlichen Forschungsmission um diesen Planeten zu erkunden. Da keine Versuche unternommen wurden sich mit uns in Verbindung zu setzen und niemand uns in unserer Bewegungsfreiheit einzuschränken versuchte ..."

Die Weibliche unterbrach Clint mit einer unwirschen Handbewegung, was der Soldat als Gelegenheit wahrnahm ihm noch mal einen Schlag in die Magengrube zu versetzen um seine Eifrigkeit unter Beweis zu stellen.

"Du hast es gewagt die heiligen Gerätschaften der Ahnen zu zerstören. Für diesen Frevel wirst du büßen müssen, Außenweltler!", antwortete die Weibliche mit der autoritären Stimme einer Hohepriesterin. Anscheinend hatte der Translator genügend Worte aufgefaßt um zu übersetzen. Die Weibliche untermalte ihre Worte mit weitschweifigen Gesten und fuhr fort:

"Da du den Tanz der Sonnenkinder nicht beherrschst...", Clint vermutete, daß sie damit die Gestiksprache der Jasper meinte, "... rede ich mit dir in der Sprache der Diener. Das Relikt der vielen Münder wird meine Worte in deiner Sprache wiederholen."

Clint nutzte eine kurze Sprechpause um mit einer typisch vulkanischen Gelassenheit zu erwidern: "Ich bedaure die entstandenen Schäden. Aber um uns eine Rückkehrmöglichkeit zu gewährleisten, mußte ich ..."

Der Soldat bewies wieder seine Eifrigkeit und Clint krümmte sich unter dem Schlag. "Sprich nur wenn du aufgefordert wirst!", schrie er ihm ins Gesicht.

Die Weibliche setzte ihre Rede fort: "Wir haben nun auch die anderen Eindringlinge in unserer Gewalt. Die Frau, die den Schrein des Wissens berührt und den Geist der Priesterinnen in sich aufgenommen hat ist wieder bei Bewußtsein. Da ihr eigener Geist nicht für den Kontakt geschult war, wird sie einige Zeit in seelischer Verwirrung verharren."

Zwar wußte Clint nicht genau, was die Frau meinte, aber mit einem Seitenblick auf den Soldaten, der auf das leiseste Zucken von Clints Mundwinkeln wartete, hielt er es für klüger vorerst keine Fragen zu stellen.

"Das ist jedoch alles bedeutungslos, denn ihr werdet alle für euer schändliches Eindringen in diese geweihte Stätte bestraft!", sprach die Weibliche mit erhobener Stimme. Sie fixierte kurz den Soldaten, dieser nickte und sie fügte noch hinzu: "Dem Wesen des Waldes soll von unserer Hand kein Leid geschehen."

Diese Aussage bezog sich anscheinend auf die Fledermaus, die immer noch an Clints Schulter hing. Der Soldat verhielt sich ohne detaillierte Befehle sehr autonom. Clint vermutete, daß die Weibliche einen Teil ihrer Befehle auf telepathischem Wege gab. Die Tatsache, daß sie ihren gescheiterten Versuch Clints Gedanken zu lesen mit keinem Wort würdigte, überraschte den Halb-Breen nicht, sie wollte vor ihren Dienern nicht das Gesicht verlieren.

Der Soldat umfaßte die Fledermaus mit einer Vorsicht, als handle es sich um ein rohes Ei. Allerdings zeigte sein zögerliches Ziehen keinen Erfolg, das Tier schien seine Versuche gar nicht zu bemerken. Gehetzt schaute er sich um. Einerseits mußte er den Befehl seiner Herrin ohne weitere Rückfragen ausführen, andererseits durfte er das Tier nicht mit Gewalt behandeln.

Zögerlich zog er wieder an der Fledermaus, diesmal ein bißchen fester. Schließlich änderte er seine Strategie und versuchte die Krallen der Fledermaus auseinander zu ziehen, auch dieser Versuch blieb erfolglos.

Schweiß erschien auf der Stirn des Soldaten ...

--- ein Kontrollraum, ein paar Zimmer weiter

Garmen Wiek verübte schon seit seinem fünften Lebensjahr Gottesdienst ihm Tempel der dritten Vernunft. Seine achso ehrwürdige Aufgabe bestand darin, die "Augen" des Tempels zu überwachen und für den Fall, daß jemand den Tempel unbefugt betrat, sollte er den "großen Schrei" auslösen.

Daß jemand den Tempel unbefugt betrat! So ein Blödsinn, als ob einer aus den Walddörfern so verrückt sein könnte, selbst wenn er randvoll mit Joka-Beeren war. Überhaupt war der Genuß der Joka-Beeren die Hauptbeschäftigung der Walddorfbewohner, wenn sie nicht gerade Jamaks melkten oder sonst irgendwas taten um ihren Lebensunterhalt zu sichern. Nein, das Leben in den Dörfern war relativ angenehm. Zu angenehm um so etwas Dummes zu riskieren, wie einen Tempel zu betreten.

Und die Dienerschaft der anderen Tempel? Natürlich auch nicht! Wie käme ein Diener auch dazu seinen Tempel zu verlassen, das war ja sowieso unmöglich. Und wenn es jemand doch tun sollte, würde er ganz bestimmt nicht in den nächstbesten Tempel marschieren. Das wäre ja so, als ob ... als ob .... Garmen fand einfach keinen Vergleich für so etwas Hirnrissiges.

Nur der Priesterschaft war es gestattet zwischen den Tempeln zu reisen, und das auch nur, wenn sie eine Genehmigung vom Hohepriester bzw. Hohepriesterin hatten. Jedoch kam dies sehr selten vor, in den 11 Jahren in denen er nun hier war, war es genau zweimal passiert. Beim ersten Mal war er noch nicht mit der Aufgabe der Beobachtung betraut gewesen, er hörte nur aus den Erzählungen der Älteren von dem Besucher aus dem Tempel der zweiten Leidenschaft.

Den anderen Besucher, der Hohepriester aus dem zwölften Tempel der Gelehrsamkeit, hatte er mit den Augen des Tempels gebannt verfolgt. Es war eine willkommene Abwechslung in seinem ereignislosem Leben gewesen. Der Hohepriester war nicht gekommen um mit der Hohepriesterin zu reden, den schließlich hatten die Priester andere geheimnisvolle Mittel um miteinander zu kommunizieren, sondern um eins der heiligen Geräte wieder ganz zu machen, nachdem dieses eines Tages seltsame Geräusche von sich gegeben hatte.

Die Priester vom Tempel der zwölften Gelehrsamkeit sollen noch die meisten magischen Geheimnisse aus der alten Zeit kennen. Außer diesen zwei Besuchen, eigentlich nur den einen, gab es keine nennenswerten Vorkommnisse in Garmen Wieks Leben. Er wurde mit fünf Jahren dem Tempel geweiht, und mußte sein Dorf Kenotsch'eh verlassen. Seine Eltern bekamen für ihr Opfer den Segen der Hohepriesterin, eine Gnade die nur Wenigen zuteil wurde.

Bis zu seinem fünfzehnten Lebensjahr verübte er die niederen Arbeiten wie reinigen, bei der Größe des Tempels war das eine echte Plage, aber die meisten Aufseher kontrollierten nicht sehr genau, Kochen für die Priester und die arroganten Wächter, und viele andere Dinge des alltäglichen Tempelbetriebs. Schließlich wurde er für Wert befunden eine verantwortungsvollere Aufgabe zu übernehmen.

Und das war der schlimmste Schicksalsschlag in seinem Leben! Zwar hatte er jetzt praktisch nichts mehr zu tun, keine harte Arbeit und kein Umgang mit den selbstgefälligen Wächtern, aber dafür blieb er von allen anderen isoliert. Früher hatte er mit den anderen Ministranten gespielt, die langen Gänge waren ideal für alle möglichen Spiele gewesen und wenn die Aufseher sich mal wieder zu den Geheimeingängen davonschlichen um Joka-Beeren in den Tempel zu schmuggeln, hatten die Lehrlinge immer ihren Spaß.

Als ihm seine Aufgabe übertragen worden war, hatte er sie gewissenhaft erledigt. Täglich hatte er staunend auf die vielen Augen des Tempels gestarrt um selbst die kleinste Bewegung auszumachen. Natürlich konnte er nicht alle Bereiche des Tempels einsehen, tatsächlich sah er nur einige Räume und Gänge der Peripherie. Mit der Zeit wurde ihm aber die Sinnlosigkeit seines Tuns bewußt und er schmachtete in diesem Zimmer vor sich hin.

Ab und zu hatte er noch das Glück und konnte sich davonschleichen, aber es war nicht mehr so wie früher, als er noch die niederen Dienste verrichtete. Damals konnten die Aufseher noch ein Auge, notfalls sogar beide, zudrücken, wenn sich die Lehrlinge eine schöne Zeit machten oder sich mit den Mädchen der Priesterinnenschule trafen.

Jetzt verrichtete er jedoch direkten Gottesdienst. Schlamperei gegenüber seiner Aufgabe, egal wie sinnlos sie war, war jetzt Schlamperei gegenüber den Göttern und so mußte er sich an das erste Gebot halten, das besagte: "Der Sinn ist für die Götter bestimmt, die Arbeit für die Diener."

Die Ereignisse des heutigen Tages waren jedoch wie ein Donnerschlag in einem Andachtsraum gewesen. Alles hatte ganz harmlos und durchaus erfreulich angefangen. Rhea war den Gang zwischen dem blauen Raum und der Subraumkapelle entlanggegangen. Dann hatte sie sich umgedreht und in die ungefähre Richtung des Tempelauges in diesem Gang gelächelt. Dann winkte sie ihm zu und setzte ihren Weg hastig fort als eine der älteren Priesterinnen aus dem blauen Raum kam.

Garmen hatte Rhea verträumt nachgelächelt und sogar zurück gewunken, auch wenn sie dies natürlich nicht sehen konnte. Überhaupt hatte er den Rest des Tages damit verbracht, an Rhea zu denken und an die kommende Woche, wenn sie sich wieder treffen konnten.

Dann tauchten die Fremden auf!

Zuerst hatte er sie gar nicht bemerkt, weil er statt auf die Tempelaugen zu schauen, auf seinem Stuhl wippend die Decke angestarrt hatte, aber dann hörte er das verräterische leise Summen, wenn eins der Tempelaugen anging. Ein Tempelauge in seinem Raum!

Natürlich wußte er, daß in der Ecke des Raumes eines versteckt war, aber soweit er wußte, war er der Einzige der "hinter" den Tempelaugen stand. Zunächst hatte er geglaubt, daß ihn die Söhne der Sonne für seine Unaufmerksamkeit bestrafen wollten, doch dann sah er plötzlich diese seltsamen Leute.

Sie waren keine Neuzugänge, über Neuzugänge waren alle gut informiert, weil es so ein aufregendes Ereignis war, außerdem waren sie dafür im falschen Alter. Und alle Tempeldiener kannte Garmen wenigstens vom Sehen her, die Fremden kamen also doch von außerhalb. Sie sahen jedoch wirklich seltsam aus, sie waren keine Treoxer so wie er selbst, denn alle Treoxer hatten kupferrote Haare und spitze Ohren.

Es waren auch keine Belltraxianer, denn dafür fehlten ihnen die charakteristischen violetten Adern auf der Stirn. Und Priester waren es mit Sicherheit nicht, denn die waren immer so spindeldürr. Der eine kam vielleicht in dieser Beziehung an einen Priester ran, aber kein Priester hatte eine grüne Haut und schwarze Haare mit grauen Strähnen.

Eiligst erinnerte er sich daran, was er zu tun hatte. Zum einen nahm er die Gelegenheit wahr und verlangte über das Tempelohr mit Rhea zu sprechen. Sie war für die Pflege des Schreins des Wissens verantwortlich, der in der Säulenhalle stand und in dem sich die meisten Fremden aufhielten.

Sie glaubte ihm nicht!

Das war natürlich nicht sehr verwunderlich, schließlich war das ganze doch irgendwie absurd. Fremde! Wahrscheinlich dachte sie, daß er das Ganze nur erfand um mit ihr sprechen zu können oder daß er sogar vor lauter Einsamkeit anfing Gespenster zu sehen. Schließlich willigte sie ein mit einem Diener-Achtbein nach dem Rechten zu sehen.

Gebannt verfolgte Garmen Wiek die weiteren Geschehnisse. Er zögerte damit die Wächter zu informieren. Wenn sich das Ganze doch als ein Irrtum herausstellen sollte, es mußte ja schließlich eine vernünftige Erklärung dafür geben, hatte er mit sehr schwerwiegenden Konsequenzen zu leben. Dasselbe galt allerdings auch dafür, wenn er nichts unternahm. Als er jedoch sah, daß Rhea von den Fremden in der Säulenhalle überwältigt wurde, informierte er das Wächterhaus über die "ungewöhnlichen Ereignisse".

Der Wächter mit dem er sprach, ein Belltraxianer wie alle Wächter, glaubte ihm auch nicht und behandelte ihn wie einen dummen Schuljungen. Er sagte, er würde über Garmens "Ausrutscher" Stillschweigen bewahren, wenn er ihm die gesamte Ladung an Joka-Beeren aushändigte, die Garmen nach Meinung des Wächters gerade einnahm.

Die Beiden stritten sich und die Zeit verging, aber als Garmen sah, was dieser verrückte Grünhäutige im Raum des goldenen Lichtes tat, löste er den "großen Schrei" aus, der die Hohepriesterin persönlich benachrichtigte. Als diese dann sogar mit fünf Wächtern auftauchte, darunter derjenige mit dem Garmen gerade gesprochen hatte, war es bereits zu spät, denn der Grüne hatte sein Werk beendet.

Als Garmen sah wie sich der Wächter anstellte um dem Fremden mit der grünen Haut den Lederflügler abzunehmen, mußte er unwillkürlich lachen. Das geschah diesem arrogantem Kerl ganz recht. Das Lachen verging ihm aber schnell, als der Wächter durch sein Armband sprach und seine Stimme in Garmens Raum ertönte.

"Garmen Wiek, kommen Sie sofort her!"

--- Emitterraum

Nach einigen Versuchen hatte der Soldat seine Versuche eingestellt und statt dessen über seinen Armbandcommunicator einen Untergebenen herbeordert. Die Strategie war für Clint leicht durchschaubar, der Soldat übertrug den Befehl auf eine gesellschaftlich niedergestellte Person und konnte diese für deren Nichtausführung zur Verantwortung ziehen. Eine derartige Versessenheit auf Formen und Regeln war für eine degenerierende Kultur typisch.

Die weibliche Herrin konnte ihren Befehl nicht wiederrufen, ihr Wort war hier anscheinend Gesetz. Sie konnte natürlich den Soldaten für seine "Unfähigkeit" bestrafen, aber das würde das Problem nicht lösen, den dann müßte sie die Aufgabe auf einen anderen übertragen und dessen Erfolgsaussichten waren zumindest genauso schlecht, vor allem wenn man bedachte, daß dieser spezielle Soldat anscheinend ihr bester Mann war.

Die Tür des Raums öffnete sich und ein Jugendlicher kam schnaubend und mit blassem Gesicht hereingestürzt. Der Soldat winkte ihn her und betraute den Jungen mit seiner Aufgabe.

Clint erwog seine Chancen. Die fünf Soldaten waren durchtrainierte Kämpfer. Der grüne Vulkanier hielt es für möglich mit einem von ihnen fertig zu werden, unter günstigen Umständen. Aber bei fünf waren seine Chancen wesentlich geringer. Dem Jungen traute er zu auf die Idee zu kommen, einfach Clints Robe abzunehmen und damit auch die Fledermaus, seinen Plan mußte er also möglichst schnell fassen.

Eine Regel des vulkanischen Geheimdienstes fiel ihm wieder ein, sein Vater hatte sie ihm oft genug rezitiert: 'Eine Gruppe oder Organisation ist bei ihrer wichtigsten Person am verwundbarsten.'

Clint überlegte fieberhaft ohne sich äußerlich etwas anmerken zu lassen. Die Weibliche war nur drei Schritte von ihm entfernt, sie füllte sich aufgrund ihrer Macht sehr sicher. Der Soldat mit dem Translator unterhielt sich gerade mit dem Jungen und die anderen Soldaten waren aufgrund der peinlichen Situation ebenfalls abgelenkt.

Mit einem gewaltigem Satz war Clint bei der Herrin. Er bekam ihre Arme zu fassen und drehte sie als Schutzschild gegen die Soldaten. In der selben Sekunde holte er seine Plasmapeitsche hervor und stellte den Plasmafaden mit einer winzigen Bewegung in eine Schlingenform die sich um den Hals der Weiblichen schloß. Das neue Störfeld beeinträchtigte die Waffe nicht.

"Halt", rief er den Soldaten zu, die gerade vorpirschen wollten. Der Soldat, der anscheinend der Anführer war, gab seinen Männern mit einem Handzeichen zu verstehen, daß sie sich zurückhalten sollen.

"Eine winzige Fingerbewegung genügt um den Durchmesser dieser Schlinge beliebig zu verkleinern...", Clint überließ die Folgen, die sich daraus ergeben würden der Vorstellungskraft der Soldaten. Die Weibliche versuchte mit ihrer freien Hand an ihren Halsreif zu kommen, aber Clint ließ die Schlinge etwas enger werden, so daß sie fast ihre Haut berührte.

"Bewegen Sie sich nicht und versuchen Sie Ihren Soldaten keine Zeichen zu geben", sagte er kühl, woraufhin die Weibliche in ihrer Bewegung innehielt. Sie mochte telepatische Kräfte haben aber, anscheinend vermochte sie damit nicht so viele Informationen zu vermitteln wie mit ihrer Zeichensprache.

"Stellen Sie eine Verbindung zu meinen Leuten her, aber unternehmen Sie keine Versuche, die mich zu folgenschweren Taten zwingen", befahl er dem Anführer der Soldaten. Dieser drückte auf einige Knöpfe auf seinem Handcommunicator und richtete ihn vorsichtig in Clints Richtung.

"Clint an Außenteam, ich fürchte die Situation hat sich verschärft."

--- Warteraum, inzwischen

KWinh beobachtete wie Ysara den Raum durch die schmale Tür betrat und sich diese hinter ihr sofort schloß. Er ging auf die andere Tür zu, hinter der die Geräusche zu hören waren und schaute hindurch.

Nachdem sich seine Augen an den dunkleren Raum gewöhnt hatten, erkannte er wirklich Isweda, welcher am Boden lag und versuchte, sich aus irgendwelchen Ranken zu befreien.

--- Nebenraum

Der Grilmak trat an das Isweda-Pflanzen-Gewirr heran und streckte dem Techniker seine Hand entgegen. Dieser ergriff sie prompt und während er von KWinh herausgezogen wurde, murmelte er etwas von "...genauer untersuchen..."

Nachdem nun Kuno befreit war, gingen beide zurück zu dem Warteraum.

--- Warteraum

Hinter den beiden Technikern schloß sich die Tür wieder und alle schauten sich an. Besonders Shania schien immer noch nicht zu wissen, um was es eigentlich ging.

Plötzlich meldete sich Nathalies Communicator wieder, als einziger... "Clint an Außenteam, ich fürchte die Situation hat sich verschärft."

'Vielen Dank für den Hinweis, Neuigkeiten hör ich immer gerne...', ging es KWinh durch den Kopf.

Das was er jedoch sagte war: "Hat jemand einen Vorschlag?"

Shania hatte sich inzwischen kraftlos auf einer der Sitzgelegenheiten niedergelassen. Ihr Kopf schmerzte fürchterlich, ebenso wie ihre Unterarme und immer wieder tauchten Symbole und Gesichter in loser Folge aufeinander auf, als würde eine Art Film vor ihrem inneren Auge ablaufen. Alles kam ihr seltsam bekannt vor und auch wieder nicht.

Mühevoll versuchte sie ihre Umgebung zu erfassen um etwas zu finden, was sie aus ihrer Erinnerung her kannte und sprach schließlich aus was ihr in den Sinn kam, ohne überhaupt zu denken:

"Wer ist dieser Clint? Und welche Situation hat sich verschärft?", fragte sie verunsichert und starrte die anderen an, die ebenso ratlos zurückstarrten. Anscheinend war sie nicht alleine desorientiert.

Tatenlos ließ sie es über sich ergehen, daß eine der Personen sich vermehrt um sie kümmerte. Jedenfalls hatte es den Anschein, daß sie es tat und das sie ihr wohlgesonnen war, auch wenn sie nicht gerade danach aussah.

Shalley war inzwischen besorgt nähergetreten und maß Shanias Anzeigen erneut auf ihrem medizinischen Tricorder. Sie waren mehr als eigenartig und hatten sich seit der letzten Messung rapide verändert. Es war als hätte sie ein seltsamer Virus befallen und würde sich langsam überall in ihrem Körper ausbreiten. Das Medikament, daß sie ihr verabreicht hatte, hatte zwar ihren schwachen Blutdruck wieder erhöht, aber sonst war es wirkungslos geblieben.

Die Pupillen der Amerikanerin waren ungewöhnlich geweitet und als sie sich am Arm kratzte, packte die kleine Klingonin diesen und drehte ihn abrupt mit der Unterseite nach oben. Shanias leisen Aufschrei auf ihre rauhen Untersuchungsmethoden überhörte sie dabei. Der Ausdruck ihres Gesichts wurde plötzlich verschlossener und sie schüttelte ärgerlich den Kopf. Daß sie auch nicht gleich darauf gekommen war. Erst jetzt fiel ihr auf, daß sich Shania öfter an dieser Stelle gekratzt hatte.

Nach einer kurzen Überprüfung des zweiten Unterarms stand für sie die Diagnose fest. Auch wenn sie nicht sehr genau war, immerhin war sie Krankenschwester und kein erfahrener Mediziner. Noch dazu wußte sie zu wenig von diesem Planeten und seinen Krankheiten.

"Sie hat eine Art Ausschlag auf beiden Unterarmen. Ähnelt im Aussehen einer Verbrennung dritten Grades." Sie bleckte die Zähne. Man sah ihr an, daß sie sich nicht wohl in ihrer Haut fühlte. "Sieht auch ganz so aus, als würde sich etwas unter den oberen Hautschichten bewegen..."

Ysara, die mittlerweile beschlossen hatte, alle Geschehnisse kommentarlos hinzunehmen, trat ein Stück näher und sah ihr über die Schulter.

"Was ist mir ihr?", fragte sie wider Willen ein wenig besorgt, während sie die Amerikanerin musterte. Es brauchte keinen Arzt um zu sehen, daß ihr etwas fehlte. Als Shania noch nicht einmal den Blick hob, fuhr sie fort: "Kannst du nicht irgend etwas machen?"

Geringschätzig sah sie auf die Klingonin hinab, die ihren Blick mit funkelnden Augen erwiderte.

"Nein, kann ich nicht!", verkündete Shalley herausfordernd. "Dazu brauchen wir entweder Rigero oder einen Arzt der Fremden!" Düster und etwas ratlos versenkte sie sich erneut in die Tricorderanzeige.

Stirnrunzelnd blieb Ysara stehen. "Ich bin gegen Rigero", bemerkte sie noch trocken, bevor sie sich wieder den anderen zuwandte.

Die Psychologin hatte nicht zugehört, aber es sah nicht aus, als habe bisher jemand einen produktiven Vorschlag gemacht. Gerade entschloß sie sich, daß Kenntnisse über die Vorkommnisse vielleicht doch ratsam wären, als ein leises Geräusch sie alle herumfahren ließ.

Ein neuer Eingang hatte sich geöffnet. Ein hochgewachsener, männlicher Humanoide trat ein, in ebenso einen Overall gehüllt, wie KWinh und seine Begleiter sie trugen, und hielt einen Stab oder etwas ähnliches in der Hand. Offensichtlich gehörte er der gleichen Spezies an wie jene Männer, denen Clint bereits begegnet war.

Ysara, die bisher weder von Clints Erlebnissen wußte, noch überhaupt einem Einheimischen begegnet war, sah ihn perplex an.

Noch perplexer wurde sie, als er seinen Stab hob und damit winkte, als sollten sie ihm folgen, ohne auch nur den Versuch zu machen, zu kommunizieren.

Fragend sah sie sich nach ihren Begleitern um.

Da der Fremde auf die einzig verbliebene Tür zuging und das somit die letzte Möglichkeit war, diesen Raum wieder zu verlassen, beschloß KWinh, ihm zu folgen. Er nickte Ysara zu und schaute sich seinerseits um.

Isweda war schon unterwegs in Richtung des Fremden und Nathalie Connor murmelte etwas wie: "...hier auch, Connor Ende...", in ihren Communicator, wohl an Clint gerichtet. Shania und Shalley schienen nicht schlüssig zu sein, was zu tun war, also bot der Techniker Shania seinen Arm als Stütze an, was sie auch annahm, allerdings sehr distanziert. Sie schien sich immer noch nicht zu erinnern.

Als die Gruppe vollständig den angrenzenden Raum erreicht hatte, erfüllte ein helles Licht diesen und entließ sie alle in einen wesentlich größeren Raum.

--- Emitterraum

Es verging eine Weile ohne das eine Antwort kam. Clint hielt die Hohepriesterin immer noch als Geisel und der Anführer des Soldatentrupps hielt sein Kommunikationsgerät in Richtung des Halb-Breens.

"Schicken Sie jemanden der die anderen Mitglieder des Außenteams abholt", forderte er den Soldaten auf, welcher einen entsprechenden Befehl erließ.

Der Anführer musterte den grünen Vulkanier die ganze Zeit über mit einem lauernden Blick. Anscheinend wartete er nur auf eine günstige Gelegenheit, jedoch konnte sich Clint einigermaßen sicher sein, daß der hochgewachsene Humanoide keine Dummheiten anstellen würde.

Schließlich kam die Antwort von Nathalie Connor. Sie schilderte ihm nur kurz ihre Situation und unterbrach die Verbindung. Demnach wurde die Gruppe gerade von einem Soldaten abgeführt.

Clint ließ seinen Blick über die Anwesenden schweifen. Die Spannung ihm Raum entging selbst dem gefühlskalten Adoptivvulkanier nicht.

Der Junge, den der Anführer herbeordert hatte, starrte Clint entsetzt, aber auch mit jugendlicher Neugier an. "W..Wer seid ihr? Wa..Warum macht ihr das?", stotterte er. Der Soldatenanführer fauchte ihm etwas zu um ihn zum Schweigen zu bringen.

Clint hatte nicht die Absicht sich vor einem Minderjährigen zu erklären und schwieg. Der Junge fragte jedoch ungeachtet des Anführers und Clints Schweigen weiter: "Ich bin Garmen Wiek. Könntest du deine Freunde nicht fragen, ob es Rhea gut geht? Ich hab sie zu ihnen geschickt, als ich euch mit den Tempelaugen entdeckte."

Die Hohepriesterin warf dem Jungen einen strafenden Blick zu. "Du bist also der Diener mit dem sich Rhea trifft. Du kennst doch das Kastengesetz", fuhr sie ihn gebieterisch an. Mit einer Handbewegung gab der Halb-Breen der Hohepreisterin zu verstehen, daß sie schweigen sollte. Seine Glaubwürdigkeit als Geiselnehmer würde untergraben, wenn er seinen Geiseln Plaudereien gestattete.

Der Junge ließ verzweifelt den Kopf hängen. Mitgefühl war eine Emotion, und Emotionen hatte der Adoptivvulkanier abgeschworen. Aber die Situation mißfiel ihm. Es mochte eine Zeit gegeben haben in der er anders gehandelt hätte. Friedfertigkeit war eine der wichtigsten Säulen der vulkanischen Lehre. Aber gewisse Ereignisse in Clints Leben hatten seine Handelsmaximen diesbezüglich geändert.

Plötzlich nahm Clint ein goldenes Licht wahr und ehe er sich versah verschwand um ihn die Umgebung.

--- Ivory, Brücke

Nachdem Martengh vor einer Stunde Monserat beim Brückendienst abgelöst hatte, studierte er nun die Daten seiner Spionagekameras. Die Filme der letzten Tage waren sehr uninteressant gewesen, und so schaute er sie sich eher gelangweilt an.

Auf dem Hauptbildschirm war die Leere des Alls zu sehen, wo, wie er wußte, sich eigentlich ein großer Planet befinden sollte. Aber die Tarntechnologie dieser Rasse war einfach phänomenal. Keine Verzerrungen, nichts. Man hatte wirklich das Gefühl, im leeren Raum zu schweben.

Bis auf eine Kleinigkeit...

"Computer, Planquadrat B4 vergrößern", erklang seine Stimme.

Die Leere des Weltraums wich einem seltsamen Bild. Man hatte den Eindruck, einen annähernd runden Ausschnitt der Planetenoberfläche im Nichts schweben zu sehen.

Noch ehe Martengh reagieren konnte, hatte sich der Schutzschirm der Ivory aufgebaut, und das wohlbekannte Heulen, das den roten Alarm anzeigte machte sich im Schiff breit.

Erst anschließend bekam Martengh die Information, daß diverse planetar gestützte Waffen auf die Ivory gerichtet waren.

Noch während Monserat auf die Brücke gestürzt kam, hatte Martengh den Steuermann bereits angewiesen, das Schiff aus der Reichweite der Waffen zu bringen...

--- unsichtbarer Planet, Kontrollraum

Der Grilmak schaute sich um, wie alle anderen auch. Auf der einen Seite waren eine Menge Überwachungsmonitore in die Wand eingelassen. Sie zeigten unter anderem die beiden Shuttles, Clint, der immer noch von Wachen umringt war, sowie die Ivory auf ihrer Umlaufbahn um den Planeten. Davor schwebte das goldene, fast durchsichtige Wesen, dem einige von ihnen schon begegnet waren. Dieses schien sich ihnen nun zuzuwenden.

"Wir beobachten euch schon seit eure Flugmaschine uns umkreist. Mit Entsetzen haben wir den Anschlag eures Begleiters auf unsere Maschinen wahrgenommen. Seid Ihr alle Attentäter?"

Die Worte dieses fremdartigen Wesens bildeten sich in den Köpfen der Zuhörer, klar und verständlich. KWinh hatte schon von so etwas gehört, aber es noch nie am eigenen Leib erfahren. Einige Mitglieder der Gruppe begannen zu sprechen und versuchten wohl Erklärungen zu liefern, aber das Wesen reagierte nicht. Das Mitglied des höchsten Hauses von Grilmak versuchte es deshalb auf die selbe Weise, wie die Fragen ihn erreicht hatten. Er konzentrierte sich auf das Wesen und formte einige Worte in seinem Geist, wobei er diese in Richtung des Wesens zu lenken versuchte.

'Wir sind Forscher und kamen, um diesen Planeten zu untersuchen und mehr über seine erhabenen Bewohner zu erfahren. Das was unser Begleiter gemacht hat, ist ein bedauerliches Mißverständnis und muß wohl seiner jugendlichen Unbeherrschtheit zugeschrieben werden.'

KWinh kam sich dabei irgendwie albern vor, da er so etwas bisher noch nie versucht hatte. Da Telepathie bei seiner Spezies keine Rolle spielte, war ihm nicht einmal bekannt, ob er dazu überhaupt in der Lage war. Aber die Tatsache, daß er die Worte "gehört" hatte, ließ ihn hoffen. Das Wesen wandte sich ihm tatsächlich zu und kam etwas näher.

Es schien zu spüren, daß KWinhs angestrengt gerunzelte Stirn auf einen Kommunikationsversuch hindeutete. Zumindest glaubte Nathalie das. Auch sie hatte versucht, auf die gleiche Weise zu antworten. Doch ihre Botschaft schien gar nicht angekommen zu sein.

Der Goldene berührte KWinhs Stirn. Sollte er eine telepathische Verbindung versucht haben, so hatte es entweder nicht funktioniert oder es war nicht 'stark' genug gewesen. Aber irgend etwas schien der Goldene dennoch bemerkt zu haben.

Doch ein Blick auf die noch immer etwas verwirrt dreinschauende Shania verschlimmerte Nathalies dumpfes Gefühl im Magen. 'Es reicht jetzt langsam!', brummte sie in Gedanken und das nicht zum ersten Mal. Immer wenn sie glaubte, die Situation einigermaßen unter Kontrolle zu haben, überschlugen sich die Ereignisse und die Fäden glitten ihr erneut aus der Hand.

Etwas heftiger als sie es geplant hatte - ihr Mißmut ließ sie recht ungeduldig und langsam auch wütend werden - schubste sie KWinh zur Seite und baute sich vor dem Goldenen auf. KWinhs "Hey!" ignorierte sie und wandte sich statt dessen dem Wesen zu.

"Was habt ihr mit Shania gemacht?!" Nathalie mußte sich beherrschen, um nicht zu brüllen. "Sie ist völlig durcheinander! Macht das wieder rückgängig! Und zwar sofort!" In Gedanken griff sie wieder nach den Fäden und fuhr fort: "Unsere Absichten waren friedlich.

Und sind es noch. Was unser 'Begleiter' getan hat, war sicher nicht in böswilliger Absicht! Doch seit wir hier angekommen sind, werden wir nur dauernd herumtransportiert, gefangengenommen, angegriffen und was weiß ich nicht noch alles! Wir wollen einfach unsere Shania zurück und dann euren Planeten verlassen!"

Frustriert hob sie die Hände und ließ sie dann wieder in einer hilflosen Geste sinken. Zuerst dachte sie, ihr Vortrag schien völlig umsonst gewesen zu sein, doch der Goldene hatte sie anscheinend doch verstanden.

Er wandte sich zu seinen Gefährten. Nach einer kurzen Pause, in der sie wohl auf ihre seltsame Art kommunizierten, widmete sich einer von ihnen Shania, während ein anderer eine Konsole bediente.

Daraufhin begann wieder die Luft in dem Raum zu schimmern und eine wohl bekannte Gestalt manifestierte sich. "Clint!", entfuhr es Nathalie. Doch er war nicht alleine. Jetzt verstand sie, was er mit seiner Bemerkung vorhin gemeint hatte...

Um Clint herum standen alle Außenteammitglieder, und er tauchte mitten unter ihnen mit der Hohepriesterin als Geisel auf. Shania sah ihn an, als sähe sie ihn zum ersten Mal und schien ihre Umgebung überhaupt ein wenig konfus zu betrachten. Shalley stand zusammen mit Ysara und Isweda in Shanias Nähe, während Nathalie und KWinh sich vor einem goldenen Wesen das mitten im Raum schwebte aufgebaut hatten.

Der Goldene fing an leicht zu pulsieren und alle Anwesenden außer Clint schienen in sich hineinzuhorchen. Dann sahen sie alle Clint erwartungsvoll an. Der Halb-Breen hob eine Augenbraue. Dann verstand er. Natürlich wußte niemand von seiner Immunität gegenüber telepatischen Impulsen. Aber genau das schien hier vor sich zu gehen.

"Was hat das Wesen ihnen gerade mitgeteilt?", fragte er deshalb in die Runde.

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