Ivory Cronik 10

Ein Fächer aus rotem Haar

--- Ivory, Holodeck 2, Gang im Berg

"Weich?" Sternenlichts Frage produzierte kein Echo, was das Mißtrauen des Sivaoaners endgültig weckte. Mit der linken Hand berührte er vorsichtig die Wand. Eine ausgefahrene Kralle drang ein paar Millimeter in die Wand ein und stieß auf keinen Wiederstand.

"Einen Moment, Shania. Ich habe da einen Verdacht." Suchend blickte sich Sternenlicht am Boden um und fand was er suchte: Einen etwa faustgroßen Felsbrocken. Er warf ihn mit seiner linken Pfote mit aller Kraft in den Gang vor ihnen.

Der Stein war keine fünf Meter weit geflogen, als er gegen die bisher unsichtbare, schwarze Wand prallte. Ein Wabern ging in beide Richtungen von ihr aus, es war die Wand des Holodecks.

"Dachte ich mir es doch, Shania. Ich kann mir zwei Varianten denken: Die eine ist, daß dieser Gang irgendwo hinführt und wir nur am Rand des Holodecks sind, weil wir nicht die einzigen Personen in dieser Simulation sind. Die andere, für mich wahrscheinlichere, ist, daß wir hier noch Stunden laufen werden... Ich denke, die Wand ist eine Einladung."

Sternenlichts Abenteuerlust war jetzt wieder entflammt. Erneut streckte er seine Pfote aus und drückte sie gegen die Wand, sie drang ohne Probleme in den Fels ein, leichte wellenförmige Bewegungen waren in der Höhlenwand zu erkennen. "Wir sehen uns auf der anderen Seite..."

Shania sah wie Sternenlichts Körper in der Höhlenwand verschwand, bis nur noch sein Schweif sichtbar war. Ein letztes Deuten in Richtung der Höhlenwand war das letzte, was Shania von dem Katzenwesen sah, dann betrachtete sie wieder eine - auf den ersten Blick - völlig normale Felswand.

--- Höhle II im Berg

Sternenlicht war in völliger Dunkelheit und Stille herausgekommen. Unter seinen Füssen spürte er einen flachen Felsboden, in der Luft lag der Duft von Wasser, mehr konnte er nicht wahrnehmen. Vorsichtig trat er einen Schritt nach vorne um Shania Platz zu machen.

--- Bergweg

Behutsam löste sich Enehy aus Anjols Umarmung und wischte sich die Tränen von den Wangen.

'Reiß dich zusammen und versuche dich nicht so gehen zu lassen', versuchte sich die Xenexianerin selbst zu motivieren.

"Ich denke, daß ich es schaffen werde über den Felsen zu klettern, Namono. Zwar bin ich nicht die Sportlichste, aber es wird schon gehen ohne das ich mir ein Bein breche. Ich habe aber auch eine Bitte. Wenn wir dieses Abenteuer hier lebend überstehen sollten, möchte ich eine ordentliche Trauerfeier für Sternenlicht und Shania haben. Im Moment haben wir dafür keine Zeit. Ich hoffe zwar immer noch, daß die beiden leben, aber das ist mehr als unwahrscheinlich."

Wieder begannen Tränen über Enehys Gesicht zu laufen, die sie energisch wegwischte.

"Von mir aus können wir gehen. Ich habe keinen Zweifel daran, daß die Herren keinerlei Probleme beim Überklettern des Felsens haben werden...."

--- Gang im Berg

Noch immer stand Shania einfach nur da und konnte nicht glauben, was sie eben gesehen hatte. Nicht, daß sie verwundert war, daß der Computer davon ausging, daß sie dahinter kamen, daß die Wand nur Täuschung war. Nein, die große Frau konnte einfach nicht fassen, daß Sternenlicht durch die Felswand gegangen war, wo er doch wußte, wie gefährlich ein Schritt vom Weg ab sein konnte. Niemand konnte sagen, welche Strafe sie dann zu erwarten hatten.

Noch immer zögerte Shania ihm zu folgen. Ihre ausgestreckte Hand drang durch die Wand vor ihr. Die Wand war weich und warm. Wieso konnte das sein? Sie war keine optische Täuschung, durch die man hindurchgehen konnte, sondern eine Art leicht durchquerbare Materie. Ein Schauer lief Shania über den Rücken. Weshalb war sie warm?

Nachdenklich wandte sie sich wieder der anderen Möglichkeit zu. Der Weg vor ihr war nicht gerade einladend und er schien irgendwie endlos zu sein. Vielleicht auch, weil er überall gleich aussah. Was, wenn der Computer wollte, daß sie doch diesem Weg folgten? Was wenn er sie bestrafen würde, weil sie seine Anweisung nicht befolgten?

Hin und hergerissen sah die dunkelblonde Frau wechselte der Blick von Felswand zum Weg und wieder zurück.

Dann dachte sie an den letzten Deut von Sternenlichts Schweif, der nur bedeuten konnte, daß ihm nichts geschehen war und daran, daß sie würde ohne ihn gehen müssen.

Als sie ihren Entschuß gefaßt hatte, atmete sich noch einmal tief durch und tauchte dann in die merkwürdige Mauer ein. Dabei schoß ihr nur ein Gedanke durch den Kopf. 'Dich mach ich platt, Mädel, Byte für Byte. So wahr ich...'

--- Höhle II im Berg

Den Rest ihres Gedankens erfuhr sie nicht mehr, denn da war sie schon durch die Mauer durch und traute ihren Augen nicht. Sofort war alles vergessen, woran sie gerade gedacht hatte. Der Anblick entschädigte sie für alle Probleme der letzten Zeit.

Was auch immer die Wände dieser Höhle verzierte, es reagierte auf das Leuchten von Shania Haut und funkelte wie ein Meer aus tausend Sternen. Ein durch und durch phantastischer Anblick.

Und in der Mitte der Höhle thronte ein riesiger Teich in dem sich die Wände spiegelten und in dessen Mitte eine Wasserfontäne thronte, die sehr unwirklich aussah.

Erst jetzt bemerkte Shania, daß sie vorhin in den Teich gefallen wäre, wenn sie nur einen Schritt weiter aus der Wand heraus gemacht hätte.

Begeistert versank Shania für einen Augenblick völlig in dem Anblick.

Bis plötzlich...

"Sternenlicht..." Nachdenklich blickte sie sich um und hoffte auf eine weitere Täuschung. "Ich sehe keinen Ausgang aus dieser Höhle." Instinktiv machte sie einen Schritt zurück und stieß mit dem Rücken gegen harten kalten Fels.

"Da kommt Freude auf", sagte sie sarkastisch. "Wär ich ein Klingone würd ich jetzt wohl sagen: Hier ist ein guter Ort zum Sterben..."

--- Bergweg

Timothy schritt langsam an den Felsen heran und begutachtete dessen Oberfläche. 'Hmm, ganz einfach wird das nicht mit dem hochklettern', überlegte er und drehte sich zu den anderen um.

"Also ich denke, es wäre am Besten, wenn ich euch als Leiter diene. Ich schiebe euch dann an dem Felsen hoch und ihr klettert dann rüber. Ich denke mit Anjols Hilfe komme ich dann auch hoch", bemerkte er und richtete seinen Blick wieder auf den Gesteinsbrocken. Mit den Händen formte er eine Kuhle und stellte sich so vor den Fels, das die anderen bequem hochkamen.

"Na, worauf wartet ihr noch? Wollt ihr hier Wurzeln schlagen oder was?", rief er und winkte die kleine Gruppe zu sich herüber.

Skeptisch betrachtete Anjol für einen Moment die zu einer Mulde geformte Hand, um dann langsam die Finger von Enehy zu lösen. Zwar ging es ihr mittlerweile schon besser, aber dennoch wußte er, daß sie innerlich noch immer schwer getroffen war.

Der, der für dies verantwortlich war, würde bestraft werden; das wußte der Bajoraner instinktiv und es gelang ihm daraus Kraft zu schöpfen. Bald würden sie Rache üben...

Aber zunächst galt es den Felsen zu überwinden und Anjol war sehr erleichtert, als Enehy den Stein erklommen und dabei eine sehr gute Figur gemacht hatte. Anscheinend, und dieser Gedanke entlockte Anjol beinahe ein Lächeln, war sie eine geborene Bergsteigerin.

Doch bevor die Xenexianerin von ihrer hohen Position aus fragend schauen konnte, hatte auch Anjol die Hilfestellung von Hexton genutzt und sich den Felsen hochgezogen. Die Oberfläche war rauh und leicht bröckelig und erinnerte Anjol an das Majoya-Gebirge, welches ihm oft als Versteck gedient hatte.

Der Halb-Andorianer erwies sich als leichter als erwartet und so hatte Anjol keine Probleme den blauhäutigen Humanoiden nach seiner Ankunft auf dem kleinen Plateau hochzuziehen. Während sich Timothy aufrichtete, betrachtete Anjol staunend den Horizont und der Himmel war erleuchtet von den farbenprächtigsten Polarlichtern, die er je gesehen hatte, aber durch den Tod Shanias und Sternenlichts erschien es ihm nur noch wie ein sarkastisches Lachen des Universums.

Einen Moment hielten alle inne...

Staunend sah Enehy sich um und vergaß für einen kleinen Augenblick in welchen Schwierigkeiten sie sich alle befanden. "Das ist einfach wunderschön. Shania würde es bestimmt auch gefallen. Die perfekte Gelegenheit Namono ein wenig näher zu kommen...", sagte die Xenexianerin und verstummte abrupt.

"Wir haben Namono unten gelassen", rief sie erschrocken aus, legte sich flach auf den Felsen und spähte hinunter auf die Seite auf der sie gestanden hatten.

"Hallo, Namono, sind Sie noch da unten? Ist alles in Ordnung?", fragte sie halblaut in die Dunkelheit und lauschte angestrengt auf Antwort.

'Bitte, bitte, laß es ihm gut gehen....'

"Ja, mir geht es gut", antwortete der Massai. "Mir ist nur gerade etwas eingefallen."

Dann kletterte er den Stein hinauf und erreichte ohne größere Schwierigkeiten das Plateau. Nachdenklich schaute er die Anderen an und meinte: "Ich weiß nicht, ob es Wunschdenken ist, aber ich glaube immer noch nicht daran, daß die drei verschwundenen Personen, also Shania, Sternenlicht und Alana, tot sind.

Was mich stutzig macht ist, daß wir nie Leichen oder auch nur Blutflecken gefunden haben. Die Leute waren einfach weg, entweder ganz unspektakulär wie Alana, oder mit einem großen Getöse wie Shania und Sternenlicht.

Hm...", er machte eine Pause. "Andererseits sind immer nur Leute verschwunden, mit denen der Computer - oder soll ich sagen: Die Computer? - nichts anfangen kann oder will. Auf mich macht dieser zu groß geratene Rechenschieber einen recht nymphomanen Eindruck. Mit Frauen hat sie nichts am Hut, und Sternenlicht war ihr wohl nicht humanoid genug.

Bisher sind keine Männer verschwunden, will ich damit sagen." Er schaute Enehy an. "Ich würde darauf wetten, daß als nächstes eine Frau verschwindet, und damit nur noch Männer übrig sind."

Timothy antwortete: "Für mich hört sich das recht vernünftig an. Wir sollten in Zukunft besser gegenseitig auf uns aufpassen, dann kann keiner mehr einfach so verschwinden, was meint ihr?"

Er schaute sich um und fragte Namono: "Wo hast Du eigentlich Kuzhumo gelassen?"

Dieser blickte etwas verwundert um sich und meinte: "Ich dachte, der wäre längst bei euch! Ich war jedenfalls der Letzte dort unten."

Laut rief er: "KUZHUMO!!!"

Stille...

--- Höhle II im Berg

Sternenlichts Augen hatten sich innerhalb von einer halben Sekunde an das Licht gewohnt. Zunächst hatte er versucht, die Dunkelheit selbst zu durchdringen, aber wo kein Licht war, konnte auch ein Sivaoaner nichts sehen. Für einen Moment war dann alles in gleißendes Licht getaucht gewesen, bis seine Pupillen sich wieder ein wenig geschlossen hatten.

Er war sofort von dem Anblick um ihn herum gefangen genommen. Ein Bestandteil des Gesteines reagierte auf fluoreszierendes Licht. Der Effekt an sich war für Sternenlicht nichts Neues. Er hatte ihn nur nie in dieser Perfektion gesehen. Wäre nicht die unwirkliche Situation gewesen, hätte er hier Stunden verbringen können, sich im Licht der künstlichen Sterne ertränkend.

Shania riß ihn wieder aus seinen Träumen, ein Rundblick Sternenlichts bestätigte ihre Feststellung: "Sterben? Sicher ni..." Der Rest des Satzes blieb ihm buchstäblich im Halse stecken. Die Fontäne in der Mitte des Teiches erwachte spuckend zum Leben. Erst jetzt wurde beiden bewußt, daß die Simulation der Fontäne bis eben eingefroren war - ein Plätschern unterbrach die Stille, hallte von den Wänden wieder.

Instinktiv trat Sternenlicht einen Schritt zurück als die ersten Wasserspritzer seinen Pelz trafen. Die Wasserfontäne wuchs langsam in die Höhe, bis sie fast zwei Meter hoch war. Der Blick des Sivaoaners fuhr über die Wasseroberfläche, und wie ein Schlag erkannte er, was der Computer als nächstes mit ihnen vorhatte.

Der Pelz des Katzenwesens, das inzwischen mit dem Rücken zur Wand stand, plusterte sich auf, Ohren flach auf dem Schädel angelegt, ein Grollen drang aus seinem Brustkorb.

Auf der Wasseroberfläche schwamm verschiedener Kleinkram, Staubschwaden, der ein oder andere Wasserläufer, und alles driftete klar erkennbar auf die Rückwand der Höhle zu ...

"Das sieht gar nicht gut aus...", murmelte Shania mit einem flauen Gefühl im Magen, während ihre Gedanken sich regelrecht überschlugen. Es würde nicht lange dauern und sie kamen in ernsthafte Schwierigkeiten. Genau wie sie vor drei Jahren, als sie in einen Hinterhalt von Klingonen geraten war...

Klingonen unter denen sich unter anderem eine sehr hübsche Klingonin befunden hatte, die Ähnlichkeit mit...

'Shania fang nicht zu phantasieren an. Wenn vieles möglich ist, aber der Computer kann nicht deine Gedanken lesen. Also vergiß es so schnell wie möglich wieder und konzentriere dich auf einen Ausweg, bevor dir das Wasser bis zum Halse steht', mahnte sie sich selbst einen klaren Kopf zu behalten und nicht in Panik auszubrechen.

"Wir haben drei Möglichkeiten: Entweder wir suchen die Wand nach einer begehbaren Täuschung ab, wie jener durch die wir gekommen sind. Wir erkunden das Wasser..." Mit einem raschen Seitenblick auf Sternenlicht, dessen Fell sich bereits zu sträuben begann, strich sie Punkt 2 wieder. "Oder wir suchen nach einem geheimen Schalter wie er in jedem guten Abenteuer vorkommen sollte."

In den Augen des Sivaoaners machte sich ein leicht panisches Glänzen breit und sie waren größer als gewöhnlich. Beruhigend legte Shania eine Hand auf seine Schulter und spürte die innere Unruhe, die von ihm ausging. Er schien Wasser nicht nur nicht zu mögen, sondern regelrecht zu hassen.

"Keine Sorge, der Computer hat anderes mit uns vor, als uns ein Bad zu bereiten. Er will Anerkennung, aber ich denke nicht, daß er ein irrer Mörder ist. Also los. An die Arbeit!" Damit löste Shania nach einem leichten Druck Richtung anderer Höhlenseite - der dem Sivaoaner signalisieren sollte seine Suche auf der anderen Seite zu beginnen - ihre Hand von seiner Schulter.

Danach tastete sich die große Amerikanerin von Sternenlicht weg immer die Wand entlang. Der Vorgang war sehr langwierig, weil praktisch alles ein geheimer Schalter sein konnte. Schon nach ein paar Schritten stand sie mit den Füssen im Wasser.

Verbissen arbeitete sie weiter um diesen Spuk endlich ein Ende zu bereiten.

--- Bergweg, inzwischen

Anjol grauste es bei dem Gedanken, daß selbst der so disziplinierte und erfahrene Japaner verschwunden war und es bestärkte sein Gefühl, daß jetzt niemand mehr sicher war und sich zudem das erste charakteristische Verhaltensmuster als trügerisch erwies:

Der Computer beschränkte seine Aktionen nicht nur auf die weiblichen Mitglieder der Gruppe, sondern hatte mit Kuzhumos Entführung bewiesen, daß diese Theorie offenbar nicht stimmte.

Skeptisch kniff der Bajoraner jetzt die Stirn zusammen und war sich nicht sicher, ob dies jetzt positiv oder negativ zu bewerten war: Immerhin blieb Enehy so vorerst nicht das vorrangige Ziel, aber andererseits konnte nun jeder als nächstes verschwinden.

"Vom Regen in die Traufe!", kommentierte er es schließlich grimmig und war sich aber innerlich doch bewußt, daß Hisaki auch alleine zurechtkam und ihre Priorität bei der Suche nach den anderen liegen sollte.

Enehy, Namono und Timothy schauten ihn ratlos an und vor allem Enehy erwartete wohl eine Lösung von ihm, doch er genau diese konnte er nicht anbieten. Im Gegenteil, er war genauso ratlos wie sie auch, aber doch war nicht der Zeitpunkt um Ängste zu schüren.

"Wir müssen weiter; für die anderen können wir gegenwärtig wohl nichts mehr tun, obwohl ich mir ziemlich sicher bin, daß zumindest Kuzhumo nicht tot ist", durchbrach er die Stille schließlich und sprach mit aufkeimender Hoffnung in der Stimme weiter, "Ich habe das Gefühl, daß die anderen überlebt haben und wir sie auch finden werden, aber zunächst sollten wir für uns einen sicheren Platz suchen!"

Während der letzten Worte schaute er zum Himmel hinauf und bemerkte, daß sich der Himmel während ihrer Unschlüssigkeit zugezogen hatte und der Grossteil des Naturschauspiels nun durch pechschwarze Gewitterwolken verdeckt war.

Und wie auf Kommando fing es an zu regnen.

'Typisch', dachte sich Namono. 'Jetzt wo ich wieder angezogen bin, werde ich naß!' Er wertete diesen Tropenregen als eine besondere Gemeinheit des Computers.

Aber warum gerade jetzt? Eine reine Laune? Oder wieder ein Zeichen?

Der Massai folgte den Anderen und überlegte inzwischen. Eine kleine regengeschützte Höhle lag so nah am Weg, daß man ihre Benutzung nicht als Regelverstoß werten konnte. Auf dem Weg dorthin behielt Namono die Gruppe im Auge, damit nicht plötzlich noch jemand verschwand.

--- kleine Höhle

Im Trockenen erzählte Namono seinen Mitstreitern die Ergebnisse seiner Überlegungen: "Bisher sind vier Leute verschwunden. Wir haben keine Leichen gefunden, kein Blut und keine Spuren ihres Verschwindens. Bei den beiden vom Stein Erschlagenen habe ich bis jetzt meine Zweifel an ihrem Tod gehabt, aber nun ist etwas eingetreten, was sie endgültig zerstreut hat. Es ist der Regen.

Ich habe mich gefragt: Warum regnet es gerade jetzt? Ich bin zu dem Schluß gekommen, daß er uns ablenken soll. Wenn das stimmt, dann muß er uns von etwas ablenken, das wir kurz vorher getan, gesagt oder gedacht haben.

Unmittelbar vor dem Regen hatte Anjol etwas gesagt, das ich gerade hinterfragen wollte, als uns der Regen dazwischen gekommen ist. Es ging darum, daß zumindest Kuzhumo nicht tot wäre, und ich wollte gerade fragen, warum ausgerechnet er nicht, wo doch die Umstände des Verschwindens zumindest bei Alana sehr ähnlich waren.

Und deshalb folgere ich, daß der Computer genau diese Diskussion unauffällig unterbinden wollte. Was bedeutet, daß er uns nur Angst einjagen will, indem er uns glauben machen will, daß alle Verschwundenen tot sind. Deswegen glaube ich nun nicht einmal mehr an den Tod eines Gruppenmitgliedes, wenn ich dessen Leiche sehe, denn die kann repliziert sein.

Oder wie seht ihr das?"

Fröstelnd setzte sich Enehy auf den Boden der Höhle, lehnte sich an die Wand und zog die Beine an. Während sie nachdenklich die gegenüber liegende Höhlenwand betrachtete, ließ sie sich Namonos Worte durch den Kopf gehen. 'Es stimmt, daß wir nicht einen einzigen Hinweis darauf gefunden haben, daß einer unserer vermißten tot ist. Vielleicht leben sie wirklich alle noch.'

Gegen ihren Willen breitete sich ein Lächeln auf ihrem Gesicht aus, als sie in Betracht zog, daß Shania noch lebte. Aber dann verschwand es so plötzlich wie es gekommen war, als der jungen Frau mit aller Macht etwas bewußt wurde.

'DU BIST DIE NÄCHSTE!'

Leise seufzte die Xenexianerin auf und meldete sich zu Wort.

"Es wäre schön wenn die anderen noch leben würden. Außerdem kann ich euch mit ziemlicher Sicherheit sagen, wer als nächstes verschwinden wird. Wenn ich mich nicht irre, bin ich das nächste Opfer. Denkt mal nach. Zuerst verschwanden Alana, dann Sternenlicht und Shania, zuletzt Kuzhumo. Logisch, daß wieder eine Frau an der Reihe ist und ich bin die letzte im Team.

Außerdem hieß es doch, daß der Computer für Anjol etwas Besonderes geplant hat. Unser offenkundiges Interesse aneinander bietet genügend Angriffsfläche." Unbehaglich zuckte sie mit den Schultern. "Wenn wir uns also irren und die anderen tot sein sollten, wird mir das gleiche Schicksal zuteil werden. Deshalb will ich euch jetzt schon sagen, daß es mir eine Ehre war euch kennenzulernen."

Mühsam löste sie den Blick von der Wand und sah Anjol ernst an. "Dir möchte ich auch noch etwas sagen. Ich liebe dich."

Gefangen zwischen Freude und Furcht hatte Anjol die so lang ersehnten Worte seiner Freundin gehört und gleichzeitig nach einem Ausweg gesucht. Aber Enehys Schlußfolgerungen blieben unwiderruflich richtig und alles deutete auf ein baldiges Verschwinden der Xenexianerin hin.

"Ich liebe dich auch und werde dich niemals vergessen; egal was passiert!", schwor Anjol seiner Gefährtin schließlich und in diesen Worten lag alle Sympathie, die er in seiner Liebe für sie hatte. Der Computer konnte Enehy vielleicht töten, aber die Erinnerungen an sie und seine Liebe zu ihr, würden bis zu seinem Tode bei Anjol bleiben.

Und in diesem Moment fielen sich die beiden in die Arme und hielten einander so fest, wie es möglich war - vielleicht das letzte Mal...

Mühsam stemmte Timothy sich vom Boden hoch und schüttelte seine Gliedmaßen aus. So langsam fing auch ihm an kalt zu werden. Er versuchte sich in der kleinen Höhle etwas zu bewegen, ohne dabei den anderen auf die Füße zu treten. Doch schon nach kurzer Zeit gab er es auf und er lehnte sich an die Höhlenwand. Mißmutig schaute er nach draußen und schimpfte innerlich über das miserable Wetter, was sich ihnen bot.

"Also ich möchte euch jetzt nicht vollends die Laune verderben, aber ich denke, es bringt nichts, hier in der Höhle herum zu sitzen und sich den Hintern abzufrieren. Wenn der Computer es will, kann er es die nächsten 10 Jahre durchregnen lassen und wir sitzen hier dann mit einem grauen Bart. Ich denke es wäre am besten, wenn wir weiter gehen würden und versuchen, dieses dämliche Spielchen zu beenden."

Wütend hob er einen Stein auf und warf ihn aus der Höhle. Dann schaute er die anderen an und fragte: "Also, was denkt ihr? Hier rumsitzen und erfrieren oder versuchen, die anderen wiederzufinden?"

--- Höhle II im Berg

"Da müssen wir wohl oder übel durch", meinte Shania ernst mit einem erneuten Blick auf den See, da ihr Sternenlicht mit seiner Aversion gegen Wasser sehr leid tat. Gerne wäre sie zu ihm gegangen, aber sie hatte sich vorgenommen auch die gegenüberliegende Seite anzusehen. Und sicher war es ihm peinlich, wenn sie versuchte ihn zu beruhigen oder ihm die Pfote zu halten.

"Angenommen wir lassen durch das Betätigen des Schalters das Wasser Richtung Rückwand der Höhle ab...", die Tatsache, daß sie das Gefühl hatte, es würde trotz der Strömung weiter steigen, behielt sie für sich, "könnte sein, daß wir dann nicht weiter sind als bisher. Und wir lediglich vor einer Art Klippe stehen, nur daß wir dann nicht hinunter können und das Wasser unseren Fall bremst."

Sie wartete kurz auf Antwort, doch der Sivaoaner kämpfte mit einer Panikattacke und so teilte sie ihm nur mit was sie machen würde. "Ich gehe jetzt da rein und sehe mich um. Sollte ich binnen 5 Minuten nicht wieder da sein, dann..." Sie ließ das Ende des Satzes offen und sprang beherzt ins Wasser ohne auf eine Antwort zu warten.

Noch einmal holte sie tief Luft und dann tauchte sie ab. Das Wasser war angenehm, anscheinend hatte der Computer nicht vor, daß sie an einer Lungenentzündung starben.

Die Amerikanerin hatte Mühe gegen die Strömung anzukämpfen, die ihr von unten entgegenkam. Es war als würde sie ständig stärker werden. Dennoch schaffte es Shania bis auf den Grund. Panisch kämpfte sie gegen die Strömung an, die sie nach oben zog und versuchte in dem spärlichen Licht das ihr Körper abgab die Umgebung zu erkennen.

Als sich ihr Verdacht bestätigte und sie keinen Ausweg fand, kehrte sie pfeilschnell nach oben zurück. Prustend und nach Luft schnappend tauchte sie an der Wasseroberfläche auf. Erschrocken und durch den plötzlichen Lärm aus seiner Anspannung gerissen, preßte sich der Sivaoaner noch näher an die Wand.

Er stand noch immer dort wo sie ihn verlassen hatte und in seinen Augen stand Angst. Das Wasser war inzwischen weiter gestiegen. Ohne Zeit zu verlieren, schwamm Shania mit der Strömung und entdeckte dabei nahe der Wasseroberfläche einen Spalt zwischen der Höhlenwand, die den Teich eingrenzte und der Rückwand der Höhle. Ein Spalt durch den gerade mal ein Körper paßte und an die zwei Meter breit zu sein schien.

Was dahinter war konnte sie nicht entdecken. Das Wasser verschwand einfach darin und sie hörte auch kein Plätschern oder ein anderes Geräusch. Es war einfach ein schwarzes Loch.

Nachdenklich schwamm Shania zur gegenüberliegenden Wand zurück. Für einen Moment zögerte sie, dann streckte sie dem Sivaoaner aus dem Wasser ihre Hand entgegen. Er legte die Ohren an, als ob er nicht hören wollte, was sie ihm zu sagen hatte. Trotzdem blieb ihr keine andere Wahl:

"Wir haben eine einzige Möglichkeit hier heraus zu kommen. An der gegenüberliegenden Wand existiert ein kleiner Spalt, durch den man sich gerade so durchquetschen kann. Entweder du vertraust dem Computer, daß er dir einen Weg öffnet. Oder du vertraust mir, unterdrückst deine Angst vor dem Wasser und kommst mit mir.

Oder...", sie holte kurz Luft, bevor sie ihm die letzte Möglichkeit anbot, die es gab, "wir saufen hier beide ab.... Ich geh nämlich nicht ohne dich!", schloß Shania ihre Worte ab und sah ihn hoffnungsvoll an. Die Hand welche sie nach Sternenlicht ausgestreckt hatte, begann leicht zu zittern.

--- kleine Höhle, inzwischen

Mit Besorgnis hatte Anjol Enehys Überlegungen gerade vernommen gehabt, als Hexton die Lage aus seiner Sicht analysierte. Zwar konnte der Bajoraner ihm nicht 100 prozentig zustimmen, da die Nacht mit durchnäßter Kleidung wesentlich schwerer werden würde und sie dann auf einen Unterschlupf angewiesen waren, während das Klima bis jetzt nur unangenehm war.

Aber im Endeffekt war jede Strategie nutzlos - immerhin konnte der Computer alles mithören und darauf allmächtig reagieren, was einen wirklichen Schutz unmöglich machte; unabhängig davon wie sie handelten.

Und so blieb es wichtig erst einmal überhaupt zu handeln, bevor der Computer sie durch Strafen dazu zwang und diesen Fall konnte sich Anjol nur zu gut ausmalen.

"Ich bin auch dafür!", stimmte er deshalb einen kurzen Moment später ein und guckte fragend zu Enehy.

Seufzend löste sich Enehy aus Anjols Umarmung und sah Namono und Timothy ernst an.

"Ich glaube auch, daß es besser wäre, wenn wir weitergehen. Zwar würde ich mich lieber hier verkriechen, aber das würde unter Garantie eine schnellere Bestrafung des Computers nach sich ziehen. Vielleicht finden wir ja am Gipfel des Berges einen Hinweis darauf, was mit den anderen passiert ist", fügte der Rotschopf hoffnungsvoll hinzu, während sie den Ausgang der Zuflucht ansteuerte.

"Es wäre vielleicht hilfreich, wenn wir einander an den Händen halten würden. Ich meine eine Kette bilden. Das macht es dem Computer vielleicht nicht ganz so einfach, einen von uns im Nichts verschwinden zu lassen. Oder was meint ihr?"

"Das ist eine gute Idee", antwortete Namono. "Hat nur den Nachteil, daß wir im Falle eines Falles alle gleichzeitig 'verschwinden' werden. Aber wir können dem Computer damit demonstrieren, daß wir immer noch zusammenhalten."

Mit diesen Worten ergriff der Massai Enehys Hände, und die Gruppe marschierte los.

--- Bergweg

Als Vier-Personen-Kette gingen sie durch den Regen. Der steinige Weg war inzwischen leicht rutschig geworden, und das Wasser peitschte der Gruppe ins Gesicht. Ein kalter Wind war aufgekommen und ließ es noch unangenehmer werden.

Namono glaubte nach einiger Zeit durch den Regen Geräusche zu hören.

Stimmen?

Waren sie wieder auf eine Gruppe Klingonen getroffen? Oder hatte sich der Computer nun etwas anderes ausgedacht? Woher hatte dieser Rechenschieber eigentlich diese Phantasie? Der Afrikaner hatte bisher keinerlei Übereinstimmung zwischen dem, was sie gerade erlebten, und dem was er einprogrammiert hatte, festgestellt.

Oder zapfte der Computer seine interne Datenbank an? War er in der Lage, den Sinn der in seiner Bibliothek gespeicherten Krimis zu erkennen und ihn in einem Holoprogramm umzusetzen?

Die Geräusche kamen näher. Namonos gesteigerte Sinne hatten schnell zwei verschiedene Stimmen unterschieden. Diese Erkenntnis teilte er den Anderen mit:

"Zwei Personen unterhalten sich da vorne hinter dem kleinen Hügel. Ich kann nicht ausschließen, daß noch mehr Leute dort sind, aber von denen höre ich nichts. Riechen kann ich bei dem Regen auch nichts, ich bin kein Fachmann auf dem Gebiet, aber ich nehme an, daß das Wasser die ganzen Duftstoffe auswäscht.

Wie wollen wir vorgehen? Anschleichen oder offen?"

Timothy antwortete: "Ich bin für ein offenes Vorgehen. Schließlich ist der Computer sowieso über alle unsere Schritte informiert, deshalb hat Anschleichen keinen Zweck."

Namono nickte und zog Enehy hinter sich her, die Anjols Hand immer noch umklammert hatte.

--- auf dem Hügel

Der Massai blieb abrupt stehen, als er bemerkte, daß der Hügel auf der anderen Seite fast senkrecht abfiel. Am Fuße des Hügels standen offenbar Shania und Sternenlicht, der sich bei diesem Wetter äußerst unwohl zu fühlen schien.

In diesem Moment hatten die Beiden die Ankunft der Gruppe bemerkt, und hechteten instinktiv ins Gebüsch, um Deckung zu suchen. Laut rufend gingen Enehy, Timothy, Namono und Anjol an der etwas sanfter abfallenden Seite des Hügels hinunter und winkten den Beiden Versprengten zu.

--- am Fuß des Hügels

Unten angekommen, bemerkte Namono im Hügel eine etwa mannshohe Öffnung, die ins Erdinnere zu führen schien. Dann war es aber auch schon vorbei mit seinen Beobachtungen, denn sie hatten Shania und Sternenlicht erreicht.

Nach der Begrüßung, die aus vielen fröhlichen Hallos und Umarmungen bestand, ging die nun wieder vereinte Gruppe in den Schutz der Höhle zurück, um sie gegenseitig über das inzwischen Erlebte aufzuklären.

--- später, in der mannshohen Höhle

Nachdem Shania von dem Ausflug ins Wasser erzählt hatte - Sternenlicht verzog alleine bei dem Gedanken daran das Gesicht und schien keine guten Erinnerungen zu haben - erzählte Timothy von dem Verschwinden Hisakis. Danach machte man sich Gedanken über das weitere Vorgehen.

Der Bajoraner konnte es immer noch nicht fassen, daß die Gruppe wieder - mit Ausnahme von Hisaki - vereinigt war und sie jetzt gemeinsam dem Holodeck entfliehen konnten. Die Planung des weiteren Vorgehens ging sehr gut voran und die früheren Differenzen waren scheinbar beseitigt; eine Tatsache die Anjol mißtrauisch werden ließ. Konnte eine Krisensituation Personen so verändern?

Unauffällig fixierte er Shania und suchte nach der winzigsten Spur eines Veränderung. Aber da war nichts! Selbst ihr Parfüm war noch sehr schwach zu riechen und der Computer hätte solche Nuancen wohl kaum einberechnet.

Oder?!

Andererseits...

'Andererseits können wir es uns nicht erlauben, uns durch Mißtrauen wieder zu trennen. Paranoia ist wohl einer meiner Grundcharakterzüge!', dachte er grimmig und verwarf seine Verschwörungstheorie wieder, während der Rest der Gruppe endgültig den Entschluß gefaßt hatte, die Nacht in der Hölle zu verbringen, um der Kälte und dem Niederschlag zu entgehen und etwas Schlaf zu finden.

Sternenlicht würde die erste Wache halten...

--- Höhle II im Berg, inzwischen

Der Sivaoaner rang mehrere Sekunden mit sich selbst, versuchte sich davon zu überzeugen, daß das Wasser keine Gefahr darstellte. Aber manchmal konnten Instinkte etwas sehr unangenehmes sein. Er faßte einen Entschluß, was blieb ihm anderes übrig, wollte er nicht für das Leben - oder den Tod - der Terranerin verantwortlich sein.

Nur zögernd neigten sich Sternenlichts Schnurrhaare nach vorne, während er in die Knie ging und Shania bei der Hand ergriff. Sein Körper begann zu zittern, als das Wasser ihn bis zur Hüfte umspülte.

Die großen Augen waren starr auf Shanias Augen gerichtet, beinahe als wären diese noch der einzige Rettungsanker, den der Sivaoaner hatte. Nicht einen Moment ließ er sie gehen, während er mit leiser, unsicherer Stimme zu sprechen begann: "Shania, ich hoffe Ihnen ist noch in Erinnerung, daß ich nicht schwimmen kann. Egal was auf der anderen Seite ist, sobald ich den Boden unter den Füssen verliere, bin ich auf Sie angewiesen - und ich kann nicht garantieren, daß ich einfach so ruhig bleibe. Es gibt da einige Dinge, die Sie noch nicht wissen." Shania setzte zu einer Antwort an, aber Sternenlicht unterbrach sie im Ansatz: "Nein, fragen Sie bitte nicht. Ich werde mein möglichstes tun, mehr ist im Moment nicht von Bedeutung."

"Mehr will ich auch nicht, Sternenlicht. Vertraue mir einfach und gehe jetzt noch so weit an die Rückwand vor, wie du noch stehen kannst", sagte Shania mit beruhigender sanfter Stimme wie man zu einem Kleinkind sprach.

"In Ordnung" antwortete Sternenlichts zittrige Stimme. Vorsichtig machte er einen Schritt nach dem anderen, zog dabei Shania - die er immer noch beinahe krampfhaft festhielt - mit sich. Er tastete sich an dem Abgrund entlang, in dem Shania schwamm, aber mehr als vier Meter von der Rückwand entfernt war der Boden zu Ende. Das Wasser reichte ihm hier schon bis zur Brust.

Sternenlicht zwang sich ruhig zu atmen, aber seine Augen konnten die Angst nicht verbergen, die seinen Geist beherrschte. "Was soll ich tun?" Sternenlichts Wahrnehmung war jetzt ganz von dem intensiven Duft des Wassers blockiert. Shanias Stimme hatte Probleme, zu seinem Verstand durchzukommen. Er verstand die Worte, brauchte aber mehrere Sekunden, um ihren Sinn zu verstehen. Er sollte ganz ruhig bleiben, vor dem Loch noch einmal tief durchatmen, da sie eine kurze Strecke Unterwasser sein würden, aber auf keinen Fall in Panik verfallen. Er würde sie damit nur in mit in den Tod ziehen.

Vermutlich war dies der Punkt, an dem Sternenlichts Geist sich fast völlig zurückzog. Mechanisch befolgte er Shanias Anweisungen. Weg war der lebensfrohe Sivaoaner, den fast nichts unterkriegen konnte, ein Roboter war geradezu hochaktiv dagegen. "Dreh dich um" ... "Laß dich langsam zurückgleiten" ... Ein Arm schloß sich um seinen Oberkörper ... Er verlor den Boden unter den Füssen ... Der Anflug an Panik erreichte seinen Geist nicht mehr, Sternenlicht schloß die Augen für einige Sekunden.

Als er sie wieder öffnete, saß er mit Sonnenstrahl auf einer Lichtung, nicht unweit von Srallansre entfernt. Sie hatten schon den ganzen Tag wild herumtollend verbracht und entspannten sich jetzt ein wenig. Sternenlichts Schweif hatte sich zärtlich um Sonnenstrahls Taille geschlossen. Sie saßen einfach nur da, genossen den Abend. Die beiden brauchten keine Worte, um ihre Gefühle für einander zum Ausdruck zu bringen.

"Sternenlicht..." Das Wort unterbrach die Stille. Eine unwirkliche Stille. Verwirrt zuckten Sternenlichts Ohren nach vorne, Sonnenstrahl hatte diese Stimme offensichtlich nicht gehört. "Sternenlicht!" Lauter diesmal, Sternenlicht blinzelte, ein, zwei Mal, dann holte ihn mit einem Schlag die Realität wieder ein.

Ein tropfnasser Pelz, Wasser überall, Felsboden unter sich, die Füße und der Schweif noch im Wasser. Ein leichtes, bläuliches Licht erhellte die Umgebung. Wasser. Boden. Hände, die seinen Kopf hielten, eine weiche Unterlage unter dem Kopf. Langsam fokussierte sich der Blick seiner Augen wieder. Ein Gesicht schälte sich aus einem verwirrenden Farbenspiel aus verschiedenen dunkelblauen Tönen. Shania...

--- Gang im Berg

"Haben wir es geschafft?" Die Stimme von Sternenlicht war leise, ungläubig. Die sonst so aktive Körpersprache des Sivaoaners zeigte bis auf das Zittern seiner Schnurrhaare keine Regung.

"Ja, haben wir. Fester Boden, kein Wasser, eine Höhle durch die wir laufen können. Wie geht es Ihnen, Sternenlicht? Sie waren mehrere Minuten bewußtlos." Besorgt musterte Shania den Sivaoaner, der noch immer wie ein Bündel Elend wirkte.

"Meinem Körper geht es gut, mein Pelz wird bald wieder trocken sein." Er richtete sich auf, zog seine Füße aus dem Wasser, und stand vorsichtig und mit Shanias Hilfe auf. Sein Kopf klärte sich bei dieser Bewegung, langsam schien die Kraft in seine Glieder zurückzukehren.

Schwungvoll schüttelte er seinen Pelz, so daß das Wasser in alle Richtungen davonstob und ein Sivaoaner mit total aufgeplustertem Pelz vor Shania stand. Erst jetzt wurde der Terranerin so richtig bewußt, wie dicht das Fell des Katzenwesens eigentlich war. Er wirkte so fast doppelt so groß wie sonst.

"Aber mein Geist, Ich fühle mich miserabel. Sie denken jetzt sicher, 'was ist das doch für ein Feigling'... Und das schlimmste ist, ich kann noch nicht einmal was dagegen sagen. Wenn ich sehe, wie gewandt Sie sich im Wasser bewegen, ist es noch beschämender." Sternenlicht schien bei diesen Sätzen mehrere Zentimeter kleiner zu werden, den Schweif nach wie vor kraftlos zu Boden hängend. Jetzt mied er Shanias Blick, der noch so kurz zuvor, sein einziger Anker in der Realität war.

Mit einem Mal wurde ihm etwas völlig anderes klar: "Ich danke Ihnen, Shania. Ich stehe in Ihrer Schuld, Sie haben mein Leben gerettet. Eine Schuld, die ich nie wirklich werde begleichen können... Aber sagen Sie mir trotzdem, wenn ich etwas für Sie tun kann, ich stehe in Ihrer Schuld."

Shania lächelte ihn an und strich sich ein paar klatschnasse Strähnen aus der Stirn. "Na, daß ich niemand da drin allein zurück lasse, das versteht sich ja wohl von selbst. Aber wenn es hier schon eine Schuld zu begleichen gibt, dann sollte man sie auch begleichen. - Also ich heiße Shania und du heißt Sternenlicht. Laß uns das dumme Sie vergessen. Immerhin schweißt so ein Abenteuer unheimlich zusammen.

Außerdem halte ich dich nicht für einen Feigling sondern für eine sehr starke Persönlichkeit, die halt einfach Angst vorm Wasser hat. So was kann vorkommen. Einfach aus dem Grund, weil es wohl kein Wesen im ganzen Universum gibt, daß perfekt ist."

Ihrem strahlenden Lächeln konnte sich Sternenlicht nicht entziehen und er ergriff fast behutsam, die Hand, die sie ihm reichte. Dabei hatte er Samtpfoten, obwohl sie wußte, daß seine Krallen lang und scharf waren. Seine Ohren richteten sich schlagartig leicht nach vorn, ebenso wie seine Schnurrbarthaare, die sanft vibrierten, was Shania als eine beinahe liebenswerte Geste des Sivaoaners deutete.

"Dann wollen wir mal zusehen wie wir hier rauskommen. Ich denke, wir sind als Team nicht zu verachten und eine ernst zu nehmende Gefahr für Mylady Computer. Aber vorerst werd ich mich noch ein wenig trocknen... Ich habe keine Lust ihr eine Chance zu geben mir eine Lungenentzündung anzuhängen und die Reise... auf der... Krankenstation... zu.. verbringen."

Während ihrer Worte hatte sich Shania ihre Kleidung bis auf BH und Höschen ausgezogen und wrang sie aus. Bäche von Wasser liefen über den Boden und verschwanden in kleinen feinen Ritzen im Boden. Für einen Moment fragte sich Shania wo sie wohl mündeten. Dann dachte sie daran, daß alles nur ein Hologramm war und sie wahrscheinlich einfach in der Ritze aufhörten zu existieren. Dabei fiel ihr auf, das diese Höhle bedeutend heller wirkte als die andere. Von irgendwoher schien etwas Licht die Höhle zu erhellen.

Als Shania wieder von ihrer Arbeit aufsah, bemerkte sie, daß sich Sternenlicht inzwischen diskret umgedreht hatte. Sie lächelte milde und kleidete sich wieder an. Ihr Gesicht sprach dabei Bände, daß sie nichts mehr haßte, als diese Kleidung am Körper tragen zu müssen. Hatte die Kleidung vorher nur so getrieft, so war sie jetzt nur mehr kalt und unangenehm feucht.

Dann trat sie neben Sternenlicht und sah sich um. "Wenn ich ein Ausgang wäre, dann würde ich mich da vorn verstecken... Es scheint da ein wenig heller zu sein." Fragend blickte sie Sternenlicht an, der zustimmend nickte und so setzten sie sich in Bewegung. Der Weg ging ziemlich steil bergauf und Shania fragte sich instinktiv, wann sie bei diesem Tempo und diesem Anstieg wohl unterirdisch den Gipfel oder eine Sackgasse erreichen würden.

Fast gleichzeitig hielten sie nach ein paar Schritten für einen Moment inne. Ihre Blicke begegneten sich und Shania war sich sicher, daß sie sich nicht getäuscht hatte und ihr geschärftes Gehör im gleichen Moment wie der Sivaoaner die Stimmen ebenfalls vernommen hatte...

Beide beschleunigten ihren Lauf, wobei Shanias Kleidung wie eine Schneerüstung auf ihrem Körper lag. Sie hatte trotz ihrer guten Kondition Mühe mit Sternenlicht Schritt zu halten, der wieder Herr über jede Faser seines Körpers war. Außerdem ging ihr durch das ständige bergauf langsam die Puste aus.

Endlich näherten sie sich einer Kurve im Gang und bogen um die Ecke.

Da waren sie!

"Namono! Anjol! Enehy! Timothy!", rief die Amerikanerin verzückt aus und hielt auf die kleine Gruppe zu, die beim Höhlenausgang um ein Lagerfeuer saß, sich bis dahin die Hände gewärmt hatte und nun ebenfalls freudig aufsprang. Deutlich konnte sie ihre strahlenden Gesichter erkennen, die sich aus der Dunkelheit des Ganges hervorschälten.

"Ich bin so froh euch zu sehen", rief sie ihnen zu.

--- Höhlenausgang

"Und wir erst. Shania, ich hab dich so schrecklich vermißt! Wir dachten ihr seid..." Enehy fiel Shania vor Freude schluchzend um den Hals und diese freute sich im Moment wirklich sie zu sehen. Auch wenn sie vor kurzem erst gestritten hatten. Ebenso wie die anderen drei. Auch, wenn Namono...

Drei? "Sagt mal wo habt ihr Kuzhumo gelassen?" Das betroffene Schweigen und Enehy, die das Gesicht wortlos zu Boden wandte und unwissend mit den Schultern zuckte, waren Antwort genug.

Das Spiel hatte also ein weiteres Opfer verlangt...

Verblüfft war Sternenlicht am Ausgang der Höhle stehengeblieben. Er hatte nicht damit gerechnet, jetzt die anderen zu finden. Nicht das Paranoia zu den ausgebildeteren Charakterzügen Sternenlichts gehören würde. Schweigsam ging er zum Lagerfeuer, plusterte erneut seinen Pelz auf und begann sich zu wärmen.

Das Wasser hatte ihn doch mehr in Mitleidenschaft gezogen, als er es zugeben wollte. Seine Nase war so ziemlich dicht, und es würde auch noch eine Weile gehen, bis sie sich wieder erholt haben würde. Im Moment war der einzige vorherrschende Geruch derjenige des Wassers, daß in seine Nase eingedrungen war. Er haßte Wasser...

Die beiden Gruppenhälften begannen sich gegenseitig ihre Geschichte zu erzählen. Namonos Blick schien ein wenig unfreundlicher zu werden, als er feststellte, daß Shania und Sternenlicht mittlerweile auf dem "Du" gelandet waren.

Nachdem Anjol die Ereignisse nach dem Felsschlag geschildert hatte, begann Sternenlicht in einer verblüffenden Detailtreue zu erzählen, wie es geschah, daß er und Shania aus dieser Höhle kamen:

"Wir gingen also den Bergweg hinauf, die Gruppe war sich nach wie vor nicht einig. Von Verärgerung bis zur Verwirrung waren viele Nuancen zu riechen. Shania und ich gingen den Berg hinauf, während ich mein Gedächtnis nach Hinweisen durchsuchte, schien auch Shania ein wenig nervös zu sein, was in Anbetracht der Dämmerung, des steinigen Weges ...."

Immer wieder verblüffte der Sivaoaner die Gruppe mit Details, an die sich keiner so richtig erinnern konnte. Mit einer Ausnahme: Den Tauchgang handelte er mit "Ich ging ins Wasser und tauchte mit Shanias Hilfe durch die Höhle" ab. Rund zwanzig Minuten später war Sternenlicht mit seiner Schilderung fertig, die jeder Trideo-Aufnahme Ehre gemacht hätte.

"Was unser weiteres Vorgehen betrifft, so bin ich mir noch immer nicht ganz im Klaren, was wir tun sollen. Meiner Meinung nach arbeiten wir gegen eine eifersüchtige künstliche Intelligenz. Und dies ist eine sehr gefährliche, weil unberechenbare Kombination.

Die ständigen Entführungen deuten darauf hin, daß unsere Computerlady dazu noch einsam ist. Die Frage die wir uns meiner Meinung nach stellen müssen, ist, wie man einer Künstlichen Intelligenz einen 'Partner' verschafft. Irgendwelche Ideen?"

--- in der mannshohen Höhle, inzwischen

Einer nach dem anderen legten sie sich auf den Boden und versuchte es sich so gemütlich wie möglich zu machen. Doch Timothy war zu aufgedreht um jetzt zu schlafen und setzte sich neben Sternenlicht um ihm Gesellschaft zu leisten.

Beide unterhielten sich über das Geschehene, doch schon nach ein paar Minuten stand Timothy auf und versuchte sich durch dämlich aussehendes Rumgehoppse warm zu halten. Er stoppte, als er Sternenlichts verdutzten Gesichtsausdruck sah.

"Ok, ich weiß, das sieht ziemlich witzig aus, aber langsam wird es mir hier zu kalt. Meine Sachen sind durchgeweicht und ich bin naß bis auf die Haut. Und so wie es aussieht, bist du nicht viel besser dran. Also werde ich jetzt da raus gehen", sagte er grimmig und zeigte in den Regen hinaus, "und werde etwas Brennholz suchen. Weil ohne ein Feuer, werden wir die Nacht wohl nicht überleben."

Mißmutig steckte Timothy die Hände in die Taschen und schritt raus aus der geschützten Höhle.

--- irgendwo außerhalb der mannshohen Höhle

Jetzt war Timothy schon mehr als 10 Minuten unterwegs und bis auf ein paar kleine Zweige hatte er nichts einigermaßen Trockenes gefunden, das man für ein Feuer verwenden konnte. Und über das Problem mit dem Entfachen des Feuers hatte er sich noch gar keine Gedanken gemacht.

Der Regen prasselte noch immer unaufhörlich auf ihn herunter und so langsam begann er wirklich daran zu zweifeln, ob er es noch mit dem Feuer schaffte, bevor er erfror.

Den Blick zu den Bäumen gerichtet, ging er weiter und übersah eine große Wurzel, die aus dem Boden hervorragte. Mit einem dumpfen Schrei ging er zu Boden. Langsam wollte er sich wieder aufrappeln, als er bemerkte, das der Boden, worauf er lag, langsam in Bewegung geriet.

Schneller und immer schneller rutschte er einen Hang hinab, schlug mit dem Kopf gegen Steine und sonstige Gegenstände und blieb nach der Rutschpartie, die ihm wie eine Ewigkeit vorkam, schwer atmend am Fuß des Hanges liegen.

--- Höhlenausgang, inzwischen

Shania ging in sich, dachte intensiv nach, während ihre Hände sich nach dem Feuer ausstreckten und sich ihr Blick in dem Flammen verlor. Nach allem was sie bisher mit dem Computer erlebt hatte, lag es auf der Hand, daß die künstliche Intelligenz des Computers einen starken Hang zur Männerwelt entwickelt hatte. Einen zu starken für Shanias Geschmack.

Zwar war ihr das schon seit langer Zeit aufgefallen. Aber irgendwie hatte sie diese Macke des Computers als witzig abgetan, statt darüber nachzudenken wie weitreichend sie wirklich war. Nun war es zu spät den Fehler zu erkennen und noch etwas rückgängig zu machen, bevor es derartige Ausmaße annahm.

Ein Mann für den Computer zu finden... was für eine Aufgabe.

"Anjol auf keinen Fall!", ereiferte sich Enehy und fiel ihm theatralisch um den Hals. "Er ist mein Freund und überhaupt soll sie sich einen anderen suchen. Alle anderen sind noch frei. Vielleicht bis auf Namono..." Wieder sah Enehy zwischen Shania und Namono hin und her, als wollte sie etwas in Erfahrung bringen.

In der Amerikanerin machte sich ein Gefühl breit, daß irgend etwas nicht stimmte, aber es war nur ein Gefühl und hatte keinen erkennbaren Grund.

Namono bleckte seine schneeweißen Zähne und meinte: "Ich weiß ja nicht was für einen Geschmack unsere Frau Computer aufzuweisen hat, aber ich würde ihr sehr gerne Gesellschaft leisten, wenn sie dafür die anderen gehen läßt." Sein Leuchten schien intensiver zu sein, als bisher.

Gerade hub Timothy Hexton zu reden an, als plötzlich ein Hilferuf von draußen die Stille durchbrach...

--- vor dem Höhlenausgang, zur gleichen Zeit

Timothy atmete kurz auf, als er bemerkte, das er nicht mehr den Hang hinab rutschte. Er öffnete die Augen und erkannte verschwommen den Schein von einem Feuer. Mühsam stemmte er sich in eine sitzende Position hoch und rief so laut er konnte: "HILFE, kann mir mal jemand helfen!"

--- beim Höhleneingang

Bei der Stimme machte in Shania etwas "Klick", aber bevor sie noch darüber nachdenken konnte, geriet die Gruppe in Bewegung. Ihre Mienen schienen sich schlagartig zu verfinstern.

Dann ergriff plötzlich wieder Enehy das Wort: "Für meine Ohren hört sich das weder nach dem Japaner noch nach der Trill an. Wir sollten einfach von hier verschwinden. Wer weiß, was sie wieder mit uns vorhat. Ich habe keine Lust als Nächster zu verschwinden." Damit stand sie auch schon auf und zog Anjol wie einen Schoßhund hinter sich her. Dieser ließ es sich gefallen und schickte sich an, sich ihrem Willen zu beugen.

Auch Namono und Hexton schienen der Ansicht zu sein, sofort aufzubrechen und sich nicht länger in die Irre führen zu lassen. Jedenfalls erhoben sie sich auch von ihren Plätzen.

Timothy meinte nach kurzem Überlegen: "Sie sagte ja, wenn wir von unserem Weg abweichen, dann werden wir bestraft. Ich weiß ja nicht wie es euch geht, aber ich habe keine Lust auf eine Bestrafung. Alles was ich möchte, ist heil hier rauskommen und dann diesem Schiff den Rücken kehren."

Abwartend sahen die vier zu Sternenlicht und Shania, während Shania wiederum fragend Sternenlicht ansah: "Und was meinst du? - Sollen wir beide nachsehen oder einfach weitergehen? Allein laß ich dich jedenfalls nicht da rausgehen, damit du einfach verschwindest. Aber ich muß zugeben, daß ich auch nicht sehr erbaut darüber wäre hier schlafen zu müssen..."

--- in der mannshohen Höhle, inzwischen

Von einem Traum gefesselt, schlief der Bajoraner auf dem kargen Felsboden, während sich Enehy in seinen Armen an ihn kuschelte. Die Nacht war ziemlich kalt und die Hölle bot kaum Schutz gegen den frischen Wind, aber ineinander verschlungen, hielten sich die beiden gegenseitig warm und speicherten die Energie.

In Anjols Unterbewußtsein reflektierten sich gerade die Ereignisse des vergangen Tages und die Xenexianerin an seiner Seite spielte darin eine große Rolle: Innig hielten sich beide auf einer grünen Wiese in den Armen und ihre Lippen berührten sich leidenschaftlich...

"HILFE, kann mir mal jemand helfen!"

In diesem Moment schlug Anjol die Augen und seine Ohren horchten nach dem kleinsten Geräusch. Irgend etwas hatte er gehört und es hatte ihn aus dem Traum geworfen, aber er war sich nicht sicher, was es gewesen war. Auf jeden Fall sollte der Verursacher einen guten Grund haben - immerhin war der Traum gerade sehr erotisch geworden!

Mittlerweile hatten sich auch seine Augen wieder an die Dunkelheit gewöhnt und ohne seinen restlichen Körper zu bewegen, tastete er die Höhle ab: Alles schien normal und Sternenlicht stand mit entspanntem Schweif nahe des Einganges der Höhle und betrachtete auch weiterhin den Regen.

'Hmmmm, aber irgend etwas fehlt...', überlegte der Bajoraner grimmig, bis sich seine Augen plötzlich weiteten und ein Name in seinem Geist auftauchte. "Verdammt; Hexton!", fluchte er leise und in diesem Moment drehte sich Sternenlicht zu ihm um. Scheinbar hatte er den Bajoraner gehört und kam jetzt auf ihn zu, während dieser sich vorsichtig aus Enehys Umarmung löste, um sie nicht aufzuwecken.

"Wo verdammt ist Hexton?", fragte er den Sivaoaner direkt und die Augen des Katzenwesens funkelten etwas beschwichtigend auf, wegen des scharfen Tonfalls.

"Er ist nur Feuerholz holen gegangen und kommt sicher bald zurück", gab Sternenlicht zur Antwort und Anjol hätte ihm nur zu gerne einen Schlag verpaßt. 'Wie konnte er nur zulassen, daß die Gruppe sich trennt? Wofür hält er eigentlich Wache?!'

Anjols Faust ballte sich zusammen, aber er hatte jetzt besseres zu tun, als sich mit dem Katzenvieh zu schlagen: Immerhin war ein weiteres Mitglied der Gruppe wahrscheinlich verschwunden oder würde es bald tun und am Liebsten wäre er sofort hinterhergelaufen um ihn zu suchen, aber er machte sich bewußt, daß er dann das nächste Opfer wäre und dies keinem weiterhelfen würde.

Mit hoher Wahrscheinlichkeit konnten sie Hexton keine Hilfe mehr leisten, aber er beschloß dennoch die Gruppe zu wecken und Sternenlicht genau im Auge zu behalten...

--- irgendwo im Wald

Langsam öffnete Kuzhumo seine Augen und schaute sich verblüfft um. Wo war er? Rings um ihn standen dicht an dicht Bäume. In keinster Weise war dieser Wald dem Schreckensszenario auf dem Weg zum Berg ähnlich.

'Ich wurde also auch entführt...', dachte der Japaner. Als er sich aufsetzte, verspürte er ein leichtes Schädelbrummen. Wahrscheinlich die Folge der Entführung durch den Computer. Als er sich weiter umschaute, entdeckte er einen Weg, der aus dem Wald zu führen schien.

Bevor er sich aber überstürzt auf dem Weg machte, faßte Hisaki erst einmal alles zusammen, was er wußte. Sie hatten es mit einem 'allmächtigen' Gegner zu tun, wahrscheinlich der Computer. Dieser splitterte immer weiter die Gruppe.

Auch zeigte er immer den Weg voraus, den man gehen sollte. Alles war einfach ein ablaufendes Programm, das nach einem bestimmten Schema ablaufen sollte. Was konnte man dann dagegen tun?

'Nichts!', dieses Wort kam dem Japaner einer Erleuchtung gleich. Der Computer hatte eine gewisse Absicht, wollte augenscheinlich Aufmerksamkeit, oder Unterhaltung. Diese würde ihm der Japaner verweigern.

Fakt war, daß der Gegenspieler ihm nichts zuleide getan hat. Auch das Szenario mit dem abstürzenden Felsbrocken, Kuzhumos letzte Erinnerung, war wahrscheinlich nur ein Ablenkungsmanöver, um Reaktionen hervorzurufen. Direkten Schaden hatten sie wahrscheinlich vorerst nicht zu befürchten.

'Wenn ich nichts mache, wird der Computer mich reizen wollen und seine Ressourcen aufwenden um mich zu provozieren. Bei so vielen Leuten soviel Umgebung voneinander abgeschirmt...', der Japaner rief alles ab, was er über Holodecktechnologie wußte.

Wenn man davon ausging, daß dieser Felsbrocken nur ein Schachzug war um Shania und Sternenlicht abzutrennen, gab es mindesten 4 verschiedene Schauplätze. Das Holodeck war nicht groß und diese Schauplätze mußten voneinander immer getrennt bleiben.

'Das alles muß sehr viel Rechenzeit in Anspruch nehmen, Martengh wird das irgendwann bestimmt bemerken!', denn das Einzige auf das sich der Japaner hier verließ war die Paranoia des Sicherheitschefskollegen.

Die Taktik war für Kuzhumo nun klar. ER mußte den COMPUTER provozieren! Mit seiner ihm eigenen Ruhe stand er langsam auf. Sein Gegenspieler reagierte schon und ließ irgendwelche Holowölfe hinter ihm heulen.

Aber das konnte ihm keine Angst machen. Als er stand, legte er all seine Ruhe in seine Stimme und formulierte nur ein kristallklares Wort.

"Nein."

--- Höhlenausgang, inzwischen

Sternenlicht war verblüfft. Mehr als verblüfft. Seine Nase mochte zwar ein wenig angeschlagen sein, aber sein Gehör funktionierte noch einwandfrei. Wie konnte die gleiche Stimme um Hilfe schreien, wenn ...

Fieberhaft arbeitete das phänomenale Gedächtnis des Sivaoaners. Die Stimmen waren fast identisch, aber nur fast. Das Timbre war unterschiedlich, die Artikulation eine andere.

Er zog prüfend die Luft durch die Nase ein - ja, da war sie: Shania konnte er ohne Problem erkennen, aber die Gerüche der anderen hatten sich verändert. Sie waren ebenfalls klar unterscheidbar - und doch auch recht ähnlich. So ähnlich wie sich synthetisch erzeugte Gerüche meistens waren. Die Facetten, die diese Menschen normalerweise unterschieden, waren nicht mehr zu erkennen.

Normalerweise wäre das Sternenlicht gar nicht aufgefallen, wäre da nicht der Hilferuf des zweiten... nein, des echten Timothys gewesen. Schon weil Sternenlicht in der Regel mehrere Tage ständigen Kontaktes brauchte, um einen Menschen anhand seiner Bewegungen, seiner Gerüche, seiner Geräusche einordnen zu können. Hier, in dieser künstlichen Welt, fügten sich aber sämtliche Puzzelstücke zusammen. Hologramme blieben Hologramme, daran konnten bis jetzt auch die besten Simulationen, die der Sivaoaner kannte, nichts ändern.

Erneut konnte Shania beobachten, wie sich der so harmlos ausschauende Sivaoaner innerhalb von Sekundenbruchteilen in ein gefährliches Raubtier verwandelte: Ein Brüllen erschütterte die Umgebung, während er gleichzeitig mit seiner linken Pfote Timothy einen Schlag versetzte, der ihn mehrere Meter zurückwarf und regungslos liegen ließ. Sternenlichts angeborene Reaktionen ließen selbst dem computergesteuerten Timothy nicht die geringste Chance zur Reaktion.

Fauchend sagte Sternenlicht zu Shania: "Die hier sind nicht echt. Ihre Bewegungen, ihre Stimmen, ihr Geruch - nichts paßt zu den Leuten die ich kenne. Die Stimme, die eu eben hörtest - das ist der echte Timothy, dieser hier ist bestenfalls eine billige Kopie."

Diesmal hatte die Verwandlung des Sivaoaners Shania überrascht und sie hatte erschrocken mit angesehen, wie Sternenlicht dem armen Timothy ohne jeden ersichtlichen Grund einen so heftigen Schlag versetzt hatte, daß dieser weggeschleudert wurde und nicht mehr aufstand.

Instinktiv hatte sie eingreifen wollen und ihm in den Arm fallen wollen um das Schlimmste zu verhindern. Aber sie hatte es einfach nicht getan, weil sie dem Sivaoaner vertraute wie sonst keinem hier.

Sternenlichts Erklärung klang einleuchtend und sie glaubte auch an seinen guten Geruchssinn, trotzdem fürchtete sie, daß ihnen ein fataler Fehler unterlaufen könnte. Es mußte ein Leichtes für den Computer sein, sie gegeneinander auszuspielen. Vielleicht tat er es schon, vielleicht machte er es gerade...

Jetzt.

Wieder erinnerte sich Shania an das Rufen kurz zuvor. Es hatte ihr deshalb so seltsam geklungen, weil die Stimme sie an Hexton erinnert hatte und er schien in Gefahr zu sein. Es konnte eine Falle sein, aber wenn nicht, konnte ihm etwas Ernstes zugestoßen sein und er brauchte wirklich dringend Hilfe.

Ohne noch länger nachzudenken was nun stimmte, hörte Shania das Gefühl in ihrem Bauch und sie rannte zu der Stelle von der sie den Ruf gehört hatten.

--- vor dem Höhlenausgang

Ohne Zweifel.

Das Häufchen Elend, daß bis auf die Knochen durchnäßt und über und über voll erdigem feuchten Schlamm war, war Timothy Hexton. Ziemlich jämmerlich und vor allem sehr verwirrt sah er zu ihr hoch, während der Regen unaufhörlich weiter auf sie plätscherte.

'Dabei war ich grad so schön trocken', dachte Shania innerlich aufseufzend und ging neben ihm in die Hocke. Anscheinend hatte er etwas übertrieben, als er laut um Hilfe rief. Nach außen hin, schien er jedenfalls völlig okay zu sein und höchstens einen kleinen Schock erlitten zu haben.

"Ist Ihnen etwas passiert? Haben Sie irgendwo Schmerzen? - Und wo kommen Sie überhaupt her?"

Fragend starrte sie ihn an.

Langsam klärte sich sein Blick und Timothy merkte, daß sich jemand über ihn gebeugt hatte. Schnell versuchte er das Gesicht zu fixieren und erkannte kurz darauf Shania, die ihn mit sorgenvollem Blick anschaute.

"Was... wie ... wo", stammelte er und versuchte sich aufzurichten, was seine Schulter mit starken Schmerzen quittierte. Mit einem Stöhnen ließ er sich wieder zurück in den Schlamm fallen.

"Au, ich glaube die Schulter sollte ich nicht zu viel bewegen", sagte er und richtete seinen Blick wieder auf Shania. "Was soll denn diese dämliche Frage mit dem - Wo kommen Sie denn überhaupt her - ?", äffte er sie nach. "Das müßte ich Sie eigentlich fragen. Warum sind Sie nicht wie die anderen in der Höhle?"

Fragend schaute Shania auf ihn herab.

"Ich wollte nur kurz Feuerholz holen", setzte er wieder an. "ich dachte ihr anderen; bis auf Sternenlicht würdet schlafen?"

"Wir würden...was?" Verwirrt schaute Shania, die sich inzwischen wieder aufgerichtet hatte, Hexton an und verstand nicht so recht, was er ihr damit hatte sagen wollte. Immerhin wollte niemand der Gruppe auch nur ansatzweise schlafen. Jetzt war auch nicht der geeignete Zeitpunkt für so eine unsinnige Aktion, die sie schutzlos dem Computer auslieferte.

Sternenlichts und ihr Blick trafen sich. Sie wollte gerade sagen, daß Hexton wohl durch einen Sturz oder etwas das ihn zu diesem Schlammbad angeregt haben könnte, geistig verwirrt war, als ihr schlagartig etwas einfiel, daß sie bisher erfolgreich aus ihrem Denken verdrängt hatte.

Die Gruppe!

Sie war nicht echt!

"Verdammt", entfuhr es Shania und die Muskeln ihres Körpers spannten sich unwillkürlich an, als würde sie annehmen, daß ihnen gleich jemand nach draußen folgen würde. Doch nichts dergleichen geschah.

Wachsam warf sie einen Blick zurück, doch es kam nicht nur niemand, sondern sogar der schwache Schein des Feuers war plötzlich nicht mehr zu sehen. Es war als hätte jemand das ganze Szenario verschwinden lassen. Der Höhleneingang existierte nicht mehr. Blankes von der Witterung ausgezehrtes Gestein sah ihr entgegen. Fast neugierig, als würde es die drei Leute beobachten.

Neu hingegen, waren die zwei Eingänge in den Berg daneben, die komischerweise irgendwo von weiter hinten beleuchtet zu werden schienen. Von Fackeln, wenn Shania dem zuckenden schwachen Schein Glauben schenken konnte.

"Keine Zeit für lange Fragen. Sternenlicht und ich haben die Gruppe seit dem Sturz in die Höhle im Boden nicht mehr wieder gesehen. Egal, was Sie zu sehen geglaubt haben. - Wo sind die anderen? Sie sind in großer Gefahr!", schärfte Shania dem noch immer ungläubig aus der Wäsche schauenden Timothy Hexton ein.

Inzwischen schlang sich Sternenlichts Schweif um Teggers Taille und half dem Navigator wie eine Feder auf die Beine, während dieser mit einem schmerzhaften Stöhnen zu Stehen kam und sich seine Schulter hielt. Er sah nicht gerade danach aus, als ob er ihnen wesentlich bei der Lösung des Problems behilflich sein konnte. Trotzdem brauchten sie seine Hilfe.

"Wo sind sie?", wiederholte Shania noch einmal, eine Spur leiser und fast drohend.

--- Irgendwo

Namono lief.

Es war dunkel und kalt, und er kam kaum von der Stelle.

ES verfolgte ihm.

ES kam immer näher.

Namono wollte schreien, aber seine Kehle war wie zugeschnürt.

Er konnte schon den kalten Atem in seinem Nacken spüren, als ES ihn an der Schulter packte.

--- in der mannshohen Höhle, inzwischen

Mit schreckgeweiteten Augen blickte Namono in Anjols Gesicht und keuchte vor Anstrengung.

Langsam wurde ihm klar, daß er geträumt hatte, und er beruhigte sich ein wenig, um sich anschließend sofort wieder zu entruhigen.

Es war noch immer dunkel, und für einen simplen Wachwechsel waren definitiv zu viele Leute wach. "Was ist los? Schon wieder jemand verschwunden?"

Die Schleier vor seinen Augen und die vorherrschende Dunkelheit verhinderten, daß Namono erkennen konnte, wie viele Leute noch anwesend waren. Enehy konnte er erkennen, sie war also noch nicht verschwunden.

Fragend blickte er um sich, und dabei fiel ihm auf , daß er den Andorianer nirgends sehen konnte.

"Hexton?", fragte er. "Wie ist es passiert?"

"Laut Sternenlicht ist er alleine Holz holen gegangen und sollte eigentlich längst zurück sein", antwortete Anjol mit starrer Mine und sein düsterer Blick zum Sivaoaner zeigte, daß er dessen Handeln auch weiterhin scharf mißbilligte.

Das Funkeln in den bajoranischen Augen entging dem Katzenwesen natürlich nicht, aber Anjol musterte es auch weiterhin von oben bis unten. 'Irgend etwas stimmt mit dem Fellball nicht!', rekapitulierte er zum x-ten Mal und ärgerte sich, daß ihm eine konkrete Idee fehlte.

Das Gefühl in Anjol würde immer stärker und insgeheim hatte er Sternenlicht nie gemocht. Er war einfach zu altklug und...haarig! Der Bajoraner konnte es nicht genau benennen, aber das Verhalten machte ihn seit dem Beginn der Simulation mißtrauisch...

"Wir werden ihn suchen müssen und zusammenbleiben, um dem Computer jede vermeidbare Chance zu nehmen, uns weiter aufzusplitten!", meinte er schließlich und in den Augen der anderen glitzerte es zustimmend.

Außer in Sternenlichts Augen.

"Ich glaube, wir sollten lieber hierbleiben; für Timothy können wir nichts mehr machen und wir sollten lieber in Sicherheit warten", warf die Katze ein und ihre Stimme hatte einen leicht panischen Unterton - als wenn es um mehr ging.

--- beim Abhang

Langsam drehte Timothy sich zu dem Abhang um, den er vorhin herunter gerollt war und sagte: "Na ich denke, daß ich wohl von da oben gekommen sein muß. So fühle ich mich wenigstens."

Mit einem schmerzverzerrten Gesicht fing er an, seine lädierte Schulter zu massieren. Gebrochen war anscheinend ja nichts. Aber trotzdem würde er sie die nächsten Tage schonen müssen. Wenn das unter diesen widrigen Umständen überhaupt zu bewerkstelligen war.

"Also, wir alle; und damit meine ich Sternenlicht, Anjol, Enehy, Shania, Namono und ich waren in diesem Höhleneingang und haben versucht zu schlafen. Doch mir war es eindeutig zu kalt und da bin ich raus und hab versucht Feuerholz zu finden."

Langsam schaute der Halb-Andorianer an sich herab und bemerkte: "Nicht sehr erfolgreich wie ich annehme. Aber egal. Ich bin also durch den Wald getigert und habe nach einigermaßen trockenem Holz gesucht. Und dann bin ich über eine Wurzel gestolpert und diesen Abhang herunter gerollt."

Mit wenig Erfolg versuchte er, mit dem gesunden Arm die großen Matschklumpen von seinen Kleidern zu bekommen. Schon nach kurzer Zeit gab er auf und fing an zu fluchen.

"Dieser dämliche Computer. Reicht es nicht, wenn er uns einzeln verschwinden läßt, nein, er muß uns auch noch gehörig einweichen", brüllte Timothy in den Regen hinaus und fing an, den Abhang hinauf zu steigen. Nach wenigen Metern hielt er inne und schaute zu Shania und Sternenlicht rüber.

"Was ist? Was guckt ihr so? Ich dachte ihr wolltet zu den anderen?", rief er ihnen zu und wartete sehnlichst auf eine schnelle Antwort.

Sternenlicht hatte sein Fell aufgeplustert um sich vor dem strömenden Regen zu schützen. Mittlerweile mit mäßigem Erfolg, denn die ständige Feuchtigkeit begann seinem Fell zusehends zu schaffen zu machen, zumal es von seinem unfreiwilligen Bad nie ganz trocken geworden war. Man konnte ihm seinen Ärger richtig ansehen, zitternde Schnurrhaare und Ohrenspitzen und ein hin- und herschlagender Schweif sprachen Bände.

"Ich will vor allem erst einmal unter Dach, noch eine halbe Stunde bei dem Wetter und ihr könnt mich mit einer Lungenentzündung in der Krankenstation abliefern. Wenn es nicht zu weit weg ist, würde ich vorschlagen uns zur anderen Gruppe zu begeben und unterzustellen, ansonsten sollten wir uns eine Höhle suchen. Ein Feuer sollte sich irgendwie entzünden lassen.

Wenn dieses akute Problem im Griff ist, können wir uns ja weiter unterhalten, was wir tun. Je früher wir die restlichen Doppelgänger entlarven, desto besser... - Wollen wir?" Er schaute Shania fragend an, während sein Schweif den Hang hinauf deutete.

Verärgert schüttelte Timothy den Kopf. 'Das darf doch nicht wahr sein. Können die sich nie entscheiden?' Langsam ließ er sich die paar Meter herunterrutschen, bis er wieder bei dieser Katze angekommen war. Schnell stand Timothy auf und schaute zwischen Shania und Sternenlicht hin und her.

"Hallo? Könnten wir uns jetzt mal entscheiden? Also ich weiß ja nicht genau, was hier gespielt wird; vor allem weiß ich nicht, was der Computer überhaupt von uns will, aber ich denke, wir sollten dieses dämliche Spiel jetzt mal beenden", rief er wütend und schaute zurück zu dem Katzenwesen.

"Was wir aber am Wenigsten brauchen ist eine verweichlichte Miezekatze, die sich über jeden zweiten Regentropfen aufregt. Mit ist auch kalt, ich bin durchnäßt bis auf die Haut. Ja und? Beschwere ich mich deswegen? NEIN. Also ich würde jetzt mal sagen wir suchen die anderen. Denn zusammen sind wir stark. Falls jemand was dagegen hat, dann soll er es jetzt sagen", sagte er, verschränkte die Arme vor der Brust und schaute Shania ungeduldig an.

Beschwichtigend legte Shania ihre Hände auf die Brust der beiden Männer und hielt sie so von einander auf Sicherheitsabstand. Das wenigste, daß sie jetzt brauchen konnten, war eher ein Streit oder ein Kampf zwischen den realen Personen hier am Holodeck.

Sie spürte starke Unruhe in Sternenlicht aufsteigen, der seine Ohren ein wenig mehr angelegt hatte und dem es sichtlich nicht behagte von dem Andorianer als verweichlichte Miezekatze angesehen zu werden. Fast konnte man annehmen, daß er mit dem echten Timothy am Liebsten das selbe tun wollte, was er kurz zuvor mit seinem Ebenbild getan hatte.

Ohne hinzusehen, wußte die Amerikanerin, daß seine Krallen weiter ausgefahren waren, als noch Sekunden zuvor. Bereit zuzuschlagen.

Sie sah Sternenlicht fest und bittend in die Augen und hoffte, daß er die stumme Botschaft darin verstehen würde: Sternenlicht, bitte nicht. Wir stehen alle unter Druck.

Daraufhin schien er tatsächlicher etwas ruhiger zu werden. Trotzdem hatte sie das Gefühl, so weit sie Sternenlicht bisher kannte, daß es nur die Ruhe vor dem Sturm war. Der Sivaoaner war ein sehr stolzes Wesen und er würde es nicht noch einmal zulassen, daß man ihn auf diese Art und Weise demütigte. Shania hoffte, daß Hexton nicht so dumm sein würde, ihn noch einmal zu provozieren. Dann konnte wohl nicht mal mehr ihr Eingreifen etwas retten.

"Wir können hier in einer Höhle bleiben, aber das wird uns nicht weiterbringen und bringt uns auch dem Ende dieses unfreiwilligen Abenteuers keinen Schritt näher. Außerdem kann es bis an unser Lebensende regnen, wenn der Computer Lust dazu hat. Also gehen wir einfach da rauf, suchen die anderen und beenden dieses Drama ein für alle mal." Die Amerikanerin schob entschlossen eine nasse Haarsträhne aus ihrer Stirn. Der Regen rann in Strömen über ihr Gesicht und durchnäßte sie bis auf die Haut. Mit Wehmut dachte sie an das wärmende Lagerfeuer von vorhin.

Was wohl der Computer damit bezweckt hatte? Wollte er wissen was für eine Art Gegner Sternenlicht darstellte, wollte er sie in eine falsche Richtung locken, war es nur ein kleines Spiel oder wollte er ihren nächsten Schritt kennen? Oder ging es um etwas ganz anderes?

Nachdenklich ließ Shania ihre Hände sinken, nachdem sie sich vergewissert hatte, daß kein Kampf zwischen den beiden Männern ausbrechen würde und machte sich daran hinauf zu klettern.

"Könnten mir die Herren ein wenig zur Hand gehen?", fragte sie, damit die Situation sich weiter entspannte und sie wieder auf ihr eigenes Ziel aufmerksam wurden. "Es ist hier verdammt rutschig..."

--- irgendwo im Wald

Wie ein Stein stand Kuzhumo inmitten eines Wolfsrudels. Sie umkreisten ihn immer und immer wieder. Knurrten, fletschten die Zähne. Er konzentrierte sich mit aller Kraft auf sein Muga.

In der japanischen Philosophie stellte Muga das innere Gleichgewicht eines Menschen dar. Ob dieses im Gleichgewicht war, hängte vor allem von seinem Ki ab, der geistigen Stärke eines Jeden.

Der Japaner stand still da. Bis jetzt war nichts besonderes passiert. Bis das nach langem Geheule dieses Rudel aufgetaucht war. In der Kreisbewegung ließen die Wölfe aber immer eine Lücke, durch die er hindurch hätte gehen können. Plötzlich löste sich eines von den Tieren aus der Gruppe und stand ihm direkt gegenüber in drei Metern Abstand, vor der Lücke.

Es sah wesentlich kräftiger aus, als sein übriges Wolfsrudel. Fast schon wie ein Werwolf aus der Terranischen Mythologie. Ohne Frage sollte dies den Anführer repräsentieren. Was sich auch bestätigte, als es zu reden anfing.

"Hast du den keine Angst, Doktorchen?", fragte der Wolf mit einer liebevollen warmen Stimme, "Ich werde dich töten, wenn du nicht parierst!"

Kuzhumo dachte nach. Der Computer ging tatsächlich auf ihn ein. Auch wenn der Sinn der Worte nicht sehr freundlich war, konnte der Japaner eventuell erreichen, daß er zurück zur Gruppe "gebracht" wurde.

"Nein ich habe keine Angst vor dir", entgegnete Kuzhumo ruhig dem Wolf, "und warum willst du mich töten? Wenn du ein Wolf wärest, hättest du mich schon getötet. Also bist du kein Wolf, sondern eine künstliche Intelligenz. Wenn du mich wirklich hättest töten oder mir schaden wollen, stände ich jetzt nicht hier."

Ruhig fuhr der Asiat fort, nachdem er seinen Worten mit einer Pause Nachdruck verlieh. "Daher willst du was von mir. Und ich frage dich: Was?"

Der Wolf schien nachzudenken. Er legte den Kopf zur Seite. Fast glaubte Kuzhumo sein Ziel erreicht zu haben und eine Diskussion eröffnet zu haben, als der Wolf plötzlich knurrte.

Und auf ihn zusprang.......

--- am Abhang, inzwischen

Timothy schüttelte entnervt den Kopf, schaute noch mal kurz zu dem Katzenwesen rüber und fing dann an, den Hang hinauf zu klettern. "Hier Shania, nimm meine Hand."

Schnell griff Shania nach der Hand während Sternenlichts Schweif sich stützend um ihre Taille schlang. Gemeinsam erklomm das Trio Meter für Meter den Hang. Sternenlicht warf mehr als einen bösen Blick zu Timothy Hexton hinüber, aber er beherrschte sich. Auch wenn seine Ohren keinen Hehl über seine Meinung von ihm machten. Fürs erste würde er den Terraner davon kommen lassen. Momentan konnten sie keine Querelen untereinander brauchen, soweit hatte Shania recht...

Mühsam kraxelten die drei weiter und langsam fing Timothy an, der Schweiß über die Stirn zu laufen. Trotz der Kälte und der Unmengen an Wasser war ihm plötzlich warm. Beinahe schon zu warm. Aber genauso gut wußte er, daß er sich dadurch ganz schnell eine Lungenentzündung einhandeln konnte. Aber das war jetzt wohl nebensächlich. Sie mußten schnell die anderen wiederfinden, bevor der Computer wieder eine neue Idee hatte, wie er die Gruppe ärgern konnte.

Sie hatten gerade die Hälfte der Strecke hinter sich gelassen, als plötzlich ein Blitz den dunklen Nachthimmel zeriß, gefolgt von einem lauten Donnergrollen.

"Na prima!", schimpfte er. "Vom Regen in die Traufe. Was kann denn jetzt noch alles kommen?" So langsam verließen ihn die Kräfte und er schlug vor, eine kurze Verschnaufpause einzulegen.

"Sagt mal, ist bei euch alles in Ordnung? Mich verlassen so langsam meine Kräfte. Haltet ihr es noch etwas durch?"

--- in der mannshohen Höhle

Namono richtete sich auf und schaute Sternenlicht an. Irgend etwas war anders. Warum sollte jetzt plötzlich ein Rettungsteam gebildet werden? Bei allen anderen hatte niemand auch nur einen Gedanken daran verschwendet.

Warum eigentlich nicht?

Und warum war Sternenlicht jetzt so vehement dagegen, eine Rettung zu versuchen? Als Shania und er verschüttet geworden waren, wäre eine Rettung durchaus möglich gewesen, auch wenn sie 'nur' ein unfreiwilliges Bad der beiden verhindert hätte.

Hm. Vielleicht lag es daran, daß die offenbar geradezu panische Angst des Katers durch das unfreiwillige Bad geschürt worden war, so daß er nun nicht einmal mehr hinaus in den Regen treten wollte.

Ein solches Verhalten fand Namono allerdings mehr als feige. Verächtlich sagte er deshalb: "Wer Angst vor der Dunkelheit hat, darf gerne weiter das Feuer bewachen."

Zu Anjol gewandt fuhr er fort: "Ich bin dafür, daß wir beide losgehen und Hexton suchen, auch wenn wir uns dabei aufsplitten. Schließlich ist eine Kette nur so stark wie ihr schwächstes Glied, und auf schwache Glieder können wir gerne verzichten."

--- irgendwo im Wald

Kuzhumo reagierte mit keiner Faser seines Körpers auf die Sprungattacke des Wolfes. Er blieb nur ruhig stehen. Mit der Gewißheit nur etwas erreichen zu können, wenn er nichts machen würde, stand der Japaner wie in Stein gemeißelt dar.

Nur noch ein paar Millimeter trennten die Nase Kuzhumos und die Schnauze des Wolfes. Dann stoppte plötzlich das riesige Tier mitten in der Bewegung und verharrte in der Luft.

Ein paar Minuten eisiger Stille vergingen, bevor der Wolf plötzlich wieder anfing zu sprechen. "Was ich wollen würde, hast du gefragt... ich will Unterhaltung. Und du bist langweilig!"

Ein, im wahrsten Sinne des Wortes, wölfisches Grinsen umspannte das gesamte Gesichtsfeld des Japaners, bevor dieser mit den Konsequenzen seines "langweilig Seins" konfrontiert wurde.

"Wenn du nicht mitspielen willst, dann müssen wir halt den Einsatz erhöhen... du selbst magst zwar so ruhig sein, aber was sagt dein ärztlicher Eid, wenn andere in Gefahr sind?"

--- am Abhang, inzwischen

Shania warf einen besorgten Blick Richtung Himmel. Ihr Gesicht wirkte durch den nächsten Blitz noch blasser und niedergeschlagener als zuvor, "Viele Möglichkeiten bleiben uns nicht. Hier am Abhang bieten wie ein hervorragendes Ziel für einen Blitz, außerdem mit jeder Zeit, die wir hier verschwenden zögern wie das Ende weiter hinaus. Falls uns nicht der Blitz umbringt, dann wird es früher oder später die Nässe tun."

Wie zur Unterstreichung ihrer Worte nieste sie leise. Sie fühlte sich viel nasser als nach dem unfreiwilligen Bad, obwohl das unmöglich war. Nur ungern preßte sie sich noch näher an den glitschigen kalten Abhang. Aber es bestand immerhin die Gefahr, daß wenn sie abrutschte, sie auch Sternenlicht mitriß. Zwar hielt sie sein Schweif eisern fest, aber ihre Größe war diesmal mehr als hinderlich.

Mit einem Blick auf den Sivaoaner wünschte sie sich ebenso gute Kletterwerkzeuge wie er zu besitzen. Seine Pfoten fanden mühelos und zielsicher Halt und wo keiner war, gruben sich seine Krallen mühelos tief in das feuchte Erdreich und fanden einen. Bewundernd sah sie ihm so oft sie konnte beim Aufstieg zu.

Verbissen kämpfte sich die Amerikanerin wieder ein kleines Stück vorwärts, während sie weiter sprach. "Und ich habe nicht vor hier alt zu werden. Entweder wir sehen endlich ein Ziel vor Augen und der Abhang hat ein Ende oder ich rühr mich hier kein Stück mehr weg. Wer weiß, ob der Abhang nicht so endlos ist, wie der Weg aus der zugeschütteten Höhle?" Ärgerlich dachte sie an den miesen Trick zurück, während sie versuchte sich mit ihrem Ärmel freie Sicht zu schaffen.

"Absolute Passivität. Ein langweiliges Spiel, wenn ich die Rechenleistung eines Computers hätte um gigantische Berechnungen in wenigen Sekunden anzustellen. Da muß warten schier endlos rüberkommen..." Wieder zog sie sich ein Stück hoch und hob anschließend den Kopf um zu sehen wie Sternenlicht vorankam, da sah sie plötzlich etwas ganz anders.

Durch den Regenschleier nicht allzu deutlich erkennbar und doch unverwechselbar.

"Das Ende der Böschung... ich kann es sehen...."

Noch im gleichen Augenblick wie Shanias verschärfte Sinne erfaßte Sternenlichts Wahrnehmung das Ende des Aufstiegs. Gesäumt von dichtem Unterholz begrenzte eine Art von Hecke das Plateau auf dem Berg. Sternenlichts Ohren nahmen einige durch das Unwetter verschleierte Stimmen wahr, die ihm teilweise sehr bekannt vorkamen.

"Wartet hier kurz, ich werde mich da oben einmal umschauen. Es muß ja nicht sein, daß wir da oben gleich wie eine Kavallerie einmarschieren." Sternenlicht ignorierte den Seitenblick von Timothy, der nicht so ganz damit einverstanden schien, daß Sternenlicht wieder versuchte, die Führung der kleinen Gruppe zu übernehmen.

Der Sivaoaner überzeugte sich mit einem routinierten Blick davon, daß Shania einen festen Stand hatte und ließ sie dann los.

Auf allen Vieren huschte das Katzenwesen zur Böschung hoch. Routiniert floß sein Körper jetzt von einem Punkt zum nächsten, ohne auch nur ein Geräusch zu verursachen. Kurz vor dem Anfang des Plateaus machte er halt, noch außer Sichtweite.

--- Am Rande des Plateaus

Seine Ohren konnten jetzt klar mehrere Stimmen unterscheiden. Da war Anjol, Namono, Enehy und eine unbekannte Stimme. Kuzhumo fehlte.

Vorsichtig schob er sich weiter nach oben, bis er ein wenig mehr sehen konnte. Schlagartig wurde ihm klar, wem die unbekannte Stimme gehörte: Keine 30 Meter von ihm entfernt diskutierte Namono mit Anjol und einem Sivaoaner - der Kopie von ihm selbst. Nur mit Mühe konnte er ein Fauchen unterdrücken. Dieses miserable Abbild würde noch früh genug seine verdiente Behandlung bekommen.

Er bewegte sich wieder ein wenig hangabwärts in Deckung und winkte die anderen beiden zu sich. Alleine würde er da oben vermutlich auf verlorenem Posten stehen - die menschliche Wahrnehmung würde sicher ziemlich Probleme haben, Original und Kopie zu unterscheiden.

--- in der mannshohen Höhle

Während Enehy sich bestätigend um den Arm des Bajoraner schlang und nur ruhig nickte, sah man so etwas wie Unbehagen im Gesicht des Sivaoaners: Sein Blick huschte immer wieder aus der Höhle und musterte einige entfernte Sträucher.

Doch so sehr sich Anjol auch anstrengte - er konnte dort leider nichts mehr erkennen. Die Wirkung des Getränks hatte offensichtlich nachgelassen und leise ärgerte sich der Bajoraner über das schlechte Timing.

'Trotzdem sollte ich dem nachgehen', nahm er sich vor, während er sich langsam von Enehy löste und sich etwas dem Ausgang näherte, um in die im Dunkeln liegende Natur zu starren. Verschwommen konnte er noch die Bewegung von einigen Ästen erkennen. Wahrscheinlich war es der Wind gewesen, aber dennoch hatte Anjol dieses Gefühl...

"Ist da jemand?", schrie er von seiner Intuition gelenkt in den nun heulenden Wind und fragte sich, ob ihn jemand da draußen hören konnte.

"Irgend etwas sagt mir, daß die anderen irgendwo da drüben sind und wir sie nur finden müssen...", begann er sein Gefühl in Worte zu fassen, als er sich umdrehte und im selben Moment nur ein schnaufendes Keuchen von Enehy und das Zischen einer Bewegung hörte.

Sofort warf er sich zur Seite, während die Krallen der Katze nur Zentimeter an ihm vorbeiglitten und er Zorn in den Augen seines Widersachers glühen sah. Aber es war nicht der Zorn von Sternenlicht...

Unvermittelt tauchte Kuzhumo mitten im Geschehen auf. Der plötzliche Ortswechsel überraschte den Japaner vollkommen, so daß er nur noch reagieren konnte und keine Zeit zum Nachdenken hatte.

Er registrierte nur noch wie das Katzenwesen mit gezogenen Krallen an Anjol vorbeizischte, den Bajoraner offensichtlich verfehlend. Mit der Frage im Hinterkopf, was im Sternenlichts Kopf wohl vor sich ging, stürzte er sich auf ihn.

Mit einer penibel genauen Schlag- und Trittkombination überraschte er den Sivaoaner und hatte ihn damit erst einmal außer Gefecht gesetzt. Reglos lag Sternenlicht auf dem Plateau.

--- am Abhang

Shania kämpfte sich inzwischen auch das letzte Stück Abhang hoch und vernahm plötzlich Kampflärm. Keinen Lärm von Schwertern, sondern das dumpfe Geräusch von Schlägen oder Tritten mit den typischen dumpfen Lauten, wie sie bei einem solchen Kampf ausgestoßen wurde.

Unwillkürlich hielt sie sofort im Klettern inne und sah Sternenlicht fragend an. Dessen Blick verhieß nichts Gutes. Sein Schnurrbart war besonders groß und sein Schweif zuckte. Was immer er auch gesehen haben mochte. Es war nicht nur etwas Positives gewesen. Hatten sie die Gruppe gefunden oder nur ein anderes Rätsel oder einen neuen Feind?

Da die anderen, wer immer es auch waren, sie ohnehin hören würden, wenn sie jetzt etwas sagte, kletterte sie einfach weiter hoch, bis sie zu stehen kam. Sternenlicht und Hexton, der wenig später ankam, taten es ihr gleich.

Nach längerer Pause erhellten plötzlich einige Blitze in Folge den fast schwarzen Himmel. Lediglich Shania leuchtete noch immer wie eine Laterne. Auch mit ein Grund warum sich die beiden Gruppen einander stellen mußten.

Und dann standen sie sich gegenüber.

Shania, Sternenlicht und Hexton und auf der anderen Seite nur wenige Meter entfernt. Anjol, Hisaki, Enehy und Namono.

Instinktiv wollte Shania schon fast befreit jubeln und zu ihnen laufen, Da plötzlich erinnerte sie sich an den Kampflärm und etwas war anders. Anders als Hexton es ihnen vorhin beschrieben hatte. Der Japaner Hisaki war bei dieser Gruppe. Aus dem Hintergrund trat nun auch eine zweite Shania nach vorne. Sie sah bestürzt aus.

Die Augen der echten Shania funkelten vor lauter Wut über die Dreistigkeit des Computers ihre Doppelgängerin weiter aufrecht zu erhalten.

"Verdammt, noch eine falsche Gruppe", zischte die große Amerikanerin wütend durch die Zähne, als sie auch noch einen falschen Sternenlicht am Boden liegen sah. "Nimmt das denn nie ein Ende?"

Kaum hatte Shania diese Worte gesprochen, als plötzlich lachend und ohne jede Vorwarnung mit einem Blitz die Klingonin wieder mitten unter ihnen auftauchte. Der Umstand lag auf der Hand, daß im Speicher des Computers eine Menge drittklassiger Holoromane lagern mußte, von denen er die Information bezog, daß dies ein eindrucksvoller und würdiger Auftritt für ihn war. Niemand überraschte es wirklich. Hier auf dem Holodeck rechnete jeder mit allem.

"Ich sehe, meine Szenerie gefällt euch nicht. Nun mir gefällt sie auch nicht. Ich bin es langsam leid mir immer nur Ausreden und Ausflüchte anzuhören, wenn ich möchte, daß ihr kämpft und euer Können unter Beweis stellt." Wütend schritt die Klingonin durch die Reihen. Nur das Knacken ihrer ledernen Uniform war zu hören. Niemand erhob eine Hand gegen sie. Es hatte keinen Sinn mit ihr zu kämpfen. Sie war wie alles andere nur eine Täuschung. Dem richtigen Computer konnten sie damit nichts anhaben.

Ohne auf eine Reaktion der anderen zu warten, fuhr sie mit ihren Ausführungen fort: "Das Sicherheitsprotokoll ist deaktiviert und wenn es euer Wille ist hier und heute zu sterben und ausgelöscht zu werden wie ein lästiger kleiner Computervirus, dann bin ich gerne bereit diese Aufgabe für euch zu übernehmen." Ihr Augen waren nicht mehr braun sondern wirkten schwarz und todbringend. Besonders böse funkelte sie dabei die Männer an, die ihr die ganze Zeit schon keine besondere Aufmerksamkeit schenkten.

Wie der Japaner, der sich sträubte das Spiel nach ihren Regen zu spielen. Oder der Andorianer, der nichts weiter zu tun hatte, als ihre Pläne zu durchkreuzen. Oder der Massai, der eine wirkliche Enttäuschung darstellte und höchstens mal Shania einen Blick zugeworfen hatte. Aber am Schlimmsten war sie auf den Bajoraner wütend, der nichts weiter zu tun hatte, als mit diesem rothaarigen Weib Händchen zu halten. Dabei hatte diese nicht die geringste Klasse. Keine enormen rechnerischen Kapazitäten, keine jahrelange Erfahrung mit dem Verwöhnen von Männern und auch nicht die Möglichkeiten einen Mann glücklich zu machen.

"Es war euer Wunsch ein Spiel zu spielen. Ihr seid damit zu mir gekommen, weil euer Leben davor zu langweilig und eintönig war. Ich habe es euch geschenkt und nach euren Wünschen kreiert, doch ihr mißachtet ständig die Regeln und seid nicht zufrieden mit dem was ich euch geschenkt habe. Statt dessen beklagt ihr euch ständig. - Ihr wollt das Ende des Spiels? Gut, ihr sollt es haben.

Löst das große Rätsel! Aber zuerst... überwindet euch selbst!"

Mit einem Mal zerriß ein derart greller Blitz die Finsternis, daß alle geblendet die Augen schließen mußten. Sie hörten noch das Lachen der computergenerierten Lady und dann war es mit einem Mal still. Als sie die Augen wieder öffneten und die momentane Blindheit nachließ, waren sie nicht mehr allein.

Sie standen mit einem Mal in einer ganz anderen Formation da, als kurz vor dem Blitz. Auch war es jetzt heller Tag. Das erste Mal konnten sie wirklich ihr Umgebung erkennen. Es war besser als die ständige Dunkelheit und der Regen, der endlich aufgehört hatte.

Und doch freute sich niemand über den Wetterumschwung und den plötzlichen "Tagesanbruch". Denn neben jeder Person stand die gleiche Person ein zweites Mal.

Was war Realität, was Fiktion?

Alle spannten sich an. Die Originale und die Kopien.

Jedes Original wußte nur von sich selbst, daß es echt war.

"Ich kann riechen, wer falsch ist", meinte Sternenlicht und hob drohend seine krallenbewährten Pfote. "Ich habe es schon einmal getan und werde es wieder tun. Mein Geruchssinn findet den feinen Unterschied. Er läßt sich nicht täuschen." Seine Stimme grollte warnend in Richtung des anderen Sivaoaners. Die Muskelstränge unter dem Fell traten deutlich hervor. Er war zum Kampf bereit und würde bis zum Äußersten gehen.

"ICH habe das schon einmal getan. Und es ist kein Wunder, wenn es auch zu deinen Fähigkeiten zählt. Bist du nicht nach meinem Ebenbild erschaffen worden?", fragte da der andere Sivaoaner und sein Rückenfell sträubte sich drohend. Außerdem fauchte er leise und sehr gereizt, während seine Ohren angelegt waren.

Irritiert sahen die anderen zwischen den beiden rivalisierenden Raubkatzen hin und her, die bereits in die Knie gegangen waren und begannen einander abwägend zu umrundeten ohne sich gegenseitig auch nur für den Bruchteil einer Sekunde aus den Augen zu lassen.

Shania kannte Sternenlicht nun schon eine ganze Weile und sie waren sich im Laufe der Zeit durch die Geschehnisse hier auf dem Holodeck, ziemlich nahe gekommen, aber auch sie wußte nicht zu unterscheiden, wer von beiden "echter" war.

"Der Weise vermeidet einen Kampf und benutzt seine Weisheit um den Kampf für sich zu entscheiden", meldete sich nun der alte Japaner mit einer seiner fernöstlichen Weisheiten zu Wort. Nichts desto trotz stand er ebenso in Kampfhaltung da wie sein 'Spiegelbild'.

Doch sein Gegenüber war um keine Antwort verlegen: "Aber es gibt auch Zeiten wo der Weise kämpfen muß, damit das Licht der Wahrheit den Schatten der Dunkelheit verdrängen kann."

Selbst die Andorianer konnte man nicht von einander unterscheiden. Sie waren beide gleich naß und dreckig. Sogar ihre Gesichtsausdrücke schienen vollkommen identisch zu sein. Die Bajoraner waren in Abwehrhaltung gegangen und bereit sich zu verteidigen, während die beiden Enehys scheinbar verunsichert und mit einem bangen Auge auf die beiden Anjol daneben standen.

"Was sollen wir bloß tun?", jammerte eine Enehy leise und blickte furchtsam zu den beiden Männern ihres Herzens, in der Hoffnung doch einen Unterschied zwischen ihnen zu entdecken. "Anjol, ich, weiß nicht welcher von beiden du bist. Gib mir doch ein Zeichen."

"Ich habe solche Angst um dich, Anjol", meinte nun auch die zweite und war hin- und hergerissen. "Und auch um Shania", fügte sie nach kurzem Zögern hinzu und errötete dabei leicht, weil sie sie anscheinend fast vergessen hatte. Dann sahen sich beide Rothaarigen an und traten einen Schritt von einander weg.

Da meldete sich Namono zu Wort, der bisher ruhig geschwiegen hatte: "Selbst eine schwere Tür hat nur einen kleinen Schlüssel nötig." Anscheinend sollte dieses Sprichwort der Xenexianerin Mut machen, daß sie es schaffen würden.

"Es ist die Hoffnung, die den Schiffbrüchigen mitten im Meer veranlaßt, mit seinen Armen zu rudern, obwohl kein Land in Sicht ist", meinte daraufhin der andere Navigator um keinen Spruch verlegener. Worauf hin sich beide mit Blicken maßen.

"Hört auf, ich kann das nicht mehr hören", sagte Shania um dem Ganzen ein Ende zu setzen. Immerhin kamen sie so keinen Schritt weiter. "Es muß sich doch eine Möglichkeit finden lassen die Originale von den Kopien zu unterscheiden. Sie könnten doch nicht 100 prozentig gleich sein. Das ist doch unmöglich!"

"Auch wenn sie nur ein Hologramm ist, aber sie hat recht. Wir können doch nicht erst bei einem Kampf entscheiden, wer von uns sich in Luft auflöst und wer stirbt", meinte nun auch die andere Shania. "Wir müssen einen Weg finden das Ganze zu beenden." Woraufhin sich die beiden Frauen mit Blicken zu töten schienen. Beide ballten die Hände zu Fäusten und sahen aus, als ob sie sich jeden Moment an die Gurgel springen würden.

Der echte Anjol rang die ganze Zeit über mit dem Wunsch zu helfen und dem Befehl die Tarnung aufrecht zu erhalten, da er sonst kein objektives Urteil über die Mannschaft würde fällen können. Sein Pflichtgefühl behielt die Oberhand, bis er in die Gesichter der eingeschüchterten und verwirrten Enehy blickte.

Für sie würde er es tun. Er würde seine Tarnung aufliegen lassen und Hisaki etwas fragen, was nur der Sicherheitschef der Venture wissen konnte. Damit konnte er und Hisaki bereits zwei falsche Leute ausschalten. Gemeinsam würden sie dann auch eine Lösung finden, wie man die anderen enttarnen konnte.

Gerade öffnete er den Mund um etwas zu sagen, als sich die Ereignisse förmlich überstürzten.

Der Computer hatte inzwischen bemerkt, daß der echte Anjol der Lösung des Problems näher gekommen war, als ihm lieb war. Wieder sollte ein Kampf Mann gegen Mann, vereitelt werden. Auch wenn er nicht genau berechnen konnte, was für ein Plan Anjol durch den Kopf schoß, befahl er dem falschen Anjol, sich auf sein Original zu werfen.

Hisaki wollte den Kampf zwischen den beiden Anjols verhindern, da er genau wie Anjol die Chance gekommen sah, aus der gemeinsamen Vergangenheit heraus den echten Bajoraner zu erkennen. Deshalb sprang er vorwärts und versuchte sich zwischen die beiden Kämpfer zu drängen, aber der falsche Hisaki erwischte ihn kurz vor Erreichen des Zieles mit den Worten: "Zwei gegen Einen ist unfair, du Kopie!"

Auch Enehy wollte einen Kampf zwischen ihrem Geliebten und seiner Kopie verhindern. Schließlich ging sie davon aus, daß ein Computer keine echte Liebe simulieren konnte, und sie damit eine Chance hatte, den echten Anjol zu erkennen.

Gleichzeitig fauchten sich die beiden Sternenlichts weiter an und umrundeten sich mißtrauisch, während sie langsam antäuschten sich gegenseitig einen Hieb zu versetzen und nur auf eine Chance warteten einen gezielten Treffer zu landen. Ganz im Gegensatz zu den beiden Hextons, die sich praktisch gleichzeitig aufeinander gestürzt hatten und kämpfend über den Boden rollten.

Shania war mittlerweile so zornig geworden wie selten in ihrem Leben. Sie haßte es, als Marionette mißbraucht zu werden und Teil dieses Spiels zu sein. Deshalb warf sie sich voller Wut auf ihre Kopie. Bereit zu zeigen, daß es nur eine richtige Shania geben konnte.

Nur einer beteiligte sich nicht an der allgemeinen Rauferei: Namono hielt nichts vom Kämpfen und zog sich deshalb aus der allgemeinen Kampfzone zurück. Seine Kopie allerdings setzte ihm nach, indem er schrie: "Hiergeblieben, du feiges Stück Datenmüll!

Inzwischen versuchte auch Enehys Ebenbild, ihr Original zurückzuhalten und in einen Kampf auf Leben und Tod zu verwickeln, hatte aber etwas zu langsam reagiert, und inzwischen befanden sich die kämpfenden Shanias und Hextons zwischen ihr und ihrem Ziel. Wütend versuchte sie sich einen Weg zwischen ihnen zu bahnen.

Deshalb schaffte es die richtige Enehy ohne größere Probleme, die beiden Anjols zu erreichen, die momentan nur Augen für einander hatten. Gerade als sie sich wieder aufeinander stürzten, sprang Enehy ohne lange zu Überlegen zwischen sie um den Kampf zu beenden, bevor er noch begonnen hatte.

Doch sie hatte nicht mit der Kraft und Schnelligkeit des falschen Anjols gerechnet. Der reagierte blitzschnell und stieß sie mit voller Wucht zur Seite. Sie strauchelte über den steinigen Weg und verlor dabei das Gleichgewicht. Der richtige Anjol versuchte zu ihr zu gelangen und sah sie wie in Zeitlupe, mit angstgeweiteten Augen nach hinten fallen. Er streckte den Arm aus um ihre Hand, die sie ihm entgegenstreckte noch zu erreichen, doch ein kraftvoller Tritt seines Ebenbildes in seine Seite ließ pfeifend die Luft aus seinen Lungen entweichen und ihn in die Knie gehen.

Ohne etwas für die Xenexianerin tun zu können und ihren Aufprall zu verhindern, mußte er mit ansehen, wie ihr Kopf auf einen Stein prallte. Ihre Haar ergoß sich wie ein seidiger Schleier aus Blut um ihren Kopf.

Von blinder Verzweiflung getrieben schaffte Anjol es hochzukommen und sich zu ihr zu schleppen. Seltsamerweise hielt sein Computergegner für einen Moment inne. Ihre Augenlider schienen zu flattern und sie wirkte blaß und zerbrechlich. Er ergriff ihre Hand und hielt sie eisern fest. Ihr Haare waren bald naß. Naß voll Blut.

"Ich...", hauchte sie erklärend und drückte innig seine Hand. Dann erstarb ihre Stimme und ihr Blick wurde seltsam starr...

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