Ivory Cronik 1

Der spendable Ferengi

Einleitung:
Wieder einmal lag die Ivory vor Anker. Diesmal an DS4.

Nur schwer hatte Captain Monserat sich von den Verhandlungen mit seinem Freund Captain Slade, dem Anticaner, trennen können, dessen Personalgeschäfte den Alkoholkonsum an Bord steigerten, während die Besatzung im Gegenzug immer mehr abnahm und das Schiff verließ. Aber noch viel schwerer hatte Monserat die Nachwirkungen der Gespräche verdaut. Während Slade nichts weiter als ein wenig Haarausfall mehr zu verzeichnen hatte, fühlte Monserat sich, als hätte ihn eine Ladung Klingonen im Nahkampf ein wenig auseinander genommen.

Sein Schädel dröhnte, seine Augen wirkten blutunterlaufen und das Blut rauschte betäubend laut in seinen Ohren. Da er sich deswegen auch nicht rasieren wollte, weil er Naßrasuren haßte, blieb ihm nichts weiter übrig, als einen ganzen Tag Martengh das Schiff zu überlassen, der dafür sorgte, daß alles seinen ordnungsgemäßen Lauf nahm.

Alle ehemaligen Mannschaftsmitglieder hatten das Schiff verlassen, und nach Martenghs Ansicht hatte sich Monserat einfach vor der Abschiedsrede gedrückt.

Wieder einmal.

Aber diesmal hatte er es so gründlich geschafft, daß der Caldonier die volle Befehlsgewalt auf der Ivory hatte. Nachdem er die alten Mannschaftsmitglieder ausgezahlt und schon um 9 Uhr vom Schiff geworfen hatte, wurde es sehr, sehr still auf dem Frachter.

Anschließend folgte sein üblicher Kontrollgang, den er diesmal unternahm, indem er Charly auf seiner Putztour folgte.

Die beiden kamen sich nicht ins Gehege, weil Martengh in jedem Quartier mindestens so lange verweilte wie Charly zum Putzen gebraucht hatte. Schließlich mußte er überall seine Kontrollgeräte einsammeln - und gleichzeitig nach möglichen Sprengsätzen und anderen Fallen suchen, die die letzte Besatzung zurückgelassen hatte.

Er hatte bei dieser Besatzung gelernt, daß zu große Paranoia den Blick auf die eigentliche Gefahr verstellt. In Zukunft würde nicht mehr jeder beobachtet werden, sondern nur noch die Verdächtigen.

Hm - allerdings erinnerte er sich, daß zwischenzeitlich seine Liste mit Verdächtigen die gesamte Ivory umfaßte... vielleicht sollte er die Geräte nur deaktivieren und nicht gleich demontieren?

Tief einatmend setzte Martengh seinen Kontrollgang fort.

So war bereits alles geregelt, als der Captain einen Tag später erwachte.

--- Ivory, Quartier des Captains

"Hallo, mein Silberlöckchen, aufwachen, die künstliche Sonne scheint", flötete die weibliche und sehr eigenwillige Persönlichkeit des Computers.

"Brmmpfgrmpf...", antwortete Monserat, während sein Kopf noch immer unter dem Kopfkissen steckte.

"So leicht kommst du mir nicht davon. Das sagtest du schon gestern. Aber heute ist dein Platz wieder der eines würdevollen Captains auf der Brücke", säuselte die Stimme hartnäckig weiter und setzte schließlich hinzu "du wirst doch nicht wollen, daß ich Charly rufe..."

"Du..." und dann ergoß sich ein Wortschwall über die Lippen des Captains, der sich gerade aufgesetzt hatte, der den Computer sicher einige Zeit kosten würde, um ihn ordnungsgemäß zu übersetzen und zu deuten.

Unwirsch, aber wenigstens munter nahm der Captain eine Wasserdusche. Danach kleidete er sich frisch ein und wies Charly wie jeden Morgen an, sein Quartier während seiner Abwesenheit zu reinigen. Jedenfalls hatte er das vor.

"Captain, wenn ich darauf hinweisen darf: Auch ein Roboter wie ich hat Gefühle und es ist äußerst unpassend von Ihnen, mich anzuweisen, Ihr Quartier zu säubern, während ich meinem Freund Pormas nachtrauere. Sie wissen, was er mir bedeutet hat. Er hatte immer ein offenes Ohr für meine Probleme. Im Gegensatz zu Ihnen. Deshalb werde ich mir vorbehalten, heute auch einen Tag Urlaub zu nehmen. Charly Ende."

Monserats Augen klappten verblüfft auf und zu, trotzdem blieb der Eindruck, daß er sich nicht verhört hatte und Charlys Stimme in seinen Ohren noch immer nachhalte. Er hatte es kommen sehen. Seine letzte Crew hatte wieder Probleme hinterlassen. Die Stimme, die Tegger dem Computer verliehen hatte, schien nicht nur etwas eigenartig zu sein, sondern sich noch ständig zu verschlimmern. Fast, als würde sie lernen, wie man anderen besser auf den Geist gehen konnte. Und wegen Pormas konnte er heute auch noch sein Bett selbst machen.

Während er das tat, dachte er darüber nach, was sich noch in letzter Zeit geändert hatte und dabei stellte er fest, daß er nun nicht mehr allein essen mußte, sondern endlich wieder weibliche Gesellschaft hatte.

Lächelnd verließ er sein Quartier.

--- Mannschaftsmesse

Der Captain trat ein und genoß wie jeden Morgen die nüchterne Kühle der Wände. Nur ungern erinnerte er sich an den ferengischen Barmann, der aus seinen Wänden eine gräßlich grüne Blumenwiese gezaubert hatte, die auch nur einem Caldonier gefallen konnte.

"Gerald, setz dich zu mir", rief Shania durch den ganzen Raum, der seit ihrer Ankunft wieder gähnend leer war und winkte ihm neben ihr Platz zu nehmen.

Strahlend bahnte sich der Captain seinen Weg und setzte sich zu ihr an den Tisch.

--- Mannschaftsmesse, Tisch 4

Sofort erhob sich Shania grinsend und ging zum Replikator. Trotz ihrer Größe hatte sie einen geschmeidigen Gang und wirkte durch und durch fraulich. Auch wenn sie auf die meisten herabschauen konnte.

--- Mannschaftsmesse, beim Replikator

"Eine Kanne 'Captains Morning', heiß und zwei Tassen", befahl sie, als hätte sie es erst gestern das letzte Mal getan. Dabei lagen Jahre dazwischen. Kurz darauf erschien eine Kanne voll von der speziellen grünen Teemischung des Captains im Fach. Shania hatte diesen Tee mit der ausgewogenen Mischung an getrockneten Apfel- und Ananasstückchen selbst einmal einprogrammiert um ihm eine Freude zu machen. Witzigerweise hatte sich dann herausgestellt, daß sie beide den gleichen Geschmack hatten.

--- Mannschaftsmesse, Tisch 4

Wieder am Tisch angekommen, stellte Shania die Tasse vor den Captain: "So wie du ihn gerne magst. Ohne Bitterstoffe, aber ungesüßt." Sie lächelte ihn an und setzte sich wieder. "Ich bin heilfroh, wieder hier an Bord zu sein. Irgendwie habe ich das Wanderleben satt." Sie goß beide Tassen voll.

"Das kann ich verstehen", meinte der Captain zustimmend und trank schmunzelnd einen Schluck Tee. Er liebte es, den Tee ganz heiß zu trinken. Sie hatte seine Morgenprozedur also nicht vergessen, obwohl es doch schon Monate, nein Jahre her war. Das mochte er so an ihr. Sie besaß ein Gespür für die kleinen Dinge im Leben und prägte sie sich ein.

--- Mannschaftsmesse, Tisch 4

"Es wird dich übrigens freuen, daß ich bereits gestern, als du dich noch ganz deinen Freuden ein Captain zu sein, hingegeben hast, bereits das Gerücht auf der Station ausgestreut habe, daß du wieder eine neue Crew für die Ivory brauchst..."

--- inzwischen, Quartier 2

Die säuselnde Computerstimme weckte den ersten Offizier am Morgen: "Martengh, Liebster...aufstehen..."

Zucken.

Die Stimme fuhr ein kleines bißchen lauter fort: "Hallo! Es ist schon fast 6 Uhr, du solltest jetzt aufstehen."

Räkeln.

"Hallo, nicht wieder einschlafen! Es ist ein wunderbarer Tag!"

Martengh schlug die Augen auf. Er hatte ausnehmend gut geschlafen. Sein Überwachungsprogramm hätte bei der geringsten Bewegung an Bord, die nicht von Shania, Monserat oder ihm selbst stammte, sofort Alarm geben.

Hach, es war so einfach, wenn das Schiff leer war. Keine Bombe an Bord, keine Attentäter, keine Probleme.

'Ein wunderbarer Tag? Es würde mir schon reichen, wenn er so wie gestern werden würde! So wunderbar leer und ruhig! So könnte es immer sein.'

Wie er Monserat kannte, würde er frühestens am späten Nachmittag daran denken, sich um neue Leute umzusehen. Die würden dann frühestens morgen auf der Matte stehen.

WENN er heute schon das Bett verlassen konnte!

Das bedeutete: Wirklich ein wunderbarer Tag! Vielleicht sogar zwei...

Nach einer luxuriösen Wasserdusche schlüpfte der Caldonier in sehr bequeme Kleidung und ging ins Krell's.

Nein, das hieß ja jetzt wieder ganz schlicht 'Mannschaftsmesse'. Martengh bedauerte ein wenig, daß Monserat wieder die alte, nüchterne Wandfarbe hatte auftragen lassen.

--- Mannschaftsmesse

Als Martengh den Raum betrat, saßen dort bereits Shania und Monserat. Beide frühstückten miteinander und winkten ihn zu sich.

Er winkte zurück und ging zuerst zum Replikator.

--- Mannschaftsmesse, beim Replikator

Glücklicherweise hatte Martengh Sicherheitskopien der Replikatorprogramme angefertigt, sonst hätten sie jetzt wieder auf Ivory-Standard-Kaffee zurückgreifen müssen. Der letzte Barmann hatte bei seiner etwas überstürzten Abreise selbstverständlich nicht vergessen, seine Replikatoreinstellungen wieder mitzunehmen.

Aber so traute er sich, ein fulminantes Frühstück zu bestellen: "Computer, ich hätte gerne drei gebackene Fal'Tongs, nicht zu braun, darüber caldonische Pergazzisauce mit Kräutern, als Beilage irdisches Weißbrot, goldgelb getoastet. Dazu Butter, Chaeugrotalbeeren, Driberifs und eine kleine Schüssel Elbradocs. Zu Trinken ein hatarrghenisches Feuerwasser."

Ohne Zeitverzögerung erschien das Bestellte und ein betörender Duft machte sich breit. Martenghs Magen begann zu knurren und er fragte sich, warum sie immer soviel Zeit mit einem Barmann vertrödelten. Der direkte Weg zu einem Replikator war wesentlich effizienter.

--- Mannschaftsmesse, Tisch 4

Der Caldonier setzte sich zu den beiden und wünschte ihnen gutgelaunt einen Guten Morgen.

--- DS4, Bar

Jin saß an der Theke einer Bar und trank irgend einen Likör, dessen Namen er nicht wußte und der ihn auch nicht interessierte und dachte darüber nach was in den letzten Stunden passiert war.

Er hatte einen eigentümlichen Kauz getroffen und sich, in seinem Rausch, zu einem Pokerspiel überreden lassen. Der Mann hatte gute Karten, das wußte Jin daher, daß er die Gedanken des Mannes ständig gelesen hatte und ihm wurde dadurch auch bewußt, daß er das Spiel verlieren würde. Aber er änderte nichts daran, was einerseits daran lag, daß es ihm seine Ehre verbot zu betrügen und daß er andererseits viel zu voll gewesen war, als daß er es überhaupt geschafft hätte.

Das einzige, was Jin nun aber durch den Kopf rauschte, war der Wetteinsatz, welchen er eingegangen war. Er hatte versprochen, auf dem Schiff dieses Mannes zu dienen. Wobei dem Asiaten nun nicht ganz klar war, was dieser von einem Betrunkenen wollte. Doch das spielte nun keine Rolle mehr, denn Jin war auf die Wette eingegangen und hatte sie verloren. Also würde er sich auf dem Schiff melden, dessen Name, wie er erstaunlicher Weise noch wußte, Ivory war.

Der Japaner stand auf und warf als Bezahlung ein paar Streifen goldgepreßtes Latinum auf die Theke. Danach verließ er die Bar und ging zu dem ihm zugewiesenen Gästequartier.

--- DS4, Bar, Gästequartier

Auch wenn der Rausch nachgelassen hatte, fühlte Jin beim Laufen immer noch die Nachwirkung seiner Sauftour. Daher setzte er sich in seinem Quartier im Schneidersitz auf den Boden und begann zu meditieren. Einerseits, um vollkommen nüchtern zu werden und andererseits, um sich auf das Kommende vorzubereiten.

--- DS4, Promenadendeck

"Und du bist ganz sicher, daß du es dir nicht noch einmal überlegen willst?", fragte Singer, ohne rechte Bemühung, seinen Freund doch noch umzustimmen..

"Ja, ich bin sicher", entgegnete Merced.

Die beiden liefen den großen, breiten Weg des Promenadendecks entlang, vorbei an einigen Geschäften und Bars. Sie waren gerade vom Sternenflottenschiff Exeter gekommen und Lieutenant John Singer trug immer noch seine goldene Technikeruniform, während William Merced zivile Kleidung trug. Er hatte gerade den Dienst bei der Sternenflotte quittiert.

"Der Captain würde bestimmt mit Freude deine Kündigung wieder verschwinden lassen, immerhin bist du einer der besten Techniker des Schiffes. Außerdem hat der Captain, glaube ich, eine persönliches Faible für dich. Er hat nicht umsonst dafür gesorgt, daß du nicht in einer Strafkolonie endest."

Merced atmete tief durch. "Ich weiß. Und es fällt mir auch nicht leicht. Ich habe mich noch auf keinem Schiff so wohl gefühlt wie auf der Exeter. Ich weiß, daß die Besatzung mir vertraut und ich selbst vertraue auf diesem Schiff mehr Leuten als im Rest der bekannten Galaxie."

"Dann verstehe ich nicht, wieso du gehst."

"Weil die Sternenflotte mir nicht vertraut. Ich weiß nicht, ob du es mitbekommen hast, aber der Captain hat vor einer Weile versucht meine Wiederbeförderung zum Lieutenant zu erwirken, aber das Flottenkommando hat jeden seiner Versuche im Keim erstickt. Wenn ich bleibe, werde ich mich in meinem Leben nicht mehr von der Stelle bewegen."

"Wenn du bleibst, finden wir vielleicht doch noch einen Weg, deine Unschuld zu beweisen."

"Vergiß es. Im Maschinenraum sind so viele Leute ständig am werkeln, daß alle Spuren, die noch vorhanden sein könnten, inzwischen unkenntlich sind. Der Maschinenschaden, oder wie es das Oberkommando ausdrückt, die 'Maschinensabotage', ist immerhin schon über zwei Monate her."

Die beiden Männer liefen einige Meter nebeneinander her und sagten kein Wort, denn es war eigentlich alles schon gesagt worden. Dies war nicht das erste Mal, daß sie diese Diskussion geführt hatten. Sie hatten sie jeden Tag geführt, seit Merced sich entschlossen hatte, einen Schlußstrich unter seiner Zeit als Sternenflottenoffizier zu ziehen, und die Wahl der Worte war für beide eher Gewohnheit als der Versuch, den Anderen von seinem Standpunkt zu überzeugen.

"Was wirst du jetzt tun?"

Merced überlegte kurz. Diese Frage hatte Singer ihm noch nie gestellt.

"Ich werde mir eine Stelle auf dem ersten zivilen Schiff suchen, das von dieser Station losfliegt und noch Bedarf an talentierten Sternenflottentechnikern hat. Und dessen Captain es natürlich egal ist, ob ich einigen Maquis durch Sabotage geholfen habe oder nicht... Immerhin muß ich jetzt ganz von vorne anfangen."

John Singer schmunzelte. "Du weißt, wie du die Exeter erreichen kannst, wenn du es dir noch anders überlegst."

Merced nickte stumm. Dann drang das typisch penetrante Gezirpe aus Singers Kommunikator. "Exeter an alle Besatzungsmitglieder. Bitte melden Sie sich alle auf dem Schiff. Wir legen in einer Viertelstunde wieder ab."

Die beiden Freunde sahen sich stumm einige Sekunden an. Der Zeitpunkt des Abschieds war gekommen.

"Also dann, mein Freund...", begann Merced und streckte Singer die Hand hin.

Singer betrachtete die ausgestreckte Hand, grinste kurz und zog Merced dann in seine Arme, drückte ihn so kräftig, daß Merced meinte, ihm würden gleich jede Menge Rippen brechen und ließ ihn dann wieder los.

"Leb wohl, mein Freund", sagte Singer und wandte sich ab.

Merced sah ihm noch einige Sekunden nach und dann tippte ein Finger an seine Schulter. Er drehte sich um und sah einen Ferengi vor sich stehen, der ihn schief anzugrinsen schien.

"Guten Tag, Mensch. Ich habe eben Ihr Gespräch mit angehört. Sie suchen eine Stelle auf einem Schiff?"

Merced sah den Ferengi finster an.

"Ja, ich suche eine Stelle auf einem Schiff. Und nein, ich schätze es nicht, belauscht zu werden."

"Ich entschuldige mich!"

Der Ferengi machte eine Geste zu einer Bar, deren Eingang sich nur wenige Meter von ihnen entfernt befand. "Aber vielleicht kann ich Ihnen dennoch behilflich sein."

Merced überlegte kurz und ging dann in Richtung der Bar.

--- irgendwo anders auf dem Promenadendeck

Aggascha lief ein wenig ziellos auf dem Promenadendeck umher. Sie war zu sehr in Gedanken versunken, um sich die verschiedenen Waren anzuschauen, die dort angeboten wurden. Sie hatte gehört, daß ein Händlerschiff eine neue Besatzung brauchen würde, nun überlegte sie, ob sie sich dort bewerben sollte.

--- Bar, Gästequartier

Nach längerer Zeit stand Jin wieder auf und spürte die Erfolge seiner Meditation, sein Geist war klar und sein Körper folgte wieder vollkommen seinen Befehlen. Nur sein Äußeres ließ nicht gerade auf diese Vitalität schließen, also ging er erst mal unter die Dusche, rasierte sich und band sich dann seine Haare zu einem Pferdeschwanz nach hinten.

Dann machte sich Jin daran, seine Sachen einzusammeln, denn ob er nun auf dem Schiff angenommen wurde oder nicht, heute würde er sowieso aus diesem Quartier fliegen.

Er ging zu der Wand seines Quartier und nahm sein Schwert von der Halterung und betrachtete es. Dieses Schwert war ein Kunstwerk der japanischen Schmiedekunst und es hatte schon immer Jins Leben bestimmt. Er hatte es von seinem Vater erhalten, als er zum Schwertmeister wurde und er hatte dieses Schwert schon als
Kind im Tempel bewundert. Dieses Schwert stellte seine Herkunft und seine Überzeugung dar, und genau wegen dieser Überzeugung stand er nun hier.

Jin war kein Diplomat sondern nur Techniker und Samurai und er konnte bis heute nicht verstehen, wieso die Föderation mit den Cardassianern einen Friedensvertrag abgeschlossen hatte, der die Cardassianer bemächtigte, Unschuldige zu bedrohen und zu töten.

Das war auch der Grund, aus dem er sich damals dem Maquis angeschlossen hatte. Sie drängten immer wieder die Cardassianer zurück, spielten mit den Kriegschiffen Katz und Maus und überlisteten sie jedesmal bis die Jem'Hadar auftauchten. Diese Rasse von biogenetischen Monstern. Diese Wesen hatten keine Ehre und kein Gewissen. Sie kannten nur eins: Töten. Dabei war ihnen war egal, wenn sie töteten. Ob Frauen oder Kinder, Hauptsache, sie konnten töten.

Und genau diese Jem'Hadar waren es auch gewesen, die das Maquisschiff auf dem Jin gekämpft hatte, verfolgten und es zerstörten. Es war nur reines Glück, daß der Asiate durch eine kleine Rettungskapsel hatte verschwinden können. Er fühlte sich schuldig, denn er hätte mit den anderen kämpfen und sterben sollen, aber statt dessen stand er hier und wußte nicht mehr, was er tun sollte.

Jin besann sich wieder auf die Realität. Er steckte das Schwert in seine Schwerttasche und warf sich diese über die Schulter. Dann sammelte er schnell seine restlichen Habseligkeiten zusammen und verließ mit dem Schwert und einer Reisetasche das Quartier.

--- Bar, Eingang

Aggascha betrat die Bar, in der sie sich mit Anna treffen wollte. Anna war eine Bekannte, die Aggascha, nachdem diese auf SB57 gekündigt hatte, drei Tage besuchen und sich dabei ein wenig über ihr zukünftiges Leben klar werden wollte. Die Trill mußte ihren Eltern, die sie danach besuchen wollte, einen Plan vorlegen, was sie nun tun würde. Ihre Eltern waren immer sehr besorgt um sie gewesen und hatten Aggaschas Leben schon im Voraus geplant. Nun waren diese Pläne wieder einmal durchkreuzt worden und das paßte ihnen gar nicht, deswegen verschob Aggascha diesen Besuch immer wieder. Schließlich waren aus den drei Tagen, die sie bei Anna bleiben wollte, ganze zwei Monate geworden.

--- Bar, Tisch 3

Anna hatte Aggascha schon gesehen und rief zu ihr herrüber: "Aggascha, hast du schon gehört? Ein Schiff sucht eine neue Mannschaft, in der Andockschleuse 3. Meld dich da doch mal, ich bin sicher, daß sie da noch eine kleine Kräuterhexe wie dich gebrauchen können!"

Anna gab Aggascha einen freundschaftlichen Stups, als diese ihren Tisch erreichte. Die Trill lächelte Anna an und nahm erst mal Platz.

"Ich hab's auch schon gehört, aber ich weiß nicht, ob das das Richtige für mich ist", sagte Aggascha immer noch in Gedanken versunken.

"Ach Quatsch, ein Händlerschiff, das heißt Abenteuer pur. Wir können ja tauschen, du bleibst hier und machst meinen Job und ich kann die ganzen Abenteuer erleben", versuchte Anna sie, ein wenig übertrieben, zu überreden.

Aggascha mußte lachen und ihr fiel wieder ein, warum sie Anna so mochte. "Oh nein, dann muß ich dich ja tatsächlich verlassen. Ich glaube, das kann ich nicht übers Herz bringen, ich kann nicht mehr ohne dich leben", witzelte sie.

Anna stieg mit ein und konterte: "Mein Liebling, ich werde mit dir kommen und dann schlagen wir alle Piraten in die Flucht."

Auf einmal wurde Aggascha wieder ernst und sagte: "Ich glaube, du hast recht, ich sollte mich auf der Ivory bewerben. Es wird mal wieder Zeit, daß ich etwas mache, außerdem kann ich dir ja nicht ewig auf der Tasche liegen. Was sagtest du? Andockschleuse 3?" Mit diesen Worten stand Aggascha auch schon wieder auf und lief auf den Ausgang zu.

"Warte, warum so eilig? Ich begleite dich noch ein Stück!", rief Anna. Feixend fügte sie noch hinzu: "Alleine würdest du da eh nicht hinfinden!"

Sich amüsierend verließen die beiden das Lokal.

--- Bar, Tresen

Merced kam herein und nahm direkt am Tresen Platz. Der Ferengi ging um die Bar herum und fragte ihn sogleich, was er haben wollte.

"Haben Sie romulanisches Ale?"

Der Ferengi sah ihn mißtrauisch an. "Sie gehören nicht mehr zur Sternenflotte, oder?"

"Nein. Mit der Sternenflotte bin ich fertig", sagte Merced überzeugend.

Der Ferengi grinste und griff unter die Bar. Er holte ein Glas und eine Flasche des gewünschten Getränkes hervor und füllte das Glas. Merced roch zunächst mißtrauisch daran und nahm dann einen kräftigen Schluck.

"Nun, ich habe Informationen über ein Schiff, das tatsächlich noch Leute sucht", fuhr der Ferengi fort. "Eine ganze Crew sogar."

Merced sah ihn fragend an.

"Natürlich gebe ich Ihnen diese Information mit dem größten Vergnügen... gegen eine kleine Gebühr versteht sich..."

Merced schwenkte sein Glas ein wenig herum und beobachtete die blaue Flüssigkeit, die an den Rändern hoch schwappte. "Wissen Sie, das ist schon ein interessantes Getränk. Ich frage mich, wie es auf eine Föderationsstation kommt."

Der Gesichtsausdruck des Ferengi verwandelte sich in Zorn. "Ich hasse Menschen."

Merced lächelte ihn gespielt freundlich an. "Welches Schiff?"

Der Ferengi verzog die Lippen. "Die Ivory, Andockschleuse 3. Ein bajoranischer Frachter. Fragen Sie nach Captain Monserat."

"Danke. Auf Wiedersehen." Merced ließ das halbvolle Glas stehen und ging in Richtung der Tür.

"Hey, Sie müssen noch ihr Getränk bezahlen!", rief ihm der Ferengi hinterher.

Merced drehte sich noch einmal um. "Gerne. Schicken Sie die Rechnung an den Sicherheitsdienst der Station. Der Sicherheitschef ist ein Freund von mir..."

Der Ferengi fluchte laut in seiner eigenen Sprache und schlug so kräftig auf den Tisch, daß das Glas umfiel. Merced ging zur Tür hinaus und machte sich auf den Weg zur Andockschleuse...

--- Andockschleuse 3

Jin begab sich zur Andockschleuse 3, an deren Ende die Ivory lag und rannte beinahe vor die Schleuse, die sich nicht wie erwartet öffnete. Etwas ratlos schaute er sich um, entdeckte aber keinen Öffnungsmechanismus. Statt dessen erblickte er ein Terminal, über das er Kontakt mit dem Schiff aufnehmen konnte. Nachdem er sich bemerkbar gemacht hatte, wartete er auf die Antwort irgendjemands.

Nebeneinander waren Aggascha und Anna zur Andockschleuse gelaufen, wo sich Anna verabschiedet hatte. Aggascha schaute sich nun erst leicht unsicher um, dann trat sie auf einen jungen Mann zu, der ebenfalls zu warten schien, und fragte ihn mit einem scheuen Lächeln: "Bin ich hier richtig, um bei der Ivory anzuheuern?"

"Nun, das ist die Schleuse zur Ivory, allerdings fehlt wohl das Begrüßungskommando", meinte Jin mit ruhiger Stimme. Die Frau war eine Trill und hatte eine ziemlich hellen Hautfarbe, so daß ihre Flecken, die sich von der Stirn über den gesamten hinteren Halsbereich erstreckten, ein markantes Zeichen darstellten. Sie lächelte Jin freundlich an, aber die Gedanken, welche er lesen konnte, ließen auf einen ganz anderen Zustand schließen. Sie war sehr nervös und viele der Gedanken, die der Asiate empfang, ergaben keinen Sinn.

Um sie etwas zu beruhigen sagte er: "Haben Sie keine Angst, mehr als Sie nicht aufnehmen, kann der Captain auch nicht!" In Gedanken fügte er hinzu: 'Und dann leben Sie so weiter wie die letzten zwei Monate!'

Er redete überlegt, denn er wollte die Frau nicht verletzen, indem er über Dinge redete, die ihn wohl nichts angingen, und er verdrängte die Erinnerungen, die er von ihr empfangen hatte.

Merced erreichte die Andockschleuse, die ihm der Ferengi genannt hatte und traf dort zwei weitere Personen, die offensichtlich auf etwas oder jemanden warteten. Er musterte beide kurz.

Der Mann war ein Mensch, scheinbar asiatischer Abstammung und hatte eine Schwerttasche über der Schulter hängen, die sofort ein gewisses Unbehagen in Merced verursachte. Die Frau war eine hübsche, junge Trill, die ihm auf den ersten Blick schon sympathisch erschien. Beide schienen etwa in seinem Alter zu sein, oder zumindest nicht sehr viel älter und so stufte er sie vorläufig als ein Pärchen ein.

Er wandte sich an die Beiden und versuchte dabei nicht zu sehr auf das Schwert des Asiaten zu achten: "Entschuldigen Sie, bitte." Die Beiden sahen ihn fragend an, sagten aber noch kein Wort. "Bin ich hier richtig bei der Ivory? Ich habe gehört, der Captain ... Monserat heißt er glaube ich, sucht noch Crewmitglieder für sein Schiff!?"

Schon allein der Blick des Mannes, als dieser Jin ansah, bestätigte dem Asiaten, daß die gerade empfangenen Gedanken die des Mannes waren. Dieser Mann hatte aus irgendeinem Grund ein mißtrauisches und abwartendes Verhalten gegenüber Jin, wodurch dieser ihm etwas suspekt vorkam. Erst nach einer Weile fand der Japaner heraus, daß es etwas mit seinem Schwert zu tun hatte. Aber weitere Gründe konnte er nicht finden. Noch nicht.

"Ja, genau das, habe ich auch gehört. Ich hoffe, Sie machen gleich mal die Schleuse auf. Ich schätze, da wir uns hier alle bewerben, können wir uns auch gleich miteinander bekannt machen. Also, ich bin Aggascha", sagte die Trill und reichte beiden die Hand.

Aggascha wußte nicht so recht, wie sie mit den Beiden anders hätte umgehen sollte und so versuchte sie wieder zu lächeln, um ihre Nervosität zu überspielen. Doch das Lächeln unterstrich ihre Nervosität wohl eher, als daß es sie verdeckte.

Inzwischen hatte Jin aus dem Lächeln, mit dem sie den Mann begrüßte, geschlossen, daß er ihre Nervosität durch seine Worte nicht hatte mildern können. Es war das gleiche Lächeln, mit dem sie auch ihn begrüßt hatte.

Merced ergriff die Hand der Trill und gab ihr einen Handkuß. "Sehr erfreut. William Merced."

Er versuchte aus dem Augenwinkel zu erkennen, ob der Asiat irgendeine Reaktion auf den Handkuß zeigte und war erleichtert, keine drohende Haltung wahrzunehmen. Dieser las aber in seinen Gedanken und da er nichts mit der Trill zu tun hatte, reagierte er auch auf den Handkuß mit keinerlei Reaktion.

Der Asiate überlegte: 'Müssen Männer eigentlich immer an das Revierverhalten ihrer Vorfahren denken?' Jin störte das Verhalten des Mannes zwar nicht sonderlich, aber trotzdem irritierte es ihn. Auch er hatte die Schönheit der Trill bemerkt. Aber deshalb gleich mit ihre zu flirten oder Ähnliches zu tun, wäre ihm nicht eingefallen, dafür hatte er zu viele andere Gedanken im Kopf, von denen nicht alle von ihm stammten.

Danach streckte Merced ihm die Hand hin und setzte hinzu: "Ich komme gerade vom Föderationsraumschiff Exeter und suche jetzt eine zivile Stelle. Ich bin Ingenieur."

--- Ivory, Mannschaftsmesse, Tisch 4

Ein Fiepen alarmierte Martengh, als er gerade seine Elbradocs knabberte und das Feuerwasser in kleinen Schlucken die Kehle herunterrinnen ließ. Kein Alkohol, kein Rausch, aber bei regelmäßiger Anwendung verödete es einem zuversichtlich die Kehle.

Der Caldonier wandte den Kopf zur Seite und schaute auf das Terminal in seiner Nähe.

Seltsam - vor der Schleuse der Ivory drängten sich die Leute. Aber wieso? Seines Wissens nach hatte Monserat noch keine Anstalten gemacht, neue Stellenanzeigen zu veröffentlichen.

Fragend schaute er seinen Freund an: "Kannst du dir vorstellen, was die wollen?"

Der Captain lächelte nur. Statt dessen antwortete Shania: "Meiner Meinung nach wollen die hier arbeiten. Seltsam... dabei habe ich doch nur dem Barmann gestern etwas von deiner Personalmisere erzählt..."

Martengh wurde etwas bleicher. 'Also kein freier Tag, keine Ruhe, kein Frieden.'

Tief durchatmend, die Augen verdrehend und letztendlich resignierend sagte er: "Ok. Monserat, wo möchtest du deine neuen Leute sehen?"

Sein Freund antwortete nach kurzem Nachdenken: "Bring sie einfach hier hin."

Der Sicherheitsoffizier aktivierte die Waffenscanner, die den Schleusenvorraum nach aktivierten Waffen absuchten, bevor er den Putzroboter anwies: "Charly, bring die Leute im Schleusenvorraum in die Mannschaftsmesse."

...

Keine Antwort. Keine von Charlys üblichen Meckereien, allerdings auch keine Bestätigung des Befehls.

Diesmal war Shania an der Reihe zu lächeln, und Monserat antwortete: "Ach ja, ehe ich es vergesse: Charly hat heute seinen freien Tag..."

Shania verschluckte sich beinahe, als Martengh ein "Er hat WAAAAAS?" entfuhr.

Monserat setzte ungerührt hinzu: "Ich glaube, er wollte seinen Freund Jean besuchen. Tja, da wirst du die Leute wohl selber herführen müssen. Oder - öffne einfach die Schleuse, dann hast du weniger zu tun..."

Martengh erhob sich und seine zwei Meter dreißig überragten den sitzenden Captain um fast das Doppelte.

Laut- und humorlos auflachend schritt er davon und ignorierte das Lachen, das ihm hinterherschallte.

--- Gänge, Deck 3

Unterwegs rief Martengh das Ergebnis des Waffenscans ab. Offenbar gefiel ihm das Ergebnis, denn er ging weiter, ohne seine Schritte zu verlangsamen.

Wer wohl diesmal der Attentäter war?

--- DS4, Bar

Genüßlich nippte Enehy an ihrem Zitronenwasser und beobachtete die anderen Gäste in der Bar. Besonders viele waren es nicht, aber es war ein Wesen mit sehr exotischem Aussehen dabei. Neugierig beobachtete sie die blauhäutige Gestalt weiter und ließ ihre Gedanken wandern.

'Wahnsinn, Klingonen, Romulaner und Ferengi kenne ich ja, aber das da drüben habe ich noch nie in meinem Leben gesehen', ging es ihr durch den Kopf und sie faßte einen Entschluß, den sie noch bereuen sollte.

Nachdem Enehy noch einen Schluck von ihrem Getränk genommen hatte, stand sie auf und ging zu dem Wesen, das an der Bar saß. Das Gepäck, das neben ihrem Platz stand, hatte sie völlig vergessen.

"Entschuldigen Sie bitte Sir", sprach sie den Mann an und lächelte verlegen.

"Meine Frage mag Ihnen sicher seltsam vorkommen, aber welcher Spezies gehören Sie an?"

Langsam wandte sich die Gestalt um und musterte sie eingehend. "Ich bin Caitianer und heiße Yarnak. Darf ich Sie zu einem Getränk einladen?"

"Oh, das ist furchtbar freundlich von Ihnen, die Einladung nehme ich gern an. Mein Name ist Enehy. Ich muß nur noch schell mein Gepäck von meinem Platz holen und dann komme ich zurück."

Schnell ging sie zu ihrem Tisch und blieb kurz davor wie angewurzelt stehen.

"Meine Reisetasche ist verschwunden!", rief die junge Frau aus, kehrte eilig zu Yarnak zurück und ließ sich neben ihn auf einen Barhocker fallen.

"Man hat mir mein Gepäck gestohlen. Da war alles drin, was ich hatte. Was soll ich denn jetzt machen? Ich habe keine Kleidung, keinen Job, ja noch nicht einmal Latinum um mein Wasser zu zahlen", jammerte sie und versuchte die aufsteigenden Tränen zurückzudrängen.

Yarnak sah sie mitfühlend an und drückte beruhigend ihre Hand. "Machen Sie sich keine Sorgen, Enehy. Das Wasser zahle ich und wenn Sie einen Job suchen, kann ich Ihnen einen Tip geben. Als ich mich vorhin mit dem Barkeeper unterhalten habe, erwähnte dieser, daß ein Schiff angedockt hätte, das eine neue Crew sucht. Vielleicht wäre das ja etwas für Sie?"

"Ich bin Krankenschwester. Meinen Sie, daß man mich an Bord gebrauchen kann?", fragte die Xenexianerin skeptisch.

"Das werden Sie bestimmt nicht herausfinden, wenn wir hier sitzen bleiben. Kommen Sie, der Captain wird bestimmt nicht beißen und falls er Sie nicht gebrauchen kann, haben Sie es wenigstens versucht. Ich werde
Sie bis zur Schleuse der Ivory begleiten", schlug Yarnak vor, warf dem Barkeeper einige Streifen Latinum zu und zog Enehy aus dem Lokal.

--- Schleuse, in der Ivory

Mit einer Handbewegung öffnete der Caldonier die Schleuse, die sich zischend vor ihm öffnete.

Mißtrauisch musterte Martengh die drei Leute, die vor ihm standen.

Noch nie hatte er eine Trill mit einer dermaßen hellen Hautfarbe gesehen. Sie sah sehr schüchtern aus. So unverdächtig, daß sie schon wieder verdächtig wirkte.

Der normal aussehende Mensch war ein absoluter Durchschnittstyp. Der ideale Attentäter...

Der zweite Mensch machte einen gefährlichen Eindruck. Die wenigen Bewegungen, die Martengh bei ihm sah, verrieten, daß er seinen Körper unter Kontrolle hatte.

Also drei Attentäter.

Diese ganze routinierte Musterung fand im Bruchteil einer Sekunde statt und lieferte wie immer das gleiche Ergebnis.

Anschließend begrüßte der Caldonier die Besucher: "Willkommen an Bord der Ivory. Ich nehme an, Sie möchten sich um diverse freie Stellen bewerben?"

Kollektives Nicken war die Antwort.

"Gut. Dann folgen Sie mir bitte", fuhr er fort und geleitete die kleine Gruppe zur Mannschaftsmesse, nicht ohne die Schleuse wieder zu verschließen und bei dem folgenden Marsch die nötige Sicherheit zu wahren.

Schon bevor Jin den Caldonier gesehen hatte, hatte er eine kühle und beherrschte Aura wahrnehmen können. Als der Hüne dann vor ihnen gestanden war, dessen körperliche Stärke und Sicherheit sich in seinen Bewegungen abzeichnete, hatte der Japaner versucht, auch seine Gedanken zu empfangen. Diese waren jedoch schwerer zu empfangen gewesen, als die der beiden anderen, was wohl an seiner geistigen Kontrolle lag, dennoch waren sie nicht völlig abgeschirmt. Jin konnte den Mann als leicht paranoid einstufen, da er sie alle als potentielle Gefahr ansah.

Als sie den großen Caldonianer gesehen hatte, war Aggascha ein "Mein Gott ist der groß" entfahren, und sie hoffte, daß das keiner gehört hatte. Doch glaubte sie, daß die anderen wohl sowas Ähnliches gedacht haben. Auf den ersten Blick kam ihr der große Mann sehr mürrisch vor, vor allem weil er sich nicht vorgestellt hatte, und sie hoffte, daß dies eine Fehleinschätzung war.

Sie folgte dem Mann und lief neben Merced, dem sie zuflüsterte: "Hmm fängt ja gut an, der scheint ja keine gute Laune zu haben und oh Mann, is der groß!"

Merced mußte schmunzeln und hoffte, daß es der Caldonier vor ihnen nicht bemerkt hatte, dann flüsterte er zurück: "Ich wußte nicht, daß Caldonier derart groß sind. Ich bin noch nie einem begegnet."

Auch ihm erschien der Mann etwas mürrisch und plötzlich war er gar nicht mehr so überzeugt davon, daß es gut war hierhergekommen zu sein. Wenn der Rest der Besatzung auch so gut drauf war...

Ob das wohl Dauerzustand auf diesem Schiff war?

Aus dem Augenwinkel heraus, versuchte Merced einen Blick auf den Asiat zu erhaschen und stellte fest, daß dieser ihnen mit ruhigen Schritten folgte. Dieser Mann ließ sich offensichtlich nicht in eine Schublade mit anderen schieben, er war anders.

Der dunkelblonde Mann fühlte sich nicht recht wohl, zwischen zwei Personen zu laufen, die gefährlich sein könnten. Der Asiat mit seinem Schwert und der mürrische Caldonier, der sicherlich kräftiger war, als die Gruppe, die ihm folgte zusammen.

Er schluckte und versuchte damit wohl seine Bedenken fortzuspülen, aber so recht gelang es ihm nicht.

Jin indessen merkte deutlich, daß der riesige Mann ihnen keinen Zentimeter über den Weg traute und sie ständig beobachtete. Aber der Japaner ließ sich durch nichts anmerken, daß er dessen Mißtrauen bemerkt hatte und folgte ihm durch das Innere der Ivory. Danach beschloß der Asiate, den Empfang der fremden Gedanken zu blockieren. Trotzdem empfing er noch die unbehaglichen Gedanken des anderen Bewerbers, die zum einem ihm selbst und zum anderen dem Caldonier galten.

Die Truppe erreichte einen Turbolift, dessen Türen sich direkt öffneten. Der Caldonier machte eine einladende Geste und wartete bis alle im Lift waren, dann stieg er selbst zu.

--- Turbolift

"Deck 3, Mannschaftsmesse", befahl der Caldonier und der Turbolift setzte sich in Bewegung.

Der riesige Mann stand ihnen nun direkt gegenüber und beobachtete sie aufmerksam. Merced erwiderte seinen langen Blick einige Sekunden, konnte ihm jedoch nicht lange standhalten, und so blickte er sich nach den anderen um.

Der andere Mann stand links von ihm, die Trill rechts.

Einen seiner ersten Eindrücke schien dies bereits zu widerlegen. Wenn die beiden ein Pärchen gewesen wären, dann hätten sie sich die ganze Zeit über näher beieinander aufgehalten und bestimmt niemanden kommentarlos zwischen ihnen stehen lassen. Nicht in dieser Situation.

Vielleicht würde Merced auch seine anderen ersten Eindrücke revidieren müssen. Den Asiat und den Caldonier betreffend.

Er beschloß einen Versuch zu wagen und wandte sich an die riesige Gestalt vor ihm.

"Und, wie ist der Captain so?"

Martengh musterte den unauffällig aussehenden Menschen. Dann antwortete er: "Er ist viel zu wenig mißtrauisch, was seine Besatzung betrifft. Ich versuche, dieses Manko auszugleichen. Übrigens: Mein Name ist Martengh No'Orba, Sicherheitschef."

Die Türen des Turbolifts öffneten sich, und der Caldonier trat in den Gang hinaus.

--- Deck 3, Gänge

Mit langen Schritten ausschreitend ging Martengh vor, und den anderen blieb nichts anderes übrig, als ihm zu folgen. Nach einem kurzen Weg erreichten sie die Mannschaftsmesse.

--- Mannschaftsmesse, Tisch 4

Als sie Monserats Tisch erreicht hatten, drehte sich der Hüne um und sagte: "Darf ich vorstellen - Shania Twillian, zur Zeit Gast auf diesem Schiff. Captain Monserat."

Mit auf dem Rücken verschränkten Armen postierte er sich so, daß er alle Anwesenden gut im Auge hatte und jederzeit in das Geschehen eingreifen konnte.

Shania nickte den drei Leuten, die das ehemalige Krell's mit Martengh betreten hatten, freundlich zu. Die Trill mit der auffallenden Musterung gefiel ihr auf Anhieb. Sie machte einen sympathischen, unaufdringlichen Eindruck und schien sehr nett zu sein. Somit konnte die nächste Reise ja sogar nette Unterhaltung für sie selbst bringen.

Der Asiate dagegen wirkte ziemlich verschlossen und hatte eine etwas unheimliche Aura, die noch von seinem "Gepäck" verstärkt wurde. Noch nie hatte Shania einen so großen Japaner gesehen. Reichlich ungewöhnlich.

'Naja, ich bin ja auch nicht gerade gewöhnlich. - Jedem sein Hobby. Schwertkampf ist jedenfalls nicht das meine', dachte sie, während sie ihn aufmerksam musterte. Aber ihre Instinkte sagten ihr, daß mit ihm etwas nicht stimmte, sie wußte nur nicht, was. Irritiert schüttelte sie den Kopf.

Der dritte im Bunde wirkte selbstsicher und von sich überzeugt. Im Gegensatz zu den beiden anderen wirkte er ziemlich unauffällig und gewöhnlich. Ein Typ, wie man ihm überall begegnen konnte.

'Ein komisches Trio', dachte Shania, bevor sie sich ihrem Freund Monserat zuwandte und meinte: "Die Sache mit der Bar scheint eine gute Idee von mir gewesen zu sein, wie mir scheint. Daß sich jetzt schon jemand meldet, hätte ich nicht für möglich gehalten."

Durch ihre Worte wurde der Captain aus den Gedanken gerissen. Er sah den Mann an, der sich ihm gestern mit Jin und einem unaussprechlichen Nachnamen vorgestellt hatte. Scheinbar wollte er wirklich seine Wettschuld begleichen und in seinen Dienst treten. Im Grunde hatte Monserat gar nicht damit gerechnet, daß er ihn wiedersehen würde. Im Gegenteil war er heute gar nicht mehr so überzeugt davon, ob es gut gewesen war ihn anzuheuern...

Die beiden anderen kannte er nicht. Die Trill wirkte wie ein Counselor und der andere... der konnte alles sein.

Monserat wies mit einer Handbewegung auf die anderen freien Stühle am Tisch. "Wie Martengh schon so richtig bemerkte, ich bin Captain Monserat. Reisender Händler und Inhaber dieses Schätzchens. Ich nehme an, Sie alle sind hier um sich für eine freie Stelle an Bord zu bewerben", stellte er fest und wartete auf eine Reaktion ihrerseits.

Aggascha setzte sich, wie die anderen, an den Tisch und betrachtete Captain Monserat erst einmal näher. Er war ein schon in die Jahre gekommener Mann. Aggascha fand ihn nicht unbedingt unattraktiv, doch ihr Blick blieb an dem Glasauge hängen.

'Ein Glasauge, warum er das wohl hat?', fragte sich Aggascha selbst und sie erinnerte sich an den letzen Heldenroman, den sie verschlungen hatte.

Sie entspannte sich langsam, da Captain Monserat und sein Gast Shania Twillan relativ freundlich wirkten. Die Trill begann sich auch Shania näher anzuschauen. Natürlich so unauffällig wie möglich, doch sie machte sowas nicht oft und es schien ihr, daß sie doch ein wenig zu interessiert an den beiden Personen aussah. Selbst sitzend konnte Aggascha sehen, daß Shania auch ungewöhnlich groß war, aber sie hatte ein freundliches Gesicht und ein nettes Lächeln.

'Vielleicht sieht sie auch nur neben dem Captain so groß aus!', dachte die junge Ärztin und schlug ihre Beine übereinander. 'Ok vielleicht sollte ich mal was sagen, aber ich möchte eigentlich nicht anfangen. Wie könnte ich es denn anstellen?', dachte sie weiter.

Aggascha schaute in die Runde und meinte zu bemerken, daß die Anderen auch nicht so recht wußten, wie sie anfangen sollten. Sie strich ihre Haare aus dem Gesicht, versuchte ein selbstsicheres Gesicht aufzusetzen, was ihr ihrer Meinung auch gelang und lächelte (mal wieder) freundlich.

"Genau das, Captain Monserat, Sir. Darf ich mich vorstellen, ich bin Aggascha Sharan und bin Ärztin. Ich habe gehört, daß Sie noch einige Crewmember brauchen könnten", fing Aggascha an. Sie studierte dabei sein Gesicht und wartete auf eine Reaktion.

Doch dazu ließ Merced dem Captain kaum Zeit, denn er führte Aggaschas Vorstellung direkt mit seiner eigenen fort. "Ich schließe mich an. Mein Name ist William Merced. Ich bin Techniker, komme gerade vom Sternenflottenschiff Exeter und suche jetzt nach einer zivilen Stelle."

Als er merkte daß er damit Monserats Blick auf sich gezogen hatte, räusperte er sich kurz und fuhr dann fort: "Ein äußerst spendabler Ferengi hat mich freundlich darauf hingewiesen, daß Sie noch Leute suchen."

Er lächelte den Captain gestellt an und versuchte dabei nicht auf sein Glasauge zu starren.

Als der Captain dann nach einigen Sekunden schließlich den letzten Neuankömmling fragend ansah, entspannte sich Merced etwas und lehnte sich dann zu der Trill hinüber und flüsterte: "Wie ist ihm das wohl passiert...?"

Der Asiate hatte Monserat sofort erkannt, als er gemeinsam mit den anderen die Mannschaftsmesse betreten hatte und Monserat ihn offenbar ebenfalls. Jin hatte inzwischen den Empfang der Gedanken eingestellt. Aber bei dem Gesichtsausdruck des Captains war er versucht, ihn wieder aufzunehmen.

Als die beiden anderen der Gruppe sich nacheinander vorgestellt hatten, hatte Jin erfahren, daß die Trill Ärztin war und der andere Mann genauso wie er selbst Techniker war. Nun sah der Captain ihn an und dieser Blickkontakt war ihm peinlich. Jin war eigentlich ein ruhiger sich gegenüber strenger Mensch.

Aber der Verlust der gesamten Maquiscrew und damit seiner Lebensaufgabe, hatten ihn in ein schwarzes Loch fallen lassen, in dem er sich unter seiner Würde benommen hatte. Dieser Mann hatte ihn dabei erlebt und der einzige Grund, warum sich der Asiate ihm gegenüberstellte, war die gegebene Wettschuld, deren Nichteinlösung eine weitere Schmach für die angekratzte Würde des Japaners gewesen wäre.

Jin riß sich zusammen und ließ sich an seiner Stimme nichts anmerken. So sagte er mit ruhiger Stimme: "Ich bin Jin Méiyo, ehemaliger Lieutenant der Sternenflotte, Fachbereich Techniker." Nichte ohne Grund unterließ er es zu erwähnen, daß er und der Captain sich bereits kannten. Denn die anderen sollten, von seiner Seite aus, nicht davon erfahren.

Während die Trill und der Blonde ihre Anliegen vorgebracht hatten, hatte der Captain verstehend genickt und sie dabei eingehend gemustert. Bei den Worten des Japaners blieb sein Blick länger an ihm hängen. Er fragte sich gerade, wieso dieser nicht einfach gesagt hatte, daß er jetzt hier war um seinen Dienst anzutreten, als ihm bewußt wurde, in welchem Zustand er diesen Jin das letzte Mal gesehen hatte.

Monserat mußte breit grinsen, als er dachte, daß "Gin", der richtige Rufname für diesen Mann wäre, dann wandte er sich wieder Ms Sharan zu, weil sie als erste zu ihm gesprochen hatte und weil es der Anstand gegenüber einer Dame so gebot. Außerdem war sie recht hübsch.

"Eine Ärztin, sagen Sie. Nun selbstverständlich benötigt die Ivory für ihre nächste Fahrt noch unbedingt eine Ärztin an Bord. Besonders da wir mit unserer letzten..." Er stockte und seufzte dann auf.

"Wieso suchen Sie eigentlich noch eine Position auf einem Schiff? Haben Sie gerade Ihre Ausbildung abgeschlossen oder hat man Sie von Bord geworfen, weil Sie jemand aus purem Versehen... umgebracht haben?"

Der Captain grinste breit und lehnte sich zurück. Immerhin hatte ihm diesmal noch niemand Vorschriften gemacht, was er als Captain zu tun hatte. Eine Amazone, wie die Klingonin, die zwei Tage lang in seinem Dienst gestanden hatte, schien es hoffentlich nur einmal zu geben.

--- DS4, Andockschleuse 3

"So, da wären wir", verkündete der Caitianer und postierte Enehy so vor der Überwachungskamera des Schiffes, daß sie nicht zu übersehen war.

Impulsiv umarmte sie den Mann und drückte ihm einen Kuß auf die Wange.

"Der Kuß ist leider das einzige, das ich Ihnen als Dank bieten kann. Ich weiß gar nicht, wie ich das jemals wieder gut machen soll", stammelte sie verlegen und sah ihm offen in die Augen.

"Wenn Sie einmal jemanden treffen, der in eine Notlage geraten ist, dann helfen Sie einfach so gut Sie können. Das ist der schönste Lohn, den Sie mir geben können", sagte Yarnak, drückte Enehy noch ein paar Streifen Latinum in die Hand und verschwand dann in der Menschenmenge, die durch die Gänge der Station wuselte.

'So einen freundlichen Mann habe ich noch nie getroffen', dachte sich die junge Frau und warf einen abschätzenden Blick auf die Schleuse.

'Ob mich wohl jemand gesehen hat? Hoffentlich kommt bald jemand. Daß das dumme Ding auch keine Klingel hat.'

--- Ivory, Mannschaftsmesse

Martengh beäugte die neuen Leute mit Argusaugen. Es schien alles in Ordnung zu sein - jedenfalls hatte noch niemand eine Waffe gezogen.

In diese Überlegungen fiepte wieder sein Überwachungsprogramm hinein.

Nach einem Blick auf das nächste Terminal erkannte der Caldonier, daß sich diesmal nicht ganz so viele Leute vor der Schleuse drängten. Genau gesagt, handelte es sich um eine einzelne Person.

Ein fragender Blick in Richtung Monserat, und ein Nicken später war Martengh schon auf dem Weg nach unten.

--- Mannschaftsmesse, Tisch 4

Aggascha überlegte währenddessen, ob sie auf den zweiten Teil der von Monserats gestellten Frage näher eingehen sollte, aber verwarf es dann wieder.

So antwortete sie: "Ich habe meinen Abschluß in Medizin gemacht und habe mich dann auf StarBase57 versetzen lassen, wo ich als Krankenschwester gearbeitet habe. Dort habe ich dann gemerkt, daß ich doch lieber eine Stelle als Ärztin haben wollte." Sie legte eine kurze Pause ein, um zu überlegen wie sie das Nachfolgende am Besten formulieren konnte. "Außerdem hatte es noch ein paar persönliche Gründe, daß ich von dort weggegangen bin, die ich hier nicht näher erläutern möchte...

Naja, dann hab ich gehört, daß Sie eine Mannschaft brauchen und da dachte ich, ich probier mal etwas Neues aus. Ich kann Ihnen aber versichern, daß ich noch keinem, dem ich helfen wollte, Schaden zugefügt habe."

Aggascha hoffte, daß diese Erklärung ausreichend sein würde. Sie hatte sich schon oft gefragt, warum sie die StarBase verlassen hatte, hatte jedoch keinen guten Grund gefunden. Sie hatte damals nur instinktiv gespürt, daß es Zeit für eine Veränderung war, ihr Gesichtsausdruck wirkte nun nicht mehr so entspannt und freundlich, sondern eher verschlossen.

Noch einmal blickte die Trill unsicher in die Runde und nickte leicht mit dem Kopf, was wie eine Bestätigung dafür war, daß sie nun fertig war. Sie wartete nun bis jemand anderes oder der Captain das Wort ergriff.

--- Deck 4, in der Schleuse

Der Caldonier öffnete die Schleuse und vor ihm stand eine junge Frau. Das Rot ihrer Haare harmonierte mit dem Violett ihrer Augen. Ihre weiße Haut stand im krassen Kontrast dazu, aber der Gesamteindruck war... freundlich.

Eine freundliche Attentäterin?

Hm - warum nicht?

Er begrüßte die Frau mit einem herabschauenden Nicken - was mit seinen 2,58 m keine Kunst war: "Willkommen an Bord der Ivory. Ich nehme an, daß Sie sich für eine Stelle interessieren?"

--- bei der Schleuse

Langsam ließ Enehy den Blick an dem Mann hochwandern und bemerkte dabei die vierfingrigen Hände und Knochenwülste des Schädels.

'Diese Rasse kenne ich', dachte sie erfreut, während sie ihren Gegenüber erleichtert anlächelte.

"Hallo, ich bin Enehy", stellte sich die junge Frau lächelnd vor, und nickte Martengh zu.

"Sie haben recht, ich suche in der Tat eine Anstellung, bin mir aber nicht so sicher, daß Sie an Bord Verwendung für mich haben. Ich bin Krankenschwester und müßte dringend Arbeit haben. Außerdem muß ich Ihnen sagen, daß Sie eine der beeindruckendsten Personen sind, die mir je begegnet sind. Sie sind Caldonier, richtig?"

Martengh wußte im ersten Moment nicht so recht, was er denken sollte. Diese Frau machte einen durch und durch neugierigen und fröhlichen Eindruck. Gar nicht wie ein Attentäter...

Hm - wahrscheinlich hatte sein Bruder sie unter Drogen gesetzt. Er würde mal eine unauffällige Untersuchung in der Krankenstation unternehmen.

Nein, unmöglich! Schließlich würde sie genau dort arbeiten!

Eine gute Taktik...wenn Monserat diese Frau aufnehmen würde, müßte Martengh sehr aufpassen...

Nach diesen Gedanken antwortete er auf ihre Frage: "Ja, ich bin Caldonier. Martengh No'Orba. Sicherheitschef hier an Bord. Willkommen. Folgen Sie mir bitte zum Captain."

Mit diesen Worten drehte er sich um und ging zum Turbolift.

--- Mannschaftsmesse, Tisch 4

Monserat gefiel, was er hörte und er wechselte einen schnellen Blick mit Shania, die ebenfalls nickte. Sie schien also auch dafür zu sein, der Trill eine Chance zu geben. Und Martengh konnte erst gar nichts dazu sagen, da er sich ja wieder mal aus dem Staub gemacht hatte.

Insgeheim mußte der Captain lachen, weil sein 1. Offizier wohl heute öfter noch Charlys Posten einnehmen würde und den Laufburschen spielen mußte.

"Ms Sharan", er setzte eine kurze stimmungsvolle Pause, "willkommen an Bord der Ivory. Die Krankenstation ist die Ihre. Sie befindet sich übrigens auch auf diesem Deck." Danach wandte er sich dem blonden Mann zu, der wirkte, als hätte er wirklich etwas zu bieten.

"Techniker sind Sie, sagen Sie also... weshalb verließen Sie die Exeter, wenn ich fragen darf? Gab es einen Grund dafür, die Sternenflotte zu verlassen?", bohrte der Franzose mit dem silbernen Haar nach.

Bevor der Gefragte noch antworten konnte, setzte der Captain nach: "Außerdem glaube ich nicht so ganz an das spendable Wesen eines Ferengis." Monserat konnte sich ein vergnügtes Grinsen noch gerade verkneifen.

Das Lächeln, das Merceds Lippen seit den Worten der Trill gebildet hatte, wurde bei der letzen Frage des Captains wohl noch deutlicher. Beinahe hätte er lachen müssen, konnte es sich aber verkneifen.

"Oh, Ferengi können durchaus spendabel sein. Man muß sie nur..." Er überlegte kurz und grinste kurz breit, bevor er fortfuhr: "... mit der entsprechenden Wortwahl noch einmal darauf aufmerksam machen. Sie verstehen sicherlich."

Sein Gesichtausdruck wurde wieder etwas ernster. "Zu Ihrer Frage, wieso ich die Sternenflotte verlassen habe... sagen wir einfach, ich habe mich nicht so gut mit dem Sternenflottenkommando verstanden."

Er legte eine kurze Pause ein und fügte dann hinzu: "Mit der Besatzung selbst habe ich mich immer gut vertragen, und die Maschinen der Exeter kannte ich besser als meine Westentasche."

Dann setzte er wieder ein breites Lächeln auf. "Ich konnte die kleinsten Abweichungen der Arbeitsparameter des Warpkerns im Maschinenraum spüren - ohne einen Blick auf die Anzeigen zu werfen..."

Sein Blick fixierte den des Captains. "Sie werden sicherlich feststellen, daß Ihre Maschinen wie ein Kätzchen schnurren werden. Ich bin überzeugt davon, Ihnen sehr gute Dienste leisten zu können und Sie werden lange suchen müssen, um einen Ingenieur mit meinen Fähigkeiten zu finden."

Er lächelte und hoffte, den Captain überzeugt zu haben. Im Rückblick fiel ihm ein, daß er sich, da er sein Leben lang bei der Sternenflotte war, noch nie irgendwo hatte schmackhaft machen müssen und hoffte inständig, daß sein erster Versuch hierbei zum Erfolg führte.

Shania, die das ganze Geschehen eine Weile beobachtet hatte, stellte fest, daß es ihr für die nächste Fahrt sicher nicht an Gesprächsstoff mangeln würde. Sie zweifelte keinen Moment daran, daß Monserat auch diesen Mann an Bord nehmen würde, auch wenn der Captain vorgab noch zu überlegen.

Gleichzeitig merkte sie sich vor, den Neuen nach seinem Trick mit dem Ferengi zu fragen. Dieser war ihr nämlich so geschäftstüchtig erschienen, daß er eher das Doppelte für diese Information verlangt hätte, als sie gratis herzugeben. Sie hatte die Bar fast fluchtartig verlassen müssen, als er auch noch begonnen hatte ihr die Größe seiner Ohren in den schillerndsten Farben anzupreisen...

Als Shania Merceds Blick bemerkte, lächelte sie ertappt und sah dann wieder zu der Trill. Diese wirkte sichtlich erleichtert und fast fröhlich. Die Anspannung der Vorstellung war inzwischen von ihr abgefallen. Auch wenn sie noch ein wenig schüchtern wirkte. Aber die Neugier, was sie hier erwarten würde, überwog.

Innerlich atmete Monserat erleichtert auf. Es schien auch völlig normale Techniker zu geben, die ohne Job waren. Die weder zänkisch, noch verliebt oder aufbrausend waren.

"Hmmm... die Sternenflotte geht mich nichts an und ich werde niemanden als schlecht abstempeln, nur weil er der Sternenflotte den Rücken kehrt, aus welchen Gründen auch immer." Er musterte den Techniker noch einmal, der schon sehr gespannt auf seine Antwort zu warten schien. "Alles was für mich zählt ist, was ich von Ihnen halte und mein Gespür sagt mir, daß Sie gute Arbeit als Techniker leisten werden. - Okay, Sie dürfen sich ab heute zur Crew der Ivory zählen. "

Für einen Augenblick ließ er seinen Blick auf dem Japaner ruhen, bevor er sich wieder seinen beiden neuen Mannschaftsmitgliedern zuwandte: "Wenn Sie wollen, können Sie sich bereits Ihre Quartiere ansehen, ihr Gepäck an Bord holen oder etwas zu sich nehmen. Der Replikator der Mannschaftsmesse steht zu Ihrer freien Verfügung."

Heute hatte er einen wirklich guten Tag.

"Die in den Quartieren für mehr als ein einfaches Frühstück zu verwenden, davon würde ich abraten, wenn Sie einen feinen Gaumen haben."

Heute hatte er sogar einen sehr guten Tag.

"Sharan, Sie haben Quartier Nr. 19 und Ihnen gebe ich die Nr. 21, Merced. Haben Sie sonst noch Fragen?", erkundigte sich der Captain, zufrieden schon mal eine Ärztin und einen Techniker gefunden zu haben.

Es war besser, mit diesem Jin alleine zu sprechen. Scheinbar war ihm der Grund, wieso er auf dieses Schiff kam, mehr als peinlich. Monserat war verständnisvoll genug, um ihn nicht vor den anderen bloßzustellen.

Aggascha war überglücklich, ihre Augen strahlten richtig. Sie konnte nur ein einfaches "Danke" rausbringen. Sie stand von ihrem Stuhl auf, bemerkte aber auf einmal, daß Captain Monserat noch gar nicht alle angehört hatte, den stillen Japaner würde er alleine anhören.

'Merkwürdig, ob das wohl normal ist?' fragte sich Aggascha und sah Jin dabei kurz aber ernst ins Gesicht.

Aggascha überlegte kurz, was sie noch alles zutun hatte und bemerkte, daß auch Merced aufstand. Sie fand ihn nett, obwohl sie ihn aufgrund seiner Begrüßung ein wenig einschüchternd fand.

'Wir gehören ja nun zur gleichen Crew' dachte sie, überwand sich und fragte Merced: "Müssen Sie auch noch einiges auf DS4 erledigen oder schauen Sie sich zuerst Ihr Quartier an? Wir könnten uns ja in der Bar des spendablen Ferengis treffen und unseren Einzug feiern"

--- Mannschaftsmesse, Tisch 4

Merced rückte seinen Stuhl wieder an den Tisch zurück und wandte sich noch kurz an den Captain. "Danke, Sir. Sie werden es nicht bereuen. Wenn ich noch Fragen habe, melde ich mich bei Ihnen..."

Dann entfernten er und Aggascha sich einige Schritte von dem Tisch, um dem Captain Gelegenheit zu geben, sich unter vier Augen mit dem Asiat zu unterhalten. Offenbar war da noch irgend etwas im Busch.

--- Turbolift

Enehy folgte Martengh eiligst in den Turbolift und holte erst einmal tief Luft.

"Mr. No'Orba, ich möchte ja eigentlich keinen schlechten Eindruck machen, aber ist Ihnen vielleicht schon einmal in den Sinn gekommen, daß es schwer sein könnte mit Ihrem Tempo Schritt zu halten? Ich habe nun mal nicht so lange Beine wie Sie und dem entsprechend kürzer sind auch meine Schritte."

Das eisige Schweigen, das ihrer Anmerkung folgte, war Enehy Antwort genug und sie entschloß sich, besser den Mund zu halten, bevor sie wieder von Bord geworfen wurde. Glücklicherweise hielt in diesem Moment auch der Turbolift an, und sie folgte dem Sicherheitschef mit einem respektvollen Abstand in die Bar.

--- Mannschaftsmesse, Eingang

Etwas enttäuscht blickte sich Enehy in der Messe um.

'Na ein bißchen großzügiger hätten sie mit den Farben ja sein können', ging es der jungen Frau durch den Kopf, während sie dem Sicherheitschef hinterhertrottete.

Schließlich blieb Martengh vor einem Tisch stehen, an dem eine junge Frau und ein etwas älterer Mann saßen.

--- Mannschaftsmesse, Tisch 4

"Guten Tag, ich habe gehört, daß Sie Personal suchen und wollte Ihnen meine Dienste als Krankenschwester anbieten, Sir", wandte sie sich an den Mann und wartete ab.

Irritiert sah der Captain die junge Frau mit den violetten Augen an, die mit Martengh in die Mannschaftsmesse geschneit kam. Daß sein Freund zur Schleuse gegangen war, um anscheinend noch jemand hereinzulassen, hatte er schon längst vergessen.

Nachdem keiner der beiden Neuen noch eine Frage an ihn stellen wollte, hatte er sich gerade dem Japaner zugewandt -in der festen Absicht, die Sache mit gestern, die ihm Unbehagen zu bereiten schien, aus der Welt zu schaffen - als er durch ihre Ankunft in seinem Vorhaben gestört wurde.

Die Frau schien so mitteilsam zu sein, daß sie gar nicht bemerkte, daß sie mitten in ein Gespräch hereinplatzte. Geduld war anscheinend keine ihrer Tugenden. Anscheinend lag es in ihrer Art. Monserat konnte sich gut vorstellen, wie aufdringlich sie erst als Krankenschwester auf ihre Patienten wirken mußte. Umso besser, denn genau eine solche Person konnte er gut gebrauchen. Denn sie garantierte ihm, daß niemand ohne Grund auf die Krankenstation gehen würde.

Aber er würde der Reihe nach vorgehen. So wandte er sich ihr nur kurz zu. "Nehmen Sie bitte Platz, Miss ... äh ... ja. Ich beschäftige mich gleich mit Ihnen." Dann sah er wieder den Asiaten an. Nun würde er natürlich kein Wort über ihr erstes Treffen verlieren. "Natürlich habe ich noch immer Bedarf an weiteren Technikern an Bord meines Schiffes. Sie sagen, Sie waren Lieutenant? Darf ich die Gründe erfahren, warum Sie nicht mehr bei der Sternenflotte sind?" Fragend blickte er in die dunklen Augen des Mannes, dessen Name er sich einfach nicht merken konnte.

--- Mannschaftsmesse, abseits Tisch 4, inzwischen

An die Trill gewand ging Merced lächelnd auf ihre Fragen ein: "Ich werde mir wohl mal das Quartier ansehen. Auf DS4 habe ich nämlich nichts mehr zu tun und der spendable Ferengi wird wohl auch nicht so gut auf mich zu sprechen sein."

Er dachte kurz an den Ferengi und seinen kräftigen Schlag auf den Tisch. 'Nein, der ist ganz bestimmt nicht gut auf mich zu sprechen.'

Die Gedanken an den Ferengi beiseiteschiebend, setzte er freundlich hinzu: "Aber wir können uns gerne hier treffen, sobald Sie alles auf der Station erledigt haben."

"Ja, danke, es würde mich sehr freuen, ich muß noch einiges auf der Station erledigen. Wie wäre es, wenn wir uns in einer Stunde vor den Quartieren treffen? Man sieht sich dann ja sicher!", beendete Aggascha das Gespräch, ohne eine Antwort abzuwarten und eilte aus der Mannschaftsmesse.

Merced konnte ihr nur verblüfft hinterher schauen und er fühlte sich ein ganz kleines bißchen im Regen stehen gelassen. 'War das jetzt eigentlich Absicht?', fragte er sich und schritt zur Tür hinaus auf den Gang.

--- Gänge, Deck 3

In Richtung des Turbolifts war es menschenleer und auch in der anderen Richtung war niemand zu sehen. Aggascha war wohl ziemlich schnell in den Turbolift gelaufen und Merced war sich nicht schlüssig, was er jetzt tun sollte und so beschloß er sein neues Quartier aufzusuchen.

"Computer. Wo befindet sich Quartier Nummer 21?"

Ein leises Hintergrundzirpen, gefolgt von einer angenehm klingenden, weiblichen Stimme erfüllte den Gang in seiner unmittelbaren Nähe: "Auf dem gleichen Deck wie du. Immer den Gang runter in entgegengesetzter Richtung zum Turbolift und dann rechts."

Ein leicht erstauntes "Danke" drang aus seinem Mund. Hatte der Computer ihn gerade geduzt? Äußerst merkwürdig. Er beschloß, dem später auf den Grund zu gehen und machte sich auf den Weg den Gang entlang.

"Computer, kannst du mir in einer Stunde Bescheid geben?"

"Aber gerne", kam die Antwort zurück und klang fast ein bißchen fröhlich. Sehr seltsam.

Merced bog um eine Ecke und kam in einen langen Gang, in dem sich mehrere, kleine Eingänge befanden, alle numeriert. Er suchte nach der 21 und als er sie gefunden hatte, trat er ein.

--- Quartier 21

Die Türen schlossen sich zischend hinter ihm. Der Raum war erstaunlicherweise nicht viel kleiner als sein altes Quartier auf der Exeter. Etwas karg eingerichtet vielleicht, aber das ließe sich ja ändern.

Auch die Luft war etwas stickig, so als wenn lange niemand den Raum bewohnt hätte und deshalb aktivierte er erst mal die Lüftung, die sofort kühle, frische Luft in den Raum leitete. Er setzte sich auf das, wohl seit ewigen Zeiten nicht mehr benutzte, Bett und überlegte kurz, was er nun tun sollte.

Dann stand er wie nach einem Geistesblitz auf und ging zu dem Tisch, auf dem sich ein Computerterminal befand. Er war immerhin auf einem neuen Schiff, daß er noch nicht kannte und so beschloß er die Zeit bis zu seiner Verabredung mit der Trill schon mal mit technischen Spezifikationen zu arbeiten und sich mit dem Schiff zumindest in der Theorie vertraut zu machen.

"Computer. Die technischen Spezifikationen und Schemagrafiken des Schiffes auf dieses Terminal legen!"

Sofort ergoß sich eine wahre Flut an Datensätzen auf dem kleinen Bildschirm, von denen viele aber nur den Eintrag "ZUGRIFF VERWEIGERT" und eine Dateinummer beinhalteten. Offensichtlich war der Zugriff auf die sensitiven Daten des Schiffes eingeschränkt. Er würde den Captain bei nächster Gelegenheit danach fragen müssen. Vorerst gab er sich jedoch mit den vorhandene Daten zufrieden.

--- Mannschaftsmesse, Tisch 4

Der Japaner hatte nun bereits mehr über die restliche Crew erfahren als sie über ihn. Das Merced auch Techniker war, fand er interessant, allerdings war es überhaupt nicht seine Art, mit seiner Arbeit so zu prahlen, auch wenn dieser das nicht so empfunden zu haben schien. Und die Trill war also Ärztin, womit die gesundheitliche Seite der Crew abgedeckt gewesen wäre.

Jin war es recht gewesen, daß Monserat ein Gespräch unter vier Augen mit ihm hatte führen wollen, auch wenn es den anderen vielleicht eigenartig vorgekommen wäre. Aber die Schmach, die er auf sich geladen hatte, wollte er auch nicht aller Welt erzählen.

Monserat hatte sich ihm gerade zugewandt, als eine aufgedrehte junge Frau die Mannschaftsmesse betreten hatte und ohne auf ihre Umgebung zu achten einfach den Captain angesprochen hatte. Diese Frau war das volle Gegenteil von dem Asiaten und als sie erwähnt hatte, daß sie Krankenschwester sei, hatte Jin spontan beschlossen, die Krankenstation zu meiden, da ihn diese überdrehte Person auf Dauer verrückt machen würde.

Nun wandte sich Jin wieder dem Captain zu, um seine Frage zu beantworten:

"Ich bin ein Samurai, mein Ehrencodex verpflichtet mich den Schwachen zu helfen und sie vor den Starken zu schützen. Diese Ziele ließen sich auch immer mit der Sternenflottenmanier verbinden, aber mit dem Friedensvertrag mit den Cardassianern hat die Sternenflotte Unschuldige der Waffengewalt der Cardassianer ausgeliefert. Das konnte und wollte ich nicht akzeptieren. Da aber die Sternenflotte in dieser Sache ihren Standpunkt nicht änderte, blieb mir nichts anderes, als den Dienst zu quittieren. Denn wenn ich gegen meinen Ehrencodex verstoßen würde, würde ich mein Gesicht verlieren", sagte Jin mit ruhiger Stimme und sah dabei dem Captain in die Augen. Sein Blick verhärtete sich, als er von seinem Ehrenkodex sprach.

Jin war klar, daß er keine einfach gestrickte Persönlichkeit war, aber er würde sich auf keinen Fall ändern und so erwartete er die Antwort des Captains.

Monserat biß die Zähne zusammen. Er konnte den Namen dieser Rasse einfach nicht mehr hören. Seit seiner letzten Fahrt hatte er geradezu eine Aversion gegen diese Bewohner des Universums entwickelt. Also konnte er den Japaner im Grunde seines Herzens nur zu gut verstehen, was er ihm auch nicht verheimlichte.

"Ich denke", begann der Captain, "es gibt keinen besseren Grund um aus der Sternenflotte auszutreten, als die Scheinheiligkeit der Föderation nicht länger mitzumachen. Die Cardassianer hätten nie durch so einen windigen Vertrag quasi zur Föderation gehören sollen und schon gar nicht, wenn sie uns die Bedingungen aufzwingen. Man hätte sie..."

Für einen Moment stockte der Captain und dann atmete er tief durch und fuhr fort: "... aber das gehört nicht hierher. - Ich achte Ihre Gründe und da ich Techniker für mein altes Mädchen immer noch gut gebrauchen kann: Willkommen an Bord, Jin."

Als er merkte, wie der Blick des Asiaten ihn nachdenklich fixierte, da er ihn als einzigen beim Vornamen nannte, beeilte sich Monserat hinzuzufügen: "Ihren Nachnamen werd ich mir wohl nie merken... Sie haben das Quartier 18. - Falls Sie noch irgendwelche Fragen haben, dann heraus damit."

Jin hatte also die Anstellung auf der Ivory. Nur, daß der Captain ihn mit seinem Vornamen angesprochen hatte, störte ihn.

Die nachgereichte Entschuldigung von Monserat fand der Asiate nur wenig zufriedenstellend, daher entgegnete er auf die Frage des Captains mit ruhiger Gelassenheit: "Mein Nachname ist Méiyo, das ist japanisch und bedeutet Ehre. Außerdem bitte ich um ein dringendes Gespräch unter vier Augen mit Ihnen."

Der Japaner erhob sich vom Tisch, an dem der Captain und die beiden Frauen saßen. Mit einem Nicken verabschiedete er sich bei jedem, wobei er bei den Frauen die Augen verschloß. Diese uralte Sitte diente dazu, nicht den Anschein zu erwecken, auf die Brust der Frauen zu starren.

Dann wandte er sich vom Tisch ab und verließ die Mannschaftsmesse.

--- Gang, Deck 3

"Computer! Auf welchem Deck befindet sich das Mannschaftsquartier mit der Identifikationsnummer 18?", fragte Jin den Hauptcomputer des Schiffes.

"Das Quartier 18 befindet sich auf diesem Deck, mein Freund!", antwortete der Hauptcomputer mit einer weiblichen Sprachadaption.

'Mein Freund?', wiederholte Jin in Gedanken. 'Hier stimmt was nicht!' Deshalb befahl er dann mit ruhiger Stimme: "Computer, führe eine Selbstdiagnose deiner Sprachmatrix durch!"

Die weibliche Stimme des Computers antwortete: "Meine Sprache ist völlig in Ordnung, falls es dich interessiert und für eine Selbstdiagnose fehlen dir leider die nötigen Rechte, mein Dummerchen.."

Während dieses Dialoges mit dem Hauptcomputer des Schiffes, hatte Jin das ihm zugewiesene Quartier erreicht.

--- Mannschaftsmesse, Tisch 4

Enehy sah dem Asiaten verwundert nach und wandte sich dann ungeduldig an den Captain.

"Hören Sie, es tut mir leid, daß ich mitten in ein Gespräch geplatzt bin, aber ich hätte mich gewiß nicht eingemischt, wenn es mir nicht unheimlich wichtig wäre. Gerade hat man mir mein gesamtes Gepäck geklaut und ich bin praktisch mittellos. Ich wäre Ihnen also zu unendlichem Dank verbunden, wenn Sie mich an Bord nehmen könnten, bitte." Flehend sah sie von einem zum anderen.

"Oh, Sie Arme. Ich wußte nicht, daß man seinem Gepäck auf DS4 nicht mehr den Rücken kehren darf. Aber wir haben noch etwas Zeit, und ich kenne jemanden auf DS4, der Ihnen vielleicht helfen könnte, Ihr Gepäck wieder zu erhalten. Vielleicht haben wir ja Glück." Shania lächelte der jungen Frau aufmunternd zu. Es war immer gut, einige Kontakte zu haben.

Dann legte sie ihre Hand auf den Handrücken von Monserat und sah ihn bittend an: "Was meinst du? Wäre es nicht gut, für alle Fälle auch eine gute Krankenschwester an Bord zu haben? Was passiert, wenn wieder einmal die Ärztin ausfällt?"

Der Captain sah von der Frau mit den violetten Augen zu seiner Freundin und dann wieder zurück. Noch immer war er mit seinen Gedanken bei dem Japaner mit dem seltsamen Namen, der ihm fast zu fixiert auf seine Ehre war und als Erster Offizier sicher nur Ärger gemacht hätte. Er fragte sich, weshalb er ihn unter vier Augen sehen wollte.

--- Quartier 18

Der Asiate ging hinein und stellte sowohl Reise- als auch Schwerttasche ab. Sein erster Blick fiel auf das Tischterminal seines Quartiers und er aktivierte dieses: "Computer, Aufnahme eines neuen Autorisierungscodes für das Crewmitglied Jin Méiyo!", befahl er.

Der Sprachprozessor des Terminals antwortete: "Aufnahme bereit!".

Mit ruhiger und deutlicher Stimme sprach Jin: "Méiyo82Kataná"

"Aufnahme bestätigt! Autorisierungscode gespeichert!", meldete der Computer.

Der Asiate beugte sich näher an den Terminal und sagte dann: "Computer, nimm Zugriff auf die Sprachmatrix des Hauptcomputers und lege die angeforderten Daten auf dieses Display."

Wie von Jin erwartet konterte der Computer mit: "Für diese Daten ist ein Autorisierungscode erforderlich!"

Jin grinste leicht und sagte dann Autorisierungscode Jin Méiyo: "Méiyo82Kataná!"

Doch statt wie erwartet ein "Autorisierungscode akzeptiert" zu hören und die Daten der Sprachmatrix auf seinem Display zu sehen, ertönte wieder die weibliche Stimme des Hauptcomputers.

"Schätzchen, dein Autorisierungscode autorisiert dich nicht zu mehr, als jeder andere blinde Passagier an Bord auch ausrichten kann, falls er vorhat, das Schiff und die Sicherheitsvorkehrungen auszuspionieren. Nämlich zu rein gar nichts. Also nicht böse sein, aber so erreichst du bei mir gar nichts", flötete die Frauenstimme.

Mit einem Zähneknirschen nahm der Japaner die Antwort zur Kenntnis und wartete darauf, bis der Captain für ihn Zeit hatte. Wenn er Glück hatte, dann würde ihn dieser Hauptcomputer in Zukunft nicht mehr narren.

--- Mannschaftsmesse, Tisch 4

"Monserat...", hakte Shania drängend nach um endlich eine Antwort von ihm zu hören. Sie mochte die rothaarige Frau, die so ungezwungen, locker und fröhlich war. Und das, obwohl ihr so etwas Dummes passiert war. Ertappt fuhr dieser zusammen.

"Krankenschwester, ja, eine Krankenschwester könnten wir sehr gut an Bord gebrauchen bei unserem nächsten Flug. Ich möchte mich nicht mehr nur auf eine Kraft in der Krankenstation verlassen müssen. Aber was nun Ihre Vergangenheit betrifft... gibt es da etwas, daß ich wissen sollte? Zum Beispiel, warum Sie Ihr letztes Schiff verlassen haben?" Nachdenklich beobachtete Monserat die Rothaarige, während er sich zurücklehnte um einen Schluck Tee zu sich zu nehmen.

Enehy bemerkte zu ihrem Ärger wie sie rot anlief.

'Reg dich nicht auf, sag ihm die Wahrheit.'

"Nun, das ist so, Captain, ich habe noch nie auf einem Schiff gearbeitet. Aber es ist doch nicht wichtig, ob sich die Krankenstation auf irgendeinem Planeten befindet, oder ob sie auf einem Raumschiff ist, das durch das All kreuzt. Die Hauptsache ist, daß die Station gut ausgerüstet ist und über vernünftiges medizinisches Personal verfügt, oder?"

Die Xenexianerin verschränkte die Arme vor der Brust und sah ihre Tischnachbarin an.

"Sie meinen, Sie könnten mir mein Gepäck wieder besorgen?", fragte Enehy ungläubig und blickte die Frau fast ehrfürchtig an.

"Ja, das denke ich", entgegnete Shania und lächelte der jungen Frau aufmunternd zu. "Du müßtest mir nur noch nähere Angaben darüber machen, wo dir dein Gepäck abhanden gekommen ist und wie es aussah. Mein..." Shania machte eine leichte Pause und schmunzelte. "Sagen wir mal mein Kontaktmann auf DS4 wird alles andere machen. Ich habe noch etwas bei ihm gut. Und er ist sehr gut in solchen Sachen.

Ich darf doch Du zu Dir sagen oder?", fragte sie unvermittelt und sah dann abwartend in die violetten Augen.

Der Captain hatte der Unterhaltung ziemlich abwesend zugehört, während er seinen Tee zu Ende getrunken hatte. Die Xenexianerin schien zu wissen was sie wollte und das war auch gut so, da sie in Zukunft mehr mit störrischen Kranken zu tun haben würde.

Also stand er einfach auf und sagte: "Falls ich den Plausch der beiden Frauen für einen Moment unterbrechen darf. Aber Miss...", er sah in ihre Augen und fügte automatisch hinzu, "Violet, Sie haben Ihren Platz an Bord. Shania wird Ihnen ein Quartier zuweisen. Wenn mich die beiden Damen jetzt entschuldigen würden. Ich habe noch zu tun."

Damit verabschiedete Monserat sich mit einem Nicken und machte sich auf den Weg zur Brücke.

--- DS4, Quartiere

Aggascha sprang Anna förmlich in die Arme.

"Ich wurde angestellt und hab jetzt wieder einen Job, jetzt pack ich erst mal meine Sachen", sagte Aggascha voller Elan. Sie versuchte sich an alle Sachen zu erinnern, die sie mit haben mußte. Das war aber nicht so leicht, da Anna sie mit Fragen löcherte und versuchte ihr gute Ratschläge zu geben.

Endlich hatte Aggascha alles zusammen und umarmte Anna ein letztes Mal.

"Melde dich bloß nicht", rief Anna ihr mit dem gewohnten Sarkasmus hinterher, als Aggascha schon wieder die Gänge runterrannte.

--- Ivory, Mannschaftsmesse, Tisch 4

Enehy sah dem Captain einen Augenblick lächelnd nach und wandte sich dann wieder Shania zu.

"Natürlich ist das Du in Ordnung, aber dann nehme ich mir das gleiche Recht heraus, ok? Um noch mal auf mein Gepäck zurückzukommen. Ich hatte eine einfache schwarze Tasche dabei und man hat sie mir in der Bar Yoqua gestohlen. Es waren keine wertvollen Dinge dabei, aber mein Glücksbringer Igor war in der Tasche. Er fehlt mir jetzt schon."

Traurig schüttelte sie den Kopf und spielte mit der Kette, die sie um ihren Hals trug.

"Na, wenn Igor nicht wieder auftaucht, muß ich mir eben einen neuen Glücksbringer suchen. Shania, ich habe noch zwei Fragen. Welches Quartier werde ich bekommen und bist du Monserats Freundin? Ihr wirkt so vertraut miteinander. Wenn ich zu indiskret bin, mußt du natürlich nicht antworten."

"Du kannst Quartier Nr. 14 haben. Das ist übrigens das meines Erachtens schönste, soweit man das sagen kann." Shania lächelte und ging dann auf die zweite Frage der Xenexianerin ein. "Nein, ich bin nicht Monserats Freundin, sondern eher SEIN Glücksbringer. Wir liefen uns mal über den Weg und er nahm mich väterlich unter seine Fittiche. Außerdem ist er bisher immer für mich da gewesen, obwohl es ihm keinen Profit bringt. Im Grunde wäre er ja auch schon zu alt für mich und unser Größenunterschied wird dir ja auch aufgefallen sein."

Shania lachte glockenhell auf, dann erhob sie sich und unterstrich damit ihre Worte. Für eine Frau war sie wirklich ungewöhnlich groß - besonders gegen den Captain - doch sie wirkte nicht so, wenn man sie in der Ferne sah. Schon viele Männer hatten sich dadurch täuschen lassen.

"Ich räume nur schnell die Sachen ab und werde dann meine Beziehungen spielen lassen. Auf deinen Igor bin ich schon sehr gespannt. Eine schwarze Tasche sagtest du? In Yoquas Bar? Dann denke ich, haben wir die besten Chancen auf Erfolg." Sie lächelte vielsagend, während sie alles auf ein Tablett stellte und einen Schritt in Richtung Replikator machte. Dann wandte sie sich plötzlich noch einmal um.

"Sag mal... wie heißt du eigentlich?"

"Oh hab ich das noch nicht erwähnt? Ich bin Enehy", meinte die Xenexianerin lächelnd und stand ebenfalls auf.

"Shania, warte bitte noch einen Augenblick, bitte. Wie gesagt arbeite ich zum ersten Mal auf einem Raumschiff. Kannst du mir vielleicht noch erklären, wie ich zu meinem Quartier komme?", fragte Enehy verlegen lächelnd und folgte Shania.

Kurz darauf hatte Enehy die gewünschte Wegbeschreibung erhalten und machte sich, nachdem sie Shania fröhlich gewunken hatte, zu ihrem Quartier auf.

Für einen Moment sah Shania der fröhlichen Xenexianerin noch nach, bevor sie endgültig zum Replikator ging und ihre Arbeit verrichtete. Danach eilte sie an Martengh vorbei, den sie mit einem Lächeln bedachte, und verließ die Mannschaftsmesse.

--- Brücke

Nachdem der Captain die Brücke betreten hatte und auf seinem Stuhl Platz nahm, dauerte es nicht lange, und der Turbolift brachte den asiatischen Techniker mit. Zischend öffneten sich die Türen und er trat auf die Brücke. Monserat hatte nicht versäumt ihm mitzuteilen, daß er jetzt Zeit für ihr gemeinsames Gespräch hatte. Deshalb nickte der Captain ihm freundlich zu und bat ihn näher zu treten.

Martengh war in der Mannschaftsmesse geblieben und saß wahrscheinlich immer noch an einem der Nebentische. Weniger um zu essen, sondern eher um zu beobachten, was sich rund um die Mannschaftsquartiere abspielte. Also war nicht damit zu rechnen, daß er das Gespräch durch sein Auftauchen stören würde.

Unbehaglich sah sich der Japaner um, als würde er erwarten, daß sie hier nicht unter vier Augen miteinander reden konnten und sein Anliegen an fremde Ohren drang.

Der Captain kam seiner Frage zuvor. "Wir sind hier absolut alleine. Mein Sicherheitsoffizier befindet sich noch in der Mannschaftsmesse und Brückencrew habe ich noch keine. Sie und die beiden anderen sind momentan die ersten, die ich anheure. - Also, was liegt Ihnen auf dem Herzen?"

Verstehend nickte der Asiate, der soviel Wert auf Ehre legte und trotzdem dem Alkohol nicht entsagen konnte. Dann brachte er vor, was ihm auf dem Herzen lag.

"Ich bin es gewohnt, für die Ehre zu kämpfen und mein Leben aufs Spiel zu setzen. Es gäbe keinen ehrenvolleren Tod für mich, als auf dem Schlachtfeld mein Leben für eine gute Sache zu verlieren. So etwas ist natürlich für mich. Hier aber stelle ich alle meine Ideale und meinen Glauben in Frage. Denn Sie glauben doch nur an den Profit und die damit zu erreichende Macht. Aber Sie wissen auch den Grund, warum ich mich Ihnen anschließen... muß."

Automatisch nickte Monserat, da er sich betroffen fühlte. Doch der Japaner, der sich selbst Jin nannte, schien es gar nicht zu bemerken und fuhr mit seinen Ausführungen fort. "Trotzdem möchte ich, daß Sie mich von meinem Versprechen entbinden. Denn wenn ich es einfach nur nicht einhalte, würde ich mein Gesicht verlieren und könnte mir nicht mal mehr selbst in die Augen sehen."

Der Captain war beeindruckt von der Ehrlichkeit des Mannes, trotzdem war eine Spielschuld in dem Fall auch bares Geld wert, und alles was ihn dabei interessierte war: "Und was habe ich davon?"

--- Quartier 14

Glücklich darüber, eine Anstellung gefunden zu haben, betrat Enehy ihr Quartier und steuerte direkt auf das Bett zu. Vorsichtig ließ sie sich darauf fallen um die Federung zu prüfen und ein breites Grinsen erschien auf ihrem Gesicht.

'Das ist zwar kindisch, aber mich sieht sowieso keiner.'

Behende kletterte sie auf das Bett und begann übermütig darauf herumzuspringen. Völlig außer Atem ließ sie sich etwas später darauf fallen, zog die Decke über sich und nickte ein.

--- Brücke

Jin schien mit dieser Frage gerechnet zu haben. Zumindest schien er nicht im Mindesten erstaunt darüber zu sein. Was aber eher daran lag, daß er in den Gedanken des Captains gelesen hatte, daß dieser durchaus bereit war auf ihn zu verzichten, wenn der Gegenwert stimmte.

"Im Gegenzug bekommen Sie eine wertvolle Information über etwas, das sich auf DS4 befindet und unter der Hand zum Verkauf freigeboten wird, Captain Monserat. Sicher könnten Sie versuchen, diese Information selbst in Erfahrung zu bringen und wahrscheinlich wird Ihnen das auch gelingen, aber bis Sie es schaffen, könnte es bereits zu spät sein und die Ware hat bereits ihren Besitzer gewechselt. - Ich verspreche Ihnen bei meiner Ehre, daß es ein gutes Geschäft für Sie ist", fügte Jin hinzu, um den Captain noch mehr zu beeindrucken.

In dessen Gedanken las er, daß er es fast geschafft hatte, ihn zu überzeugen. Auch wenn es nicht gerade seiner Ehre förderlich war, ein nicht ganz legales Geschäft zu unterstützen, so diente es dem guten Zweck, einen neuen Beginn machen zu können. Denn in letzter Zeit hatte er nichts gemacht, auf das er hätte stolz sein können.

"Bei dem Objekt handelt es sich um ein begehrtes Sammlerstück...", sagte der Japaner ohne eine Miene zu verziehen. Wenigstens hatte er die Information auf ehrliche Weise erfahren, ohne die Gedanken Anderer gelesen zu haben. Es war Zufall gewesen. Doch ein Zufall, der ihm hier und heute sehr dienlich sein konnte.

Für einen Moment schwankte der Captain in seiner Entscheidung, da Techniker nicht immer leicht zu bekommen waren und schlechte Techniker nicht nur das Leben aller gefährden konnten, sondern vor allem einen ziemlichen Verlust bei Termingeschäften bedeuteten. Dann dachte er wieder daran, daß er in letzter Zeit zu oft aus Freundschaft unterwegs war, statt seinem Geschäft nachzukommen. Und er sah Jin an, der ihm ohnehin ziemlich unheimlich vorkam.

"Einverstanden", sagte der Captain nur, und dann tauschte die Information ihren Besitzer. Während der Asiat sich verbeugte und die Brücke verließ um seine Sachen zu packen, stellte Monserat bereits eine Verbindung nach DS4 her.

--- Quartier 4

Sofort setzte sich Shania vor ihr Terminal und nahm Verbindung zu DS4 auf. Genau genommen zu einer sehr zwielichtigen Person namens Shurig. Seinen richtigen Namen kannte niemand. Aber auch unter diesem Namen war er berühmt und berüchtigt.

Schon als sein Gesicht auf ihrem Monitor erschien, fühlte sich Shania ein wenig unbehaglich. Er schien immer bis auf den Grund ihrer Seele zu sehen, um nach ihren Schwachstellen zu suchen und sie gegen sie einzusetzen. Seine eng beieinander stehenden schwarzen Knopfaugen musterten sie eingehend und durch die frühe Störung eine Spur ärgerlich. Leute wie er pflegten ihre Geschäfte immer bei Nacht zu tätigen.

Er hatte das Gesicht einer Ratte und so nannten ihn auch seine Freunde. Und seine Feinde. "Ratman". Shania kam gleich zur Sache, da Höflichkeitsfloskeln bei ihm nicht angebracht waren, "Du weißt, daß du in meiner Schuld stehst. Heute verlange ich einen kleinen F... Dienst von dir." Sie weigerte sich das Wort Freundschaftsdienst im Zusammenhang mit ihm überhaupt zu erwähnen.

Shurig gehörte der Rasse der Menschen an und doch weigerte sich Shania, ihn als solchen anzuerkennen. Diese Bezeichnung war noch viel zu gut für ihn. Als er grinste und seine kleinen Rattenzähne dabei entblößte, wußte sie, daß er vorhatte, sie übers Ohr zu hauen. Doch es war nicht das erste Mal, daß sie mit ihm zu tun hatte und so kannte sie auch seine einzige Schwachstelle.

"Du besorgst mir die schwarze Tasche, die heute in der Bar deines Ferengifreundes verschwunden ist und mit ihr auch ihren gesamten Inhalt, oder ich werde dafür sorgen, daß Lokar, Sohn des Madok erfährt, wo du dich diesmal versteckt hältst."

Shurigs Miene verfinsterte sich augenblicklich und seine Augen waren noch kleiner als sonst.

Unbeeindruckt fuhr Shania fort. "Lokar wird mir auf ewig dankbar sein, wenn er diese kleine Information von mir erhält." - 'Und ich dem betrunkenen Yoqua', dachte sie insgeheim und freute sich, daß ihr Besuch in der Bar so eine gute Idee gewesen war. Es gab nichts Gesprächigeres, als einen betrunkenen Ferengi, der auf große Menschenfrauen stand.

"Ok, du hast gewonnen. Du hast alles in spätestens einer halben Stunde", murmelte die Ratte und trennte die Verbindung.

Zufrieden lächelnd lehnte sich Shania zurück und verschränkte die Hände in ihrem Nacken. Das war besser gelaufen, als sie angenommen hatte. Enehy würde sicher überglücklich sein, ihre ganzen Habseligkeiten wiederzubekommen.

Nach einer kurzen Pause widmete sie sich wieder der Studie der Aufzeichnungen, die sie den Cardassianern hatten entwenden können. Darüber vergaß sie ihre Umgebung.

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