Der Bat'leth-Zwischenfall (Ausschnitt)

--- Deck 1, Besprechungsraum

Einsam und verlassen lag der Besprechungsraum vor ihnen. Zum ersten Mal seit Betreten der Bar schaute Wagenvoort auf seinen Chronometer und riss die Augen erschreckt auf. Er war so darauf bedacht gewesen, der peinlichen Situation in der Bar zu entfliehen, dass er ganze 50 Minuten zu früh dran war.

Gefangen.

Mit diesem Chinesen, der jeden Moment Selbstmord begehen konnte.

"Einen Baldrian-Tee, extra beruhigend", wies er den Replikator mit zitternder Stimme an, dachte dabei an seine flatternden Nerven.

War der Holländer eben noch glühend rot im Gesicht gewesen, so wirkte auf einmal kreidebleich. Mit zitternden Händen nahm Wagenvoort den Tee aus dem Replikator, so dass eine beachtliche Menge überschwappte.

Nun ja, die Mimositäten dieses Wagenvoort interessierten den Chinesen herzlich wenig. Er schaute sich im Raum um. Es gab einen riesigen, zentralen Tisch und eine Menge Stühle, die darum herum postiert waren. An der gegenüberliegenden Wand erblickte der Asiat eine Glasvitrine mit Ausstellungsstücken. Insbesondere faszinierte ihn ein Bat'leth. Chedu würde wohl ihre Freude an so einem Prachtexemplar haben.

'Naja, der Captain kommt erst in 20 Minuten, da werde ich das Bat'leth mal etwas näher in Augenschein nehmen.', dachte er sich. Er öffnete die Glastür und entnahm das Bat'leth der Vitrine.

Erschrocken begann Rubens Hand immer mehr zu zittern, während der Asiat das klingonische Schwert genau musterte. Dass der Tee sich mittlerweile immer mehr auf dem Boden verteilte, bemerkte er bei der quälenden Angst gar nicht. Schließlich nahm er seine andere Hand zur Hilfe, bevor die Tasse ihm herunterfallen konnte.

Zuerst überlegte er sich einfach wegzudrehen und die Ohren pfeifend zuzuhalten, immerhin war der Freitod eine gesetzlich legitimierte Handlung. Und das nicht nur bei Klingonen, die zweifelsohne sogar spezielle Waffen für solche Zwecke entwickelt hatten.

Andererseits konnte er gar nicht pfeifen.

Und zudem war Chi-Lo sein Untergebener. Wenn McCarthy beim Hereinkommen von einer frischen Leiche begrüßt wurde, während der Niederländer mit verkrampft geschlossenen Augenlidern in einer Ecke saß, mochte das keinen guten Eindruck machen.

Tief einatmend versuchte der Niederländer wenigstens etwas Mut zu sammeln und ging einen Schritt auf den Chinesen zu, nicht ohne einen Meter Abstand angesichts der tödlichen Klinge zu halten:

"Ähh, auch wenn ich den Schmerz über Ihr...", Ruben verlor sich kurz im Stottern, "Jedenfalls sollten Sie sich ganz genau überlegen, ob Sie so eine endgültige Entscheidung wirklich treffen wollen"

Jetzt, wo der erste Satz gesprochen war, fing alles schon an etwas leichter zu werden und es begann förmlich aus Wagenvoort herauszusprudeln: "Ein Counselor kann Ihnen sicher helfen, glauben Sie mir. Als ich klein war, hatte ich selber ein paar Sitzungen wegen ähhh gestörter Verdauung und seitdem habe ich diese Probleme im Griff!"

Was nicht gelogen war, auch wenn die "paar Sitzungen" über sechs Monate gedauert hatten, bis er die Bettnässerei endlich losgewesen war.

Der Asiat war verwirrt. Er sollte sich seine endgültige Entscheidung gut überlegen? Aber Wagenvoort hatte doch selbst gesagt, dass Chi-Lo an dieser Besprechung teilnehmen solle. Und was zum Teufel sollte ein Counselor damit zu tun haben? So einschneidend war die Teilnahme an einer Einsatzbesprechung doch nun wirklich nicht.

Er wandte sich dem Holländer zu: "Nein, meine Entscheidung steht endgültig fest. Ich werde das durchziehen. Wie kommen Sie eigentlich darauf, ich würde einen Rückzieher machen, wo ich doch schon diesen unmöglichen Sexauftrag von Ihnen erhalten habe?" Wirklich ein seltsamer Kauz, dieser Wagenvoort.

"Selbstverständlich werde ich auch das hier tun. Es sei denn, Sie befehlen etwas anderes."

Bevor der Niederländer antworten konnte, öffnete sich die Tür und der Romulaner betrat in Begleitung Chedus den Raum.

Den weiteren Weg bis zum Konferenzraum hatten sie schweigend absolviert. Irgendwie kam es Yhea so vor, als würde Chedu irgendetwas belasten. Doch er war schließlich Techniker und kein Seelenklempner. Falls sich der Zustand der Klingonin verschlimmern würde, dann könnte er sie immer noch zum Psychologen schicken.

Als sie den Konferenzraum betraten, unterbrach er seinen Gedankengang, denn entgegen seiner Erwartung, sie wären die Ersten, war schon jemand vor ihnen da. Chi-Lo und Wagenvoort. Und das Bild welches sich ihm bot war erschreckend.

Chi-Lo stand mit erhobenem Bat'leth vor dem Niederländer, der so sehr am zittern war, dass sich dessen Tasseninhalt schon den Weg zu dem farblich sowieso nicht sehr geschmackvollen Teppich gesucht hatte.

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