Atlantis Chronik 40

"Rendezvous bei Terminal A"

--- Tau-Sigma System, einige Stunden später

Ein berühmter Schriftsteller sagte einmal, der Weltraum sei groß. Verdammt groß. Man könne sich einfach nicht vorstellen, wie groß, gigantisch, wahnsinnig "echt, Mann. ist das riesig"-groß der Weltraum sei. Mitten in dieser Leere donnerte ein Schiff auf einen Planeten zu. Physikalische Gesetze, die im Vakuum die Ausbreitung von Schall unterbanden, schienen keine Gültigkeit zu haben.

Soeben war die Atlantis unter Warp gegangen und lief mit Impulskraft auf die grau-braun-grüne Scheibe zu, die Tau Sigma IV war. Ihre Warp-Signatur hatte die Ankunft längst angekündigt. Kaum auf Sublicht, gingen die ersten Funksprüche ein und auf der Brücke brach Aktivität aus.

Knapp zehn Minuten und einige Dutzend Millionen Kilometer später trat die Atlantis in einen hohen Orbit um Tau Sigma ein, gerade niedrig genug, um den gesamten Planeten in Transporterreichweite zu halten, aber hoch genug, um im Notfall genügend Raum zum Manövrieren zu haben.

Weite Steppen und dichte Urwälder wechselten sich auf dem Planeten ab, Wasserflächen gab es augenscheinlich nur wenige. Die einzige große Stadt des Planeten war selbst aus dem Orbit gut zu erkennen, große Industrieanlagen unterbrachen die verwaschene Regelmäßigkeit des Dschungels mit beinahe einheitlichem Grau.

Scheinbar routinemäßig tasteten die Sensorstrahlen der Atlantis die Umgebung ab, nur wenige Schiffe, hauptsächlich Frachter, waren im Orbit des Planeten zu sehen. Mehrere starke Energiequellen auf dem Planeten ergänzten die Werte. Die Daten aus Pormas Archiv wurden mit den aktuellen Sensorwerten soweit möglich aktualisiert. Dabei kamen kaum Diskrepanzen auf. Einige der unterirdischen Minen schienen nicht mehr in Betrieb zu sein, dafür gab es einige neue.

Das Transponder-Signal der Sivao wurde sofort registriert, zugeordnet und auf 20 Meter genau positioniert. Die Position des dazugehörigen Teams hingegen blieb unbekannt. Ein Peilsignal würde nur Verdacht erregen.

--- Bar auf Tau-Sigma 4, nördliches Handelszentrum, etwa 12 Stunden früher

"Mehr Blutwein!", rief der Klingone der Kellnerin zu, seinen leeren Becher  in ihre Richtung schwenkend. "Und dann lässt mich dieser petaQ von einem  Captain einfach hier auf diesem Drecksloch von Planeten zurück", erzählte  er seinem Gegenüber weiter.

"Was für ein Mistkerl", pflichtete jener bei, seine Stimme durch den  vielen Blutwein inzwischen merklich verzerrt. Menschen vertrugen Blutwein  nun einmal deutlich schlechter als Klingonen...                            

"Nur, weil ich mit seiner Tochter Sex hatte. Aber dazu gehören immer  zwei... Oder mehr!" K'leQ lachte laut auf und prostete seinem darin  einstimmenden Gegenüber mit dem inzwischen eingetroffenen neuen Becher zu  - die Bedienung wusste, dass man einen Klingonen (speziell einen  betrunkenen) nicht auf seinen Blutwein warten ließ.

"Könnte natürlich auch mit den Knochenbrüchen zusammenhängen, die sie am  nächsten Morgen nicht alle verbergen konnte." Erneutes Lachen und Trinken  folgte natürlich sofort. "Jaja, die Nacht war den Rauswurf wert."

Ganz so offen war der Arzt mit Fremden in Bars mit sehr fraglicher  Reputation eigentlich sonst nicht, aber durch die Frustration darüber,  dass er hier gestrandet war, hatte er deutlich mehr Blutwein getrunken als  sonst.

"Wenigstens hat dieser petaQ mir den Inhalt meines Quartiers  nachgeworfen", fügte er nach einigen Momenten der Stille hinzu. Als er  seinen Becher an die Lippen setzte, musste er enttäuscht feststellen, dass  dieser schon wieder zur Hälfte geleert war. In leicht verworrene Gedanken  versunken leerte er ihn noch weiter.

Ein dumpfer Knall ließ K'leQ den Becher wieder absetzen. Der Kopf und der  linke Arm seines Gegenübers waren nach vorne auf den Tisch gefallen, die  rechte Hand hielt noch immer einen Becher mit Blutwein fest. Über die  bemitleidenswerte Trinkfestigkeit der meisten Rassen sinnierend seufzte  der Klingone und trank seinen Becher leer.

Anschließend befreite der Arzt den Becher seines Gegenüber aus dessen  Griff und eignete sich diesen an. Das war jetzt nun schon der dritte  Gesprächspartner, der heute Abend schlapp gemacht hatte. Er sollte sich  wohl am besten auch nach diesem Becher in seine gemietete Unterkunft  zurückziehen. Und morgen von neuem nach einem geeigneten Schiff Ausschau  halten, auf dem er arbeiten könnte. Hoffentlich mit mehr Erfolg als die  letzten acht Tage...

--- Atlantis, Brücke

"J.R. an April", Johnes' Stimme erklang aus dem Interkom. "Wir haben den Orbit erreicht. Die Scans zeigen keine Auffälligkeiten gegenüber den Informationen von Mr. Theocrates. Die Anflugkontrolle hat uns Transporterkoordinaten für das südliche Handelszentrum gegeben. Von uns aus können Sie jeder Zeit aufbrechen. Das Shuttle von Team 1 ist auf dem Landefeld, ca. 5 km vom Handelszentrum entfernt, gelandet."

--- Atlantis, Transporterraum 1

"Energie!", kommentierte die Halbbajoranerin die Information, die sie von der Brücke erhalten hatte und gab dem Techniker, der den leidvollen Auftrag erhalten hatte, sie auf die Oberfläche zu beamen, damit das Zeichen zum Transport.

"Und bringen Sie uns bitte in einem ... " April konnte ihren Satz nicht beenden. Das Prickeln des Transporterstrahls fuhr ihr in die Glieder und löste das schlecht gelaunte Gesicht des Mannes, der sie gebeamt hatte, in Luft auf.

--- Tau-Sigma, südliches Handelszentrum

Für einen kurzen Moment breitete sich im Geist der jungen Frau Orientierungslosigkeit aus und sie machte sich eine geistige Notiz, mit dem Techniker nach ihrer Rückkehr ein paar Worte über Freundlichkeit zu wechseln.

Ein eisiger Wind wehte der Kriegerin ins Gesicht und ließ sie für einen Augenblick frösteln, als sie rematerialisierte. Sofort zog sie ihren Mantel zu und stellte den Kragen auf, um der Kälte zu entgehen. Langsam ließ April den Blick durch die Runde schweifen und betrachtete die Umgebung. Sie hatten in einem kreisrunden Areal materialisiert, das wohl dazu gedacht war, Ankunftsplatz für Transportervorgänge zu sein. Sie hatte den Gedanken noch nicht zu Ende gesponnen als sie alle vier von einem der Einheimischen aus dem Areal heraus gescheucht wurden und auf die sandige, extrem mit Personen gefüllten Straße stolperten.

Ein Blick zurück verriet April, dass hinter ihnen gleich die nächsten Menschen materialisierten - die Ankommenden wurden, wie sie, mit der selben harschen Hektik empfangen und verschwanden sofort im wilden Gedränge der Straße.

"Das hier scheint wohl eine Art Transporterplattform zu sein - auch wenn ich den tieferen Sinn dafür nicht sehen kann, warum sie notwendig ist.", mutmaßte die Kriegerin. Ein Moment verging, in dem April kurz das Treiben verfolgte und ihren Blick der strömenden Menge folgen ließ.

"Das da oben ist vermutlich das Handelszentrum." April deutete mit der Hand auf eine kleine Anhöhe auf der sich eine weiße Kuppel präsentierte, die alleine schon durch ihre immense Größe imponierte. Ein Schiff wie die Atlantis würde mit Sicherheit  zehn Mal in diesem Gebäude Platz finden.

Neben ihr atmete Inara tief ein und warf einen Blick gen Himmel. Natürliche Luft. Landgang. Die Terroristin kam nicht gerade aus einem Milieu, in dem ein Recht auf Landgang vertraglich geregelt war, und sie hatte vergessen, wie befreiend es sich anfühlte, auf einen Planeten zu beamen. Das waren die wenigen, spärlichen Gelegenheiten, zu denen sie Trill vermisste.

Flüchtig folgte sie Aprils Blick und ließ dann die Augen geübt durch die Menge der Passanten schweifen, registrierte die Situation, potentielle Gefahr. Sie stellte fest, dass sie sich nicht geirrt hatte. In der bunten Mischung dekadent gekleideter Außerirdischer, heruntergekommener Heimatloser und schäbiger Ladearbeiter auf Urlaub passten sie und ihr Disruptor bestens ins Bild. Einige der reicheren Passanten hatten Leibwächter dabei. Und als ihr Blick auf eine riesige Nausicaanerin in wallenden blauen Gewändern fiel, musste sie zugeben, dass Theocrates' Pfauenkostüm in der anderen Gruppe gar nicht so wahnsinnig aussehen würde, wie sie gedacht hatte.

"Also", bemerkte sie brüsk. "Da drüben ist ein Eingang. Worauf warten wir?"

April nickte zustimmend, und sie setzten sich in Bewegung. Sie mussten schließlich irgendwo herausfinden, von wo aus sie Zugang zu den Computern dieses Thoht erhalten konnten. Es konnte ja nicht so schwer sein, ein unbewachtes Terminal zu finden, das ihnen da weiterhalf. Vor allem, wenn der Ferengi wirklich ein so guter Hacker war.

Und wenn sie kein unbewachtes Terminal fanden... Na, dafür waren ja Inara und April in diesem Team. Flüchtig ließ die Trill die Hand über eines ihrer Messer gleiten und atmete noch einmal tief ein. Verdammt gut, wieder festen Boden unter den Füßen zu haben.

--- Tau-Sigma, unterhalb des südlichen Handelszentrums

"Auf besseres Wetter!", erwiderte Narbo missmutig grummelnd. Warum strandete er eigentlich nie auf einer Welt wie Ferenginar, mit schönem warmen Regen?

Die Kälte war schon nach wenigen Sekunden spürbar in seine Glieder gekrochen und unbewusst schloss er seine Finger fester um den Griff seines Aktenkoffers, der außer einem Paar Socken und zwei PADDs nichts enthielt.

Zumindest würde das jeder Scan ergeben.

Wenn man mit genug Sprengkraft unterwegs war, um alles im Umkreis von zwanzig Kilometern in einen hübschen Krater zu verwandeln, investierte man besser auch in einen guten Störsender!

--- Tau-Sigma, nördliches Handelszentrum, Bar "Zum Teuren Humpen", etwa zur gleichen Zeit

Vier kunterbunte Gestalten hielten im Eingangsbereich des Etablissements kurz inne. Ein Mann, zwei leicht bekleidete Frauen und ein menschengroßes Katzenwesen blickten in die Runde. Es war gegen Abend, die Bar schon gut besucht. Nicht wenige Männer warfen den beiden Frauen vielsagende Blicke zu, um den Kopf sofort wieder abzuwenden, als das Katzenwesen den fraglichen Personen unmissverständlich in die Augen sah.

Schwungvolle Musik, die durchaus in die Big-Band Ära der alten Erde gepasst hätte, klang aus einer Ecke der Bar. Ein Quartett sorgte dort für Unterhaltung. Einige Dart-Scheiben und verschiedene Spieltische standen an der Wand. Tische und eine lange Theke ergänzten das Bild der überraschend gut gepflegten Gaststätte.

Während die Augen des Katzenwesens wachsam die Umgebung im Auge behielten, deutete der Mann auf einen unbesetzten Tisch an der Wand, nicht weit von der Theke entfernt. Lachend legte er seine Arme wieder um die beiden Frauen und schien eine Geschichte fortzuführen, die er zuvor auf dem Weg in den Humpen begonnen hatte. Begleitet von einigem Kopfschütteln seitens der anderen Gäste bahnten sie sich einen Weg zu besagtem Tisch und setzen sich.

--- Zum Teuren Humpen, Tisch bei der Theke

Sternenlichts Augen ließen die Umgebung nicht aus den Augen, während er sich neben Xen setzte. Seit über einer Stunde hatten sie die Formalitäten der Hafenbehörde hinter sich und waren auf der Suche nach Gawo Thoht.

Für ihn überraschend hatte sich die auffällige Verkleidung tatsächlich bewährt. Sie verursachten dermaßen viel Wirbel, dass sie von den Meisten nicht weiter beachtet wurden. Pormas Kontakte hatten sich bis jetzt allerdings als schwer zu erreichen erwiesen. Nachdem es doch schon ein paar Jahre her war, war dies wenig verwunderlich.

Der einzige Hinweis, den sie bisher ergattern konnten, hatte sie auf diese Bar verwiesen. Ein Gleitertaxi hatte sie zum nördlichen Handelszentrum gebracht. Jetzt hofften sie, dass der Besitzer und Barkeeper des Teuren Humpens ihnen weiterhelfen konnte. Gawo, so hieß es, sollte gelegentlich in diesem Club anzutreffen sein.

Llewellas Laune war ein wenig seltsam. Auf der einen Seite fand sie den 'Ausflug' bisher recht amüsant und gelungen, Pormas Darstellung von 'Santiago de la Contidenes' war wirklich ... interessant. Erstaunlich, was für ein schauspielerisches Talent der Sicherheitschef hatte.

Was die Schottin aber mindestens genau so überraschte war ihre eigene Reaktion auf Pormas und Santiagos 'Zweitfrau'. Sie hatte sich bislang für eine großzügige Frau gehalten und wunderte sich nun insgeheim, wie das grüne Monster der Eifersucht sie ergriff, wann immer Pormas einen Arm um die zierliche Trill legte.

'Das gehört zu seiner Rolle, Bumailear!', schalt sie sich im Geiste - dennoch, es gefiel ihr nicht. Als sie sich um den Tisch gruppierten, sorgte sie daher dafür, dass sie zwischen Pormas und Xen zu sitzen kam. Immerhin, sagte sie sich, war 'Consuela' die Hauptbegleiterin - also konnte sie sich auch dementsprechend verhalten...

Sie ließ ihren Blick durch das Etablissement schweifen. Es war aufgeräumt und geschmackvoll eingerichtet. Es gefiel ihr.

 --- einige Meter weiter weg

"Hey, hier wird nicht gesabbert", fuhr Tilo Kelaster einen Gast an und schob ihn in Richtung Bar davon. "Wenn du meinst, hier Sauerei machen zu können, nur weil die Band so hübsch ist, dann bist du falsch gewickelt." Mit einer kurzen Handbewegung gab er einem seiner Putzer ein Zeichen, der sich dann sogleich mit der Entfernung der Überbleibsel, inklusive des Gastes befasste.

Er konnte solche Leute nicht ausstehen. Standen nur glotzend herum, belegten Platz, tranken wenig bis gar nichts und zum Schluss konnte man ihnen noch hinterher putzen. Wieso gingen diese Gestalten nicht in die Etablissements, die ihrer Art besser standen? Da konnte man hübsche Mädchen solange ansehen, wie man mochte und vermutlich waren die dortigen Besitzer nicht so pingelig, was den Zustand ihres Bodens betraf.

Das unauffällige Winken einer seiner Kellnerinnen zog seine Aufmerksamkeit zurück an die Bar. Schnellen Schrittes marschierte er zu ihr, während er einen ernsten und beinahe griesgrämigen Gesichtsausdruck aufsetzte. Schließlich galt es einen Ruf bei seinen Untergebenen zu wahren.

"Was denn?", begrüßte er sie bissig, während er ihren bis dahin immer noch winkenden Arm fest hielt. "Wenn du noch weiter so herum ruderst, triffst du entweder noch einen Gast oder beschwörst einen Tornado herbei. Und ehrlich gesagt weiß ich nicht, was schlimmer wäre."

Das junge Mädchen, welches noch nicht all zu lange bei ihm arbeitete, schluckte schwer und man konnte sehen, wie sie allen Mut zusammen nahm, um endlich mit ihrem Anliegen heraus zu rücken.

"Der Herr dort hinten am Tisch", dabei zeigte sie quer durch das Lokal auf einen ziemlich bunt und auffällig gekleideten Mann mit Hut, "möchte gerne mit dem Besitzer dieses ... äh, ja also ...", sie verhaspelte sich, ihr Gesicht wurde rot und es dauerte ein paar Sekunden, bis sie sich einigermaßen wieder gefangen hatte. "Nun ja, er möchte mit Ihnen ... es geht wohl um ein Geschäft ... er will Sie sprechen."

Sie blickte auf ihren Arm herunter, der immer noch von Tilo festgehalten wurde. Sichtlich unangenehm war ihr die Geschichte wohl, doch er war sich sicher, dass das Ganze nur gut für das Mädchen war. Praktisches Lernen ... schließlich war ein gesundes Selbstbewusstsein der Grundstock bei ihrer Arbeit hier.

"Ich hoffe für dich, dass du bei den Kunden nicht so herum stotterst", gab er ihr noch mit, bevor er ihren Arm los ließ und sie schnell hinter der Bar verschwand. Er hingegen glättete seine Kleidung, ordnete schnell die restlichen paar Haare auf seinem Kopf und ging dann zu dem Tisch, an dem sein Typ verlangt wurde.

--- Tisch bei der Theke

"Ey, Haustiere müssen angeleint werden", entfuhr es Tilo, als er am Tisch ankam und die große Katze sah, die neben zwei Frauen saß. Die Beiden schienen wohl die Abendbegleitung von dem großen Mann zu sein, wobei das nur geraten war, da die lange Feder am Hut nicht ganz dazu zu passen schien; also zu der Kombination Mann-Frau.

Neugierig betrachtete die Ärztin den Neuankömmling und fragte sich kurz, wie Sternenlicht auf diese Beleidigung reagieren würde. Beinahe lag ihr schon eine scharfe Erwiderung auf der Zunge, als sie sich gerade noch an ihre Rolle erinnerte. Beobachten sollte sie und das unauffällig. Aufzubrausen wäre sicher nicht unauffällig. Also wartete sie ab...

Ein tiefes Knurren drang aus Sternenlichts Kehle, während er langsam aufstand und sich dem Wirt zuwandte, die Ohren flach am Schädel. Eine einzelne Kralle glitt aus ihrer Scheide, die der Sivaoaner dem Menschen auf die Brust setzte.

"Ich bin kein Haustier, merk Dir das, Mensch!", fauchte er sein verblüfftes Gegenüber an. Der Blick des Sivaoaners glitt über die Schulter Kelasters hinweg auf seinen Mitarbeiter, der eben einen Säufer hinausgeworfen hatte. Der Anblick Sternenlichts ließ diesen innehalten.

"Man nennt mich Sternenlicht zu-Srallansre, und daran solltest Du Dich halten, wenn Dir Deine Gesundheit lieb ist." Ebenso langsam wie er aufgestanden war, setzte er sich wieder.

Ein nur millimetergroßes Loch im Hemd des Terraners blieb als Erinnerung daran, dieses Wesen nicht zu unterschätzen.

Jean hatte innerhalb der letzten Minuten ihre Umgebung förmlich in sich aufgesogen und beobachtete nun fasziniert die Reaktion des ersten Offiziers. Ihre dunklen, blauen Augen erkannten die gespannte Situation und für einen kurzen Moment erinnerte sich die Technikerin an die abenteuerlichen Geschichten, die sie noch vor ein paar Wochen über die mörderische Natur des Katzenwesen gehört hatte. Mit einem Mal kam ihr das keines Wegs mehr abenteuerlich vor - viel eher beunruhigend. Die Trill hoffte inständig, dass sich Sternenlicht nicht eines Tages einmal gegen sie wenden würde.

Gedankenverloren zupfte die junge Trill an ihrem dünnen Oberteil und rückte es etwas zurecht. Ihr Blick wanderte zu dem terranischen Barbesitzer und nun gewann doch der Schalk in ihrem Gemüt die Überhand. Auf das Gesicht der jungen Frau legte sich ein breites Grinsen während sie sich aufreizend in ihrem Stuhl zurück lehnte und begann, mit der eine Hand eine Strähne ihres kurzen Haare verführerisch aufzurollen. Mit einer weit ausschweifenden Bewegung deutete sie mit der anderen Hand auf sich selbst und kommentierte fast schon lachend Sternenlichts Zurechtweisung.

"Aaalllsssooo .... ich .... würde dem Vorschlag nachkommen!" Eine kurze Pause entstand, in der der Barbesitzer seinen verschreckten Blick auf die Trill fallen ließ. Übertrieben desinteressiert zuckte Jean daraufhin mit den Schultern.

"Der Letzte, der ihn geärgert hat, konnte sich danach um einen Bauplan für seine Knochen und Gelenke kümmern... " Ein glucksendes Kichern ergänzte nun das erheiterte Lachen der Technikerin - die Tatsache, dass es sich bei dieser Behauptung vermutlich wirklich um die Wahrheit handelte verdrängte Jean beflissentlich.

Tilo schluckte schwer, schaute an sich herunter und fuhr unbewusst mit der Hand über seine Kehle. Wie hatte er denn auch wissen können, dass diese Katze nicht das war, wonach sie aussah. Ein Haustier zum Kuscheln; auch wenn es etwas größer war als die handelsüblichen. Sollte er ihm vielleicht sagen, dass er hier auf diesem Planeten als Delikatesse galt? 'Nein!', dachte er schnell und schüttelte den Kopf. Sollte er es selbst herausfinden, schließlich war er nicht einer von diesen Umweltaktivisten, die sich hier in letzter Zeit immer weiter vermehrten. 'Rettet die Tiere', prangte immer auf deren Plakaten, wenn sie mal wieder vor dem Handelzentrum protestierten.

'Sollen sie doch', überlegte er und zuckte mit der Schulter. Katze oder sonstiges frisches Fleisch hatte er sowieso nie. Wofür gab es schließlich Replikatoren? Denn wer hatte schon Lust, sich ständig mit launigen Köchen, peniblen Lebensmittelkontrolleuren und unverschämten Lieferanten abzugeben.

Stumm wandte er sich an den Mann mit Hut, während er die Gedanken verdrängte. Vielleicht würde er jetzt langsam mal damit heraus rücken, warum er ihn hier an den Tisch gerufen hatte.

Grinsend hatte Pormas die Szene verfolgt und es konnte nicht besser laufen. Der Barbesitzer vor ihm war nun gerade soweit eingeschüchtert, dass man mit ihm verhandeln konnte. Mit ausladender Gestik und einem selbstgefälligen Grinsen lehnte sich der Südländer zurück. Die Ironie, dass er dem Mann in seiner eigenen Bar einen Stuhl anbot entging nicht allen.

"Er wünscht, dass Sie sich setzen. Santiago de la Contidenes unterhält sich nicht gerne mit Blick nach oben...", sprach Pormas Kelaster bekräftigend an.

Unsicher kam Tilo der Aufforderung nach, der offenbar nicht wirklich etwas mit dem bunt geschmückten Kerl anfangen konnte. Aber sein siebter Sinn verriet ihm, dass es ein gutes Geschäft mit dem eingebildeten Pfau geben könnte. Daher ließ er ihn erst einmal ausreden.

"Sie fragen sich bestimmt, warum Er dieses Etablissement besucht. Sicher -  Er könnte auch andere, seinem Stande angemessene, Lokalitäten besuchen, aber Er entschied sich hierfür. Denn Ihm wurde gesagt, dass Er hier die Informationen bekommen würde, die Er haben will.

Denn die kleine Ren hier...", dabei zwickte er verspielt der Trill in die Wange, "... ist zwar äußerst Geschick mit allerhand Gerät, aber auchiIhr gelingt es nicht mehr, mein Schiff weiter zusammen zu halten. Es hat seine beste Zeit gesehen und Er möchte ein Gefährt seines Standes haben. Nun fragt Er sich, ob die Gerüchte wahr sind und Sie Ihm weiterhelfen können..."

 --- Tau-Sigma, südliches Handelszentrum, Eingang 27

Wohlige Wärme umschmeichelte die Gruppe, sobald sie den Eingang passiert hatte. Im Inneren des kuppelartigen Baus herrschten angenehme 296 Kelvin, was den Architekten dazu verleitet haben musste, kleine Palmenhaine und Cocktailbars auf dieser Ebene zu verteilen.

Über ihnen waren noch Dutzende weiterer Etagen vorhanden, die mit Aufzügen und Transportbändern verbunden waren. Tausende von Lebewesen mussten sich derzeit hier aufhalten, alle in den eigenen glorreichen Plänen vertieft und nicht willens, ihre kleine Gruppe auch nur eines Blickes zu würdigen.

Perfekt!

April hatte beim Betreten des Zentrums ihren Kragen wieder nach unten geklappt und die obersten Knöpfe ihre Mantels geöffnet, um etwas Luft an ihren Nacken zu lassen.

Das Ambiente der Umgebung erinnerte sie an eine südländisch Insel ,auf der sie einmal gewesen war, als sie noch auf der Erde gearbeitet hatte. Ein verstohlenes Grinsen legte sich auf Aprils Gesicht, als sie an den schon einige Jahre zurück liegenden, aufregenden Urlaub dachte.

Im Schlenderschritt mischte sich die Halbbajoranerin neben Narbo, Inara und Kai unter die Menge der Aliens, die sich behäbig die Halle entlang weiter in das Innere des Handelszentrum schob.

"Als erstes sollten wir nach einem unbeaufsichtigten Terminal suchen, an dem wir Informationen sammeln können.", murmelte April ihren Begleitern zu - gerade so laut, dass nur sie ihre Worte hören konnten.

Kai stieß die Bajoranerin leicht an und zeigte auf eine ganze Reihe von Terminals, die nebeneinander standen. Ihm war unwohl in seiner Haut, als einziger Nicht-Soziopath der Gruppe.

Der Amerikaner hatte den Fehler gemacht, noch mit ein paar anderen Sicherheitlern zu reden, und diese hatten ihm die eine oder andere Geschichte über April und Narbo erzählt. Auch Inara war nicht unerwähnt geblieben, rankten sich doch schon allerlei Gerüchte um sie.

Nichts desto trotz versuchte er, ruhig zu bleiben, so gut es ging. Er hatte sich ein ärmelloses Shirt und eine Lederjacke mit dazu passenden Hosen und Schuhen ausgesucht und ging damit in der Menge gut unter.

Nur der Handphaser, den er in die Jackentasche gesteckt hatte, gab ihm die Zuversicht, einigermaßen sicher wieder herauszukommen.

--- Tau-Sigma, südliches Handlungszentrum, Halle

Inara folgte Victors Blick. Dann tauschte sie einen Blick mit April, die nickte. Ohne große Worte setzten die beiden Frauen sich in Bewegung und überholten Narbo auf dem Weg zu den Terminals. Die Trill hatte zielsicher eines der hinteren Terminals anvisiert, das in einer Ecke lag, und musste sich kaum nach April umsehen, um nach Anweisungen zu fragen. Sie grinste.

In der Ecke angekommen, ließ Inara sich gegen eines der mittleren Terminals sinken, nahm ihren Disruptor und legte ihn beiläufig auf das Nachbarterminal, eine Hand am Griff, als wolle sie ihn nicht loslassen, aber gerade nicht tragen. Dann begann sie ihre Fingernägel zu inspizieren.

Am Rand der Terminals bezog April ebenso beiläufig Stellung an einer Wand. Victor, der nach einem Augenblick eine verstehende Miene aufgesetzt hatte, zog sich zu einem Punkt gegenüber der Terminals zurück. Das äußerste Terminal lag somit unberührt im Schatten, und zwei beeindruckend aussehende Frauen lenkten die Aufmerksamkeit bequem von Narbo weg.

Die Passanten, die an ihnen vorbeiströmten, bedachten sie entweder keines Blickes oder lasen anhand sorgsam ausdrucksloser Mienen, dass sie eigentlich ein anderes Terminal frequentieren wollten. Ein entferntes. In einer anderen Halle.

Die Anspannung glitt aus Inaras Gliedern; sie hatte nicht gewusst, dass sie nervös war, bis das Gefühl verschwand. Aus dem Augenwinkel behielt sie die Halle im Auge. Wäre das hier der Al'jiman, würde jeden Moment irgendwo eine Bombe explodieren, und die Gewohnheiten waren zur zweiten Natur geworden.

'Typisch', dachte die Trill abschätzig. 'Der Captain schickt uns los, um Informationen zu stehlen... und es fühlt sich an wie Nachhausekommen. Wirklich typisch'.

Es hatte dem Ferengi zunächst gar nicht gefallen, an einem so öffentlichen Ort tätig zu werden: Die Masse an fremden Personen stellte ein schwer zu kalkulierendes Risiko dar. Außerdem würden sie im Falle einer Entdeckung auf dem Präsentierteller sitzen, die anschließende unvermeidbare Schiesserei würde in ein ziemliches Blutbad ausarten.

Allerdings hatte Narbo auch nicht vor, sich erwischen zu lassen.

Abgesehen davon würde er sich zur Not einfach ein paar Geiseln organisieren - irgendwas handliches, vielleicht zwei oder drei Kinder.

Doch genug mit den pessimistischen Gedankenspielchen, es gab keinen Grund, nervös zu sein: Schließlich war er ein Profi und würde das wie im Lehrbuch durchziehen!

Mit einer präzisen, fast selbstverliebten Bewegung legte der Barbesitzer seinen Aktenkoffer auf dem Terminal ab. Es handelte sich um eine circa 170 Zentimeter hohe freistehende Säule, welche in geringem Abstand zur Wand aufgestellt war.

Anzeige und Bedienelemente waren in die glatte Metalloberfläche integriert. Es gab kein sichtbares Zugangsinterface, aber auf sowas war Narbo auch nicht angewiesen.

Behutsam klappte er den Koffer auf und strich kurz über das sorgsam verstaute Seil, dann entnahm er ein kleines mechanisches Werkzeug, welches entfernt an einen Schraubendreher erinnerte.

Einen Moment musterte er das Terminal erneut bis er schließlich die unmerklichen Schrauben entdeckte, durch die die Verkleidung des Terminals an selbigem befestigt war.

Nach und nach löste der Ferengi alle Verbindungselemente bis die Metalloberfläche endlich abgenommen werden konnte und den Blick auf das Innenleben des Terminals freigab.

Schnell entdeckte Narbo den gesuchten Datentransfer-Bus und stöpselte seine elektronische Ausrüstung an. Um Zugang zu allen Netzen des Handelszentrums zu bekommen, würde er sich in den Zentralrechner einhacken müssen.

Nachdem er ein paar Minuten stumm vor sich hingetippt hatte, hatte er es schließlich fast geschafft. Jetzt musste nur noch ein letzter Code geknackt werden, aber das würde seine Ausrüstung vollautomatisch erledigen.

Zeit für eine Pause.

"Ich könnte einen Kaffee vertragen. Victor, mach Dich mal nützlich - da hinten ist ein Verkaufsstand. Und ohne Zucker, ich bin auch so süß genug!"

 

--- Zimmer auf Tau-Sigma 4, östliches Wohnviertel

Neuer Tag, selbe Probleme. K'leQ saß in seinem Zimmer bei einem herzhaften  Frühstück und sah nebenbei die Liste der neu angekommenen Schiffe durch.  Wie fast jeden Tag nicht allzu viele Schiffe, und noch dazu vor allem  Frachtschiffe mit eher lokalen Routen. Auf solchen konnte man  erfahrungsgemäß zwar auch arbeiten, aber es war, wie er fand, eine sehr  fade Angelegenheit.

Ein erst vor sehr kurzer Zeit angekommenes Schiff am Ende der Liste  erweckte schon eher sein Interesse. Ein ehemaliges Sternenflottenschiff,  Churchill-Klasse, kommandiert von einer Privatperson. So etwas sah man  nicht alle Tage. Die Sternenflotte war, nach allem was der Klingone  wusste, üblicherweise sehr darauf bedacht, ihre alten Schiffe zu  demontieren oder zu verwahren.

'Atlantis', merkte er in Gedanken vor, während er sich den letzten beiden  Einträgen der Liste (uninteressant) und dann gänzlich seinem Frühstück  zuwandte.

Dabei kehrten die Gedanken des Klingonen zum vorigen Abend zurück. Die  Gesellschaft war wirklich nicht berauschend gewesen, musste er  feststellen. Keiner seiner drei Trinkpartner hatte einen bleibenden  Eindruck hinterlassen. Insgesamt schien es hier nur wenige interessante  Leute zu geben.

Am meisten Eindruck bei seinen Barbesuchen in den vergangenen Tagen hatte  noch dieser leicht verrückte Mensch mit dem Spitznamen "Gagh"  hinterlassen. Die große Vorliebe für klingonisches Essen hatte da einigen  Gesprächsstoff geliefert. An Blutwein war dieser aber trotzdem nicht  gewohnt - hatte zu späterer Stunde nicht mehr aufgehört, sich über  irgendwelche verrückten Trill aufzuregen, die anscheinend deutlich  überheblicher geworden waren, seit sie jetzt irgendeine neue Raumstation  (oder so) hatten...

Nachdem er die leeren Teller in den Replikator verfrachtet hatte, ging er  zum Computerterminal, öffnete einen Kanal zur Atlantis, und verlangte nach  dem Captain.

--- nördliches Handelszentrum, "Zum teuren Humpen", Tisch an der Bar

Die Schottin konnte sich kaum ein breites Grinsen verkneifen als sie das Gesicht Kelasters erblickte. Er schien momentan zu überlegen, ob er diesen Pfau nun einfach als übergeschnappt einsortieren sollte oder als jemanden, der eben ein wenig ... nun ja, seltsam war, aber mit dem man tatsächlich Geschäfte machen konnte. Gespannt wartete sie auf die Reaktion des Mannes, während sie ihre Blicke weiterhin durch das Lokal schweifen ließ.

Wie es nicht ausbleiben konnte, hatte der Aufzug ihrer Truppe etliche Blicke auf sich gezogen. Manche musterten sie mit einem Grinsen im Gesicht, ein paar blickten auch argwöhnisch auf die große Katze, die da so entspannt auf dem Stuhl saß. Zwei Männer steckten die Köpfe zusammen und tuschelten, wobei sie immer wieder vermeintlich verstohlene Blicke zu dem Tisch an der Bar warfen, an dem sie saßen.

Beide Männer waren ordentlich und teuer gekleidet, aber eher in der klassischen Art und Weise. Unaufdringlich, aber dennoch elegant. Dunkle Hose, helles Hemd. Eine Jacke über der Stuhllehne hängend. Eher die Art und Weise, wie der Sicherheitschef herumlief, wenn er nicht gerade Komödie spielte, dachte Llewella.

Sie musste zugeben, in 'normal' gefiel er ihr besser.

Plötzlich fiel ihr Blick auf einen anderen Tisch, einen in einer Ecke. Ein einzelner Mann saß dort, einen Krug Ale - oder etwas, was wie Ale aussah - vor sich. In dem Moment, wo Llewella in seine Richtung sah, trafen sich ihre Blicke und die Schottin lief beinahe rot an. So unverschämt war dieser Blick, dass sie am Liebsten entweder in den Boden versunken wäre - oder, noch lieber, aufgestanden und den Mann mit einer gesalzenen Ohrfeige in seine Schranken gewiesen hätte....

Brüsk drehte sie sich um; ihre Ohren glühten beinahe, und versuchte, sich wieder auf das Geschehen an ihrem Tisch zu konzentrieren.

Tilo brauchte ein paar Sekunden, bis er sich sicher war, dass sein Gegenüber keine ihm fremde Sprache von sich gab. Was hatte dieser Typ heute Morgen Falsches gefrühstückt? Konnte man wirklich so abgedreht oder ... ihm fehlten die Worte, um es genau zu beschreiben. Noch einmal blickte er den bunten Vogel an und versuchte, etwas aus ihm oder seiner Aufmachung heraus zu lesen, doch seine Augen kapitulierten. Nur mit Mühe schaffte er es, dass ihm nicht die Tränen kamen.

Mit festen Blick schaute er Santiago de la ... Conterganes? (der Name hatte sich bei dem Anblick wie Rauch aufgelöst) an, konzentrierte sich nur auf dessen Gesicht und sagte dann langsam: "Also bei Informationen sind Sie hier immer richtig."

Unauffällig aktivierte er unter dem Tisch einen kleinen Taschenscanner, den er immer mit sich herum trug. Schnell überprüfte er alle Anwesenden am Tisch, zeichnete deren Daten auf, um nachher tiefergehend ihren Hintergrund zu beleuchten.

"Aber Sie wissen ja hoffentlich", fuhr er währenddessen fort, "dass gewisse Informationen ein gewisses Risiko herauf beschwören und gerade solche Dinge werden meistens unangenehm teuer. Wenn Sie verstehen was ich meine."

Jean schaffte es innerhalb eines Augenblicks eines ihre besten Schmollgesichter auf zusetzen, lehnte sich auf die Armlehne ihres Stuhls und strich mit ihren zierlichen Fingern verführerisch über den Unterarm des Barbesitzers, der während der letzten Sekunden auf eigenartige Weise unter der Tischkante verschwunden war. Ein undefiniertes Bewegen der Unterarmmuskulatur hatte die Technikerin auf etwas aufmerksam gemacht, dass Kelaster wohl vor ihrer aller Augen verstecken wollte.

Die Augen der jungen Trill blitzten für eine Sekundenbruchteil auf, als sie bemerkte wie ihr Informant unter ihrer Berührung leicht zusammen zuckte und sie eine kurzen Blick auf ein kleines Geräte in seiner Hand werfen konnte.

"Ohhhh ... was meinen Sie denn mit Risiko?", begann sie nun verführerisch und naiv zu zirzen, in der Hoffnung, den Mann noch mehr aus dem Konzept zu bringen. Den ausdrucksvollen Blick, den die Trill Theocrates über die Schulter zu warf ,würde dieser hoffentlich richtig interpretieren.

"Uns wird doch nichts passieren?"

Eine passende Antwort lag Tilo schon auf den Lippen, doch in letzter Sekunde schluckte er sie herunter, als er das Zucken des Schweifes sah, an welchem ein grimmig aussehendes Katzengesicht dran hin; zumindest hatte er das Gefühl. Jedenfalls hatte er nicht vor, sich erneut mit dem Katzenwesen anzulegen; die kurze Vorführung vorhin hatte ihm eindeutig gereicht.

Schnell packte er den Scanner wieder ein. Ihm war es egal, ob die Trill das mitbekommen hatte oder nicht, er hatte jetzt zumindest seine Daten und die würde er nicht mehr so einfach heraus rücken.

"Hier auf diesem Planeten kann alles passieren", antwortete er nach einer kurzen Überlegzeit. "Sie wären nicht die Ersten, die sich an Informationen, die nicht für ihre Ohren bestimmt waren, die Finger ... äh Pfoten verbrannt haben."

Er rutschte unauffällig ein wenig zurück mit seinem Stuhl, als er unter dem Tisch wieder die Berührung der Frau spürte, die sich diesmal jedoch an seinem Knie zu schaffen machte. Er warf ihr ein etwas zittriges Lächeln zu, bevor er sich wieder an "die Feder" wandte.

"Also, nach was genau sind Sie noch mal auf der Suche?"

Beiläufig, wie bei so vielen seiner Gesten, streckte Pormas geckenhaft entsetzt die Hände in die Höhe. Das er in einer der Hände vor ein paar Augenblicken noch einen kleinen Handphaser liegen hatte, sah man natürlich nicht.

Zu oft war der Südländer selber derjenige gewesen, der seinem gegenüberliegenden Tischnachbarn unter der Tischplatte hinweg, seinen Forderungen Nachdruck verliehen hatte. Selbst wenn der Gegenüber grüne Haut hatte...

"Er fragt sich, wie Ihm geholfen werden kann, wenn sein Gegenüber sich nicht einmal Seine Wünsche merken kann...", nichts war von der inneren Anspannung zu merken, ganz im Gegenteil, der theatralische Ausbruch ließ viele Köpfe, noch mehr als sowieso, zu ihnen herüber fahren.

Tilo wurde immer unwohler in seiner Haut, als 'Consuela' ihren Santiago zu beschwichtigen versuchte. Dieses schien auch zu gelingen und Pormas zog ein grellorangenes Seidentüchlein aus seinem Ärmel und tupfte sich aufgelöst die Stirn ab, unter den Liebkosungen Llewellas.

"Er hat die Geduld, es noch einmal zu sagen. Er will ein neues Gefährt, seines Standes angemessen. Kein Schiff der Ferengi oder der barbarischen Klingonen. Ein Föderationsschiff der neuesten Technik. Und bevor sein Gegenüber der Angst anheim fällt...", spielerisch zog Pormas ein kleinen Beutel aus dem anderen Ärmel, "dies dürfte dem Wert Ihres Etablissements entsprechen, also mehr als genug um ihr Hasenherz zu beruhigen."

Scheinbar angewidert warf der Südländer das Säckchen mit dem in Gold gepressten Latinum vor den Barbesitzer hin. Das Geld hatte er von O'Connor als notwendige Spesen herausgeleiert, wobei er den Zusatz 'Gehen Sie sparsam damit um' und 'Nur wenn es nötig ist' geflissentlich ignorierte.

Unauffällig war Tilo einen Blick auf das Säckchen vor ihm auf dem Tisch, bevor er wieder den Blick von Santiago einfing. Er hatte eigentlich vor gehabt, die ganze Verhandlerei bezüglich des Wertes seiner Informationen noch etwas weiter auszuweiten; natürlich nur, um den Preis in die Höhe zu treiben, doch wenn er so die Größe und den Klang des Latinums abschätzte, was wohl in dem Sack vor ihm lag, da konnte er diesen Punkt eindeutig überspringen.

Schnell griff er nach dem Latinum, wollte es gerade schwungvoll in seinem Jackett verschwinden lassen, da lag plötzlich die Hand der einen Frau auf seiner, während glitzernde Blicke ihn trafen. Unwohl schluckte er den Kloß herunter, der sich innerhalb von Sekundenbruchteilen gebildet hatte, während er zu Santiago schaute, beinahe bittend, er solle seine ... Sklavin zurückpfeifen.

Diese gab ihm jedoch stumm nur noch einmal zu verstehen, was sie von ihm erwarteten und ließ dann seine Hand wieder frei. Schnell, beinahe panisch zog er sie wieder weg und verräumte dann den Beutel.

"Ich verstehe ihr Anliegen", brachte er dann nach einigen Sekunden des Sammelns vor. "Und ich muss sagen, Sie haben Glück, dass sie mich gefunden haben. Ich bin genau der Richtige für ihr Problem."

Er zog ein kleines, unauffällig aussehendes PADD aus der Tasche und schob es über den Tisch.

"Hier drauf finden Sie alle Informationen darüber, wie Sie an ihr Wunschschiff kommen. Sollten Sie auf die Idee kommen, es zu verlieren; es lässt sich nicht zu mir zurück verfolgen. Außerdem funktioniert es nur bei der ersten Person, die es ab jetzt in die Hand nimmt."

Mit einem kleinen Wink bedeutete Pormas Sternenlicht das PADD an sich zu nehmen. Der Sivaoaner vergaß nie etwas, wenn er es erst einmal mit seinen Sinnen aufgenommen hatte. Man konnte nie wissen, ob sich die Informationen nicht buchstäblich in Rauch auflösten und so gut der Sicherheitschef sein Gedächtnis über all die Jahre trainiert hatte, war Sternenlicht die bessere Alternative.

Außerdem wäre es unter Santiagos de la Contidenes Würde, sich selber um solche Details zu kümmern.

"Gefallen Ihm die Informationen?", mit einem scheinbar gelangweilten Blick schaute Pormas durch den Raum, während er das Katzenwesen ansprach. Mit all der Erfahrung unzähliger Schlägereien konnte der Grieche mit Sicherheit sagen, dass eine im Raume stand, sobald Kelaster aufgestanden war.

Die freizügige Bekleidung der Damen hatte scheinbar auch handgreiflichere Verehrer gefunden, die ihren Umgang nicht gut hießen. Solange der Inhaber dieses Etablissements aber noch zugegen war, hatten sie nichts zu befürchten. Dementsprechend relaxt gab Pormas sich und überlegte schon, wie man am schnellsten und nicht zu auffällig verschwinden konnte.

Generell hatte er nichts gegen eine gute Schlägerei, aber das wäre ihren Plänen einfach abträglich.

Nachdem die Schottin augenblicklich so wirklich gar nichts zu tun hatte außer dekorativ herumzusitzen, verfolgte sie das Gespräch zwischen Kelaster und 'Santiago' mit einem halben Ohr, während ihre Blicke weiterhin durch den Raum schweiften.

Sie war versucht, Pormas darauf aufmerksam zu machen, dass sich der Herr mit dem anzüglichen Blick nun mitsamt seinem Aleglas zu den beiden schnieken Männern begeben hatte und diese nun zu dritt die Köpfe zusammensteckten und tuschelten.

Aber wie sollte sie ihm das bedeuten? Offensichtlich war zumindest sie keine gute Schauspielerin, sie hatte schlichtweg keine Idee. Aber halt! Warum sollte sie hier eigentlich schauspielern? Sie musste nur ihre tatsächliche Rolle ausspielen...

Ein Lächeln verzog ihren breiten Mund, als sie sich zu dem Südländer beugte, verspielt über seinen Oberschenkel strich und ihm einen kurzen Bericht gab. Pormas nickte beinahe unmerklich. Gut, er hatte es also auch bemerkt. Eigentlich hätte sie sich das denken können, manchmal hatte er seine Sinne überall.

Trotzdem lehnte sich sich weiterhin gegen ihn, jederzeit bereit, sich zurückzuziehen, wenn die Situation es erforderte.

Dieser Kelaster beobachtete nun argwöhnisch den Sivaoaner, der das PADD mit seinem flexiblen Schweif ergriffen hatte und einen ernsten Blick darauf gerichtet hielt.

--- Atlantis, Quartier des Captains

Still und leise lag der Captain auf seinem Bett, die Arme hinter dem Kopf verschränkt, der Blick auf die spärlich beleuchtete Decke gerichtet. Eigentlich hatte er versucht zu schlafen, doch der Gedanke daran, dass nun die beiden Teams auf dem Planeten damit beschäftigt waren, ihre Aufgaben zu erfüllen und dabei vielleicht in Schwierigkeiten zu kommen, ohne dass sie hier von der Atlantis viel tun konnten; das Ganze hielt ihn davon ab, Ruhe und ein bisschen Schlaf zu finden.

Wieder blickte er auf den Chronographen und wieder war kaum Zeit vergangen, seit er das letzte Mal darauf geschaut hatte. So langsam nagten die Zweifel an ihm, ob er nicht doch hätte mitgehen sollen. Doch wer hätte dann die Atlantis kommandiert? Schließlich waren fast alle Führungsoffiziere unterwegs und er konnte ja schlecht die Nachtschicht dazu verdonnern, die nächsten 96 Stunden Dauerdienst zu leisten. Nein, es blieb nichts Anderes übrig, das war klar. Doch seine Gedanken ließen sich davon nicht beruhigen.

Gerade wollte er wieder auf die Uhr schauen, da piepste sein Kommunikator. Überrascht über die Störung und in der Hoffnung, dass es keine schlechten Neuigkeiten waren, tippte er auf ihn und meldete sich.

"O'Connor hier. Was gibt's?"

"Hier ist die Brücke, Sir", meldete sich Rohan Tan. "Wir haben gerade einen Funkspruch von der Planetenoberfläche bekommen. Ein gewisser K'leQ möchte Sie unbedingt sprechen."

Der Captain überlegte kurz, ob der Name ihm irgend etwas sagte, doch klingelte da nichts. "Stellen Sie ihn durch", antwortete er deswegen nur knapp und wartete.

--- südliches Handelszentrum, Halle

April bedachte Narbo mit einem drohenden und durchdringenden Blick, der einen Menschen vermutlich eingeschüchtert hätte. Für einen Moment dachte sie an das Gespräch mit Sternenlicht zurück, kurz bevor dieser gestartete war. Und an ihr Versprechen ,dafür zu sorgen, dass der Ferengi auf keine dummen Ideen kommen würde, die ihre Mission gefährden würde.

Und die Idee Victor Kaffee holen zu schicken war eindeutig eine "dumme Idee". Der Verkaufsstand auf den Narbo gedeutet hatte, war komplett überfüllt von Personen ,die vor der Ausgabe eine riesige Traube gebildet hatten. Sollte es zu einem Zwischenfall kommen oder jemand der Passanten Verdacht schöpfen, würden sie keinerlei Möglichkeit haben, den jungen Mann aus dieser Menschenmassen sicher und vor allem unauffällig heraus zu holen.

Außerdem würde sie nicht zulassen, dass die dritte Seite, die den Terminal abschirmte, unbeaufsichtigt blieb.

"Kai, bleiben Sie, wo Sie sind.", antwortete sie deshalb bestimmt, noch bevor der Mann reagieren hätte können. "Und halten Sie weiter die Augen offen."

Als hätte die Kriegerin den Ärger erahnt ,wurde der junge Sicherheitler in diesem Moment von einem hochgewachsenen Andorianer angerempelt, der versuchte , an ihm vorbei in die hintere Reihe der Terminals zu gelangen. Direkt auf Narbo und das freigelegte Terminal zu.

"Lassen Sie mich durch ...!", fauchte der fremde Alien Kai wütend an.

Ein eiskalter Schauer lief der Kriegerin über den Rücken, während sich jeder Muskel in ihrem Körper anspannte. Ihre Hand wanderte unauffällig in die Innentasche ihres Mantels wo sie das beruhigende, kalte Metall des Phasergriffes umschloss. Sie würde auch nicht zulassen, dass dieser Fremde ihre Mission gefährdete.

"In Eile, hm?"

Der Andorianer stutzte, als sich eine Hand auf seine Brust legte, und kam abrupt zum Stehen. Inara war ihm in den Weg getreten. Ihre Miene war steinern; der Blick, der an ihm auf und ab glitt, konnte alles bedeuten. Der Mann schluckte.

"Auf dem Weg zu Terminal A?" Ein Grinsen glitt über das Gesicht der Trill. Es war nicht freundlich. Ihre Hand lag noch immer auf seiner Brust, und sie trat einen kleinen Schritt näher. "Keine Sorge, du hast gefunden, was du suchst. Ich hatte gehofft, dass ich jemand Hübscheren finde, aber du bist okay."

Die Fühler des Andorianers richteten sich entsetzt auf. "Ich...", setzte er an und erblasste.

"Ach, komm schon", fuhr Inara mit tiefer Stimme fort. "Terminal A. Jeder hier weiß, was bei Terminal A passiert, oder nicht?" Ihre Hand glitt sehr langsam tiefer. Der Andorianer wurde blasser. "Gleich kommt noch ein Nausicaaner, und dann können wir zu dritt..."

"Iek!", machte der Andorianer. Dann stolperte er davon, als sei ein Dämon hinter ihm her.

Inaras steinerne Miene zersplitterte zu einem schäbigen Kichern, während sie dem Mann nachsah. Sie zwinkerte April zu, nahm ihren Disruptor wieder in die Rechte und schlenderte zurück zu ihrem Terminal. Mit einem rustikalen Klacken legte sie die Waffe zurück an ihren Platz.

Dann verflog ihr Grinsen jedoch. Ihr Blick war dem Andorianer gefolgt, und bevor er zwischen den Passanten verschwand, sah sie gerade noch, wie er sich heftig gestikulierend einem Mann von der Wachmannschaft näherte. Die Station konnte kein nennenswertes Sicherheitspersonal haben - vermutlich entweder betrunken oder bestechlich oder beides -, aber trotzdem...

Sie tauschte einen besorgten Blick mit April. Narbo sollte sich besser beeilen. Sie selbst konnte jederzeit in der Menge verschwinden, aber sie wollte ja nun nicht, dass der Ferengi wegen sexueller Belästigung eingesperrt wurde, nur weil er bei Terminal A herumlungerte.

Aprils Adrenalinspiegel hatte sich wieder etwas beruhigt, als sie gesehen hatte, wie geistesgegenwärtig die Trill reagiert hatte. Als sie jetzt jedoch Inaras Blick zu dem vermeintlichen Wachmann gefolgt war, beschleunigte sich ihr Puls wieder zusehends.

Konzentriert versuchte sie, in ihrem Kopf eine Lösung für ihr gegenwärtiges Problem zu konstruieren. Sie konnten auf keinen Fall riskieren, großes Aufsehen dadurch zu erregen, dass sie rumlungernd an einem Terminal aufgefunden wurden - nicht zu einen Zeitpunktm wo sie noch keinerlei Informationen hatten, die ihnen bei ihrer Suche helfen konnten.

Ihr Blick wanderte kurz zu dem Ferengi, der nicht gerade den Eindruck machte, als würde er sich durch das Geschehen irgendwie aus der Ruhe bringen lassen.

"Narbo, Sie haben 10 Sekunden Zeit um alles ,was Sie finden herunter zu laden und den Terminal wieder zusammen zu bauen - danach verschwinden wir auf der anderen Seite des Ganges in der Menge", entschied April dann strikt.

Gerade hatte sich der Wachmann auf dem Weg zum Terminal gemacht, wartete aber noch einen Moment, bis sich ein Kollege zu ihm gesellte. Einer der beiden war wohl ein Mensch, der andere schien eine Mischung aus Romulaner und einer Spezies zu sein, die April nicht zuordnen konnte.

Es würde vermutlich etwa 13 Sekunden dauern, bis die beiden Männer die Terminals erreicht hatten und mit ein bisschen Glück würden sie bis dahin schon verschwunden sein.

"Kai, helfen Sie Narbo beim zusammen räumen - Inara, wenn wir nicht schnell genug auf der anderen Seite sind, dann locken wir die zwei Kerle in den Schatten und bringen sie zum schweigen. Das sollte uns noch ein paar Sekunden mehr Zeit verschaffen, um hier weg zu kommen."

"Ich bin fertig, wenn ich fertig bin - und keine Sekunde früher! Denkt Euch also besser was aus, sonst endet das hier ziemlich hässlich...", erwiderte der Ferengi resolut.

Er ließ sich garantiert nicht die Wurst vom Brot ziehen, nur weil ein paar Amateure von der hiesigen Sicherheit aufgescheucht waren. Oder weil dieser Victor den Befehl seiner "Chefin" allzu drängelnd durchzusetzen versuchte.

"Finger weg von meiner Ausrüstung, sonst ist bei Dir nichts mehr mit Klavierspielen", fauchte er dem Sicherheitler zur Antwort entgegen.

Sein Adrenalinspiegel war durch das ganze Chaos unwillkürlich gestiegen, auch wenn er immer noch versuchte, einen selbstsicheren Gesichtsausdruck zu wahren. Sein Blick klebte indes auf dem Display, darauf wartend, dass der verdammte Verschlüsselungsalgorithmus nachgab.

Schließlich, nach einer gefühlten Ewigkeit, wich die Fortschrittsanzeige auf dem Bildschirm einer grafischen Darstellung der verschiedenen Untersysteme.

Narbo ignorierte das bunte Beiwerk und startete ein Suchprogramm, das er vor ihrem Abflug anhand der wenigen vorhandenen Daten vorsorglich erstellt hatte.

Ein Schuss ins Blaue, aber für eine zielgerichtete Suche war keine Zeit: Ein paar Meter hinter ihnen waren nach dem Klang der Schritte gerade zwei Personen in Stiefeln zum Stehen gekommen.

Noch spürte er allerdings keine Blicke auf sich liegen.

Besser sie sorgten dafür, dass es dabei blieb. Zielstrebig, aber ohne hektisch wirken zu wollen, stöpselte er seine Ausrüstung nach genau zwanzig Sekunden Datensuche ab und verstaute alles wieder in seinem Koffer.

Kai Victor hatte parallel damit angefangen, die Verkleidung der Terminalsäule wieder anzubringen. Dabei stellte er sich zu Narbos Überraschung keineswegs doof an, auch wenn der Tölpel ihm beim Hinknien voll auf den Fuß trat.

"Gehen wir", stellte Narbo schließlich mit schmerzenden Zehen fest, den verschlossenen Aktenkoffer wieder fest in seiner rechten Hand, "Und überlassen dem Weibsvolk die Ablenkung"

 Inara warf April einen schiefen Blick zu. Sie war weit davon entfernt, in Panik zu geraten. Wenn man einmal einem Kameraden den Weg freigeschossen hatte, damit er ein Selbstmordattentat verüben konnte, brachte einen nicht mehr viel aus der Ruhe.

Aber das hieß natürlich nicht, dass keine Vorsicht nötig war. Auf Aprils Kommando hin hatte sie den Disruptor um die Schulter geschwungen, um ungefährlicher auszusehen, und war automatisch den Wachleuten entgegen gegangen, um ihnen den Weg zu verstellen.

"Keine Panik", sagte sie und klopfte April auf die Schulter, als sie sie passierte. Hinter sich hörte sie Narbo fauchen, als Victor ihn zu größerer Eile antrieb. "Kein Grund für verzweifelte Maßnahmen."

Inara tötete, wenn sie musste. Hieß nicht, dass sie es gerne tat oder dass sie irgendwelche Wachleute um die Ecke brachte, nur weil sie in Panik geriet. Ganz davon abgesehen lief man nicht einfach herum und brachte Leute um. Es war unethisch, riskant und warf unangenehme Fragen auf.

Im Augenwinkel sah sie April, die misstrauisch zwischen ihr, den nahenden Männern, Victor und Narbo hin und her sah, aber im Hintergrund blieb, und Victor und Narbo waren immer noch am Terminal.

"Heee", grüßte sie die Wachleute mit einem freundlichen Nicken und hinter dem Rücken verschränkten Armen. "Auf dem Weg zu Terminal A?"

Die Sicherheitler tauschten einen Blick. Sie machten beide den Eindruck von typischem privatem Sicherheitspersonal: qualifiziert, für Ruhe zu sorgen, aber nicht gerade Paramilitär.

Einer von ihnen, ein Terraner, runzelte die Stirn. "Wir haben eine Beschwerde über sexuelle Belästigung erhalten."

"Was denn, von mir?" Inara hob gespielt erstaunt die Augenbrauen. Im Augenwinkel sah sie, wie Victor Narbo in die Menge scheuchte. April blieb zurück, bereit einzugreifen. "Ach herrje. Der Andorianer, was? Entschuldigung, das muss ein Missverständnis sein. Ich war nur auf der Suche nach jemandem, mit dem ich den Abend verbringen kann..."

Sie lächelte freundlich und sah betont nicht in Aprils Richtung. Es war offensichtlich, dass sie sich innerhalb von Minuten herausreden würde, also stand nur zu hoffen, dass die Bajoranerin nicht überreagierte. Oder gar nicht reagierte. Das wäre das Beste.

Das Knurren, welches der Kriegerin im ersten Moment entkommen war, hatte die Trill vermutlich nicht mehr gehört. Es hätte warscheinlich einem wütenden Klingonen alle Ehre gemacht.

Im Geiste machte April sich eine Notiz, Inara später auf ihre Offensive anzusprechen - fürs erste würde sie abwarten und hoffen, dass es die Trill schaffen würde, die Wachleute um den Finger zu wickeln.

Inständig hoffte sie, dass sie den Männern keine zu große Lügengeschichte aufbinden würde. Der Mann ,den sie als eine Romulanermischung identifiziert hatte ,schien von den Worten der jungen Frau auf jeden Fall nicht sonderlich beeindruckt zu sein.

Vorsichtshalber verschwand ihre Hand wieder in der Jackentasche - ihn würde sie als erstes ausschalten, sollte es Probleme geben.

 Immer noch grummelnd und betont unauffällig verschwand Kai mit Narbo um die nächste Ecke. Langsam ,aber bestimmt machte sich ein Groll in ihm breit. Bis auf April schien ihm jedermann für ein kleines Kind zu halten, was nicht auf sich selber aufpassen konnte.

Weder der "Befehl" des Ferengi, noch die Intervention Inaras hatten ihn erfreut. Sicher, von Narbo konnte man kein anderes Verhalten erwarten. Die Trill hatte die Situation natürlich gut gelöst, aber die Art, wie sie ihm zuvorgekommen war, ohne das er etwas hätte tun können, war ihm sauer aufgestoßen.

Wenigstens hatte er es dem Ferengi heimgezahlt und ihn beim zusammenpacken getriezt. Wenn sie ihn wie ein Kind behandelten, konnte er sich schließlich auch so benehmen. Nichts desto trotz lehnte sich Kai direkt an die Wand und horchte darauf, dass sich ein Tumult an den Terminals bildete.

Das ausgerechnet die beiden Frauen mit dem aggressivsten Gemüt die Nachhut bildeten, war wirklich kein Glücksgriff.

--- östliches Wohnviertel, Zimmer

Geduldig - er kommunizierte immerhin nicht mit einem klingonischen Schiff  - wartete K'leQ darauf, dass ihn der Trill zum Captain durchstellte.  Einige Momente später wechselte das Bild von einer Ansicht der Brücke zu  einem Menschen in seinem Quartier.

"Ah, Captain", begann der Klingone, als der Mensch keine Anstalten machte,  sich zu identifizieren. Er hoffte nur, dass er mit seiner Vermutung  richtig lag und dieser Trill ihn nicht mit dem ersten Offizier verbunden  hatte. Für einen Menschen machte die Person aber zumindest einen soliden  Eindruck, wenn auch nicht wirklich imposant...

"Ich bin auf der Suche nach einer neuen Stelle; Ihr beeindruckendes Schiff  hat da mein Interesse geweckt. Wahrscheinlich haben Sie ja bereits einen  Arzt, aber bei einem Schiff dieser Größe besteht sicher immer Bedarf für  mehr medizinisches Personal."

In einem parallelen Datenkanal übermittelte der Mediziner seinen  Lebenslauf: "Wie Sie sehen bin ich selbst für den Posten des leitenden  Arztes ausreichend qualifiziert."

Gespannt wartete K'leQ auf eine Reaktion des Captain, dessen Mimik bisher  keine Hinweise gegeben hatte.

--- Atlantis, Quartier des Captain

Interessiert betrachtete Julian den bildschirmfüllenden Klingonen und versuchte, dabei keine Miene zu verziehen. Es war immer gut, erst einmal wenig von sich Preis zu geben und stattdessen im Gesicht des Anderen zu lesen, ob er es ernst meinte oder ob vielleicht irgendwelche zwielichtigen Hintergedanken dabei waren. Oft konnte man das nur aus den Regungen heraus erkennen und es brachte viel, wenn man zusätzlich zu seinem Bauchgefühl eine zweite Meinung hatte.

"Ich grüße Sie", antwortete er dann nach einigen Sekunden, diesmal sogar mit einem Lächeln. Er warf einen kurzen Blick auf den Lebenslauf; überraschenderweise war er gar nicht mal so schlecht, bevor er versuchte, den Namen richtig auszusprechen.

"K'leQ ... zu welchem Haus gehören Sie?" Eigentlich interessierte es ihn nicht, doch er wollte die Reaktion auf die Frage sehen um abzuschätzen, welche Art von Klingone er hier vor sich hatte. Einer, der immer nur nach Ruhm und Ehre gierte, ohne Rücksicht auf Verluste (wobei er das bezweifelte, denn sonst wäre K'leQ nicht auf einem Planeten wie diesem) oder Jemand, mit dem man arbeiten konnte. Gerade bei Klingonen war das immer schwierig, vor allem wenn sie eine medizinische Laufbahn eingeschlagen hatten. Denn was brachte einem ein Arzt, der die Patienten nicht heilte, sondern sie ehrenvoll ins Stovokor "geleitete"?

--- nördliches Handelszentrum, "Zum teuren Humpen", Tisch an der Bar

Sternenlicht überflog den Inhalt des PADD, das für sein nahezu perfektes Gedächtnis viel zu viele Graphiken enthielt. Die eine Schwäche seines Gedächtnisses, die er - wie alle Sivaoaner - wohl nie zu der Perfektion verhelfen können würde, die der Barde ansonsten gewohnt war.

Mit einer flinken Bewegung holte er seinen Tricorder hervor und führte einen kurzen Scan des PADDs durch. Kein Sprengstoff, keine aktiven Peilsender, keine auf den ersten Blick ungewöhnliche Elektronik, keine Kontamination. Der Sivaoaner nickte Pormas zu und ließ den Tricorder und das PADD in seiner Umhängetasche verschwinden.

Sternenlicht suchte wieder den Blickkontakt Kelasters, den er für einige Sekunden schweigend hielt. Mit gefährlich leiser Stimme sprach er ihn wieder an: "Die Daten sind soweit in Ordnung. Jetzt hätte ich noch gerne den Scanner, mit dem Sie uns vorhin abgetastet haben. Sie glauben ja wohl nicht, dass mir die hochfrequenten Geräusche entgangen wären? Danach würde ich auf einen Mark II Taschenscanner vermutlich ferengischer Bauart tippen. Leider kann ich es nicht zulassen, dass Sie diese Daten behalten. Schon gar nicht in Anbetracht der Bezahlung.

Tilo war versucht, sich dumm zu stellen und die Existenz des Scanners zu leugnen, doch nachdem die eine Frau es ja anscheinend schon mitbekommen hatte und er zudem nicht wirklich scharf darauf war, von dem Katzenwesen wie ein Würstchen aufgeschlitzt zu werden, gab er nach und legte den Scanner auf den Tisch.

"Wäre es vielleicht möglich, dass Sie nur die Daten löschen?", versuchte er, den Schaden für sich in Grenzen zu halten, während er ein versöhnliches Gesicht aufsetzte. "Das Gerät ist an sich schon ziemlich was wert, es hat mir lange Zeit gute Dienste geleistet und ich würde es wirklich vermissen, wenn Sie es nun an sich nehmen."

Er versuchte, aus der Regung seines Gegenübers heraus zu lesen, ob er mit seiner Taktik Erfolg hatte, doch auch weiterhin blieb ihm die Katze ein großes Rätsel. Eins war sicher; sobald die Sache hier vorüber war, würde er sich direkt über diese Spezies informieren. Nicht dass noch mehr davon in seine Bar kamen und er erneut durch Unkenntnis Geld, Ehre oder gar sein Leben verlor. Wofür gab es schließlich das Universe-Wide-Web.

Jean fackelte nicht lange und griff nach dem Scanner um ihn sich zu Gemüte zu führen. Sternenlicht hatte mit seiner Vermutung recht gehabt, was die Bauart des Gerätes an ging - ein ferengischer Taschenscanner in Händen eines Barbesitzers, irgendwo im Nirgendwo. Der Mann hatte vermutlich ein kleines Vermögen dafür hingelegt.

Mit geübten Handgriffen zerlegte die Technikerin das Gerät in seine Einzelteile bis sie einen kleinen isolinearen Chip in der Hand hielt und diesen an einen mitgebrachten Tricorder abklemmte um die Daten auszulesen. Der frustrierte Blick des Barbesitzers der sie in diesem Moment traf bestätigte ihr mit einer gewissen Genugtuung, dass ihre Einschätzung über die Backupfunktion des Taschenscanners richtig gewesen war. Würde sie nun die Daten auf dem Chip direkt löschen hätte Kelaster keinerlei Möglichkeit mehr diese jemals zu rekonstruieren.

"So, welche Daten soll unser lieber Freund denn nun behalten?", flötete sie verführerisch in die Runde ihrer Kollegen. Ein Piepen bestätigte Jean im nächsten Moment, den erfolgreichen Datentransfer auf ihren Tricorder. Vielleicht würde ja etwas brauchbares dabei sein ...

"Liebste Ren, Ihm würde es gefallen, wenn der Chip so blank wie dein bezaubernde Popo wären...", gab Pormas süffisant zurück. Mit Entrüstung blickte er nun wieder zu Tilo, "Sie wissen nun, dass mit Ihm nicht zu spaßen ist und dass Ihm nichts entgeht. Seien sie Ihm dankbar für diese billige Lektion..."

Vielsagend blickte er auf das teure Gerät, welches Xen fachmännisch wieder zusammensetzte, als ihre Arbeit getan war. "Dieses Mal hat Ren Ihnen eine Lektion erteilt. Das nächste Mal wird es Sternenlicht sein...", fuhr der Südländer leichthin fort. Tilos Reaktion auf den scheinbar leicht verrückten Paradiesvogel schien zu bedeuten, dass dieser sich nicht darüber freuen würde.

"Nun gehen Sie, Sie haben Ihre Schuldigkeit Ihm gegenüber getan. Außer Er will noch etwas von Ihnen.", gelangweilt und überheblich winkte er den Barbesitzer fort, der nach kurzem Zögern auch reagierte. Mit einem schnellen Griff nahm er das Gerät aus Rens Hand und verschwand.

Die Körperhaltung und der Gesichtsausdruck von Pormas verrieten nichts darüber, dass er den gekünstelten Tonfall und seine Rolle ablegte. "Sternenlicht, wie schaut es aus? Haben wir alles was wir brauchen? Ich befürchte es könnte bald ungemütlich hier werden..."

--- südliches Handelszentrum, Halle

"...also nur ein Missverständnis", endete Inara unbekümmert und lehnte sich gegen die Säule, neben der sie stand. Sie betrachtete ihre Fingernägel. "Wirklich, Sie sollten Ihre Hallen besser ausschildern. Ich war kaum fünf Minuten auf dem Planeten, da hatten mich schon drei verschiedene Leute in Richtung Terminal A dirigiert."

Die beiden Wachmänner wechselten einen unbehaglichen Blick. Die Vorstellung, dass sich Terminal A hinter ihrem Rücken zu einem Treffpunkt für Angebote dubioser Art entwickelt haben sollte, schien ihnen nicht zu gefallen. Vermutlich gab es irgendwo einen Chef, den sie informieren mussten. Und der nicht begeistert sein würde.

"Vielen Dank für Ihre Hilfe, Ma'am", sagte der Terraner nach einem Moment des Nachdenkens. "Wir werden uns darum kümmern. Aber wir müssen Sie bitten, sich jetzt zu entfernen."

Inara zuckte mit den Schultern. "Kein Problem." Sie wischte einen eingebildeten Fleck von ihrem Daumennagel und sah auf. "Wo müsste ich denn hingehen, um..."

"Nördliches Handelszentrum. Das südliche ist strikt seriös", fiel der Halbromulaner ein. Sein Partner hatte sich schon abgewandt, und er beugte sich verschwörerisch vor. "Seriös und langweilig." Inara grinste. Er hielt ihr verdeckt eine Karte hin, und sie sah auf sie hinab, als sei sie ein besonders interessantes Holoprogramm. "Hier ist meine Quartiernummer im Wohnblock. Ich hab zwar keine Fühler, aber ich kenn auch ein paar Tricks." Mit diesen Worten war er verschwunden.

Lachend drehte Inara ab, steckte die Karte weg und vergaß den Mann. Sie hätte nicht gedacht, dass... oh.

Sie war April gewahr geworden, und ihr Lächeln versiegte. Die Bajoranerin sah nicht begeistert aus. Fragend hob Inara die Augenbraue, als sie zu ihr aufschloss. Es musste noch etwas anderes schiefgegangen sein.

Die Kriegerin lies ihre Hand wieder aus dem Mantel gleiten und versuchte sich zu entspannen. Ihr Gesichtsausdruck hatte sich ebenfalls etwas entspannt auch wenn er noch weit davon entfernt war freundlich zu wirken. Auf der einen Seite war die der Trill fast dankbar, dass sie das Problem so unkompliziert gelöst hatte. Auf der anderen Seite hätte sie sie ruhig vorwarnen können und nicht einfach das gegenteilige von dem tun, was die Halbbajoranerin gesagt hatte.

"Für das nächste Mal würde ich mich echt freuen, wenn Du mich in so einen Alleingang mit einweihen würdest. Vor allem, wenn ich vorher etwas anderes angewiesen habe!", antwortete April spitz auf Inaras unausgesprochene Frage.

Dann versuchte sie ein versöhnliches Grinsen auf ihr Gesicht zu zaubern. "Noch ein paar Sekunden länger und ich hätte den Romulaner über den Haufen geschossen, bevor er auf dumme Gedanken gekommen wäre."

 Inara warf ihr einen langen Blick zu. "Wieso? Herrje, April, das war nur Sicherheitspersonal. Die tun keiner Fliege was zuleide." Sie zuckte mit den Schultern, um zu signalisieren, dass sie das Problem ehrlich nicht verstand, fuhr dann aber versöhnlicher fort. "Und ich hätte Bescheid gegeben, wenn dazu Gelegenheit gewesen wäre. Hätte es nicht gemacht, wenn ich gedacht hätte, dass du was dagegen hast."

April konnte nicht anders, als der Trill zuzustimmen. Was Inaras Einschätzung bezüglich der Sicherheitler anging, musste sie ihre eigene Einschätzung doch ein wenig revidieren - es waren eindeutig keine Klingonen gewesen und daher vermutlich wesentlich handsamer ...

Genau genommen hatte gerade ihr Respekt für April sie dazu bewegt zu handeln; das Vertrauen, dass vernünftige Entscheidungen getroffen wurden. Wäre sie stattdessen mit diesem Griechen unterwegs, hätte sie sich zurückgehalten - schließlich ließ sich rein gar nicht sagen, wie er reagieren würde. Sie zweifelte immer noch an seinem Verstand.

Innerlich grinste die Trill. Sie hatte so eine Ahnung, dass es nicht viele Leute an Bord der Atlantis gab, die Scharein April als "vernünftig" und "logisch" bezeichnen würden. Zeigte deutlich, wie wenig Ahnung manche Leute von der richtigen Welt hatten.

"Lass uns verschwinden", forderte sie April auf...

...und krümmte sich zusammen.

"Verdammte...", knurrte sie, als plötzlich, unvermittelt ihr Symbiont verrückt zu spielen begann. Eindrücke und Bilder blitzten vor ihrem inneren Auge auf. Schmerz zuckte durch ihren Bauch. In schneller Folge schossen Panik, Misstrauen, intensive Verwirrung durch ihre Glieder. Ihr schwindelte.

Im nächsten Moment war es vorbei, und sie fand sich an Aprils Schulter wieder, an der sie sich festhielt. Wenn die Bajoranerin etwas gesagt hatte, hatte sie es nicht gehört. Inara versuchte, wieder zu Atem zu kommen.

"Sorry", murmelte sie, richtete sich auf, nur ein bisschen zittrig, und wiederholte: "Lass uns verschwinden."

"Was war denn das?", fragte die Halbbajoranerin besorgt, während sie ihre Hand auf den Oberarm der jungen Frau legte - noch nicht sicher, ob diese sich nicht gleich wieder vor Schmerzen krümmen würde.

Mit einem kurzen, prüfenden Blick in die Menge versicherte sich die Kriegerin, dass niemand auf sie aufmerksam geworden war und für einen Moment fragte sich April, ob sie nun doch schon ein wenig paranoid geworden war. Doch wie es schien ,nahm nach dem Verschwinden der zwei Beamten keiner mehr Notiz von ihnen.

Ihr Blick fixierte wieder Inara, deren Gesichtsausdruck sie nicht deuten konnte. Sie hatten sich in Bewegung gesetzt und erst nach einigen Schritten ließ April ihren Arm wieder los.

"Geht es dir wirklich gut?"

--- östliches Wohnviertel, Zimmer

Die Frage kam etwas unerwartet für den Arzt. Bei einem klingonischen  Captain hätte er sich natürlich bereits mit seinem näheren Stammbaum  vorstellen müssen. Aber jene anderer Rassen kannten die klingonischen  Häuser sowieso nicht gut genug, um die Information zu verwerten, und K'leQ  hatte festgestellt, dass die meisten von einer so ausladenden Vorstellung  eher genervt als beeindruckt waren. Gerade bei Vorstellungsgesprächen  versuchte er sich auch an solche Eigenheiten etwas anzupassen...

Mit kurzer Verzögerung antwortete der Klingone schließlich: "Zum Haus des  Dun'chal. Ein kleines Haus; ich wäre sehr überrascht, wenn Sie bereits  davon gehört haben." Wenn die Frage schon kam, sollte er vielleicht etwas  näher darauf eingehen, dachte er sich, und fügte hinzu: "Es ist seit vier  Generationen vor allem ein Haus renommierter Diplomaten." Zwar hatten  weder er noch seine Schwester diesen Weg gewählt, doch sein Vater hatte  zwei würdige Schüler ins Haus aufgenommen.

"Aber wenn wir schon bei Namen sind, würde mich doch auch der Ihre  interessieren." Bei Menschen war die Bedeutung des Namens, speziell des  Familiennamens, ja bei weitem geringer als bei Klingonen. Der Name würde  aber helfen, herauszufinden, ob dieser Captain nicht vielleicht ein paar  Haftbefehle zu viel für K'leQs Geschmack am Hals hatte...

--- Atlantis, Quartier des Captain

"Mein Name ist O'Connor. Mit drei O's, nicht dass es da zu irgendwelchen Verwechslungen kommt", antwortete Julian dem Klingonen mit einem angedeuteten Lächeln. "Aber ich gehe ja mal davon aus, dass Sie sich dahingehend schlau gemacht haben, bevor sie sich hier bei der Atlantis beworben haben."

Er hätte es zumindest so gemacht. Schließlich wollte man sich ja nicht in einen Sack voller Flöhe einkaufen und es gab bestimmt eine Menge Schiffe bzw. Captains, bei denen es mit Sklaverei gleich kam, wenn man dort arbeitete. Wobei es wohl Leute gab, die so etwas mochten. Er schüttelte Gedanklich den Kopf und konzentrierte sich wieder auf K'leQ.

"Dürfte ich fragen, was Sie auf einen Planeten wie diesen hier verschlagen hat? Ich gehe ja nicht davon aus, dass Sie hier auf Urlaub waren und sich Ihr letztes Schiff dann aus dem Staub gemacht hat."

--- östliches Wohnviertel, Zimmer

Der Klingone konnte nicht umhin, zuerst auf den doch etwas beleidigenden  Hinweis bezüglich Vorab-Informationen eingehen: "Hm. Ich bin Arzt, kein  Computerspezialist. Daten über die Crew von Schiffen im Orbit sind hier  nicht gerade frei verfügbar. Und Bestechung ist etwas für Ferengi", wobei  sein Abscheu vor dieser Rasse in seiner Art der Aussprache deutlich  erkenntlich war.

Grundsätzlich hatte K'leQ ja gelernt, möglichst offen gegenüber anderen  Kulturen zu sein. Aber eine solche Ehrlosigkeit wie sie alle Ferengi zeigten, die  er getroffen oder von denen er gehört hatte, war einfach zu viel.

"Wie auch immer, Sie wollten wissen, wie ich hier gestrandet bin." Mit  einem offensichtlichen Grinsen ging er zuerst auf zwei mögliche Gründe  ein, die dieser O'Conner vielleicht bei einem Klingonen fürchten würde:  "Es ist jedenfalls weder wegen meiner Fähigkeiten als Arzt noch wegen  irgendwelcher Schlägereien."

"Mein letzter Captain hatte nur plötzlich Probleme mit meinem  Privatleben..." Der Arzt entschied, dass er am besten doch gleich mit der  ganzen Wahrheit rausrücken und den nächsten Nebensatz einbringen sollte:  ", nur weil seine Tochter ein Teil davon war. Da hat mich dieser petaQ  einfach auf dem nächsten Planeten abgesetzt. Und leider war das gerade  Tau-Sigma IV..."

--- Atlantis, Quartier des Captain

"Mit der Tochter des Captain?", hakte Julian mehr oder weniger rhetorisch nach und schüttelte den Kopf. "Na, da sollten Sie hier weniger Probleme mit haben; ich habe keine Tochter. Aber wenn ich das so höre, dann scheint die Strafe nicht so wirklich schlimm gewesen zu sein. Ich kann mir definitiv schlimmere Orte vorstellen, an denen man ausgesetzt werden kann."

Sein Gegenüber schien der gleichen Meinung zu sein. Anscheinend hatte er seinen Spaß gehabt an der ganzen Geschichte und dann die letzten Tage hier quasi als Urlaub genossen. Doch verständlicherweise war dieser Planet nicht dazu geeignet, eine längere Zeit hier Kurzweil zu finden. Julian hätte vermutlich auch schon versucht, hier weg zu kommen.

"Ich würde vorschlagen", begann er wieder, "Sie erledigen Ihre offenen Punkte da unten und kommen dann hier hoch. Sobald unsere medizinische Leiterin wieder an Bord ist, wird sie Sie ein wenig durchleuchten und sehen, ob Sie für uns von Nutzen sind. Jedoch denke ich nicht, dass das ein Problem sein wird; Ihr Lebenslauf spricht da ja für sich."

--- südliches Handelszentrum, Halle

"Muss ja", murmelte Inara, die Augen auf die Menge um sie herum. Bewusst hielt sie ihre Miene so ausdruckslos wie möglich. Sie war sich sicher, dass es irgendeine Lüge gab, die April überzeugen würde, nur leider fiel ihr keine ein. "Es ist nichts."

Sie hatte Victor in der Menge erspäht (Narbo war etwas zu klein, um erspäht zu werden), und die beiden Frauen erreichten die Männer mit wenigen Schritten. Inara presste die Lippen zusammen und sah April nicht an. Sie hoffte verdammt noch mal, dass es wirklich "nichts" war.

Aber jetzt spürte sie, wie der Symbiont sich *bewegte*. Sie hatte keine Ahnung, was das bedeutete, aber es konnte nichts Gutes sein.

"Was jetzt?", fragte sie rasch, um das Thema zu wechseln.

"Das kommt ganz darauf an, wie viel Informationen Narbo bekommen hat...", redete Kai mehr zu sich selbst, als zu den Anwesenden. Mit scharfen Augen blickte er durch die Menge und versuchte potentielle Gefahren auszumachen. Obwohl sie eine bunter Haufen waren, schienen sie nicht mehr Aufmerksamkeit zu erregen, als andere.

Während sein Blick suchend durch die Halle ging, hörte er der weiteren Unterhaltung aufmerksam zu.

April Blick ruhte noch für einen Moment auf dem Profil der Trill und wandte sich dann an Narbo.

"War etwas hektisch - konnten Sie trotzdem ein paar Daten sammeln?"

"Aber natürlich!", pflaumte der Ferengi ihre nominelle Anführerin an.

Sie wirkte auf Narbo gehetzt: Der kleine Vorfall hatte ihr wohl etwas zugesetzt. Dabei war das bisher nur ein Spaziergang gewesen im Vergleich zu dem, was noch kommen konnte.

"Unser Freund Gagh betreibt im östlichen Teil des Zentrums einen Gewürze Im- und Exporthandel und hat eine Stiftung für Straßenkinder ins Leben gerufen, die von den Steuerbehörden scharf beobachtet wird. Außerdem ist er als Teilhaber an einem vulkanischen Massagesalon registriert, der vom Zentralverband für Physiotherapie anerkannt wurde..."

Rasch überblätterte Narbo einen weiteren Absatz aus mehr oder weniger frei zugänglichen Informationen und kam zu einer Zusammenstellung der finanziellen Transaktionen ihres Zielobjektes.

"Das Konto seiner Stiftung weist ein paar ungewöhnliche Zahlungseingänge von einem gewissen Pjotr Krjutschkow auf, der hier - oh Zufall - mit Raumschiffen aller Art und Ersatzteilen handelt. Wahrscheinlich ein Strohmann. Und über die Stiftung wird das Geld blütenweiß gewaschen..."

"Omsala, meine Freunde", begrüßte Tintun die illustre Runde, die mit zusammengesteckten Köpfen mitten in der Halle standen und hielt ihnen einen bunten, herrlich duftenden Blumenstrauß unter die Nase.

"Kann ich die werten Damen und Herren vielleicht für einen faszinierend heiligen Strauß von den Göttern von Imapalla begeistern? Er würde Ihnen unsägliches Glück und Wohlstand bringen; zudem ist er völlig biologisch abbaubar und frei von Pestiziden und sonstigen Chemikalien."

Er wedelte etwas mit dem Grünzeug herum, damit die Duftstoffe sich schön verteilten und lächelte dabei noch breiter.

"Glauben Sie mir, so eine Wertarbeit finden ... äh, ich meine, solch gepflegte heilige Blumen sind sehr schwer aufzutreiben. Ich kann nur sagen, diese hier", wieder wedelte er damit herum, "werden Ihr Leben verändern. Wirklich."

Das breite Grinsen sprengte beinahe Tintuns Gesicht, während er immer noch wild den Strauß vor jedem Gesicht der Truppe herum wedelte. Er verkniff es sich, auf den Chronographen zu schauen, doch so langsam musste sich doch eigentlich eine Reaktion drauf einstellen.

"Heilige Blumen! Ganz ehrlich und ganz billig."

Er grinste immer noch, hantierte weiterhin mit der Botanik herum und hoffte, dass ihn sein Kontaktmann nicht belogen hatte, was die Wirkung des Stoffes betraf, den er großzügig in den Strauß mit eingearbeitet hatte.

Die Gesichtszüge des Ferengi entspannten sich langsam.

Seine erste Reaktion auf das plötzliche Auftauchen des Fremden war der Wunsch gewesen, selbigem sein Hälslein aufzuschneiden und das dämliche Grünzeug anschließend in das entstandene Loch zu stopfen.

Automatisch hatte er das Messer aus dem Stiefel gefischt, seine Finger waren noch immer fest um das Heft geschlossen.

Doch mittlerweile...wer konnte sich schon dem süßen Duft eines herrlichen Blumenstraußes entziehen? Und Glück und Wohlstand waren Dinge, für die Narbo sich sehr interessierte...

Inara schwankte unvermittelt.

Im einen Moment warf sie den Blumen einen höhnischen Blick zu, im anderen stieg ihr ein süßlicher Geruch in die Nase, die Welt war plötzlich so schön und so bunt, und dann...

...wurde ihr übel.

Ihr Symbiont zuckte ruckartig zusammen. Inaras Augen schossen zum Blumenverkäufer. Den Bruchteil einer Sekunde lang waren alle Erinnerungen da.

'Drogen', stellte Inije Intash fest.

'Gefahr', steuerte Simala Intash hilfsbereit bei.

April hatte einige Augenblicke gebraucht um wieder in die Realität zurück zu finden. Verträumt hatte sie die Fülle an Blumen betrachtet die ihnen der Mann unter die Nase gerieben hatte. Ihre Gedanken wurden in der intensiven Farbenpracht gefangen und hatten sich geweigert, sich mit der Wirklichkeit zu beschäftigen.

Als jedoch der Blumenstrauß in hohen Bogen davon geschleudert, wurde prallte ihr Geist wieder zurück in Wirklichkeit - als wäre die Kriegerin plötzlich gegen eine Wand gerannt. Verwirrt blickte sie sich um und erfasste dann entgültig wieder die reale Welt, ebenso wie den Hinterhalt, in den Sie geraten waren.

Kein früherer Wirt Intashs war je ein Krieger gewesen, aber Inara hatte eigene Reflexe. Sie zögerte nicht; Instinkt übernahm, und der Verkäufer hatte keine Gelegenheit zu reagieren. Ein gezielter Schlag, und der Strauß landete Meter entfernt auf dem Boden. Ein weiterer, und der Mann fiel mit einem erstickten 'Urgs'.

Schwer atmend kam Inara zu sich und starrte eine Sekunde lang auf ihn hinab. Sie hatte keine Ahnung, ob er noch lebte.

"Ich glaube...", stammelte sie. "Ich glaube, wir müssen hier weg." Sie schluckte. "Schnell."

Sie war so verwirrt, es gelang ihr nicht einmal, sich nach April umzusehen.

Irgendwo im Hintergrund schrie bereits jemand nach dem Sicherheitspersonal.

April konnte kein wirkliches Mitleid mit dem Blumenverkäufer empfinden. Sie warf dem Mann am Boden einen kurzen, verachtenden Blick zu und wandte sich dann an die beiden Männer. Narbo hatte mit einem missmutigen Fluchen schon Fersengeld gegeben, um hinter Inara her zu kommen, Kai jedoch stand immer noch ganz apathisch da und starrte auf die Blumen, die sich am Boden verteilt hatten.

Ohne lange ab zu warten, packte die Sicherheitlerin den Terraner am Oberarm und zerrte ihn vom Ort des Geschehens weg. Kai folgte ihr mehr strauchelnd als laufend, während sich die Halbbajoranerin einen Weg durch die Menge bahnte.

Ein kalter Schauer lief April über den Rücken als sie Inara mit einem Mal aus dem Augen verlor und sich statt dessen ein Mann mit breiten Schulten sich ihr in den Weg stellte. Ein breites, fieses Grinsen legte sich auf das Gesicht des Fremden, als er seine vergilbten Zähne zeigte und zu einer herausfordernden Zurechtweisung ansetzte.

Doch der Mann kam nicht so weit, einen Ton von sich geben zu können. Instinktiv ließ die Kriegerin die Faust ihrer freien, rechten Hand nach oben schnellen und traf den Kerl mit einem dumpfen Schlag hart an der Nase. Noch während ihr Gegner zurück taumelte, rannte April weiter und schubste ihn mit der Schulter zur Seite, so dass er wenige Momente später mit Blut überströmten Gesicht in eine Gruppe von Personen stürzte, die fasziniert ihre Flucht beobachtet hatte.

Ein lauter Aufschrei hallte ihnen nach - April konnte nicht mehr einschätzen, ob es von ihrem verletzten Gegner kam oder einem der brüskierten Zuschauer und sie blickte auch nicht zurück um sich darüber Gewissheit zu verschaffen. Ihr Blick richtete sich nach vorne in der Hoffnung, Inara oder Narbo irgendwo zu erblicken.

 

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